Allgemeine politiK-Empfehlung Nr. 15 DER ECRI über die Bekämpfung von Hassrede. verabschiedet am 8. Dezember 2015

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Allgemeine politiK-Empfehlung Nr. 15 DER ECRI über die Bekämpfung von Hassrede

verabschiedet am 8. Dezember 2015

Straßburg, 21. März 2016

Veröffentlichung:
Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI)
Europarat – 2016
Gedruckt in Straßburg

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI):

Unter Bekräftigung der grundlegenden Bedeutung, die der Freiheit der Meinungsäußerung und der Meinungsfreiheit, der Toleranz und Achtung der gleichen Würde aller Menschen in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft zukommt;

in Erinnerung daran, dass die Freiheit der Meinungsäußerung und die Meinungsfreiheit jedoch keine uneingeschränkten Rechte sind und nicht auf eine Weise ausgeübt werden dürfen, die mit den Rechten anderer Menschen unvereinbar ist;

in Erinnerung daran, dass Europa zudem angesichts des Anstiegs von Rassismus, Rassendiskriminierung, Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, Sexismus, Homophobie, Transphobie, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Romafeindlichkeit und Intoleranz sowie angesichts von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen und des öffentlichen Leugnens, Verharmlosens, Rechtfertigens oder stillschweigenden Duldens dieser Verbrechen aufgrund seiner Geschichte die Pflicht zur Erinnerung, Wachsamkeit und Bekämpfung dieser Phänomene obliegt;

in Erinnerung daran, dass diese Pflicht zur Erinnerung, Wachsamkeit und Bekämpfung untrennbar verbunden ist mit dem Schutz und der Förderung der universellen und unteilbaren Menschenrechte, die jedem Menschen zu eigen sind;

unter Kenntnisnahme der verschiedenen Arten, auf die der Begriff Hassrede auf nationaler und internationaler Ebene definiert und verstanden wird, und der unterschiedlichen Formen, die Hassrede annehmen kann;

in der Erwägung, dass zum Zwecke der vorliegenden Allgemeinen politischen Empfehlung unter Hassrede das Befürworten und Fördern von oder Aufstacheln zu jeglicher Form von Verunglimpfung, Hass oder Herabwürdigung einer Person oder Personengruppe zu verstehen ist, ebenso wie jegliche Belästigung, Beleidigung, negative Stereotypisierung, Stigmatisierung oder Bedrohung einer Person oder Personengruppe und die Rechtfertigung der genannten Äußerungen, die aufgrund der „Rasse“,[1] Hautfarbe, Abstammung, nationalen oder ethnischen Herkunft, des Alters, einer Behinderung, der Sprache, der Religion oder der Überzeugung, des biologischen oder sozialen Geschlechts, der Geschlechtsidentität, sexuellen Orientierung oder anderer persönlicher Eigenschaften und Statusmerkmale getätigt werden;

in der Erkenntnis, dass Hassrede in Form öffentlicher Leugnung, Verharmlosung, Rechtfertigung oder stillschweigender Duldung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, die gerichtlichen Urteilen zufolge tatsächlich stattgefunden haben, sowie in Form der Verherrlichung von Personen auftreten kann, die diese Verbrechen begangen haben;

in der Erkenntnis, dass Äußerungen zwar verletzen, schockieren oder verstören können, aber nicht aus diesem Grund allein einer Hassrede gleichkommen und dass die Maßnahmen gegen den Gebrauch von Hassrede mehr dem Schutz von Personen und Personengruppen dienen sollten als von bestimmten Überzeugungen, Ideologien oder Religionen;

in der Erkenntnis, dass der Gebrauch von Hassrede die unberechtigte Annahme widerspiegeln oder fördern kann, dass der Urheber der Äußerung auf irgendeine Weise der Person oder Personengruppe, die Ziel der Äußerung ist, überlegen ist;

in der Erkenntnis, dass Hassrede dazu gebraucht werden kann, um andere zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufzustacheln, die Ziel der Äußerung sind, oder dass nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt, und dass diese Art von Hassrede besonders schwerwiegend ist;

im Bewusstsein der ernsten Gefahr, die Hassrede für den Zusammenhalt einer demokratischen Gesellschaft, den Schutz der Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit bedeutet, aber unter Berücksichtigung dessen, dass sichergestellt sein muss, dass diesbezügliche Einschränkungen nicht missbräuchlich dazu verwendet werden, Minderheiten zum Schweigen zu bringen und die Kritik an der offiziellen Politik, die politische Opposition oder religiöse Überzeugungen zu unterdrücken;

im Bewusstsein dessen, dass es ein besonderes und schwerwiegendes Problem ist, wenn Hassrede auf Frauen aufgrund ihres biologischen oder sozialen Geschlechts und/oder ihrer Geschlechtsidentität und zusätzlich aufgrund einer oder mehrerer ihrer anderen Eigenschaften abzielt;

in der Erkenntnis, dass der Gebrauch von Hassrede zuzunehmen scheint – besonders mittels elektronischer Kommunikationsformen, die ihre Wirkung verstärken –, dass das genaue Ausmaß jedoch schwierig zu bestimmen ist, da es an systematischer Berichterstattung und Datenerhebung in diesem Bereich gebricht, und dass dieser Mangel behoben werden muss, vor allem dadurch, dass jene, die Ziel der Äußerungen oder davon betroffen sind, auf geeignete Weise unterstützt werden;

im Bewusstsein dessen, dass Unwissen und mangelhafte Medienkompetenz sowie Entfremdung, Diskriminierung, Indoktrinierung und Marginalisierung dazu ausgenutzt werden können, um zum Gebrauch von Hassrede zu verleiten, ohne dass die wahre Natur und die Folgen der Äußerung im vollen Ausmaß verstanden werden;

unter Betonung der Bedeutung von Bildung bei der Bekämpfung der Missverständnisse und Fehlinformationen, auf die Hassrede gründet, sowie der Notwendigkeit, diese Bildungsmaßnahmen vor allem an junge Menschen zu richten;

in der Erkenntnis, dass ein wichtiges Mittel, Hassrede zu begegnen, darin besteht, ihr mit direkter, die destruktive und inakzeptable Natur aufzeigender Gegenrede entgegenzutreten und sie zu verurteilen;

in der Erkenntnis, dass Politikern, führenden Vertretern religiöser und anderer Gemeinschaften sowie weiteren Personen des öffentlichen Lebens in dieser Hinsicht eine besonders große Verantwortung zukommt, da sie in der Lage sind, Einfluss auf eine breite Öffentlichkeit zu nehmen;

im Bewusstsein des besonderen Beitrags, den alle Arten von Medien, sei es im Internet oder abseits davon, sowohl bei der Verbreitung als auch bei der Bekämpfung von Hassrede leisten können;

im Bewusstsein der schädlichen Folgen für jene, die Ziel von Hassrede sind, und des mit ihrem Gebrauch einhergehenden Risikos der Entfremdung und Radikalisierung sowie der Beeinträchtigung des sozialen Zusammenhalts, wenn man ihr nicht entgegentritt;

in der Erkenntnis, dass Selbstregulierung und freiwillige Verhaltenskodizes ein wirksames Mittel sein können, um den Gebrauch von Hassrede zu verhindern und zu verurteilen, und deshalb gefördert werden sollten;

unter Betonung der Bedeutung dessen, dass jene, die Ziel von Hassrede sind, selbst in der Lage sind, ihr mittels Gegenrede zu begegnen und sie zu verurteilen sowie bei den zuständigen Gerichten und Behörden Verfahren zur Wiedergutmachung anzustrengen;

in der Erkenntnis, dass strafrechtliche Verbote allein nicht ausreichen, um den Gebrauch von Hassrede vollständig zu beseitigen, und nicht in jedem Fall angemessen sind, doch in der Überzeugung, dass derartige Äußerungen unter bestimmten Umständen dennoch strafrechtlich bewehrt sein sollten;

in Anbetracht der sechs Kriterien des „Rabat-Aktionsplans über das Verbot des Eintretens für nationalen, rassistischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird“ und in der Überzeugung, dass strafrechtliche Verbote notwendig sind, wenn Hassrede andere zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufstacheln soll, die Ziel der Äußerung sind, oder nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt;

unter Betonung der Bedeutung dessen, dass Organisationen, welche den Gebrauch von Hassrede fördern, nicht unterstützt werden dürfen, sowie der Notwendigkeit, jene Organisationen zu verbieten, die Hassrede fördern, die zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufstacheln soll, die Ziel der Äußerung sind, oder von der nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt;

unter Betonung der Notwendigkeit, bei Beschwerden über Hassrede unverzüglich wirksame Untersuchungen einzuleiten und eine zu enge Auslegung der einschlägigen Bestimmungen zu vermeiden;

in Erinnerung daran, dass die völkerrechtliche Verpflichtung, bestimmte Formen von Hassrede mit Strafe zu bewehren, zwar für jedermann gültig ist, aber ursprünglich zum Schutz der Angehörigen schutzbedürftiger Gruppen geschaffen wurde, und mit der besorgten Feststellung, dass diese mitunter in unverhältnismäßiger Weise zum Ziel von Strafverfolgung wurden oder dass die geschaffenen Straftatbestände zu Unrecht gegen sie verwendet wurden;

in Erinnerung daran, dass im Mittelpunkt der Tätigkeit der ECRI Hassrede aufgrund der „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit, nationalen oder ethnischen Herkunft, Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung steht, doch in der Erkenntnis, dass Hassrede auch durch alle anderen bereits genannten Erwägungen begründet sein kann, und dass die Empfehlungen, die in diesem Text enthalten sind, mutatis mutandis auf diese anderen Gründe bezogen werden sollten;

empfiehlt den Regierungen der Mitgliedsstaaten:

1. das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art, das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und das Protokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention zu ratifizieren, sofern dies noch nicht geschehen ist;

2. jeglichen Vorbehalt gegen Artikel 4 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung sowie gegen Artikel 20 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte zurückzuziehen und die Zuständigkeit des Ausschusses für die Beseitigung der Rassendiskriminierung für die Entgegennahme und Erörterung von Mitteilungen einzelner Personen oder Personengruppen gemäß Artikel 14 anzuerkennen;

3. danach zu trachten, die Bedingungen, welche den Gebrauch von Hassrede begünstigen, und die unterschiedlichen Formen, in denen sie auftreten kann, festzustellen und deren Ausmaß und die hervorgerufenen Schäden mit dem Ziel zu ermitteln, von diesen Äußerungen abzuhalten und sie zu verhindern sowie die verursachten Schäden zu verringern und zu beheben, und dementsprechend:

a. zuverlässige Instrumente für diesen Zweck zu entwickeln;

b. sicherzustellen, dass staatliche Stellen für die Anwendung dieser Instrumente zuständig sind und dass dies ordnungsgemäß geschieht;

c. zu gewährleisten, dass die Erhebung von Daten über Hassrede nicht auf den Strafrechtssektor beschränkt bleibt;

d. dafür zu sorgen, dass die erhobenen Daten in geeigneter Weise aufgeschlüsselt werden;

e. die Überwachung von Hassrede durch die Zivilgesellschaft, Gleichstellungsstellen und nationalen Menschenrechtsinstitutionen zu unterstützen und die diesbezügliche Zusammenarbeit zwischen diesen und den staatlichen Stellen zu fördern;

f. Forschung zu unterstützen, deren Ziel die Untersuchung der Bedingungen, welche den Gebrauch von Hassrede begünstigen, und die Analyse von deren Formen ist;

g. den zuständigen staatlichen Stellen und der Allgemeinheit regelmäßig Daten über die Häufigkeit von Hassrede, über deren unterschiedliche Formen und die Bedingungen, die deren Gebrauch begünstigen, zur Verfügung zu stellen; und

h. die Ergebnisse der Überwachung und der Forschung heranzuziehen, um Strategien zur Bekämpfung von Hassrede zu entwickeln;

4. ein energisches Vorgehen unter Beweis zu stellen, nicht nur um die Öffentlichkeit für die Notwendigkeit der Achtung von Pluralismus und für die Gefahren durch Hassrede zu sensibilisieren, sondern auch um zu zeigen, dass diese Äußerungen auf falschen Grundlagen beruhen und nicht hinnehmbar sind, sodass Hassrede unterbunden und verhindert wird, und dementsprechend:

a. die Notwendigkeit von Vielfalt und Dialog im Rahmen der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit deutlich zu machen;

b. die gegenseitige Achtung und das gegenseitige Verständnis in der Gesellschaft zu fördern und vorzuleben;

c. den interkulturellen Dialog zu erleichtern und zu veranschaulichen;

d. Fehlinformation, negative Stereotypisierung und Stigmatisierung zu bekämpfen;

e. gezielte Bildungsprogramme für Kinder, junge Menschen, Amtsträger und die breite Bevölkerung zu entwickeln und die Kompetenzen der Lehrkräfte und Pädagogen, die diese umsetzen, zu stärken;

f. Nichtregierungsorganisationen, Gleichstellungsstellen und nationale Menschenrechtsinstitutionen, die Hassrede bekämpfen, zu fördern; und

g. Personen des öffentlichen Lebens und besonders Politiker sowie führende Vertreter religiöser und anderer Gemeinschaften zu einer raschen Reaktion auf Hassrede zu ermutigen, die nicht nur in deren Verurteilung besteht, sondern auch darauf abzielt, die durch die Äußerungen bedrohten Werte zu stärken;

h. die Urheber von Hassrede dazu zu ermutigen, auf diese Äußerungen zu verzichten und sie abzulehnen, und diese Personen dabei zu unterstützen, die Gruppen zu verlassen, die Hassrede gebrauchen;

i. all diese Bemühungen gegebenenfalls mit jenen anderer Staaten und internationaler Organisation zu koordinieren;

5. jene, die Ziel von Hassrede sind, sowohl individuell als auch kollektiv zu unterstützen, und dementsprechend:

a. danach zu streben, ihnen durch Beratung und Anleitung zu helfen, erlittene Traumata und das Schamgefühl zu bewältigen;

b. sicherzustellen, dass sie sich ihres Rechts bewusst sind, Verwaltungs-, Zivil- und Strafrechtsverfahren zur Wiedergutmachung anzustrengen, und dass sie nicht von der Ausübung dieses Rechts durch Angst, Unwissen, physische oder emotionale Hindernisse oder Ressourcenmangel abgehalten werden;

c. das Melden des Gebrauchs von Hassrede sowohl durch jene, auf die sie abzielt, als auch durch jene, die Zeugen dessen werden, zu fördern und zu erleichtern;

d. die nachteilige Behandlung oder Belästigung jeder Person, die sich über den Gebrauch von Hassrede beschwert oder diesen meldet, zu sanktionieren; und

e. mit jenen, die Ziel von Hassrede sind, Solidarität zu zeigen und sie langfristig zu unterstützen;

6. die Selbstregulierung öffentlicher und privater Institutionen (darunter gewählte Körperschaften, Parteien, Bildungseinrichtungen sowie Kultur- und Sportorganisationen) als ein Mittel zur Bekämpfung von Hassrede zu fördern, und dementsprechend:

a. die Verabschiedung geeigneter Verhaltenskodizes, in denen Suspendierungen und andere Sanktionen gegenüber jenen vorgesehen sind, welche deren Bestimmungen verletzen, sowie die Schaffung wirksamer Meldemöglichkeiten anzuregen;

b. die Parteien aufzufordern, die Charta der Europäischen Parteien für eine nichtrassistische Gesellschaft zu zeichnen;

c. die Überwachung von Fehlinformation, negativer Stereotypisierung und Stigmatisierung zu stärken;

d. die unmissverständliche Verurteilung von Verstößen gegen diese Kodizes zu fördern;

e. geeignete Schulungen über die Bedeutung und negativen Folgen von Hassrede sowie über Möglichkeiten zu deren Bekämpfung zu unterstützen; und

f. die Schaffung von Beschwerdemechanismen zu fördern und zu unterstützen;

7. Regelungsbefugnisse gegenüber den Medien (darunter Internetanbieter, Online-Vermittler und Soziale Medien) anzuwenden, um die Bekämpfung von Hassrede zu fördern und deren inakzeptable Natur zu unterstreichen, und gleichzeitig sicherzustellen, dass diese Maßnahmen nicht das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Meinungsfreiheit verletzen, und dementsprechend:

a. zu gewährleisten, dass alle Befugnisse, die zu diesem Zweck bestehen, wirksam angewandt werden, ohne dabei Selbstregulierungsmechanismen außer Acht zu lassen;

b. die Verabschiedung und Anwendung geeigneter Verhaltenskodizes und/oder Nutzungsbedingungen im Hinblick auf Hassrede sowie wirksame Meldemöglichkeiten zu fördern;

c. die Überwachung und Verurteilung des Gebrauchs und der Verbreitung von Hassrede zu stärken;

d. gegebenenfalls die Anwendung von Inhaltsbeschränkungen, Wortfilterprogrammen und ähnlichen Techniken zu unterstützen;

e. eine geeignete Schulung von Redakteuren, Journalisten und anderen Personen, die im Mediensektor tätig sind, über die Natur von Hassrede und über Möglichkeiten zu deren Bekämpfung zu fördern;

f. die Schaffung von Beschwerdemechanismen zu fördern und zu unterstützen; und

g. jene, die im Mediensektor tätig sind, dazu anzuregen, einen von Ethik geprägten Journalismus anzustreben;

8. den Geltungsbereich und die Anwendbarkeit der in zivil- und verwaltungsrechtlichen Bestimmungen verankerten Verantwortlichkeiten in Fällen von Hassrede klarzustellen, in denen die Äußerung zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufstacheln soll, auf die sie abzielt, oder von der nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt, und gleichzeitig das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Meinungsfreiheit zu achten, und dementsprechend:

a. die spezifischen Verantwortlichkeiten der Urheber von Hassrede, Internetanbieter, Online-Foren und Webhosts, Online-Vermittler, Sozialen Medien, Blogmoderatoren und anderen Akteure mit ähnlichen Funktionen festzulegen;

b. die Möglichkeit sicherzustellen, infolge gerichtlicher Genehmigung oder Zustimmung die Löschung von Hassrede aus über das Internet zugänglichen Inhalten anzuordnen und Internetsites, auf denen Hassrede geäußert wird, zu sperren;

c. die Möglichkeit sicherzustellen, infolge gerichtlicher Genehmigung oder Zustimmung von Herausgebern von Medien (darunter Internetanbietern, Online-Vermittlern und Sozialen Medien) die Veröffentlichung einer entsprechenden Erklärung zu verlangen, dass es sich bei bestimmten von ihnen publizierten Inhalten um Hassrede handelte;

d. die Möglichkeit sicherzustellen, infolge gerichtlicher Genehmigung oder Zustimmung das Verbreiten von Hassrede zu verbieten und die Offenlegung der Identität jener, die diese äußern, zu erzwingen;

e. jenen, die Ziel von Hassrede sind, sowie den Gleichstellungsstellen, nationalen Menschenrechtsinstitutionen und einschlägigen Nichtregierungsorganisationen die Möglichkeit an die Hand zu geben, Gerichtsverfahren mit dem Ziel anzustrengen, Hassrede zu löschen, die Veröffentlichung einer entsprechenden Erklärung zu verlangen, dass es sich bei einem bestimmten publizierten Inhalt um Hassrede handelte, oder deren Verbreitung zu verbieten und die Offenlegung der Identität jener zu erzwingen, die sie äußern; und

f. eine geeignete Schulung von Richtern, Rechtsanwälten und Beamten, die Fälle von Hassrede behandeln, zu gewährleisten und den Austausch bewährter Praktiken zwischen ihnen zu erleichtern;

9. Parteien und anderen Organisationen, die Hassrede gebrauchen oder die deren Gebrauch durch ihre Mitglieder nicht sanktionieren, jegliche finanzielle oder andere Form der Unterstützung durch öffentliche Einrichtungen zu entziehen und bei gleichzeitiger Achtung der Vereinigungsfreiheit die Möglichkeit vorzusehen, diese Organisationen unabhängig davon, ob sie von öffentlichen Einrichtungen in irgendeiner Weise unterstützt werden, zu verbieten und aufzulösen, wenn die Hassrede zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufstacheln soll, die Ziel der Äußerung sind, oder nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt;

10. geeignete und wirksame strafrechtliche Maßnahmen gegen den Gebrauch von Hassrede im öffentlichen Rahmen zu ergreifen, wenn die Hassrede zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufstacheln soll, die Ziel der Äußerung sind, oder nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt, unter der Voraussetzung, dass keine andere, weniger restriktive Maßnahme wirksam wäre und das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Meinungsfreiheit geachtet werden, und dementsprechend:

a. sicherzustellen, dass Straftatbestände eindeutig definiert sind und die Notwendigkeit strafrechtlicher Sanktionen gebührend berücksichtigen;

b. zu gewährleisten, dass der Rahmen dieser Straftatbestände so definiert ist, dass deren Anwendung an die technologische Entwicklung angepasst werden kann;

c. dafür zu sorgen, dass die Verfolgung dieser Straftaten auf nicht diskriminierende Weise erfolgt und nicht dazu genutzt wird, um die Kritik an der offiziellen Politik, die politische Opposition oder religiöse Überzeugungen zu unterdrücken;

d. die wirksame Beteiligung jener, die Ziel der Hassrede sind, an den diesbezüglichen Strafverfahren zu garantieren;

e. Sanktionen für diese Straftatbestände vorzusehen, die sowohl die schwerwiegenden Folgen von Hassrede als auch die Notwendigkeit einer angemessenen Reaktion berücksichtigen;

f. die Wirksamkeit der Untersuchung von Beschwerden und der Strafverfolgung der Urheber mit dem Ziel zu überwachen, diese Wirksamkeit zu steigern;

g. die wirksame Zusammenarbeit und Koordination zwischen den Polizei- und Strafverfolgungsbehörden zu gewährleisten;

h. für eine geeignete Schulung von Strafverfolgungsbeamten, Staatsanwälten und Richtern, die Fälle von Hassrede behandeln, zu sorgen und den Austausch bewährter Praktiken zwischen ihnen zu erleichtern;

i. mit anderen Staaten bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Verbreitung von Hassrede zusammenzuarbeiten, unabhängig davon, ob die Verbreitung auf Papier oder in elektronischer Form erfolgt.

 

A. Einleitung

1. Diese Allgemeine Politik-Empfehlung (im Weiteren: die Empfehlung) befasst sich mit dem Phänomen der Hassrede und den nachteiligen Folgen ihres Gebrauchs für einzelne Personen, bestimmte Personengruppen und die gesamte Gesellschaft. Diese Folgen hat die ECRI besonders im Rahmen ihrer länderbezogenen Monitoring-Tätigkeit festgestellt, sie werden aber auch allgemein anerkannt. Die Empfehlung legt deshalb dar, worin dem Verständnis der ECRI zufolge Hassrede besteht, und präsentiert Maßnahmen, die getroffen werden können und müssen, um deren Gebrauch zu bekämpfen. Dabei werden bestimmte Aspekte der Allgemeinen politischen Empfehlungen Nr. 5, 6, 9 10 und 13 sowie insbesondere Nr. 7 weiterentwickelt und verdeutlicht.

2. Ausgangspunkt der Empfehlung ist die Betonung der grundlegenden Bedeutung der Freiheit der Meinungsäußerung, der Toleranz und der Achtung der gleichen Würde aller Menschen. Diese Grundsätze sind in zahlreichen internationalen Instrumenten verankert, die von den Mitgliedsstaaten des Europarates anerkannt werden. Der ECRI ist insbesondere bewusst, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassrede in keinem Fall weiter als die gesetzlichen Beschränkungen gehen sollten, die für die Freiheit der Meinungsäußerung als keineswegs uneingeschränktes Recht bestehen können. Außerdem ist ihr bewusst, dass Hassrede in manchen Fällen wirksam entgegengetreten werden kann, ohne die Freiheit der Meinungsäußerung zu beschränken. Deshalb verfolgt die Empfehlung einen abgestuften Ansatz hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen. Besonders die Ansicht, dass bei den Maßnahmen gegen Hassrede das Hauptaugenmerk nicht auf der Anwendung strafrechtlicher Sanktionen liegen sollte, zeugt nicht nur von der Bedeutung der Achtung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Vereinigungsfreiheit, sondern auch von der Erkenntnis, dass es im Hinblick auf eine vollständige Beseitigung dieses Phänomens wahrscheinlich weitaus sinnvoller ist, die Bedingungen, die diese Äußerungen begünstigen, zu bekämpfen und Hassrede energisch entgegenzutreten.

3. Eine Definition von Hassrede zum Zwecke der Empfehlung ist in der Präambel dargelegt. Im verfügenden Teil behandelt die Empfehlung zuerst die Notwendigkeit, bestimmte Verträge zu ratifizieren, sofern dies noch nicht geschehen ist, und eine Reihe von Vorbehalten gegen zwei weitere Verträge zurückzuziehen. Ziel ist dabei in beiden Fällen, das Engagement zur Bekämpfung von Hassrede mithilfe geeigneter Maßnahmen zu stärken und sicherzustellen, dass keine rechtlichen Hindernisse für diese Maßnahmen bestehen. Anschließend wird in der Empfehlung die Notwendigkeit verschiedener Schritte unterstrichen, die dazu dienen sollen, die Bedingungen, welche den Gebrauch von Hassrede begünstigen, und deren unterschiedliche Formen besser zu verstehen, da allgemein anerkannt ist, dass dies eine Voraussetzung für wirksame Maßnahmen ist.

4. Die spezifischen Maßnahmen gegen den Gebrauch von Hassrede, welche die ECRI als notwendig erachtet, umfassen Bemühungen, die darauf abzielen: die Öffentlichkeit zu sensibilisieren; jeglicher Äußerung von Hassrede entgegenzutreten; jene zu unterstützen, die Ziel dieser Äußerungen sind; Selbstregulierung zu fördern; Regulierungsmaßnahmen zu ergreifen; eine verwaltungs- und zivilrechtliche Haftung aufzuerlegen; bestimmten Organisationen die Unterstützung zu entziehen und andere zu verbieten; sowie in sehr spezifischen und begrenzten Fällen strafrechtliche Sanktionen aufzuerlegen.

5. Die Empfehlung wendet sich an die Regierungen der Mitgliedsstaaten des Europarates. Allerdings wird die konkrete Umsetzung zusätzlich zu den öffentlichen Akteuren zweifellos die Einbindung und das Engagement eines breiten Spektrums privater und nichtstaatlicher Akteure erfordern. Es muss folglich sichergestellt sein, dass geeignete Maßnahmen getroffen werden, um ihre aktive Beteiligung an der Umsetzung zu erreichen.

6. Die Empfehlung zielt insbesondere auf den Gebrauch von Hassrede ab, die in den Tätigkeitsbereich der ECRI fällt, gleichwohl sind die darin enthaltenen Bestimmungen dazu geeignet, für alle Formen von Hassrede angewandt zu werden, das heißt auch jene, die nicht aufgrund der „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit, nationalen oder ethnischen Herkunft, Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung geäußert werden.

B. Begriffsbestimmungen

Terminologie

7. Für die Zwecke dieser Empfehlung gelten nachstehende Definitionen:

a. „Befürwortung“ im Zusammenhang mit Verunglimpfung, Hass oder Herabwürdigung bezeichnet die ausdrückliche, bewusste und aktive Unterstützung dieser Art von Verhalten und Einstellung gegenüber einer bestimmten Personengruppe;

b. „Entfremdung“ bezeichnet den Rückzug einer Person aus der Gesellschaft, in der sie lebt, und die Missbilligung von deren Werten;

c. „Romafeindlichkeit“[2] bezeichnet Rassismus, der sich gegen Roma richtet;

d. „Antisemitismus“ bezeichnet Vorurteile und Hass gegen Juden als ethnische oder religiöse Gruppe oder deren Diskriminierung;

e. „Stillschweigende Duldung“ bezeichnet das Entschuldigen oder Verzeihen bestimmten Verhaltens oder das Hinwegsehen darüber;

f. „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ bezeichnet jede der in Artikel 7 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs angeführten Handlungen, die im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung und in Kenntnis des Angriffs begangen wird;

g. „Verunglimpfung“ bezeichnet den Angriff auf die Eigenschaften, die Persönlichkeit oder den Ruf einer oder mehrerer Person(en) im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe;

h. „Diskriminierung“ bezeichnet jede unterschiedliche Behandlung aufgrund der „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationalen oder ethnischen Herkunft sowie der Abstammung, Überzeugung, des biologischen oder sozialen Geschlechts, der Geschlechtsidentität, sexuellen Orientierung oder anderer persönlicher Eigenschaften und Statusmerkmale ohne sachliche und vernünftige Gründe;[3]

i. „Soziales Geschlecht“ (englisch „Gender“) bezeichnet die gesellschaftlich geprägten Rollen, Verhaltensweisen, Tätigkeiten und Merkmale, die eine bestimmte Gesellschaft als für Frauen und Männer angemessen ansieht;[4]

j. „Geschlechtsidentität“ bezeichnet das tief empfundene innere und persönliche Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht (englisch „Gender“), das mit dem Geschlecht (englisch „Sex“), das dem betroffenen Menschen bei seiner Geburt zugewiesen wurde, übereinstimmt oder nicht übereinstimmt; dies schließt die Wahrnehmung des eigenen Körpers mit ein (darunter auch die freiwillige Veränderung des äußeren körperlichen Erscheinungsbildes oder der Funktionen des Körpers durch medizinische, chirurgische oder andere Eingriffe) sowie andere Ausdrucksformen des Geschlechts („Gender“), zum Beispiel durch Kleidung, Sprache und Verhaltensweisen;[5]

k. „Völkermord“ bezeichnet jede der in Artikel 6 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs angeführten Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten;

l. „Verherrlichung“ bedeutet, jemanden für seine Taten zu feiern oder zu preisen;

m. „Hass“ bezeichnet eine Gemütslage, die durch ein starkes und irrationales Gefühl der Abneigung, Ablehnung und Feindschaft gegenüber einer Zielgruppe gekennzeichnet ist;[6]

n. „Holocaustleugnung“ bezeichnet das vollständige oder teilweise Bestreiten, Infragestellen oder Bezweifeln der historischen Tatsache des Völkermordes an den Juden während des Zweiten Weltkriegs;

o. „Homophobie“ bezeichnet Vorurteile und Hass gegenüber sowie Angst vor Homosexualität oder Menschen, die als bisexuell, schwul, lesbisch oder als Transgender identifiziert oder empfunden werden;

p. „Feindseligkeit“ bezeichnet den Ausdruck von Hass, der über eine bloße Gemütslage hinausgeht;[7]

q. „Aufstachelung“ bezeichnet Äußerungen zu Personengruppen, welche die unmittelbare Gefahr von Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt gegen Angehörige dieser Gruppen mit sich bringen;

r. „Islamfeindlichkeit“ bezeichnet Vorurteile und Hass gegenüber sowie Angst vor dem Islam oder den Anhängern dieser Religion;

s. „Marginalisierung“ bedeutet, eine Personengruppe zu isolieren oder ihr keine Bedeutung beizumessen, oder bei den Angehörigen der Gruppe eine diesbezügliche Empfindung auszulösen, und dadurch ihre Teilhabe an der Gesellschaft zu beschränken;

t. „Medienkompetenz“ bedeutet, über das Wissen, die Fähigkeiten und die Einstellung zu verfügen, die nötig sind, um alle Arten von Medien zu nutzen, darunter insbesondere das Verständnis ihrer Rolle und ihrer Funktionen in den demokratischen Gesellschaften sowie die Fähigkeit, sowohl Medieninhalte kritisch zu bewerten als auch Medien zu nutzen, um sich Gehör zu verschaffen und an der Demokratie teilzuhaben;

u. „Negative Stereotypisierung“ bedeutet, im Hinblick auf einen oder mehrere Angehörige(n) einer Personengruppe generalisierende Vorstellungen über die Merkmale der Mitglieder der Gruppe zu hegen, insbesondere indem die gesamte Gruppe ungeachtet der individuellen Merkmale der einzelnen Mitglieder negativ dargestellt wird;

v. „Radikalisierung“ bezeichnet den Prozess, durch den jemand extreme politische, religiöse oder gesellschaftliche Werte übernimmt, die mit jenen einer demokratischen Gesellschaft unvereinbar sind;

w. „Rassismus“ bezeichnet die Überzeugung, dass ein Beweggrund wie „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft die Missachtung einer Person oder Personengruppe oder das Gefühl der Überlegenheit einer Person oder Personengruppe rechtfertigt;[8]

x. „Roma“ bezeichnet nicht nur Roma, sondern auch Sinti, Kale, Aschkali, „Ägypter“, Manusch und verwandte Bevölkerungsgruppen in Europa sowie Fahrende;[9]

y. „Biologisches Geschlecht“ (englisch „Sex“) bezeichnet den biologischen Status einer Person;

z. „Sexuelle Orientierung“ bezeichnet die Fähigkeit jedes Menschen, eine tiefe emotionale, affektive und sexuelle Anziehung gegenüber Personen eines anderen Geschlechts oder desselben Geschlechts oder mehr als eines Geschlechts zu empfinden und intime und sexuelle Beziehungen mit ihnen zu unterhalten;[10]

aa. „Status“ bezeichnet die rechtliche oder faktische Situation einer Person, die nicht nur den Familienstand, die berufliche Situation und den Status als Migrant beinhaltet, sondern auch Faktoren wie die uneheliche Herkunft, Behinderungen, die finanzielle Lage, Gesundheit, Inhaftierung, Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder anderen Organisationen sowie den Wohnort;

bb. „Stigmatisierung“ bedeutet, eine Personengruppe negativ zu klassifizieren;

cc. „Transphobie“ bezeichnet Vorurteile und Hass gegenüber sowie Angst vor Transsexualität und Transsexuellen oder Transgendern aufgrund der Äußerung ihrer inneren Geschlechtsidentität;

dd. „Verharmlosung“ bedeutet, etwas als nicht wichtig oder nicht signifikant darzustellen;

ee. „Herabwürdigung“ bezeichnet die schmähende Kritik einer oder mehrerer Person(en) im Zusammenhang mit deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe;

ff. „Gewalt“ bezeichnet die Anwendung körperlicher Gewalt oder von Macht gegenüber einer Person oder einer Gruppe oder Gemeinschaft, die zu Verletzungen, Tod, psychischen Schäden, Entwicklungsstörungen oder Deprivation führt oder mit hoher Wahrscheinlichkeit führt;[11]

gg. „Schutzbedürftige Gruppen“ bezeichnet jene Gruppen, die besonderes Ziel von Hassrede sind und die je nach nationalem Kontext variieren, aber üblicherweise Asylsuchende und Flüchtlinge, andere Immigranten und Migranten, schwarze und jüdische Gemeinschaften, Muslime, Roma sowie andere religiöse, historische, ethnische und sprachliche Minderheiten und LGBT-Personen umfassen; insbesondere zählen Kinder und junge Menschen dazu, die Angehörige einer dieser Gruppen sind;

hh. „Kriegsverbrechen“ bezeichnet jede der in Artikel 8 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs genannten Handlungen; und

ii. „Fremdenfeindlichkeit“ bezeichnet Vorurteile und Hass gegenüber sowie Angst vor Menschen aus anderen Ländern oder Kulturen.

Definition von Hassrede

8. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Definition von Hassrede zum Zwecke dieser Allgemeinen politischen Empfehlung in der Präambel dargelegt ist. Darin spiegeln sich die verschiedenen Zusammenhänge, Ziele und Wirkungen des Gebrauchs von Hassrede wider und dementsprechend variieren auch die geeigneten Reaktionen darauf. Dies impliziert, dass die Mitgliedsstaaten diese Reaktion gestalten können, indem sie bestehende oder neue Maßnahmen kombinieren.

9. Zum Zwecke dieser Allgemeinen politischen Empfehlung bezeichnet Hassrede den Gebrauch einer oder mehrerer bestimmter Ausdrucksform(en) – nämlich das Befürworten und Fördern von oder Aufstacheln zu jeglicher Form von Verunglimpfung, Hass oder Herabwürdigung einer Person oder Personengruppe, ebenso wie jegliche Belästigung, Beleidigung, negative Stereotypisierung, Stigmatisierung oder Bedrohung einer Person oder Personengruppe und die Rechtfertigung der genannten Ausdrucksformen – aufgrund einer nicht vollständigen Liste von persönlichen Eigenschaften und Statusmerkmalen, darunter „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion oder Überzeugung, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft sowie Abstammung, Alter, Behinderung, biologisches oder soziales Geschlecht, Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung.

10. Das in der Empfehlung dargestellte Verständnis von Hassrede unterscheidet sich von jenem zahlreicher anderer Dokumente dadurch, dass es nachstehende Elemente umfasst:

– das Befürworten und Fördern von oder Aufstacheln zu jeglicher Form von Verunglimpfung, Hass oder Herabwürdigung, sowie jegliche Belästigung, Beleidigung, negative Stereotypisierung, Stigmatisierung oder Bedrohung;

– nicht nur Äußerungen, die zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen aufstacheln sollen, sondern auch jene, von denen nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielen; und

– Äußerungen, die aus anderen Gründen als aufgrund der „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion oder Überzeugung, Staatsangehörigkeit, nationalen oder ethnischen Herkunft sowie Abstammung getätigt werden.

11. „Äußerung“ bezeichnet in der Empfehlung sprachliche Aussagen und Publikationen jeglicher Form, darunter mithilfe elektronischer Medien, sowie deren Verbreitung und Aufbewahrung. Hassrede kann in Form geschriebener oder gesprochener Worte oder in anderen Formen auftreten, wie Bildern, Zeichen, Symbolen, Gemälden, Musik, Theaterstücken oder Videos. Der Begriff umfasst zudem bestimmte Verhaltensweisen, etwa Gesten, zum Ausdruck einer Idee, Botschaft oder Meinung.

12. Darüber hinaus zählen zu den Äußerungsformen, die in den Geltungsbereich der Empfehlung fallen, die öffentliche Leugnung, Verharmlosung, Rechtfertigung oder stillschweigende Duldung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen, die gerichtlichen Urteilen zufolge tatsächlich stattgefunden haben, sowie die Verherrlichung von Personen, die diese Verbrechen begangen haben. Durch die Bedingung, dass Gerichte geurteilt haben müssen, dass die genannten Verbrechen stattgefunden haben, soll sichergestellt werden, dass vage Anschuldigungen aufgrund eines bestimmten Verhaltens nicht als Basis für Behauptungen dienen, dass bestimmte Äußerungen einer Hassrede gleichkommen. Die Verherrlichung von Personen, die diese Verbrechen begangen haben, ist nur dann Hassrede, wenn ebendiese Handlungen gemeint sind und es sich nicht um die positive Bewertung einer gänzlich anderen Handlung dieser Personen handelt.

13. Gleichzeitig schließt die Empfehlung von der Definition von Hassrede ausdrücklich jede Art von Äußerung aus, die (etwa wie Satire oder auf objektiven Tatsachen beruhende Nachrichten oder Analysen) zwar beleidigend, verletzend oder bekümmernd sein kann, aber gemäß den Schlussfolgerungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unter den in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Schutz fällt.[12] Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass der Europäische Gerichtshof ebenfalls anerkannt hat, dass das Beleidigen, Lächerlichmachen oder Verleumden bestimmter Bevölkerungsgruppen einer Aufstachelung zu Hass gleichkommen kann, wenn diese Äußerungen auf unverantwortliche Weise getätigt werden (etwa durch willkürliche Anstößigkeit, Befürwortung von Diskriminierung oder durch Gebrauch kränkender oder erniedrigender Rhetorik, oder dadurch, dass diese Äußerungen deren Empfängern aufgezwungen werden);[13] diese Ausdrucksformen fallen ebenfalls in den Geltungsbereich der Definition der Empfehlung.

14. Die Empfehlung erkennt überdies an, dass Hassrede in manchen Fällen das besondere Merkmal aufweist, dass sie andere zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufstacheln soll, die Ziel der Äußerung sind, oder dass nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt. Gemäß der oben angeführten Begriffsbestimmung geht das Element der Aufstachelung mit dem eindeutigen Vorsatz einher, Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen hervorzurufen oder mit der unmittelbaren Gefahr, dass der Gebrauch von Hassrede zu den genannten Handlungen führt.

15. Der Vorsatz, zu diesen Handlungen aufzustacheln, kann festgestellt werden, wenn der Urheber der Hassrede andere unmissverständlich dazu auffordert. Er kann auch aus der Heftigkeit der verwendeten Rhetorik und anderen relevanten Umständen, etwa dem Verhalten des Urhebers in der Vergangenheit, abgeleitet werden. Es ist indes nicht immer einfach, das Vorliegen eines solchen Vorsatzes nachzuweisen, besonders wenn sich die Äußerung vorgeblich auf vermeintliche Tatsachen bezieht oder codierte Sprache verwendet wird.

16. Dagegen müssen bei der Bewertung, ob die Gefahr besteht, dass es zu den relevanten Handlungen kommt, die spezifischen Umstände, unter denen die Hassrede geäußert wird, berücksichtigt werden. Insbesondere ist in Betracht zu ziehen: (a) der Kontext, in dem die entsprechende Hassrede geäußert wird (vor allem ob in der Gesellschaft, in der die Hassrede geäußert wird, bereits schwerwiegende Spannungen bestehen); (b) die Fähigkeit des Urhebers der Hassrede, andere zu beeinflussen (etwa durch die Position als politische, religiöse oder sonstige Führungspersönlichkeit); (c) die Art und Heftigkeit der eingesetzten Rhetorik (etwa ob sie provozierend und direkt ist, Fehlinformation, negative Stereotypisierung und Stigmatisierung umfasst oder anderweitig dazu angetan ist, zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen aufzustacheln); (d) der Zusammenhang der spezifischen Äußerung (ob es sich um einen Einzelfall oder um eine wiederholte Äußerung handelt, oder ob sie durch weitere Äußerungen derselben oder einer anderen Person als ausgeglichen gelten kann, besonders im Rahmen einer Debatte); (e) das verwendete Kommunikationsmittel (ob es eine unmittelbare Reaktion der Empfänger der Äußerung ermöglicht, etwa bei einer Live-Veranstaltung); und (f) die Art der Empfänger der Äußerung (ob diese dazu in der Lage sind, dazu neigen oder dafür empfänglich sind, Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen auszuüben).

17. Die verschiedenen für diese Gefahrenbewertung relevanten Umstände spiegeln zahlreiche Aspekte des Rabat-Aktionsplans wider, die bei der Einstufung bestimmter Äußerungen als Straftatbestand zu betrachten sind.[14] In einem Punkt gehen sie jedoch weiter als diese – und auch als der in Ziffer 18 der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 dargelegte strafrechtliche Rahmen:[15] Durch die Anerkennung, dass der Vorsatz, zum Begehen von Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen aufzustacheln, bei dieser besonders schwerwiegenden Form von Hassrede keine grundlegende Voraussetzung ist. Vielmehr zählen dazu auch Äußerungen, von denen nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielen. Wenn nach vernünftigem Ermessen anzunehmen ist, dass der Gebrauch der Hassrede diese Wirkung nach sich zieht, wäre es fahrlässig, sie zu tätigen.

18. Dieser Ansatz steht im Einklang mit den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, laut denen strafrechtliche Sanktionen für bestimmte Äußerungen mit Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar sind, wenn es für den Urheber abzusehen war, dass sie eine bereits explosive Situation weiter verschärfen würden.[16]

19. Dessen ungeachtet könnten andere, nichtstrafrechtliche Sanktionen in Fällen von Hassrede, bei denen nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie andere zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufstachelt, die Ziel der Äußerung sind, unter spezifischen Umständen eine angemessenere Antwort auf den dringenden gesellschaftlichen Handlungsbedarf sein, den diese Äußerung bedingt.

20. Die Definition von Hassrede beschränkt sich nicht auf öffentliche Äußerungen. Der Gebrauch von Hassrede in diesem Zusammenhang ist jedoch ein Aspekt mit besonderer Relevanz für bestimmte Formen von Hassrede, etwa die Leugnung, Verharmlosung, Rechtfertigung oder stillschweigende Duldung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen. Überdies kann es sich dabei um einen wichtigen Faktor handeln, wenn es einzuschätzen gilt, ob nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass ein bestimmter Gebrauch der Hassrede andere zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufstachelt, die Ziel der Äußerung sind. Darüber hinaus ist der öffentliche Kontext ein wesentliches Kriterium für Empfehlungen, die auf die strafrechtliche Bewehrung bestimmter Äußerungen von Hassrede abzielen, da dadurch die Möglichkeiten zur Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung begrenzt werden. Eine Äußerung sollte dann als öffentlich gelten, wenn sie an einem für die Allgemeinheit zugänglichen Ort oder mittels eines für die Allgemeinheit verfügbaren Kommunikationsmittels getätigt wird.

21. Zusammenfassend gesagt betrifft Hassrede verschiedene Formen von Äußerungen, die gegen eine Person oder Personengruppe aufgrund von deren persönlichen Eigenschaften und Statusmerkmalen gerichtet sind, und die Maßnahmen dagegen umfassen nicht notwendigerweise strafrechtliche Sanktionen. Wenn die Hassrede indes in Form von Verhalten auftritt, das selbst ein strafrechtlicher Tatbestand ist (etwa Beschimpfungen, Belästigungen oder Beleidigungen), kann ebenfalls von einem Hassdelikt gesprochen werden.[17]

C. Hintergrund

22. Die Empfehlung wurde zu einer Zeit verabschiedet, in der in den Mitgliedsstaaten, beim Europarat und anderen Organisationen die Sorge über den Gebrauch von Hassrede in der vielfältigen Gesellschaft Europas wuchs sowie über deren Rolle bei der Untergrabung des Selbstwertgefühls der Angehörigen schutzbedürftiger Gruppen, bei der Schädigung des Zusammenhalts und der Aufstachelung anderer zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen. Diese Sorge vergrößerte sich infolge zahlreicher Zwischenfälle, bei denen Personen, Einrichtungen, Gedenkstätten und Eigentum aufgrund einer Feindseligkeit, die auf einem oder mehreren der genannten Elemente beruht, tatsächlich zum Ziel gewalttätiger Angriffe wurden. Deshalb sollte – unter Anwendung des vielfältigen Spektrums von Maßnahmen, die in der Empfehlung dargelegt werden – auf Hassrede eine rasche Reaktion folgen, um die Entwicklung negativer Haltungen besonders gegenüber Minderheiten zu verhindern, die dazu führen würden, dass sie ihr Selbstwertgefühl verlieren und ihre Integration in die Mehrheitsgesellschaft Schaden nimmt.

Daten

23. Das tatsächliche Ausmaß, in dem Hassrede gebraucht wird, bleibt ungewiss, obwohl der Eindruck besteht, dass sie – wie auch die Empfehlung anmerkt – immer häufiger auftritt. Diese Ungewissheit ist dem Mangel an umfassenden und vergleichbaren Daten zu Beschwerden über den Gebrauch von Hassrede geschuldet. Dieser Mangel ist entweder dadurch bedingt, dass Beschwerden nicht registriert werden, oder durch die unterschiedlichen Kriterien, mithilfe derer die Mitgliedsstaaten beurteilen, ob ein derartiger Gebrauch stattgefunden hat. Des Weiteren ist erwiesen, dass jene, die Ziel von Hassrede sind, diese nicht in allen Fällen melden, häufig aufgrund mangelnden Vertrauens in das Justizsystem oder aus Angst vor Vergeltung. Es scheint zudem, dass nicht alle eingebrachten Beschwerden über den Gebrauch von Hassrede untersucht werden. Dazu kommt, dass nicht alle Bereiche, in denen Hassrede gebraucht werden könnte, systematisch überwacht werden. Ungeachtet dessen besteht kein Zweifel, dass Hassrede infolge der weitverbreiteten Verfügbarkeit elektronischer Kommunikationsformen sichtbarer ist und sich rascher verbreitet. Der Gebrauch von Hassrede ist auch ein hervorstechendes Merkmal der Lage, welche die ECRI in zahlreichen Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer vierten und fünften Prüfungsrunde beobachtet hat.

Ergebnisse des länderbezogenen Monitorings der ECRI

24. Bei diesen beiden länderbezogenen Monitoring-Prüfungsrunden hat die ECRI unter anderem festgestellt: die explizite Veröffentlichung eindeutig rassistischer Inhalte in bestimmten Medien; die Apologie des Nazismus und die Leugnung des Holocausts; den Gebrauch beleidigender Rhetorik und von Stereotypen gegenüber bestimmten Minderheiten und die Äußerung abschätziger Bemerkungen über Angehörige dieser Minderheiten auf der Straße, in Schulen und Geschäften sowie tatsächliche Aufrufe zur Gewalt gegen diese Menschen; und bestimmte Kampagnen gegen den Gebrauch von Minderheitensprachen. Zwar wurden gewiss Fälle beobachtet, in denen Parteien und andere Gruppierungen und Organisationen rassistische, fremdenfeindliche und neonazistische Vorstellungen kultivieren und verbreiten, gleichwohl beschränkt sich der Gebrauch von Hassrede nicht auf extremistische Gruppen, sondern ist auch in der übrigen Bevölkerung anzutreffen. Demnach hat der Gebrauch einer derben Rhetorik durch viele Abgeordnete und Behördenvertreter zu einem zunehmend aggressiven und intoleranten öffentlichen Diskurs beigetragen. Bestimmte hochrangige Politiker haben diesen Diskurs noch verschärft, indem sie in ihren Erklärungen ungehindert Hassrede gebrauchten. Darüber hinaus wurden auch Versuche von Personen des öffentlichen Lebens festgestellt, das Bestehen von Vorurteilen und Intoleranz gegenüber bestimmten Gruppen zu rechtfertigen, wodurch die Feinseligkeit diesen Gruppen gegenüber aufrechterhalten und gesteigert wird.

25. Allerdings ist nicht jede Hassrede so explizit, und einige Publikationen greifen auf „codierte“ Sprache zurück, um Vorurteile und Hass zu verbreiten. Zum Beispiel wird, wenn die Rede von einer bestimmten Minderheit ist, von Personen gesprochen, die keiner Arbeit nachgehen und von staatlicher Unterstützung leben, während die Angehörigen einer Neonazi-Gruppierung, die gegen diese Minderheit demonstrieren, als „anständige Bürger“ bezeichnet werden. Überdies wurde beobachtet, dass eine reißerische oder unvollständige Berichterstattung über bestimmte Ereignisse zur Fehlinformation der Bevölkerung und zu Ängsten führen kann, wodurch wiederum Vorurteile gegen die Angehörigen der Minderheiten entstehen können, die daran beteiligt sind.

26. Es wurde festgestellt, dass der Gebrauch von Hassrede ein besonderes Merkmal einiger elektronischer Kommunikationsformen ist: Hassrede ist der Hauptzweck bestimmter Webseiten, Foren und Social-Media-Foren, manche gebrauchen Hassrede sogar, obwohl sie von lokalen Behörden betrieben werden.[18]

27. Es wurden zahlreiche Fälle von Untätigkeit gegenüber dem Gebrauch von Hassrede verzeichnet, manchmal aufgrund des begrenzten Geltungsbereichs der nationalen Gesetzgebung, aber auch durch die enge Auslegung dieser Gesetze, durch die Zurückhaltung, bei Fehlen einer ausdrücklichen Beschwerde tätig zu werden, durch das Unterlassen sorgfältiger Untersuchungen und durch die voreilige Entscheidung, die mutmaßlichen Urheber nicht zu belangen. Auch wenn es zu Verfahren kam, hatten die ausgesprochenen Sanktionen tendenziell keine ausreichend abschreckende Wirkung, um Wiederholung oder Nachahmung zu verhindern. Die Selbstregulierungsmechanismen haben sich ebenfalls nicht immer als wirksam erwiesen.

28. Überdies haben der Gebrauch von Hassrede und das Fehlen einer entsprechenden Reaktion negative Folgen nicht nur für jene, die Ziel der Äußerungen sind, sondern auch für die gesamte Gesellschaft.

29. Laut den Ergebnissen des länderbezogenen Monitorings der ECRI fügt der Gebrauch von Hassrede nicht nur den Opfern Leid zu und verletzt ihre Gefühle, ihre Würde und ihr Identitätsbewusstsein, sondern trägt auch dazu bei, dass sie aufgrund der Abneigung, Feindschaft und Ressentiments ihnen gegenüber, welche diese Äußerungen auslösen oder verstärken können, Diskriminierung, Belästigung, Bedrohungen und Gewalt ausgesetzt sind. Diese Haltungen und Verhaltensweisen können dann Angst, Verunsicherung und Einschüchterung verursachen. Schließlich kann der Gebrauch von Hassrede dazu führen, dass sich jene, die Ziel der Äußerungen sind, aus der Gesellschaft, in der sie leben, zurückziehen und sich sogar ihren Werten nicht mehr verbunden fühlen. Die ECRI ist insbesondere über die Gefahr besorgt, dass Schüler zum Ziel von Hassrede werden und als Folge dieses Umstands ihre Ausbildung vorzeitig abbrechen; dadurch haben sie später Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt, wodurch wiederum der Bruch der Betroffenen mit der Gesellschaft verschärft wird.

30. Der Gebrauch von Hassrede ist auch für die gesamte Gesellschaft schädlich. Er wirkt sich nicht nur negativ auf die Art des öffentlichen Diskurses aus; noch wichtiger ist, dass er ein feindseliges und intolerantes Klima und die Bereitschaft fördert, Diskriminierung und Gewalt hinzunehmen oder zu entschuldigen. Dies führt zu einer Spaltung, untergräbt die gegenseitige Achtung und bedroht das friedliche Zusammenleben. Im Endeffekt wird der Pluralismus, der eine wesentliche Voraussetzung einer demokratischen Gesellschaft ist, gefährdet.

31. Im Zuge ihres länderbezogenen Monitorings hat die ECRI festgestellt, dass vor allem Immigranten, Juden, Muslime und Roma zum Ziel von Hassrede wurden, aber auch andere Gruppen waren betroffen. Zudem hat die ECRI beobachtet, dass Menschen aufgrund ihres biologischen Geschlechts, ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung zum Ziel von Hassrede wurden. Darüber hinaus können Frauen von einer besonders schwerwiegenden Form von Hassrede betroffen sein, da die Äußerungen nicht nur aufgrund ihrer „Rasse“, Religion oder anderer persönlicher Eigenschaften und Statusmerkmale gegen sie gerichtet sein können, sondern zusätzlich aufgrund ihres biologischen Geschlechts und/oder ihrer Geschlechtsidentität.

Lehren der Vergangenheit

32. Der Gebrauch von Hassrede ist keineswegs ein Problem, das erst vor Kurzem entstanden ist: Er war ein wesentlicher Faktor bei der Verübung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, die kennzeichnend für die europäische Zeitgeschichte sind. Die Ereignisse der Vergangenheit sind eine dringende Warnung vor der drohenden Gefahr, die von Fanatismus, Hass und Vorurteilen ausgeht, wenn man ihnen nicht entgegentritt. Diese Ereignisse sind zudem Gegenstand verschiedener Gedenkveranstaltungen, etwa des Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Holocausts, den die Generalversammlung der Vereinten Nationen durch ihre Resolution 60/7 am 1. November 2005 ausgerufen hat. Diese Veranstaltungen sollten indes nicht nur dem Gedenken dienen, sondern ebenfalls sicherstellen, dass die Lehren der Vergangenheit in der Gegenwart beachtet werden. Wie die Resolution 60/7 erkennt die Empfehlung außerdem an, dass die Gefahr nicht nur von einer bestimmten Form von Intoleranz ausgeht, sondern von jeder Art von Intoleranz, durch die infrage gestellt wird, dass die Menschenrechte und Grundfreiheiten für jeden Menschen ohne Unterschied gelten.

Verträge der Vereinten Nationen

33. Diese Pflicht zur Erinnerung fordert die Verabschiedung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassrede. Überdies sind noch explizitere Vorgaben dafür in Artikel 20(2) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte angeführt („Jedes Eintreten für nationalen, rassischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird, wird durch Gesetz verboten“) sowie in Artikel 4 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung („Die Vertragsstaaten […] übernehmen […] folgende Verpflichtungen: (a) jede Verbreitung von Ideen, die sich auf die Überlegenheit einer Rasse oder den Rassenhass gründen, jedes Aufreizen zur Rassendiskriminierung und jede Gewalttätigkeit oder Aufreizung dazu gegen eine Rasse oder eine Personengruppe anderer Hautfarbe oder Volkszugehörigkeit sowie jede Unterstützung rassenkämpferischer Betätigung einschließlich ihrer Finanzierung zu einer nach dem Gesetz strafbaren Handlung zu erklären; (b) alle Organisationen und alle organisierten oder sonstigen Propagandatätigkeiten, welche die Rassendiskriminierung fördern und dazu aufreizen, als gesetzeswidrig zu erklären und zu verbieten und die Beteiligung an derartigen Organisationen oder Tätigkeiten als eine nach dem Gesetz strafbare Handlung anzuerkennen; (c) nicht zuzulassen, dass staatliche oder örtliche Behörden oder öffentliche Einrichtungen die Rassendiskriminierung fördern oder dazu aufreizen.“).

34. In ihren abschließenden Bemerkungen zu den periodischen Berichten, die bestimmte Vertragsstaaten gemäß den betreffenden Verträgen einreichen, haben der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen bzw. der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung die mangelnde oder unwirksame Umsetzung dieser Vorgaben kritisiert.

35. Obwohl die in Artikel 20 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte angeführten spezifischen Äußerungen gesetzlich verboten werden sollen, hat der Menschenrechtsausschuss auch unterstrichen, dass diese Verbote mit den Einschränkungen der Freiheit der Meinungsäußerung vereinbar bleiben müssen, die laut Artikel 19(3) zulässig sind (Allgemeiner Kommentar Nr. 34, Artikel 19: Meinungsfreiheit und Freiheit der Meinungsäußerung, CCPR/C/GC/34, 12. September 2011, Ziffern 50–52).

36. Während der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung der Auffassung ist, dass „als Mindestvorgabe und unbeschadet weiterer Maßnahmen umfassende Gesetze gegen Rassendiskriminierung, darunter zivil-, verwaltungs- und strafrechtliche Bestimmungen, zur wirksamen Bekämpfung rassistischer Hassrede unbedingt erforderlich sind“, hat er gleichzeitig betont, dass die „Beziehung zwischen dem Verbot rassistischer Hassrede und der Entwicklung der Freiheit der Meinungsäußerung als eine komplementäre gesehen werden sollte und nicht als Nullsummenspiel, bei dem sich ein Faktor zwangsläufig verringert, wenn die Priorität auf den anderen gelegt wird. Das Recht auf Gleichstellung und Nichtdiskriminierung sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung sollten sich im Gesetz, in der Politik und in der Praxis als sich gegenseitig ergänzende Menschenrechte widerspiegeln“ (Allgemeine Empfehlung Nr. 35: Bekämpfung rassistischer Hassrede, CERD/C/GC/35, 26. September 2013, Ziffern 9 und 45). Dies bringt auch die frühere Erklärung des Ausschusses zum Ausdruck, wonach „das Verbot der Verbreitung von Ideen, die sich auf die Überlegenheit einer Rasse oder den Rassenhass gründen, mit der Meinungsfreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung vereinbar ist“ und dass die Freiheit der Meinungsäußerung „spezielle Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die in Artikel 29, Ziffer 2 der Allgemeinen Erklärung verankert sind, wovon die Verpflichtung, keine rassistischen Ideen zu verbreiten, von besonderer Bedeutung ist“ (Allgemeine Empfehlung XV zu Artikel 4 des Übereinkommens, Ziffer 4).

37. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen hat festgestellt, dass eine Verurteilung aufgrund der Tatsache, dass die Schlussfolgerung und das Urteil des Internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg in Zweifel gezogen wurden, vereinbar mit der Freiheit der Meinungsäußerung ist, da die Äußerungen – in ihrem vollständigen Zusammenhang gesehen – dazu angetan waren, antisemitische Empfindungen auszulösen oder zu stärken.[19] Er hat ebenso entschieden, dass die Entlassung eines Lehrers aufgrund von Äußerungen, in denen die Religion und der Glauben der Juden verunglimpft und Christen aufgefordert wurden, Personen jüdischer Religion und Herkunft zu verachten, eine zulässige Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung ist, insbesondere mit dem Ziel, das Recht zu schützen, im öffentlichen Schulsystem ohne Voreingenommenheit, Vorurteil und Intoleranz ausgebildet zu werden.[20] Dagegen wurde eine Beschwerde über den angeblichen Mangel an wirksamen Maßnahmen im Hinblick auf einen gemeldeten Vorfall von Hassrede gegen Muslime für nicht zulässig erklärt, da der Beschwerdeführer nicht nachwies, dass die Äußerungen spezifische Folgen für ihn hatten oder dass derartige Folgen unmittelbar zu erwarten waren, und er folglich nicht als Opfer einer Verletzung von Artikel 20(2) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte gilt.[21]

38. Der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung hat festgestellt, dass eine Verletzung von Artikel 4 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vorliegt, wenn nicht gewährleistet wurde, dass öffentliche Äußerungen, die Ideen verbreiten, die sich auf die Überlegenheit einer Rasse oder den Rassenhass gründen und die zumindest zur Rassendiskriminierung aufstacheln, nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt sind.[22] In einem Fall, in dem der Staat seiner Verpflichtung nicht nachgekommen war, zu untersuchen, ob in einer Radiosendung getätigte Äußerungen (in der negative Verallgemeinerungen über eine ganze Personengruppe verbreitet wurden, die ausschließlich auf deren ethnischer oder nationaler Herkunft gründeten, ohne deren individuelle Ansichten, Meinungen oder Handlungen im Hinblick auf die Frage der weiblichen Genitalverstümmelung zu berücksichtigen) als Rassendiskriminierung anzusehen sind, wurde ebenso eine Verletzung von Artikel 4 festgestellt.[23] In einem anderen Fall, in dem es sich um Äußerungen handelte, durch welche die Eigenschaften der türkischen Bevölkerung Deutschlands verallgemeinernd negativ dargestellt wurden und dazu aufgefordert wurde, ihr den Zugang zu staatlichen Transferleistungen zu verwehren und Zuzug von Einwanderern generell zu verbieten, hat der Ausschuss ebenfalls festgestellt, dass diese Äußerungen Ideen der Überlegenheit einer Rasse verbreiteten und zu Rassendiskriminierung aufstachelten, und entschieden, dass das Unterlassen einer wirksamen Untersuchung dieses Falles einer Verletzung von Artikel 4 gleichkommt.[24]

Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten

39. Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention) garantiert in Artikel 10 die Freiheit der Meinungsäußerung und verbietet jegliche Diskriminierung – gemäß Artikel 14 im Zusammenhang mit den in der Konvention anerkannten Rechten und Freiheiten und gemäß Artikel 1 des Protokolls Nr. 12 in allgemeinerer Hinsicht. Sie enthält indes keine Bestimmung, die sich besonders mit dem Gebrauch von Hassrede befasst. Dennoch musste der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (und die ehemalige Europäische Kommission für Menschenrechte) diesbezügliche Fälle im Zusammenhang mit Beschwerden über strafrechtliche Sanktionen und andere Einschränkungen für bestimmte Äußerungen behandeln. Dabei wurde entweder geurteilt, dass die fraglichen Äußerungen vom in Artikel 10 verankerten Schutz durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gänzlich auszuschließen sind (aufgrund des in Artikel 17 verankerten Verbots jeglicher Tätigkeit oder Handlung, die darauf abzielt, die in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten abzuschaffen); oder der Gerichtshof war bestrebt festzustellen, ob die Maßnahmen eine Einschränkung für die Ausübung dieser Freiheit sind, die als einem legitimen Zweck dienend (etwa dem Schutz der Rechte anderer) und als in einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbar gelten kann.

40. Der erste Ansatz wurde angewandt im Falle heftiger Angriffe gegen eine bestimmte ethnische oder religiöse Gruppe,[25] antisemitischer Äußerungen,[26] der Verbreitung rassendiskriminierender Äußerungen[27] und der Leugnung des Holocausts.[28] Dem zweiten Ansatz wurde in Fällen gefolgt, deren Gegenstand Äußerungen waren, die mutmaßlich Gewalt, Hass und Intoleranz schürten oder rechtfertigten. Bei diesen Fällen erwog der Gerichtshof insbesondere diese Faktoren: die Frage, ob ein angespannter politischer oder sozialer Kontext, ein direkter oder indirekter Aufruf zur Gewalt oder die Rechtfertigung von Gewalt, Hass oder Intoleranz vorlag (besonders bei pauschalen Äußerungen, die eine ethnische, religiöse oder andere Gruppe in ihrer Gesamtheit angreifen oder sie unter einem negativen Blickwinkel darstellen), die Art und Weise der Äußerung und deren Potenzial, direkt oder indirekt schädliche Folgen nach sich zu ziehen. In all diesen Fällen hat der Gerichtshof stets danach getrachtet, das Zusammenspiel dieser Faktoren und nicht einen einzelnen davon isoliert zu betrachten. Weitere wesentliche Erwägungen, welche der Gerichtshof bei der Beurteilung dieser Fälle berücksichtigt hat, sind die Verhältnismäßigkeit der infolge der Äußerungen getroffen Maßnahmen und die Möglichkeit, zivilrechtliche oder andere Rechtsbehelfe dagegen anzuwenden.[29]

41. Darüber hinaus hat der Europäische Menschenrechtsgerichtshof anerkannt, dass den Mitgliedsstaaten die positive Verpflichtung obliegt, jene, die Ziel von Hassrede sind, vor jeder Gewalt oder vor anderen Verletzungen ihrer Rechte durch Personen zu schützen, die durch den Gebrauch der Hassrede dazu aufgestachelt werden.[30] Zudem kann diskriminierendes Verhalten einem Verstoß gegen das Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gemäß Artikel 3 gleichkommen, und Passivität (etwa das Versäumnis, strafrechtliche Bestimmungen wirksam umzusetzen) angesichts der Verletzung von Rechten und Freiheiten, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert sind, kann als ein derartiges Verhalten betrachtet werden.[31] Der Gerichtshof hat des Weiteren festgestellt, dass der Mangel an Möglichkeiten zur Wiedergutmachung für beleidigende Äußerungen (besonders in Form negativer Stereotypisierung), die sich gegen eine bestimmte Personengruppe richten, einer Verletzung der in Artikel 8 verankerten positiven Verpflichtung gleichkommen, einem Angehörigen dieser Gruppe die Achtung des Privat- und Familienlebens zu garantieren, da die Äußerungen ein Angriff auf seine Identität sind.[32]

Andere europäische Verträge

42. Der Gebrauch von Hassrede ist Gegenstand weiterer drei Verträge des Europarates.

43. So sind die Mitgliedsstaaten laut dem Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art verpflichtet, die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen zu treffen, um folgende Handlungen als Straftaten zu umschreiben: das Verbreiten rassistischen und fremdenfeindlichen Materials über ein Computersystem sowie die Verwendung eines Computersystems, um rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Drohungen und Beleidigungen zu äußern und Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu leugnen, grob zu verharmlosen, zu billigen oder zu rechtfertigen.

44. Das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen verfügt außerdem, dass Fernsehprogramme nicht geeignet sein dürfen, zum Rassenhass aufzustacheln. Auch das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt bezieht sich auf Formen von Gewalt gegen Frauen, die ebenfalls in Form von sexistischer Hassrede im Internet und abseits davon auftreten können, nämlich sexuelle Belästigung (Artikel 40) und Nachstellung („Stalking“ – Artikel 34), und verpflichtet die Vertragsstaaten, die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen zu treffen.

Andere europäische und internationale Normen

45. Abgesehen von diesen besonderen Vertragsverpflichtungen, welche die Verabschiedung von Maßnahmen gegen den Gebrauch von Hassrede bestimmter Art oder in bestimmten Zusammenhängen erfordern oder zulassen, sind diesbezüglich verschiedene andere europäische und internationale Normen relevant. Dazu zählen: Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates; Empfehlungen und Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates; ein Bericht der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission); zwei Maßnahmen der Europäischen Union; die Erklärung und das Aktionsprogramm von Durban vom September 2001 sowie das Abschlussdokument der Durban-Überprüfungskonferenz vom April 2009; der Rabat-Aktionsplan über das Verbot des Eintretens für nationalen, rassistischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird (5. Oktober 2012); Berichte der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für zeitgenössische Formen von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz, für Minderheitenfragen und für die Förderung und den Schutz des Rechts auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung an die Generalversammlung und den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen; sowie Berichte des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte.

46. Im Mittelpunkt zahlreicher Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates und Empfehlungen und Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates stehen bestimmte Formen von Hassrede, etwa aggressiver Nationalismus, Extremismus, Neonazismus, Ethnozentrismus und Rassenhass. Andere befassen sich mit Formen von Hassrede, die auf bestimmte Personengruppen abzielen, etwa jene, deren Gegenstand Romafeindlichkeit, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit, Homo- oder Transphobie, der Status von Migranten oder die religiöse Zugehörigkeit von Personen ist. Wieder andere beschäftigen sich mit deren Gebrauch in besonderen Zusammenhängen, insbesondere im Cyberspace, in Online-Medien, im politischen Diskurs und in Videospielen.

47. Gemäß der Empfehlung Nr. R (97) 20 des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedsstaaten zum Thema „Hassrede“ umfasst der Begriff „jegliche Ausdrucksformen, welche Rassenhass, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus oder andere Formen von Hass, die auf Intoleranz gründen, propagieren, dazu anstiften, sie fördern oder rechtfertigen, einschließlich der Intoleranz, die sich in Form eines aggressiven Nationalismus und Ethnozentrismus, einer Diskriminierung und Feindseligkeit gegenüber Minderheiten, Einwanderern und Menschen mit Migrationshintergrund ausdrückt“. Sie empfiehlt, dass die Gesetzgebung und Praxis der Mitgliedsstaaten von einer Reihe von Grundsätzen, die sich gegen Hassrede richten, geleitet werden. Ebenso wird in anderen Empfehlungen und Entschließungen gefordert, verschiedene verwaltungs-, zivil- und strafrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassrede zu verabschieden, gleichzeitig jedoch das Recht auf freie Meinungsäußerung zu achten. Überdies trachten sie danach, eine Kultur der Toleranz zu fördern, und betonen dabei die Rolle der verschiedenen Arten von Medien.[33]

48. Der Bericht der Venedig-Kommission befasst sich insbesondere mit der Aufstachelung zu religiösem Hass.[34] Darin wird die europäische Gesetzgebung zu Blasphemie, religiöser Beleidigung und Aufstachelung zu religiösem Hass untersucht. Die Schlussfolgerung des Berichts lautet, dass die Aufstachelung zu Hass, insbesondere zu religiösem Hass, strafrechtlich bewehrt sein sollte und es dabei sinnvoll wäre, das Vorliegen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit als ausdrückliche Voraussetzung festzulegen. Gemäß dem Bericht ist es zudem weder notwendig noch wünschenswert, einen Straftatbestand der einfachen religiösen Beleidigung (also der Beleidigung religiöser Gefühle) ohne das Element der Aufstachelung zu Hass als wesentliche Komponente zu schaffen. Des Weiteren sollte nach Auffassung des Berichts der Straftatbestand der Blasphemie abgeschafft, zumindest jedoch nicht wieder eingeführt werden.

49. Die beiden Maßnahmen der Europäischen Union mit Bezug zu Hassrede sind der Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und die Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste).

50. Der Rahmenbeschluss stellt fest, dass „Rassismus und Fremdenfeindlichkeit unmittelbare Verstöße gegen die Grundsätze der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit darstellen, auf die sich die Europäische Union gründet und die allen Mitgliedsstaaten gemeinsam sind“. Obwohl anerkannt wird, dass die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verschiedene Maßnahmen innerhalb eines umfassenden Rahmens erfordert und nicht auf den Bereich des Strafrechts beschränkt werden darf, bezieht sich der Rahmenbeschluss lediglich auf die strafrechtliche Bekämpfung besonders schwerer Formen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Somit wird verfügt, dass jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen treffen muss, um sicherzustellen, dass die vorsätzliche öffentliche Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe unter Strafe gestellt wird. Ebenso soll das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, das gegen eine solche Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe gerichtet ist, gesetzlich strafbar sein, wenn die Handlung in einer Weise begangen wird, die wahrscheinlich zu Gewalt oder Hass gegen solch eine Gruppe oder gegen ein Mitglied solch einer Gruppe aufstachelt. Gleichzeitig stellt der Rahmenbeschluss klar, dass er die Mitgliedsstaaten nicht dazu verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die im Widerspruch zu Grundprinzipien stehen, welche die Vereinigungsfreiheit und die Freiheit der Meinungsäußerung betreffen.

51. Die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten sicherstellen, dass die audiovisuellen Mediendienste, die von Mediendiensteanbietern bereitgestellt werden, nicht zu Hass aufgrund von Rasse, Geschlecht, Religion oder Staatsangehörigkeit aufstacheln. Außerdem sollen die Mitgliedsstaaten gewährleisten, dass die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation, die von Mediendiensteanbietern bereitgestellt wird, den Anforderungen entsprechend die Menschenwürde nicht verletzt und Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Staatsangehörigkeit, Religion oder Überzeugung, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung weder beinhaltet noch fördert.

52. Die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen einberufene Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz[35] verabschiedete 2001 die Erklärung und das Aktionsprogramm von Durban. Darin wird bekräftigt, dass Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz eine Verneinung der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen bedeuten und dass das Versäumnis aller, insbesondere öffentlicher Behörden und Politiker aller Ebenen, diese Formen von Intoleranz zu bekämpfen und anzuprangern, ein Faktor ist, der ihr Fortbestehen begünstigt. Die Texte fordern die Verabschiedung eines breiten Spektrums an gesetzgeberischen, gerichtlichen, Regulierungs- und Verwaltungs-, aber auch Selbstregulierungsmaßnahmen zur Verhütung von und zum Schutz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende(r) Intoleranz sowie zur Förderung von Achtung und Toleranz. Die Staaten werden insbesondere nachdrücklich dazu aufgerufen, „im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen der internationalen Menschenrechtsnormen rechtliche Sanktionen hinsichtlich der Aufstachelung zum Rassenhass mittels der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, einschließlich des Internets, zu verhängen“.[36] Zudem wird dazu aufgefordert, die Verbreitung rassistischer und fremdenfeindlicher Botschaften über alle Kommunikationsmedien anzuprangern und ihr entgegenzuwirken.[37]

53. Die Durban-Überprüfungskonferenz wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen einberufen,[38] um die Fortschritte bei der Umsetzung der bei der Weltkonferenz gesteckten Ziele zu untersuchen. Das Abschlussdokument der Konferenz bringt die Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass gezielte und folgenschwere Akte der Aufstachelung zu Hass gegenüber Rassen- und Religionsgemeinschaften sowie Angehörigen rassischer und religiöser Minderheiten zugenommen haben, die von einer Vielzahl von Quellen ausgingen, gleichviel ob dabei Printmedien, audiovisuelle oder elektronische Medien oder sonstige Mittel eingesetzt wurden. In dem Dokument wurde der Beschluss gefasst, „wie in Artikel 20 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vorgesehen, jedes Eintreten für nationalen, rassischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird, vollständig und wirksam zu verbieten und Artikel 20 mittels aller notwendigen gesetzgeberischen, politischen und gerichtlichen Maßnahmen umzusetzen“.[39] Überdies fordert das Dokument die Staaten nachdrücklich dazu auf, fortbestehende fremdenfeindliche Einstellungen gegenüber und negative Stereotypisierung von Ausländern, namentlich seitens Politikern, Strafverfolgungs- und Einwanderungsbeamten und der Medien, durch entsprechende Maßnahmen zu bekämpfen.[40] Den Staaten wird zudem eindringlich nahegelegt, gewaltsame, rassistische und fremdenfeindliche Aktivitäten von Gruppen, die sich auf neonazistische, neofaschistische und andere gewaltbereite, nationalistische Ideologien gründen, zu ahnden. Das Dokument ruft außerdem dazu auf, alle Organisationen, die sich auf Ideen oder Theorien der Überlegenheit einer Rasse oder einer Personengruppe einer bestimmten Hautfarbe oder ethnischen Herkunft gründen oder die jedwede Form von Hass und Diskriminierung aufgrund der nationalen Herkunft, der Rasse und der Religion zu rechtfertigen oder zu fördern versuchen, für illegal zu erklären und zu verbieten sowie unmittelbare und positive Maßnahmen zu treffen, um jedes Aufstacheln zu derartiger Diskriminierung beziehungsweise derartige diskriminierende Handlungen auszumerzen.[41]

54. Der Sonderberichterstatter für zeitgenössische Formen von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz hat die zentrale Rolle gesetzgeberischer Maßnahmen bei jeder Strategie zur Bekämpfung und Verhütung von Rassismus, ethnisch motiviertem und Fremdenhass im Internet und in Sozialen Medien hervorgehoben und folglich die Staaten aufgefordert, derartige Gesetze zu verabschieden, sofern dies noch nicht geschehen ist. Gleichzeitig unterstrich der Sonderberichterstatter die wichtige Funktion des Privatsektors und der Bildung bei der Bekämpfung von Rassismus und Aufstachelung zum Rassenhass. Des Weiteren betonte er die Notwendigkeit, extremistischen Parteien, Bewegungen und Gruppen entgegenzutreten und die Maßnahmen zur Verhütung rassistischer und fremdenfeindlicher Zwischenfälle bei Sportveranstaltungen zu verstärken.[42]

55. Darüber hinaus hat die Sonderberichterstatterin für Minderheitenfragen einen Bericht veröffentlicht, der sich mit Hassrede und Aufstachelung zum Hass gegen Minderheiten in den Medien befasst. Darin wird anerkannt, dass die Grundursachen des Hasses besser untersucht werden müssen, aber auch die Wichtigkeit dessen unterstrichen, die Mehrheitsbevölkerung dazu zu veranlassen, gemeinsam mit marginalisierten und benachteiligten Minderheiten Menschenrechte, Gleichstellung und Menschenwürde für alle zu fordern. Die Sonderberichterstatterin ruft zur Verabschiedung innerstaatlicher Gesetze auf, welche die Befürwortung nationalen, ethnischen oder religiösen Hasses verbieten, die einer Aufstachelung zur Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt gleichkommt, aber gleichzeitig das Recht auf freie Meinungsäußerung vollständig zu achten. Zudem fordert sie die Staaten auf, den Rabat-Aktionsplan[43] im Rahmen der Umsetzung oder Revision des innerstaatlichen Rechtsrahmens hinsichtlich Hassrede zu übernehmen. Der Bericht betont die Notwendigkeit, dass die demokratischen Parteien wirksame Instrumente und Sensibilisierungsstrategien entwickeln müssen, um ein Gegengewicht zu den von extremistischen Kräften und Parteien verbreiteten Botschaften des Hasses zu schaffen.

56. Die Sonderberichterstatterin unterstreicht die Wichtigkeit dessen, dass die Medien die höchsten Normen eines ethischen Journalismus anwenden, Personen oder Personengruppen nicht mithilfe von Stereotypen beschreiben und die Tatsachen objektiv und unvoreingenommen berichten. In ihrem Bericht ruft sie zur Schaffung unabhängiger Aufsichtsbehörden auf nationaler Ebene auf, die auch Vertreter von Minderheiten umfassen und dazu befugt sein sollten, den Gebrauch von Hassrede in den Medien zu überwachen, Meldungen aus der Bevölkerung über Hassrede entgegenzunehmen, Beschwerden anzunehmen und zu unterstützen sowie Empfehlungen auszusprechen. Laut dem Bericht sollten Internetanbieter im Hinblick auf Hassrede und Aufstachelung zum Hass detaillierte Nutzungsbedingungen, Regeln und Verfahren zur Meldung und Entfernung von Inhalten festlegen, die im Einklang mit der nationalen Gesetzgebung und den internationalen Normen stehen, und die transparente Umsetzung dieser Maßnahmen gewährleisten. Der Bericht betont überdies die Bedeutung von Bildung und Weiterbildung und empfiehlt insbesondere, die Schlüsselelemente der Medienkompetenz zum Bestandteil der Lehrpläne auf allen Ebenen zu machen und dabei besonderes Augenmerk auf die virtuelle Umgebung zu legen. Dies wird als wesentlicher Aspekt angesehen, um jungen Menschen und Erwachsenen geeignete Instrumente und Ressourcen bereitzustellen, damit sie die Fähigkeit zum kritischen Denken entwickeln und dadurch den Wahrheitsgehalt, die Objektivität und die Auswirkungen der über die Medien empfangenen Informationen beurteilen können.[44]

57. Hassrede steht auch im Mittelpunkt eines spezifischen Berichts des Sonderberichterstatters für die Förderung und den Schutz des Rechts auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung.[45] In dem Bericht wird anerkannt, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung unter extremen Umständen im Einklang mit den internationalen Normen und Grundsätzen eingeschränkt werden kann und soll, etwa im Falle von Aufstachelung zum Völkermord oder zum Hass, gleichwohl wird betont, dass dieses Recht ein Mittel sein kann, um die durch Vorurteile entstandenen Nachteile anzuprangern, negative Stereotype zu bekämpfen, alternative Ansichten und Standpunkte vorzuschlagen und ein Klima der Achtung und des Verständnisses zwischen den Völkern und Gemeinschaften der ganzen Welt zu schaffen. Deshalb müssen laut dem Sonderberichterstatter die Justizbehörden die Gesetze zur Bekämpfung von Hassrede mit Bedacht auslegen und anwenden, um die Freiheit der Meinungsäußerung nicht übermäßig einzuschränken.[46] Außerdem sollten diese Gesetze durch ein breites Spektrum an Maßnahmen ergänzt werden, die auf einen echten Wandel der Denkweisen, Auffassungen und Diskurse abzielen. Um die missbräuchliche Anwendung von Gesetzen gegen Hassrede zu verhindern, empfiehlt der Sonderberichterstatter, dass lediglich schwerwiegende und extreme Fälle von Aufstachelung zum Hass – unter Erwägung des Schweregrades, des Vorsatzes, des Inhalts, der Reichweite, der Wahrscheinlichkeit schädlicher Auswirkungen, der unmittelbaren Gefahr und des Kontextes – strafrechtlich verboten werden sollten.[47]

58. In einem Bericht über Diskriminierung von und Gewalt gegen Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität schlägt das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte den Staaten verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Formen von Gewalt vor, etwa die Aufstachelung zu Hass und Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität zu verbieten sowie die Urheber diesbezüglicher Hassrede zur Rechenschaft zu ziehen.[48]

59. Die Verabschiedung des Rabat-Aktionsplans war das Ergebnis eines Prozesses, den das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte initiierte, „um die Umsetzung der gesetzgeberischen, juristischen und politischen Maßnahmen im Hinblick auf das Eintreten für nationalen, rassistischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt auf nationaler oder regionaler Ebene aufgestachelt wird, umfassend zu bewerten, und gleichzeitig zur vollen Achtung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung aufzufordern, so wie es gemäß den internationalen Menschenrechtsnormen geschützt wird“.[49] In dem Dokument wird empfohlen, klar zu unterscheiden zwischen: (a) Äußerungen, die einen Straftatbestand darstellen; (b) Äußerungen, die nicht strafrechtlich bewehrt sind, doch eine zivilrechtliche Klage oder verwaltungsrechtliche Sanktionen rechtfertigen können; und (c) Äußerungen, die zu keiner dieser Sanktionen Anlass geben, allerdings im Hinblick auf die Toleranz, das Gesellschaftsklima und die Achtung der Rechte anderer besorgniserregend sind.[50] In diesem Zusammenhang verweist der Aktionsplan auf sechs Kriterien, mithilfe derer bewertet werden kann, ob eine Äußerung die Schwelle der strafrechtlichen Relevanz überschreitet. Diese Kriterien beziehen sich auf den Kontext, den Urheber, den Vorsatz, den Inhalt und die Form, die Reichweite sowie die Wahrscheinlichkeit schädlicher Auswirkungen (darunter die unmittelbare Gefahr).[51] Zu den weiteren Empfehlungen des Aktionsplans zählen darüber hinaus Bemühungen zur Bekämpfung von negativen Stereotypen und Diskriminierung, zur Förderung interkulturellen Verständnisses, zur Untersuchung von Beschwerden über Aufstachelung zum Hass und zur Gewährleistung einer systematischen Erhebung von Daten.[52]

ECRI-Normen

60. Die früheren Allgemeinen politischen Empfehlungen der ECRI enthalten im Hinblick auf Hassrede folgende Vorschläge:

– eine Debatte in den Medien und der Werbebranche über das Bild anzuregen, das sie von den islamischen und muslimischen Gemeinschaften vermitteln, und über ihre Verantwortung in diesem Zusammenhang zur Vermeidung von wiederkehrenden Vorurteilen und einseitigen Informationen;[53]

– die notwendigen Maßnahmen gegen die Verbreitung rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Materials über das Internet zu ergreifen;[54]

– sämtliche notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um alle Erscheinungsformen von Antisemitismus zu bekämpfen und vor allem sicherzustellen, dass das Strafrecht bei der Bekämpfung von Rassismus auch Antisemitismus einschließt;[55]

– Maßnahmen zu ergreifen, um Rassismus und Rassendiskriminierung im und durch Schulunterricht zu bekämpfen;[56]

– Maßnahmen zu ergreifen, um Romafeindlichkeit und die Diskriminierung von Roma zu bekämpfen;[57] sowie

– bestimmte Formen von Hassrede unter Strafe zu stellen.[58]

61. Die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 7 tritt dafür ein, folgende absichtlich begangenen Handlungen unter Strafe zu stellen:

– öffentliche Aufstachelung zu Gewalt, Hass und Diskriminierung gegen eine Person oder Personengruppierung aufgrund ihrer „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationalen oder ethnischen Herkunft;

– öffentliche Beleidigung und Verleumdung gegen solch eine Person oder Gruppe; Drohungen gegen diese Personen oder Gruppe; die öffentliche Äußerung, mit einem rassistischen Ziel, einer Ideologie, welche die Überlegenheit gegenüber einer Personengruppierung behauptet oder diese aufgrund ihrer „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationalen oder ethnischen Herkunft herabwürdigt oder verunglimpft; und

– das öffentliche Bestreiten, die Verharmlosung, Rechtfertigung oder stillschweigende Duldung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen aus rassistischen Gründen.[59]

Bedenken hinsichtlich der Anwendung

62. Gemäß den internationalen und regionalen Menschenrechtnormen besteht also eine solide Grundlage, um Einschränkungen für den Gebrauch von Hassrede aufzuerlegen. Seitens der Organe, die für die Überwachung der Umsetzung der diesbezüglichen Verpflichtungen der Staaten verantwortlich sind, besteht allerdings auch die Sorge, dass diese Beschränkungen auf unzulässige Weise dazu genutzt werden, um Minderheiten zum Schweigen zu bringen und um Kritik, die politische Opposition oder religiöse Überzeugungen zu unterdrücken.

63. So empfahl zum Beispiel der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung – im Rahmen der Prüfung der Berichte der Vertragsstaaten des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung –, dass die Begriffsbestimmungen in den Gesetzen gegen „Extremismus“ geändert werden sollten, um sicherzustellen, dass sie eindeutig und präzise formuliert sind und ausschließlich Gewalttaten oder die Aufstachelung dazu sowie die Beteiligung an Organisationen umfassen, welche die Rassendiskriminierung fördern und dazu aufstacheln, so wie in Artikel 4 des Übereinkommens festgelegt. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen hat ebenso die Besorgnis geäußert, dass diese Gesetze zu umfassend ausgelegt und umgesetzt werden könnten, wodurch Menschenrechtsaktivisten, welche sich für die Beseitigung von Rassendiskriminierung einsetzen, betroffen oder benachteiligt oder Personen und Vereinigungen nicht gegen die willkürliche Anwendung der Gesetze geschützt wären. Außerdem haben die ECRI und andere Institutionen, etwa der Sonderberichterstatter für die Förderung und den Schutz des Rechts auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung sowie der beratende Ausschuss zum Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, Bedenken darüber geäußert, dass Einschränkungen für den Gebrauch von Hassrede dazu verwendet werden, um Kritik zum Schweigen zu bringen, insbesondere legitime Kritik seitens der politischen Opposition.

64. Eine weitere Sorge steht im Zusammenhang mit den bereits genannten, nämlich dass die Einschränkungen des Gebrauchs von Hassrede unverhältnismäßig und ungerechtfertigt gegen jene eingesetzt werden könnten, die sie eigentlich schützen sollten. Deshalb muss jegliche missbräuchliche Anwendung der Verbote vermieden werden. Möglicherweise beruht diese Sorge nur auf Eindrücken – da nur bestimmte Verfahren Gegenstand vollständiger Berichte sind und es an umfassenden Daten mangelt – und kann nicht belegt werden. Obwohl sichergestellt sein muss, dass jegliche Maßnahme zur Bekämpfung von Hassrede begründet ist und niemals auf selektiver oder willkürlicher Grundlage erfolgt, stellt die Empfehlung gleichzeitig klar, dass jegliches strafrechtliche Verbot von Hassrede allgemein gelten muss und sich nicht nur gegen eine bestimmte Kategorie von Urhebern richten darf.

Fazit

65. In der Empfehlung sind verschiedene Maßnahmen vorgesehen, welche laut Völkerrecht erforderlich oder zulässig sind, um die Universalität der Menschenrechte zu garantieren.

D. Ratifizierungen, Vorbehalte und Rechtsbehelfe

Empfehlung 1

Ratifizierung von Verträgen

66. Die drei Verträge, welche die Mitgliedsstaaten der Empfehlung 1 zufolge – aber auch den vorigen Allgemeinen politischen Empfehlungen Nr. 13 und 14 zufolge – ratifizieren sollten, sofern dies noch nicht geschehen ist, fordern die Staaten dazu auf, sich zu verpflichten, verschiedene zum Erreichen der Ziele der Empfehlung notwendige Maßnahmen zu verabschieden.

67. Die im Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität geforderten Maßnahmen betreffen die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art. Sie wurden bereits oben erwähnt[60] und sind von Bedeutung, weil sie besonderes Augenmerk auf Hassrede legen. Allerdings sind die in den beiden anderen Verträgen – dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten (das Rahmenübereinkommen) und dem Protokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (Protokoll Nr. 12) – geforderten Maßnahmen von ebenso großer Bedeutung.

68. So fordert das Rahmenübereinkommen, nicht nur jeder Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf gleichen Schutz durch das Gesetz zu garantieren, sondern auch (a) den Geist der Toleranz und des interkulturellen Dialogs zu fördern, (b) wirksame Maßnahmen zur Förderung der gegenseitigen Achtung und des gegenseitigen Verständnisses sowie der Zusammenarbeit zu treffen und (c) Menschen zu schützen, die wegen ihrer ethnischen, kulturellen, sprachlichen oder religiösen Identität diskriminierenden, feindseligen oder gewalttätigen Handlungen oder der Androhung solcher Handlungen ausgesetzt sein können. Das Protokoll Nr. 12 verstärkt darüber hinaus das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Diskriminierungsverbot und verlangt, dass der Genuss eines jeden gesetzlich niedergelegten Rechtes – und nicht nur der von der Konvention ausdrücklich garantierten Rechte und Freiheiten – ohne Diskriminierung zu gewährleisten ist.

69. Die in Empfehlung 1 angeführte Liste der zu ratifizierenden Verträge umfasst indes nicht das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen, da dieses nunmehr mithilfe eines Protokolls aktualisiert werden muss, um die verschiedenen Entwicklungen im Bereich der Medien seit dessen Verabschiedung zu berücksichtigen. Es wäre somit nutzlos, den Vertrag im derzeitigen Zustand zu ratifizieren.

Empfehlung 2

Rückzug von Vorbehalten

70. Der erste Punkt dieser Empfehlung – nämlich jeglichen mit Bedacht auf die Versammlung-, Vereinigungs- und Meinungsäußerungsfreiheit geäußerten Vorbehalt gegen Artikel 4 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung sowie gegen Artikel 20 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte zurückzuziehen – beruht auf der Sorge, dass die Aufrechterhaltung dieser Vorbehalte die Verabschiedung wirksamer Maßnahmen zum Verbot von Organisationen behindern könnte, die Rassismus und Rassendiskriminierung, Kriegspropaganda und das Eintreten für nationalen, rassistischen oder religiösen Hass fördern oder dazu aufstacheln.

Ermöglichung von Rechtsmitteln

71. Der zweite Punkt der Empfehlung 2 – Anerkennung der Zuständigkeit des Ausschusses für die Beseitigung der Rassendiskriminierung für die Entgegennahme und Erörterung von Mitteilungen einzelner Personen oder Personengruppen, die angeben, Opfer einer Verletzung eines im Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vorgesehenen Rechts zu sein – ist als Schutz gegen das Versäumnis gedacht, gegen Hassrede auf nationaler Ebene vorzugehen, da es diese Anerkennung den betroffenen Personen oder Personengruppen ermöglichen würde, sich an internationale Instanzen zu wenden.

E. Ursachen und Ausmaß

Empfehlung 3

72. Ziel dieser Empfehlung ist insbesondere die Verabschiedung geeigneter Maßnahmen, um die diversen Bedingungen, die zum Gebrauch von Hassrede führen können, sowie deren unterschiedliche Formen zu ermitteln und um das Ausmaß und die Auswirkungen von Hassrede zu bestimmen. Die Notwendigkeit, dem derzeit eingeschränkten Verständnis dieses Phänomens und der Unsicherheit über dessen Ausmaß und Auswirkungen entgegenzutreten, wird als wesentlich betrachtet. Andernfalls können keine wirksamen Maßnahmen ergriffen werden, um sowohl den Gebrauch von Hassrede zu unterbinden und zu verhindern als auch die verursachten Schäden zu verringern und zu beheben. Um das Verständnis zu verbessern und die Unsicherheit abzubauen, müssen allerdings eine Reihe von Instrumenten entwickelt und angewandt werden.

73. Es ist möglich, dass bestimmte Bedingungen den Gebrauch von Hassrede und deren unterschiedliche Formen besonders begünstigen. Dazu zählen wahrscheinlich verschiedene wirtschaftliche, politische und soziale Faktoren sowie die unreflektierte Weitergabe negativer Stereotype und Vorurteile von einer Generation an die nächste. Allerdings scheint es nicht so, dass das Vorliegen dieser Umstände – entweder eines einzigen oder in Kombination – stets zum Gebrauch von Hassrede führt.

Forschungsarbeit

74. Um die relevanten Bedingungen und deren besondere Auswirkungen besser zu verstehen, müssen sich geeignete Forschungsprojekte insbesondere mit den aktuellen Umständen und den Faktoren befassen, die angesichts individueller Bedingungen zu Reaktionen unterschiedlichen Ausmaßes führen. Diese Forschungsarbeit sollte in Form von Erhebungen und Feldstudien durchgeführt werden und zudem möglichst vergleichender Art sein.

75. Die Erforschung der Bedingungen, die den Gebrauch von Hassrede und deren unterschiedliche Formen begünstigen, muss nicht unbedingt von den staatlichen Behörden selbst durchgeführt werden. Dennoch ist es wichtig, dass diese die notwendige Unterstützung dafür bereitstellen und vor allem sicherstellen, dass diese Forschungsarbeit tatsächlich erfolgt. Überdies zeitigen Vergleichsstudien wahrscheinlich dann die besten Ergebnisse, wenn mehrere Forschungseinrichtungen in verschiedenen Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit sollte daher besonders gefördert und erleichtert werden.

Mängel bei der Datenerfassung

76. Zwar wurden im Zuge der Monitoring-Tätigkeit der ECRI und in anderen Studien spezielle Fälle des Gebrauchs von Hassrede festgestellt, die manchmal zu dem Eindruck oder der Schlussfolgerung führten, dass sich das Phänomen ausbreitet, gleichwohl bleibt dessen genaues Ausmaß unklar. Dies ist durch verschiedene Faktoren bedingt, die im Rahmen der Monitoring-Tätigkeit festgestellt wurden, insbesondere: unterschiedliche Definitionen von Hassrede (die nur bestimmte persönliche Eigenschaften oder Situationen abdecken, die zu diesem Phänomen führen können); Verfolgung unterschiedlicher Ansätze zur Klassifizierung durch die zuständigen Behörden; Beschränkung der Datenerhebung auf Fälle, in denen der Gebrauch von Hassrede einen potenziellen Straftatbestand erfüllt; Unterlassen der Registrierung einzelner Fälle von Hassrede durch die zuständigen Behörden oder das Unterlassen der Meldung der Fälle an diese Behörden; oder, in manchen Fällen, das völlige Fehlen jeglicher Datenerhebung auf diesem Gebiet oder die gänzliche oder teilweise Nichtveröffentlichung der erhobenen Daten.

77. Die mangelnde Erhebung von Daten ist in manchen Fällen durch die Befürchtung bedingt, dass dadurch die datenschutzrechtlichen Verpflichtungen verletzt werden könnten. Außerdem werden nicht alle erhobenen Daten angemessen berücksichtigt, vor allem wenn sie das Ergebnis zivilgesellschaftlicher Monitoring-Tätigkeit sind. Sie werden auch nicht immer so analysiert, dass daraus Schlussfolgerungen über die Maßnahmen gezogen werden können, die zur Bekämpfung des dadurch ermittelten Gebrauchs von Hassrede nötig sind. Schließlich muss sichergestellt werden, dass die erhobenen Daten nicht ausschließlich dazu dienen, das Ausmaß des Gebrauchs von Hassrede zu untersuchen, sondern auch, um die Auswirkungen dieses Phänomens auf jene zu bestimmen, die Ziel dessen sind.

Anforderungen für die Datenerhebung

78. Die Erhebung und Analyse von Daten zum tatsächlichen Gebrauch von Hassrede müssen demnach auf eine Weise erfolgen, die weit konsequenter, systematischer und umfassender ist.

79. Dies bedeutet erstens, dass Daten stets unter Bezugnahme auf die zum Zwecke dieser Allgemeinen politischen Empfehlung festgelegte Definition von Hassrede erhoben werden sollten.

80. Zweitens sollten die datenschutzrechtlichen Garantien nicht als Vorwand dienen, um die Erhebung von Daten über Hassrede zu begrenzen oder zu verhindern. Diese Garantien verbieten das Erheben und Verarbeiten von Daten über identifizierbare Personen mit Sicherheit nicht, wenn dies einem rechtmäßigen Zweck dient, die Daten angemessen, relevant und nicht zu umfangreich für diesen Zweck sind, wenn sie exakt und aktuell sind und nicht länger als erforderlich aufbewahrt werden. Außerdem beziehen sich die datenschutzrechtlichen Garantien nicht auf Daten, die dergestalt anonymisiert wurden, dass die vom Gebrauch von Hassrede Betroffenen nicht identifizierbar sind; dies sollte bei allen statistischen Analysen dieses Phänomens der Fall sein.

81. Drittens sollte sich die Datenerhebung nicht auf Fälle beschränken, in denen die fragliche Äußerung einen angeblichen oder von den zuständigen Behörden tatsächlich festgestellten Straftatbestand erfüllt, da dadurch zwangsläufig ein Gutteil der Situationen unberücksichtigt bleibt, in denen Hassrede gebraucht wird und bekämpft werden sollte.

82. Viertens sollte den zuständigen Behörden die ausdrückliche Verpflichtung obliegen, jegliche Beschwerde über Fälle, in denen Hassrede unter Verletzung verwaltungs-, zivil- oder strafrechtlicher Bestimmungen mutmaßlich gebraucht wurde, sowie die Ergebnisse der Maßnahmen infolge dieser Beschwerden in statistischer Form zu melden.

83. Fünftens sollte sich die Datenerhebung nicht darauf beschränken, Beschwerden über den Gebrauch von Hassrede zu registrieren, sondern auch darauf abzielen, die Erfahrungen jener zu erfassen, die von der Hassrede betroffen sind und möglicherweise zögern, sie zu melden. Dieses Monitoring – sei es in Echtzeit oder retrospektiv mittels Archivmaterial oder in Form von Diskurs- und Inhaltsanalyse –[61] kann dann optimal durchgeführt werden, wenn die Zivilgesellschaft, die Gleichstellungsstellen oder nationalen Menschenrechtsinstitutionen damit befasst sind; die Gleichstellungsstellen und nationalen Menschenrechtsinstitutionen sind gemäß dem Schwerpunkt ihrer Tätigkeit und Prioritäten zu einem derartigen Monitoring befugt, sofern sie es nicht bereits durchführen.

84. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass dieses Monitoring angemessen unterstützt wird. Dazu sind finanzielle Ressourcen erforderlich, um entweder das Personal oder die für automatische Analyseverfahren nötige Hard- und Software bereitzustellen. Die Gleichstellungsstellen und nationalen Menschenrechtsinstitutionen und anderen zuständigen Stellen sollten auch dazu in der Lage sein, Erhebungen unter den potenziell von Hassrede Betroffenen durchzuführen oder in Auftrag zu geben, um die Verbreitung des Phänomens festzustellen, besonders unter Umständen, in denen der Gebrauch von Hassrede nicht leicht zu überwachen und zu melden ist. Gute Beispiele sind in dieser Hinsicht die „Europäische Erhebung zu Kriminalität und Sicherheit“[62] sowie jene, welche die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte unter Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen durchgeführt hat.[63] Diese Erhebungen können ebenfalls dazu dienen, um die Auswirkungen von Hassrede auf die Angehörigen der betroffenen Gruppen zu bestimmen, besonders mögliche Gefühle der Angst, Isolation und Scham, die Neigung zum gesellschaftlichen Rückzug sowie den Widerwillen oder die Hinderung durch andere, sich zu beschweren.[64]

85. Sechstens ist es wichtig, dass die mithilfe dieser verschiedenen Methoden erhobenen Daten zusammengefasst und sorgfältig unter Verwendung moderner Datenverarbeitungstechnologien analysiert werden, damit das allgemeine Ausmaß des zu bekämpfenden Phänomens erfasst werden kann. Insbesondere wenn aus mehreren Quellen stammende Daten zu anonymisierten Statistiken zusammengefasst und „aggregiert“ werden, um die Verbreitung besonderer Formen von Hassrede zu illustrieren (etwa jener, die verwaltungs-, zivil- oder strafrechtliche Bestimmungen verletzen), sollte es noch möglich sein, sie in kleinere Informationseinheiten aufzuschlüsseln, sodass bestimmte Gruppen betreffende Eigenschaften (etwa Behinderung, Geschlecht, Religion oder Überzeugung) und bestimmte Faktoren (etwa die Urheberkategorie und der Ort der Äußerung) identifiziert werden können. Dadurch würde sichergestellt, dass bestimmte Entwicklungen oder die besondere Schutzbedürftigkeit bestimmter von Hassrede betroffener Personen erkannt werden können. Diese Erwägungen könnten anschließend bei der Verabschiedung von Maßnahmen gegen den Gebrauch von Hassrede berücksichtigt werden.

86. Siebentens sollten die erhobenen Daten und deren Analyse umfassend verbreitet werden. Sie sollten also nicht nur an jene Institutionen und Personen weitergegeben werden, die offiziell für die Bekämpfung von Hassrede zuständig sind, sondern auch an Politiker, religiöse und sonstige Führungspersönlichkeiten sowie andere Personen des öffentlichen Lebens, die dank ihrer Position deutlich machen können, dass Hassrede in einer demokratischen Gesellschaft nicht hinnehmbar ist. Von Bedeutung ist ebenso, dass die Daten und deren Analyse in einer Form vorgelegt werden, welche die weitere Verbreitung durch die Medien ermöglicht. Dadurch kann der Allgemeinheit das Phänomen und die Schäden, die Hassrede verursacht, veranschaulicht werden.

87. Schließlich sollte eine bestimmte Behörde dafür verantwortlich sein, die tatsächliche Umsetzung jener Verpflichtungen sicherzustellen, die für die verschiedenen relevanten Stellen und Institutionen hinsichtlich einer konsequenteren, systematischeren und umfassenderen Datenerhebung und ‑analyse bestehen.

F. Sensibilisierung und Gegenrede

Empfehlung 4

88. Diese Empfehlung zielt darauf ab, Hassrede durch das Aufzeigen der Gefahr, die von ihr ausgeht, und durch Gegenrede zu unterbinden und zu verhindern, das heißt durch wiederholte Bekräftigung der Werte, die sie bedroht, und Hinterfragung der Annahmen, auf denen sie beruht. Dabei wird anerkannt, dass zu diesem Zweck ein breites Spektrum von Akteuren einbezogen werden muss, vor allem Personen des öffentlichen Lebens und Behördenvertreter, Pädagogen und Lehrkräfte, Nichtregierungsorganisationen, Gleichstellungsstellen und nationale Menschenrechtsinstitutionen. Die Betonung der Notwendigkeit, dass sich die Allgemeinheit in dieser Frage aktiv engagiert, spiegelt jedoch die Tatsache wider, dass in einer demokratischen Gesellschaft die Achtung und Bewahrung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte jedem Einzelnen obliegen.

89. Gleichzeitig wird in Empfehlung 4 dazu aufgerufen, bei den Initiativen, durch die gezeigt werden soll, dass der Gebrauch von Hassrede nicht hinnehmbar ist, und mithilfe derer die dadurch bedrohten Werte gestärkt werden sollen, besonderes Augenmerk auf bestimmte Personen zu legen. Diese Initiativen sollten sich nicht nur an jene richten, die möglicherweise besonders empfänglich für Fehlinformation, negative Stereotypisierung und Stigmatisierung sind, sondern auch an jene, die entweder diesem Einfluss bereits erlegen sind oder versuchen, ihn selbst auszuüben. Die Vergangenheit mahnt uns, dass die Demokratie und der Pluralismus erschüttert und hinweggefegt werden können, wenn die Aufrufe, einigen ihr Recht auf Gleichheit und Würde zu verweigern, gehört werden und diesen Taten folgen.

90. Deshalb erfordert die Bewahrung von Pluralismus und Demokratie, dass einzelne Personen und Personengruppen Zugeständnisse machen, damit manche ihrer Freiheiten eingeschränkt werden können und dadurch die Stabilität der gesamten Gesellschaft gesichert wird.

Sensibilisierung

91. Diese Ideale können indes nicht allein dadurch bewahrt und gestärkt werden, dass den Äußerungen und Handlungen einzelner Personen Einschränkungen auferlegt werden. Ebenso wichtig ist es, die Bedeutung der Achtung gesellschaftlicher Vielfalt und der gemeinsamen Verpflichtung zu deren Schutz anzuerkennen. Gleichzeitig müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Barrieren zwischen unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen zu beseitigen, welche die Entwicklung gegenseitigen Respekts und Verständnisses behindern und dazu ausgenutzt werden können, Zerwürfnisse und Feindseligkeiten anzufachen. Diese Ziele können auf verschiedenen Wegen erreicht werden.

92. Erstens ist es wichtig, dass die Lehren der Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten. Dies kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass des Holocausts und anderer Angriffe auf die Demokratie, den Pluralismus und die Menschenrechte, die sich in Europa und anderswo im Laufe unserer gemeinsamen Geschichte ereignet haben, gedacht wird. Die Erinnerung an diese Ereignisse kann etwa dadurch wachgehalten werden, dass Gedenk- und Jahrestage begangen, Gedenkstätten errichtet und die laufenden Programme fortgesetzt werden, welche dafür sensibilisieren und darüber aufklären sollen, was sich ereignet hat und warum es auch heute noch relevant ist, sich damit zu beschäftigen. Insbesondere wäre es sinnvoll, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie ähnlich sich die Ziele und Methoden jener Organisationen sind, die heute Hass und Intoleranz anfachen, und jener, die dies in Vergangenheit mit dramatischen Folgen taten.

93. Zweitens sollten Initiativen angestrengt werden, um ein breiteres Verständnis dafür zu schaffen, was die Menschenrechtsnormen erfordern und warum deren Einhaltung in einer demokratischen Gesellschaft wesentlich ist. Diese Fragen sollten – unter besonderer Berücksichtigung der Art und Auswirkungen diskriminierender Praktiken – insbesondere Teil der allgemeinen Schulbildung sein, die jedem vermittelt wird. Die Lehrkräfte und Professoren sollten folglich in geeigneter Weise geschult werden und mit dem nötigen pädagogischen Material ausgestattet werden, um diesen Unterricht zu gewährleisten. Im schulischen Kontext ist es wichtig, dass sich der Unterricht auch auf die Beziehungen der Schüler untereinander bezieht.[65] In diesem Zusammenhang hat die ECRI im Rahmen ihrer länderbezogenen Monitoring-Tätigkeit die Verabschiedung von Maßnahmen empfohlen, durch welche die gegenseitige Achtung und Toleranz in den Schulen ungeachtet der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität gefördert werden sollen. Allerdings wurde festgestellt, dass die mit der Ausarbeitung entsprechender Lehrpläne betrauten Institutionen ihre Verantwortung nicht immer wahrgenommen haben und dass in manchen Fällen die Lehrinhalte nicht vermittelt werden konnten, da die dafür erforderlichen Durchführungsbestimmungen nicht erlassen wurden. Darum muss sichergestellt werden, dass die Ausarbeitung und Vermittlung dieser Lehrinhalte entsprechend unterstützt und die diesbezüglichen Maßnahmen ordnungsgemäß überwacht werden. Darüber hinaus sollten die Information und Sensibilisierung im Hinblick auf Menschenrechtsfragen nicht nur auf das formale Bildungssystem beschränkt, sondern auch Gegenstand wiederkehrender Debatten in den für die Allgemeinheit bestimmten Medien und Informationsprogrammen sein.

94. Drittens sollten Initiativen unternommen oder unterstützt werden, die darauf abzielen, die Achtung gesellschaftlicher Vielfalt zu stärken, indem sie die Sensibilisierung gegenüber „dem oder den Anderen“ fördern. Zu den möglichen Formen dieser Initiativen zählen Kunst- und Filmfestivals, Konzerte, Gastronomieveranstaltungen, Theaterstücke und Rollenspiele, Ausstellungen, Vorträge und Seminare, Schulprojekte sowie Rundfunksendungen und Veröffentlichungen. Ebenso kann es zweckdienlich sein, dass sich Personen mit Migrationshintergrund – darunter Prominente aus der Kultur, der Wirtschaft und dem Sport, aber auch andere – an Programmen beteiligen, die ihre erfolgreiche Integration bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Identität verdeutlichen. Die Erfolgsaussichten dieser Initiativen sind jedoch gering, wenn nicht auch sämtliche Behörden bei der Ausübung ihrer verschiedenen Funktionen Vorbilder gegenseitigen Respekts und Verständnisses sind.

Beseitigung von Hindernissen für das Verständnis

95. Viertens sollte der interkulturelle Dialog – also der offene und respektvolle Meinungsaustausch zwischen Personen und Gruppen unterschiedlicher Kulturen – erleichtert werden, um ein besseres Verständnis der Perspektive anderer zu erreichen. Dieser Dialog sollte die Leitlinien berücksichtigen, die im Weißbuch des Europarates zum Interkulturellen Dialog: „Gleichberechtigt in Würde zusammenleben“ dargelegt sind.[66] Der Dialog könnte insbesondere durch gemeinsame Kulturveranstaltungen und Forschungsprojekte, das Anbieten von Sprachkursen, die Schaffung von Stipendien und Austauschprogrammen sowie durch Workshops zur Untersuchung bestimmter Problemstellungen gefördert werden. Im Falle von Gemeinschaften, deren Beziehungen traditionell konfliktbeladen sind, kann es nötig sein, die Unterstützung für den Dialog durch Konfliktpräventions-, Mediations- und Versöhnungsmaßnahmen zu ergänzen. Auch dabei ist es wichtig, dass sich alle Behörden aktiv an diesem Dialog beteiligen, um andere dazu zu veranlassen, dem Beispiel zu folgen.

96. Fünftens könnten die Beziehungen zwischen den verschiedenen Gemeinschaften auch gestärkt werden durch Unterstützung der „Bildung von Kooperationsnetzen, deren Ziel die Förderung des gegenseitigen Verständnisses und des Dialogs sowie die Anregung zu konstruktivem Handeln ist, um gemeinsame politische Ziele und konkrete Ergebnisse zu erreichen, etwa Dienstleistungsprojekte im Bereich Bildung, Gesundheit, Konfliktprävention, Arbeit und Beschäftigung, Integration und Medienkompetenz“.[67] Die Schaffung von „Mechanismen, um mögliche Konfliktbereiche zwischen den Angehörigen verschiedener Gemeinschaften zu erkennen und zu beseitigen […], sowie unterstützende Konfliktpräventions- und Mediationsmaßnahmen“ könnten ebenfalls nützlich sein.[68]

97. Sechstens sollten besondere Anstrengungen unternommen werden, um Fehlinformation, negative Stereotypisierung und Stigmatisierung zu bekämpfen, da diese die Grundlage für den Gebrauch von Hassrede sein können. Zum Beispiel sollten Polizei und Justiz die ethnische Herkunft mutmaßlicher Straftäter ausschließlich dann veröffentlichen, wenn dies dringend erforderlich ist und einem legitimen Zweck dient, da diesbezügliche Veröffentlichungen unberechtigte Vorurteile verstärken können, während eine spätere Freisprechung von Schuld übersehen oder gar verschwiegen werden könnte. Allerdings genügt es nicht, „Fakten“ richtigzustellen und angenommenen Eigenschaften zu widersprechen, die fälschlicherweise einer bestimmten Person oder Personengruppe zugeschrieben werden, da diesen Erklärungen möglicherweise niemals dieselbe Verbreitung und Aufmerksamkeit zuteilwird wie den ursprünglichen Behauptungen. Es muss auch danach getrachtet werden, alternative und verständliche Narrative über jene, die Ziel von Fehlinformation, negativer Stereotypisierung und Stigmatisierung sind, möglichst umfassend zu verbreiten. Diese Narrative sollen die Betroffenen in einem positiven Licht darstellen, wohlbegründet sein und das negative Bild, das von der Person oder Personengruppe gezeichnet wurde, überzeugend widerlegen. Zu den Maßnahmen, die diesen Zweck erfüllen können, zählt etwa die Förderung der Beteiligung und Akzeptanz von Angehörigen von Minderheiten in gemischten Sportmannschaften. Überdies sollte es unmissverständlich verboten sein, auf die Praxis der Profilbildung – das heißt die Anwendung von Stereotypen auf Basis der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe –[69] bei Maßnahmen im Rahmen der Terrorismusbekämpfung, Strafverfolgung, Migrationspolitik sowie der Zoll- und Grenzkontrollen zurückzugreifen.[70] Obwohl diese Bemühungen vielleicht nicht jeden, der sich der Fehlinformation, negativen Stereotypisierung und Stigmatisierung bedient, dazu veranlassen, seine Ansichten zu revidieren, können sie dazu beitragen, dass andere nicht davon beeinflusst werden.

Die Bedeutung von Gegenrede

98. Schließlich sollten diese Bemühungen mit der ausdrücklichen, prompten und uneingeschränkten Verurteilung konkreter Fälle von Hassrede einhergehen. Die eindeutige Verurteilung des Gebrauchs von Hassrede ist nicht nur deshalb erforderlich, weil diese Äußerungen in einer demokratischen Gesellschaft gänzlich inakzeptabel sind, sondern auch, weil diese Verurteilung die Werte stärkt, auf denen eine solche Gesellschaft gründet. Die Gegenrede sollte sich also nicht darauf beschränken, den Gebrauch von Hassrede als verwerflich zurückzuweisen, sondern auch verdeutlichen, warum sie antidemokratisch ist. Es ist von großer Bedeutung, dass niemand untätig bleibt und Hassrede in irgendeiner Form zulässt, ohne ihr entgegenzutreten. Dieser Aspekt betrifft insbesondere die Online-Medien, die verschiedene Möglichkeiten bieten, auf die verbreiteten Inhalte zu reagieren. Deshalb sollten die Nutzer aller Medien dazu angeregt werden, die Aufmerksamkeit auf Fälle von Hassrede zu lenken, wann immer sie ihnen begegnen, und ihren Widerspruch deutlich zu machen. Auch wenn es jedem Einzelnen obliegt, dem Gebrauch von Hassrede entgegenzutreten, können indes Personen des öffentlichen Lebens einen besonders wichtigen Beitrag in dieser Hinsicht leisten, da die ihnen entgegengebrachte Wertschätzung ihrer Stimme einen besonderen Einfluss über andere verleiht. Es ist folglich wesentlich, dass Personen des öffentlichen Lebens und insbesondere Politiker, religiöse und sonstige Führungspersönlichkeiten, aber auch Persönlichkeiten aus der Welt der Kunst, der Wirtschaft und des Sportes ihre Stimme erheben, um jegliche Hassrede, der sie begegnen, zu verurteilen; andernfalls könnte ihr Schweigen zur Legitimierung dieser Äußerungen beitragen. Im Rahmen der Monitoring-Prüfungsrunden wurde festgestellt, dass Gleichstellungsstellen, Ombudsstellen und nationale Menschenrechtsinstitutionen den Gebrauch von Hassrede in vielen Fällen mit besonderem Nachdruck verurteilen. Dies ist ohne Zweifel zweckdienlich, allerdings sollte diese Reaktion allgemein üblich sein, insbesondere unter den Personen des öffentlichen Lebens, und sich nicht auf einige isolierte Stimmen beschränken. Gegenrede kann auch darin bestehen, sich von Aktivitäten und aus Organisationen zurückzuziehen, bei denen sich Personen, die Hassrede gebrauchen, aktiv beteiligen.

99. Obwohl viele der oben vorgeschlagenen Maßnahmen zur allgemeinen Anwendung vorgesehen sind, wird in Empfehlung 4 unterstrichen, dass sie von besonderer Notwendigkeit im Zusammenhang mit Kindern, jungen Menschen und Amtsträgern sind. Kinder und junge Menschen sind aufgrund ihres Alters zwar besonders durch Hassrede beeinflussbar, können aber auch durch Erziehung leichter von den Vorurteilen befreit werden, die das Fortbestehen dieses Phänomens bedingen. Im Hinblick auf Amtsträger sind die genannten Maßnahmen nötig, weil sie aufgrund ihrer Position einerseits andere positiv beeinflussen können und andererseits jeglicher Gebrauch von Hassrede durch diese Personen angesichts der scheinbaren Unterstützung durch den Staat besonders schwerwiegend ist.

100. In Empfehlung 4 werden ebenso Maßnahmen erwogen, die darauf abzielen, die Urheber von Hassrede dazu zu ermutigen, auf diese Äußerungen zu verzichten und sie abzulehnen, und diese Personen dabei zu unterstützen, jene Gruppen zu verlassen, die Hassrede gebrauchen. Ohne Zweifel ist dies keine leichte Aufgabe, nicht zuletzt aufgrund verwurzelter Vorurteile, die den Gebrauch von Hassrede beinahe als „normal“ erscheinen lassen. Dennoch ist es nicht unmöglich, Verhaltensmuster zu ändern, und im Rahmen der Monitoring-Prüfungsrunden wurden mehrere diesbezügliche Projekte zur Kenntnis genommen. Es wäre darum angebracht, diese Projekte nachzuahmen und sie zu unterstützen. Dabei kann auch auf die Erfahrungen zurückgegriffen werden, die bei der Umsetzung der Programme gewonnen wurden, welche gemäß Artikel 16(1) des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ausgearbeitet wurden und die darauf abzielen, die Täter und Täterinnen häuslicher Gewalt zu lehren, in zwischenmenschlichen Beziehungen ein gewaltfreies Verhalten anzunehmen.

101. Die in Empfehlung 4 vorgeschlagenen Maßnahmen richten sich nicht nur an Einzelpersonen, sondern auch an ein breites Spektrum von Akteuren. Allerdings wird in Empfehlung 4 anerkannt, dass Nichtregierungsorganisationen, Gleichstellungsstellen und nationale Menschenrechtsinstitutionen einen besonders großen Beitrag in dieser Hinsicht leisten können und oftmals leisten, sei es einzeln oder durch Zusammenarbeit. In manchen Fällen kann dies erfordern, die Gleichstellungsstellen und nationalen Menschenrechtsinstitutionen zur Bekämpfung von Hassrede besonders zu befugen, allen dreien müssen jedenfalls die nötigen Ressourcen für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt werden.

102. Des Weiteren wird in Empfehlung 4 besonderes Augenmerk auf die Bildungsarbeit gelegt, um die Öffentlichkeit für die Gefahren durch den Gebrauch von Hassrede zu sensibilisieren und das Engagement für Pluralismus und Demokratie zu stärken. Dazu müssen den Lehrkräften und Pädagogen die entsprechenden Möglichkeiten an die Hand gegeben werden, damit sie die nötigen Bildungsprogramme umsetzen können.[71] Dazu ist es erforderlich, die diesbezügliche Aus- und Fortbildung sowie die Herstellung der im Rahmen dieser Bildungsarbeit verwendeten Unterrichtsmaterialien angemessen zu unterstützen.

103. Jede dieser Bemühungen kann zwar einzeln und isoliert unternommen werden, allerdings bewirken sie wahrscheinlich viel mehr, wenn sie in einem Kontext verstärkter Zusammenarbeit und Koordination seitens der verschiedenen beteiligten Akteure stattfinden. Dies kann, wie im Rahmen der Monitoring-Prüfungsrunden beobachtet wurde, die Verabschiedung von Strategien und Aktionsplänen auf nationaler Ebene gegen Extremismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und damit zusammenhängender Intoleranz, Homo- und Transphobie umfassen. Diese Strategien und Pläne sollten konkrete Aufgaben für die Ministerien, Kommunen und die Polizei beinhalten und jährlich ausgearbeitet und ausgewertet werden. Überdies ist es angebracht, Aktionspläne für die Integration von Minderheitengemeinschaften zu verabschieden und diese in allen Phasen der Entwicklung, Überwachung und Auswertung der Pläne einzubinden. Jedenfalls ist es von wesentlicher Bedeutung, dass diese Bemühungen Teil eines kontinuierlichen Prozesses sind und nicht nur aus punktuellen Maßnahmen bestehen, und dass sie sich gegen jede Form von Hassrede richten.

G. Unterstützung der Betroffenen

Empfehlung 5

104. Im Mittelpunkt dieser Empfehlung steht die Notwendigkeit jenen, die Ziel von Hassrede sind, verschiedene Formen von Unterstützung zu gewähren. Darin spiegelt sich die Erkenntnis wider, dass der Gebrauch von Hassrede nicht nur negative emotionale und psychologische Folgen für sie haben kann, sondern auch, dass sie sich möglicherweise ihres Rechts, dagegen vorzugehen, nicht bewusst sind oder davon abgehalten werden, dieses Recht wahrzunehmen, sei es aufgrund der oben genannten Folgen oder verschiedener Arten von Druck, auf dieses Recht zu verzichten.

105. Der Gebrauch von Hassrede kann dazu führen, dass bei jenen, auf die sie abzielt, nicht nur Angst und Unsicherheit ausgelöst werden, sondern auch – ohne jeden Grund – Gefühle von Schuld, Scham oder Erniedrigung, wodurch es zum Verlust des Selbstvertrauens und der Selbstachtung kommt. In der Folge können diese Gefühle zudem zu körperlichen Symptomen wie Schlafstörungen und Kopfschmerzen sowie zu schwerwiegenderen psychischen und körperlichen Störungen führen. Sie können sich somit auf jeden Lebensbereich der Betroffenen auswirken, sei es im Arbeitsleben, in der Schule oder zu Hause, besonders schwerwiegend sind allerdings die Folgen für die familiären Beziehungen und die Bereitschaft zur gesellschaftlichen Teilhabe.[72]

Beratung und Anleitung

106. Es muss deshalb sichergestellt sein, dass jenen, die unter den Auswirkungen des Gebrauchs von Hassrede leiden oder bei denen diese Gefahr besteht, geeignete Unterstützung bereitgestellt wird. Diese Unterstützung muss insbesondere möglichst bald erfolgen, nachdem sie vom Gebrauch von Hassrede betroffen waren, aber auch in der Folgezeit, und zudem alle offiziellen Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassrede umfassen, darunter strafrechtliches Vorgehen. Für diese Unterstützung sollten entsprechend geschulte Berater eingesetzt werden. Sie sollten in der Lage sein, die Menschen über ihre Gefühle und Ängste zu befragen und zu bestimmen, ob eine ärztliche Behandlung nötig ist. Außerdem sollten diese Berater die Opfer von jeglichem Schuldgefühl befreien und ihnen helfen, ein gewisses Gefühl von Kontrolle und Vertrauen wiederzuerlangen. Es muss auch berücksichtigt werden, dass die Rehabilitation einige Zeit in Anspruch nehmen und die Dauer dieser Phase je nach besonderer Erfahrung und Persönlichkeit des Opfers variieren kann. Diese Form der Unterstützung für jene, die Ziel von Hassrede sind, muss systematisch organisiert und unabhängig von der Art der Hassrede verfügbar sein.

Ausübung des Rechts auf Wiedergutmachung

107. Gleichzeitig haben jene, die Ziel von Hassrede sind, das Recht, durch Gegenrede und Verurteilung zu reagieren sowie vor den zuständigen Gerichten und Behörden Verfahren zur Wiedergutmachung anzustrengen. Über derartige Rechte zu verfügen, reicht jedoch nicht aus, den Betroffenen müssen diese Möglichkeiten auch bewusst sein und sie dürfen nicht von der Ausübung ihrer Rechte abgehalten werden.

108. Durch verschiedene Maßnahmen kann gewährleistet werden, dass jene, die Ziel von Hassrede sind, sich ihrer Rechte bewusst sind: Dazu zählen Öffentlichkeitskampagnen, in deren Rahmen nicht nur deutlich gemacht wird, dass Hassrede nicht hinnehmbar ist, sondern auch die verschiedenen Wege aufgezeigt werden, mithilfe derer die Opfer reagieren oder Wiedergutmachung verlangen können. Diese Kampagnen sollten zudem unterstreichen, dass das Einbringen einer Beschwerde in der besonderen Situation der betroffenen Person hilfreich ist, aber auch ein wesentliches Element der allgemeinen Bemühungen zur Bekämpfung von Hassrede darstellt. Diese Kampagnen richten sich häufig an die Allgemeinheit, in manchen Fällen kann es allerdings besonders zweckdienlich sein, die Angehörigen bestimmter Gruppen in den Mittelpunkt zu stellen, etwa äußerlich erkennbare Minderheiten oder LGBT-Personen, und dabei auf die Unterstützung einschlägiger Nichtregierungsorganisationen und der von den Gruppen bevorzugten Medien zurückzugreifen.

109. Darüber hinaus können die Informationen über die verschiedenen Möglichkeiten, gegen Hassrede vorzugehen, über öffentlich frequentierte Ämter der Zentral- und Regionalbehörden, Beratungszentren, Rechtsanwälte und Nichtregierungsorganisationen verbreitet werden.

Beseitigung von Hindernissen für Wiedergutmachung

110. Aber auch wenn sich die Opfer von Hassrede dieser Rechte bewusst sind, können sie durch mehrere Faktoren davon abgehalten werden, sie auszuüben. Dazu zählt das Empfinden, dass dieses Vorgehen zu kompliziert, zu kostspielig oder nutzlos ist, besonders wenn sie der Meinung sind, dass ihnen nicht geglaubt wird oder sie nicht ernst genommen werden, wenn sie sich beschweren. Außerdem können sie durch die Angst vor Vergeltung durch die Urheber der Hassrede oder von tatsächlichen Bedrohungen durch diese Personen abgehalten werden. All diese Faktoren führen offenbar dazu, dass die Zahl der gemeldeten Fälle von Hassrede nicht dem tatsächlichen Gebrauch entspricht, wie auch im Rahmen der Monitoring-Prüfungsrunden festgestellt wurde.

111. Die Befürchtungen über die Kompliziertheit und Kosten von Beschwerdeverfahren – besonders wenn es sich um Gerichtsverfahren handelt – im Falle des Gebrauchs von Hassrede können am wirksamsten durch die Vorgabe ausgeräumt werden, die Kriterien dafür so einfach und verständlich wie möglich zu gestalten und sicherzustellen, dass die nötige Hilfe für das Einbringen und Weiterverfolgen der Beschwerden verfügbar ist. Diese Hilfe kann dadurch geleistet werden, dass bestimmte Organisationen (Nichtregierungsorganisationen oder Gleichstellungsstellen und nationale Menschenrechtsinstitutionen) bei der Beratung und Vertretung der Betroffenen bei den entsprechenden Verfahren unterstützt werden, und/oder dadurch, dass das System der Prozesskostenhilfe auf die Beschwerdeverfahren ausgedehnt wird, besonders wenn es sich um Gerichtsverfahren handelt. Es wäre unangebracht, wenn Behörden oder Privatorganisationen für die Bearbeitung von Beschwerden über den Gebrauch von Hassrede einen Kostenbeitrag einheben. Die Kosten, die durch ein diesbezügliches Gerichtsverfahren entstehen können, dürfen zudem nicht so hoch sein, dass sie das Verfahren verhindern. Darüber hinaus sollte jede Person, die innerhalb einer Behörde oder Privatorganisation für die Entgegennahme von Beschwerden zuständig ist, in geeigneter Weise geschult werden, damit sichergestellt ist, dass die Art und Weise, auf welche die Beschwerden entgegengenommen werden, auf die Beschwerdeführer nicht abschreckend wirkt.

112. Auch wenn ein günstiger Rahmen für das Einreichen von Beschwerden existiert, werden sie wahrscheinlich trotzdem nicht eingebracht, wenn der Eindruck vorherrscht, dass sie sowohl für die betroffene Person als auch die Gruppe, der sie angehört, ohne Nutzen bleibt. Es ist darum besonders wichtig, die positive Wirkung von Beschwerden aufzuzeigen: Wiedergutmachung für den Beschwerdeführer und/oder Maßnahmen zur Wiederholungsprophylaxe. Dazu ist es nicht nur nötig, die Beschwerden sorgfältig zu untersuchen und festzustellen, welche Handlungen begangen wurden, sondern auch die Ergebnisse der Beschwerden umfassend zu veröffentlichen. Es wäre sinnvoll, wenn dieses Element auch Teil der Maßnahmen ist, mit denen jene, die Ziel von Hassrede sind, auf ihre Rechte aufmerksam gemacht werden sollen.

113. Außerdem sollten sich jene, die Ziel von Hassrede sind, nicht von Ängsten vor den Folgen abhalten lassen, die sich aus der Beschwerde über die Äußerungen oder der Bereitstellung diesbezüglicher Beweise ergeben können. Deshalb sollte jegliche Vergeltungshandlung (Entlassung, Belästigung usw.) gegen sie ausdrücklich strafrechtlich verboten sein. Beispielsweise hat die ECRI im Rahmen ihres länderbezogenen Monitorings empfohlen, irregulären Migranten die Möglichkeit zu bieten, sich über ein Hassdelikt zu beschweren, ohne fürchten zu müssen, unverzüglich ausgewiesen zu werden.

H. Selbstregulierung

Empfehlung 6

114. Diese Empfehlung befasst sich damit, wie die Körperschaften, Institutionen und anderen Organisationen, denen Urheber von Hassrede angehören oder in irgendeiner Weise verbunden sind, zur Bekämpfung des Gebrauchs von Hassrede beitragen können. Obwohl der Gebrauch von Hassrede ein Phänomen ist, von dem die gesamte Öffentlichkeit betroffen ist und das in zahlreichen Bereichen anzutreffen ist, sind die Urheber in vielen Fällen einer oder mehreren Körperschaft(en), Institution(en) und Organisation(en) zuzuordnen, etwa als Angestellte oder Nutzer bestimmter Einrichtungen. Dies können sowohl öffentliche als auch private Einrichtungen sein und umfasst auch Parlamente und andere gewählte Körperschaften auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene, Ministerien und andere Behörden, den öffentlichen Dienst, Parteien, Berufsverbände, Unternehmerverbände sowie Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen, aber auch ein breites Spektrum von Kultur- und Sportvereinen.

Eine Frage der Verantwortung

115. Auch wenn auf den Problemen, die mit dem Gebrauch von Hassrede einhergehen, nicht unbedingt das besondere Augenmerk dieser Körperschaften, Institutionen und Organisationen liegt, obliegt auch ihnen die gemeinsame Verantwortung einer demokratischen Gesellschaft für die Achtung und Bewahrung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte. Darum sollten diese Körperschaften, Institutionen und Organisationen, sofern es in ihren Zuständigkeitsbereich fällt, deutlich machen, dass der Gebrauch von Hassrede durch eines ihrer Mitglieder gänzlich inakzeptabel ist, und Maßnahmen treffen, um diese Äußerungen zu verhindern oder zu sanktionieren. Sie sollten zudem sicherstellen, dass sie von jedem Fall von Hassrede, die eine ihnen angehörige Personen geäußert hat, Kenntnis erlangen. Des Weiteren sollten sie Schulungen durchführen, damit diesen Personen bewusst wird, warum der Gebrauch von Hassrede nicht hinnehmbar ist, und damit andere diese Äußerungen anprangern und verurteilen können.

Wesentliche Elemente

116. Die Betonung, die in diesem Abschnitt der Empfehlung auf Selbstregulierung gelegt wird, zeugt von der Notwendigkeit, dass jeglicher Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung so begrenzt wie möglich sein muss. Darin drückt sich auch die Erkenntnis aus, dass diese Körperschaften, Institutionen und Organisationen oftmals in der besten Position sind, um bestimmte Formen von Hassrede zu erkennen und sie in Zukunft durch Überzeugungsarbeit oder irgendeine Form von Sanktion zu verhindern. In vielen Fällen kann deshalb Selbstregulierung der am besten geeignete und wirkungsvollste Ansatz zur Bekämpfung von Hassrede sein. Allerdings können die Körperschaften, Institutionen und Organisationen sehr unterschiedlicher Natur sein. Dies wirkt sich auf die Art und Weise aus, auf die sie ihre besondere Verantwortung zur Bekämpfung von Hassrede wahrnehmen. Die Regierungen sollten diese Tatsache folglich berücksichtigen, wenn sie die Körperschaften, Institutionen und Organisationen bei ihren Bemühungen zur Selbstregulierung unterstützen. Insbesondere sollte diese Unterstützung nicht von der Übernahme eines einheitlichen Modells der Selbstregulierung abhängen; aus diesem Grund befasst sich Empfehlung 7 speziell mit der Selbstregulierung der Medien.

117. Dennoch werden in Empfehlung 6 bestimmte Elemente angeführt, die sinnvollerweise in alle Selbstregulierungssysteme aufgenommen werden können, nämlich die Verabschiedung von Verhaltens- oder Ethikkodizes, welche einhergehen mit bestimmten Sanktionen für die Nichteinhaltung der Bestimmungen, der Einrichtung von Mechanismen zur Überwachung von Äußerungen und Veröffentlichungen, um die Verwendung von negativer Stereotypisierung und irreführender Information zu verhindern, der Abhaltung von Schulungen sowie der Schaffung von Beschwerdemechanismen.

Verhaltenskodizes

118. Es ist umso wichtiger, dass diese Kodizes existieren, wenn der Urheber der Äußerungen aufgrund seiner Position Immunität genießt, wie es etwa bei Richtern und Abgeordneten der Fall ist, und somit andere Maßnahmen gegen den Gebrauch von Hassrede durch diese Person nicht ergriffen werden können.

119. Aus der Monitoring-Tätigkeit der ECRI geht hervor, dass verschiedene Körperschaften, Institutionen und Organisationen bereits Verhaltens- oder Ethikkodizes und ähnliche Regelwerke (etwa Geschäftsordnungen) verabschiedet haben, auf die sie sich stützen können, um jegliche Hassrede vonseiten jener zu bekämpfen, die ihnen auf irgendeine Weise zuzuordnen sind. Es wurde festgestellt, dass in den Mitgliedsstaaten Verhaltenskodizes unter anderem für Richter, Minister, Abgeordnete, Mitglieder von Berufs- und Sportverbänden sowie für Angestellte und Studierende von Universitäten und anderen höheren Bildungseinrichtungen bestehen. Zudem liegt eine Reihe von Satzungen oder internationalen und regionalen Kodizes vor, die für in den Mitgliedsstaaten tätige Körperschaften, Institutionen und Organisationen gelten, etwa das Disziplinarreglement des Weltfußballverbandes (FIFA), die Rechtspflegeordnung des europäischen Fußballverbands (UEFA) und die Charta der Europäischen Parteien für eine nichtrassistische Gesellschaft. Der Geltungsbereich mancher dieser Kodizes kann einigermaßen breit gefasst sein, vor allem auf dem Gebiet des Sports. Sie können darum nicht nur auf jene angewandt werden, die den Sport ausüben oder an dessen Organisation und Verwaltung beteiligt sind, sondern auch auf Zuschauer und Anhänger, sowohl am Ort der Ausübung als auch anderswo (etwa auf der Anreise zum Veranstaltungsort). Manche Kodizes für Abgeordnete gelten überall dort, wo die verwerflichen Äußerungen getätigt werden, und beschränken sich also nicht auf die parlamentarische Tätigkeit.

120. Die Bestimmungen dieser Kodizes führen Hassrede jedoch nicht immer ausdrücklich an. Vielmehr können sie sich auf verschiedene Verhaltensweisen beziehen, die potenziell in den Geltungsbereich fallen, etwa beleidigende, beschimpfende oder bedrohende Äußerungen, oder lediglich die Maßgabe enthalten, Würde und Gleichheit allgemein zu achten. Bedauerlicherweise werden in der Praxis nicht alle Arten von Hassrede so eingestuft, dass sie unter diese Formulierungen fallen, und folglich wird gegen bestimmte Urheber von Hassrede nichts unternommen, darunter auch jene, die rassistische und homo- und transphobe Äußerungen tätigen. Die Kodizes können wahrscheinlich wirksamer zur Bekämpfung von Hassrede angewandt werden, wenn das verwerfliche Verhalten ausdrücklich angeführt ist und dabei Bezug auf die in dieser Empfehlung genannte Definition von Hassrede genommen wird. Insbesondere sollten die Kodizes alle Arten von Hassrede umfassen und nicht nur jene, die strafrechtlich zu ahnden sind. Sie sollten außerdem das Bekenntnis jener, die sie verabschieden, zu Gleichheit und Würde verdeutlichen und keinen Zweifel daran lassen, dass Hassrede nicht hinnehmbar ist. Jedenfalls sollten die in den Kodizes verwendeten Formulierungen klar und verständlich sein, sodass keine Unsicherheit hinsichtlich des Verhaltens aufkommt, das als verwerflich zu betrachten ist. Dies ist sowohl für jene von Bedeutung, gegen die Sanktionen verhängt werden können, als auch für jene, die Ziel von Hassrede sind. Darüber hinaus sollten die Kodizes nicht nur jenen zugänglich gemacht und zur Kenntnis gebracht werden, für die sie gelten, sondern auch für die Allgemeinheit verfügbar sein, sodass jeder, der Interesse daran hat, dass deren Bestimmungen eingehalten werden, in der Lage ist, entsprechend vorzugehen.

121. In Empfehlung 6 werden insbesondere die Parteien aufgefordert, die Charta der Europäischen Parteien für eine nichtrassistische Gesellschaft zu zeichnen. Dies würde einerseits bedeuten, dass sie ihre besondere Verantwortung als Akteure des demokratischen politischen Prozesses anerkennen, und andererseits Beispielwirkung im Hinblick auf die Notwendigkeit zur Verabschiedung von Kodizes zur Bekämpfung von Hassrede ausüben.[73]

Umsetzung

122. Zwar zeugt die Verabschiedung von Kodizes bereits von einem Bekenntnis zu den darin verankerten Werten, gleichwohl müssen, damit sie wirksam sind, bestimmte Mechanismen geschaffen werden, um die Einhaltung ihrer Bestimmungen zu gewährleisten. Dies kann am besten mithilfe einer Kombination aus Überwachungs- und Beschwerdemechanismen erreicht werden.

123. Die Überwachungsverfahren können unterschiedlicher Art sein. In manchen Fällen bestehen sie lediglich darin, die Aussagen und Veröffentlichungen der Mitglieder der Körperschaften, Institutionen und Organisationen anzuhören und zu überprüfen und dann geeignete Maßnahmen zu treffen. Allerdings sollte jedenfalls ein bestimmter Verantwortlicher für diese Überprüfung zuständig sein, auch wenn andere ebenfalls auf Fälle von Hassrede aufmerksam machen können. Wie bereits in Empfehlung 6 angeführt, ist es außerdem von besonderer Bedeutung, dass jene, die für diese Überwachung zuständig sind, besonders auf negative Stereotypisierung und irreführende Information achten, denn negative Stereotypisierung kann eine weniger offensichtliche Form von Hassrede sein, irreführende Information dagegen kann Vorurteile stärken und somit dazu beitragen, dass diese Stereotype fortbestehen. Im Hinblick auf Sportveranstaltungen muss besonderes Augenmerk auf die Überwachung der Zuschauer gelegt werden, um die Verteilung und den Verkauf von Hassrede enthaltendem Material auf oder in der Nähe der Sportstätte zu unterbinden, Personen, die Hassrede enthaltende Spruchbänder, Handzettel oder Symbole mit sich führen oder verteilen, den Zugang zu den Sportstätten zu verwehren und die Veranstaltung zu unterbrechen oder abzubrechen, wenn die Zuschauer Hassrede äußern.[74]

124. Beschwerdemechanismen können ein Mittel sein, um festzustellen, ob die Bestimmungen der Kodizes verletzt wurden, auch wenn interne Überwachungsmechanismen und externe Berichte nicht darauf hinweisen. Wenn ein solcher Verstoß festgestellt wird, können sie überdies darüber entscheiden, welche Sanktionen aufzuerlegen sind. Diese Mechanismen sollten nicht nur den Mitgliedern der betreffenden Körperschaft, Institution oder Organisation offenstehen, sondern auch jenen, die sich mit gutem Grund als Opfer der Hassrede eines dieser Mitglieder fühlen. Sie sollten klare, faire und transparente Verfahren umfassen und leicht zugänglich sein, etwa mittels einer Telefonhotline oder über das Internet. Die Körperschaften, Institutionen und Organisationen, die Beschwerdemechanismen eingerichtet haben, sollten sich besonders bemühen, die Opfer von Hassrede dazu zu ermutigen, auch tatsächlich eine Beschwerde einzubringen. Sie sollten zudem überprüfen, wie diese Beschwerden behandelt werden, um den Betroffenen dieser Äußerungen eine Möglichkeit zu echter Wiedergutmachung zu bieten.

125. Ein Gutteil der bestehenden Kodizes sieht auch die Verhängung von Sanktionen im Falle der Verletzung ihrer Bestimmungen vor. Die Sanktionen sind unterschiedlicher Art, können aber folgende Elemente umfassen: die Auferlegung von Geldstrafen, die Abberufung eines Ministers oder Richters, die Suspendierung eines Abgeordneten von der legislativen Tätigkeit, den Ausschluss von oder die Verweigerung des Zugangs zu Sportveranstaltungen, den Abzug von Punkten bei Sportwettbewerben und die Auflage, Sportveranstaltungen ohne Zuschauer zu veranstalten. Jegliche Sanktion muss dem tatsächlichen Schweregrad der geäußerten Hassrede entsprechen, andernfalls könnte der Eindruck entstehen, dass sie gutgeheißen wird. Die Verhängung angemessener und klar kommunizierter Sanktionen für den Gebrauch von Hassrede kann zweifellos ein eindeutiges Signal gegen Hassrede aussenden und zeigen, dass eine uneingeschränkte Freiheit der Meinungsäußerung nicht hinnehmbar ist. Wenn also ein Fall von Hassrede sanktioniert wird, muss die Leitung der betroffenen Körperschaft, Institution oder Organisation dies den Mitgliedern und auch der Allgemeinheit mitteilen und gleichzeitig deutlich unterstreichen, dass Hassrede gänzlich inakzeptabel ist.

126. Die wirksame Umsetzung der Kodizes hängt in hohem Maße von der geeigneten Schulung der diesbezüglich Verantwortlichen ab. Diesen muss insbesondere bewusst sein, worin Hassrede besteht, auch wenn sie codiert und weniger offenkundig ist, wie auf deren Gebrauch zu reagieren sowie mit den Urhebern zu verfahren ist und wie die Überwachung durchzuführen sowie Beschwerdemechanismen angemessen einzusetzen sind. Da nicht alle Körperschaften, Institutionen und Organisationen, bei denen die Verabschiedung von Kodizes mit Bezug auf Hassrede angebracht ist, diese Aufgabe leicht umsetzen können, ist eine entsprechende Unterstützung durch die Regierungen wohl von besonderem Nutzen. Diese kann auf direktem Wege erfolgen oder indem deren Bereitstellung durch Einrichtungen, die diesbezüglich besonders kompetent sind, erleichtert wird.

127. Überdies kann die Umsetzung der Kodizes nur dann wirksam sein, wenn eine ausreichende Finanzierung für die verschiedenen Überwachungs- und Beschwerdemechanismen bereitsteht. Dieser Faktor muss daher sowohl bei der Verabschiedung der Kodizes als auch bei ihrer späteren Revision berücksichtigt werden.

128. Um die Verabschiedung und Anwendung von Verhaltens- oder Ethikkodizes zur Bekämpfung von Hassrede zu erleichtern, wäre es außerdem zweckdienlich, wenn die Regierungen den Informationsaustausch zwischen den betroffenen Körperschaften, Institutionen und Organisationen unterstützen, damit die Vor- und Nachteile der schon seit einiger Zeit geltenden Kodizes bewertet werden können.

Zusammenhang mit anderen Formen der Wiedergutmachung

129. In vielen Fällen ist zu erwarten, dass mithilfe von Selbstregulierung im Allgemeinen und internen Beschwerdemechanismen im Besonderen wirksam auf den Gebrauch von Hassrede reagiert werden kann, auch indem den Opfern geeignete Wiedergutmachung angeboten wird. Allerdings trifft dies nicht immer zu, vor allem wenn die geeignete Reaktion auf einen bestimmten Fall von Hassrede nur die Zahlung von Schadenersatz oder die Verhängung strafrechtlicher Sanktionen ist. Auch wenn Selbstregulierungsmechanismen also oftmals die Notwendigkeit anderer Formen gesetzlicher Wiedergutmachung hinfällig werden lassen, dürfen sie niemals ein Hindernis dafür sein oder werden, diese Formen der Wiedergutmachung anzustreben.

I. Medien und Internet

Empfehlung 7

130. In der großen Mehrheit der Fälle erfolgt der Gebrauch von Hassrede in den Medien und im Internet, wobei die Verbindungsmöglichkeiten des Internets die Reichweite und die Unmittelbarkeit der Äußerungen oftmals steigern. Gleichzeitig zählen die Medien und das Internet nicht nur zu den wichtigsten Mitteln, um die Werte, welche die Hassrede zu untergraben sucht, zu kommunizieren und zu stärken, sondern auch um das in einer demokratischen Gesellschaft wesentliche Recht auf freie Meinungsäußerung auszuüben. Das besondere Augenmerk, das in dieser Empfehlung sowohl auf die Regulierung als auch auf die Selbstregulierung der Medien und des Internets gelegt wird, zeugt darum von der spezifischen Bedeutung, die diesen Sektoren im Hinblick auf Hassrede zukommt – als ein Vehikel für diese Äußerungen, aber auch für deren Bekämpfung –, und von der Notwendigkeit, dass jeglicher Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung so begrenzt wie möglich sein muss. Während einige Regeln für die Medien und das Internet nicht unvereinbar mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung sind, ist es oftmals wirksamer und angemessener, bei der Bekämpfung der Hassrede stärker auf die Selbstregulierung zu vertrauen.

Anerkennung der Vielfalt

131. Der Ausdruck „Medien und Internet“ bezeichnet zahlreiche Arten der Kommunikation mit äußerst verschiedenen Merkmalen und Wirkungen. Er umfasst Printmedien (wie Zeitungen, Zeitschriften und Bücher, aber auch Broschüren, Handzettel und Plakate), aber auch audiovisuelle und elektronische Medien (wie Radio, Fernsehen, digitale Audio- und Videoaufnahmen, Websites, Applikationen, E-Mails und ein breites Spektrum von Sozialen Medien und Videospielen) und zweifelsohne weitere Kommunikationsformen, die wohl künftig noch entwickelt werden. Außerdem gehen manche gesprochenen, veröffentlichten oder auf andere Weise kommunizierten Äußerungen auf eine einzige Person zurück, während andere von großen Unternehmen ausgehen. Einige dieser Äußerungen sind verschiedenen Formen redaktioneller Kontrolle unterworfen, andere erscheinen jedoch, ohne dass sie jemand – abgesehen vom Urheber – überprüft und sogar ohne dass die Person, die das Kommunikationsmittel bereitstellt, zuvor darüber informiert wird. In vielen Fällen kann der Urheber einer Äußerung festgestellt werden, in anderen kann er oder sie anonym bleiben. Manche Äußerungen erreichen beinahe unverzüglich ein Publikum, andere erfordern die Bereitschaft zuzuhören, zu lesen oder den Inhalt auf andere Weise zu erfassen. Manche finden eine umfassende und/oder nachhaltige Verbreitung, andere werden kaum beachtet und/oder verschwinden rasch. All diese Unterschiede sind zu berücksichtigen, wenn es zu bestimmen gilt, wie weit die Maßnahmen zur Regulierung und Selbstregulierung gehen sollen und ob die Erwartungen darüber, was sie erreichen können, realistisch sind.

132. Abgesehen von den Vorgaben, die laut den allgemeingültigen Gesetzen (siehe nachstehenden Abschnitt) für Äußerungen und Veröffentlichungen (inklusive Rundfunksendungen) gelten, ist das Ausmaß besonderer Regulierung für die Medien und das Internet in den einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedlich. In manchen Fällen benötigen sie für ihren Betrieb eine Lizenz oder eine Konzession. Außerdem sind bestimmte Normen einzuhalten, andernfalls werden Sanktionen verhängt, etwa die dauerhafte oder zeitlich beschränkte Lizenz- oder Konzessionsaberkennung. In anderen Fällen kann lediglich die Anforderung bestehen, bestimmte Normen einzuhalten, sowie die Befugnis, die Verbreitung bestimmter Inhalte zu verbieten, oder die Möglichkeit der Ausübung indirekten Drucks, indem die Gewährung finanzieller oder anderer Unterstützung von der Erfüllung festgelegter Bedingungen abhängig gemacht wird. In wieder anderen Fällen müssen indes abgesehen von jenen der allgemeingültigen Gesetze keine besonderen Vorgaben eingehalten werden.

Grundanforderungen

133. Jegliche Maßnahme zur Regulierung von Medien und Internet – und besonders jene zur Bekämpfung von Hassrede – muss im Einklang mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung stehen und jene Garantien gegen missbräuchliche Anwendung enthalten, die für alle rechtlichen Maßnahmen gelten, durch welche die Ausübung dieses Rechts eingeschränkt wird (siehe nachstehenden Abschnitt). Empfehlung 7 schlägt nicht notwendigerweise die Verabschiedung zusätzlicher Regulierungsbefugnisse vor, sondern weist darauf hin, dass die bestehenden Befugnisse, die zur Bekämpfung von Hassrede beitragen können, wirksam genutzt werden sollten – unter anderem das gesamte Spektrum möglicher Sanktionen. Zu diesem Zwecke ist es, wie bereits erwähnt, allerdings wichtig, eine Definition von Hassrede anzuwenden, die ebenso weit reicht wie die in der Empfehlung dargelegte. Darüber hinaus sind die erteilten Befugnisse nur dann nutzbringend, wenn die zuständigen Stellen jene Einrichtungen, für deren Regulierung sie verantwortlich sind, auch aktiv überwachen – insbesondere durch Überprüfung der Art und Weise, in der bestimmte Personengruppen dargestellt werden – und rasch reagieren, wenn sie auf einen Fall von Hassrede aufmerksam gemacht werden.

134. Die Regulierungsstellen sollten außerdem gewährleisten, dass ihre Funktion in der Bevölkerung ausreichend bekannt ist, sodass ihnen diese Fälle tatsächlich gemeldet werden. Bedauerlicherweise muss daran erinnert werden, dass im Rahmen der Monitoring-Prüfungsrunden festgestellt wurde, dass diese Stellen manchmal nur auf dem Papier existieren und nicht immer ordnungsgemäß konstituiert werden: Dieser Mangel muss dringend behoben werden, damit Regulierungsmaßnahmen getroffen werden können. Aufgrund der Notwendigkeit, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu achten, sollten die Regulierungsstellen allerdings abwägen, ob es zweckdienlich ist, vorrangig ihre Befugnisse anzuwenden, da ihnen die Aufgabe obliegt, beim Gebrauch von Hassrede eine wirksame Selbstregulierung zu fördern, bevor sie selbst in den Medien- und Internetbetrieb direkt eingreifen.

135. Die in Empfehlung 6 angeführten Grundsätze der Selbstregulierung – die Verabschiedung geeigneter Verhaltens- oder Ethikkodizes, Überwachungs- und Beschwerdemechanismen sowie Schulung – gelten im Allgemeinen auch für die Medien und das Internet. Sie werden in diesem Abschnitt deshalb nicht wiederholt, bestimmte Aspekte mit besonderer Relevanz für die Medien und das Internet werden jedoch hervorgehoben.

Verhaltenskodizes

136. Wie im Rahmen der Monitoring-Prüfungsrunden beobachtet wurde, wenden zahlreiche Medienschaffende und ‑organisationen bereits verschiedene Verhaltens- oder Ethikkodizes mit Bestimmungen über Hassrede an, darunter auch in der Internetindustrie.[75] Einige haben sich die Medienschaffenden selbst auferlegt, bei anderen handelt es sich um interne Dokumente bestimmter Organisationen, die meisten gelten jedoch für einen gesamten Sektor. In manchen Fällen entspringen sie gänzlich der Initiative jener, die sie annehmen, oftmals wurden sie aber aufgrund des Drucks durch die Regulierungsstellen verabschiedet. Auch wenn viele dieser Kodizes jegliche Aufstachelung zu Hass und das Propagieren von Diskriminierung ausdrücklich verbieten, decken sie jedoch im Allgemeinen nicht jeden Aspekt von Hassrede gemäß der Definition der Empfehlung ab, vor allem nicht jene Formen, die auf eher codierte Art geäußert werden. Überdies bestehen in manchen Mitgliedsstaaten nur solche Kodizes, die sich – ausdrücklich oder in der Praxis – auf die Printmedien beschränken und manchmal nicht einmal für die Websites dieser Printmedien gelten, auf denen Hassrede veröffentlicht werden kann.

137. Es besteht somit die Notwendigkeit, die Verabschiedung von Kodizes zu fördern, die ein möglichst breites Spektrum von Medien- und Internetnutzung abdecken. Außerdem sollten diese Kodizes – oder Nutzungsbedingungen – für alle gelten und nicht nur für Medienschaffende und ‑organisationen, auch wenn es wohl nicht immer möglich ist, jegliche individuelle Initiative mit einzubeziehen (etwa den Selbstverlag). Dies bedeutet nicht, dass ein einheitlicher Kodex angenommen werden sollte, da es dadurch schwierig oder gar unmöglich wäre, die unterschiedlichen Kommunikationsformen, die verwendet werden, zu berücksichtigen. Allerdings sollte das laut diesen Kodizes untersagte Verhalten ausdrücklich auf der in der Empfehlung dargelegten Definition von Hassrede beruhen.

138. Angesichts des Einflusses, der von oder über Medien und Internet ausgeübt werden kann, sollten diese Kodizes darüber hinaus nicht nur den Gebrauch von Hassrede jeglicher Art verbieten, sondern auch Möglichkeiten zu einer Darstellung von Informationen angeben, durch die jene Haltungen, die den Gebrauch von Hassrede fördern, nicht unnötigerweise gestärkt werden. Sie sollten außerdem vorschreiben, die Perspektive der Opfer von Hassrede in den Berichten angemessen zu berücksichtigen, und eine Berichterstattung fördern, durch die negative Haltungen gegenüber bestimmten Personengruppen hinterfragt werden. So ist etwa in Nachrichtenmeldungen die ethnische Herkunft mutmaßlicher Straftäter im Allgemeinen nicht relevant, indes kann dieses Detail oftmals in Erinnerung bleiben, obwohl die Person später von Schuld freigesprochen wurde. Bei der Berichterstattung über bestimmte Ereignisse, besonders wenn es sich um Extremisten oder Terroristen handelt, ist ebenfalls besondere Sorgfalt angebracht, da Sensationsgier und Dramatisierung unbeabsichtigt Vorurteile und Emotionen schüren können.

139. Zudem sollte die Frage untersucht werden, ob über bestimmte Ereignisse, an denen häufig stigmatisierte Gruppen beteiligt sind, nicht nur deshalb berichtet wird, weil die Berichterstatter die negativen Ansichten über diese Gruppen teilen, und ob nicht bestimmten Personen, die diesen Gruppen feindselig gegenüber stehen, bevorzugter Zugang zu bestimmten Medien gewährt wird. Mithilfe der Nutzungsbedingungen können überdies in Internetforen und ähnlichen Diensten anonyme Kommentare verboten werden. Zusätzlich kann dadurch der Zugang in der Nacht gesperrt werden, wenn es vor allem während dieses Zeitraums zu beleidigenden Kommentaren zu kommen scheint. Des Weiteren geben Berichte über Zwischenfälle, an denen Personen, die oftmals Ziel von Hassrede sind, beteiligt sind oder die sie betreffen (etwa deren Beteiligung an angeblichen Unruhen oder Streitigkeiten), nur selten deren Sicht der Ereignisse wieder und leisten somit der Fehlinformation und negativen Stereotypisierung Vorschub. Dieser Art von Stereotypisierung und Stigmatisierung kann jedoch auch durch die Veröffentlichung von Artikeln entgegengetreten werden, in denen Angehörige von Gruppen, die Ziel von Hassrede sind, in einem positiven Licht dargestellt werden, etwa durch Reportagen über deren erfolgreiche Integration oder über die Werte, auf denen bestimmte Traditionen gründen. Eine derartige Berichterstattung kann durch die Entwicklung verschiedener Instrumente gefördert werden, etwa durch das im Zuge einer Monitoring-Prüfungsrunde beobachtete Integrationsglossar für Journalisten, in dem einige Schlüsselbegriffe erklärt werden. Auf diese Weise könnten die Kodizes die Medien dazu veranlassen, angesichts der „Logik“, die der Hassrede scheinbar zugrunde liegt, gegenläufige Narrative zu entwickeln.[76]

Überwachung

140. Ein entscheidender Aspekt der Selbstregulierung ist die Überwachung der durch die Medien und das Internet kommunizierten Inhalte. Dem kommt allgemeine Bedeutung zu, es ist aber von besonderer Wichtigkeit, wenn die Inhalte nicht irgendeiner Form redaktioneller Kontrolle unterworfen sind. Auch wenn Verhaltens- oder Ethikkodizes bestehen, ist nicht immer eine systematische Überwachung gewährleistet, besonders im Hinblick auf den Gebrauch von Hassrede im Internet. Wie einige Internetdienste gezeigt haben, stehen jedoch verschiedene automatische Methoden zur Verfügung, um Hassrede aufzuspüren, und diese können durch spezielle Möglichkeiten ergänzt werden, um deren Gebrauch zu melden, wodurch dann die fraglichen Inhalte im Einklang mit den Nutzungsbedingungen des Dienstes gelöscht werden können. Diese Mechanismen sollten allgemein zum Vorbild genommen werden und, falls möglich, von den Regulierungsbehörden gefördert werden. Diese sollten außerdem die Forschungsarbeit über die Möglichkeiten zur Steigerung der Wirksamkeit dieser Systeme unterstützen. Des Weiteren sollten die Nutzer dazu ermutigt werden, Fälle von Hassrede zu melden, und Nichtregierungsorganisationen sollten bei ihrer Überwachungstätigkeit oder beim Betrieb von Kontaktstellen oder Hotlines unterstützt werden, damit Fälle von Hassrede erfasst werden können. Diese Art der Überwachung ist indes nur dann zweckdienlich, wenn die ermittelten Fälle von Hassrede rasch gelöscht werden. Bestimmte Soziale Medien, die diese Ansätze verfolgen, haben sich bereits dazu verpflichtet. In manchen Fällen sollte auch die Frage untersucht werden, ob es angebracht ist, angesichts eines kontinuierlichen Gebrauchs von Hassrede den Zugang zu Internetdiensten zu sperren.

Beschwerdemechanismen

141. Die bestehenden Beschwerdemechanismen scheinen unterschiedliche Wirkung zu erzielen. Zwar kommt es gewiss vor, dass Beschwerden über den Gebrauch von Hassrede untersucht werden und ihnen stattgegeben wird, oftmals ist jedoch das Gegenteil der Fall. Dazu kommt, dass sich einige Mechanismen, wie bereits erwähnt, auf die Printmedien und vor allem auf Zeitungen und Zeitschriften beschränken, und selbst diese Mechanismen gelten nicht für alle diese Veröffentlichungen, weil ihre Übernahme auf freiwilliger Basis erfolgt und manche Medien dies nicht tun. Einige dieser Mechanismen sind zudem lediglich interne Instrumente bestimmter Medien oder Internetdienste. Trotz des Ausmaßes von Hassrede werden mithilfe mancher dieser Mechanismen auch nur wenige Beschwerden registriert. Dies scheint zum Teil der Tatsache geschuldet, dass die Mechanismen nur wenig bekannt sind oder aber dass nicht das nötige Vertrauen in ihre Wirksamkeit besteht. Die getroffenen Entscheidungen, die üblicherweise lediglich mit der Veröffentlichung der Befunde durch den fraglichen Mechanismus einhergehen, sind allerdings im Allgemeinen nicht bindend und führen nicht immer zu entsprechenden Maßnahmen.

142. Es ist darum nötig, entweder den Geltungsbereich der Beschwerdemechanismen, die in bestimmten Medien- und Internetsektoren bestehen – die also nicht nur interner Art sind –, auf jene Sektoren auszudehnen, die derzeit noch nicht abgedeckt sind, oder aber solche Mechanismen in diesen Sektoren neu zu schaffen. Das Vertrauen in diese Mechanismen könnte überdies gestärkt werden, indem sichergestellt wird, dass ihre Bekanntheit steigt, dass eine völlige Unabhängigkeit gegenüber dem Einfluss jener besteht, deren Verhalten sie überprüfen, und dass ihre Funktion und ihre Entscheidungen weithin anerkannt werden. Diesen Entscheidungen sollte eine ausreichend hohe Bedeutung beigemessen werden, damit jegliche Verurteilung in einem Fall von Hassrede für alle Beteiligten unmissverständlich ist. Die Regulierungsbehörden sollten darum jegliche in diese Richtung weisende Maßnahme unterstützen.

Wahrung der Freiheit der Meinungsäußerung

143. Gleichzeitig sollten Selbstregulierungsmaßnahmen nicht zu unzulässigen Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung führen. So wäre die Sperrung oder Löschung von Inhalten etwa in Sozialen Netzwerken nur gerechtfertigt, wenn tatsächlich der Gebrauch von Hassrede darin festgestellt wurde. Es ist allerdings möglich, dass sich die Anwendung von Verhaltenskodizes und Nutzungsbedingungen, die zur Sperrung oder Löschung von Inhalten führt, auf eine fälschliche oder zu umfassende Auslegung des Begriffs der Hassrede stützt, wodurch es in bestimmten Fällen zu unzulässigen Einschränkungen der Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung kommen kann. Deshalb muss es möglich sein, gegen Entscheidungen, die zur Sperrung oder Löschung von Inhalten führen, Einspruch zu erheben und, als letztes Mittel, gerichtlich vorzugehen. Ohne derartige Rechtsbehelfe ist das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht ausreichend geschützt.

Schulung

144. So wie bei den anderen Formen von Selbstregulierung muss ebenfalls sichergestellt sein, dass jene, die an der Umsetzung der Selbstregulierungsmaßnahen beteiligt sind, in geeigneter Weise geschult werden. Insbesondere sollten Medienschaffende in die Lage versetzt werden, besser zu verstehen, worin Hassrede besteht, sowie abzuschätzen, wie sie es in ihren Schriften und Veröffentlichungen vermeiden können, diese Äußerungen zu fördern, und wie sie die Bedingungen bekämpfen können, die Hassrede begünstigen. Dazu können sie beitragen, indem sie die Toleranz und ein besseres Verständnis zwischen den Kulturen fördern.

J. Verwaltungs- und zivilrechtliche Haftung

Empfehlung 8

145. Empfehlung 8 beschäftigt sich mit der verwaltungs- und zivilrechtlichen Haftung beim Gebrauch von Hassrede. Sie fordert insbesondere zur Klärung der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten auf, die mit dem Gebrauch von Hassrede einhergehen können. Dabei sind die verschiedenen Formen von Hassrede und das Ausmaß zu berücksichtigen, in dem bestimmte Akteure daran beteiligt sind. Zusätzlich zur Notwendigkeit von Wiedergutmachung für den entstandenen Schaden, die im Sinne der Empfehlungen geregelt werden sollte, die in den Ziffern 10 bis 13 sowie 15 der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 verankert sind, unterstreicht Empfehlung 8, dass die Befugnis bestehen muss, die Löschung von bestimmten Äußerungen, die Sperrung von Hassrede verbreitenden Sites sowie die Veröffentlichung einer Erklärung, dass es sich bei einem bestimmten Inhalt um Hassrede handelte, anzuordnen. Außerdem muss die Befugnis bestehen, die Verbreitung von Hassrede zu untersagen und die Offenlegung der Identität jener zu erzwingen, die sie äußern. Diese Befugnisse werden lediglich für schwerwiegende Fälle von Hassrede vorgeschlagen und erfordern eine gerichtliche Genehmigung oder Zustimmung, um die Achtung des Rechts auf freie Meinungsäußerung zu gewährleisten.

146. Um sicherzustellen, dass gegen diese schwerwiegenden Fälle von Hassrede geeignete Maßnahmen ergriffen werden, wird zudem empfohlen, nicht nur jenen, die Ziel der entsprechenden Äußerungen sind, die Möglichkeit an die Hand zu geben, diesbezügliche Gerichtsverfahren anzustrengen, sondern auch den Gleichstellungsstellen, nationalen Menschenrechtsinstitutionen und bestimmten Nichtregierungsorganisationen. Des Weiteren wird allgemein anerkannt, dass die wirksame Anwendung dieser Befugnisse die Schulung der beteiligten Richter, Rechtsanwälte und Beamten sowie den Austausch bewährter Praktiken zwischen ihnen erfordert.

Klärung der Haftungsgrundlagen

147. Der Schaden, den der Gebrauch von Hassrede verursacht, ist in den meisten Fällen immaterieller Art. Dennoch kann es vorkommen, dass jene, die Ziel von Hassrede sind, nachweisen können, dass sie dadurch auch einen materiellen Schaden erlitten haben, etwa im Zusammenhang mit der Verweigerung einer Arbeitsstelle oder dem gesundheitsbedingten Verlust der Arbeitsfähigkeit. Es muss deshalb gesetzlich geklärt sein, unter welchen genauen Umständen Schadenersatz zu zahlen sein kann sowie auf welcher verwaltungs- oder zivilrechtlichen Grundlage dieser Schadenersatz gefordert werden kann, sei es gemäß den Bestimmungen zum Persönlichkeits- und Reputationsschutz wie in einigen Mitgliedsstaaten oder unter Hinweis auf andere verwaltungs- oder zivilrechtlichen Verstöße. Der Gebrauch von Hassrede kann überdies den Ruf einer ganzen Gemeinschaft oder Personengruppe schädigen. Während der individuelle Schaden in solchen Fällen nicht unbedingt bedeutend sein muss, kann es dennoch angebracht sein, eine Erklärung zu fordern, dass der Ruf der Angehörigen dieser Gemeinschaft oder Personengruppe geschädigt wurde, und/oder symbolischen Schadenersatz zu verlangen, und diese Möglichkeit sollte gesetzlich vorgesehen sein.

148. Um sicherzustellen, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht unzulässig eingeschränkt wird, sollte sich die Haftung zudem auf schwerwiegende Fälle von Hassrede beschränken, nämlich wenn die Hassrede zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufstacheln soll, die Ziel der Äußerung sind, oder nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt. Damit eine Haftung entsteht, sollte es folglich nicht genügen, den Schaden oder Verlust nachzuweisen, der durch einen bestimmten Gebrauch von Hassrede entstanden ist; die Hassrede muss auch so schwerwiegend sein – das heißt es muss ein Vorsatz zur Aufstachelung oder eine unmittelbare Gefahr in dieser Hinsicht bestehen –, dass eine Haftungspflicht gerechtfertigt ist.

Anerkennung verschiedener Verantwortlichkeiten

149. Gleichzeitig muss gesetzlich geklärt werden, welche Personen im Falle des Gebrauchs von Hassrede tatsächlich auf diese Weise haftbar gemacht werden können. Dies ist von wesentlicher Bedeutung, da – wie in Empfehlung 8 festgestellt – viele verschiedene Stellen und Kommunikationsmittel daran beteiligt sein können. Es sollte deshalb ein geeigneter Rechtsrahmen geschaffen werden, durch den gegebenenfalls deren jeweilige Verantwortung im Hinblick auf die Verbreitung Hassrede enthaltender Botschaften geregelt wird.

150. Der eigentliche Urheber einer bestimmten Äußerung von Hassrede kann eine Verantwortung für diese Hassrede tragen; um zu bestimmen, inwiefern diese Verantwortung auf mehrere Personen aufgeteilt ist – falls sie dies ist –, sind folgende Faktoren zu berücksichtigen: die etwaige aktive Beteiligung dieser Personen an der Verbreitung der Hassrede; die Frage, ob ihnen die Nutzung ihrer Dienste zu diesem Zwecke bewusst war; die Frage, ob ihnen technische Mittel zur Erfassung von Hassrede und zur Ermittlung der dafür Verantwortlichen zur Verfügung standen und sie diese einsetzten; sowie die Frage, ob sie die Hassrede rasch unterbanden, sobald sie davon Kenntnis erlangten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte keine Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung in einem Fall festgestellt hat, in dem ein Unternehmen gegenüber Personen haftbar gemacht wurde, die Ziel von über dessen Internet-Nachrichtenportal verbreiteter Hassrede waren.[77] Der Gerichtshof begründete dies mit der extremen Art der Kommentare, der mangelnden Möglichkeit, den Urheber der Kommentare zu ermitteln und folglich rechtlich gegen ihn vorzugehen, dem Versäumnis des Unternehmens, die Kommentare zu verhindern oder rasch zu löschen, und mit der Tatsache, dass die wirtschaftlichen Folgen der Haftung für das Unternehmen nicht erheblich waren, da die Schadenersatzsumme angemessen war und ihre Geschäftstätigkeit nicht beeinträchtigte.[78]

151. Außerdem kann in manchen Fällen die Tatsache, dass bestimmte Dienste für die Verbreitung von Hassrede genutzt werden können, von der Nichteinhaltung der Regulierungsanforderungen zeugen. Bei der anschließenden Verhängung administrativer Sanktionen, wie beispielsweise Geldstrafen oder Aberkennung der Lizenz oder Konzession, sollten in derartigen Fällen auch die besonderen Umstände berücksichtigt werden, etwa ob vorherige Verwarnungen hinsichtlich der Verfehlungen ausgesprochen wurden. Andernfalls könnte die Reaktion unverhältnismäßig sein und wäre somit unvereinbar mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung.

Andere Wiedergutmachung neben Schadenersatz

152. Zusätzlich zur Zahlung von Schadenersatz und der Verhängung verwaltungsrechtlicher Sanktionen weist Empfehlung 8 auf die Notwendigkeit verschiedener anderer Rechtsbehelfe gegen den Gebrauch von Hassrede hin. Dies kann die Löschung von Inhalten, die Sperrung von Sites, die Veröffentlichung von Erklärungen, ein Verbreitungsverbot und die Verpflichtung, die Identität des Urhebers offenzulegen, umfassen und geht mit einer signifikanten Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung einher. Dennoch bedeutet die Anwendung dieser Mittel nicht unbedingt eine Verletzung von Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dies unter bestimmten Umständen für zulässig erklärt hat.[79] Es muss folglich sichergestellt sein, dass diese Mittel nur angewandt werden, wenn die Hassrede so schwerwiegend ist wie in Empfehlung 8 gefordert – das heißt wenn sie zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen gegenüber jenen aufstacheln soll, die Ziel der Äußerung sind, oder nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt – und wenn sie in dieser Situation als Abhilfemaßnahme tatsächlich notwendig sind, ohne dass ihre Wirkung allerdings weiter reicht als nötig.[80] Zum Beispiel ist es nicht erforderlich, die Löschung eines Inhalts oder die Veröffentlichung einer Erklärung aufzuerlegen, wenn diese Maßnahmen bereits getroffen wurden.

Die Bedeutung gerichtlicher Kontrolle

153. Zudem zeugt die Anforderung, dass diese Befugnisse nur infolge gerichtlicher Genehmigung oder Zustimmung ausgeübt werden dürfen, von der wesentlichen Bedeutung der Kontrollfunktion der Gerichte und bietet dadurch einen Schutz gegen die Möglichkeit ungerechtfertigter Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung. In den meisten Fällen sollte die Ausübung dieser Befugnisse die vorherige Genehmigung eines Gerichts erfordern, allerdings kann es auch zu dringenden Situationen kommen, in denen es nicht angemessen ist, eine solche Genehmigung abzuwarten. In diesem Fall kann die gerichtliche Kontrolle erst erfolgen, nachdem die Befugnis ausgeübt wurde.

Beschwerderecht

154. Das Recht, die Anwendung dieser Befugnisse zu verlangen, sollte ohne Zweifel jenen zustehen, die in diesem Fall zum Ziel der Hassrede wurden. In einigen Mitgliedsstaaten besteht für Personen, deren Persönlichkeitsrechte durch den Gebrauch von Hassrede verletzt wurden, bereits die Möglichkeit, die Beendigung dieser unzulässigen Einschränkung ihrer Rechte und/oder die Behebung der Folgen zu fordern. Da Gerichtsverfahren fester Bestandteil dieses Vorgangs sind, ist es außerdem von wesentlicher Bedeutung, dass Prozesskostenhilfe bereitgestellt wird, um diesen Personen die Beteiligung daran zu ermöglichen. Empfehlung 8 weist aber auch den Gleichstellungsstellen, nationalen Menschenrechtsinstitutionen und bestimmten Nichtregierungsorganisationen eine Rolle dabei zu, die Anwendung dieser Befugnisse (Löschung von Inhalten, Sperrung von Sites, Veröffentlichung von Erklärungen, Verbreitungsverbot sowie die Verpflichtung, die Identität des Urhebers offenzulegen) zu fordern. Dadurch wird die Funktion anerkannt, welche diesen Einrichtungen bei der Überwachung von Hassrede zukommen kann. Sie können folglich in einer besonders guten Position sein, um die Anwendung der Befugnisse zu begründen und das diesbezügliche Verfahren einzuleiten. Durch die Einführung spezieller Bestimmungen, die ihnen ein derartiges Vorgehen ermöglichen, kann gewährleistet werden, dass die Befugnisse nicht nur theoretisch bleiben, sondern konkrete und wirksame Mittel gegen den Gebrauch von Hassrede sind.

Die Notwendigkeit von Schulung

155. Schließlich muss wie bei den anderen Maßnahmen, die zur Bekämpfung von Hassrede zu treffen sind, sichergestellt sein, dass die Richter, Rechtsanwälte und Beamten, die an der Anwendung der verschiedenen verwaltungs- und zivilrechtlichen Mittel gegen deren Gebrauch beteiligt sind, in geeigneter Weise geschult werden. Diese Schulung ist wichtig, damit sie beurteilen können, ob eine Äußerung dem Gebrauch von Hassrede gleichkommt oder gleichgekommen ist, ob der Fall ausreichend schwerwiegend ist, um die Anwendung dieser Mittel zu rechtfertigen, und ob die Anwendung eines bestimmten Mittels mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung vereinbar ist. Abgesehen von diesen Schulungsmaßnahmen könnte der Austausch bewährter Praktiken zwischen jenen, die mit der Bearbeitung derartiger Fälle befasst sind, zum Erreichen dieser Ziele beitragen. Der Austausch sollte sich nicht auf Richter, Rechtsanwälte und Beamte innerhalb eines bestimmten Mitgliedsstaats beschränken, sondern auch auf jene anderer Mitgliedsstaaten ausgeweitet werden, damit die gezogenen Lehren weitere Verbreitung finden. Die Mitgliedsstaaten sollten diesen Austausch fördern.

K. Administrative und andere Sanktionen gegen Organisationen

Empfehlung 9

156. Diese Empfehlung befasst sich insbesondere mit der geeigneten Reaktion auf den Gebrauch von Hassrede durch Parteien und andere Organisationen sowie durch deren Mitglieder. Diese Reaktion soll aus zwei Elementen bestehen: Erstens sollte Parteien und anderen Organisationen, die irgendeine Form der Hassrede gebrauchen oder die deren Gebrauch durch ihre Mitglieder nicht sanktionieren, jegliche finanzielle oder andere Unterstützung durch öffentliche Einrichtungen entzogen werden. Zweitens sollte die gesetzliche Möglichkeit vorgesehen sein, Parteien und andere Organisationen – unabhängig davon, ob sie von öffentlichen Einrichtungen in irgendeiner Weise unterstützt werden – zu verbieten und aufzulösen, wenn sie Hassrede schwerwiegender Art gebrauchen, das heißt wenn die Hassrede zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen aufstacheln soll oder nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt.

157. Diese zweifache Reaktion steht im Einklang mit den Empfehlungen, die in den Ziffern 16 und 17 der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 verankert sind. Empfehlung 9 bezieht sich indes auf den Gebrauch von Hassrede im Allgemeinen und nicht nur auf die in der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 behandelte Förderung von Rassismus. Außerdem betrifft die Verpflichtung, die Unterstützung durch öffentliche Einrichtungen zu entziehen, jegliche Art von Unterstützung. Dies bezieht sich also nicht nur auf Zuschüsse, Darlehen und andere finanzielle Unterstützung für die Tätigkeit der fraglichen Parteien und anderen Organisationen, sondern auch auf die Bereitstellung von Einrichtungen, Räumlichkeiten oder Personal sowie auf jegliche andere Art praktischer Unterstützung. Empfehlung 9 sieht zwar den Entzug dieser Arten von Unterstützung vor, gleichwohl impliziert dies ebenso, jenen Parteien und Organisationen, welche die genannten Bedingungen zum Zeitpunkt des Antrags erfüllen, eine derartige Unterstützung gar nicht erst zu gewähren. Die in Empfehlung 9 vorgesehenen Maßnahmen sind gegenüber Parteien und Organisationen zu ergreifen, die über einen formalrechtlichen Status verfügen, aber auch gegenüber jenen, die mehr inoffizieller Art sind oder de facto bestehen. In Empfehlung 9 wird allerdings anerkannt, dass all diese Maßnahmen stets unter vollständiger Achtung der Vereinigungsfreiheit angewandt werden müssen.

Gründe

158. Der Gebrauch von Hassrede durch bestimmte Organisationen sowie die Nichtsanktionierung von Hassrede, die durch deren Mitglieder geäußert wird, zählen zu den Problemen, die im Rahmen der Monitoring-Prüfungsrunden festgestellt wurden. Anlass zu besonderer Sorge gab dabei die Pflege und Verbreitung neonazistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts. In vielen Fällen waren Parteien – auch in den Parlamenten vertretene – und andere Aktivistenorganisationen betroffen, allerdings wurden auch Fälle festgestellt, in denen von anderen Organisationen Hassrede gebraucht wurde, insbesondere von Studentenverbindungen und Fußballfanklubs. Die Organisationen, die Hassrede gebrauchten, erhielten in einer Reihe von Fällen gleichzeitig verschiedene Arten öffentlicher Unterstützung, im Falle von Parteien üblicherweise in finanzieller Form, bei den anderen Organisationen meist durch Bereitstellung von Einrichtungen.

Derzeitige Praxis

159. Im Rahmen der Monitoring-Prüfungsrunden wurde beobachtet, dass bestimmte Elemente der hier empfohlenen Maßnahmen in einigen Mitgliedsstaaten bereits existieren. So besteht etwa die Möglichkeit, jenen Parteien, deren Ablehnung der in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Rechte und Freiheiten festgestellt wurde, die öffentlichen Zuschüsse zu entziehen. In zahlreichen Mitgliedsstaaten ist es zudem möglich, Organisationen zu verbieten oder aufzulösen, vor allem jene, die rassistischen oder nationalen Hass fördern, zu Gewalt aufstacheln und die Demokratie bedrohen. Allerdings wurde ebenfalls beobachtet, dass die Bestimmungen zur Beendigung der öffentlichen Parteienzuschüsse nicht immer wirksam waren, insbesondere aufgrund von Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Verfahrensvorschriften und aufgrund der engen Auslegung der materiellrechtlichen Voraussetzungen. Auch wenn die Befugnis besteht, Organisationen zu verbieten oder aufzulösen, die Rassismus fördern, wurde darüber hinaus festgestellt, dass tatsächlich keinerlei Maßnahme ergriffen wurde. Dies kann dadurch bedingt sein, dass sich die zuständigen Behörden nicht aktiv genug darum bemüht haben, das für das diesbezügliche Verfahren nötige Beweismaterial zu sammeln, oder durch die selbstauferlegte Erfordernis, dass dieses Material auch ausreichen sollte, um die Verurteilung eines oder mehrerer der Organisationsmitglieder zu rechtfertigen. Schließlich ist es in einigen Mitgliedsstaaten noch immer nicht möglich, Organisationen zu verbieten oder aufzulösen, die Rassismus fördern.

Rechtfertigung der Maßnahmen

160. Gewiss kann der Entzug der Unterstützung für Parteien und andere Organisationen die Vereinigungsfreiheit jener einschränken, die sie gegründet haben oder ihnen angehören. Dies trifft umso mehr auf Maßnahmen zu, die zu deren Verbot oder Auflösung führen. Das Recht auf Vereinigungsfreiheit ist jedoch in Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie in Artikel 22 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankert. Gemäß den beiden Artikeln ist vorgesehen, dass dieses Recht, wenn dies in einer demokratischen Gesellschaft nötig ist, zu verschiedenen Zwecken eingeschränkt werden kann, vor allem zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Überdies legen die beiden Verträge fest, dass keine ihrer Bestimmungen so auszulegen ist, „als begründe sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in [diesen Verträgen] festgelegten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken“, als es darin vorgesehen ist.[81] In Artikel 20(2) des Pakts ist zudem niedergelegt, dass „jedes Eintreten für nationalen, rassischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird, […] durch Gesetz verboten“ wird.

161. In Artikel 4 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung ist außerdem festgelegt, dass die Vertragsstaaten „jede Propaganda und alle Organisationen [verurteilen], die auf Ideen oder Theorien hinsichtlich der Überlegenheit einer Rasse oder einer Personengruppe bestimmter Hautfarbe oder Volkszugehörigkeit beruhen oder die irgendeine Form von Rassenhass und Rassendiskriminierung zu rechtfertigen oder zu fördern suchen; sie verpflichten sich, unmittelbare und positive Maßnahmen zu treffen, um jedes Aufreizen zur Rassendiskriminierung und alle rassisch diskriminierenden Handlungen auszumerzen; zu diesem Zweck übernehmen sie unter gebührender Berücksichtigung der in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegten Grundsätze und der ausdrücklich in Artikel 5 des vorliegenden Übereinkommens genannten Rechte unter anderem folgende Verpflichtungen: (a) […] jede Unterstützung rassenkämpferischer Betätigung einschließlich ihrer Finanzierung zu einer nach dem Gesetz strafbaren Handlung zu erklären, (b) alle Organisationen und alle organisierten oder sonstigen Propagandatätigkeiten, welche die Rassendiskriminierung fördern und dazu aufreizen, als gesetzwidrig zu erklären und zu verbieten und die Beteiligung an derartigen Organisationen oder Tätigkeiten als eine nach dem Gesetz strafbare Handlung anzuerkennen, (c) nicht zuzulassen, dass staatliche oder örtliche Behörden oder öffentliche Einrichtungen die Rassendiskriminierung fördern oder dazu aufreizen“.

162. In mehreren seiner Allgemeinen Empfehlungen hat der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung die Notwenigkeit unterstrichen, dass die Vertragsstaaten ihre Verpflichtungen gemäß Artikel 4(b) des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung erfüllen und alle Organisationen, welche die Rassendiskriminierung fördern und dazu aufreizen, als gesetzwidrig erklären und verbieten. Diese Notwendigkeit hat der Ausschuss erst jüngst in seiner Allgemeinen Empfehlung Nr. 35 über die Bekämpfung rassistischer Hassrede betont. Darin macht er deutlich, dass laut seiner Auffassung der „Ausdruck ‚organisierte Propagandatätigkeiten’ improvisierte Formen von Organisation oder Netzen umfasst und ‚sonstige Propagandatätigkeiten’ die unorganisierte oder spontane Förderung von und Aufstachelung zu Rassendiskriminierung beinhalten können“ (CERD/C/GC/35, 26. September 2013, Ziffer 21). Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem Standpunkt, dass das Recht auf Vereinigungsfreiheit sowohl jenen Vereinigungen garantiert wird, die über eine eigenständige Rechtspersönlichkeit verfügen, als auch jenen ohne eigene Rechtspersönlichkeit.[82]

163. In den abschließenden Bemerkungen zu den periodischen Berichten, die gemäß dem Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vorzulegen sind, hat der Ausschuss überdies auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass bestimmte Vertragsstaaten – darunter auch Mitgliedsstaaten – gesetzliche Bestimmungen verabschieden, durch die rassistische Organisationen und die Beteiligung daran unter Strafe gestellt und Organisationen sanktioniert werden, die rassistische Stereotype und Hass gegenüber Angehörigen von Minderheiten verbreiten. Außerdem unterstrich der Ausschuss, dass die bestehenden Verbotsbefugnisse gestärkt und umgesetzt werden sollten. Insbesondere äußerte er sich besorgt über bestimmte Fälle, in denen keine Maßnahmen ergriffen wurden, um Organisationen zu verbieten, die Ideen ethnischer Überlegenheit oder ethnischen Hasses verbreiteten, diffamierende Äußerungen tätigten oder aufgrund dieser Ideen zu Gewalt aufriefen, obwohl die Medien der betroffenen Länder über diese Fälle ausführlich berichteten.

164. Darüber hinaus ist die Notwendigkeit, rassistische Organisationen zu verbieten, ebenfalls Gegenstand verschiedener Empfehlungen, die im Rahmen der „Universellen periodischen Überprüfungen“ ausgesprochen wurden.

165. Im Hinblick auf die oben diskutierten Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit ist es folglich nicht überraschend, dass sowohl der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt haben, dass Maßnahmen wie jene, die in Empfehlung 9 gegen Parteien und andere Organisationen vorgesehen sind – darunter deren Verbot oder Auflösung –, nicht unbedingt unvereinbar mit der Vereinigungsfreiheit sind. Dies trifft insbesondere auf Fälle zu, in denen die fragliche Organisation faschistisches Gedankengut förderte,[83] für eine rassistisch motivierte Politik eintrat und geplante, umfangreiche Handlungen zur Einschüchterung unternahm,[84] zu Hass und Diskriminierung aufstachelte[85] oder auf irgendeine andere Weise Ziele verfolgte, die nicht mit dem Pluralismus vereinbar sind und somit die demokratischen Grundsätze untergraben.[86]

166. Des Weiteren hat der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen in den abschließenden Bemerkungen zu den periodischen Berichten, welche die Vertragsstaaten des Pakts vorlegen, zur Verabschiedung gesetzlicher Bestimmungen aufgerufen, durch die rassistische Organisationen unter Strafe gestellt werden. Außerdem verwies er auf die Notwendigkeit wirksamer Maßnahmen, um Hass, Gewalt und Diskriminierung zu bekämpfen und allen Akteuren und politischen Kräften Verhaltensregeln aufzuerlegen, die im Einklang mit den Menschenrechten, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit stehen. Ebenso hat der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung in den abschließenden Bemerkungen zu den periodischen Berichten, die gemäß dem Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vorzulegen sind, die Verabschiedung gesetzlicher und politischer Maßnahmen empfohlen, die darauf abzielen, die Anmeldung der Aktivitäten von Organisationen zu verhindern, die an wiederholten Angriffen auf Ausländer und Angehörige äußerlich erkennbarer Minderheiten beteiligt sind, und diese Aktivitäten gegebenenfalls zu unterbinden.

Erforderliche Voraussetzungen

167. Allerdings ist dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sowie den beiden Ausschüssen bewusst, dass die in Empfehlung 9 vorgesehenen Maßnahmen zur Verletzung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit führen können. Darum haben beide Ausschüsse in ihren abschließenden Bemerkungen zu den periodischen Berichten ihre Besorgnis über die Möglichkeit ausgedrückt, dass Gesetze gegen „Extremismus“ zu umfassend ausgelegt und angewandt werden. Dies könnte Menschenrechtsaktivisten, die sich für die Beseitigung der Rassendiskriminierung einsetzen, betreffen und benachteiligen und dazu führen, dass Personen und Vereinigungen nicht gegen die willkürliche Anwendung dieser Gesetze geschützt sind. In vielen Fällen wurde auch das Verbot der Gründung einer Partei oder anderen Organisation oder deren erzwungene Auflösung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für unzulässig erklärt.[87] Deshalb muss jegliche Maßnahme, die sich auf die Existenz und Funktionsfähigkeit von Parteien und anderen Organisationen auswirkt, durch relevante und ausreichende Gründe gerechtfertigt sein und eine angemessen Reichweite aufweisen.

168. Jenen Parteien und Organisationen, die Hassrede gebrauchen oder die deren Gebrauch durch ihre Mitglieder nicht sanktionieren, jegliche Unterstützung durch öffentliche Einrichtungen zu entziehen, ist im Prinzip eine mit dem Recht auf Vereinigungsfreiheit vereinbare Einschränkung. Dieser Entzug wird jedoch nur in seltenen Fällen als eine angemessene Maßnahme angesehen, wenn nicht ein unmissverständliches, institutionelles Bekenntnis zum Gebrauch von Hassrede erkennbar ist. Dies ist ohne Zweifel der Fall, wenn die Hassrede Teil politischer Dokumente und Erklärungen führender Persönlichkeiten der Partei oder Organisation ist, aber auch wenn deren Mitglieder wiederholt derartige Äußerungen tätigen, ohne dass dies unterbunden wird. Weniger offensichtlich ist dieses Bekenntnis dagegen, wenn es sich um einen isolierten Zwischenfall mit einschlägigen Äußerungen durch ein Mitglied handelt.

169. Die nötigen Voraussetzungen für das Verbot oder die Auflösung von Parteien und anderen Organisationen sind angesichts der schwerwiegenden Natur der Maßnahme umso zwingender zu erfüllen.[88] Davon zeugt die in Empfehlung 9 vorgesehene Beschränkung dieser Maßnahme auf jene Situationen, in denen die Hassrede zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen aufstacheln soll oder nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt. Es muss folglich plausibles Beweismaterial vorliegen, wonach entweder dieser Vorsatz oder die unmittelbare Gefahr besteht, dass es zu diesen Handlungen kommt. Wenn der Gebrauch von Hassrede im Rahmen der Äußerungen oder anderen Handlungen einzelner Personen stattfand und nicht offizielle politische Dokumente oder Erklärungen betrifft, muss zudem der Nachweis erbracht werden, dass die Äußerungen der fraglichen Partei oder Organisation zuzuschreiben sind und sie die Ansichten eindeutig widerspiegeln, die sie unterstützt und für die sie eintritt.[89] Dies trifft oftmals bei Erklärungen oder Handlungen führender Persönlichkeiten der Partei oder Organisation zu. Es ist demnach möglicherweise angebracht, in diesem Zusammenhang geringeres Augenmerk auf die Tätigkeit einzelner Mitglieder – auch wenn es sich um ehemalige Führungsmitglieder handelt – zu legen, wenn diese nicht ausdrücklich oder stillschweigend befürwortet wird.[90]

170. Gegen den Entzug jeglicher Unterstützung für eine Partei oder andere Organisation sollte stets vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht Einspruch erhoben werden können. Des Weiteren sollte ein Verbot oder eine Auflösung einer Partei oder anderen Organisation ausschließlich von einem Gericht angeordnet werden können, und diese Anordnung sollte in angemessener Frist angefochten werden können. Die Achtung dieser Anforderungen ist eine wesentliche Garantie zum Schutz des Rechts auf Vereinigungsfreiheit.[91]

L. Strafrechtliche Haftung und Sanktionen

Empfehlung 10

171. Diese Empfehlung befasst sich mit den Umständen, in denen aufgrund des Gebrauchs von Hassrede strafrechtliche Sanktionen verhängt werden sollten. Dies wird nur in wenigen Fällen als angemessen angesehen, da die Gefahr besteht, dass dadurch das Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt wird. Doch auch in diesen wenigen Fällen sollte nur unter der Voraussetzung auf strafrechtliche Sanktionen zurückgegriffen werden, dass keine andere, weniger restriktive Maßnahme wirksam wäre. Die Empfehlung behandelt überdies die Art und Weise, in der die entsprechenden Straftatbestände definiert werden, da einerseits die Gefahr einer Verletzung der Freiheit der Meinungsäußerung vermieden und gleichzeitig sichergestellt werden muss, dass der Rahmen dieser Straftatbestände an die technologischen Entwicklungen angepasst werden kann. Darüber hinaus unterstreicht Empfehlung 10 die Gefahr, dass diese Straftatbestände missbräuchlich dazu genutzt werden, um strafrechtliche Verfahren anzustrengen, die nicht auf die Verfolgung eines tatsächlichen Falls von Hassrede abzielen, sondern auf die Unterdrückung der Kritik an der offiziellen Politik, der politische Opposition oder religiöser Überzeugungen. Ebenso wird in der Empfehlung die Bedeutung dessen anerkannt, dass sich jene, die Ziel von Hassrede sind, an den diesbezüglichen Verfahren beteiligen können.

172. In Empfehlung 10 wird die Notwendigkeit hervorgehoben, für diese Straftatbestände Sanktionen vorzusehen, welche die schwerwiegenden Folgen berücksichtigen, mit denen der Gebrauch von Hassrede einhergehen kann. Gleichzeitig wird betont, dass jede in einem bestimmten Fall verhängte Sanktion mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Einklang stehen muss, da die Nichtbeachtung dieses Grundsatzes selbst die Basis für eine Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung bilden kann. Zwar sollten laut Empfehlung 10 nur in Ausnahmefällen strafrechtliche Sanktionen auferlegt werden, gleichwohl wird in der Empfehlung anerkannt, dass die Verhängung von Sanktionen, die unter angemessenen Voraussetzungen erfolgen sollte, nicht dadurch vereitelt werden darf, dass die Ermittlungen oder die Verfahren auf mangelhafte Weise durchgeführt werden. Aus diesem Grunde unterstreicht die Empfehlung, dass die Wirksamkeit der Ermittlungen und Verfahren überwacht werden muss. Da diese Wirksamkeit oftmals von einer guten Zusammenarbeit und Koordination zwischen den beteiligten Behörden (darunter auch Behörden anderer Staaten) und von der geeigneten Schulung ihrer Vertreter abhängt, weist Empfehlung 10 darauf hin, dass die Mitgliedsstaaten besonderes Augenmerk auf diese Aspekte lenken sollten.

Strafrechtlich relevante Umstände

173. Zu den relevanten Faktoren, mithilfe derer bestimmt werden kann, ob der Urheber von Hassrede strafrechtlich haftbar gemacht werden kann, zählen die schwerwiegende Natur der Äußerung – nämlich wenn sie zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen aufstacheln soll oder nach vernünftigem Ermessen angenommen werden muss, dass sie diese Wirkung erzielt – und die Tatsache, dass sie im öffentlichen Rahmen getätigt wurde. Wie die obigen Ziffern, die sich mit der Definition von Hassrede beschäftigen, deutlich machen,[92] geht der erste genannte Faktor weiter als der in Ziffer 18 a bis f der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 dargelegte strafrechtliche Rahmen, da auch dann eine strafrechtliche Haftung vorgesehen ist, wenn fahrlässig in Kauf genommen wird, dass der Gebrauch von Hassrede zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen führt, und nicht nur dann, wenn ein diesbezüglicher Vorsatz erkennbar ist. Auch wenn es keine Voraussetzung ist, dass Drohungen – im Gegensatz zu den anderen in der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 angeführten Handlungen – im öffentlichen Rahmen geäußert werden, um eine strafrechtliche Haftung für den Urheber nach sich zu ziehen, ist laut Empfehlung 10 dagegen ein öffentlicher Kontext erforderlich, damit eine solche Haftung entsteht.

174. Es obliegt jedem Mitgliedsstaat, in seinem Strafrecht diese Haftung zu definieren. Insbesondere kann es möglich sein, sich eher auf Bestimmungen allgemeinerer Art zu stützen, etwa jene hinsichtlich Beleidigung, und nicht auf Bestimmungen, die sich speziell mit dem Gebrauch von Hassrede beschäftigen. Von wesentlicher Bedeutung ist jedoch, dass es – abgesehen von der Voraussetzung, dass die beiden oben genannten Faktoren erfüllt sein müssen – eine oder mehrere Bestimmung(en) tatsächlich ermöglichen, im Hinblick auf jedes der verschiedenen Elemente, die laut dieser Empfehlung Formen von Hassrede sind, den Urheber der Äußerung haftbar zu machen. In diesem Zusammenhang wird auf die im Rahmen der Monitoring-Prüfungsrunden registrierte Beobachtung hingewiesen, dass dies hinsichtlich der strafrechtlichen Haftung für die in Ziffer 18 der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 angeführten unterschiedlichen Handlungen nicht immer der Fall war. Infolge von Lücken in der Gesetzgebung konnten in manchen Fällen Personen, die anscheinend solche Handlungen begangen haben, nicht verfolgt werden. Wenn andere Straftatbestände als jene, die sich speziell mit dem Gebrauch von Hassrede beschäftigen, die Basis für die Strafverfolgung bilden, ist es überdies wichtig, dass dadurch nicht die Bedeutung der fraglichen Handlung vermindert wird, weder im Hinblick auf den Schweregrad, der ihr beigemessen wird, noch auf die Sanktionen, die verhängt werden können. Zwar ist es an sich bereits erstrebenswert, schwere Fälle von Hassrede zu sanktionieren, ein solches Vorgehen hat jedoch den zusätzlichen Vorteil, dass dadurch unterstrichen wird, dass Hassrede in einer demokratischen Gesellschaft nicht hinnehmbar ist. Dieser Vorteil sollte darum nicht durch eine nicht angemessene Einschätzung der Handlung verloren gehen.

Formulierung der Straftatbestände

175. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass die relevanten Bestimmungen unmissverständlich und präzise formuliert sind, andernfalls ist wahrscheinlich eine juristische Unsicherheit darüber die Folge, wie weit der Rahmen der verbotenen Handlungen reicht. Dies könnte wiederum zu Beschwerden führen, dass eine nicht vom Gesetz vorgesehene Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung vorliegt und somit – trotz der Vereinbarkeit der verhängten strafrechtlichen Sanktion mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung – eine Verletzung von Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention besteht (sowie möglicherweise des in Artikel 7 verankerten Verbots von Strafen ohne Gesetz). Bei der Formulierung der relevanten Bestimmungen ist es deshalb angebracht, die oben angeführten Begriffsbestimmungen gebührend zu berücksichtigen, um Hassrede im Sinne der Empfehlung zu definieren.[93]

176. Besonderes Augenmerk sollte in diesem Zusammenhang auch darauf gelegt werden, die relevanten Erwägungen für die Verhängung strafrechtlicher Sanktionen in einem bestimmten Fall von Hassrede unmissverständlich und präzise zu formulieren. Diese Erwägungen sind (a) ob tatsächlich ein Vorsatz vorliegt, zu Gewalttaten, Einschüchterungen, Feindseligkeiten oder Diskriminierungen aufzustacheln, oder die Wahrscheinlichkeit einer solchen Aufstachelung besteht,[94] und (b) ob keine andere, weniger restriktive Maßnahme ebenso wirksam wäre, um der Hassrede entgegenzutreten (etwa durch zivil- und verwaltungsrechtliche Haftung).[95]

177. Des Weiteren sollte bei der Formulierung der relevanten Bestimmungen unbedingt vermieden werden, zusätzlich zu den bereits genannten weitere Kriterien als Voraussetzung für eine strafrechtliche Haftung einzuführen, etwa die Störung der öffentlichen Ordnung, die Größe des Zielpublikums für die Äußerung oder das Ausmaß der Verbreitung. Diese Kriterien können zwar bei der Einschätzung dienlich sein, ob die Gefahr einer Aufstachelung nach vernünftigem Ermessen vorherzusehen ist, in den Monitoring-Prüfungsrunden wurde allerdings festgestellt, dass zusätzliche Hindernisse für das Erzielen einer Verurteilung geschaffen wurden, wenn jedes dieser Kriterien als Voraussetzung für eine strafrechtliche Haftung vorliegen muss.

178. Unmissverständlichkeit und Präzision sind zwar wesentlich, gleichwohl sollte die Formulierung zur genauen Beschreibung der verschiedenen Ausdrucksformen, durch die Hassrede geäußert wird, ausreichend offen sein, um an die technologische Entwicklung angepasst werden zu können. Diese Formulierungen sollten sich deshalb nicht nur auf die derzeit bekannten Ausdrucksformen stützen (zum Beispiel Printmedien oder Soziale Medien), sondern das Wesen einer Äußerung in den Mittelpunkt stellen und somit in der Lage sein, mögliche künftige Formen zu umfassen.

179. Zusätzlich zur Auferlegung einer strafrechtlichen Haftung auf der oben genannten Grundlage ist es ebenfalls angebracht, weitere Haftungsgrundlagen festzulegen. Diese werden in den Ziffern 18g und 20 der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 angeführt, nämlich die Gründung oder Führung einer Gruppe, die Rassismus fördert, die Unterstützung einer solchen Gruppe und die Beteiligung an ihren Aktivitäten mit der Absicht, sich an strafrechtlich bewehrter Hassrede zu beteiligen, sowie die absichtliche Anstiftung, Unterstützung, Beihilfe zu einer derartigen Äußerung oder der Versuch einer strafrechtlich relevanten Hassrede. In diesen Fällen eine Haftung festzulegen, würde die Reichweite der in dieser Empfehlung verwendeten Definition von Hassrede widerspiegeln, aber auch die Haftung, die aus versuchten, nicht vollständig ausgeführten Handlungen entsteht, welche üblicherweise Teil strafrechtlicher Tatbestände sind. Im Einklang mit Ziffer 22 der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 sollte ebenfalls deutlich gemacht werden, dass sowohl natürliche als auch juristische Personen strafrechtlich haftbar gemacht werden können. Die potenzielle Haftung juristischer Personen ist von Bedeutung, da Unternehmen als Vehikel für die Verbreitung von Hassrede dienen können.[96]

Verhinderung missbräuchlich angestrengter Verfahren

180. Empfehlung 10 berücksichtigt die bereits genannte Sorge über die Gefahr, dass die strafrechtliche Haftung missbräuchlich dazu genutzt wird, um Kritik an der offiziellen Politik, die politische Opposition oder religiöse Überzeugungen zu unterdrücken.[97] Die Unannehmbarkeit einer solchen missbräuchlichen Nutzung sollte aus den oben genannten Voraussetzungen für die Feststellung einer strafrechtlichen Haftung hervorgehen. Allerdings wäre es angebracht, diesen Aspekt zu unterstreichen, indem in den einschlägigen Gesetzen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass diese Straftatbestände nicht auf die Kritik an der offiziellen Politik, die politische Opposition oder religiöse Überzeugungen bezogen werden dürfen. Angesichts der Besorgnis, dass die Verbote des Gebrauchs von Hassrede unverhältnismäßig und ungerechtfertigt gegen jene verwendet werden könnten, die sie eigentlich schützen sollten,[98] wäre es ebenso angebracht, Leitlinien für Strafverfolgungsbehörden und Staatsanwälte auszuarbeiten, in denen auf diese mögliche Gefahr aufmerksam gemacht wird. Diese Leitlinien sollten außerdem die Verpflichtung zu einer regelmäßigen Überprüfung enthalten, ob Unterschiede bei der Einleitung von Strafverfahren in Abhängigkeit davon bestehen, welche besonderen Merkmale die mutmaßlichen Urheber von Hassrede aufweisen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass sich diese Merkmale nicht auf die Einleitung solcher Verfahren auswirken.

Einbeziehung der Opfer von Hassrede

181. Empfehlung 10 unterstreicht überdies, dass es wichtig ist, jenen, die Ziel von Hassrede sind, eine wirksame Beteiligung an den diesbezüglichen Strafverfahren zu ermöglichen. Diese Beteiligung sollte schon in der Phase der Ermittlungen gewährleistet sein, die infolge einer Beschwerde eingeleitet werden, und sich bis zum Abschluss des Verfahrens vor Gericht erstrecken. Von besonderer Bedeutung ist, dass diese Personen über den Fortschritt der Ermittlungen und jede dabei auftretende Schwierigkeit auf dem Laufenden gehalten werden. Sie sollten auch die Möglichkeit zur Stellungnahme haben, bevor die Einstellung von Ermittlungen oder Verfahren gegen den Urheber der Hassrede entschieden wird. Dieser Aspekt ist nicht nur entscheidend, um sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden über alle erforderlichen Informationen für eine solche Entscheidung verfügen, sondern auch um jenen, die Ziel von Hassrede sind, Vertrauen in das Justizsystem zu vermitteln. Zudem sollten die Opfer von Hassrede rechtzeitig über jegliche Gerichtsverhandlung informiert werden, und bei Zeugenaussagen sollte sichergestellt sein, dass ihre Würde gewahrt wird. Wenn die Möglichkeit einer Privatklage besteht, etwa aufgrund von Ehrverletzungen oder Verleumdung, muss darüber hinaus deutlich gemacht werden, wer das Recht hat, eine solche Klage einzureichen. Außerdem müssen die diesbezüglichen Vorschriften auf einheitliche Weise angewandt werden.

Sanktionen

182. Sowohl bei der Festlegung als auch bei der Verhängung von Sanktionen infolge einer Verurteilung aufgrund des Gebrauchs von Hassrede sind laut Empfehlung 10 zwei Aspekte zu berücksichtigen, nämlich die schwerwiegenden Folgen, mit denen der Gebrauch von Hassrede einhergeht, sowie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

183. Der erste Aspekt umfasst nicht nur die Folgen für jene, die direktes Ziel der Hassrede sind, sondern auch die Auswirkungen auf andere Mitglieder der Personengruppe, der das direkte Opfer angehört, sowie die mögliche schädliche Wirkung auf den allgemeinen Zusammenhalt der Gesellschaft. Die in diesen Fällen vorgesehenen Sanktionen müssen deshalb die Schwere dieser Folgen widerspiegeln und – wie in Ziffer 23 der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 dargelegt – sowohl angemessen als auch abschreckend sein, sodass sie den bereits entstandenen Schaden berücksichtigen und einer Wiederholung vorbeugen. Die Sanktionen können in einer Freiheits- oder Geldstrafe sowie in der Beschlagnahme und Einziehung der fraglichen Publikationen bestehen. Sie können indes auch von der als unzulässig beurteilten Handlung abhängen und etwa Folgendes beinhalten: vorübergehende Aberkennung politischer Rechte, Verpflichtung zum Besuch einer oder mehrerer Holocaust-Gedenkstätte(n) oder Verpflichtung zu irgendeiner Form praktischer Wiedergutmachung für den Schaden, den eine Personengruppe durch den Gebrauch der Hassrede erlitten hat.

184. Wenn allerdings tatsächlich eine Sanktion verhängt wird, muss dabei auch die Gefahr berücksichtigt werden, dass sie – in Anbetracht der besonderen Umstände dieses Falles – eine ungerechtfertigte Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung mit sich bringen könnte. Zwar hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte keinen prinzipiellen Einwand gegen die Auferlegung von Geld- oder Freiheitsstrafen, die Einziehung einer Publikation und die Aberkennung politischer Rechte erhoben,[99] gleichwohl hat er in manchen Fällen entschieden, dass die Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe eine unverhältnismäßige Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung ist.[100] Auch wenn das Für und Wider jedes einzelnen Falles abgewogen werden muss, ist es unwahrscheinlich, dass Freiheits- und hohe Geldstrafen als mit dem in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Recht auf freie Meinungsäußerung vereinbar beurteilt werden, wenn es sich nicht um einen besonders schwerwiegenden Fall von Hassrede handelt. Andererseits ist es in den meisten Fällen wenig wahrscheinlich, dass verhältnismäßig geringe, aber dennoch wirksame Geldstrafen und andere Sanktionen, die zu einer Haltungsänderung führen können – etwa die Verpflichtung zu praktischer Wiedergutmachung gegenüber jenen, die Ziel der Hassrede waren –, als unverhältnismäßig und somit unzulässig angesehen werden.

Wirksamkeit der Untersuchungen und der Strafverfolgung

185. Die Wichtigkeit, die in Empfehlung 10 der Überwachung der Wirksamkeit der Untersuchung von Beschwerden und der Strafverfolgung der Urheber beigemessen wird, zeugt von den Mängeln, die im Rahmen der Monitoring-Prüfungsrunden in dieser Hinsicht festgestellt wurden. Obwohl es Fälle gibt, in denen die Strafverfolgungsmaßnahmen gegen die Urheber von Hassrede wirksam sind, wird in zahlreichen anderen Fällen auf strafrechtliche Maßnahmen voreilig verzichtet, weshalb sehr wenige der bei den Behörden eingebrachten Beschwerden zu Gerichtsverfahren führen. In jenen Fällen, in denen es tatsächlich zu Gerichtsverfahren kommt, scheint die Rate tatsächlicher Verurteilungen zudem oftmals zu gering und die verhängte Sanktion nicht immer dem Schweregrad der fraglichen Äußerung angemessen. Dieser anscheinend geringe Erfolg strafrechtlicher Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassrede in jenen Fällen, in denen ein solches Vorgehen indes angebracht ist, beruht auf mehreren Faktoren. Dazu zählen: (a) das Versäumnis mancher Polizeibeamter, die Verstöße ernst zu nehmen und rasch zu handeln; (b) mangelnde Befähigung zur Erhebung und Analyse von Beweismaterial; (c) eine allzu umfassende Sichtweise des vom Recht auf freie Meinungsäußerung garantierten Schutzes (die nicht mit dem Ansatz des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang steht) und/oder eine zu enge Auslegung der Straftatbestandskriterien (zum Beispiel die Aufstachelung zum Hass); (d) das erfolglose Bestreben, nicht mehr gültige Verurteilungsvoraussetzungen festzustellen; (e) das Versäumnis, den Fall von Hassrede ausreichend, systematisch und wirksam zu untersuchen; (f) die Bereitstellung von Ressourcen für Ermittlungen gegen religiöse Fundamentalisten statt gegen Extremisten, die durch Rassismus und andere Aspekte von Hassrede motiviert sind; (g) Streitigkeiten über die territoriale Zuständigkeit von Behörden für einen bestimmten Fall; (h) die Einstufung der Straftatbestände als gewöhnliche Straftaten, um vorgegebene Ziele im Hinblick auf Verurteilungsraten zu erreichen; (i) die Immunität, die Politiker genießen; sowie (j) möglicherweise mangelnde Überparteilichkeit einzelner Mitglieder des mit der Beurteilung des Falles betrauten Geschworenengremiums.

186. Aufgrund einiger dieser Mängel hat auch der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung eine Verletzung der Artikel 4 und 6 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung festgestellt. Dies betraf vor allem das Versäumnis, Beschwerden mit der nötigen Sorgfalt und Raschheit zu untersuchen[101] und Einschränkungen des Rechtes auf freie Meinungsäußerung in Betracht zu ziehen.[102]

187. Diese Mängel bei der Bearbeitung von Beschwerden über den angeblichen Gebrauch von Hassrede senden unweigerlich das Signal an die Allgemeinheit, dass Hassrede nicht ernst genommen wird und ungeahndet bleibt. Es reicht deshalb nicht aus, Straftatbestände im Hinblick auf den Gebrauch von Hassrede festzulegen. Ebenso muss sorgfältig und regelmäßig überwacht werden, wie Beschwerden über mutmaßliche Fälle von Hassrede untersucht, ob die Urheber gesetzlich verfolgt und welche Gerichtsurteile ausgesprochen werden. Dadurch kann das Vorgehen entsprechend angepasst und gewährleistet werden, dass in allen Fällen, in denen dies angebracht ist, die Urheber tatsächlich gesetzlich verfolgt und verurteilt werden.

188. Das grundlegende Ziel jeder Untersuchung sollte es sein, die wirksame Anwendung der relevanten Gesetze zu gewährleisten und sicherzustellen, dass jene, die sich möglicherweise einer Straftat schuldig gemacht haben, zur Verantwortung gezogen werden. Diese Untersuchungen sollten eingeleitet werden, sobald die Behörde von einem Fall Kenntnis erlangt, und somit nicht unbedingt von einer offiziellen Beschwerde abhängen. Bei Fällen, die den Gebrauch von Hassrede betreffen, ist dieser Punkt von besonderer Bedeutung, da jene, die Ziel der Äußerungen sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit zögern, eine Beschwerde einzubringen. Jegliche Untersuchung sollte auf geeignete Weise durchgeführt werden, das heißt sie sollte es ermöglichen, das Vorliegen eines Straftatbestands festzustellen und die Verantwortlichen zu identifizieren. Alle angemessenen Maßnahmen müssen getroffen werden, um das Beweismaterial zu sichern, darunter Augenzeugenberichte, relevante Dokumente oder elektronisches Material. Dieser Vorgang sollte rasch erfolgen und von angemessener Dauer sein. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass die Untersuchung und deren Ergebnisse der öffentlichen Kontrolle unterworfen sind, damit die Behörden ihre Rechenschaftspflicht wahrnehmen und das Vertrauen der Allgemeinheit erhalten bleibt. Dazu gehört – wie oben erwähnt –,[103] die Beschwerdeführer über den Fortschritt der Untersuchung auf dem Laufenden zu halten und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben, bevor die Einstellung von Ermittlungen oder Verfahren gegen den Urheber der Hassrede entschieden wird. Schließlich sollte die Schlussfolgerung der Untersuchung und jede Entscheidung zur Eröffnung eines Strafverfahrens auf einer gründlichen, objektiven und unparteiischen Analyse des gesamten verfügbaren Beweismaterials basieren.

189. Zu den Maßnahmen, die zu treffen sind, um die Wirksamkeit der Ermittlungen und Strafverfahren im Falle des Gebrauchs von Hassrede zu erhöhen, zählen: (a) die Schaffung der Möglichkeit, Fälle von Hassrede online zu melden; (b) die regelmäßige Analyse des weiteren Vorgehens nach Beschwerden über den Gebrauch von Hassrede ab dem Zeitpunkt der polizeilichen Aufnahme, um zu bewerten, ob die Beschwerdeführer eine angemessene Antwort erhielten; (c) die systematische Überwachung von Hassrede im Internet, damit diesbezügliche Untersuchungen nicht ausschließlich aufgrund von Beschwerden eingeleitet werden; (d) die Schaffung von Experteneinheiten mit geeigneten technischen und personellen Ressourcen, die für die Ermittlungen und Strafverfahren im Falle des Gebrauchs von Hassrede zuständig sind; (e) eine entschlossene Reaktion auf den Gebrauch von Hassrede durch Politiker und andere Personen des öffentlichen Lebens, damit sich die Allgemeinheit nicht ermutigt fühlt, es ihnen gleichzutun; (f) die Aufhebung der Immunität von Politikern im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Hassrede; und (g) die Einleitung eines Dialogs, die Schaffung gegenseitigen Vertrauens und die Entwicklung von Zusammenarbeit mit den Personengruppen, die Ziel der Hassrede sind, um ihr Vertrauen zu gewinnen und das Bewusstsein für ihre Rechte zu erhöhen.

190. Empfehlung 10 erkennt ebenfalls an, dass die Wirksamkeit der im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Hassrede eröffneten Strafverfahren von drei weiteren Faktoren abhängt:

191. Erstens von der Tatsache, dass die verschiedenen Akteure und insbesondere die Polizei- und Strafverfolgungsbehörden über geeignete Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und Koordination ihrer Tätigkeit verfügen. Dies kann auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden, jedenfalls zweckdienlich in dieser Hinsicht ist die Einrichtung guter Kommunikationskanäle zwischen den Behörden. Überdies sollten die Leiter der Behörden gemeinsam signalisieren, dass die Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Hassrede, gegebenenfalls mithilfe von Strafverfahren, für jede der beteiligten Behörden von hoher Priorität ist.

192. Zweitens müssen alle Akteure des Strafrechtssystems in geeigneter Weise geschult sein, damit sie beurteilen können, ob eine bestimmte Äußerung den Gebrauch von Hassrede umfasst und ob es, wenn dies der Fall ist, mit Rücksicht auf das Recht auf freie Meinungsäußerung eine angemessene Reaktion wäre, strafrechtliche Sanktionen zu verhängen. Diese Schulung sollte den Betroffenen zudem ein allgemeines Bewusstsein für die Folgen von Hassrede für die Opfer sowie für die Gefahr vermitteln, die Hassrede für die gesamte Gesellschaft birgt. Je nach Zuständigkeit der einzelnen Behörde sollten überdies Maßnahmen getroffen werden, um ihre Möglichkeiten zur Erhebung und Bewertung von Beweismaterial zu stärken, das für die Eröffnung eines Strafverfahrens und für die Entscheidung des Gerichts in Fällen von Hassrede relevant ist. Den Richtern sollten des Weiteren Leitlinien darüber zur Verfügung stehen, welcher Ansatz bei der Festsetzung der Sanktionen infolge einer Verurteilung zu verfolgen ist. In allen Fällen würde der Austausch bewährter Praktiken dazu beitragen, diese Schulungen zu verbessern und die Schaffung der genannten Möglichkeiten zu erleichtern, insbesondere wenn manche Akteure des Strafrechtssystems über größere Erfahrung bei der Bearbeitung von Fällen von Hassrede verfügen als andere.

193. Drittens wird Hassrede über Landesgrenzen hinweg verbreitet. Folglich können die diesbezüglichen Verfahren in manchen Fällen scheitern, da die Hassrede aus einer Quelle stammt, die außerhalb des Hoheitsgebiets und der Gerichtsbarkeit eines bestimmten Mitgliedsstaats liegt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Verbreitung über das Internet erfolgt. Zwar stehen in diesen Fällen keine einfachen Lösungen zur Verfügung, besonders wenn sich die Internetserver in Ländern befinden, in denen keine vergleichbaren Anforderungen im Hinblick auf Hassrede herrschen als jene, die in der Empfehlung gestellt werden; dennoch kann die Zusammenarbeit mit den Behörden dieser Staaten dazu führen, dass Maßnahmen zur Eindämmung dieser grenzüberschreitenden Verbreitung eingeleitet werden. Diese Zusammenarbeit kann darüber hinaus Informationen liefern, welche die Einleitung von Strafverfahren gegen jene ermöglichen, die innerhalb des Mitgliedsstaates an der Verbreitung beteiligt waren. Es ist deshalb von wesentlicher Bedeutung, dass jeder Mitgliedsstaat – entsprechend dem Beispiel einiger unter ihnen – angemessene Möglichkeiten schafft, um die Zusammenarbeit zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Verbreitung von Hassrede zu erleichtern. Die Zusammenarbeit sollte nicht nur jeden einzelnen Mitgliedsstaat, sondern auch jene Staaten umfassen, die nicht Mitglied des Europarates sind, aber gemeinsam diese Verbreitung bekämpfen möchten.

Anhang

Im Hinblick auf Hassrede wurden folgende Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates bzw. Empfehlungen und Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates verabschiedet:

Ministerkomitee

Empfehlung Nr. R (92) 19 des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten über Videospiele mit rassistischem Inhalt;

Empfehlung Nr. R (97) 20 des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten über „Hassrede“;

Empfehlung Nr. R (97) 21 des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten über die Medien und die Förderung einer Kultur der Toleranz;

Empfehlung CM/Rec(2010)5 des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten über Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität.

Parlamentarische Versammlung

Empfehlung 1277 (1995) über Migranten, ethnische Minderheiten und die Medien;

Empfehlung 1543 (2001) über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Datennetzen;

Empfehlung 1706 (2005) über Medien und Terrorismus;

Empfehlung 1768 (2006) über das Bild von Asylsuchenden, Migranten und Flüchtlingen in den Medien;

Empfehlung 1805 (2007) über Blasphemie, Beleidigung aus religiösen Gründen und Hetzreden gegen Personen aufgrund ihrer Religion;

Empfehlung 2052 (2014) über Maßnahmen gegen Erscheinungsformen von Neonazismus und Rechtsextremismus.

Entschließung 1345 (2003) über rassistische, fremdenfeindliche und intolerante Äußerungen in der Politik;

Entschließung 1510 (2006) über freie Meinungsäußerung und Achtung religiöser Überzeugungen;

Entschließung 1563 (2007) über die Bekämpfung des Antisemitismus in Europa;

Entschließung 1577 (2007) über die Entkriminalisierung der Verleumdung;

Entschließung 1605 (2008) über die europäischen muslimischen Gemeinschaften in der Auseinandersetzung mit dem Extremismus;

Entschließung 1728 (2010) über Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität;

Entschließung 1743 (2010) über Islam, Islamismus und Islamfeindlichkeit in Europa;

Entschließung 1754 (2010) über die Bekämpfung des Extremismus: Erfolge, Defizite und Misserfolge;

Entschließung 1760 (2010) über die jüngste Zunahme der Debatten über nationale Sicherheit in Europa: der Fall der Roma;

Entschließung 1846 (2011) über die Bekämpfung aller Arten von Diskriminierung, die auf der Religion beruhen;

Entschließung 1877 (2012) über den Schutz der Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet und in den Online-Medien;

Entschließung 1928 (2013) über die Wahrung der Menschenrechte im Zusammenhang mit Religion und Überzeugung sowie den Schutz religiöser Gemeinschaften vor Gewalt;

Entschließung 1948 (2013) über die Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität;

Entschließung 1967 (2014) über eine Strategie zur Verhinderung von Rassismus und Intoleranz in Europa;

Entschließung 2011 (2014) über Maßnahmen gegen Erscheinungsformen von Neonazismus und Rechtsextremismus;

Entschließung 2069 (2015) über das Erkennen und Verhindern von Neorassismus.

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[1] Da alle Menschen derselben Spezies angehören, lehnt die ECRI Theorien ab, die sich auf die Existenz verschiedener „Rassen“ gründen. In dieser Empfehlung verwendet die ECRI jedoch diesen Begriff, um sicherzustellen, dass die Menschen, die allgemein und fälschlicherweise als Angehörige einer „anderen Rasse“ bezeichnet werden, nicht von dem durch die Empfehlung vorgesehenen Schutz ausgeschlossen werden.
[2] Laut der Definition der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 13 der ECRI ist Romafeindlichkeit eine spezifische Form von Rassismus, eine Ideologie, die auf einer rassischen Überlegenheit gründet, eine Form von Entmenschlichung und des institutionellen Rassismus, der auf historischer Diskriminierung basiert, und die sich unter anderem durch Gewalt, Hassrede, Ausbeutung, Stigmatisierung und die offenkundigsten Formen der Diskriminierung ausdrückt.
[3] Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 7. Darin wird Diskriminierung aufgrund der Abstammung, Überzeugung, des biologischen oder sozialen Geschlechts, der Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung nicht ausdrücklich genannt, die Liste der angeführten Gründe ist jedoch nicht vollständig und die Bestimmungen der Allgemeinen politischen Empfehlung können mutatis mutandis auch auf andere persönliche Eigenschaften und Statusmerkmale angewandt werden.
[4] Artikel 3 des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
[5] Yogyakarta-Prinzipien zur Anwendung internationaler Menschenrechtsnormen in Bezug auf sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität.
[6] Grundsatz 12.1 der Camden-Grundsätze zu Meinungsfreiheit und Gleichheit.
[7] Bericht des Sonderberichterstatters für die Förderung und den Schutz des Rechts auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, A/67/357, 7. September 2012, Ziffer 44.
[8] Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 7. Obwohl sich die Definition der Rassendiskriminierung in Artikel 1 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung nicht auf Religion bezieht, erkennt der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung unter Berücksichtigung des Prinzips der Intersektionalität an, dass rassistische Hassrede auch Äußerungen umfasst, die „auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen abzielen, die sich zu einer Religion bekennen oder sie praktizieren, die sich von der Mehrheitsreligion unterscheidet, darunter Äußerungen von Islamophobie, Antisemitismus und ähnliche Ausdrucksformen von Hass gegen ethno-religiöse Gruppen, sowie extreme Ausdrucksformen von Hass wie Aufstachelung zu Völkermord und Terrorismus“. Allgemeine Empfehlung Nr. 35 zur Bekämpfung rassistischer Hassrede, CERD/C/GC/35, 26. September 2013, Ziffer 6.
[9] Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 13.
[10] Yogyakarta-Prinzipien.
[11] Bericht des Sonderberichterstatters für die Förderung und den Schutz des Rechts auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, A/67/357, 7. September 2012, Ziffer 44.
[12] Siehe zum Beispiel Jersild gegen Dänemark [GK], Nr. 15890/89, 23. September 1994, Sürek und Özdemir gegen die Türkei [GK], Nr. 23927/94, 8. Juli 1999, Giniewski gegen Frankreich, Nr. 64016/00, 31. Januar 2006, Alves da Silva gegen Portugal, Nr. 41665/07, 20. Oktober 2009 und Fáber gegen Ungarn, Nr. 40721/06, 24. Juli 2012.
[13] Siehe zum Beispiel Féret gegen Belgien, Nr. 15615/07, 16. Juli 2007 und Vejdeland und andere gegen Schweden, Nr. 1813/07, 9. Februar 2012.
[14] Zum Inhalt des Rabat-Aktionsplans siehe nachstehend Ziffer 59.
[15] „Das Gesetz sollte folgende absichtlich begangenen Handlungen unter Strafe stellen: (a) öffentliche Aufstachelung zu Gewalt, Hass und Diskriminierung, (b) öffentliche Beleidigung und Verleumdung oder (c) Drohungen gegen eine Person oder Personengruppierung aufgrund ihrer Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationalen oder ethnischen Herkunft.“
[16] Siehe zum Beispiel Zana gegen die Türkei [GK], Nr. 18954/91, 25. November 1997 und Sürek gegen die Türkei (Nr. 1) [GK], Nr. 26682/95, 8. Juli 1999.
[17] Hassdelikte sind Verbrechen, die durch Voreingenommenheit oder Vorurteile gegen eine bestimmte Personengruppe motiviert sind; http://hatecrime.osce.org/what-hate-crime.
[18] Siehe zum Beispiel C. Bakalis: Cyberhate: An issue of continued concern for the Council of Europe’s Anti-Racism Commission [Cyberhass: Anlass zu anhaltender Besorgnis für die Antirassismuskommission des Europarates] (auf Englisch), Europarat, 2015
[19] Faurisson gegen Frankreich, Mitteilung Nr. 550/1993, Feststellungen vom 8. November 1996. Bezug nehmend auf diesen Fall hat der Menschenrechtsausschuss allerdings erklärt, dass „Gesetze, durch welche die Äußerung von Meinungen zu historischen Fakten geahndet werden, unvereinbar mit den Verpflichtungen sind, die der Pakt den Vertragsstaaten im Zusammenhang mit der Achtung der Meinungsfreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung auferlegt. Der Pakt erlaubt nicht das generelle Verbot der Äußerung einer falschen Meinung oder einer inkorrekten Auslegung vergangener Ereignisse. Der Meinungsfreiheit sollten in keinem Fall Einschränkungen auferlegt werden, und im Hinblick auf die Freiheit der Meinungsäußerung sollten Einschränkungen nicht weiter reichen als jene, die laut Ziffer 3 zulässig oder laut Artikel 20 erforderlich sind“; – mit den Einschränkungen, die laut Artikel 19(3) zulässig sind (Allgemeiner Kommentar Nr. 34 – Artikel 19: Meinungsfreiheit und Freiheit der Meinungsäußerung, Ziffer 49).
[20] Ross gegen Kanada, Mitteilung Nr. 736/1997, Feststellungen vom 18. Oktober 2000.
[21] A W P gegen Dänemark, Mitteilung Nr. 1879/2009, Entscheidung vom 1. November 2013. Der Ausschuss hat ebenso geurteilt, dass die Fakten im Hinblick auf die angebliche Verletzung von Artikel 20(2) im Falle Vassilari gegen Griechenland, Mitteilung Nr. 1570/2007, Feststellungen vom 19. März 2009, nicht hinreichend belegt sind; Abdelfattah Amor, Ahmad Amin Fathalla und Bouzid Lazhari haben hinsichtlich dieses Falles jedoch eine abweichende Ansicht geäußert.
[22] Jüdische Gemeinde von Oslo und andere gegen Norwegen, Mitteilung Nr. 30/2003, Meinung vom 15. August 2005.
[23] Adan gegen Dänemark, Mitteilung Nr. 43/2008, Meinung vom 13. August 2010. Im Falle Gelle gegen Dänemark, Mitteilung Nr. 34/2004, Meinung vom 6. März 2006, wurde ebenso die Unterlassung einer Untersuchung festgestellt, die einer Verletzung von Artikel 4 gleichkommt.
[24] TBB – Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e.V. gegen Deutschland, Mitteilung Nr. 48/2010, Meinung vom 26. Februar 2013.
[25] Siehe zum Beispiel Pawel Iwanow gegen Russland (Entscheidung), Nr. 35222/04, 20. Februar 2007, und Norwood gegen das Vereinigte Königreich (Entscheidung), Nr. 23131/03, 16. November 2004.
[26] Siehe zum Beispiel W P gegen Polen (Entscheidung), Nr. 42264/98, 2. September 2004, und M’Bala M’Bala gegen Frankreich (Entscheidung), Nr. 25239/13, 20. Oktober 2015
[27] Siehe zum Beispiel Glimmerveen und Hagenbeek gegen die Niederlande (Entscheidung), Nr. 8438/78, 11. Oktober 1979. Siehe auch Jersild gegen Dänemark [GK], Nr. 15890/89, 23. September 1994, Ziffer 35.
[28] Siehe zum Beispiel Honsik gegen Österreich (Entscheidung), Nr. 25062/94, 18. Oktober 1995, Marais gegen Frankreich (Entscheidung), Nr. 31159/96, 24. Juni 1996, Lehideux und Isorni gegen Frankreich [GK], Nr. 24662/94, 23. September 1998, Ziffer 47, Garaudy gegen Frankreich (Entscheidung), Nr. 65831/01, 24. Juni 2003, Witzsch gegen Deutschland (Entscheidung), Nr. 7485/03, 13. Dezember 2005 sowie M’Bala M’Bala gegen Frankreich (Entscheidung), Nr. 25239/13, 20. Oktober 2015. Cf. Perinçek gegen die Schweiz [GK], Nr. 27510/08, 15. Oktober 2015. In dem Urteil stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass keine internationale Verpflichtung besteht, die Leugnung von Völkermord als solche zu verbieten und dass eine strafrechtliche Verurteilung aufgrund einer derartigen Leugnung nicht gerechtfertigt ist, wenn nicht ein Aufruf zu Hass und Intoleranz, ein Kontext starker Spannungen, besondere historische Umstände oder signifikante Folgen für die Würde der betroffenen Gemeinschaft vorliegen (Ziffer 280).
[29] Siehe die in den Fußnoten 12 und 13 angeführten Fälle sowie Hennicke gegen Deutschland (Entscheidung), Nr. 34889/97, 21. Mai 1997, Incal gegen die Türkei [GK], Nr. 22678/93, 9. Juni 1998, Lehideux und Isorni gegen Frankreich [GK], Nr. 24662/94, 23. September 1998, Witzsch gegen Deutschland (Entscheidung), Nr. 41448/98, 20. April 1999, Karataş gegen die Türkei [GK], Nr. 23168/94, 8. Juli 1999, Erdoğdu und İnce gegen die Türkei [GK], Nr. 25067/94, 8. Juli 1999, Özgür Gündem gegen die Türkei, Nr. 23144/93, 16. März 2000, Şener gegen die Türkei, Nr. 26680/95, 18. Juli 2000, Le Pen gegen Frankreich (Entscheidung), Nr. 55173/00, 10. Mai 2001, Osmani gegen „die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien“, Nr. 50841/99, 11. Oktober 2001, Gunduz gegen die Türkei (Entscheidung), Nr. 59745/97, 13. November 2003, Gunduz gegen die Türkei, Nr. 35071/97, 4. Dezember 2003, Seurot gegen Frankreich (Entscheidung), Nr. 57383/00, 18. Mai 2004, Maraşli gegen die Türkei, Nr. 40077/98, 9. November 2004, Dıcle gegen die Türkei, Nr. 34685/97, 10. November 2004, Gumus und andere gegen die Türkei, Nr. 40303/98, 15. März 2005, Alinak gegen die Türkei, Nr. 40287/98, 29. März 2005, İ A gegen die Türkei, Nr. 42571/98, 13. September 2005, Han gegen die Türkei, Nr. 50997/99, 13. September 2005, Koç und Tambaş gegen die Türkei, Nr. 50934/99, 21. März 2006, Aydin Tatlav gegen die Türkei, Nr. 50692/99, 2. Mai 2006, Erbakan gegen die Türkei, Nr. 59405/00, 6. Juli 2006, Güzel gegen die Türkei (Nr. 2), Nr. 65849/01, 27. Juli 2006, Düzgören gegen die Türkei, Nr. 56827/00, 9. November 2006, Yarar gegen die Türkei, Nr. 57258/00, 19. Dezember 2006, Üstün gegen die Türkei, Nr. 37685/02, 10. Mai 2007, Birdal gegen die Türkei, Nr. 53047/99, 2. Oktober 2007, Nur Radyo Ve Televizyon Yayıncılığı A Ş gegen die Türkei (Entscheidung), Nr. 6587/03, 27. November 2007, Demirel und Ateş gegen die Türkei, Nr. 10037/03, 29. November 2007, Özgür Radyo-Ses Radyo Televizyon Yayın Yapım Ve Tanıtım A Ş. gegen die Türkei, Nr. 11369/03, 14. Dezember 2007, Soulas und andere gegen Frankreich, Nr. 15958/03, 10. Juli 2008, Balsytē-Lideikienē gegen Litauen, Nr. 72596/01, 4. November 2008, Leroy gegen Frankreich, Nr. 36109/03, 2. Oktober 2008, Özer gegen die Türkei, Nr. 871/08, 26. Januar 2010, Willem gegen Frankreich, Nr. 10883/05, 16. Juli 2009, Dink gegen die Türkei, Nr. 2668/07, 14. September 2010, sowie Perinçek gegen die Schweiz [GK], Nr. 27510/08, 15. Oktober 2015.
[30] Siehe zum Beispiel Ouranio Toxo und andere gegen Griechenland, Nr. 74989/01, 20. Oktober 2005, Begheluri und andere gegen Georgien, Nr. 28490/02, 7. Oktober 2014, Karaahmed gegen Bulgarien, Nr. 30587/13, 24. Februar 2015, sowie Identoba und andere gegen Georgien, Nr. 73235/12, 12. Mai 2015.
[31] Siehe zum Beispiel Opuz gegen die Türkei, Nr. 33401/02, 9. Juni 2009.
[32] Aksu gegen die Türkei [GK], Nr. 4149/04, 15. März 2012. Siehe auch Church of Scientology gegen Schweden (Entscheidung), Nr. 8282/78, 14. Juli 1980.
[33] Siehe die Liste der verschiedenen Empfehlungen und Entschließungen im Anhang.
[34] Bericht über die Beziehungen zwischen Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit: die Frage der Regulierung und Verfolgung von Blasphemie, religiöser Beleidigung und Aufstachelung zu religiösem Hass, CDL-AD(2008)026, 23. Oktober 2008 (auf Englisch).
[35] Gemäß Resolution 52/111, 18. Februar 1998.
[36] Ziffer 145.
[37] Ziffer 147(d).
[38] Gemäß Resolution 61/149, 19. Dezember 2006.
[39] 24. April 2009, Ziffer 69.
[40] Ebd., Ziffer 75.
[41] Ebd., Ziffern 60 und 99.
[42] Siehe zum Beispiel diese Berichte: A/HRC/26/50, 10. April 2014, A/HRC/26/49, 6. Mai 2014 und A/HRC /29/47, 13. April 2015.
[43] Siehe nachstehend Ziffer 59.
[44] Siehe A/HRC/28/64, 5. Januar 2015.
[45] A/67/357, 7. September 2012.
[46] Ebd., Ziffer 76.
[47] Ebd.
[48] A/HRC/29/23, 4. Mai 2015, Ziffer 78.
[49] Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte über die Expertenworkshops zum Verbot der Aufstachelung zu nationalem, rassistischem oder religiösem Hass, A/HRC/22/17/Add.4, 11. Januar 2013, Ziffer 6 (auf Englisch).
[50] Ebd., Ziffer 12.
[51] Ebd., Anhang, Ziffer 29.
[52] Ebd., Anhang, Ziffern 42 bis 47.
[53] Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 5, Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung gegenüber Muslimen.
[54] Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 6, Bekämpfung der Verbreitung von rassistischem, fremdenfeindlichem und antisemitischem Gedankengut durch das Internet.
[55] Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 9, Bekämpfung des Antisemitismus.
[56] Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 10, Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung im und durch Schulunterricht.
[57] Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 13, Bekämpfung von Romafeindlichkeit und der Diskriminierung von Roma.
[58] Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 7, Nationale Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung.
[59] Die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 9 übernimmt grosso modo diese Formulierung, außer dass sie sich auf die „jüdische Identität oder Herkunft“ statt auf „Rasse, Hautfarbe“ usw. bezieht und auch das öffentliche Leugnen, Trivialisieren, Rechtfertigen oder Beschönigen der Schoah sowie die Schändung und Entweihung von jüdischem Eigentum und Denkmälern aus antisemitischen Gründen umfasst. Darüber hinaus raten die beiden Allgemeinen politischen Empfehlungen, die öffentliche Verbreitung oder den öffentlichen Vertrieb, die Herstellung oder Lagerung zur öffentlichen Verbreitung oder zum öffentlichen Vertrieb von Schrift-, Bild- oder anderem Material, das Äußerungen enthält, welche die oben genannten Straftatbestände erfüllen, ebenso mit Strafe zu bewehren wie die Gründung oder Führung einer Gruppe, die Rassismus oder Antisemitismus fördert, die Unterstützung einer solchen Gruppe und die Beteiligung an ihren Aktivitäten mit dem Vorsatz, sich an den oben genannten strafbaren Handlungen zu beteiligen.
[60] Siehe obenstehend Ziffer 43.
[61] Siehe B. Lucas, Methods for monitoring and mapping online hate speech, GSDRC Helpdesk Research Report 1121, 2014.
[62] Siehe J. van Dijk, J. van Kesteren und P. Smit, Criminal Victimisation in International Perspective: Key Findings from the 2004–2005 Icvs and EU ICS, 2007.
[63] LGBT-Erhebung in der EU – Erhebung unter Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen in der Europäischen Union: Ergebnisse auf einen Blick, Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, 2014. Darin wurden unter anderem die Belästigungen aufgezeigt, denen diese Gruppen ausgesetzt sind.
[64] Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 4, Ziffer 9: „Berichte über subjektiv erfahrene Diskriminierung sind verlässliche Indikatoren, insbesondere wenn sie vor dem Hintergrund anderer Informationen wie Arbeitslosenstatistik, Polizeiberichte, vorgebrachte Beschwerden usw. beurteilt werden.“
[65] Siehe die in der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 10, Abschnitte II und III, vorgeschlagenen Maßnahmen.
[66] Vorgelegt von den Außenministern des Europarats anlässlich der 118. Sitzung des Ministerkomitees, 7. Mai 2008.
[67] Laut Empfehlung der Resolution 16/18 des Menschenrechtsrates: Bekämpfung von Intoleranz, negativer Stereotypisierung, Stigmatisierung, Diskriminierung, Aufstachelung zu Gewalt und Gewalt gegen Personen aufgrund der Religion oder der Weltanschauung (24. März 2011), Ziffer 5(a) (auf Englisch).
[68] Ebd., Ziffer 5(b).
[69] Laut der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 11, Ziffer 1, bedeutet rassische Profilbildung „die ohne objektive und vernünftige Begründung erfolgende polizeiliche Berücksichtigung von Merkmalen wie Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft im Rahmen von Kontrollen, Überwachungen oder Ermittlungen“.
[70] Zur Notwendigkeit, die Profilbildung zu unterbinden, siehe zum Beispiel den Bericht des Sonderberichterstatters für zeitgenössische Formen von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz, A/HRC/29/46, 20. April 2015 (auf Englisch).
[71] Siehe diesbezüglich die detaillierten Empfehlungen in Abschnitt III der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 10.
[72] Siehe zum Beispiel die Literaturübersicht in: I. Dzelme, Psychological Effects of Hate Crime – Individual Experience and Impact on Community (Attacking Who I am) A qualitative study [Psychologische Folgen von Hassdelikten – Individuelle Erfahrung und Auswirkungen auf die Gemeinschaft (Angriff auf mein Ich): Eine qualitative Studie] (auf Englisch), Lettisches Zentrum für Menschenrechte, 2008. Dies wird auch in den Bestimmungen der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI anerkannt.
[73] Siehe auch die Erklärung der ECRI über den Einsatz rassistischer, antisemitischer und fremdenfeindlicher Elemente im politischen Diskurs (verabschiedet am 17. März 2005).
[74] Siehe Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 12, Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung im Sport.
[75] Etwa die „Bewährten Praktiken gegen Cyberhass“ der Anti-Defamation League (ADL), die Facebook, Google, Microsoft, Soundcloud, Twitter, Yahoo, YouTube und andere Soziale Netzwerke unterzeichnet haben.
[76] Siehe auch Ethischer Journalismus und Menschenrechte, Menschenrechtskommissar des Europarates (auf Englisch, CommDH[2011]40, 8. November 2011).
[77] Delfi AS gegen Estland [GK], Nr. 64569/09, 16. Juni 2015.
[78] Cf. Magyar Tartalomszolgáltatók Egyesülete und Index.hu Zrt gegen Ungarn, Nr. 22947/13, 2. Februar 2016. In diesem Fall war die Tatsache, dass keine Hassrede gebraucht wurde, ein Faktor bei der Entscheidung, dass die Haftbarmachung eines Unternehmens für Kommentare, die auf seinem Internetportal geäußert wurden, einer Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung gleichkommt.
[79] Siehe zum Beispiel Andreas Wabl gegen Österreich, Nr. 24773/94, 21. März 2000, Nordisk Film & TV A/S gegen Dänemark, Nr. 40485/02, 8. Dezember 2005, Keller gegen Ungarn (Entscheidung), Nr. 33352/02, 4. April 2006, sowie Peta Deutschland gegen Deutschland, Nr. 43481/09, 8. November 2012.
[80] Cf. die unzulässige Sperrung von Inhalten, die in den Fällen Yildirim gegen die Türkei, Nr. 3111/10, 18. Dezember 2012, und Cengız und andere gegen die Türkei, Nr. 48226/10, 1. Dezember 2015, als Verstoß gegen Artikel 10 gewertet wurden.
[81] Artikel 17 bzw. 5.
[82] Siehe die „Gemeinsamen Leitlinien zur Vereinigungsfreiheit“ der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) und des OSZE-Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (2014), Ziffer 48.
[83] Zum Beispiel M. A. gegen Italien, Mitteilung Nr. 117/1981, 10. April 1984.
[84] Zum Beispiel Vona gegen Ungarn, Nr. 35943/10, 9. Juli 2013.
[85] Association nouvelle des Boulogne Boys gegen Frankreich (Entscheidung), Nr. 6468/09, 22. Februar 2011.
[86] Zum Beispiel Refah Partisi („Wohlfahrtspartei“) und andere gegen die Türkei [GK], Nr. 41340/98, 13. Februar 2003, sowie Kalifatstaat gegen Deutschland (Entscheidung), Nr. 13828/04, 11. Dezember 2006.
[87] Zum Beispiel Sidiropoulos und andere gegen Griechenland, Nr. 26695/95, 10. Juli 1998, Vereinte mazedonische Organisation Ilinden und andere gegen Bulgarien, Nr. 59491/00, 19. Januar 2006, Tourkiki Enosi Xanthis und andere gegen Griechenland, Nr. 26698/05, 27. März 2008, sowie Bürgervereinigung Radko & Paunkovski gegen „die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien“, Nr. 74651/01, 15. Januar 2009.
[88] Siehe diese Leitlinien der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) und des OSZE-Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte: „Leitlinien zur Parteienregulierung“ (2011, Ziffern 89 bis 96) und „Leitlinien zur Vereinigungsfreiheit“ (2014, Ziffern 247 bis 256).
[89] Siehe Refah Partisi („Wohlfahrtspartei“) und andere gegen die Türkei [GK], Nr. 41340/98, 13. Februar 2003, Ziffern 101 und 111 bis 115.
[90] Siehe zum Beispiel die Schlussfolgerung im Fall Sozialistische Partei und andere gegen die Türkei [GK], Nr. 21237/93, 25. Mai 1998, wonach die Reden eines ehemaligen Vorsitzenden nicht als Nachweis für unzulässige Ziele der Partei und somit nicht als Grundlage für ihre Auflösung gelten können.
[91] Siehe zum Beispiel die Ziffern 10 und 74 der Empfehlung CM/Rec(2007)14 des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten über den rechtlichen Status von Nichtregierungsorganisationen in Europa.
[92] Siehe obenstehend Ziffern 14 bis 18.
[93] Siehe obenstehend Ziffern 8 bis 21.
[94] Siehe die Schlussfolgerung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall M’Bala M’Bala gegen Frankreich (Entscheidung), Nr. 25239/13, 20. Oktober 2015, dass eine als Kunst getarnte, eklatante Zurschaustellung von Hass und Antisemitismus ebenso gefährlich wie ein direkter und unvorhersehbarer Angriff ist und somit nicht den in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Schutz genießt.
[95] Siehe die Schlussfolgerung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Lehideux und Isorni gegen Frankreich [GK], Nr. 24662/94, 23. September 1998, dass „angesichts der Verfügbarkeit anderer Möglichkeiten zur Intervention und Widerlegung, insbesondere durch zivilrechtliche Mittel“ (Ziffer 57) eine strafrechtliche Verurteilung nicht verhältnismäßig war.
[96] Zum Beispiel folgte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Sürek gegen die Türkei (Nr. 1) [GK], Nr. 26682/95, 8. Juli 1999, nicht dem Argument, dass der Besitzer einer Zeitschrift von jeder strafrechtlichen Haftung für den Inhalt von Briefen, die in der Zeitschrift veröffentlicht wurden, befreit werden sollte, weil er nur in kommerzieller Beziehung zu der Zeitschrift stand und keine redaktionelle Funktion innehatte. Nach Ansicht des Gerichtshofs besaß er als Besitzer die Befugnis, die redaktionelle Linie der Zeitschrift zu bestimmen und teilte somit „indirekt die ‚Pflichten und Verantwortlichkeiten’, die den Redakteuren und Journalisten bei der Erhebung und Verbreitung von Informationen gegenüber der Öffentlichkeit zukommen und denen in einer Konflikt- und Spannungslage umso größere Bedeutung beizumessen ist“ (Ziffer 63).
[97] Siehe obenstehend Ziffern 62 bis 64.
[98] Siehe obenstehend Ziffer 64.
[99] Siehe zum Beispiel Zana gegen die Türkei [GK], Nr.18954/91, 25. November 1997 (Freiheitsstrafe von einem Jahr), Hennicke gegen Deutschland (Entscheidung), Nr. 34889/97, 21. Mai 1997, Sürek gegen die Türkei (Nr. 1) [GK], Nr. 26682/95, 8. Juli 1999 („eine verhältnismäßig geringe Geldstrafe“; Ziffer 64), Incal gegen die Türkei [GK], Nr. 22678/93, 9. Juni 1998 (Einziehung, auch wenn in diesem Fall nicht angewandt) sowie Féret gegen Belgien, Nr. 15615/07, 16. Juli 2007 (Aberkennung des passiven Wahlrechts für zehn Jahre, die allerdings laut der abweichenden Ansicht einiger Richter nicht verhältnismäßig war).
[100] Siehe zum Beispiel Karataş gegen die Türkei [GK], Nr. 23168/94, 8. Juli 1999 (Freiheitsstrafe von einem Jahr, einem Monat und zehn Tagen sowie Geldstrafe von 111 111 110 türkischen Lira), Aydin Tatlav gegen die Türkei, Nr. 50692/99, 2. Mai 2006 (Geldstrafe von 2 640 000 türkischen Lira) sowie Sürek und Özdemir gegen die Türkei [GK], Nr. 23927/94, 8. Juli 1999 (Beschlagnahme der Exemplare der Zeitschrift, welche die fraglichen Publikationen enthielten).
[101] L K gegen die Niederlande, Mitteilung Nr. 4/1991, Meinung vom 16. März 1993, Gelle gegen Dänemark, Mitteilung Nr. 34/2004, Meinung vom 6. März 2006, Adan gegen Dänemark, Mittelung Nr. 43/2008, Meinung vom 13. August 2010, sowie TBB – Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e.V. gegen Deutschland, Mitteilung Nr. 48/2010, Meinung vom 26. Februar 2013.
[102] Jüdische Gemeinde von Oslo und andere gegen Norwegen, Mitteilung Nr. 30/2003, Meinung vom 15. August 2005, sowie TBB – Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e.V. gegen Deutschland, Mitteilung Nr. 48/2010, Meinung vom 26. Februar 2013.
[103] Siehe obenstehend Ziffer 181.

Zuletzt aktualisiert am September 17, 2021 von eurogesetze

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