ECRI-BERICHT ÜBER ÖSTERREICH (fünfte Prüfungsrunde) Veröffentlicht am 13. Oktober 2015

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ECRI-BERICHT ÜBER ÖSTERREICH (fünfte Prüfungsrunde)

Verabschiedet am 16. Juni 2015
Veröffentlicht am 13. Oktober 2015

Vorwort

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) wurde vom Europarat ins Leben gerufen. Sie ist ein unabhängiges Gremium, das über die Einhaltung der Menschenrechte wacht, wenn es um Fragen von Rassismus und Intoleranz geht. Die Mitglieder der Kommission sind unabhängig und unparteiisch. Sie werden aufgrund ihrer moralischen Autorität und ihres anerkannten Sachverstands in Fragen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz ernannt.

Im Rahmen ihres satzungsmäßigen Auftrags erstellt ECRI für jedes Land Länderberichte, in denen die Situation in Bezug auf Rassismus und Intoleranz in jedem Mitgliedstaat des Europarates analysiert und Vorschläge zur Lösung der aufgezeigten Probleme unterbreitet werden.

Bei diesen Länderberichten werden alle Mitgliedsstaaten des Europarats gleich behandelt. Die Arbeit findet in Fünfjahreszyklen statt und deckt 9-10 Staaten pro Jahr ab. Die Berichte der ersten Runde wurden Ende 1998 abgeschlossen, jene der zweiten Runde Ende 2002 und jene der dritten Runde Ende 2007 und jene der vierten Runde wurden Anfang 2014 abgeschlossen. Die Arbeit an der fünften Runde begann im November 2012.

Die Arbeitsmethode besteht in der Durchsicht schriftlicher Unterlagen, einem Kontaktbesuch in dem betreffenden Land und einem anschließenden vertraulichen Gespräch mit den Staatsbehörden.

Die ECRI-Berichte sind nicht das Ergebnis von Auskunftsersuchen oder Zeugenbefragungen. Ihre Feststellungen beruhen auf einer Vielzahl von Informationen aus den verschiedensten Quellen. Zahlreiche nationale und internationale schriftliche Quellen werden gesichtet. Die Besuche vor Ort ermöglichen direkte Gespräche mit den betroffenen (staatlichen und nichtstaatlichen) Stellen, um ein genaueres Bild zu bekommen. Die Praxis vertraulicher Gespräche mit den Staatsbehörden gestattet es diesen, notfalls Bemerkungen zum Berichtsentwurf einzureichen, um etwaige Irrtümer tatsächlicher Art im Bericht zu berichtigen. Zum Abschluss der Gespräche steht es den Staatsbehörden frei zu verlangen, dass ihr Standpunkt dem Schlussbericht von ECRI als Anhang beigeheftet wird.

Die fünfte Runde der Länderberichte konzentriert sich auf vier Themen, die alle Mitgliedstaaten betreffen: (1) Rechtsfragen, (2) Hassreden, (3) Gewalt, (4) Integrationspolitik und eine Reihe von Unterthemen, die mit einem dieser vier Themen verbunden sind. In diesem Zusammenhang werden in der fünften Prüfungsrunde auch die nach der vierten Prüfungsrunde gemachten Empfehlungen nachverfolgt, die nicht oder nur teilweise umgesetzt wurden.

Im Rahmen der fünften Prüfungsrunde wird erneut eine beschleunigte Umsetzung für zwei konkrete Empfehlungen gefordert, die in dem Bericht gemacht wurden. Spätestens zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Berichts wird ECRI in Bezug auf diese zwei Empfehlungen ein Verfahren zur vorläufigen Weiterverfolgung durchführen.

Der folgende Bericht wurde von ECRI in voller Eigenverantwortung erstellt. Er erstreckt sich auf die Situation, wie sie am 20. März 2015 bestand. Alle Entwicklungen nach diesem Zeitpunkt werden von der folgenden Analyse weder abgedeckt noch bei den Schlussfolgerungen und Vorschlägen von ECRI in Betracht gezogen.

ZUSAMMENFASSUNG

Seit der Verabschiedung des vierten ECRI-Berichts über Österreich am 15. Dezember 2009 wurden in einer Reihe von Bereichen Fortschritte erzielt.

Die österreichischen Behörden sind dabei, die strafrechtlichen Bestimmungen gegen Rassismus und Intoleranz zu verbessern. Sie erwägen auch die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über Computerkriminalität. Gemäß dem Regierungsprogramm von 2013 soll die Durchsetzung des Rechts auf Gleichbehandlung evaluiert werden, und eine neue Gesetzesvorlage hat zum Ziel, den Schutz vor Diskriminierung auszuweiten. Seit 2012 hat die Volksanwaltschaft ein ausdrückliches, in der Verfassung verankertes Mandat, Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen seitens staatlicher Stellen zu untersuchen.

Die Polizei und die Staatsanwaltschaft haben beträchtliche Ressourcen für Ermittlungen im Bereich der Hassrede eingesetzt und die Menschenrechtsbildung ihrer Mitarbeiter intensiviert. Im Herbst 2014 fand ein interministerieller Gipfel zur Bekämpfung von Hassrede statt, und die Regierung hat mehrere Kampagnen für eine ausgewogene Debatte über Migration und Ausländer durchgeführt. In Umsetzung einer ECRI-Empfehlung wurde der österreichische Presserat in 2010 wieder ins Leben gerufen. Einige Medien haben bei der Bekämpfung von Hassrede eine wichtige Rolle gespielt, und Google hat Vorschriften über das Entfernen von Hassrede im Internet erlassen.

2010 wurde der allererste Nationale Aktionsplan für Integration verabschiedet. Um dessen Wirkung zu messen, haben die Behörden ein System mit 25 Integrationsindikatoren entwickelt. Die jährlichen Umfragen zur Einstellung der Bürger zum Thema Integration zeigen Verbesserungen. Der Expertenrat für Integration führt regelmäßig Evaluierungen durch und unterbreitet Verbesserungsvorschläge wie zum Beispiel zur Stärkung des Konzepts „Integration von Anfang an“. Ein kostenloses verpflichtendes Vorschuljahr wurde eingeführt und Kinder mit Migrationshintergrund profitieren von einer Sprachförderung in den Kindergärten.

2010 führte Österreich auch das Rechtsinstitut der eingetragenen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare ein. Seither haben die Gerichte mehrere diskriminierende Bestimmungen aufgehoben und die Voraussetzungen für eine rechtliche Anerkennung des wahren Geschlechts von Transgender-Personen gesenkt. Die Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen ist mit der Aufgabe betraut, Diskriminierung zu eliminieren und ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem alle Menschen gleichberechtigt leben können. Die Lebensbedingungen für LGBT-Personen verbessern sich.

ECRI begrüßt diese positiven Entwicklungen in Österreich. Ungeachtet dieser Fortschritte geben einige Themenfelder Anlass zur Sorge.

Österreich hat das Protokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention nicht ratifiziert. Mehrere Strafrechtsnormen stellen lediglich nationalsozialistisch, nicht aber alle rassistisch motivierten Taten unter Strafe. Die hohe Zahl der Antidiskriminierungsgesetze und -institutionen unterminiert deren Wirksamkeit. Das Gleichbehandlungsgesetz des Bundes enthält kein eindeutiges Verbot jeglicher Diskriminierung; auch sieht es keine Verpflichtung aller staatlichen Stellen zur Förderung der Gleichbehandlung vor. Außerhalb des Bereichs der Beschäftigung verbietet es lediglich die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der ethnischen Zugehörigkeit. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft ist nicht vollständig unabhängig. Sie verfügt nicht über die Befugnis, Rechtsbeistand zu leisten und Opfer in Gerichtsverfahren zu vertreten.

In letzter Zeit ist die Antipathie gegenüber Migranten erheblich gestiegen. Mehrere politische Parteien und andere Organisationen kultivieren und verbreiten rassistisches, fremdenfeindliches und neonationalistisches Gedankengut. Hassreden insbesondere von Politikern wird nicht systematisch entgegengetreten. Eine neue Generation rechtsextremer Organisationen ist entstanden und andere durchlaufen eine Radikalisierung. 2013 wurden auf der Webseite der Polizei für die Meldung von Nazi-Aktivitäten 1.900 Vorfälle registriert. Es gab mehrere rassistische Übergriffe, die von Gruppen von Tätern begangen wurden.

Bestimmte Medien veröffentlichen eindeutig rassistische Inhalte und respektieren die Entscheidungen des Presserats nicht; die Mitglieder schutzbedürftiger Gruppen erhalten zu wenig Raum, um ihre Ansichten in den Medien darzulegen. Internetforen werden nicht systematisch daraufhin kontrolliert, dass sie keine Hassrede enthalten; solche Inhalte wurden auch auf den Internetseiten des Bundespräsidenten und mehrerer Minister veröffentlicht. Es gibt keine offizielle Statistik über homophobe und transphobe Vorfälle; zahlreiche rassistische, homo- und transphobe Handlungen werden nicht zur Anzeige gebracht.

Viele Personen, die aus Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) stammen, haben die Schule lediglich bis zum Ende der Schulpflicht besucht. Sie sind häufiger arbeitslos und von Armut betroffen als der Rest der Bevölkerung. Die Schulen stellen nicht sicher, dass alle Kinder mit Migrationshintergrund angemessene Deutschkenntnisse erwerben. Das Islamgesetz von 2015 enthält mehrere kontroverse Einschränkungen der Religionsfreiheit, und im Asylbereich wird der Grundsatz der „Integration von Anfang an“ nicht angewendet. Die Dialogplattform für Roma, die 2012 eingerichtet wurde, verwendet nach wie vor einen erheblichen Teil ihrer Ressourcen auf die Bestandsaufnahme. Es gibt weiterhin ein erhebliches Maß an Racial Profiling und polizeilichem Fehlverhalten insbesondere gegenüber Schwarzen.

Es gibt nur wenig offizielle statistische Daten und Forschung zu LGBT-Personen, die ein vergleichsweise hohes Maß an Diskriminierung erleben. Junge LGBT-Personen werden Opfer von Mobbing und erhalten während ihres Coming-Out nicht ausreichend Unterstützung. Auf Bundesebene gibt es keine ganzheitliche Herangehensweise an LGBT-Angelegenheiten. Die öffentliche Hand hat keine gesetzlichen Regelungen für spezifische Transgender-Themen geschaffen. Nicht alle ungerechtfertigten Unterschiede in der rechtlichen Behandlung verheirateter und eingetragener gleichgeschlechtlicher Paare wurden abgeschafft.

In diesem Bericht fordert ECRI die Behörden auf, in einigen Bereichen Maßnahmen zu ergreifen. In diesem Kontext spricht sie eine Reihe von Empfehlungen aus, u.a. die nachstehenden.

Österreich sollte das Protokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention ratifizieren. Die Behörden sollten das Straf-, Zivil- und Verwaltungsrecht in Einklang mit den Standards von ECRI bringen und das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität ratifizieren.* Die zahlreichen Antidiskriminierungsgesetze und ­‑institutionen sollten zusammengelegt werden, um den Schutz der Diskriminierungsopfer zu verbessern.[*] Die Gleichbehandlungsanwaltschaft sollte vollständig unabhängig sein und die Befugnis erhalten, Opfer vor Gericht zu vertreten.

Die Behörden sollten ein IT-basiertes System für die Registrierung und Verfolgung rassistischer, homo- und transphober Vorfälle einrichten. Die vorhandenen gesetzlichen Normen sollten strikter anwenden werden, um die Aktivitäten von Organisationen einzudämmen, die rassistische Ideologien propagieren. Insbesondere während Wahlkämpfen sollte Hassrede systematisch bekämpft und verurteilt werden. Die Behörden sollten die Medien dazu aufrufen, ihre Selbstregulierung zu stärken und den Angehörigen schutzbedürftiger Gruppen mehr Raum zu geben, um ihre Ansichten zu äußern.

Die Schulverwaltung, aber auch die Arbeitsverwaltung, Gesundheitsbehörden und andere staatliche Stellen sollten Kernelemente der Integrationspolitik übernehmen. Der Grundsatz der „Integration von Anfang an“ sollte auch auf den Asylbereich angewendet werden. Die Behörden sollten sicherstellen, dass sich jede Einschränkung und unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf das Praktizieren des Islams im Rahmen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hält. Die Umsetzung der Roma-Strategie sollten sie beschleunigen. Die Volksanwaltschaft sollte Hinweise auf Fehlverhalten seitens der Polizei untersuchen.

Die Behörden sollten auf Bundesebene eine Stelle damit beauftragen, einen Aktionsplan für LGBT-Personen zu entwickeln. Sie sollten Forschung und Datenerhebung zu den Lebensbedingungen von LGBT-Personen initiieren, gesetzliche Regelungen für Transgender-Angelegenheiten schaffen und erneut prüfen, ob alle verbleibenden Unterschiede in den gesetzlichen Regelungen für verheiratete und eingetragene gleichgeschlechtliche Paare gerechtfertigt sind. Schließlich sollten sie für die notwendige Unterstützung und den Schutz jugendlicher LGBT-Personen sorgen.

ERGEBNISSE UND EMPFEHLUNGEN

Finding and Recommendations

I. Allgemeine Themen

1. Gesetzgebung gegen Rassismus[2] und Rassendiskriminierung

– Protokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)

1. Österreich hat das Protokoll Nr. 12 zur EMRK, das am 4. November 2000 angenommen wurde, zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert. Wie bei den vorausgegangenen Prüfungsrunden gaben die Behörden an, sie beabsichtigten keine Ratifizierung des Protokolls, um nicht zur Arbeitsbelastung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte beizutragen. Außerdem hätten sie vor einer Ratifizierung gerne eine Klärung des Anwendungsbereichs des Protokolls.

2. ECRI ist der Meinung, der beste Weg, um eine Mehrbelastung des EGMR zu verhindern, sei sicherzustellen, dass es auf nationaler Ebene keine Verletzungen des Rechts auf Gleichbehandlung gibt. Im Hinblick auf den Anwendungsbereich von Protokoll Nr. 12 hat der Gerichtshof wiederholt erklärt, er sehe keinen Grund, im Kontext von Artikel 1 von Protokoll Nr. 12 von seiner etablierten Auslegung des Gedankens der Diskriminierung abzuweichen.[3]

3. ECRI wiederholt ihre Empfehlung an die Behörden, das Protokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention zu ratifizieren.

– Strafrecht

4. ECRI hat bereits bei vier Anlässen überprüft, ob die österreichische Gesetzgebung in Einklang steht mit ihrer Allgemeine Politikempfehlung Nr. 7 über die nationale Gesetzgebung gegen Rassismus und Rassendiskriminierung. Aus diesem Grund wird sie sich in diesem fünften Bericht nur mit den weiterhin bestehenden Mängeln befassen.

5. ECRI begrüßt die Änderungen, die an § 283 des Strafgesetzbuchs (StGB) über Anstiftung zu Gewalt und Hass vorgenommen wurden. Wohingegen bis 2011 § 283 StGB lediglich Handlungen unter Strafe stellte, die die öffentliche Ordnung stören konnten, stellt nun § 283 StGB auch die Anstiftung zu Hass unter Strafe, die einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ist (einschließlich Hassrede im Internet). ECRI stellt mit Zufriedenheit fest, dass die Behörden beabsichtigen, die Anzahl der Personen, die eine „breite Öffentlichkeit“ ausmacht, für die Zwecke dieser Bestimmung von 150 auf 10-30 zu senken, da Hassrede auch bei kleineren Zusammenkünften rassistischer Organisationen bekämpft werden muss.[4] Des Weiteren wurde der Grund der sexuellen Orientierung in § 283 StGB aufgenommen. Diese Bestimmung befindet sich jedoch nicht in völligem Einklang mit § 18a der Allgemeinen Politikempfehlung, da sie es nicht unter Strafe stellt, zur Diskriminierung oder zum Hass gegen eine bestimmte Person anzustiften.[5]

6. Im Hinblick auf rassistische Beleidigungen enthält § 283.2 StGB die zusätzliche Anforderung, dass die Menschenwürde der beleidigten Gruppe verletzt worden sein muss. Ungeachtet der eindeutigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs[6] zitieren einige Staatsanwälte und Gerichte immer noch alte Entscheidungen und Rechtsmeinungen, gemäß derer es erforderlich wäre, dass der Täter der Zielgruppe das Recht auf Leben abspricht.[7] Da dies nicht in Einklang steht mit Ziffer 18b der Empfehlung Nr. 7 und Ziffer 40 des Begründungstextes, vertritt ECRI die Meinung, dass diese Anforderung abgeschafft werden sollte.

7. Das Strafgesetzbuch stellt rassistische Drohungen nicht explizit unter Strafe (§ 18c von GPR Nr. 7).[8] §§ 3a bis g des Verbotsgesetzes von 1947 (VbtG) und § III.1.4. des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG) bestrafen die Verbreitung der nationalsozialistischen Ideologie; sie stellen jedoch nicht die öffentliche Meinungsäußerung anderer Ideologien mit rassistischem Ziel unter Strafe, die eine Überlegenheit einer Gruppierung von Personen behaupten oder eine Personengruppe herabsetzen oder verunglimpfen (Ziffer 18d von Empfehlung Nr. 7). § 3h VbtG deckt lediglich Ziffer 18e der Empfehlung Nr. 7 ab, da er nur das öffentliche Leugnen des nationalsozialistischen Holocausts und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Strafe stellt.[9] ECRI begrüßt die Tatsache, dass die Behörden erwägen, wie ECRI dies in ihrem 4. Prüfbericht empfohlen hat, das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität zu ratifizieren und das österreichische Strafrecht an Artikel 6 des Übereinkommens über den Straftatbestand der Leugnung von Genoziden und von Verbrechen gegen die Menschlichkeit ohne Einschränkung auf eine bestimmte Ideologie anzugleichen. ECRI erinnert daran, dass Ziffer 18e der Empfehlung Nr. 7 auch Kriegsverbrechen abdeckt; dieses Element sollte bei einer zukünftigen Überarbeitung des Strafrechts berücksichtigt werden.

8. § III.1.4 EGVG über die Verbreitung der nationalsozialistischen Ideologie, §§ 1 bis 4 Abzeichengesetz über die Verwendung von Uniformen und Symbolen verbotener Organisationen und § 283 StGB decken nur einen Teil von Ziffer 18f der Empfehlung Nr. 7 ab; dieser Abschnitt empfiehlt, nicht nur die öffentliche Verbreitung oder den Vertrieb, sondern auch die Produktion oder Lagerung jeglicher (und nicht nur nationalsozialistischer) schriftlicher, bildlicher oder anderer Materialien, die rassistische Äußerungen enthalten, unter Strafe zu stellen. § 3a VbtG stellt die Gründung oder Unterstützung von Neonazi-Organisationen unter Strafe. § 278 StGB stellt die Teilnahme an einer kriminellen Organisation unter Strafe. Dies deckt nur einen Teil von Ziffer 18g der Empfehlung Nr.7 ab, da nicht alle rassistischen Organisationen abgedeckt sind.

9. § 302.1 StGB bestraft Staatsbeamte, die ohne einen expliziten Bezug auf Rassismus ihre Befugnis missbrauchen; die §§ 24 und 37 Gleichbehandlungsgesetz (GIBG) bestrafen diskriminierende Stellen- und Wohnungsanzeigen und § III.1.3 EGVG bestraft die Verweigerung des Zugangs zu öffentlichen Plätzen und Diensten aufgrund rassistischer Motive. Es steht jedoch nicht jede Diskriminierung in der Ausübung der eigenen – privaten – Beschäftigung unter Strafe (Ziffer 18h der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7).

10. Nur die strafrechtlichen Bestimmungen, nicht aber die verwaltungsrechtlichen Bestimmungen über diskriminierende Stellen- und Wohnungsanzeigen sehen abschreckende Sanktionen vor. Letztere bieten nur eine Ermahnung für Ersttäter und ein Bußgeld von bis zu 360 Euro für Wiederholungstäter.[10] ECRI ist des Weiteren der Meinung, die Behörden sollten die Bestimmungen über nationalsozialistisch motivierte Straftaten – insbesondere VbtG, Abzeichengesetz und das EGVG – auf alle Formen rassistisch motivierter Handlungen ausweiten.

11. ECRI empfiehlt den Behörden, das Strafrecht in der in den vorstehenden Absätzen aufgeführten Weise in Übereinstimmung mit ECRIs Allgemeiner Politikempfehlung Nr. 7 zu bringen; insbesondere sollten sie (i) die Bestimmungen über nationalsozialistisch motivierte Straftaten auf alle rassistisch motivierten Handlungen ausweiten, (ii) die Lücken im Schutz vor Verhetzung zu Hass und Diskriminierung und öffentlichen rassistischen Beleidigungen und Verleumdungen schließen, (iii) die aus rassistischen Gründen begangene öffentliche Leugnung, Trivialisierung, Rechtfertigung oder Billigung von Kriegsverbrechen unter Strafe stellen (iv) die Herstellung und Lagerung aller bildlichen oder anderweitigen Materialien unter Strafe stellen, die rassistische Äußerungen enthalten, (v) jede Diskriminierung in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit unter Strafe stellen, und (vi) abschreckende Sanktionen für diskriminierende Stellen- und Wohnungsanzeigen vorsehen.

– Zivil- und Verwaltungsrecht

12. ECRI hat in ihrem 4. Bericht eine wesentliche Verbesserung im Bereich des Zivil- und Verwaltungsrechts zur Bekämpfung von Diskriminierung festgestellt. Gleichzeitig verlieh sie ihrer Sorge Ausdruck, dass die hohe Zahl von Antidiskriminierungsgesetzen deren Wirksamkeit unterminiere. Dieses fragmentierte rechtliche und institutionelle Umfeld ist auf die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Bundesländern zurückzuführen: der Bund ist für das Zivilrecht, das staatliche Schulwesen, das Beamtentum auf Bundesebene, Land- und Forstwirtschaft zuständig; alle anderen Angelegenheiten liegen bei den Bundesländern.[11] ECRI erhielt keine exakte Zahl der Antidiskriminierungsgesetze und -gremien; es gibt 35-60 Gesetze und ca. 50 Institutionen.[12] Die Zivilgesellschaft und unabhängige Gremien haben ECRI informiert, dass in Folge viele Opfer von Diskriminierung nicht wissen, an welches Gremium sie sich wenden können, um Hilfe zu erhalten. Der Schultyp würde z. B. bestimmen, ob ein Gremium des Bundes oder des Bundeslandes zuständig ist. Darüber hinaus verfolgen viele Opfer ihre Suche nach Hilfe nicht, wenn sie von einer nicht zuständigen Stelle an eine andere verwiesen werden. Viele Opfer, die außerhalb von Wien leben, trauen sich nicht, sich mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft in Wien per Telefon oder E-Mail in Kontakt zu setzen, da sie die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen. Da die Gleichbehandlungsanwaltschaft vor Ort keine Mitarbeiter hat, die sich mit Rassismus befassen, erhält sie außerhalb von Wien nur wenige Beschwerden.

13. ECRI begrüßt das wachsende Bewusstsein für diese Mängel.[13] Da sie sich durchaus der Schwierigkeiten bewusst ist, diesen rechtlichen und institutionellen Rahmen in einem föderalen Staat abzustimmen, ruft sie die Behörden auf, alle verfügbaren Möglichkeiten für eine Vereinfachung und Verbesserung zu prüfen. Dies kann das Zusammenlegen von Gesetzen und Institutionen auf Bundesebene und in jedem der Bundesländer; den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung unter § 15a Bundesverfassungsgesetz zwischen Bund und Ländern im Bereich der Bekämpfung von Diskriminierung; eine Angleichung in der Unterteilung der Beschäftigung im Bereich Diskriminierung in § 10 ff B-VG[14]; eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Gremien; eine bessere Aufklärung bezüglich ihrer Zuständigkeiten und die Ernennung eines regionalen Beauftragten für die Gleichbehandlungsanwaltschaft einschließen. Auf institutioneller Ebene sollte der Mehrwert der einzelnen Gremien geprüft werden. Ziel sollte es sein, die Hilfe für Diskriminierungsopfer zu optimieren und zu vereinfachen und die wenigen Mitarbeiter zu bündeln, die momentan auf verschiedene Institutionen aufgeteilt sind.[15] Alle diese Fragen könnten im Rahmen des laufenden Entwurfsprozesses für den ersten österreichischen Aktionsplan für Menschenrechte behandelt werden. Ein Schritt in die richtige Richtung wurde bereits vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, der Gleichbehandlungsanwaltschaft und der Zivilgesellschaft gemacht, die im Februar 2015 eine „Telefon-Hotline gegen Diskriminierung und Intoleranz“ eingerichtet haben.[16]

14. ECRI empfiehlt den Behörden, die verschiedenen Antidiskriminierungsgesetze und -institutionen des Bundes und der Länder zusammenzulegen, um den Schutz der Opfer von Rassismus und Diskriminierung zu verbessern.

15. Im Folgenden konzentriert sich die ECRI auf die verbleibenden Mängel in der Bundesgesetzgebung. Laut Ziffer 4 und 7 der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7 sollte das Recht Rassendiskriminierung wegen aller in Ziffer 1 der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7 aufgeführten Gründe definieren und verbieten. Wie im letzten Bericht von ECRI ausgewiesen, bezieht sich das Gleichbehandlungsgesetz nur auf die Gründe Geschlecht, „ethnische Zugehörigkeit“, Religion oder Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung. Aus den §§ 17.4, 31.4 und 43.3 GIBG kann indirekt abgeleitet werden, dass auch eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit verboten ist. Die Gründe „Rasse“, Hautfarbe, Sprache und Geschlechtsidentität fehlen.[17] Darüber hinaus ist außerhalb des Bereichs Beschäftigung das Diskriminierungsverbot auf zwei Gründe beschränkt: Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit (§ 30 GIBG). ECRI begrüßt die Ankündigung einer neuen Gesetzesvorlage, die eine Ausweitung dieses Schutzes zum Ziel hat.[18]

16. Laut Ziffer 7 der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7 sollte das Diskriminierungsverbot Anwendung auf alle öffentlichen und privaten Bereiche finden. Ein allgemeines Diskriminierungsverbot im öffentlichen Sektor kann aus den §§ 7.1 und 18.1 B-VG, § 1 Bundesgesetz über die Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung und Artikel 14 EMRK, der verfassungsrechtlichen Status genießt, abgeleitet werden.[19] Das GlBG findet jedoch nur auf bestimmte öffentliche Bereiche Anwendung, u.a. die soziale Absicherung und die Bildung (§ 30.2); außerdem wird nicht der gesamte Privatbereich abgedeckt (§§ 17ff). In Folge profitieren nicht alle Diskriminierungsopfer z. B. von einer Sonderregelung, die die Beweislast erleichtert, wie z. B. die in den §§ 26.12 und 38.3 GlBG.

17. ECRI ist der Meinung, dass ein klares Verbot jeglicher Diskriminierung im öffentlichen und Privatsektor wegen aller Gründe, die in Ziffer 1a der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7 aufgeführt sind, in das GlBG aufgenommen werden sollte.[20] Außerdem sollte das Recht den staatlichen Behörden die Pflicht auferlegen, positiv die Gleichbehandlung zu fördern, wenn sie ihre Funktionen wahrnehmen (Ziffer 8 der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7).

18. Segregation, die angekündigte Absicht der Diskriminierung und die Unterstützung einer Person, andere zu diskriminieren, werden in den §§ 19 und 32 GlBG nicht verboten (Ziffer 6 der Empfehlung Nr. 7). Die §§ 28 und 40 GIBG sehen vor, dass Unternehmen nur dann Subventionen erhalten dürfen, wenn sie das Diskriminierungsverbot einhalten. Laut §§ 84, 87, 68 und 19 Bundesvergabegesetz[21] müssen alle, die Aufträge der öffentlichen Hand erhalten sollen, die Arbeits- und Sozialgesetze erfüllen, einschließlich des Diskriminierungsverbots, das Teil der ADL und der ILO Konvention Nr. 111 ist. Es gibt jedoch keine Regelung hinsichtlich der Anforderung an die Vertragsnehmer, positiv die Gleichbehandlung zu fördern (Ziffer 9 der Empfehlung Nr. 7).[22]

19. Entschädigungen für Diskriminierung können weder bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft noch der Gleichbehandlungskommission geltend gemacht werden, sondern nur bei ordentlichen Gerichten.[23] Diskriminierungsopfer müssen die vollen Kosten dieser Gerichtsverfahren tragen; nur eine NRO, der Klagsverband, hat das Recht, in Gerichtsfälle einzugreifen.[24] Darüber hinaus sind die von den Gerichten zugesprochenen Entschädigungssummen gering; in mehreren Fällen wurden sie im Berufungsverfahren weiter gesenkt; am Ende des Tages beliefen sie sich auf gerade mal einige hundert Euro.[25] In Folge ist die Durchsetzung des GIBG unzureichend und es gibt keine ausreichende Rechtsprechung.[26] ECRI ist der Meinung, dass dieses Gesetz nicht in Einklang steht mit den Ziffern 10 und 12 ihrer Empfehlung Nr. 7, insbesondere im Hinblick auf die Entschädigung sowohl für materielle als auch immaterielle Schäden, da den Diskriminierungsopfern keine leicht zugängliche Methode zur Durchsetzung ihrer Rechte zur Verfügung steht. Darüber hinaus bietet das bestehende System keine wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen. ECRI begrüßt aus diesem Grund die Tatsache, dass das Regierungsprogramm 2013 die Verpflichtung enthält, die Durchsetzung des Rechts auf Gleichbehandlung zu evaluieren und dass die österreichische Volksanwaltschaft Verbesserungsvorschläge vorgelegt hat.[27]

20. Die Vorschriften über die Beweislast bei Diskriminierungsfällen erfüllt nicht Ziffer 11 der Empfehlung Nr. 7. Wenn das Opfer belegt, dass es eine Diskriminierung gegeben haben könnte, muss die Gegenpartei gemäß §§ 26.12 und 38.3 GlBG lediglich beweisen, dass ein anderes Motiv als Diskriminierung wahrscheinlicher den Ausschlag gegeben hat. In diesen Fällen erklärt die Empfehlung jedoch, es der Gegenpartei aufzuerlegen, vollständig zu beweisen, dass es keine Diskriminierung gegeben hat.[28]

21. Es gibt keine allgemeine Vorschrift, die eine Aussetzung der öffentlichen Finanzierung von Organisationen vorsieht, die Rassismus befürworten (Ziffer 16 der Empfehlung Nr. 7). Subventionen müssen jedoch zurückgezahlt werden, wenn die Bedingungen, unter denen sie gewährt wurden, nicht erfüllt werden. Darüber hinaus sind seit 2014 die Printmedien und ihre Verlage verpflichtet, öffentliche Gelder zu erstatten, wenn sie wegen § 283 StGB oder dem Verbotsgesetz verurteilt wurden. Seit 2010 gilt das gleiche für politische Parteien und deren Bildungseinrichtungen; sie sind verpflichtet, öffentliche Gelder zu erstatten, wenn diese in unrechtmäßiger Weise ausgegeben wurden.[29] § 29.1 Vereinsgesetz sieht vor, dass ein Verein aufgelöst werden kann, wenn die Bedingungen von Artikel 11.2 EMRK nicht erfüllt sind und wenn der Verein gegen das Strafrecht verstoßen hat.[30] Dies stimmt nicht völlig mit Ziffer 17 der Empfehlung Nr. 7 überein, laut der das Recht die Möglichkeit der Auflösung aller Organisationen vorsehen sollte, die sich für Rassismus einsetzen, selbst wenn sie nicht strafrechtlich auffällig geworden sind.

22. ECRI empfiehlt den Behörden, die Antidiskriminierungsgesetze in der in den vorstehenden Absätzen aufgeführten Weise in Übereinstimmung mit der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7 zu bringen; insbesondere sollten die Bundesbehörden (i) in das Gleichbehandlungsgesetz ein allgemeines Diskriminierungsverbot für den öffentlichen und privaten Sektor und alle Diskriminierungsgründe, einschließlich Staatsangehörigkeit, aufnehmen,
(ii) sicherstellen, dass die Opfer ihre Rechte auf einfache Weise durchsetzen können, (iii) sicherstellen, dass die Opfer eine angemessene Entschädigung erhalten, (iv) die Vorschriften über die Beweislast verstärken und (v) die Möglichkeit vorsehen, alle rassistischen Organisationen aufzulösen.

– Nationale Fachstellen [31]

23. Wie in Ziffer 34 ff. des 4.Berichts von ECRI beschrieben, wurde 2004 die Gleichbehandlungsanwaltschaft eingerichtet und das Mandat der Gleichbehandlungskommission erweitert. Zwei der drei Abteilungen der Gleichbehandlungsanwaltschaft befassen sich mit den Gründen, die unter das Mandat von ECRI fallen: Diskriminierung in der Beschäftigung im Privatsektor aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung und sexueller Orientierung; und die Diskriminierung in anderen Bereichen aufgrund von Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit. Die zweite und dritte Kammer der Gleichbehandlungskommission decken die gleichen Bereiche wie die zwei eben beschriebenen Abteilungen ab.

24. Das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft geben diesen Gremien die meisten der Funktionen und Zuständigkeiten, die im Grundsatz 3 der Empfehlung Nr. 2 über Fachorgane zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz auf nationaler Ebene enthalten sind.[32] Gemäß § 5.1 GBK/GAW-Gesetz kann die Gleichbehandlungsanwaltschaft Diskriminierungsopfer beraten und unterstützen. Opfer und die Gleichbehandlungsanwaltschaft können Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission einleiten. Die Hauptaufgabe der Gleichbehandlungskommission lautet, Stellungnahmen herauszugeben und über Einzelbeschwerden zu entscheiden. Die Gleichbehandlungskommission kann jedoch nur entscheiden, ob eine Diskriminierung stattgefunden hat oder nicht; sie ist nicht befugt, eine Entschädigung zuzusprechen oder Sanktionen zu verhängen.[33] Aus diesem Grund müssen die Opfer Verfahren vor einem zuständigen Gericht einleiten, wenn sie eine Entschädigung wollen. Unter diesen Umständen bezweifelt die ECRI den Wert des Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission. Gleichzeitig hat die Gleichbehandlungsanwaltschaft nicht das Recht, rechtlich zu beraten oder die Opfer bei Gerichtsverfahren zu vertreten (Grundsatz 3 d und e der Empfehlung Nr. 2; Ziffer 51 des Begründungstextes zur Empfehlung Nr. 7). Dies trägt zur geringen Zahl der Gerichtsfälle und -entscheidungen bei. ECRI ist der Meinung, dass die Gleichbehandlungsanwaltschaft die Befugnis erhalten sollte, den Opfern bei Gericht und bei anderen Institutionen zur Seite zu stehen. Dies würde de facto zu einer Straffung des Systems führen.

25. ECRI stellte in ihren Schlussfolgerungen 2012 über die Umsetzung der Empfehlungen zur Zwischenprüfung für Österreich fest, dass die erste Empfehlung zur Festlegung der Unabhängigkeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft nicht vollständig erfüllt wurde. Die Situation ist unverändert; die Mitglieder der Gleichbehandlungsanwaltschaft werden immer noch vom Bundeskanzler ernannt (§ 3.4 GBK/GAW-Gesetz) und ihr Amt ist Teil des Bundeskanzleramts.[34] In ähnlicher Weise werden die Vorsitzenden der Kammern der Gleichbehandlungskommission durch den Bundeskanzler ernannt, und die Gleichbehandlungskommission ist Teil des Bundesministeriums für Bildung und Frauen.[35] Es ist die Regierung und nicht die Gleichbehandlungsanwaltschaft und die Gleichbehandlungskommission, die dem Parlament Bericht erstattet (§ 24 GBK/GAW-Gesetz konträr zu Grundsatz 5.3 der Empfehlung Nr. 2). ECRI nimmt den Standpunkt der Behörden zur Kenntnis, dass die Nähe der Gleichbehandlungsanwaltschaft zur Verwaltung von Vorteil sein kann, wenn sie gemeinsam an einer Verbesserung arbeiten. Sie ist jedoch der Meinung, dass eine Gleichstellungsbehörde ohne Eingriff durch andere staatliche Stellen arbeiten sollte (Grundsatz 5.2 der Empfehlung Nr. 2). besonders wenn sie für Diskriminierungsfälle in Bereichen wie z. B. Bildung und Sozialdienste zuständig ist.

26. ECRI empfiehlt erneut, der Gleichbehandlungsanwaltschaft die Befugnis zu verleihen, Diskriminierungsopfer in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren zu vertreten. Laut Grundsatz 5 der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 2 zu Fachorganen zur Bekämpfung von Rassismus sollten die Gleichbehandlungsanwälte und die Gleichbehandlungskommissionen auf organisatorischer Ebene vollständig unabhängig sein und frei von Eingriffen anderer staatlicher Behörden arbeiten.

27. ECRI begrüßt die Tatsache, dass seit der Änderung von § 148a B-VG dieser explizit vorsieht, dass die österreichische Volksanwaltschaft Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen seitens der öffentlichen Verwaltung untersuchen kann.[36] In ihrem Jahresbericht 2012 erklärte die Volksanwaltschaft, dass ihr viele Fälle von Diskriminierung in der öffentlichen Verwaltung bekannt wurden.[37] Allerdings können sich die Opfer erst an die Volksanwaltschaft wenden, wenn ihnen keine anderen Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen.

28. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden zu erwägen, die Einschränkung aufzuheben, dass Diskriminierungsopfer erst dann eine Beschwerde bei der Österreichischen Volksanwaltschaft einlegen können, wenn ihnen kein anderer Rechtsbehelf zur Verfügung steht.

2. Hassrede [38]

– Ausmaß des Phänomens

29. In Bezug auf Hassrede im Allgemeinen bezieht sich die österreichische Polizei auf die Statistik im Bericht zum Verfassungsschutz. 2013 wurden 574 Taten aus vorurteilsbedingten Motiven begangen (2012: 519). 10,6% davon wurden als rassistisch und fremdenfeindlich (2012: 11,4%), 6,5% als antisemitisch (2012: 5,2%), 2,1% als islamophob (2012: 0,8%)[39] und 64,6% als rechtsextremistisch (2012: 56,4%) eingestuft. Von diesen wurden in 152 Fällen Anklage erhoben wegen Anstiftung zum Hass gemäß § 283 StGB (2012: 83).[40] Die Staatsanwaltschaften haben ECRI informiert, dass 2013 162 (2012: 117) bekannte Personen wegen § 283 StGB verfolgt wurden; 77 (2012: 51) Fälle betrafen unbekannte Personen. Es gab 13 rechtsgültige Verurteilungen (2012: 15). ECRI stellt fest, dass es keine offizielle Statistik für homo- und transphobe Straftaten gibt. Darüber hinaus haben die Behörden ECRI informiert, dass sie keine Schätzung nicht gemeldeter Fälle nennen können; sie sind im Begriff, ihre Statistik zu überarbeiten, wie im 4. Bericht von ECRI empfohlen.

30. Experten und die Zivilgesellschaft sind der Meinung, dass Hassrede allgemein unvollkommen erfasst wird.[41] In einer neuen Studie über die Lebenssituation von Schwarzen in vier österreichischen Städten gaben 52% der 717 Befragten an, sie seien in den letzten 12 Monaten aufgrund ihrer Hautfarbe oder ethnischen Zugehörigkeit beleidigt oder belästigt worden.[42] Laut der LGBT-Umfrage 2012 der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) wurden nahezu alle LGBT-Personen in den letzten 12 Monaten belästigt; 93% meldeten diese Zwischenfälle nicht.[43] 29% der österreichischen LGBT-Personen sind der Meinung, dass eine beleidigende Sprache über LGBT-Personen bei Politikern recht oder sehr verbreitet sei. Roma, Juden, Muslime und Asylsuchende sind ebenfalls Ziele von Hassrede.[44] Eine Studie aus dem Jahr 2011 über Ablehnung gegenüber Migranten zeigt, dass die österreichischen Zahlen sich im letzten Jahrzehnt erheblich verschlechtert haben; Österreich schnitt unter den 16 europäischen Staaten, die abgedeckt wurden, am schlechtesten ab.[45]

31. ECRI ist der Meinung, dass die Behörden die volle Bandbreite der elektronischen Datenverarbeitung nutzen sollten, wenn sie ein neues System für die Protokollierung hassmotivierter Straftaten einrichten. Insbesondere sollten die Polizei und die Staatsanwaltschaften eine weit gefasste Definition rassistischer, homo- und transphober Zwischenfälle annehmen und ein Instrument einrichten, mit dem man automatisch nach Schlüsselwörtern in ihren Akten suchen kann und mit dessen Hilfe man Fälle aufspüren kann, die ggf. durch Rassismus, Homo- oder Transphobie motiviert waren. Sie sollten des Weiteren sicherstellen, dass die Daten mittels verschiedener Kriterien unterteilt werden können, z. B. nach der Gruppe, zu der die Opfer gehören und den Strafrechtsparagrafen, unter dem die Straftat verfolgt wurde. Sie sollten schließlich sicherstellen, dass alle Fälle mit Beweisen für ein vorurteilsbasiertes Motiv korrekt als Hassverbrechen eingetragen werden; eine Methode, um dies zu erreichen, wäre ein spezielles Training.

32. ECRI empfiehlt den Behörden, ein IT-basiertes System zu schaffen, um rassistische, homo- und transphobe Vorfälle und die Anzahl der Fälle zu registrieren und zu verfolgen, in denen die Staatsanwaltschaft mit solchen Vorfällen befasst wurde und diese letztendlich als rassistische, homo- und transphobe Straftaten eingestuft hat (Ziffer 12 der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 11 zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in der Polizeiarbeit).

33. In ihrem vierten Bericht wiederholt die ECRI ihre Forderung nach ad hoc-Maßnahmen, um die Verwendung eines zum Rassenhass anstachelnden oder fremdenfeindlichen Diskurses durch politische Parteien oder deren Vertreter zu bekämpfen. Seither wurden viele hassmotivierte Äußerungen getätigt, insbesondere bei Wahlkämpfen, und tragen so zum alltäglichen Rassismus und Neofaschismus in Österreich bei.[46] Die extreme Rechte – die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) und die BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich[47]) – ist gegenüber historischen ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten, Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden offen feindselig.[48] In ihrem Handbuch für eine liberale Politik zitiert die FPÖ Dokumente, die Migranten beschuldigen, Verbrechen und Arbeitslosigkeit zu verursachen, Krankheiten zu verbreiten und für steigende Immobilienpreise verantwortlich zu sein. Als Lösung wird eine „negative Immigration“ vorgeschlagen, i.e. die Abschiebung von Ausländern in ihre Herkunftsländer. Im März 2012 verwendete die FPÖ Wahlplakate mit einer rassistischen Aussage[49], im Dezember 2012 gab ein Wiener Lokalpolitiker der FPÖ und Polizeibeamter eine islamophobe Pressemitteilung heraus,[50] und 2014 verwendete ein FPÖ-Kandidat rassistische Begriffe im Europawahlkampf.[51] Auch einzelne Mitglieder der konservativen Österreichischen Volkspartei geben ebenfalls der Versuchung nach und benutzen Hassrede.[52]

34. Das Amt für Verfassungsschutz meldet, dass eine neue Generation extremistischer Organisationen entstanden ist, die rassistische Ansichten durch eine „diplomatischere Propaganda” verbreitet und das Ziel verfolgt, jungen Menschen in den Universitäten und den Burschenschaften zu rekrutieren. So hat z. B. die IBÖ (Identitäre Bewegung Österreich) Kampagnen für die Aufrechterhaltung der österreichischen Identität durchgeführt und erklärt, dass Österreich vor Masseneinwanderung und „Islamisierung“ geschützt werden müsse. Auch Musik wird zur Verbreitung von neonazistischem Gedankengut eingesetzt. [53]

35. Bis 2002 meldete das Amt für Verfassungsschutz starke Verbindungen zwischen Burschenschaften und Rechtsextremisten.[54] Laut den Behörden hat das Amt für Verfassungsschutz dann die Schwerpunktbereiche in seinen Berichten geändert und deckte dann nicht mehr die Aktivitäten der Burschenschaften ab.[55] Experten beobachten eine stete Radikalisierung unter den Mitgliedern der Dachorganisation Deutsche Burschenschaft: 2011 wurden zwei Anträge von 14 österreichischen Burschenschaften unterzeichnet, die zum Ziel hatten, dass nicht nur die deutsche Staatsangehörigkeit, sondern die deutsche Abstammung erforderlich sei, um Mitglied einer Burschenschaft zu werden, und eine Organisation auszuschließen, die einen Studenten chinesischer Abstammung aufgenommen hatte. Laut Begründungsaussage ist „z. B. eine nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie […] ein Zeichen einer nicht-deutschen Abstammung.“ 2013 hatte ein weiterer Antrag, der von einer Arbeitsgruppe aufgesetzt wurde, zum Ziel, die Mitgliedschaft an eine Art „Bescheinigung der arischen Abstammung“ zu knüpfen. Unter öffentlichem Druck wurde der Antrag zurückgezogen und viele liberale Burschenschaften verließen den Dachverband. Das Amt für Verfassungsschutz hat in seinem Jahresbericht 2013 erneut festgestellt, dass die Burschenschaften wiederholt für ihren latenten Faschismus kritisiert worden sind. Viele FPÖ-Mitglieder sind Mitglieder von Burschenschaften. Nach Berichten über antisemitische Äußerungen, die der FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei ihrem „Wiener Kooperationsball“ in der Wieder Hofburg getätigt hatte, erklärten die Behörden, sie würden die Vermietung der Räumlichkeiten an Burschenschaften einstellen; der Ball wurde umgetauft und er wird heute von der FPÖ organisiert.[56]

36. Rassismus im Internet und in den sozialen Medien ist auf dem Vormarsch. 2013 stieg die Zahl der Fälle von Neonazi-Aktivitäten laut den Angaben auf der Webseite der Polizei auf 1.900 (2012: 940; 2011: 338). Die Behörden nennen drei Gründe: bessere Sensibilisierung, die Möglichkeit einer anonymen Meldung und der Anstieg der relevanten Taten.[57] Die Forschung zeigt, dass diese Art Inhalte nicht nur von Einzelpersonen gepostet wird, sondern auch von politischen Parteien, anderen rassistischen und Neonazi-Gruppen sowie von rechtsextremistischen und rassistischen Musikern.[58] 2013 bezogen sich diese rassistischen Postings auf Facebook auf den Bombenanschlag in Oberwart, bei dem 1995 vier Roma getötet wurden.[59] 2014 wurden rassistische Kommentare auf den Internetseiten mehrerer Ministerien[60] gepostet, und der Sieg von Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest löste eine Welle von Hassrede und Drohungen im Internet aus. Diese Kommentare wurden sogar auf der Facebook-Seite des Bundespräsidenten gepostet und erst vier Tage später gelöscht.

37. Laut Bundesamt für Verfassungsschutz generieren einige radikale islamistische Prediger Hass gegen Menschen anderer Glaubensbekenntnisse. Im November 2014 forderte die Wieder Schulbehörde eine Privatschule auf, eine beglaubigte Übersetzung eines Geschichtsbuchs vorzulegen, nachdem Anzeigen eingegangen waren, dieses enthalte antisemitisches Material.[61] Im Juli 2014 wurden antisemitische Äußerungen auf der Facebook-Seite des Außenministers in Folge seines Aufrufs für Frieden im Nahen Osten, gepostet.[62]

38. Auch die traditionellen Medien veröffentlichen eindeutig rassistische Inhalte[63] und decken häufig die ethnische Abstammung der Verdächtigen auf, wenn sie über Straftaten berichten. Einigen Medien wirft man die Produktion fremdenfeindlicher Inhalte vor, die nicht ordnungsgemäß recherchiert wurden; Vorurteile werden geschürt und Roma, Asylsuchende und andere schutzbedürftige Gruppen werden als Kriminelle dargestellt.[64] So haben Medienberichte z. B. zur Verstärkung der Ablehnung von Roma bei Diskussionen über die mutmaßliche Existenz einer „Bettler-Mafia“ beigetragen. In Salzburg wurde während der Wahlkampfs für die Kommunalwahlen 2014 die Debatte sehr hitzig. Obwohl die Forschung bereits zu dem Schluss gelangt war, es sei unwahrscheinlich, dass solche Strukturen existierten, führte die laufende Diskussion im August 2014 zur Einrichtung einer Sonderpolizeitruppe, um diese Frage zu untersuchen. Vier Beamte investierten 3.000 Stunden, bevor die Polizei zu dem Schluss kam, es gebe keine solche Organisation, die die Mehrzahl der Bettler kontrolliere. Diese Arbeit kostete mindestens 35.000 Euro.[65]

39. Positiv zu vermerken sind Personen der Öffentlichkeit, wie die Sängerin Conchita Wurst und der Fußballspieler David Alaba, die eine positive Wirkung auf die Wahrnehmung von Menschen mit einem anderen Hintergrund haben.[66] Außerdem gibt es keine Meldungen mehr über Feindseligkeiten gegen die slowenische Minderheit in Kärnten.[67]

– Reaktionen auf Hassrede

40. ECRI stellt fest, dass mehrere rassistische Äußerungen, einschließlich einiger, die von Politikern getätigt wurden, unbestraft blieben. Ein Grund ist, dass die Gerichte der Meinung waren, diese Äußerungen seien nicht vor einer ausreichend großen Gruppe getätigt worden (siehe Ziffer 5).[68] Gleichzeitig haben die Polizei und die Staatsanwaltschaften erhebliche Mittel investiert, um eine strafrechtliche Reaktion auf Hassrede zu gewährleisten. Die Polizei hat z. B. eine besondere Einsatzgruppe eingerichtet, die die Neonazi-Webseite Alpen-Donau-Info untersuchte. Dabei handelte es sich um eine komplizierte Operation, da die meisten Daten und Inhalte verschlüsselt und anonymisiert waren. Da einige Täter im Ausland lebten, mussten andere Staaten um Rechtshilfe ersucht werden. 2013 wurden die drei Haupttäter in zweiter Instanz zu Haftstrafen von bis zu sieben Jahren und neun Monaten wegen Verstoßes gegen § 3g VbtG verurteilt. Mehrere Benutzer der Webseite wurden ebenfalls zu sechs bis 18 Monaten Haft verurteilt.[69] Darüber hinaus wurde die Identität des Neonazi-Musikers „Reichstrunkenbold“ offengelegt; er und fünf weitere Täter wurden zu Haftstrafen von bis zu drei Jahren verurteilt.[70] Die Polizei hat ihre Aus- und Fortbildung zu den Themen Rassismus und Diskriminierung ausgeweitet, und die Justiz hat sich mit diesen Themen auf mehreren Seminaren befasst. Schätzungsweise 300 Polizeikräfte wurden für die Ermittlung im Bereich Computerkriminalität ausgebildet. ECRI begrüßt diese Initiativen sowie die Webseite für das Melden von Neonazi-Aktivitäten.

41. ECRI freut sich über die Feststellung, dass die Behörden im Begriff sind, ihren strafrechtlichen Umgang mit Hassrede weiter zu verbessern. Es gab einen Anstieg der strafrechtlichen Ermittlungen nach einer Welle von Hassreden im Internet im Jahr 2014[71], und im Herbst 2014 wurde ein interministerieller Gipfel zur Bekämpfung von Hassrede durchgeführt.[72] Im Hinblick auf die Frage der Änderung von § 283 StGB und die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über Computerkriminalität verweist die ECRI wieder auf die Ziffern 7 ff. dieses Berichts und die Empfehlung in Ziffer 7 ihres 4. Berichts. Nach der Meinung von ECRI würde die Ratifizierung dieses Protokolls die Reaktion der österreichischen Behörden auf Hassrede im Internet erheblich verbessern: es würde nicht nur zu einer Angleichung der relevanten österreichischen Strafrechtsbestimmungen an internationale Standards führen, sondern den österreichischen Polizeieinheiten für Computerkriminalität ermöglichen, von der internationalen Zusammenarbeit zu profitieren.

42. ECRI empfiehlt Österreich nachdrücklich, das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art zu ratifizieren.

43. ECRI ist des Weiteren der Meinung, dass mehr getan werden muss, um bestimmte politische Parteien und andere Organisationen daran zu hindern, Neonazismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu kultivieren und zu verbreiten. Diesen Parteien und Organisationen Toleranz zu zeigen und das Versäumnis, klare Maßnahmen zur Verhütung der Verbreitung ihrer Ideologie zu ergreifen, trägt zum alltäglichen Rassismus und Neofaschismus in der österreichischen Gesellschaft bei. In Reaktion auf die in Ziffer 35 beschriebenen Entwicklungen, muss diese Vorgehensweise auch bei Studentenvereinigungen angewendet werden, die diese Ideologie im universitären Bereich am Leben erhalten. Neben einer strikten Anwendung des Strafrechts in diesen Fällen, sollte auch die öffentliche Finanzierung dieser Organisationen, einschließlich politischer Parteien, eingestellt werden. Die Behörden sollten sicherstellen, dass rassistische Organisationen keine weiteren öffentlichen Gelder erhalten und aufgelöst werden (Ziffern 16 und 17 von Empfehlung Nr. 7).

44. ECRI empfiehlt, das Straf- und Verwaltungsrecht strikter anzuwenden, um die Aktivitäten von Organisationen einzudämmen, die rassistische Ideologien propagieren. Dieses Vorgehen sollte das Verhängen von Sanktionen und die Auflösung solcher Organisationen einschließen.

45. ECRI stellt fest, dass die Behörden sich auch für andere als strafrechtliche Reaktionen auf Hassreden entschieden haben. Auf dem Gipfeltreffen zum Thema Hassrede im Jahr 2014 wurde die Verpflichtung auf eine Fortsetzung der Prävention wiederholt. Die Schulbildung wurde als wichtiger Bereich für Präventionsmaßnahmen herausgestellt. Ebenso wurde die Selbstregulierung der Internetanbieter, Moderatoren von Online-Foren und Medien diskutiert.

46. ECRI empfahl in ihrem 4. Bericht den Behörden, systematisch alle Formen von Rassismus im politischen Diskurs zu verurteilen. Diesbezüglich kann man das Menschenrechts-Monitoring der Stadt Graz, das Hassrede während Wahlkämpfen einschließt, als gutes Beispiel nennen.[73] Leider werden auf Bundesebene rassistische und homo- und transphobe Reden, insbesondere Hassreden von Politikern, nicht systematisch verurteilt. Recht häufig ziehen es die Mitglieder der Bundesregierung vor, nicht zu reagieren. Darüber hinaus verbietet die Geschäftsordnung des Parlaments nur die Verwendung einer beleidigenden Sprache, aber nicht explizit Hassrede. ECRI ist der Meinung, dass die Bundesbehörden dem Beispiel der Stadt Graz folgen und ein Gremium einrichten oder ein bestehendes Gremium[74] beauftragen sollten, Hassrede zu überwachen.

47. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, einschließlich der Mitglieder der Regierung, der Volksanwaltschaft und den Fachstellen, Hassrede systematisch entgegenzutreten und zu verurteilen und Instrumente zu entwickeln, um deren Einsatz, besonders bei Wahlkämpfen, vorzubeugen und zu bekämpfen.

48. ECRI begrüßt die Bemühungen der Regierung für mehr Toleranz und eine ausgewogene Debatte über Migration und Ausländer. Mehrere Kampagnen wurden im Rahmen des Projekts „Zusammen: Österreich“ durchgeführt.[75] 300 Prominente aus den Bereichen Sport, Wirtschaft und Kultur, aber auch normale Bürger mit Migrationshintergrund fungieren als Integrationsbotschafter und besuchen Schulen, Unternehmen und Vereine, um ihre erfolgreiche Integration zu diskutieren. Die Behörden haben außerdem ein Integrationsglossar für Journalisten herausgegeben, das eine Reihe von Schlüsselbegriffen im Bereich Integration erklärt.[76] Die Initiative „#proud of“ aus dem Jahr 2014 konzentriert sich auf Österreicher mit Migrationshintergrund, die stolz auf Österreich sind.[77]

49. Einige Medien haben bei der Bekämpfung von Hassrede eine wichtige Rolle gespielt und mehrere FPÖ-Politiker, wie z. B. Andreas Mölzer, der hassmotivierte Äußerungen getätigt hatte, zum Rücktritt gezwungen. Forscher und die Zivilgesellschaft sind jedoch der Meinung, dass Menschen mit Migrationshintergrund und Angehörige von schutzbedürftigen Gruppen, wie die Roma, immer noch nicht ausreichend Gelegenheit erhalten, sich selbst in den Medien zu präsentieren.[78] Roma und Asylsuchende werden z. B. selten in Berichten zu Themen zitiert, die sie betreffen.

50. In Reaktion auf eine Empfehlung der ECRI wurde 2010 der österreichische Presserat wieder eingeführt. Der Presserat stellte Verstöße gegen seinen Ehrenkodex in den meisten der medienbezogenen Fälle in Ziffern 33 ff. fest.[79] Die Mitgliedschaft im Presserat ist jedoch nicht verpflichtend. Da ein Großteil der Regenbogenpresse kein Mitglied ist, sind diese Zeitungen nicht verpflichtet, die Entscheidungen des Presserats zu befolgen oder zu veröffentlichen. Außerdem gibt es keinen vergleichbaren Mechanismus für andere Medien, u.e. Fernsehen und Radio. ECRI ist der Meinung, die Behörden sollten die Ausweitung des Mandats des Presserats auf andere Medien erwägen. Außerdem sollten Sanktionen für alle Medien eingeführt werden, bei denen ein Verstoß gegen den Ehrenkodex festgestellt wurde; die Behörden sollten erwägen, die Verpflichtung zur Rückerstattung öffentlicher Gelder (§ 2.8 Presseförderungsgesetz) auf jene auszuweiten, bei denen der Presserat Verstöße gegen seinen Ehrenkodex festgestellt hat. Des Weiteren unterstützt ECRI einen Vorschlag eines Experten, diese Fördermittel, die momentan allen Medien gezahlt werden, auf jene zu begrenzen, die bestimmt Kriterien erfüllen (qualitativer Journalismus und gründliche Recherche).[80] Schließlich sollten die Behörden sicherstellen, dass die ethnische Zugehörigkeit aller mutmaßlichen Täter einer Straftat nur dann von der Polizei und der Justiz offengelegt wird, wenn dies absolut notwendig ist und einem legitimen Zweck dient. Sie sollten außerdem die Aufnahme einer solchen Vorschrift für die Medien in den Ehrenkodex des Presserats befürworten (Ziffern 20 und 88 bis 89 der Empfehlung Nr. 11). Wenn die Selbstregulierung keine ausreichenden Resultate erzielt, sollte ein externer Rahmen eingerichtet werden.

51. ECRI ist darüber hinaus der Meinung, dass es mehr Vorschriften für Online-Foren geben sollte. Bisher kann Hassrede anonym auf vielen elektronischen Medien gepostet werden, und es gibt keine systematische Überwachung ihrer Inhalte. Eine Erklärung ist, dass die Medien ein wirtschaftliches Interesse haben, so viele Kommentare wie möglich zu haben. ECRI ist der Meinung, die Behörden sollten die Idee fördern, dass alle Medien Mechanismen entwickeln, die sicherstellen, dass hassmotivierte Kommentare entfernt werden. Diesbezüglich hebt ECRI die gute Praxis von Google World heraus, die vor Kurzem die Möglichkeit eingeführt hat, Hassrede zu melden, um diese entfernen zu lassen.[81]

52. ECRI empfiehlt den Behörden, Folgendes zu fördern: (i) den Beitritt weiterer Medien zum Presserat, (ii) die Achtung und Veröffentlichung seiner Entscheidungen durch Nichtmitglieder, (iii) die Ausweitung des Mandats des Presserats auf alle Medien oder die Einrichtung ähnlicher Gremien für andere Arten von Medien, einschließlich Radio und Fernsehen, (iv) das Prinzip, dass die Medien nur dann die ethnische Zugehörigkeit von mutmaßlichen Tätern offenlegen, wenn dies absolut notwendig ist und einem legitimen Zweck dient und (v) die Selbstregulierung, um das Entfernen von Hassrede im Internet zu gewährleisten. Die Behörden sollten die Medien sensibilisieren, ohne deren redaktionelle Unabhängigkeit einzuschränken, Angehörigen schutzbedürftiger Gruppen einen angemessenen Raum zu geben, sich selbst zu präsentieren. ECRI empfiehlt den Behörden, in diesen Bereichen notfalls den Erlass gesetzgeberischer Regelungen zu erwägen. Die Behörden sollten schließlich sicherstellen, dass auch die Polizei und die Justiz nur dann die ethnische Zugehörigkeit mutmaßlicher Straftäter offenlegt, wenn dies absolut notwendig ist und einem legitimen Zweck dient.

3. Rassistische und homo-/transphobe Gewalt

53. Laut dem neusten Verfassungsschutzbericht wurden 2013 zwei Personen bei antisemitischen Angriffen verletzt; 2012 wurde eine Person bei einem solchen Angriff verletzt, während acht Personen bei anderen rassistischen oder fremdenfeindlichen Angriffen verletzt wurden (niemand im Jahr 2013). Daten aus anderen Quellen zeigen, dass die Zahl der hassmotivierten Straftaten erheblich höher ist. In einer FRA-Studie (Agentur der Europäischen Union für Grundrechte) aus dem Jahr 2012 gaben 7% der Befragten türkischer Abstammung an, sie seien in den vergangenen 12 Monaten Opfer von Angriffen oder anderen schweren Straftaten gewesen.[82] Auch die im Jahr 2013 stattgefundene tödliche Messerattacke auf einen Schwarzen in Wien[83] scheint nicht in der offiziellen Statistik aufzutauchen. Der Täter wurde zu 8 Jahren verurteilt und § 33 StGB über erschwerende Umstände fand Anwendung.[84] In Bezug auf Hassrede gibt es keine offiziellen Daten über homophobe und transphobe Gewalt. 23% der Befragten der von der FRA durchgeführten LGBT-Umfrage gaben an, sie seien in den letzten fünf Jahren körperlich oder sexuell angegriffen oder mit Gewalt bedroht worden. 54% jener, die in den vorausgegangenen 12 Monaten einen solchen Angriff erlebt hatten, waren der Meinung, dieser sei teilweise oder ganz darauf zurückzuführen, dass sie als LGBT wahrgenommen wurden. Nur 19% der Opfer meldeten den Vorfall der Polizei.[85]

54. Unter den neueren hassmotivierten Straftaten ist der Angriff auf das Lager mehrerer Roma-Familien am 2. September 2013 besonders besorgniserregend. Nach einem Facebook-Aufruf zur Anstiftung zum Hass, zu Gewalt und Brandstiftung und trotz des Eingreifens der Polizei beschädigten ca. 20 junge Erwachsene mehrere Fahrzeuge, die legal in der Nähe von Bischofshofen geparkt waren. Acht Täter wurden wegen Anstiftung zu Hass zu drei und vier Monaten Haft verurteilt.[86] Am 24. Juli 2014 griffen ca. 20 junge Personen die Fußballspieler von Maccabi Haifa während eines Freundschaftsspiels gegen den OSC Lille in Bischofshofen an. Die Täter schwenkten türkische und palästinensische Fahnen; es wurden ein Messer und Steine eingesetzt. Führende Politiker verurteilten den antisemitischen Angriff und die Strafverfahren führten zu einer fünfmonatigen Haftstrafe auf Bewährung.[87] Die jüdische Gemeinde informierte ECRI, ihre Mitglieder fürchteten immer mehr körperliche Angriffe, und sie müsse immer mehr Mittel in die Sicherheit investieren. Moscheen und Asylunterkünfte sind ebenfalls Ziele von Angriffen. 2010 wurden mehrere Schüsse auf eine Moschee in Freistadt abgegeben, und 2011 gab es einen Brandanschlag auf die Moschee in Kufstein. Im Oktober 2014 wurden fünf Schüsse neben einer Unterkunft für Asylsuchende in der Nähe von Kitzbühel abgegeben.[88]

55. Im Hinblick auf die Meldung von Hassverbrechen verweist die ECRI auf die Empfehlung in Ziffer 32. Sie ist der Meinung, ein nachdrückliches Vorgehen sei erforderlich, um eine angemessene Bestrafung all jener zu gewährleisten, die zu hassmotivierter Gewalt greifen. Im Hinblick auf den Angriff des Roma-Lagers im Jahr 2013 betont ECRI erneut, die Behörden sollten ihr Vorgehen zur Verhinderung der Verbreitung rassistischer, homo- und transphober Inhalte im Internet intensivieren, und verweist auf die Empfehlungen, die bereits in diesem Bericht ausgesprochen wurden.

4. Integrationspolitik

– Menschen mit Migrationshintergrund

56. Im Jahr 2013 lebten in Österreich 1,625 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund (19,4% der Gesamtbevölkerung). Von den 1,197 Mio. Menschen, die im Ausland geboren wurden, und den 428.200 Personen mit einem Elternteil, das im Ausland geboren wurde, stammten 566.700 aus
EU-Staaten, 533.100 aus Ex-Jugoslawien und 268.400 aus der Türkei.
17.413 Personen hatten Asyl beantragt (2012: 17.400).[89]

57. Trotz einer langen Migrationsgeschichte wurde die Integration erst kürzlich eine politische Priorität auf Bundesebene. ECRI begrüßt die Tatsache, dass nach ihrer Empfehlung im 4. Bericht die Regierung im Januar 2010 den ersten Nationalen Aktionsplan für Integration (NAP-I) angenommen hat. Er zielt auf „die gesamte Gesellschaft, Ausländer, die dauerhaft in Österreich leben, österreichische Staatsbürger, die im Ausland geboren wurden, und Menschen mit Eltern ab, die im Ausland geboren wurden, die dauerhaft in Österreich leben“. Mehrere Gremien sind für seine Umsetzung zuständig. Der Expertenrat für Integration wurde als Kompetenzzentrum eingerichtet, das 2011 die verschiedenen Maßnahmen des NAP-I zu einem 20-Punkte-Programm verdichtete. Das Beratungsgremium für Integration ist für die Koordinierung der Akteure verantwortlich. 2011 wurde das Staatssekretariat für Integration eingerichtet. 2014 wurde die Verantwortung für die Integrationspolitik dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres übertragen, das in der Bundesverwaltung die Leitung für dieses Thema übernommen hat. Der Integrationsfonds betreibt sechs Integrationszentren und führt Integrationsprojekte durch.

58. Ein Grundprinzip der österreichischen Integrationspolitik ist das Konzept der „Integration von Anfang an“: der Lernprozess, der die Integration fördert, soll so früh wie möglich beginnen; er beginnt mit Prä-Integrationsmaßnahmen im Herkunftsland und endet mit der Erlangung der Staatsbürgerschaft.[90] Gemäß § 21a Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) müssen Ausländer, die nicht Bürger eines Landes des EWR oder der Schweiz sind (Staatsbürger aus Drittstaaten) Belege für Grundkenntnisse in Deutsch vorlegen, wenn sie eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen. Jene, denen zu ersten Mal eine befristete Aufenthaltsgenehmigung gewährt wird, müssen innerhalb von zwei Jahren das Modul 1 des Integrationsvertrags erfüllen[91] (§ 14a.1 NAG). Modul 1 vermittelt Sprachkenntnisse der Stufe A2, um die Teilhabe am sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen. Modul 2 bietet Deutschkenntnisse der Stufe B1. Sein Abschluss ist nicht verpflichtend, aber eine Voraussetzung für die Erlangung einer langfristigen Aufenthaltsgenehmigung und die Verleihung der Staatsbürgerschaft. Migranten müssen für beide Module bezahlen. Jene, die Modul 1 innerhalb von 18 Monaten abschließen, können eine Rückerstattung der Kosten in Höhe von maximal 750 Euro beantragen. Gemäß NAP-1 sollte die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft das Endziel eines umfassenden Integrationsprozesses sein.[92] 2013 erhielten 7.400 Ausländer die österreichische Staatsbürgerschaft.[93]

59. Im Bereich Beschäftigung von Ausländern begrüßt ECRI die Tatsache, dass nach wiederholten Empfehlungen in diesem Bereich § 8.2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 2011 aufgehoben wurde, das von Arbeitgebern bei Reduzierungen der Mitarbeiter forderte, zunächst ausländische Beschäftigte zu kündigen.

– Auswirkungen der Integrationspolitik auf Menschen mit Migrationshintergrund

60. In einer Beurteilung der österreichischen Integrationspolitik im Jahr 2010 erhielt Österreich kein sehr hohes Ranking.[94] Seither haben die österreichischen Behörden ein System mit 25 Integrationsindikatoren eingerichtet, um die Auswirkungen des NAP-1 zu evaluieren.[95] Die fünf wichtigsten Indikatoren sind: Bildungsstand, Partizipation am Arbeitsmarkt, Arbeitslosigkeit unterteilt nach Staatsbürgerschaft und Bildungsstand, Jahreseinkommen und Armut. Migranten aus EU-Staaten, EWR-Staaten und der Schweiz schneiden besser ab als der Durchschnitt, während Personen, die aus Ex-Jugoslawien, der Türkei oder anderen Staaten stammen, schlechter abschneiden. So schlossen z. B. im Jahr 2013 62% der Personen türkischer Abstammung nur die allgemeine Schulpflicht ab (im Vergleich zu 16% der Gesamtbevölkerung). Die Arbeitslosenrate bei Personen aus Ex-Jugoslawien (außerhalb der EU) betrug 11,6%, aus der Türkei 15,4% und aus anderen Drittstaaten 17,2%, wohingegen die allgemeine Rate bei 7,6% lag. Die Partizipation von Frauen mit Migrationshintergrund am Arbeitsmarkt ist signifikant schlechter als die der Frauen der Mehrheitsbevölkerung (58% im Vergleich zu 70%; für Frauen türkischer Abstammung liegt sie bei 40%). Zwischen 2009 und 2011 waren 44% der Personen türkischer Abstammung vom Armutsrisiko betroffen; ebenso 47% der Migranten aus anderen Drittstaaten (im Vergleich zu 14% der Gesamtbevölkerung).[96]

61. 24% der Österreicher, die Kontakt zu Migranten haben, sind der Überzeugung, Letztere würden benachteiligt; ein Drittel der Migranten denkt ebenso. Eine Umfrage unter Schwarzen zeigte, dass sie von Gerichten und anderen staatlichen Behörden sowie im Bereich der medizinischen Versorgung und auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Ihre Arbeitslosenrate lag bei ca. 20%; 50% gaben an, dass sie für ihre Tätigkeit überqualifiziert seien.[97] Ausländer, insbesondere diejenigen afrikanischer Abstammung, werden nicht nur Opfer hassmotivierter Verbrechen, sondern auch Opfer anderer Straftaten.[98]

62. Wie bereits in Ziffer 30 ausgeführt, schnitt Österreich unter den 16 westeuropäischen Staaten bei einem Index für Antipathie gegen Migranten am schlechtesten ab. Seit 2010 führen die österreichischen Behörden jährliche Umfragen zu den Einstellungen zur Integration durch. Die Mehrheit der Österreicher glaubt immer noch, dass die Integration schlecht oder sehr schlecht funktioniert, aber die Ergebnisse verbessern sich. Während im Jahr 2010 17,8% der Bevölkerung der Ansicht waren, die Integration funktioniere sehr schlecht, waren es im Jahr 2013 nur noch 8,6%. Menschen älter als 60 Jahre mit geringem Einkommen und/oder geringem Bildungsgrad und ungelernte Arbeiter sind die pessimistischsten Gruppen. 82% der Migranten fühlen sich vollkommen oder größtenteils zu Hause in Österreich. Die Mehrzahl der Österreicher ist der Meinung, Migranten sollten sich besser an den österreichischen Lebensstil anpassen. ECRI begrüßt das Engagement des Bundesministers Sebastian Kurz und der zuständigen Behörden, die erhebliche positive Auswirkungen hatte. Angesichts des weiterhin bestehenden Ausmaßes an Ablehnung von Migranten ist ECRI der Überzeugung, die Behörden sollten ihre Bemühungen für eine ausgewogene öffentliche Debatte über Migration z. B. durch das Hervorheben der Notwendigkeit der Migration für überalterte Gesellschaften und die positiven Auswirkungen dieser Migration fortsetzen.

63. ECRI begrüßt die Tatsache, dass die Behörden zusammen mit dem Expertenrat für Integration ein effektives Gremium eingerichtet haben, das in seinen Jahresberichten regelmäßige Evaluationen der Integrationspolitik durchführt und Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Aus seinem Bericht 2014 ergibt sich, dass viele Integrationsinitiativen die Form eigenständiger Projekte annehmen; gleichzeitig sind Kernelemente der sozialen Dienste, wie z. B. das Schulsystem, nicht in der Lage, die Bedürfnisse von Menschen mit Migrationshintergrund zu erfüllen, die sehr häufig mit einer Benachteiligung starten. Auch die Auswirkungen des NAP-1 sind in den Bundesländern begrenzt. Bei dem Besuch im Burgenland beobachtete die ECRI-Delegation, dass der NAP-1 bei den regionalen Behörden nahezu unbekannt war. Ein projektbasierter Ansatz außerhalb der etablierten Strukturen ist sicherlich angemessen, wenn man neue Instrumente entwickelt. Damit Nachhaltigkeit und eine angemessene Finanzierung gewährleistet sind, ist es jedoch wichtig, die Integrationspolitik abzustimmen und dass Bildungseinrichtungen, Arbeitsagenturen, medizinische und andere staatliche Dienste Kernbereiche übernehmen.

64. ECRI empfiehlt, dass die klassischen Teile der Verwaltung, wie z. B. die Schulverwaltung auf Bundes- und Regionalebene, die Arbeitsverwaltung, Gesundheitsbehörden und anderen staatlichen Stellen, Kernelemente der Integrationspolitik übernehmen.

65. ECRI hat den Behörden wiederholt empfohlen, sich mit der benachteiligten Bildungsposition von Kindern mit Migrationshintergrund zu befassen und eine radikalere Reform des schulischen Bildungssystems zu erwägen. In der Bildung konzentrieren sich die Behörden nun auf den frühzeitigen Erwerb guter Deutschkenntnisse als Schlüsselelement einer erfolgreichen Integration. Die Einführung eines kostenlosen verpflichtenden Vorschuljahres für alle Fünfjährigen war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Der Expertenrat für Integration ist der Meinung, die Kindergärten sollten schrittweise in Bildungseinrichtungen umgewandelt werden, und er empfiehlt, die Kinder sollten Anspruch auf ein zweites kostenloses Jahr im Kindergarten haben. ECRI begrüßt die Tatsache, dass die Regierung mit der Umsetzung dieser Empfehlung des Expertenrats für Integration begonnen hat[99] und dass die Sprachförderprogramme im Kindergarten bereits positive Ergebnisse zeitigen: die Überwachung der Sprachkenntnisse bei den 4 ½- und 5 ½-jährigen Kindern zeigt für das Jahr 2008, dass 58% der Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch war, zusätzlichen Sprachunterricht benötigten. Der Prozentsatz war bei Kindern, die zuvor noch nie einen Kindergarten besucht hatten, noch höher.[100] Ein anschließender Test zeigte, dass ca. 80% der Kinder, die für ein Jahr an Sprachförderprogrammen teilgenommen hatten, keine weitere Hilfe mehr benötigten.[101]

66. Grund- und Sekundarschulen sind immer noch nicht ausreichend ausgestattet, um bei Kindern mit bestehenden Schwierigkeiten Lücken zu schließen. Außerdem verlassen sich die Schulen nach wie vor in erheblichem Maße auf die Unterstützung der Eltern. Da viele Eltern mit Migrationshintergrund keine Hilfe leisten können, müssen die Schulen eine individualisierte Unterstützung anbieten, um sicherzustellen, dass die Kinder angemessene Deutschkenntnisse erwerben. Die anfängliche und fortlaufende Ausbildung sollte die Vorschul- und Schullehrkräfte besser darauf vorbereiten, Kindern mit einer anderen Muttersprache Deutschunterricht zu geben, und mit den Herausforderungen umzugehen, die sich in vielfältigen Klassen ergeben.[102] Die Schulen sollten die Eltern besser in den Unterricht einbeziehen und die Menschenrechtsbildung sollte ab dem Kindergarten in den Schulunterricht integriert werden. ECRI ist der Meinung, die Behörden sollten sich weiterhin in ihrer Integrationspolitik auf die Bildung konzentrieren und die Frage der Menschenrechtsbildung in den Aktionsplan für Menschenrechte, der gegenwärtig erstellt wird, aufnehmen.

67. Der NAP-I befasst sich nicht explizit mit Asylsuchenden und Personen, die Asyl oder einen subsidiären Schutz erhalten. Aufgrund der Länge der Asylverfahren verbleiben jedoch viele für Jahre in Österreich, ohne einen angemessenen Sprachunterricht zu erhalten und mit einem beschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Ihre Kinder haben Probleme, in einen Kindergarten aufgenommen zu werden. In den ersten drei Monaten dürfen Asylsuchende keiner regulären Tätigkeit nachgehen, sondern nur unbezahlte oder gering vergütete Gemeindearbeit oder Hilfsarbeiten in ihrer Unterkunft erledigen. Dementsprechend können sie innerhalb eines Zeitraums von 14 Monaten nur sechs Wochen während der Ernte bzw. 12 Monate in Saisonjobs arbeiten oder als Selbständige tätig sein; es gibt für sie keine Anreize zu arbeiten, da ihre Gehälter von den Sozialleistungen abgezogen werden und sie ihre Unterkunft verlassen müssen. ECRI ist der Meinung, dass diese Einschränkungen kontraproduktiv sind, da viele neu angekommenen Asylsuchenden hochmotiviert sind und arbeiten wollen. Gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit der Asylsuchenden teuer und trägt zu rassistischen und fremdenfeindlichen Einstellungen in den Medien, im öffentlichen Diskurs und in der Bevölkerung allgemein bei. ECRI vertritt dementsprechend die Ansicht, dass der österreichische Grundsatz der Integration von Anfang an auch auf Asylsuchende Anwendung finden sollte. In diesem Zusammenhang begrüßt sie die Bereitstellung von Ausbildungsstellen für jungen Asylsuchende. Im Hinblick auf Flüchtlinge weist der UNHCR darauf hin, dass eine bessere Bereitstellung von Sprachkursen, insbesondere im Rahmen der beruflichen Ausbildung und von Sprachförderprogrammen, ein Schlüsselfaktor für eine bessere Integration ist.[103]

68. ECRI empfiehlt den Behörden, den Grundsatz der Integration von Anfang an auch in den Bereichen Asyl und subsidiärer Schutz zu verwirklichen. Sie sollten ein Konzept für den Umgang mit besonderen Integrationsanforderungen der betroffenen Personen erarbeiten und implementieren.

69. Der gesetzliche Rahmen für die Ausübung der Religion wirft ebenfalls wichtige Integrationsfragen auf. Bisher konnten Muslime Vereine, religiöse Gemeinden[104] und Religionsverbände gründen, die aus einer oder mehreren Glaubensgemeinden bestehen.[105] Das Islamgesetz 2015 führt zu einer erheblichen Verbesserung, u.a. der staatliche Schutz islamischer Feiertage, das Recht von Religionsverbänden, in staatlichen Krankenhäusern und anderen Institutionen eine islamische Betreuung durchzuführen, sowie reguläre Studiengänge in Islamischer Theologie. Bedenken gab es über mehrere andere Bestimmungen, u.a. das Verbot der ausländischen Finanzierung islamischer Religionsverbände und die Möglichkeit für die Auflösung einer erheblichen Zahl von Verbänden, deren Zweck es ist, die Doktrin einer Religionsgemeinschaft zu verbreiten, die bereits laut Islamgesetz anerkannt ist (§§ 6.2 und 31.3).[106] ECRI erinnert daran. dass die Religionsfreiheit vollständig zu garantieren ist (Artikel 9 EMRK) und dass die Behörden sicherstellen müssen, dass muslimische Gemeinden im Hinblick auf die Umstände, in denen sie sich organisieren und ihre Religion praktizieren, nicht diskriminiert werden.[107] Die Venedig-Kommission hat erklärt, dass ein generelles Verbot aller ausländischen Finanzierungen strittig und in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig ist. Auch die Bandbreite der in ihrer Schwere schwankenden Sanktionen sollte überdacht werden, bevor man harsche Schritte wie die Auflösung einer religiösen Organisation ergreift, was immer das letzte Mittel sein sollte.[108] Laut EGMR muss die Macht eines Staates, seine Institutionen und Bürger vor Verbänden zu schützen, die sie gefährden könnten,[109] sparsam eingesetzt werden und mit einer dringlichen sozialen Notwendigkeit einhergehen.[110]

70. ECRI empfiehlt den Behörden zur nachhaltigen Integration wichtiger Teile der Bevölkerung sicherzustellen, dass sich jede Einschränkung und unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf das Praktizieren des Islams im Rahmen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hält.

– Roma

71. ECRI hat in ihrem 4. Bericht über Österreich den Behörden empfohlen, ihre Bemühungen zur Bekämpfung von Rassismus gegen und Diskriminierung von Roma fortzuführen, insbesondere im Bereich der Bildung, und die Zivilgesellschaft in die Erarbeitung und Umsetzung neuer Maßnahmen einzubeziehen.[111] Die Schätzungen der Roma-Bevölkerung in Österreich belaufen sich auf 35.000 bis 50.000. Diese besteht aus einheimischen Roma und vielen Personen aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens, die seit den 1960er Jahren zugezogen sind.[112] Die Regierung legte 2012 eine Roma-Strategie vor und fasste in ihrem Fortschrittsbericht 2013 alle laufenden Aktivitäten und Projekte zusammen. Eine Dialogplattform wurde eingerichtet, um die Umsetzung der Strategie zu überwachen; sie traf sich seit 2012 zwölf Mal. Die ECRI-Delegation traf sich bei ihrem Besuch mit mehreren Roma-Organisationen, die erfolgreiche Projekte in den Bereichen Bildung und Beschäftigung betrieben.

72. Die Zivilgesellschaft bedauert es, dass die Dialogplattform keine klaren Ziele hat, es ihr an Effizienz fehlt und sie sich immer noch in der Phase der Bestandsaufnahme und Datenerfassung befindet. Nur eine der drei Studien, die in Auftrag gegeben wurden, waren 2014 abgeschlossen. Die Roma weisen darauf hin, dass die Strategie nur projektbasiert ist (siehe auch die in Ziffer 63 beschriebene Situation). Es gibt keinen nationalen Haushalt für neue Programme oder Projekte, obwohl manche von ihnen vollständig ausgearbeitet sind, und EU-Gelder treffen zu spät ein.[113] Roma-Organisationen verfügen nicht über die finanziellen Mittel, die EU-finanzierten Projekte vorzufinanzieren; einige benötigen eine externe Ermächtigung, um ihre Projekte ausführen zu können. Der Zeitpunkt für die Aktualisierung der Roma-Strategie ist Anfang 2016. Die Behörden haben ECRI informiert, dass das österreichische operative Programm der ESF am 28. November 2014 von der Europäischen Kommission genehmigt wurde, und dass ein Aufruf zur Ermächtigung der Roma für den Arbeitsmarkt im April 2015 veröffentlicht wurde. Die Behörden werden die Projekte vorfinanzieren und es wird ein spezielles Augenmerk auf die Anwendungen der Zielgruppe selbst gelegt.

73. ECRI begrüßt die Tatsache, dass die Behörden in eine sorgfältige Bestandsaufnahme und Datenerfassung für die Evaluierung der laufenden und zukünftigen Integrationsmaßnahmen investieren. Gleichzeitig ist sie der Ansicht, sie sollten die Umsetzung und die (Vor-) Finanzierung konkreter Programme beschleunigen, um alle Ziele der Strategie parallel zu dieser Bestandsaufnahme umzusetzen, ohne auf die Aktualisierung der Strategie 2016 zu warten. Besondere Sorgfalt sollte darauf verwendet werden, wann immer möglich, weiterhin positive Maßnahmen zugunsten von einzelnen Roma und zur Ermächtigung der Gemeinschaften und Organisationen der Roma zu ergreifen. So könnten z. B. zukünftige Ausschreibungen erklären, dass ein bestimmter Prozentsatz des Personals, das Projekte durchführt, Roma sein oder Romani beherrschen muss.

74. ECRI empfiehlt den Behörden, die Umsetzung konkreter Programme und Projekte zu beschleunigen, um die Ziele der Roma-Strategie zu erreichen. Besondere Aufmerksamkeit sollte der weiteren Stärkung der Handlungskompetenz der Roma und ihrer Organisationen durch positive Maßnahmen gewidmet werden.

II. Spezifische Themen in Österreich

1. Empfehlungen der vierten Prüfungsrunde, die einer Zwischenprüfung unterliegen

75. ECRI befasste sich in ihrem vierten Bericht mit einer Empfehlung an Österreich zur Stärkung der Gleichbehandlungsanwaltschaft, die Gegenstand einer Zwischenprüfung ist. ECRI hat die Umsetzung in Ziffer 23 ff. dieses Berichts geprüft. Sie ist der Meinung, dass die Behörden mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft die Notwendigkeit zusätzlicher Mittel für die Vertretung der Diskriminierungsopfer bei Verfahren vor staatlichen Behörden und bei Gericht besprechen sollten (siehe Ziffer 26).

76. Eine weitere Empfehlung, die einer Zwischenprüfung unterliegt, war die Reaktion, die bei Anschuldigungen von rassistischem oder diskriminierendem Verhaltens seitens der Polizei erfolgt. ECRI stellt mit Interesse fest, dass die Polizei erhebliche Mittel in das Menschenrechtstraining und in die Unterstützung des Vereins Fair und Sensibel gesteckt hat, der aus Vertretern der Strafverfolgungsbehörden und Personen mit Migrationshintergrund besteht, insbesondere der schwarzen Bevölkerungsgruppe.[114] Die Forschung deutet jedoch darauf hin, dass es immer noch ein erhebliches Maß an Racial Profiling und Fehlverhalten der Polizei in Bezug auf Schwarze gibt.[115] Da die Erfahrung lehrt, dass Opfer von polizeilicher Gewalt in der Regel kein Vertrauen in die polizeiinternen Beschwerdeverfahren haben, stellt ECRI erfreut fest, dass die Volksanwaltschaft nun Beschwerden über Fehlverhalten entgegennehmen kann. Es scheint jedoch, dass die Opfer und die Zivilgesellschaft nicht ausreichend über diese neue Befugnis unterrichtet sind. Aus diesem Grund ist ECRI der Ansicht, dass die Gleichbehandlungsanwaltschaft eine Plattform für einen regelmäßigen Dialog mit der Zivilgesellschaft einrichten sollte (Grundsatz 3 l und m der ECRI-Empfehlung Nr. 2). Angesichts der oben zitierten Ergebnisse ist ECRI der Meinung, dass die Volksanwaltschaft ihre von Amts wegen bestehenden Befugnisse einsetzen und eine Ermittlung in dieser Sache durchführen sollte.

77. ECRI empfiehlt der österreichischen Volksanwaltschaft, ihre Befugnisse einzusetzen, um Hinweise auf Racial Profiling und anderes Fehlverhalten von Polizeibeamten gegenüber Personen mit Migrationshintergrund zu untersuchen. Sie sollte außerdem einen regelmäßigen Dialog mit der Zivilgesellschaft führen.

2. Richtlinien zur Bekämpfung von Diskriminierung und Intoleranz gegenüber LGBT-Personen

78. In Österreich gibt es nur wenige offizielle Daten und Forschung über LGBT-Personen. Ihre Zahl wird auf mehrere Hunderttausend geschätzt.[116] Die LGBT-Umfrage der FRA bietet wertvolle Einblicke in die Lebensbedingungen, und die Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensstile (WASt) gab kürzlich eine Umfrage über die Lebensbedingungen von LGBT-Personen in der Hauptstadt in Auftrag. Alle zwei Jahre wird ein Preis für Forschung über Homosexualität vergeben.[117] ECRI ist der Meinung, eine quantitative und qualitative Forschung ist erforderlich, um die Lebensbedingungen von LGBT-Personen zu verstehen und um einen Rechtsrahmen und eine Politik für LGBT-Personen zu erarbeiten und zu evaluieren.

79. ECRI empfiehlt den Behörden, Forschung und Datenerhebung zu den Lebensbedingungen von LGBT-Personen zu initiieren, die auch die Themen Diskriminierung und Intoleranz umfassen.

– Gesetzgebung

80. Wie oben angeführt, wurde 2012 zwar der Grund der sexuellen Orientierung, nicht aber der Grund der Geschlechtsidentität in § 283 StGB über Anstiftung zum Hass aufgenommen. § 33 StGB nennt nicht explizit diese Gründe, die durch seine offene Liste erschwerender Umstände abgedeckt werden. Das Bundesgesetz GIBG verbietet Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung; die Geschlechtsidentität fällt unter den Grund Geschlecht.[118] Der Schutz für die sexuelle Orientierung ist jedoch auf den Bereich Beschäftigung beschränkt[119] und das GIBG findet keine Anwendung auf Fälle, wie z. B. die verweigerte Bedienung eines lesbischen Pärchens im berühmten Wiener Café Pückler im Jahr 2015.[120] Acht von neun Bundesländern haben den Anwendungsbereich des Schutzes auf die Bereiche Waren und Dienstleistungen ausgeweitet. Die Kenntnisse über diese Gesetzgebung und die Kompetenz der Gleichbehandlungsstellen sind jedoch relativ gering. Bei der LGBT-Umfrage der FRA antworteten 58%, die würden Diskriminierung nicht anzeigen, weil sie der Überzeugung sind, nichts würde passieren; 36% wussten nicht, wie oder wo sie eine Anzeige einreichen können.[121] Nur wenige Fälle gelangen vor die Gleichbehandlungsstellen oder die Gerichte.

81. ECRI begrüßt die Tatsache, dass Österreich 2010 ein Sondersystem der eingetragenen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt hat.[122] Österreich hat außerdem in Folge eines Urteils des EGMR den Krankenschutz auf den homosexuellen Partner eines Versicherten ausgeweitet.[123] Asyl kann aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität gewährt werden, und eingetragene Lebenspartner können von einer Familienzusammenführung profitieren.[124] Die Zivilgesellschaft hat jedoch eine Liste mit mehr als 40 Unterschieden zwischen der Regelung der Partnerschaften und der Ehe erstellt.[125] Mehrere diskriminierende Bestimmungen wurden seither als Folge der strategischen Prozesse abgeschafft. Diese betrafen u.a. Unterschiede in den Doppelnamen für eingetragene und verheiratete Personen und die Tatsache, dass nur verheiratete Personen nach der Vermählung den Namen ihres Partners annehmen konnten, dass die Partnerschaft nur beim Standesamt stattfinden konnte, dass unterschiedliche Zeremonien für Ehe und Partnerschaft durchgeführt wurden und dass die künstliche Befruchtung nur heterosexuellen Paaren zur Verfügung stand.[126] 2013 stellte der EGMR eine Verletzung aufgrund der unterschiedlichen Behandlung gleichgeschlechtlicher und unverheirateter heterosexueller Paare fest, die das Kind des Partners adoptieren wollten (Stiefelternadoption). In einem anderen Fall stellte er eine Diskriminierung fest, weil Österreich sich weigerte, Verurteilungen aus dem Strafregister eines schwulen Mannes für einvernehmliche homosexuelle Beziehungen mit einem Erwachsenen zu streichen.[127] Am 11. Dezember 2014 annullierte der österreichische Verfassungsgerichtshof das Verbot der gemeinsamen Adoption durch gleichgeschlechtliche Partner.[128]

82. Vertreter der Zivilgesellschaft haben einige der verbleibenden Unterschiede nicht angefochten, u.a. das Mindestalter von 18 Jahren anstatt von 16 Jahren für die Eintragung einer Partnerschaft. Während die Behörden im Begriff sind, die Gesetze an die vorstehenden Urteile des Gerichtshofs anzupassen[129], wurde das Urteil des EGMR über die Löschung von Verurteilungen aus dem Strafregister bisher noch nicht umgesetzt.[130] Die Behörden haben auf Bitte von ECRI eine Liste mit den verbleibenden Unterschieden in der Gesetzgebung erstellt, u.a. die Tatsache, dass Partner nicht denselben Familiennamen haben können,[131] unterschiedliche Vorschriften im Hinblick auf die gemeinsame Wohnung im Fall einer Trennung und die Vorschriften über künstliche Befruchtung und Adoption, die Gegenstand der Urteile in Ziffer 112 waren.

83. In Österreich gibt es Verwaltungsverfahren für die Änderung des Vornamens einer Transgender-Person, für die Anerkennung des Geschlechts und für die Änderung der Geschlechterbezeichnung in amtlichen Dokumenten. Es gibt aber keine spezifische Gesetzgebung zu diesen Themen, da der Verfassungsgerichtshof 2006 die sekundäre Gesetzgebung mit der Begründung annullierte, dieser fehle eine angemessene Rechtsgrundlage.[132] Laut Vertretern der Zivilgesellschaft verwenden die Behörden immer noch einen Erlass aus dem Jahr 1983.[133] Am 27. Februar 2009 entschied das Verwaltungsgerichtshof, dass, um Zugang zu einer rechtlichen Geschlechteranerkennung zu haben, es ausreichend sei, das Geschlecht verändernde Eingriffe durchgeführt zu haben, die zu einer signifikanten Ähnlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes des anderen Geschlechts führen; das Gericht erinnerte auch daran, dass die Geschlechteranerkennung nicht auf unverheiratete Personen beschränkt ist.[134] Es kann aus dieser Entscheidung abgeleitet werden, dass keine Sterilisation erforderlich ist. 2014 gab das Bundesministerium für Gesundheit Empfehlungen heraus, gemäß denen eine medizinische Beurteilung vor einer Änderung des personenbezogenen Status erforderlich sei. Das Verwaltungsgerichtsgerichtshof befand auch, dass die Änderung des Geschlechts berücksichtigt werden muss, wenn eine neue Heiratsurkunde ausgestellt wird.[135] Da es eine bestehende Rechtsunsicherheit zu wesentlichen Aspekten des Privatlebens von Transgender-Personen gibt, ist die ECRI der Meinung, die Behörden sollten Gesetze zu den in diesem Abschnitt erörterten Themen verabschieden. [136]

84. ECRI empfiehlt den Behörden, erneut zu prüfen, ob es eine objektive und angemessene Rechtfertigung für jeden der verbleibenden Unterschiede in den Vorschriften für verheiratete und gleichgeschlechtliche Paare gibt, und alle ungerechtfertigten Unterschiede zu beseitigen. Sie empfiehlt des Weiteren, den Zugang zur Geschlechtsumwandlung, die Änderung des Vornamens einer Transgender-Person, die Anerkennung des wahren Geschlechts und die Änderung der Geschlechterbezeichnung in Dokumenten gesetzlich zu regeln.

85. Die Gleichbehandlungskommission auf Bundesebene und die Volksanwaltschaft[137] sind für den Umgang mit LGBT-Fragen zuständig. ECRI verweist erneut auf die Empfehlung in Ziffer 14 und 47 dieses Berichts.

– Politik

86. Die LGBT-Umfrage der FRA aus dem Jahr 2012 zeigte ein vergleichsweise hohes Ausmaß an Diskriminierung, die von LGBT-Personen in Österreich erlebt wird.[138] 78% antworteten, beiläufige Witze über LGBT seien relativ oder sehr verbreitet im Alltag. 65% sind der Meinung, positive Maßnahmen zur Förderung der Achtung vor den Menschenrechte lesbischer, schwuler und bisexueller Personen (LGB) seien recht oder sehr selten. 60% stimmten sehr und 27% stimmten zu, ein Training für Beamte (z. B. Polizei, Lehrkräfte) über die Rechte von LGBT würde ihre Situation verbessern. Bei Transgender-Personen lag die Zahl bei 77%. LGB-Vertreter meldeten in positiver Hinsicht, dass ihre Situation sich verbessert und dass der Sieg von Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest 2014 zu einem besseren öffentlichen Bewusstsein über LGB-Themen geführt. habe Die Situation von Transgender-Personen ist nach wie vor sehr viel schlechter; die allgemeine Bevölkerung und die Beamten wissen nur wenig über deren Situation. Es gibt auch nur geringe Kenntnisse über intersexuelle Personen.[139]

87. ECRI ist der Meinung, die Behörden sollten bei LGBT-Themen einen systematischeren Ansatz verfolgen. Sie sollten eine Strategie oder einen Aktionsplan annehmen, um das Recht auf Gleichbehandlung von LGBT-Personen sicherzustellen und um sich um die konkreten Bedürfnisse jeder Untergruppe und auch die von intersexuellen Personen zu kümmern. Des Weiteren sollte eine Verwaltungseinheit auf Bundesebene mit der Auftrag betraut werden, Forschung zu und politische Leitlinien für LGBT-Personen zu initiieren und zu koordinieren.[140] Auf Länderebene kann Wien als gutes Beispiel dienen. Die WASt hat die Aufgabe, Diskriminierung von LGBT-Personen zu eliminieren und ein soziales Klima zu schaffen, in dem alle Menschen gleichberechtigt leben.

88. ECRI empfiehlt den Behörden, auf Bundesebene eine Stelle damit zu beauftragen, einen Aktionsplan oder ein umfassendes Programm für LGBT-Personen zu entwickeln und zu koordinieren, um sicherzustellen, dass LGBT-Personen gleichberechtigt mit anderen in Österreich leben können.

89. Der Coming-Out-Prozess ist eine besonders sensible Phase bei jungen LGBT-Personen. Viele von ihnen werden Opfer von Mobbing; und Homosexuelle sind einem höheren Suizidrisiko ausgesetzt als Heterosexuelle. Bei der FRA-Umfrage antworteten 73%, sie hätten an ihrer Schule noch nie offen darüber gesprochen, LGBT zu sein. Ca. 90% stimmten zu oder stimmten uneingeschränkt zu, dass Maßnahmen, die an der Schule durchgeführt werden, um die Achtung für LGB-Personen zu erhöhen, ihnen ermöglichen würde, sich als LGB-Personen wohler zu fühlen (82% der Transgender-Personen antworteten ebenso). Die Forschung zeigt, dass LGBT-Themen nicht systematisch oder standardmäßig in der Schule behandelt werden, obwohl die sexuelle Aufklärung Teil des Lehrplans ist. So gibt es z. B. in Wien keine Vorgaben bezüglich der Anzahl der Stunden für die sexuelle Aufklärung, die zu behandelnden Themen und das eingesetzte Material und die Methoden. Die Lehrkräfte sind nicht ausreichend vorbereitet, um LGBT-Themen anzusprechen und behandeln sie nicht angemessen oder gar nicht.[141] Der Erlass des Bundesministeriums für Bildung über die sexuelle Aufklärung stammt aus dem Jahr 1990 und nennt weder Homosexualität noch gleichgeschlechtliche Partnerschaft, noch Regenbogenfamilien, noch sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität.[142] Dessen ungeachtet werden spezielle Informationen und Kurse für Schulen von den LGBT-Organisationen angeboten.

90. ECRI begrüßt die Tatsache, dass die Behörden momentan den Erlass über sexuelle Aufklärung überarbeiten; gleichzeitig ist die ECRI der Meinung, dass zusätzliche Bemühungen der Schulen und/oder anderer Behörden erforderlich sind, um jungen LGBT-Personen während ihres Coming-Out die erforderliche Unterstützung und Hilfestellung zu bieten und um sie vor Mobbing und Diskriminierung zu schützen.

91. ECRI empfiehlt den Bundes- und Landesbehörden sicherzustellen, dass alle LGBT-Jugendlichen die notwendigen Informationen, Hilfestellungen und den erforderlichen Schutz erhalten, um in Einklang mit ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität leben zu können. Sie empfiehlt ihnen außerdem, insbesondere an den Schulen Maßnahmen umzusetzen, die das gegenseitige Verständnis und die gegenseitige Achtung aller Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität fördern.

EMPFEHLUNGEN DER ZWISCHENPRÜFUNG

Die zwei konkreten Empfehlungen, für die ECRI die österreichischen Behörden zu einer vorrangigen Umsetzung auffordert, sind die Folgenden:

• ECRI empfiehlt den Behörden, die verschiedenen Antidiskriminierungsgesetze und -institutionen des Bundes und der Länder zusammenzulegen, um den Schutz der Opfer von Rassismus und Diskriminierung zu verbessern.

• ECRI empfiehlt Österreich nachdrücklich, das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art zu ratifizieren.

Spätestens zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Berichts wird ECRI in Bezug auf diese zwei Empfehlungen ein Verfahren zur Zwischenprüfung durchführen.

LISTE DER EMPFEHLUNGEN

Die Fundstellen für die Empfehlungen im Berichtstext stehen in Klammern.

1. (§ 3) ECRI wiederholt ihre Empfehlung an die Behörden, das Protokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention zu ratifizieren.

2. (§ 11) ECRI empfiehlt den Behörden, das Strafrecht in der in den vorstehenden Absätzen aufgeführten Weise in Übereinstimmung mit ECRIs Allgemeiner Politikempfehlung Nr. 7 zu bringen; insbesondere sollten sie (i) die Bestimmungen über nationalsozialistisch motivierte Straftaten auf alle rassistisch motivierten Handlungen ausweiten, (ii) die Lücken im Schutz vor Verhetzung zu Hass und Diskriminierung und öffentlichen rassistischen Beleidigungen und Verleumdungen schließen, (iii) die aus rassistischen Gründen begangene öffentliche Leugnung, Trivialisierung, Rechtfertigung oder Billigung von Kriegsverbrechen unter Strafe stellen (iv) die Herstellung und Lagerung aller bildlichen oder anderweitigen Materialien unter Strafe stellen, die rassistische Äußerungen enthalten, (v) jede Diskriminierung in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit unter Strafe stellen, und (vi) abschreckende Sanktionen für diskriminierende Stellen- und Wohnungsanzeigen vorsehen.

3. (§ 14) ECRI empfiehlt den Behörden, die verschiedenen Antidiskriminierungsgesetze und -institutionen des Bundes und der Länder zusammenzulegen, um den Schutz der Opfer von Rassismus und Diskriminierung zu verbessern.

4. (§ 22) ECRI empfiehlt den Behörden, die Antidiskriminierungsgesetze in der in den vorstehenden Absätzen aufgeführten Weise in Übereinstimmung mit der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7 zu bringen; insbesondere sollten die Bundesbehörden (i) in das Gleichbehandlungsgesetz ein allgemeines Diskriminierungsverbot für den öffentlichen und privaten Sektor und alle Diskriminierungsgründe, einschließlich Staatsangehörigkeit, aufnehmen, (ii) sicherstellen, dass die Opfer ihre Rechte auf einfache Weise durchsetzen können, (iii) sicherstellen, dass die Opfer eine angemessene Entschädigung erhalten, (iv) die Vorschriften über die Beweislast verstärken und (v) die Möglichkeit vorsehen, alle rassistischen Organisationen aufzulösen.

5. (§ 26) ECRI empfiehlt erneut, der Gleichbehandlungsanwaltschaft die Befugnis zu verleihen, Diskriminierungsopfer in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren zu vertreten. Laut Grundsatz 5 der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 2 zu Fachorganen zur Bekämpfung von Rassismus sollten die Gleichbehandlungsanwälte und die Gleichbehandlungskommissionen auf organisatorischer Ebene vollständig unabhängig sein und frei von Eingriffen anderer staatlicher Behörden arbeiten.

6. (§ 28) ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, die Aufhebung der Einschränkungen zu erwägen, dass die Opfer von Diskriminierung erst dann eine Beschwerde bei der Österreichischen Volksanwaltschaft einlegen können, wenn ihnen kein anderer Rechtsbehelf zur Verfügung steht.

7. (§ 32) ECRI empfiehlt den Behörden, ein IT-basiertes System zu schaffen, um rassistische, homo- und transphobe Vorfälle und die Anzahl der Fälle zu registrieren und zu verfolgen, in denen die Staatsanwaltschaft mit solchen Vorfällen befasst wurde und diese letztendlich als rassistische, homo- und transphobe Straftaten eingestuft hat (Ziffer 12 der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 11 zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in der Polizeiarbeit).

8. (§ 42) ECRI empfiehlt Österreich nachdrücklich, das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art zu ratifizieren.

9. (§ 44) ECRI empfiehlt, das Straf- und Verwaltungsrecht strikter anzuwenden, um die Aktivitäten von Organisationen einzudämmen, die rassistische Ideologien propagieren. Dieses Vorgehen sollte das Verhängen von Sanktionen und die Auflösung solcher Organisationen einschließen.

10. (§ 47) ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, einschließlich der Mitglieder der Regierung, der Volksanwaltschaft und den Fachstellen, Hassrede systematisch entgegenzutreten und zu verurteilen und Instrumente zu entwickeln, um deren Einsatz, besonders bei Wahlkämpfen, vorzubeugen und zu bekämpfen.

11. (§ 52) ECRI empfiehlt den Behörden, Folgendes zu fördern: (i) den Beitritt weiterer Medien zum Presserat, (ii) die Achtung und Veröffentlichung seiner Entscheidungen durch Nichtmitglieder, (iii) die Ausweitung des Mandats des Presserats auf alle Medien oder die Einrichtung ähnlicher Gremien für andere Arten von Medien, einschließlich Radio und Fernsehen, (iv) das Prinzip, dass die Medien nur dann die ethnische Zugehörigkeit von mutmaßlichen Tätern offenlegen, wenn dies absolut notwendig ist und einem legitimen Zweck dient und (v) die Selbstregulierung, um das Entfernen von Hassrede im Internet zu gewährleisten. Die Behörden sollten die Medien sensibilisieren, ohne deren redaktionelle Unabhängigkeit einzuschränken, Angehörigen schutzbedürftiger Gruppen einen angemessenen Raum zu geben, sich selbst zu präsentieren. ECRI empfiehlt den Behörden, in diesen Bereichen notfalls den Erlass gesetzgeberischer Regelungen zu erwägen. Die Behörden sollten schließlich sicherstellen, dass auch die Polizei und die Justiz nur dann die ethnische Zugehörigkeit mutmaßlicher Straftäter offenlegt, wenn dies absolut notwendig ist und einem legitimen Zweck dient

12. (§ 64) ECRI empfiehlt, dass die klassischen Teile der Verwaltung, wie z. B. die Schulverwaltung auf Bundes- und Regionalebene, die Arbeitsverwaltung, Gesundheitsbehörden und anderen staatlichen Stellen, Kernelemente der Integrationspolitik übernehmen.

13. (§ 68) ECRI empfiehlt den Behörden, den Grundsatz der Integration von Anfang an auch in den Bereichen Asyl und subsidiärer Schutz zu verwirklichen. Sie sollten ein Konzept für den Umgang mit besonderen Integrationsanforderungen der betroffenen Personen erarbeiten und implementieren.

14. (§ 70) ECRI empfiehlt den Behörden zur nachhaltigen Integration wichtiger Teile der Bevölkerung sicherzustellen, dass sich jede Einschränkung und unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf das Praktizieren des Islams im Rahmen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hält.

15. (§ 74) ECRI empfiehlt den Behörden, die Umsetzung konkreter Programme und Projekte zu beschleunigen, um die Ziele der Roma-Strategie zu erreichen. Besondere Aufmerksamkeit sollte der weiteren Stärkung der Handlungskompetenz der Roma und ihrer Organisationen durch positive Maßnahmen gewidmet werden.

16. (§ 77) ECRI empfiehlt der österreichischen Volksanwaltschaft, ihre Befugnisse einzusetzen, um Hinweise auf Racial Profiling und anderes Fehlverhalten von Polizeibeamten gegenüber Personen mit Migrationshintergrund zu untersuchen. Sie sollte außerdem einen regelmäßigen Dialog mit der Zivilgesellschaft führen.

17. (§ 79) ECRI empfiehlt den Behörden, Forschung und Datenerhebung zu den Lebensbedingungen von LGBT-Personen zu initiieren, die auch die Themen Diskriminierung und Intoleranz umfassen.

18. (§ 84) ECRI empfiehlt den Behörden, erneut zu prüfen, ob es eine objektive und angemessene Rechtfertigung für jeden der verbleibenden Unterschiede in den Vorschriften für verheiratete und gleichgeschlechtliche Paare gibt, und alle ungerechtfertigten Unterschiede zu beseitigen. Sie empfiehlt des Weiteren, den Zugang zur Geschlechtsumwandlung, die Änderung des Vornamens einer Transgender-Person, die Anerkennung des wahren Geschlechts und die Änderung der Geschlechterbezeichnung in Dokumenten gesetzlich zu regeln.

19. (§ 88) ECRI empfiehlt den Behörden, auf Bundesebene eine Stelle damit zu beauftragen, einen Aktionsplan oder ein umfassendes Programm für LGBT-Personen zu entwickeln und zu koordinieren, um sicherzustellen, dass LGBT-Personen gleichberechtigt mit anderen in Österreich leben können.

20. (§ 91) ECRI empfiehlt den Bundes- und Landesbehörden sicherzustellen, dass alle LGBT-Jugendlichen die notwendigen Informationen, Hilfestellungen und den erforderlichen Schutz erhalten, um in Einklang mit ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität leben zu können. Sie empfiehlt ihnen außerdem, insbesondere an den Schulen Maßnahmen umzusetzen, die das gegenseitige Verständnis und die gegenseitige Achtung aller Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität fördern.

Literatur

Diese Bibliografie listet die wichtigsten veröffentlichten Quellen auf, die für die Prüfung der Situation in Österreich verwendet wurden. Sie ist nicht als vollständige Liste aller Informationsquellen zu betrachten, die ECRI während des Verfassens dieses Berichtes zur Verfügung standen.

European Commission against Racism and Intolerance (ECRI)

1. ECRI (2013), Conclusions on the implementation of the recommendations in respect of Austria subject to interim follow-up, CRI(2013)4.

2. ECRI (2010), Fourth report on Austria, CRI(2010)2.

3. ECRI (2005), Third Report on Austria, CRI(2005)1.

4. ECRI (2001a), Second Report on Austria, CRI(2001)3.

5. ECRI (1999), Report on Austria, CRI(99)7.

6. ECRI (1996), General Policy Recommendation No.1: Combating racism, xenophobia, antisemitism and intolerance, CRI(96)43 rev.

7. ECRI (1997), General Policy Recommendation No. 2: Specialised bodies to combat racism, xenophobia, antisemitism and intolerance at national level, CRI(97)36.

8. ECRI (1998a), General Policy Recommendation No. 3: Combating racism and intolerance against Roma/Gypsies, CRI(98)29 rev.

9. ECRI (1998b), General Policy Recommendation No. 4: National surveys on the experience and perception of discrimination and racism from the point of view of potential victims, CRI(98)30.

10. ECRI (2000), General Policy Recommendation No. 5: Combating intolerance and discrimination against Muslims, CRI(2000)21.

11. ECRI (2001b), General Policy Recommendation No. 6: Combating the dissemination of racist, xenophobic and antisemitic material via the Internet, CRI(2001)1.

12. ECRI (2003), General Policy Recommendation No. 7: National legislation to combat racism and racial discrimination, CRI(2003)8.

13. ECRI (2004a), General Policy Recommendation No. 8: Combating racism while fighting terrorism, CRI(2004)26.

14. ECRI (2004b), General Policy Recommendation No. 9: The fight against antisemitism, CRI(2004)37.

15. ECRI (2007a), General Policy Recommendation No. 10: Combating racism and racial discrimination in and through school education, CRI(2007)6.

16. ECRI (2007b), General Policy Recommendation No. 11: Combating racism and racial discrimination in policing, CRI(2007)39.

17. ECRI (2009), General Policy Recommendation No. 12: Combating racism and racial discrimination in the field of sport, CRI(2009)5.

18. ECRI (2011), General Policy Recommendation No. 13: Combating anti-Gypsyism and discrimination against Roma, CRI(2011)37.

19. ECRI (2012), General Policy Recommendation No. 14: Combating racism and racial discrimination in employment, CRI(2012)48.

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[*] Diese Empfehlung unterliegt einer Zwischenprüfung durch ECRI, spätestens zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Berichts.
[2]Laut der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7 von ECRI bedeutet „Rassismus” die Überzeugung, dass ein Beweggrund wie „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft die Missachtung einer Person oder Personengruppe oder das Gefühl der Überlegenheit gegenüber einer Person oder Personengruppe rechtfertigt. „Rassendiskriminierung“ meint jede unterschiedliche Behandlung aufgrund von „Rasse“, Hautfarbe, Sprache, Religion, Nationalität oder nationaler oder ethnischer Abstammung, die keine objektive und begründete Rechtfertigung aufweist.
[3] Maktouf und Damjanović gegen Bosnien-Herzegowina, Nr. 2312/08 und 34179/08, 18. Juli 2013, § 81; siehe auch den Begründungstext zu Protokoll Nr. 12, insbesondere die Absätze 24-28.
[4] Ein Ministererlass nennt die Zahlen. Vgl. auch Ziffer 38 des Begründungstextes zur Empfehlung Nr. 7.
[5] Im gleichen Sinne UN CERD 2012: § 10.
[6] Österreichischer Verfassungsgerichtshof 13 Os 154/ 03, 14.1.2004 und 11 Os 87/ 10v, 28.9.2010.
[7] Entscheidung des Oberstaatsanwaltes von Wien, das Verfahren gegen Herrn Mölzer einzustellen Nr. (038) 8 OStA 171/ 14s, 27.7.2014 (siehe nachstehend Absatz 49); Berufungsgericht Innsbruck, 11 Bs 110/ 13h, 30.04.2013.
[8] Rassistische Drohungen sind jedoch gemäß § 115 (Drohungen),§ 275 (Drohungen gegen die Bevölkerung oder einen Teil derselben – 800 bis 1.000 Personen), § 33 StGB (erschwerende Umstände) und § 3g VbtG (nationalsozialistische Aktivitäten) strafbar. Öffentliche Beleidigungen und Verleumdung sind gemäß §§ 115, 117.3, 283.2 StGB strafbar.
[9] Vgl. EU 2014b: 5.
[10] European Network of Legal Experts in the Non-discrimination Field (ENLENF; Europäische Expertengruppe im Bereich Diskriminierung) 2013: 7, 26, 79. Für weitere Details sehen Sie bitte Bundesministerium für Bildung und Frauen 2014b: 130 ff.
[11] § 10ff Bundesverfassungsgesetz (B-VG).
[12] Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz 2014: 67 ff. listet 35 Rechtstexte auf. Es gibt z. B. ein Antidiskriminierungsgesetz auf Bundesebene und neun Antidiskriminierungsgesetze auf Länderebene für die Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Für eine unvollständige Liste der Gleichbehandlungsstellen vgl. http://www.gleichbehandlungsanwaltschaft.at/site/7701/default.aspx, aufgerufen am 16.12.14.
[13] Volksanwaltschaft 2013: 61 ff.; Menschenrechtskommissar des Europarats 2012; ZARA 2014: 66.
[14] Eine weitere Möglichkeit zur Optimierung des Systems ist in § 148i B-VG enthalten.
[15] Die Gleichbehandlungsanwaltschaft hat auf Bundesebene 23 Stellen. Die ehrenamtlichen Mitglieder der drei Kammern des Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres werden von drei Anwälten und mehreren Schreibkräften unterstützt. Die Landesvolksanwaltschaft in der Steiermark hat vier Mitarbeiter und eine vergleichbare Stelle in Wien drei Stellen. In Wien wurden vier Stellen für LGBT-Fragen eingerichtet (vgl. §87) und sechs Stellen bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft.
[16] http://www.bmeia.gv.at/integration/hotline-gegen-diskriminierung/, aufgerufen am 20.5.15.
[17] In der Praxis wird der Grund der Hautfarbe durch den Grund der ethnischen Zugehörigkeit abgedeckt, vgl. Bundesministerium für Bildung und Frauen 2014b: 124. Laut der Behörden wird der Grund der Geschlechtsidentität durch den Grund Geschlecht, und der Grund der „Rasse“ durch den Grund ethnische Zugehörigkeit abgedeckt. Es ist eine bewusste Entscheidung, nicht den Terminus „Rasse“ zu verwenden.
[18] DerStandard.at 2015a.
[19] Vgl. EU 2013: 19. Sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität sind ebenfalls abgedeckt, vgl. nachstehend Ziffer 80
[20] Vgl. UPR-Empfehlung 93.8, österreichische Regierung 2013b: 48 und Bundesministerium für Bildung und Frauen 2014b: 125. In der Vergangenheit sind zwei Initiativen zur Vereinheitlichung des Schutzes vor Diskriminierung im Parlament gescheitert, Klagsverband 2012.
[21] Bundesvergabegesetz. Vertragsnehmer müssen außerdem über eine Unternehmenslizenz verfügen; diese kann entzogen werden, wenn der Vertragsnehmer gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen hat (§ 87 Industriecode).
[22] Für gute Praxis vgl. Menschenrechtsbeirat der Stadt Graz 2014: 135 ff.
[23] § 12.1 des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlungskommission und den Gleichbehandlungsbeauftragten (GBK/GAW-Gesetz) gibt nur der Kommission die Befugnis zu prüfen, ob es einen Verstoß gegen die Auflage der Gleichbehandlung gegeben hat.
[24] § 62 GIBG. Laut Vertretern der Zivilgesellschaft, die sich mit der Delegation der ECRI getroffen haben, zögern die Arbeiterkammern, i.e. Organisationen, die die Interessen von 3 Mio. österreichischen Arbeitnehmern und Verbrauchern vertreten, Diskriminierungsopfern zu helfen.
[25] ENLENF 2013b: 79 ff. So wurde z. B. die Entschädigung für den wiederholt verweigerten Zutritt zu einer Kneipe von 1.500 € auf 250 € gesenkt. Bei bestimmten Beschäftigungsverhältnissen ist die Entschädigung für immaterielle Schäden auf max. 500 € begrenzt (§ 26.1.2 GIBG). Zum Vergleich: § 6 des österreichischen Mediengesetzes sieht erhebliche Entschädigungssummen für Straftaten vor, die durch die Medien erfolgen.
[26] ENLENF 2013a: 5. Für einen Überblick zur Rechtsprechung vgl. Bundesministerium für Bildung und Frauen 2014a: 218 ff.
[27] Republik Österreich 2013a: 47; Volksanwaltschaft 2013: 61 ff.
[28] Vgl. auch Bundesministerium für Bildung und Frauen 2014b: 128.
[29] § 2.8 Presseförderungsgesetz 2004 und §§ 4.3, 7.5 Publizistikförderungsgesetz. 2010 musste die Freiheitliche Partei Österreich – FPÖ – 1.000 Euro für ein Seminar mit dem Titel „Grundlagen über den Islam“ erstatten, Rechnungshof 2014: 31.
[30] Laut Zivilgesellschaft wurde bisher nur eine einzige Organisation wegen Förderung von Rassismus aufgelöst. Die Behörden können aus ihren Statistiken keine Fälle aufgelöster rassistischer Organisationen ablesen. Laut einem Bericht des Verfassungsschutzamtes hat sich ein Neonazi-Verein selbst aufgelöst, nachdem die Behörden einen Antrag auf Auflösung gestellt hatten, Innenministerium 2014: 47.
[31] Unabhängige nationale Stellen, die ausdrücklich mit dem Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Intoleranz und Diskriminierung aufgrund u.a. von ethnischer Zugehörigkeit, Hautfarbe, Staatsangehörigkeit, Religion und Sprache (Rassendiskriminierung) betraut sind. Alle neun Bundesländer haben ebenfalls Gleichbehandlungsstellen eingerichtet.
[32] Vgl. §§ 5.2, 5.1, 12.4, 12.1, 13.1, 5,4, 12.1, 5.2 GBK/GAW-Gesetz. In der Praxis bemüht sich die Gleichbehandlungsanwaltschaft um gütliche Einigungen, ENLENF 2013a: 7.
[33] Die Gleichbehandlungskommission kann Gerichtsverfahren anstrengen, wenn die diskriminierende Person nicht ihren Vorschlägen nachkommt (§ 12.4 GBK/GAW-Gesetz). Die Gleichbehandlungsanwaltschaft hat das gleiche Recht, wenn sie das Verfahren bei der Gleichbehandlungskommission eingeleitet hat.
[34] Für weitere Einzelheiten siehe die Schlussfolgerungen der ECRI im Zwischenbericht über Österreich.
[35] Die Gleichbehandlungskommission wurde innerhalb des Kanzleramtes eingerichtet und später ins Bundesministerium für Bildung und Frauen verlegt.
[36] Der zuvor fehlende Verweis auf die Menschenrechte im Mandat der Volksanwaltschaft war der Hauptgrund, warum sie 2011 nur den B-Status erhielt, UN ICC Unterausschuss für Akkreditierung 2011: 11. § 148i B-VG sieht vor, dass die Länder die Bundesanwaltschaft auch für ihre Verwaltung für zuständig erklären können.
[37] Österreichische Volksanwaltschaft 2012: 61 ff.
[38] Dieser Abschnitt behandelt rassistische und homo-/transphobe Hassbotschaften. Für eine Definition von „Hassrede“ vgl. die Empfehlung Nr. R (97) 20 des Ministerkomitees, angenommen am 30. Oktober 1997.
[39]Die 110 Fälle, die in diese drei Gruppen fallen, wurden ODHIR gemeldet, OSZE 2013: 25.
[40] Bundesministerium für Inneres 2014: 17 ff.
[41] ZARA 2014: 58. Vgl. auch Bundesministerium für Inneres 2014: 20.
[42] Philipp und Starl 2013: 29 ff.
[43] FRA 2012a.
[44] Vgl. ZARA 2013 und 2014; für 2013 hat das Forum gegen Antisemitismus 49 Fälle von Hassmails/Hassanrufen und 21 weitere Fälle von verbalen Beleidigungen/Drohungen/Belästigungen registriert, FGA 2014; das Romano Centro veröffentlichte einen Bericht über 82 neuere Fälle von Diskriminierung von Roma, einschließlich Hassrede, Roman Centro 2013.
[45] Rosenberger und Seeber 2011: 181 ff.
[46] Für Beispiele siehe United Press International 2015 und thelocal.at 2015.
[47] 2005 wurde die BZÖ von Jörg Haider und anderen Mitgliedern der FPÖ gegründet. Trotz anfänglicher Wahlerfolge erreichte sie 2013 nicht die Mindestprozentzahl von 4%, um in das Bundesparlament zu gelangen.
[48] Jahresberichte von ZARA; insbesondere ZARA 2013: 58 ff.; ENAR 2012.
[49] Diepresse.com 2014a; ZARA 2013: 28 ff.; ZARA 2014: 30: „Mein Plan für Innsbruck: Heimatliebe statt Marokkanerdiebe“.
[50]Die Überschrift der Pressmitteilung lautete: „U-Bahn-Sexmonster versteckt sich in der türkischen Gemeinde in Brigittenau! Ungebildet, kriminell und frauenfeindlich – die gewünschten Ziele einer multikulturellen Gesellschaft?“
[51] Andreas Mölzer musste zugeben, dass er gesagt hatte, die EU sei ein „Konglomerat von Negern”; DerStandard.at 2014a. Ihm wird auch vorgeworfen, einen Artikel verfasst zu haben, in dem die Familie des schwarzen Fußballspielers David Alaba herabwürdigt wird, Süddeutsche Zeitung 2014.
[52] ZARA 2014: 32: im Dezember 2013 äußerte ein Bürgermeister, der dieser Partei angehört, antisemitische und fremdenfeindliche Sätze während einer Debatte über die Unterbringung von Asylsuchenden. Für weitere Beispiele von Hassrede siehe Ziffer 38 und die Jahresberichte von ZARA.
[53] Bundesministerium für Inneres 2014: 15 ff. und 63 ff.; ZARA 2014: 55 ff.
[54] Bundesministerium für Inneres 2003: 26.
[55] Einzelne Mitglieder können immer noch der Beobachtung unterliegen, wenn sie verdächtig sind, gegen das Strafrecht zu verstoßen.
[56] Spiegelonline 2013a, 2013b und 2014; FAZ 2013; FMI 2013: 58; Weidinger 2015: 443 ff.; Peham 2014: 13 ff.
[57] Bundesministerium für Inneres 2013: 19 ff. Diese Webseite, Meldestelle NS-Wiederbetätigung, kann aufgerufen werden unter: http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_verfassungsschutz/meldestelle/, aufgerufen am 20.05.2015.
[58] Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik an der Johannes Kepler Universität Linz 2012: 21 ff. Für homophobe Hassrede vgl. http://www.profil.at/articles/1421/983/375446/shitstorm-conchita-wurst-heinz-fischer.
[59] Romano Centro 2013: 14
[60] Diepresse.com 2014b.
[61] Im Dezember 2014 verbot die Schulbehörde das Betreiben dieser Schule nach Beendigung des laufenden Schuljahrs, da sie sich geweigert hatte, eine Liste ihrer Lehrkräfte und Verwaltungsmitarbeiter vorzulegen; standard.at 2014e.
[62] Bundesministerium für Inneres 2014: 50 ff.; Focusonline 2014; Vorarlberg.orf.at 2014; vgl. DerStandard.at 2014c.
[63] So veröffentlichte z. B. im Dezember 2012 die Gratiszeitung „heute“ einen Artikel über einen Mordfall in Klagenfurt; obwohl es keinerlei Informationen über die Herkunft des Täters gab, wird er beschrieben als die „Sorte Mann, die in der Regel und glücklicherweise hinterm Mond lebt. In Ländern, in denen beim Beten das Hinterteil höher ist als der Kopf. Sie betrachten ihre Partnerinnen als Eigentum. Wenn sie versucht, selbständig zu werden, fühlen sie sich in ihrem Stolz verletzt und drehen durch“, ZARA 2014: 27. Am 23. Dezember 2013 schrieb die Kronen Zeitung über einen Überfall auf einen Taxifahrer: „Kurz vor der Ankunft zog der Südländer (einer der Hunderten von kriminellen Ausländern, die unsere Heimat unsicher machen) ein Messer“, Österreichischer Presserat, Entscheidung Nr. 2013/1. Am 20. März 2013 veröffentlichte die Tiroler Tageszeitung unter der Überschrift „Der Marokkaner, der mit Bier und Toast statt mit Drogen handelt“ die folgende Passage „Nordafrikaner in Innsbruck haben tatsächlich nur zwei Möglichkeiten: Drogen zu handeln oder ins Gefängnis zu gehen“, ZARA 2014: 32.
[64] In Bezug auf Roma siehe Roma Centro 2014: 14 und Österreichischer Presserat, Entscheidung Nr. 2014/18 und 27 über mehrere Artikel in der Kronen Zeitung. In Bezug auf Asylsuchende vgl. Österreichischer Presserat, Entscheidung Nr. 2013/78, 80 und 82 über mehrere Artikel, die in derselben Zeitung veröffentlicht wurden. Die Artikel suggerieren, dass drei Asylsuchende, die in einem Kloster untergebracht waren, die Köpfe einer kriminellen Bande waren, und mit dem Menschenhandel 20 Mio. Euro verdient hätten. Der Österreichische Presserat stellte fest, dass die Zeitung gegen die Vorschriften einer ordnungsgemäßen Recherche und den Datenschutz verstoßen hatte. Siehe auch ZARA 2014: 26.
[65] Schoibl 2013; Salzburger Nachrichten 2014; Romano Centro 2013: 17. ECRI begrüßt die Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs, das absolute Bettelverbot in Salzburg verstoße gegen die Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 10 EMRK), Nr. G155/10, 30.6.2012.
[66]Leider trauen sich erfolgreiche Roma nicht, ihre Herkunft offenzulegen, Schmatz 2014: 10.
[67] Vgl. Ziffer 97 im vierten Bericht von ECRI über Österreich.
[68] ZARA 2014: 29 ff.; Heute.at 2014
[69] Bundesministerium für Inneres 2013: 45 ff.; 2014: 20.
[70] Oe24.at 2014a.
[71] Bis zum 5. November wurde gegen 193 bekannte Personen und weitere 77 unbekannte Personen gemäß § 283 StGB ermittelt. Es gab 23 Verurteilungen.
[72] oe24.at 2014b; Diepresse.com 2014b.
[73] 2009 führte dies zur moralischen Verurteilung eines FPÖ-Politikers, der sich besonders mit Hassrede hervortat, Steiermark.orf.at 2009.
[74] Die Gleichbehandlungskommission (auf Bundesebene) kann sich aufgrund von Einschränkungen ihres Mandats nur mit Hassrede in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und Sozialdienste befassen. ECRI verweist erneut auf die Empfehlung in Ziffer 22 (i).
[75] http://www.zusammen-oesterreich.at/index.php?id=2.
[76] Medien-Servicestelle Neue Österreicher/innen 2012.
[77] m-media.or.at 2014b.
[78] Gruber, O., Herczeg, P., Wallner, C. 2012; Brantner, C., Herczeg, P. 2012.
[79] Siehe die Entscheidungen, die auf der Internetseite des Presserates veröffentlicht wurden: http://www.presserat.at. Ziffer 7.2 des Ehrenkodex besagt: „Jede Diskriminierung wegen des Alters, einer Behinderung, des Geschlechts sowie aus ethnischen, nationalen, religiösen, sexuellen, weltanschaulichen oder sonstigen Gründen ist unzulässig.“
[80] Vgl. Ziffer 38 und die Expertenmeinung Haas 2012: 192 ff.
[81] http://googlepublicpolicy.blogspot.co.at/2014/09/fighting-online-hate-speech.html und http://www.adl.org/combating-hate/cyber-safety/best-practices/.
[82] FRA 2012b: 11.
[83] DiePresse.com 2013.
[84] Nach Mutmaßungen, ein weiterer Mord – der an einem Rumänen im Jahr 2011 -sei rassistisch motiviert gewesen, prüften die Behörden erneut auf Voreingenommenheit; sie kamen zu dem Schluss, der Täter habe keine bestimmte Ideologie ausgelebt, sondern er sei der Überzeugung, es gebe zu viele Migranten in Österreich.
[85] FRA 2012a. Vgl. auch OSZE 2013: 45. Siehe auch den Menschenrechtsbeirat der Stadt Graz 2014: 37.
[86] Romano Centro 2013: 17; Salzburg.orf.at 2014b und c.
[87] Für weitere Einzelheiten vgl. Salzburg.orf.at 2014a und DerStandard.at 2015b.
[88] WienerZeitung.at 2012; DerStandard 2011; DerStandard.at 2014d.
[89] Statistik Österreich 2013: 8 und 2014: 9. Erste Generation meint Personen, die im Ausland geboren wurden, zweite Generation meint Personen mit einem im Ausland geborenen Elternteil.
[90] Expertenrat für Integration 2014.
[91] Trotz des Titels finden keine Verhandlung und kein Vertragsabschluss zwischen den Behörden und dem Ausländer statt.
[92] Republik Österreich 2010: 9.
[93] Statistik Österreich 2014: 9. Die Zahl war vorher viel höher.
[94] Dies war das Jahr, in dem der Migrant Integration Policy Index (MIPEX) zum letzten Mal für Österreich aktualisiert wurde; Österreich lag auf dem 24. Platz. MIPEX berücksichtigte die ersten positiven Auswirkungen des NAP-I.
[95]Expertenrat für Integration 2014: 7. Das System deckt die Bereiche Bildung, Beschäftigung, Gesundheit und soziale Angelegenheiten, Sicherheit, Wohnen und Integrationsklima ab. Statistik Österreich veröffentlicht Jahresberichte über Integration.
[96] Für die Ziffern 60 bis 62 und die dort genannten Zahlen siehe bitte Statistik Österreich 2013 und 2014.
[97] Philipp und Starl 2013: 3 ff.; m-media.or.at 2014b.
[98] Statistik Österreich 2014: 13.
[99] Bundesministerium für Familie und Jugend 2014.
[100] Statistik Österreich 2014: 42 ff.
[101]Expertenrat für Integration 2014: 33.
[102] Für diesen Absatz vgl. den Expertenrat für Integration 2014: 33 ff.
[103] UNHCR 2013: 9 ff. Volksanwaltschaft 2012: 25 ff.; 2013: 116; Ammer 2013: 2 ff.
[104] Vgl. Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften.
[105]Für weitere Details vgl. OSZE/ODIHR 2014: 3 ff.
[106]OSZE/ODIHR 2014: 3 ff.; Hafez 2014; OSZE 2012: 51 ff.
[107]Die Allgemeine Politikempfehlung Nr. 5 von ECRI über die Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung von Muslimen, EGMR, Jehovas Zeugen in Österreich gegen Österreich, Nr. 27540/05, 25.09.2012, Ziffer 28 ff. und der Serie anderer österreichischer Diskriminierungsfälle, die dort zitiert wird.
[108]Europarat, Europäische Kommission für Demokratie durch Recht 2014: 49 ff.
[109] ECRI hat bereits in Ziffer 8, 10 und 21 dieses Berichts erklärt, wie man das Straf-, Zivil- und Verwaltungsrecht in Übereinstimmung mit den Ziffern 16, 17 und 18g der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7 einsetzen kann, um alle Formen von rassistischen Organisationen zu bekämpfen, einschließlich jener, die sich augenscheinlich für die Förderung religiöser Überzeugungen einsetzen. Vgl. auch Europarat, Europäische Kommission für Demokratie durch Recht 2014: 37 ff. und Stavros 2014.
[110] Magyar Kerestény Mennonita Egyház und andere gegen Ungarn, Nr. 70945/11, 23611/12, 26998/12, 41150/12, 41155/12, 41463/12, 41553/12, 54977/12 und 56581/12, 8.4.2014, Ziffer 79 ff.
[111] In Österreich gibt es sechs anerkannte nationale Minderheiten: die kroatische Minderheit im Burgenland, die slowenische Minderheit, die ungarische Minderheit, die tschechische Minderheit, die slowakische Minderheit und die Roma-Minderheit. Da die Roma immer noch besonders schutzbedürftig sind, konzentriert sich ECRI in ihrem 5. Bericht auf diese historische Minderheit. Für Programme für den Schutz und die Integration nationaler Minderheiten siehe die dritte Stellungnahme des Beratenden Ausschusses zum Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, ACFC 2011:
[112] Bundeskanzleramt 2012: 6. Für eine Bandbreite an Schätzungen siehe Schmatz et al. 2014: 10 ff.
[113] Ein Aufruf für Projekte des ESF im Bereich Beschäftigung war immer noch nicht veröffentlicht worden, als die ECRI-Delegation ihren Kontaktbesuch im November 2014 durchführte.
[114] Für weitere Informationen vgl. http://www.fairundsensibel.at/.
[115] Philipp und Starl 2013; Inou und Achaleke 2011.
[116] Die Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensstile (WASt) schätzt die Zahl der LGBT-Personen, die in Wien leben, auf 180.000. Vgl. auch die Forschung und die Umfragen, die in den letzten Berichten der ECRI über Deutschland und Norwegen zitiert werden. Transgender-Personen sind bei weitem die kleinste der vier Gruppen. Vertreter der österreichischen Zivilgesellschaft nennen die Zahl von 80 Fällen von Geschlechtsumwandlungen pro Jahr.
[117] http://www.agpro.at/foerderpreis1.html.
[118] Nowak 2010: 26.
[119] Nowak 2010: 26. ECRI verweist erneut auf die Empfehlung in Ziffer 22 (i) dieses Berichts.
[120] DerStandard.at 2015a.
[121] EU FRA 2015: 3; EU FRA 2012a; Nowak 2010: 4.
[122] In seinem Urteil im Fall Schalk und Kopf gegen Österreich, Nr. 30141/04, 24.06.2010, befand der EGMR, dass die EMRK einen Staat nicht verpflichtet, gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe zu ermöglichen.
[123] P.S. und J.S. gegen Österreich, Nr. 18984/02, 22.07.2010.
[124] FRA 2014: 4.
[125] Rechtskomitee Lambda 2010.
[126] Verfassungsgerichtshof, Nr. B 518/ 11, 22.09.2011; Nr. G 131/11, 03.03.2012; Nr. G 18, 19/2012, 29.06.2012; Nr. B 121/ 11 und B 137/ 11, 12.12.2012; Nr. G 16/2013 und G 44/2013, 10.12.2013.
[127] X und andere gegen Österreich, Nr. 19010/07, 19.02.2013; E.B. und andere gegen Österreich, Nr. 31913/07, 38357/07, 48098/07 et al., 7.11.2013.
[128] Verfassungsgerichtshof, Nr. G 119-120/2014-12, 11.12.2014.
[129] Bezüglich künstliche Befruchtung vgl. Bundesministerium der Justiz 2014b.
[130]Rechtskomitee Lambda 2014. Vgl. auch die Erklärungen Österreichs, zusammengefasst unter: https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?Ref=DH-DD(2014)1006&Language=lanEnglish&Site=CM.
[131] Vgl. zu diesem Thema Verwaltungsgerichtshof Nr. 2012/01/0005, 23.09.2014; Rechtskomitee Lamda 2014a.
[132] Verfassungsgerichtshof Nr. V4/06, 08.06.2006.
[133] http://transx.at/Lib/Law/BMI1983.pdf. Siehe auch den Menschenrechtsbeirat der Stadt Graz 2014: 36 und Verfassungsgerichtshof, 3.12.2009, Nr. B1973/08.
[134] Verwaltungsgerichtshof, Nr. 2008/17/0054, 27.02.2009; vgl. auch Verfassungsgerichtshof Nr. B1973/08, 3.12.2009. Für den Moment scheint es unter internationalen Standards nicht erforderlich zu sein, dass es möglich sein sollte, den Namen zu ändern oder eine Geschlechteranerkennung ohne vorherige medizinische Beurteilung durchzuführen, Menschenrechtskommissar des Europarats 2010: 13 ff.; Europarat, Ministerkomitee 2010: § 20, aber vgl. Ziffer 34 des des Begründungstextes.
[135] Verwaltungsgerichtshof, Nr. 2010/17/0042, 29.11.2010.
[136] Vgl. Menschenrechtsbeirat der Stadt Graz 2014: 38 bis 39, 135.
[137] Vgl. Volksanwaltschaft 2013: 73 ff. über Brustvergrößerungen bei Transgender-Frauen.
[138] FRA 2012a. So antworteten z. B. 41% aller LGBT-Personen, sie fühlten sich in den vorausgegangenen 12 Monaten diskriminiert, weil sie L, G, B oder T seien. 53% aller Transgender-Personen sagten das gleiche.
[139]Menschenrechtsbeirat der Stadt Graz 2014: 38 bis 39. Zu den konkreten Angelegenheiten von intersexuellen Personen, insbesondere frühe chirurgische Eingriffe, vgl. z. B. Europarat, Parlamentarische Versammlung 2013; Eidgenössische Ethikkommission für die Gentechnik im außerhumanen Bereich 2012; Deutscher Ethikrat 2012.
[140] ECRI findet es positiv, dass eine NRO, die Regenbogenfamilien vertritt, in den Familienrat aufgenommen wurde, der vom Bundesministerium für Familie und Jugend eingerichtet wurde.
[141] Siehe die Studie des dänischen Instituts für Menschenrechte 2009: 4 ff., die vom Menschenrechtskommissar des Europarats in Auftrag gegeben wurde; Wien.orf.at 2014.
[142] Bundesministerium für Bildung, Kunst und Kultur 1994. Für Regenbogenfamilien siehe Menschenrechtskommissar des Europarats 2010: 96 ff.

Zuletzt aktualisiert am September 18, 2021 von eurogesetze

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