Allgemeine politik-Empfehlung Nr. 16 der ECRI über den Schutz irregulärer Migranten vor Diskriminierung. Verabschiedet am 16. März 2016

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Allgemeine politik-Empfehlung Nr. 16 der ECRI über den Schutz irregulärer Migranten vor Diskriminierung

Verabschiedet am 16. März 2016

Straßburg, 10. Mai 2016

Veröffentlichung der
Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI)
Europarat – 2016
Gedruckt in Straßburg

Allgemeine politiK-Empfehlung Nr. 16
der ECRI
über den Schutz irregulärer
Migranten vor Diskriminierung

Verabschiedet am 16. März 2016

Zusammenfassung:

Im Sinne dieser Allgemeinen Politik-Empfehlung sind unter „irregulären Migranten“ Personen zu verstehen – Frauen, Männer und Kinder –, die sich in einem Mitgliedsstaat aufhalten, welcher nicht ihr Herkunftsland ist, und die nach nationalem Recht nicht oder nicht mehr die Bedingungen für die Einreise oder den Aufenthalt in diesem Mitgliedsstaat erfüllen.

Ziel der Allgemeinen politischen Empfehlung ist die Behandlung eines dringenden Diskriminierungsproblems, welches eine erhebliche Anzahl an irregulären Migranten in den Mitgliedsstaaten schwerwiegend beeinträchtigt. Sie befasst sich ausschließlich mit der Frage des Zugangs aller Personen dieser besonders gefährdeten Gruppe zu jenen Menschenrechten, welche ihnen in internationalen Menschenrechtsinstrumenten garantiert werden, insbesondere in Bezug auf Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnen, soziale Sicherheit und staatliche Unterstützung, Arbeitsschutz und Zugang zur Justiz, solange sie sich im Hoheitsbereich eines Mitgliedsstaats befinden.

Zu diesem Zweck ruft die vorliegende Allgemeine Politik-Empfehlung zur Schaffung von wirksamen Maßnahmen (im Folgenden „Schutzbarrieren“) auf, um staatliche und private Akteure daran zu hindern, irregulären Migranten ihre Menschenrechte faktisch zu verweigern, indem es ausdrücklich verboten wird, personenbezogene Daten von oder andere Informationen über Personen, bei denen der Verdacht auf irregulären Aufenthalt oder irreguläre Beschäftigung besteht, zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen mit den Einwanderungsbehörden auszutauschen.

Die vorliegende Allgemeine Politik-Empfehlung betrifft in keiner Weise die Rechtsvorschriften und Praktiken der Mitgliedsstaaten im Hinblick auf die Ausweisung irregulärer Migranten, noch befasst sie sich mit Fragen und Problemen des möglichen Zugangs zum Arbeitsmarkt oder der Legalisierung von Personen mit derartigem irregulärem Status.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI):

Unter Hinweis darauf, dass nach Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte alle Menschen „frei und gleich an Würde und Rechten geboren“ sind;

unter Hinweis darauf, dass die in den internationalen Instrumenten der Vereinten Nationen, des Europarates und anderer internationaler Organe sowie in den nationalen Gesetzgebungen formulierten Menschenrechte das Erbe aller Menschen sind;

unter Berücksichtigung einer weit gefassten Definition von „irregulären Migranten“ im Sinne von Personen – Frauen, Männern und Kindern –, die sich in einem Mitgliedsstaat aufhalten, welcher nicht ihr Herkunftsland ist, und die nicht oder nicht mehr die gesetzlichen Bedingungen für die Einreise oder den Aufenthalt in diesem Mitgliedsstaat erfüllen;

unter Betonung des Umstands, dass alle Migranten, einschließlich irregulärer Migranten, Menschenrechte haben, darunter bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte; unter Hinweis darauf, dass das Völkerrecht in dieser Hinsicht Mindestnormen festlegt, welche ohne jegliche Diskriminierung aus Beweggründen, die gemäß dem Mandat der ECRI verboten sind, garantiert werden müssen;

unter Anerkennung des Rechtes aller Staaten als Ausdruck der nationalen Souveränität in Abhängigkeit von ihren Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte, einschließlich des Diskriminierungsverbots und des Grundsatzes der Gleichbehandlung, die Einreise und den Aufenthalt ausländischer Staatsangehöriger in ihr und auf ihrem Hoheitsgebiet zu kontrollieren; unter gleichzeitiger Berücksichtigung, dass die nationale Souveränität die Verpflichtung zum Schutz der Menschenrechte aller Personen im Hoheitsbereich eines Staates beinhaltet;

unter Hinweis darauf, dass jene Personen, die Staaten als irreguläre Migranten eingestuft haben, und insbesondere Kinder, zu den gefährdetsten von allen Personen gehören, die staatlichem Handeln unterworfen sind, und deshalb im Hinblick auf den Schutz ihrer Grundrechte besonderer Aufmerksamkeit bedürfen;

unter Berücksichtigung der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Protokolle und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte;

unter Berücksichtigung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen, des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, der Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels, der Konvention gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen, des Übereinkommens über die Arbeitsaufsicht, des Übereinkommens über Wanderarbeiter (Neufassung), des Übereinkommens über Wanderarbeitnehmer (ergänzende Bestimmungen) und der Konvention über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte;

unter Berücksichtigung der besonderen Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, gemäß dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes stets dem Kindeswohl vorrangig Rechnung zu tragen, wenn es um die Situation des Kindes und seiner Eltern geht, ungeachtet ihres Einwanderer- oder Migrationsstatus;

unter Berücksichtigung der Europäischen Sozialcharta (revidiert) und der Rechtsprechung des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte;

unter Berücksichtigung des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten und der dazugehörigen Instrumente;

unter Hinweis auf Entschließung 1509 (2006) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Menschenrechte irregulärer Migranten; Empfehlung 1985 (2011) mit dem Titel „Irreguläre Migrantenkinder ohne Ausweisdokumente: ein wirklicher Grund zur Sorge“; Empfehlung 1917 (2010) zum Thema „Migranten und Flüchtlinge: eine kontinuierliche Herausforderung für den Europarat“; Empfehlung 1975 (2011) mit dem Titel „Zusammenleben im Europa des 21. Jahrhunderts: Weiterverfolgung des Berichts der Gruppe herausragender Persönlichkeiten des Europarates“; Empfehlung CM/Rec(2011)13 des Ministerkomitees zu Mobilität, Migration und Zugang zur Gesundheitsversorgung; sowie Entschließung 2059 (2015) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zum Thema „Kriminalisierung irregulärer Migranten: ein Verbrechen ohne Opfer“;

unter Hinweis auf die Berichte des UN-Sonderberichterstatters für die Menschenrechte von Migranten, insbesondere die Regionalstudie aus dem Jahr 2013 zum Grenzschutz an den Außengrenzen der Europäischen Union und dessen Auswirkungen auf die Menschenrechte von Migranten; die Berichte der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Genuss des maximal zu erreichenden Standards von leiblicher und seelischer Gesundheit und für das Recht auf Bildung;[1] sowie den Bericht des Büros des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte aus dem Jahr 2014 zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten irregulärer Migranten;

unter Hinweis auf die Allgemeine Bemerkung Nr. 2 des Ausschusses für Wanderarbeitnehmer zu den Rechten irregulärer Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen (2013) und die Berichte der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, insbesondere ihren Bericht aus dem Jahr 2015 zum Thema „Die Kosten des Ausschlusses von der Gesundheitsversorgung: der Fall der irregulären Migranten“;

unter Hinweis auf die Standpunkte des Menschenrechtskommissars des Europarates zu den Grundrechten irregulärer Migranten und insbesondere das Themenpapier aus dem Jahr 2007 zu den Menschenrechten irregulärer Migranten in Europa und das Themenpapier aus dem Jahr 2010 mit dem Titel „Kriminalisierung von Migration in Europa: Auswirkungen auf die Menschenrechte“;

unter Hinweis auf die Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes und insbesondere ihres Augenmerks auf die gefährdetsten Kinder, wie unbegleitete Minderjährige;

unter Hinweis darauf, dass die Aufgabe der ECRI die Bekämpfung von Rassismus,[2] Rassendiskriminierung,[3] Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz in einem größeren Europa aus einer Menschenrechtsperspektive ist und sie im Rahmen ihrer länderbezogenen Monitoring-Tätigkeit stets die Situation von Nichtstaatsangehörigen untersucht hat, einschließlich irregulärer Migranten;

unter Hinweis auf die Allgemeinen politischen Empfehlungen Nr. 1 zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz; Nr. 2 zu Fachorganen zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz auf nationaler Ebene; Nr. 7 zur nationalen Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung; Nr. 8 zur Bekämpfung von Rassismus beim Kampf gegen den Terrorismus; Nr. 10 zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung im und durch Schulunterricht; Nr. 11 zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in der Polizeiarbeit; sowie Nr. 14 zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in Beschäftigung und Beruf;

unter Hinweis auf die Tatsache, dass die Bekämpfung von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz ein fester Bestandteil des Schutzes und der Förderung der allgemeinen und unteilbaren Menschenrechte ist, welche die Rechte eines jeden Menschen ohne jeden Unterschied sind;

unter Anerkennung, dass darüber hinaus die angeborene Würde und Gleichheit irregulärer Migranten als einzelner Menschen von den staatlichen Behörden verlangen, von Reden abzusehen, welche Diskriminierung aus gemäß dem Mandat der ECRI verbotenen Beweggründen fördern oder stillschweigend rechtfertigen; ebenso erfordern diese, dass sie es vermeiden, Migration als ausschließlich wirtschaftliches oder Sicherheitsproblem zu verorten, wodurch die menschliche Dimension außer Acht gelassen wird;

unter Hinweis auf die Verletzlichkeit von Menschen – Frauen, Männern und Kindern – die, ungeachtet ihres Rechtsanspruchs auf den Genuss von Menschenrechten, feststellen, dass sie, aufgrund der besonderen Status, welche Staaten Nichtstaatsangehörigen zuweisen, von bestimmten nationalen Regelungen zu Rechten ausgeschlossen und Zwangsmaßnahmen unterworfen sind, welche sie dazu nötigen sollen, den Staat zu verlassen;

unter Berücksichtigung des zunehmenden Umfangs der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte, welche die Verpflichtung der Staaten zum Schutz der Grundrechte aller Menschen in ihrem Hoheitsbereich darlegt, einschließlich irregulärer Migranten, insbesondere im Hinblick auf Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnen, soziale Sicherheit und staatliche Unterstützung, Arbeitsschutz und Zugang zur Justiz;

unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Schutz der Menschenrechte aller Personen, einschließlich jener mit irregulärem Status im Hoheitsbereich eines Mitgliedsstaates, in der Praxis eine strikte Trennung von Einwanderungskontroll- und entsprechenden Vollzugsmaßnahmen von anderen öffentlichen und privaten Diensten verlangt; unter Berücksichtigung, dass dies zudem die Schaffung von „Schutzbarrieren“ erfordert, um sowohl im Recht als auch in der Praxis zu verhindern, dass staatliche und private Akteure irregulären Migranten ihre Menschenrechte faktisch verweigern, indem es ausdrücklich verboten wird, personenbezogene Daten von oder andere Informationen über Migranten, bei denen der Verdacht auf irregulären Aufenthalt oder irreguläre Beschäftigung besteht, zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen mit den Einwanderungsbehörden auszutauschen;

unter Betonung des Umstands, dass diese „Schutzbarrieren“ für die staatlichen Behörden und den Privatsektor bindend sein müssen, um gemäß den Zielen der einschlägigen Allgemeinen politischen Empfehlungen der ECRI die Menschenrechte jener Migranten in vollem Umfang zu schützen, welche als irregulär gelten.

empfiehlt den Regierungen der Mitgliedsstaaten:

1. sicherzustellen, dass alle irregulären Migranten – Frauen, Männer und Kinder – in vollem Umfang vor jeglicher Form von Diskriminierung geschützt werden, auch durch die Verabschiedung entsprechender Rechtsvorschriften im Einklang mit internationalen Normen und Instrumenten, darunter den einschlägigen Allgemeinen politischen Empfehlungen der ECRI;

2. die grundlegenden Menschenrechte irregulärer Migranten zu achten, unter anderem im Bereich der Bildung, der Gesundheitsversorgung, des Wohnens, der sozialen Sicherheit und staatlichen Unterstützung, des Arbeitsschutzes und der Justiz;

3. Einwanderungskontrolle und entsprechende Vollzugsmaßnahmen von der Bereitstellung von Diensten und der Gewährleistung der Rechte irregulärer Migranten in ihrem Hoheitsbereich zu trennen und so dafür zu sorgen, dass die Rechte dieser Migranten garantiert werden, und die Behörden, deren Hauptaufgaben in anderen Bereichen liegen (etwa im Bereich der Bildung, der Gesundheitsversorgung, des Wohnens, der sozialen Sicherheit und staatlichen Unterstützung, des Arbeitsschutzes und der Justiz), von Eingriffen durch mit der Einwanderung und den entsprechenden Vollzugstätigkeiten verbundenen Maßnahmen und Institutionen zu entlasten;

4. die personenbezogenen Daten aller Personen, einschließlich irregulärer Migranten, im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen zu schützen und sicherzustellen, dass alle staatlichen Behörden bei begründetem Verdacht auf kriminelle Aktivitäten von identifizierten Personen oder aus Gründen der nationalen Sicherheit auf den Einzelfall abgestimmte, besondere Genehmigungen einholen müssen, bevor sie personenbezogene Daten anfordern, welche durch das Recht auf Achtung der Privatsphäre geschützt sind;

5. die bestehenden Verpflichtungen in Bezug auf irreguläre Migrantenkinder in ihrem Hoheitsbereich anzuerkennen und zu bekräftigen und dafür zu sorgen, dass alle Maßnahmen, die irreguläre Migranten betreffen, eingedenk der Verpflichtung zur Achtung der Rechte des Kindes entwickelt werden, insbesondere des Grundsatzes, dass dem Kindeswohl vorrangig Rechnung zu tragen ist;

6. das Recht auf Achtung des Familienlebens anzuerkennen und zu garantieren, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es dem Kindeswohl entspricht, bei seinen Eltern oder einem Elternteil, Familienmitglied oder Vormund zu leben, ungeachtet ihres Einwanderer- oder Migrationsstatus;

7. sicherzustellen, dass irreguläre Migranten vollen, diskriminierungsfreien Zugang zu angemessenen administrativen und gerichtlichen Rechtsbehelfen haben, darunter gegen Akteure des Privatsektors wie Vermieter oder Arbeitgeber, ohne dass die Gefahr besteht, dass ihre personenbezogenen Daten oder andere Informationen zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen mit den Einwanderungsbehörden ausgetauscht werden;

8. im Einklang mit dem Geist der Resolution 3449 (2433. Vollversammlung, 9. Dezember 1975) der Generalversammlung der Vereinten Nationen über Maßnahmen zur Gewährleistung der Menschenrechte und Würde aller Wanderarbeitnehmer und der Entschließung 2059 (2015) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zum Thema „Kriminalisierung irregulärer Migranten: ein Verbrechen ohne Opfer“ davon abzusehen, jene Migranten, die ohne Einreise- oder Aufenthaltsgenehmigung in einen Mitgliedsstaat eingereist sind oder sich in diesem aufhalten, als „illegal“ zu bezeichnen;

I. INTERNATIONALE RECHTSINSTRUMENTE

9. wenn dies noch nicht erfolgt ist, sämtliche im Anhang zur vorliegenden Empfehlung angeführten Instrumente zu zeichnen und zu ratifizieren und in jedem Fall umzusetzen;

II. DISKRIMINIERUNG AUFGRUND DER STAATSBÜRGERSCHAFT

10. im Einklang mit der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 der ECRI alle Formen von Diskriminierung im Sinne des Mandats der ECRI zu verbieten, darunter aufgrund der Staatsbürgerschaft; jede unterschiedliche Behandlung muss gesetzlich festgelegt und durch vernünftige Gründe gerechtfertigt sein sowie einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden;

III. SCHUTZ IRREGULÄRER MIGRANTEN IN SCHLÜSSELBEREICHEN ÖFFENTLICHER UND PRIVATER DIENSTE

a) Allgemeine Bestimmungen

11. sicherzustellen, dass keine öffentliche oder private Einrichtung, welche Dienstleistungen im Bereich der Bildung, der Gesundheitsversorgung, des Wohnens, der sozialen Sicherheit und staatlichen Unterstützung, des Arbeitsschutzes und der Justiz bereitstellt, Melde- und Anzeigepflichten zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen unterliegt;

12. Rechtsvorschriften, allgemeine politische Leitlinien und andere Maßnahmen auszuarbeiten, um öffentlichen und privaten Einrichtungen die Weitergabe und den Austausch personenbezogener Daten von oder anderer Informationen über Migranten, bei denen der Verdacht auf irregulären Aufenthalt besteht, an die und mit den Einwanderungsbehörden zu jeglichen Zwecken zu verbieten, mit Ausnahme von außergewöhnlichen Umständen, welche gesetzlich festgelegt sind und Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung und eines diesbezüglichen Rechtsbehelfs sein können;

13. die Durchführung von Einsätzen zur Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen innerhalb oder in unmittelbarer Nähe von Schulen, Gesundheitseinrichtungen, Unterkunftsanlaufstellen (einschließlich Wohnungsvermittlungsagenturen, Notunterkünften und Wohnheimen), Rechtshilfezentren, Tafeln und religiösen Einrichtungen zu verbieten;

14. sicherzustellen, dass die Bereitstellung sozialer und humanitärer Hilfeleistungen für irreguläre Migranten in allen Bereichen, welche in die Zuständigkeit öffentlicher oder privater Dienste fallen, nicht zur Straftat erklärt werden;

15. die zuständigen Behörden zu ermutigen, in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft irreguläre Migranten, Dienstleistungsanbieter und staatliche Behörden für den Anspruch und den Zugang jeder Person, ungeachtet ihres Einwanderer- oder Migationsstatus, zu Diensten (wie Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnen, soziale Sicherheit und staatliche Unterstützung, Arbeitsschutz und Justiz) zu sensibilisieren;

16. zu gewährleisten, dass Einwanderungskontroll- und entsprechende Vollzugsmaßnahmen nicht zur Anwendung unverhältnismäßiger Einschränkungen des Rechts, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen, führen, wie etwa einem allgemeinen Verbot der Eheschließung oder der Auferlegung von Beschränkungen, welche über die Überprüfung, ob es sich um eine Scheinehe handelt, hinausgehen oder welche Migranten oder ihre Ehepartner aus gemäß dem Mandat der ECRI verbotenen Beweggründen diskriminieren;

17. dafür zu sorgen, dass irreguläre Migranten sowohl gemäß dem Recht als auch in der Praxis in der Lage sind, die Geburt ihrer Kinder, die innerhalb des Hoheitsbereichs eines Mitgliedsstaats geboren werden, zu melden und für diese eine Geburtsurkunde zu erhalten, ohne dass die Gefahr besteht, dass ihre personenbezogenen Daten oder andere Informationen zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen mit den Einwanderungsbehörden ausgetauscht werden;

b) Bildung

18. den Zugang zu Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, der Primar- und Sekundarstufe für Kinder irregulärer Migranten und irreguläre unbegleitete Minderjährige unter den gleichen Bedingungen wie bei Staatsangehörigen des Mitgliedsstaats zu garantieren;

19. sicherzustellen, dass die Schulbehörden für die Anmeldung keine Unterlagen zum Einwanderer- oder Migrationsstatus verlangen, welche irreguläre Migranten nicht vorlegen können;

20. dafür zu sorgen, dass Kinder irregulärer Migranten oder irreguläre unbegleitete Minderjährige in den Mitgliedsstaaten Bescheinigungen über ihr Bildungsniveau erhalten können;

c) Gesundheitsversorgung

21. sicherzustellen, dass das Recht auf Gesundheitsversorgung im nationalen Recht für alle Personen, einschließlich irregulärer Migranten und jener unter ihnen, die bedürftig sind, formell garantiert wird und notfallmedizinische Behandlungen und weitere Formen der notwendigen medizinischen Versorgung umfasst;

22. zu gewährleisten, dass die Gesundheitsdienstleister für die Aufnahme keine Unterlagen zum Einwanderer- oder Migrationsstatus verlangen, welche irreguläre Migranten nicht vorlegen können;

23. dafür zu sorgen, dass Angehörige der Gesundheitsberufe eine angemessene und geeignete Versorgung anbieten, indem sie dieselben Leitlinien, Protokolle und Verhaltenskodizes befolgen, an die sich medizinische und akademische Berufsverbände bei der Versorgung aller anderen Patienten halten;

24. sicherzustellen, dass irreguläre Migrantenkinder vollen Zugang zu staatlichen Impfprogrammen und pädiatrischer Versorgung haben und dass irreguläre Migrantinnen Zugang zu allen medizinischen Dienstleistungen in Verbindung mit der Mutterschaft haben;

d) Wohnen

25. zur Verringerung der Gefahr von Ausbeutung und Missbrauch zu gewährleisten, dass die Vermietung von Wohnungen an irreguläre Migranten nicht allein aufgrund ihres Einwanderer- oder Migrationsstatus zur Straftat erklärt wird;

26. einen Rahmen zu schaffen, durch welchen das Recht irregulärer Migranten auf eine Notunterkunft, darunter in Obdachlosenheimen, anerkannt und garantiert wird;

27. die besondere Verpflichtung anzuerkennen, angemessene Unterkünfte für alle Kinder zu gewährleisten, einschließlich jener, welche einen irregulären Status haben oder bei deren Eltern dies der Fall ist, ungeachtet der Tatsache, ob sie unbegleitet sind oder nicht;

e) Arbeitsschutz

28. sicherzustellen, dass allen Personen, ungeachtet ihres Einwanderer- oder Migrationsstatus, in der Gesetzgebung gemäß dem Grundsatz der Gleichbehandlung und im Einklang mit internationalen Arbeitsnormen – darunter gerechte Bezahlung und Zusatzleistungen, Arbeitszeit, Urlaub, soziale Sicherheit, Zugang zu Aus- und Weiterbildung und Arbeitsrechten, das Recht auf Koalitionsfreiheit und Kollektivverhandlungen, Unfallversicherung und Zugang zu Arbeitsgerichten des Mitgliedsstaates – menschenwürdige Arbeitsbedingungen garantiert werden;

29. ein wirksames System der Arbeitsplatzüberwachung und Arbeitsaufsicht zu gewährleisten, indem die Befugnisse und Aufgabenbereiche der Arbeitsaufsichtsbeamten von jenen der Einwanderungsbehörden getrennt werden;

30. wirksame Mechanismen einzurichten, um es irregulären Wanderarbeitnehmern zu ermöglichen, Beschwerden hinsichtlich der Arbeitsnormen gegen Arbeitgeber einzubringen und wirksame Rechtsbehelfe zu erlangen, ohne dass die Gefahr besteht, dass ihre personenbezogenen Daten oder andere Informationen zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen mit den Einwanderungsbehörden ausgetauscht werden;

31. wenn irreguläre Wanderarbeitnehmer in Form von Arbeitnehmeranteilen Beiträge zum Sozialversicherungssystem entrichtet haben, sicherzustellen, dass sie Anspruch auf die sich daraus ergebenden Leistungen oder eine Rückerstattung dieser Beiträge haben, wenn sie das Land verlassen müssen;

f) Polizei und Strafgerichtsbarkeit

32. den Missbrauch der Einwanderungskontroll- und entsprechender Vollzugsmaßnahmen zur Rechtfertigung der Profilerstellung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit unter allen Umständen zu verbieten und eine wirksame, unabhängige Überwachung aller Praktiken zu garantieren, die in den Bereich der Polizei, der nationalen Sicherheit und der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen fallen;

33. Garantien vorzusehen, damit irreguläre Migranten, die Opfer von Straftaten sind, ihre Rechte kennen und in der Lage sind, den Strafvollzugsbehörden alle Straftaten zu melden, vor Gericht als Zeuge auszusagen und effektiven Zugang zur Justiz und anderen Rechtsbehelfen haben, ohne dass die Gefahr besteht, dass ihre personenbezogenen Daten oder andere Informationen zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen mit den Einwanderungsbehörden ausgetauscht werden;

IV. UNTERSTÜTZUNG FÜR IRREGULÄRE MIGRANTEN: FACHORGANE UND ZIVILGESELLSCHAFT

34. wirksame unabhängige Fachorgane zu schaffen, um Migranten Hilfe zu leisten, einschließlich irregulärer Migranten, die ihren Angaben zufolge Opfer einer Diskriminierung geworden sind, welche der vorliegenden Allgemeinen politischen Empfehlung zuwiderläuft; wenn derartige Organe bereits bestehen, wie Gleichstellungsstellen, nationale Menschenrechtsinstitutionen oder Bürgerbeauftragte, zu gewährleisten, dass diese auch für irreguläre Migranten zur Verfügung stehen, die Zugang zu diesen haben sollten, ohne dass die Gefahr besteht, dass ihre personenbezogenen Daten oder andere Informationen zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen mit den Einwanderungsbehörden ausgetauscht werden;

35. zivilgesellschaftliche Organisationen zu ermutigen, dafür zu sorgen, dass ihre Tätigkeiten und Dienste jedem Einzelnen im Hoheitsbereich des Staates zugutekommen, soweit diese Tätigkeiten und Dienste die Achtung der Menschenrechte garantieren sollen.

36.

Anhang: Rechtsinstrumente

Instrumente des Europarates

· Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention) (1950) und ihre Zusatzprotokolle

· Europäische Sozialcharta (1961) und ihre Zusatzprotokolle

· Europäische Sozialcharta (revidiert) (1996)

· Europäisches Niederlassungsabkommen (1955)

· Europäisches Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (1981) und die dazugehörigen Instrumente

· Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (2011)

· Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels (2005)

Instrumente der Vereinten Nationen

· Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948)[4]

· Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966)

· Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966)

· Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen (1990)

· Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1965)

· Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (1979)

· Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1990)

· Konvention gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen (1960)

· Übereinkommen über die Arbeitsaufsicht, 1947 (Nr. 81) (ILO)

· Übereinkommen über Wanderarbeiter (Neufassung), 1949 (Nr. 97) (ILO)

· Übereinkommen über Wanderarbeitnehmer (ergänzende Bestimmungen), 1975 (Nr. 143) (ILO)

· Konvention über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte, 2011 (Nr. 189) (ILO)

Begründungstext

Diese Allgemeine Politik-Empfehlung behandelt ein dringendes Diskriminierungsproblem, welches die erhebliche Anzahl an irregulären Migranten in den Mitgliedsstaaten schwerwiegend beeinträchtigt – nämlich die Tatsache. dass sie aufgrund der ihrem Migrationsstatus innewohnenden Verletzlichkeit[5] nicht in der Lage sind, einige der Rechte wahrzunehmen, welche sie gemäß dem Völkerrecht haben.

In der vorliegenden Allgemeinen politischen Empfehlung werden „irreguläre Migranten“ als Personen – Frauen, Männer und Kinder – definiert, die sich in einem Mitgliedsstaat aufhalten, welcher nicht ihr Herkunftsland ist, und die nach nationalem Recht nicht oder nicht mehr die Bedingungen für die Einreise oder den Aufenthalt in diesem Mitgliedsstaat erfüllen. Die Tatsache, dass es sich um eine heterogene Gruppe handelt, welche sowohl Personen umfasst, die aus technischen Gründen einen irregulären Status haben, als auch jene, die möglicherweise vorsätzlich versucht haben, sich über nationale Regelungen zu Einreise- und Aufenthaltsbedingungen für Ausländer hinwegzusetzen oder diese zu umgehen, wird von der Allgemeinen politischen Empfehlung anerkannt. Vor diesem Hintergrund befasst sich die Allgemeine Politik-Empfehlung ausschließlich mit der Frage, wie sichergestellt werden kann, dass diese Personen für den Zeitraum – wie lange oder begrenzt dieser auch sein mag –, in dem sie sich noch im Hoheitsbereich eines Mitgliedsstaats befinden, effektiven Zugang zu bestimmten Grundrechten haben.

Der in der vorliegenden Allgemeinen politischen Empfehlung verfolgte Ansatz beruht auf der unbestreitbaren Tatsache, dass die Mitgliedsstaaten gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und ihrer Protokolle, der Europäischen Sozialcharta (revidiert) und anderer im Anhang der Allgemeinen politischen Empfehlung angeführten Instrumente zahlreiche Verpflichtungen eingegangen sind – insbesondere im Bereich der Bildung, der Gesundheitsversorgung, des Wohnens, der sozialen Sicherheit und staatlichen Unterstützung, des Arbeitsschutzes und der Justiz. Infolgedessen haben alle Migranten, einschließlich irregulärer Migranten, bestimmte bürgerliche, politische,[6] wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Obwohl die zugrundeliegenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nur minimale menschenrechtliche Normen festlegen, müssen diese ohne Diskriminierung aus verschiedenen Beweggründen, darunter der Migrationsstatus, garantiert werden.

Im Zentrum dieser Allgemeinen politischen Empfehlung steht die Schaffung von „Schutzbarrieren“, welche bestimmte staatliche Behörden, aber auch einige Akteure des Privatsektors, daran hindern, irregulären Migranten gewisse Grundrechte faktisch zu verweigern, indem es ausdrücklich verboten wird, personenbezogene Daten von und andere Informationen über Migranten, bei denen der Verdacht auf irregulären Aufenthalt besteht, zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen mit den Einwanderungsbehörden auszutauschen.[7] Der Austausch personenbezogener Daten und anderer Informationen stellt eine, häufig unüberwindbare, Hürde für irreguläre Migranten bei der Ausübung der ihnen zustehenden Grundrechte dar, da jeder Versuch, diese geltend zu machen, eher zu Einwanderungskontroll- und entsprechenden Vollzugsmaßnahmen als zur Anerkennung dieser Rechte führt.

Die Allgemeine Politik-Empfehlung hat nicht den Anspruch, sich mit den Rechtsvorschriften und Praktiken der Mitgliedsstaaten im Hinblick auf die Einreise, Ausweisung oder Inhaftierung irregulärer Migranten auseinanderzusetzen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat vor längerer Zeit daran erinnert, „dass die [EMRK] nicht als solches das Recht eines Fremden garantiert, in ein bestimmtes Land einzureisen oder (weiterhin) dort zu leben“ (Boultif gegen die Schweiz[8]). Der EGMR hat ebenfalls anerkannt, dass irreguläre Migranten unter bestimmten Umständen in Gewahrsam genommen werden dürfen. Allerdings entbindet das souveräne Recht der Mitgliedsstaaten, die Einreise und den Aufenthalt von Migranten zu kontrollieren, diese nicht von ihrer Pflicht, die Menschenrechte aller Personen in ihrem Hoheitsbereich ungeachtet ihres Einwanderer- oder Migrationsstatus zu schützen.

Die vorliegende Allgemeine Politik-Empfehlung umfasst die folgenden Rechtsgebiete und Politikbereiche: Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnen, soziale Sicherheit und staatliche Unterstützung, Arbeitsschutz und Justiz. Was den Bereich der Beschäftigung angeht, ist festzustellen, dass für irreguläre Migranten kein besonderes Recht besteht, ohne Arbeitserlaubnis einer Beschäftigung nachzugehen, und dass diese Allgemeine Politik-Empfehlung sich nicht mit der Frage des Zugangs zum Arbeitsmarkt befasst. Darüber hinaus beschäftigt sich die Allgemeine Politik-Empfehlung auch nicht mit dem Thema der Legalisierung von Personen mit irregulärem Status.

Es sollte jedoch beachtet werden, dass die ECRI in ihren länderbezogenen Monitoring-Berichten häufig die Verabschiedung umfassender und langfristiger Strategien zur Migration empfohlen hat, welche auch auf die Frage der irregulären Migration eingehen und die nötigen personellen und finanziellen Ressourcen sowie Schulungen für Beschäftigte, die direkten Kontakt mit irregulären Migranten haben, beinhalten, um die uneingeschränkte Einhaltung internationaler und europäischer Menschenrechtsnormen zu gewährleisten (siehe beispielsweise ihren vierten Bericht über Griechenland). Wie die ECRI in ihrem fünften Bericht über Griechenland festgestellt hat, tendiert die Öffentlichkeit dazu, in Not geratene irreguläre Migranten mit dem Verfall und der Verarmung bestimmter Gegenden in Verbindung zu bringen, was zu einer Zunahme von Rassismus und Intoleranz beiträgt.

Ziel der vorliegenden Allgemeinen politischen Empfehlung ist der Schutz der grundlegenden Menschenrechte aller Personen, ungeachtet ihres Einwanderer- oder Migrationsstatus. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass der universelle Charakter der Menschenrechte, welche für jeden im Hoheitsbereich eines Staates gelten sollen, nicht durch Regelungen untergraben wird, welche die Staatsbürgerschaft und den Migrationsstatus zur Voraussetzung für die Wahrnehmung dieser Rechte machen. Die Allgemeine Politik-Empfehlung will dieses Ergebnis nicht dadurch erreichen, dass sie für die Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten in Bezug auf Migration Auflagen vorsieht. Sie ist ausschließlich darauf beschränkt, dafür zu sorgen, dass alle Personen im Hoheitsbereich eines Staates Zugang zu den Menschenrechten haben, indem die Fälle begrenzt werden, in denen staatliche Behörden und Akteure des Privatsektors dazu gezwungen oder ermutigt werden können, personenbezogene Daten oder andere Informationen zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen mit den Einwanderungsbehörden auszutauschen.

Empfehlung 1

Die Staaten werden dazu ermutigt, Rechtsvorschriften zur Beseitigung jeglicher Formen von Diskriminierung zu verabschieden, welche unter das Mandat der ECRI fallen, und sicherzustellen, dass diese für alle Personen gelten, einschließlich irregulärer Migranten. Eine Liste der wichtigsten internationalen Rechtsinstrumente ist im Anhang zur Allgemeinen politischen Empfehlung enthalten. Die einschlägigen Allgemeinen politischen Empfehlungen der ECRI sind die Empfehlungen Nr. 1 zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz; Nr. 2 zu Fachorganen zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz auf nationaler Ebene; Nr. 7 zur nationalen Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung; Nr. 8 zur Bekämpfung von Rassismus beim Kampf gegen den Terrorismus; Nr. 10 zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung im und durch Schulunterricht; Nr. 11 zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in der Polizeiarbeit; sowie Nr. 14 zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in Beschäftigung und Beruf.

Empfehlung 2

Die Grundrechte aller Personen im Hoheitsbereich der Mitgliedsstaaten müssen geachtet werden.[9] Empfehlung 2 befasst sich unter anderem mit dem Recht auf Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnen, soziale Sicherheit und staatliche Unterstützung, Arbeitsschutz und Zugang zur Justiz. Die Bedeutung dieser Bereiche und ihre Einbeziehung in diese Allgemeine Politik-Empfehlung sind auf die Schlussfolgerungen zurückzuführen, zu denen die ECRI in ihren Länderberichten im Hinblick auf die Situation vieler irregulärer Migranten gelangt ist. Besonders in diesen Bereichen sind sie häufig Opfer von Diskriminierungen, sowohl direkt als auch indirekt. Auf der einen Seite sind nationale Rechtsvorschriften, welche irreguläre Migranten vom Recht auf Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnen, soziale Sicherheit und staatliche Unterstützung ausschließen (direkte Diskriminierung), verbreitet. Auf der anderen Seite versagen einige nationale Rechtsvorschriften irregulären Migranten den Zugang zu den Grundrechten von Arbeitnehmern, da jeder Versuch, derartige Rechte in Anspruch zu nehmen, zur Übermittlung personenbezogener Daten und anderer Informationen an die Einwanderungsbehörden führt (indirekte Diskriminierung). Die ECRI hat den Staaten in zahlreichen Monitoring-Berichten der vierten Runde beispielsweise empfohlen, den Zugang zu medizinischer Versorgung für alle Personen in ihrem Hoheitsbereich, ungeachtet ihres Rechtsstatus, gesetzlich zu garantieren (siehe die Berichte über Aserbaidschan, Griechenland, Schweden und Spanien). In ihrem vierten Bericht über Zypern äußerte die ECRI ihre Besorgnis darüber, dass die Kontaktdaten von Migrantenkindern bei ihrer Schulanmeldung regelmäßig an die Polizei weitergeleitet werden. Ausbeutung und Misshandlung von irregulären Wanderarbeitnehmern und missbräuchliche Arbeitsbedingungen werden in zahlreichen Länderberichten der ECRI hervorgehoben (siehe ihren vierten Bericht über Belgien, die Russische Föderation, Spanien und Zypern). Die ECRI hat ebenfalls empfohlen, die Vermietung von Wohnungen an irreguläre Migranten nicht mehr unter Strafe zu stellen (siehe ihren vierten Bericht über Italien und ihren fünften Bericht über Griechenland). In ihrem vierten Bericht über Spanien begrüßte die ECRI die Bestimmungen zur Eintragung aller Personen, ungeachtet ihres Migrationsstatus, in das Einwohnermelderegister, um ihnen den Zugang zur Gesundheitsgrundversorgung, sozialen Dienstleistungen und staatlicher Unterstützung zu ermöglichen; sie nahm jedoch mit Besorgnis zur Kenntnis, dass die Eintragung die Vorlage von Ausweis- und Aufenthaltsdokumenten erfordert. Die Ausgrenzung im Bereich Wohnen ist zudem mit der Rechtsprechung des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte unvereinbar, insbesondere mit seinen Entscheidungen in den Fällen Defence for Children International (DCI) gegen die Niederlande[10] und Konferenz Europäischer Kirchen gegen die Niederlande[11], in welchen der Ausschuss zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass die Bereitstellung von Notunterkünften auf der Grundlage des Bedarfs und nicht des Migrationsstatus eine Pflicht aller Staaten ist. Diese Rechtsprechung kann im weiteren Sinne auch auf andere grundlegende soziale Rechte angewandt werden.

Empfehlung 3

Die Anwendung der Einwanderungsbestimmungen darf nicht der ordnungsgemäßen Einhaltung der Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte im Weg stehen, welche die Staaten gegenüber allen Personen in ihrem Hoheitsbereich haben. Die legitimen Ziele der Justiz- und Innenministerien in Bezug auf die Einwanderungskontrolle und entsprechende Vollzugsmaßnahmen dürfen andere staatliche Stellen nicht daran hindern, ihren Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte gegenüber Personen nachzukommen, bei denen möglicherweise ein irregulärer Aufenthalt auf dem Hoheitsgebiet des Staates besteht. Obdachlose und jene, die Nahrungsmittelhilfe benötigen oder einer notwendigen medizinischen Behandlung bedürfen, oder auch Kinder, die eine Schulausbildung brauchen, fallen in die Zuständigkeit anderer Ministerien als jener der Justiz und des Innern, welche nicht mit der Einwanderungskontrolle in Verbindung stehen. Es muss eindeutige „Schutzbarrieren“ geben, welche die Tätigkeiten der staatlichen Stellen, welche Sozialdienstleistungen erbringen, und gegebenenfalls jene des Privatsektors von den Verpflichtungen im Bereich der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen trennen. Die Notwendigkeit, derartige „Schutzbarrieren“ zu schaffen, ist die unvermeidliche Folge der Verpflichtung der Staaten, alle Personen in ihrem Hoheitsbereich vor Diskriminierung zu schützen, wie es in zahlreichen Menschenrechtsübereinkommen und den Allgemeinen politischen Empfehlungen der ECRI dargelegt wird.[12]

Alle Tätigkeitsbereiche des öffentlichen und privaten Sektors, welche in dieser Allgemeinen politischen Empfehlung behandelt werden, sind von besonderer Bedeutung für die Gewährleistung der Menschenrechte aller Personen im Hoheitsbereich eines Staates. Aus einigen der Länderberichte der ECRI geht hervor, dass die Justiz- und Innenministerien häufig in diesen Bereichen ihren Kampf gegen die irreguläre Migration führen. In ihrem fünften Bericht über Griechenland beispielsweise hat die ECRI empfohlen, dass der Zugang irregulärer Migranten zu medizinischen Dienstleistungen, welche von Nichtregierungsorganisationen erbracht werden, nicht durch Polizeikontrollen erschwert werden sollte. Wenn Erwägungen bezüglich der Einwanderungskontrolle die Umsetzung der Menschenrechte in diesen Bereichen gefährden, sind die menschlichen Kosten beträchtlich. Erstens führt es zu sozialer Ausgrenzung und Not und bereitet Rassismus und Intoleranz den Boden (siehe Bemerkungen zu Empfehlung 10 der vorliegenden Allgemeinen politischen Empfehlung).[13] Die ECRI stellte in ihrem fünften Bericht über Griechenland fest, dass irreguläre Migranten, die ohne irgendeinen sozialen Schutz sich selbst überlassen werden, als Ausweg verlassene Häuser und baufällige Wohngebäude besetzen, was dazu führt, dass die Anwohner sie mit dem Verfall und der Verarmung dieser Gegenden in Verbindung bringen. Zweitens werden dadurch alle Migranten stigmatisiert, wenn Misstrauen geschürt wird und zum Zweck der Bekämpfung der irregulären Einwanderung kontinuierliche Überprüfungen des Migrationsstatus aller Personen erforderlich sind. Drittens hält es staatliche Stellen, die für die Erbringung sozialer und öffentlicher Dienstleistungen zuständig sind, von ihren Hauptpflichten ab und verlangt von ihnen, wertvolle Ressourcen für die Prioritäten der Justiz- und Innenministerien aufzuwenden. Viertens erzeugt es Misstrauen und Unstimmigkeiten unter den Beschäftigten, die mit Hilfsbedürftigen arbeiten, und löst Ängste bei den Personen aus, die bezüglich ihres Migrationsstatus unsicher sind oder einen irregulären Status haben, aber unbedingt Unterstützung benötigen.

Zwischen Tätigkeiten zur Einwanderungskontrolle und jenen zur Gewährleistung der Menschenrechte irregulärer Migranten ist eine Trennung erforderlich. Dafür müssen die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Einwanderungskontrolle von der Umsetzung der Menschenrechte in den von der Allgemeinen politischen Empfehlung behandelten Bereichen gelöst werden.[14]

Hierzu lassen sich zahlreiche bewährte Praktiken nennen. In Paris beispielsweise betreibt Médecins du Monde in Zusammenarbeit mit den kommunalen Behörden 21 Medikamentenausgabestellen für irreguläre Migranten.[15] Einige Staaten, wie Österreich, arbeiten auf der Basis der „funktionellen Ignoranz“ und ermöglichen irregulären Migranten den Zugang zur medizinischen Notfallversorgung ohne Prüfung des Rechtsstatus.[16] Die italienischen Städte Florenz, Turin und Genua haben offiziell die Zugangsmöglichkeiten zur Bildung erweitert, indem sie allen Kindern das Recht gewähren, einen Kindergarten zu besuchen, ungeachtet ihres Migrationsstatus.[17] Ebenso erlaubt es das deutsche Bundesland Hessen Kindern seit 2009, sich ohne Meldebescheinigung an der Schule anzumelden, und mehrere Städte, darunter Frankfurt, Hamburg und München haben die Verpflichtung von Beschäftigten im Bildungsbereich aufgehoben, die Anwesenheit irregulärer Migrantenkinder in den Schulen zu melden. [18] Mehrere Städte und Gemeinden in Europa haben die Bereitstellung von Rechtshilfe und -dienstleistungen auf alle Personen ausgedehnt, ungeachtet ihres Migrationsstatus. Die Stadt Gent in Belgien beispielsweise bietet allen Migranten in Zusammenarbeit mit Infopunt Migratie (Einwanderungsinformationsdienst), welcher vom Integrationsressort der Stadt Gent organisiert und von der Kommunalverwaltung finanziert wird, kostenlose Rechtsberatungen an.[19]

Empfehlung 4

Das Recht auf Achtung des Privatlebens wird in Artikel 8 der EMRK garantiert und gilt für alle Personen, ungeachtet ihres Migrationsstatus. Die personenbezogenen Daten irregulärer Migranten müssen, wie in dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (1981) und den dazugehörigen Instrumenten gefordert, vor der automatischen Weitergabe durch staatliche Stellen und private Akteure an die Einwanderungsbehörden der Mitgliedsstaaten geschützt werden. Ausnahmen sind möglich, jedoch nur aus spezifischen Gründen, wenn Einwanderungsbehörden bei begründetem Verdacht auf kriminelle Aktivitäten von identifizierten Personen oder aus Gründen der nationalen Sicherheit auf den Einzelfall abgestimmte, besondere Genehmigungen eingeholt haben. Der Grundsatz, dass von Verpflichtungen zum Schutz personenbezogener Daten nur aus bestimmten Gründen abgewichen werden darf, ist Teil der EU-Verordnung und der EU-Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden [und Akteure des Privatsektors] zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr.[20] Angelegenheiten von Polizei und Strafgerichtsbarkeit müssen in der Verantwortung der zuständigen Fachbehörden bleiben.

Empfehlungen 5 und 6

Der Schutz von Kindern, sowohl jener, die selbst einen irregulären Status haben, als auch jener, deren Eltern irreguläre Migranten sind, ist im Hinblick auf die Menschenrechte von besonderem Belang. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes legt die Rechte aller Kinder dar. Kinder sind eine besonders gefährdete Gruppe, die nicht nur aufgrund ihres Alters Schutz benötigt, sondern in einigen Fällen auch aufgrund ihres irregulären Status, welcher die Verletzlichkeit noch verstärkt.[21] Alle Maßnahmen der Mitgliedsstaaten müssen im Einklang mit dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes stehen sowie mit dem Grundsatz, dass dem Kindeswohl vorrangig Rechnung zu tragen ist.

Gemäß Artikel 8 der EMRK müssen alle Mitgliedsstaaten das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens garantieren. Der EGMR hat in ständiger Rechtsprechung die Verpflichtung der Staaten zum Schutz von Kindern, ungeachtet ihres Migrationsstatus oder demjenigen ihrer Eltern, anerkannt und bestätigt, einschließlich des Rechtes auf Bildung,[22] und des Rechtes, eine Beziehung zu ihren Eltern zu pflegen. Auch wenn dies nicht notwendigerweise bedeutet, dass die Staaten die Entscheidung von Familien und Einzelpersonen im Hinblick auf das Land, in dem sie leben möchten, respektieren müssen, sind die Mitgliedsstaaten hingegen verpflichtet, die individuellen Umstände jeder betroffenen Person und ihrer Familie zu berücksichtigen, um festzustellen, ob es ihnen gestattet werden sollte, auf ihrem Hoheitsgebiet zu leben. Dass das vorrangig zu berücksichtigende Kindeswohl ausreichendes Gewicht hat, um von den Staaten unter bestimmten Umständen zu verlangen, dass sie irregulären Migranten Aufenthaltstitel erteilen, damit ihre Kinder ihre Rechte in vollem Umfang wahrnehmen können, wurde vom EGMR bestätigt.[23] Auf jeden Fall darf der irreguläre Status der Eltern den Staaten nicht als Grund dienen, um den Kindern ihre Menschenrechte, einschließlich sozialer Rechte, zu verweigern.

Empfehlung 7

Rechte ohne Rechtsbehelfe haben wenig Wert für Menschen, die ihre Ansprüche gelten machen müssen. Das Recht auf wirksame Beschwerde ist in Artikel 13 der EMRK verankert und betrifft Verletzungen der gemäß der Konvention garantierten Rechte. Deshalb verfügen alle Mitgliedsstaaten über umfangreiche Systeme zur administrativen und gerichtlichen Kontrolle und zur Schiedsgerichtsbarkeit für die Streitbeilegung zwischen Einzelpersonen und zwischen Einzelpersonen und dem Staat. Diese administrativen und gerichtlichen Mittel zur Streitbeilegung müssen gemäß dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung gegenüber Angehörigen des betreffenden Staates für alle Personen zugänglich sein, einschließlich irregulärer Migranten, um Rechtsansprüche zu klären. Irreguläre Migranten dürfen nicht davon abgehalten werden, ihr Recht auf Zugang zur Justiz auszuüben, beispielsweise aufgrund der automatischen Weitergabe personenbezogener Daten und anderer Informationen an die Einwanderungsbehörden zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen.

Empfehlung 8

Die Ausdrucksweise ist sowohl im Recht als auch in der Praxis von Bedeutung. Es ist außerordentlich wichtig, dass Regierungen und ihre Vertreter es vermeiden, die stigmatisierende Bezeichnung „illegal“ zu verwenden, wenn sie über Migranten sprechen. Durch diesen Ausdruck wird die Öffentlichkeit irregeführt, da er nahelegt, dass Personen, die derartig eingestuft werden, Straftaten begehen, welche eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Der Menschenrechtskommissar des Europarates hat alle Staaten nachdrücklich aufgefordert, der Kriminalisierung von Migration[24] ein Ende zu setzen, welche im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte äußerst problematisch und sozialpolitisch kontraproduktiv ist. Die Öffentlichkeit darf nicht dazu verleitet werden, einen irregulären Migrationsstatus mit kriminellen Tätigkeiten zu verwechseln, welche der Gesellschaft schaden. In ihrer Entschließung 2059 (2015) zum Thema „Kriminalisierung irregulärer Migranten: ein Verbrechen ohne Opfer“ hat die Parlamentarische Versammlung des Europarates unterstrichen, dass eine unsachgemäße Verwendung der Terminologie im Bereich der Migration zur Verstärkung fremdenfeindlicher und rassistischer Einstellungen beiträgt und die Angst vor Migranten erhöht. Folglich rief sie die Mitgliedsstaaten dazu auf, die Verwendung einer neutralen Terminologie zu fördern und in Reden und amtlichen Dokumenten den Ausdruck „illegale Migranten“ durch „irreguläre Migranten“ zu ersetzen. Ebenso hat die ECRI in ihrem vierten Bericht über das Vereinigte Königreich die Behörden dringend aufgefordert, dafür zu sorgen, dass „Personen, die gegen das Einwanderungsgesetz verstoßen haben, nicht mit Straftätern gleichgesetzt werden“. Darüber hinaus ruft die ECRI die Mitgliedsstaaten häufig dazu auf, in öffentlichen Debatten die positiven Aspekte der Einwanderung und den Beitrag von Menschen mit Migrationshintergrund zur Gesellschaft und zur Wirtschaft hervorzuheben (siehe beispielsweise ihren fünften Bericht über Norwegen).

I. INTERNATIONALE RECHTSINSTRUMENTE

Empfehlung 9

Die Staaten müssen ihre menschenrechtliche Verpflichtung zur Verhütung und Bekämpfung von Diskriminierung ernst nehmen. Dies beginnt mit der Unterzeichnung und Ratifizierung sämtlicher zentraler Menschenrechtsübereinkommen, welche eine solide Grundlage für den Schutz der Menschenrechte bilden, einschließlich derjenigen irregulärer Migranten. Die im Anhang enthaltene Liste internationaler Übereinkommen und jener des Europarates umfasst alle wichtigen Verträge, welche die Staaten ratifizieren sollten, sofern sie dies noch nicht getan haben. Besonders hinzuweisen ist auf Protokoll Nr. 12 der EMRK, welches ein allgemeines Diskriminierungsverbot vorsieht; die ECRI ruft regelmäßig jene Mitgliedsstaaten, welche dieses noch nicht ratifiziert haben, dazu auf, dies zu tun. Die Ratifizierung alleine reicht jedoch nicht aus. Sie muss mit einer vollständigen und uneingeschränkten Umsetzung insbesondere im Hinblick auf irreguläre Migranten einhergehen.

II. DISKRIMINIERUNG AUFGRUND DER STAATSBÜRGERSCHAFT

Empfehlung 10

Die ECRI ruft gemäß ihrem Mandat zum Verbot jeglicher Form von Diskriminierung auf, einschließlich jener aufgrund der Staatsbürgerschaft.[25] Auch wenn die meisten Menschenrechtsübereinkommen Diskriminierungen aufgrund der Staatsbürgerschaft verbieten, gilt dies nicht für alle. Unterschiedliche Behandlung aufgrund der Staatsbürgerschaft kann zum Zweck von Grenzkontrollen zulässig sein, darf jedoch keine indirekte oder versteckte Diskriminierung aus einem anderen Beweggrund wie der „Rasse“ oder der ethnischen Herkunft nach sich ziehen. Dies muss unter allen Umständen verhindert werden. Wie bereits in Bezug auf Empfehlung 3 erörtert, darf es bei den rechtmäßigen Tätigkeiten der Justiz- und Innenministerien der Staaten im Bereich der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen nicht zu einer schleichenden Aufgabenausweitung im Hinblick auf weitere staatliche Tätigkeiten kommen. Diese Tätigkeiten müssen ausschließlich auf deren spezifischen Verantwortungsbereich beschränkt bleiben, da andernfalls die Gefahr besteht, dass sie eine Grundlage für Rassismus und Intoleranz schaffen, weil sie immer auf Personen ausgerichtet sind, die von eben jenen Einwanderungsbehörden als „andere“ eingestuft werden (ein Begriff, der in der öffentlichen Wahrnehmung allzu oft mit sichtbaren Unterschieden gleichgesetzt wird).

Diese Position beruht auf dem Ansatz des EGMR in Fällen wie Gaygusuz gegen Österreich[26] und Koua Poirrez gegen Frankreich[27], in welchen dieser in ständiger Rechtsprechung festgestellt hat, dass die Staatsbürgerschaft eine fragwürdige Kategorie ist, durch welche Unterschiede in der Behandlung, die unter anderen Umständen als verbotene Diskriminierung gelten würden, nicht notwendigerweise gerechtfertigt werden können. Die Staatsbürgerschaft ist eine zweifelhafte Begründung für Diskriminierung, auch wenn diese in bestimmten Fällen wie Grenzkontrollen gerechtfertigt sein kann. Einerseits kann die Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft an die Stelle der Diskriminierung aufgrund der Staatsbürgerschaft treten und somit faktisch eine indirekte Diskriminierung aus einem verbotenen Beweggrund darstellen, obwohl die Diskriminierung aufgrund der Staatsbürgerschaft eine direkte Diskriminierung ist. Andererseits ist die Diskriminierung aufgrund der Staatsbürgerschaft fragwürdig, weil sie rassistische Einstellungen fördern kann.

Diese Position war von besonderer Bedeutung in den Urteilen zu sozialen Rechten, welche bedarfsorientiert und auf diskriminierungsfreie Weise gewährt werden sollten, auch im Hinblick auf die Staatsbürgerschaft.[28] Nur gesetzlich festgelegte Ausnahmen, welche durch vernünftige Gründe gerechtfertigt sind, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen, sollten berücksichtigt werden.

III. SCHUTZ IRREGULÄRER MIGRANTEN IN SCHLÜSSELBEREICHEN ÖFFENTLICHER UND PRIVATER DIENSTE

a) Allgemeine Bestimmungen

Empfehlung 11

Wie bereits in Bezug auf Empfehlung 3 dargelegt, beruht diese Allgemeine Politik-Empfehlung auf dem Ansatz der „Schutzbarrieren“ zwischen zivilen und administrativen Tätigkeiten, welche die Ausübung der Grundrechte ermöglichen, und den staatlichen Tätigkeiten zur Einwanderungskontrolle und entsprechenden Vollzugsmaßnahmen. Aus sämtlichen in der vorliegenden Allgemeinen politischen Empfehlung ausgeführten Gründen besteht der einzige Weg, um die Menschenrechte aller Personen im Hoheitsbereich eines Mitgliedsstaates zu schützen und dafür zu sorgen, dass jeder im Recht und in der Praxis seine Menschenrechte ausüben kann, in der Errichtung von „Schutzbarrieren“ zwischen den Tätigkeiten staatlicher Organe und jener des Privatsektors, welche soziale Dienstleistungen bereitstellen, und jenen der Einwanderungskontroll- und Vollzugsbehörden. Die Allgemeine Politik-Empfehlung konkretisiert diese „Schutzbarrieren“ durch das Verbot von Meldepflichten für all jene, die Dienstleistungen im Bereich der Bildung, der Gesundheitsversorgung, des Wohnens, der sozialen Sicherheit und staatlichen Unterstützung und des Arbeitsschutzes erbringen, sowie für Polizei und Strafgerichtsbarkeit im Hinblick auf den Migrationsstatus der Personen, die bei ihnen vorstellig werden.

Empfehlung 12

Einwanderungskontroll- und entsprechende Vollzugsmaßnahmen beginnen oft mit der Verpflichtung von staatlichen und privaten Akteuren, im Rahmen anderer Tätigkeiten im Bereich der Bildung, der Gesundheitsversorgung, des Wohnens, der sozialen Sicherheit und staatlichen Unterstützung, des Arbeitsschutzes und der Justiz personenbezogene Daten von oder andere Informationen über Personen, bei denen der Verdacht auf einen irregulären Aufenthalt im Hoheitsbereich eines Staates besteht, an die Einwanderungsbehörden weiterzuleiten und diese mit ihnen auszutauschen. Diese Art des Austauschs personenbezogener Daten erfolgt mitunter auf freiwilliger Basis oder es kann gesetzlich vorgeschrieben sein. In jedem Fall führt das Ergebnis im Hinblick auf die Umsetzung der Menschenrechte irregulärer Migranten zu zahlreichen Problemen und bildet, wie bereits in Bezug auf Empfehlung 4 festgestellt, ein Hindernis für die Achtung des Privatlebens. Die personenbezogenen Daten irregulärer Migranten müssen vor einer automatischen Weitergabe an die Einwanderungsbehörden geschützt werden. Wie bereits zuvor erwähnt, ist der Grundsatz, dass von Verpflichtungen zum Schutz personenbezogener Daten nur in bestimmten Fällen abgewichen werden darf, auch in der EU-Richtlinie und der EU-Verordnung zum Datenschutz aus dem Jahr 2016 dargelegt. Dieses Ziel kann am besten dadurch erreicht werden, dass die Gesetzgebung oder die politischen Instrumenten ausdrücklich ein Verbot eines generellen Informationsaustauschs vorsehen.

Die Aufgabenteilung zwischen staatlichen Stellen und privaten Akteuren sollte stets dergestalt funktionieren, dass Einwanderungskontroll- und entsprechende Vollzugsmaßnahmen hauptsächlich in die Zuständigkeit der Einwanderungskontroll- und entsprechender Vollzugsbehörden fallen. Diese Aufgaben sollten nicht an andere staatliche Stellen oder Organe und Akteure des Privatsektors übertragen werden, sofern nicht wirklich außergewöhnliche Umstände eintreten, welche gesetzlich festgelegt und ordnungsgemäß begründet sind und Gegenstand einer gerichtlichen Anfechtung sein können.

Empfehlung 13

Berichten zufolge werden Überprüfungen der Identität und des Migrationsstatus an verschiedenen öffentlichen Orten wie Schulen und medizinischen und religiösen Einrichtungen vorgenommen.[29] In ihrem fünften Bericht über Griechenland beispielsweise äußerte die ECRI ihre Besorgnis über die häufigen polizeilichen Überprüfungen der Ausweisdokumente von Migranten in der Umgebung von Gesundheitseinrichtungen in Athen, welche von Nichtregierungsorganisationen betrieben werden, wodurch irreguläre Migranten massiv abgeschreckt werden und diese Einrichtungen nicht mehr aufsuchen, da sie Angst haben, festgenommen oder möglicherweise ausgewiesen zu werden. Solche Einwanderungskontrollmaßnahmen haben zur Folge, dass unter den irregulären Migranten Ängste geschürt werden, und sie stellen ein Hindernis für die Ausübung der Menschenrechte dar. Ziel dieser Empfehlung ist es, dafür zu sorgen, dass irreguläre Migranten Dienstleistungen in den von der Allgemeinen politischen Empfehlung erfassten Bereichen in Anspruch nehmen können, ohne fürchten zu müssen, dass sie in der Nähe von jenen Orten, wo sie Unterstützung erhalten, Kontrollen durch Einwanderungs- und entsprechende Vollzugsbehörden ausgesetzt sind. Zum Zweck der vorliegenden Allgemeinen politischen Empfehlung sind Unterkunftsanlaufstellen Orte, welche Personen, die dringend eine Unterkunft benötigen, aufsuchen können, um diesbezügliche Hilfe zu erhalten.

Empfehlung 14

Die Kriminalisierung sozialer und humanitärer Hilfe für irreguläre Migranten fördert Intoleranz und Rassismus, da dadurch Menschen dafür bestraft werden, dass sie Anderen aufgrund ihres Migrationsstatus helfen. Unter sozialer und humanitärer Hilfe sind im Sinne der Allgemeinen politischen Empfehlung jegliche Hilfe und Handlung zu verstehen, durch welche Leben gerettet, Leiden gelindert und die menschliche Würde bewahrt und geschützt werden sollen. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat in ihrer Entschließung 2059 (2015) festgestellt, dass einige Mitgliedsstaaten humanitäre Hilfe bestrafen und dadurch ein „Solidaritätsdelikt“ schaffen, und hat dazu aufgerufen, der Strafandrohung wegen Unterstützung und Beihilfe zu irregulärer Migration gegenüber Menschen, die Migranten Hilfe leisten, ein Ende zu setzen.[30] Bürgern und regulären Migranten mit Strafanzeigen, Gerichtsverfahren und Strafen zu drohen, wenn sie irregulären Migranten helfen, ist für die Umsetzung der Menschenrechte äußerst kontraproduktiv. Da irreguläre Migranten zwangsläufig Ausländer und möglicherweise in Not sind, führen derartige Maßnahmen in der öffentlichen Wahrnehmung zu der Fehleinschätzung, dass irreguläre Migranten gefährlich sind. Die Kriminalisierung jener, die irregulären Migranten Hilfe leisten, kann auch ausbeuterische Situationen zur Folge haben, in welchen Personen, die Verbindungen zu Migranten haben, wie Vermieter oder Arbeitgeber, das mit dieser Beziehung verknüpfte Risiko dadurch kompensieren, dass sie irreguläre Migranten dazu zwingen, sich missbräuchlichen Forderungen zu beugen, damit diese ihre Beschäftigung, Wohnung usw. behalten können. Indes sollte in keinem Fall das Argument der sozialen und humanitären Hilfe als Vorwand dienen dürfen, um irreguläre Migranten auszubeuten. Schließlich wird durch die Kriminalisierung der Hilfeleistungen für irreguläre Migranten deren prekäre Situation innerhalb der Gesellschaft weiter verschärft.[31] Dadurch wird die Angst größer und sie zögern noch stärker, von sich aus Dienste in Anspruch zu nehmen, welcher sie möglicherweise bedürfen, beispielsweise medizinische Notversorgung.

Empfehlung 15

Um zu gewährleisten, dass alle Personen, einschließlich irregulärer Migranten und jener, die soziale und öffentliche Dienstleistungen erbringen, Kenntnis über Ansprüche auf und Zugangsmöglichkeiten zu den Diensten haben, welche Gegenstand der vorliegenden Allgemeinen politischen Empfehlung sind, werden die zuständigen Behörden in den verschiedenen Bereichen dazu ermutigt, für eine diesbezügliche allgemeine Aufklärung zu sorgen. Die ECRI hat auch in einigen ihrer Länderberichte auf diesen Punkt verwiesen, wie etwa ihrem vierten Bericht über Finnland, in welchem sie den Behörden empfohlen hat, Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang irregulärer Migranten zur Gesundheitsversorgung zu erleichtern und insbesondere dafür zu sorgen, dass sie über die notwendigen Informationen verfügen, um ihre Rechte wahrnehmen zu können. Die Mitwirkung von Nichtregierungsorganisationen ist insofern von großer Bedeutung, da sie häufig direkten Kontakt mit irregulären Migranten haben.

Empfehlung 16

Das Recht auf Eheschließung ist ein in der EMRK (Artikel 12) und anderen Menschenrechtsübereinkommen enthaltenes Grundrecht. Es ermöglicht allen Personen, im Einklang mit dem nationalen Recht ihren Familienstand zu regeln, berechtigt jedoch nicht zwangsläufig dazu, im Hoheitsbereich des Staates zu bleiben, in dem die Hochzeit stattfindet. Das Recht auf Eheschließung kann rechtmäßigen Beschränkungen unterliegen, etwa um Bigamie zu verhindern, doch darf es keine Beschränkungen des Rechts auf Eheschließung geben, welche ausschließlich für irreguläre Migranten gelten. Zu derartigen Beschränkungen könnte beispielsweise die Verpflichtung gehören, besondere Ausweisdokumente vorzulegen, welche irreguläre Migranten niemals erhalten können, wie etwa gültige Aufenthaltstitel, nationale Personalausweise, Reisepässe oder vom Staat ausgestellte Genehmigungen für Ausländer zur Eheschließung im Hoheitsbereich des betreffenden Staates. Alle anderen rechtmäßigen Mittel zum Nachweis der Identität der Person, die eine Eheschließung wünscht, sollten von den zur Durchführung dieser Zeremonien berechtigten Behörden anerkannt werden.

Empfehlung 17

Alle Kinder haben das Recht, unverzüglich nach ihrer Geburt in ein Register eingetragen zu werden (Artikel 7 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes). Dieses Recht sollte geachtet werden, ohne dass die Eltern aufgrund ihres irregulären Aufenthalts im Hoheitsbereich des Staates davon abgehalten werden, ihre Kinder registrieren zu lassen, weil personenbezogene Daten und andere Informationen zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen automatisch an die Einwanderungsbehörden weitergeleitet werden. Jede Person muss in der Lage sein, Geburten in ein Register eintragen zu lassen, ohne Dokumente vorlegen zu müssen, welche sie möglicherweise nicht besitzt und nicht erhalten kann (wie etwa gültige Aufenthaltstitel, Reisepässe, nationale Personalausweise). Auch wenn eingeräumt wird, dass zur Registrierung von Geburten manche Dokumente nötig sein können, sollte Flexibilität an den Tag gelegt werden, und zu den erforderlichen Dokumenten sollten keine Dokumente zählen, welche sich ausschließlich auf den Migrationsstatus beziehen.

b) Bildung

Empfehlung 18

Das Recht auf Bildung ist in Artikel 2 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK verankert. Der EGMR hat festgestellt, dass das Recht auf Bildung ein demokratischer Grundwert des Europarates ist und in dieser Eigenschaft ein Recht darstellt, welches jeder Person zusteht.[32] Das Recht aller Kinder auf Bildung muss ungeachtet des Migrationsstatus der Eltern oder der Kinder garantiert werden (siehe auch die Bemerkungen zu den Empfehlungen 5 und 6). Dies wurde vom EGMR in den Fällen Ponomarjowi gegen Bulgarien[33] und D. H. und andere gegen die Tschechische Republik[34] bestätigt. Der Zugang zu Bildung spielt eine zentrale Rolle bei der persönlichen Entwicklung und Entfaltung des Potenzials jedes Einzelnen und ist ein untrennbarer Bestandteil der Menschenwürde. Das Recht auf Bildung beschränkt sich nicht auf die Primarstufe, sondern gilt für die gesamte Zeit der allgemeinen Schulpflicht. In ihrem vierten Bericht über Slowenien hat die ECRI den Behörden empfohlen, dafür zu sorgen, dass alle Kinder gleichen Zugang zur höheren Sekundarbildung haben, ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft, ihrer ethnischen Herkunft oder ihres Migrationsstatus oder jener ihrer Eltern. Der frühkindlichen Bildung kommt eine entscheidende Bedeutung bei der Entwicklung des Potenzials der Kinder zu, da sie eventuell bestehende Unterschiede ausgleicht, welche auf Benachteiligung zurückzuführen sind, und die Kinder auf die allgemeine Schulpflicht vorbereitet. Sie sollte für alle Kinder nach dem Gleichheitsgrundsatz gewährleistet werden, ebenso wie die Hochschulbildung. In vielen Länderberichten der ECRI findet sich dieser Ansatz wieder. In ihrem fünften Bericht über Norwegen beispielsweise ruft die ECRI die Behörden dazu auf, einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Bildung (für asylsuchende Kinder) vorzusehen. In ihrem fünften Bericht über die Tschechische Republik hat die ECRI den Behörden ebenfalls nachdrücklich empfohlen, ihre Pläne umzusetzen und wenigstens ein verpflichtendes und kostenloses Vorschuljahr für alle Kinder vor deren Eintritt in die allgemeine Primarstufe einzuführen. Schließlich wäre es wünschenswert, wenn die Gleichbehandlung auch im Hinblick auf den Zugang zu beruflicher Aus- und Weiterbildung gewährleistet würde.

Empfehlung 19

Kinder müssen in der Lage sein, sich in allen Bildungsstufen an der Schule anzumelden, ohne dass sie Dokumente (wie etwa gültige Aufenthaltstitel, nationale Ausweisdokumente, Reisepässe) vorlegen müssen, welche sie und ihre Familien nicht erhalten können. Auch wenn es Situationen geben kann, in welchen die Schulbehörden über den Migrationsstatus eines Kindes Bescheid wissen müssen, um bestmöglich auf die pädagogischen Bedürfnisse des Kindes eingehen zu können, etwa wenn das Kind aufgrund seiner ungewissen Situation oder jener seiner Eltern offensichtlich unter Stress leidet, sollten diese Informationen innerhalb der Schule vertraulich behandelt werden.

Empfehlung 20

Für den Fall, dass die Familie und die Kinder den Mitgliedsstaat verlassen, müssen die Kinder Anspruch auf alle Dokumente haben, welche das Bildungsniveau bestätigen, das sie in dem betreffenden Staat erreicht haben, damit die Fortsetzung ihrer Schulbildung andernorts nicht behindert wird. Dies kommt auch in der Allgemeinen Bemerkung Nr. 6 des Ausschusses für die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen über die Behandlung von unbegleiteten und von ihren Familien getrennten Kindern außerhalb ihres Herkunftslandes zum Ausdruck.

c) Gesundheitsversorgung

Empfehlung 21

Das Recht auf Gesundheit wird durch Artikel 12 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Artikel 5(e)(iv) des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, Artikel 24 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes und Artikel 11 der Europäischen Sozialcharta (revidiert) garantiert. Letztere garantiert in Artikel 13 auch das Recht auf medizinische Versorgung.

Der Europäische Ausschuss für soziale Rechte hat in seiner Entscheidung im Fall FIDH gegen Frankreich[35] bestätigt, dass die Gesundheitsversorgung ein soziales Grundrecht ist. Alle Personen müssen mindestens Anspruch auf alle notfallmedizinischen Behandlungen und weitere Formen der notwendigen medizinischen Versorgung haben. Der EGMR hat diese Verpflichtung der Staaten dahin gehend ausgelegt, dass sie die Pflicht einschließt, die Gesundheitsversorgung für ihre gesamte Bevölkerung zugänglich zu machen, da die Verweigerung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung möglicherweise eine Verletzung von Artikel 2 der EMRK darstellt.[36] Die ECRI hat in zahlreichen länderbezogenen Monitoring-Berichten auf diese Verpflichtung aufmerksam gemacht. In ihrem vierten Bericht über Finnland beispielsweise hat sie den Behörden empfohlen, Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang irregulärer Migranten zur Gesundheitsversorgung zu erleichtern, und in ihrem vierten Bericht über Griechenland, den Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung jeder Person, die auf griechischem Hoheitsgebiet lebt, ungeachtet ihres Einwanderer- oder Migrationsstatus gesetzlich festzulegen. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Gesundheitsversorgung erfolgt im Rahmen einer medizinischen Untersuchung, welche unter uneingeschränkter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR vorgenommen werden sollte.[37] Das Recht auf Gesundheitsversorgung ist auch für die Aufnahmegesellschaft von zentraler Bedeutung, da es für diese möglicherweise erhebliche gesundheitliche Folgen hat, wenn Personen, die medizinische Versorgung benötigen, diese nicht erhalten (beispielsweise im Fall von Personen, die unter einer übertragbaren Krankheit leiden). In ihrem fünften Bericht über Griechenland hat die ECRI den Behörden empfohlen, in Fällen von ernsten Infektionskrankheiten oder anderen Gefahren für die öffentliche Gesundheit für eine angemessene medizinische Behandlung von Migranten zu sorgen, ungeachtet ihres Aufenthaltsstatus.

Eine der größten Hürden beim Zugang zur Gesundheitsversorgung ist die Unfähigkeit, diese zu bezahlen. In vielen Mitgliedsstaaten sind alle Personen, die auf deren Hoheitsgebiet leben, einschließlich irregulärer Migranten, verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen. Doch in der Praxis können viele die Kosten nicht tragen. Diese Empfehlung stellt sicher, dass das Recht auf Gesundheitsversorgung selbst bei mittellosen Migranten garantiert wird. Menschen in einer Situation extremer Armut sind jene, deren materielle Lebensbedingungen unter die durch Artikel 3 der EMRK verbotene unmenschliche oder erniedrigende Behandlung fallen und so auch eine Verletzung ihrer Menschenwürde darstellen, wie der EGMR in seinem Urteil im Fall M. S. S. gegen Belgien und Griechenland festgestellt hat.[38]

Empfehlung 22

Jede Person muss Zugang zur Gesundheitsversorgung haben, ohne Dokumente vorlegen zu müssen, welche sie möglicherweise nicht besitzt und nicht erhalten kann (wie etwa gültige Aufenthaltstitel, Reisepässe, nationale Personalausweise). Auch wenn eingeräumt wird, dass Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen möglicherweise manche Dokumente benötigen, um die betreuten Patienten zu registrieren, sollte Flexibilität an den Tag gelegt werden, und zu den erforderlichen Dokumenten sollten keine Dokumente zählen, welche sich ausschließlich auf den Migrationsstatus beziehen. Die ECRI hat auf diesen Punkt beispielsweise in ihrem dritten Bericht über Aserbaidschan verwiesen, in welchem sie den Behörden nachdrücklich empfohlen hat, dafür zu sorgen, dass niemandem aus einem diskriminierenden Beweggrund, welcher auf dem fehlenden Rechtsstatus in Aserbaidschan beruht, zu Unrecht die Gesundheitsversorgung vorenthalten wird, und dass bei Personen, die eine notfallmedizinische Behandlung benötigen, keine Vorlage eines gültigen Aufenthaltstitels erforderlich ist. In ihrem vierten Bericht über Spanien hat die ECRI den Behörden empfohlen, die Bedingungen für die Eintragung von Einwanderern mit irregulärem Status ins Einwohnermelderegister (wodurch kostenloser Zugang zu Gesundheitsversorgung, sozialen Grundleistungen und staatlicher Unterstützung gewährt wird) zu überprüfen, um sicherzustellen, dass diejenigen, die nicht die notwendigen Dokumente besitzen, nicht automatisch ausgeschlossen werden.

Empfehlung 23

Ungeachtet des Migrationsstatus der Person, die ihre Dienste benötigt, sollten für alle beruflichen Tätigkeiten der Beschäftigten im Gesundheitswesen dieselben medizinischen Normen gelten. Alle Angehörigen der Gesundheitsberufe sollten für die Unteilbarkeit ihrer Verpflichtungen sensibilisiert werden. In keinem Fall darf ein zweigleisiges Gesundheitssystem existieren, in welchem der Versorgungsstandard bei irregulären Migranten niedriger ist als bei anderen Patienten.[39]

Empfehlung 24

Es ist von großer Bedeutung, dass alle Kinder Zugang zu pädiatrischer Versorgung und Impfungen haben, nicht nur jene, die im Hoheitsbereich des Staates einen regulären Status haben. Die Gesundheit der gesamten Gemeinschaft hängt davon ab, dass alle Kinder diese Leistungen erhalten. Ebenso benötigen alle Frauen möglicherweise medizinische Dienstleistungen in Verbindung mit der Mutterschaft und es sollten keine Unterscheidungen auf der Grundlage des Migrationsstatus der betroffenen Frauen getroffen werden. Diese Versorgung muss den Zugang zu prä-, peri- und postnataler Betreuung und weiteren dazugehörigen Gesundheitsdienstleistungen umfassen.

d) Wohnen

Empfehlung 25

In einigen Mitgliedsstaaten wurde oder wird Vermietern (sowohl des öffentlichen als auch des privaten Sektors) und anderen Anbietern von Mietwohnungen eine Reihe äußerst problematischer Verpflichtungen auferlegt, welche sie dazu nötigen, personenbezogene Daten und andere Informationen mit den Einwanderungsbehörden auszutauschen oder die Vermietung von Wohnraum an Personen zu verweigern, bei denen nicht festgestellt wurde, dass sie einen regulären Migrationsstatus haben. Die Strafen für diesbezügliche Versäumnisse der Vermieter umfassen nicht nur Geldbußen, sondern auch strafrechtliche Sanktionen in Form von Haftstrafen. Diese Maßnahmen laufen den in der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 1 der ECRI zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz dargelegten Zielen zuwider. Wenn Vermieter dazu gezwungen werden, Einwanderungskontrollen durchzuführen, wobei jegliches Versäumnis ihrerseits, diese Aufgabe ordnungsgemäß zu erfüllen, für sie persönlich äußerst gravierende Folgen haben kann, ist es sehr wahrscheinlich, dass bei Vermietern der Verdacht entsteht, dass jeder, der „ausländisch aussieht“ einer weiteren Überprüfung unterzogen werden muss, um sicherzustellen, dass er oder sie keinen irregulären Status hat. Sobald Ziele der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen Einzug in Bereiche halten, die soziale und vertragliche Regelungen betreffen, wird die Bevölkerung, wie bereits zuvor unterstrichen, aus Angst vor möglichen Geldbußen und Haftstrafen voraussichtlich Vorsicht walten lassen und die Vermietung von Wohnungen an Nichtstaatsangehörige verweigern. Selbst wenn sie das Risiko eingehen, Wohnungen an Migranten zu vermieten oder diesen Wohnungen zur Verfügung zu stellen, können sie im Hinblick auf die Legalität ihrer Handlungen beunruhigt sein. Diese Art von Gesetzen schürt lediglich Rassismus und Intoleranz und führt folglich zur Verweigerung des durch die Europäische Sozialcharta (revidiert) garantierten Rechts auf Wohnen. In ihrem vierten Bericht über Italien hat die ECRI den Behörden empfohlen, die Bestimmung aufzuheben, gemäß welcher die Vermietung von Wohnungen an Migranten ohne legalen Status eine strafbare Handlung ist, welche mit einer Haftstrafe zwischen sechs Monaten und drei Jahren bewehrt ist und mit einer Beschlagnahmung der Wohnung einhergeht. In ihrem fünften Bericht über Griechenland hat die ECRI den Behörden empfohlen, die Bereitstellung von Wohnungen für irreguläre Migranten zu entkriminalisieren, um es Wohltätigkeitsorganisationen zu ermöglichen, irregulären Migranten Hilfe zu leisten, die unter Obdachlosigkeit leiden.

Empfehlung 26

Hinsichtlich der Obdachlosigkeit hat die ECRI in einigen ihrer Länderberichte, wie etwa ihren fünften Berichten über Ungarn und Griechenland, Besorgnis geäußert. Das Recht auf Wohnen ist in internationalen und europäischen Menschenrechtsnormen tief verwurzelt. Es wird durch Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Artikel 5(e)(iii) des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, Artikel 27(3) des Übereinkommens über die Rechte des Kindes und Artikel 31 der Europäischen Sozialcharta (revidiert) garantiert. Menschen dürfen nicht ungeschützt den Witterungseinflüssen und der Gewalt auf der Straße ausgesetzt werden. Dies wurde vom Europäischen Ausschuss für soziale Rechte in seinen Entscheidungen zu den Beschwerden Defence for Children International (DCI) gegen die Niederlande[40] und Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) gegen die Niederlande[41] bestätigt. Zur Verantwortung der Staaten gehört die Verpflichtung, Gelder und Ressourcen bereitzustellen, um jeder Person, ungeachtet ihres Migrationsstatus, einen angemessenen Lebensstandard zu garantieren. Experten der Vereinten Nationen beglückwünschten die niederländische Regierung dafür, dass sie im Januar 2015 im Anschluss an die obengenannte Entscheidung zur Beschwerde der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) ihren Beschluss ankündigte, Städte und Gemeinden, die Notunterkünfte für obdachlose Migranten zur Verfügung stellen, mit finanziellen Mitteln auszustatten.[42] Der Zugang zu Wohnraum sollte unter gleichen und diskriminierungsfreien Bedingungen gewährleistet werden.

Empfehlung 27

Wie bereits festgestellt, erkennt das Völkerrecht die besondere Verletzlichkeit von Kindern an und verlangt deren Schutz (Übereinkommen über die Rechte des Kindes). Der Berücksichtigung des Kindeswohls, der vorrangigen internationalen Pflicht gegenüber Kindern, muss stets Genüge getan werden, indem sichergestellt wird, dass Kinder, ob in Begleitung Erwachsener oder alleine, eine angemessene Unterkunft haben. Der Migrationsstatus von Kindern und ihren Eltern sollte niemals als Entschuldigung dafür dienen, dieses Recht nicht umzusetzen.

e) Arbeitsschutz

Empfehlung 28

Das Recht eines jeden auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen wird in zahlreichen internationalen Instrumenten garantiert, einschließlich des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen, des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung und der Europäischen Sozialcharta (revidiert).

Arbeitsschutzrechte sind nicht an den Migrationsstatus gebunden. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union im Fall O. Tümer gegen Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen bestätigt hat,[43] muss der Status des Arbeitnehmers und die damit verbundenen Rechte auf der Grundlage des Diskriminierungsverbots allen Arbeitnehmern gewährt werden, ungeachtet ihres Migrationsstatus. Jeder andere Ansatz, durch welchen bestimmte Arbeitnehmer vom Arbeitsschutz und den entsprechenden Rechten ausgeschlossen würden (beispielsweise aufgrund ihres irregulären Migrationsstatus), würde unweigerlich zu Ausbeutung und Diskriminierung führen, welche wiederum den Nährboden für Rassismus und Intoleranz bilden. Die Allgemeine Bemerkung Nr. 2 des Ausschusses zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen enthält eine Auslegung mehrerer Artikel der Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen, welche auf in der vorliegenden Allgemeinen politischen Empfehlung betrachtete Fragen abzielen, darunter Artikel 25 (zur gleichen Behandlung bei der Arbeit) und Artikel 27 (zum Recht auf soziale Sicherheit). Die im Arbeitsrecht vorgesehene Gleichbehandlung ist entscheidend, um die Achtung bewährter Beschäftigungspraktiken durch die Arbeitgeber zu gewährleisten und die notwendigen Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Anwendung der Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften zu schaffen.

Empfehlung 29

Arbeitsplatzinspektionen, durch welche die ordnungsgemäße Anwendung der Arbeitsnormen sichergestellt werden soll, sind notwendig, um alle Arbeitskräfte zu schützen. In einigen Mitgliedsstaaten haben die Behörden den Regelungsaufwand der Arbeitsaufsicht durch zusätzliche Verpflichtungen zur Überprüfung des Migrationsstatus und des Status im Hinblick auf die Arbeitsgenehmigung erhöht. Diese Vermischung verschiedener Tätigkeiten ist äußerst problematisch. Wie bereits zuvor unterstrichen, haben alle Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass die Arbeitsnormen in gleicher Weise angewandt werden, ungeachtet ihres Migrationsstatus. Das soziale Ziel der Arbeitsnormen, welches darin besteht, Arbeitnehmern ein Mindestmaß an Schutz zu garantieren, würde untergraben, wenn ein Teil der Arbeitskräfte ausgeschlossen wäre. Arbeitsaufsichtsbeamte spielen eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung der Fairness auf dem Arbeitsmarkt. Um die entsprechenden Arbeitsnormen durchzusetzen, müssen sie sich darauf verlassen können, dass alle Arbeitnehmer Zugang zu ihnen haben und unangemessene Arbeitsbedingungen beanstanden können. Schlechte Praktiken am Arbeitsplatz schaden allen und es ist die Aufgabe der Aufsichtsbeamten, dafür zu sorgen, dass derartige Praktiken verhindert oder diesen ein Ende gesetzt wird. Zusätzliche Verpflichtungen, welche den vorrangigen Zielen der Aufsichtsbeamten widersprechen, wie etwa die Überprüfung des Migrationsstatus, sind mit dem sozialen Ziel der Arbeitsnormen unvereinbar und machen die Anstrengungen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit zunichte, indem ein Teil der Arbeitskräfte ausgeschlossen wird. Unter besonderen und außergewöhnlichen Umständen sieht die Allgemeine Politik-Empfehlung allerdings Möglichkeiten zur Abweichung von dieser Regel vor (siehe Empfehlung 12), doch nur dann, wenn diese in einem spezifischen Gesetz festgelegt sind, welches das Ausmaß und die Begründung einer Ausnahme sowie entsprechende Rechtsbehelfe regelt.

Mit Ausnahme von fünf Ländern haben alle Mitgliedsstaaten des Europarates das Übereinkommen über die Arbeitsaufsicht der Internationalen Arbeitsorganisation aus dem Jahr 1947 ratifiziert. In Artikel 3(2) heißt es: „Werden den Aufsichtsbeamten weitere Aufgaben übertragen, so dürfen diese sie weder an der wirksamen Erfüllung ihrer Hauptaufgaben hindern, noch das Ansehen und die Unparteilichkeit irgendwie gefährden, deren die Aufsichtsbeamten in ihren Beziehungen zu den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern bedürfen.“ Auf der Internationalen Arbeitskonferenz (95. Sitzung, 2006)[44] zum Übereinkommen und den dazugehörigen Dokumenten wurden den Unterzeichnerstaaten nähere Erläuterungen zur Bedeutung von Artikel 3(2) gegeben, insbesondere im Hinblick auf die Überwachung von irregulärer Beschäftigung und Migration. Der Ausschuss erinnerte daran, dass die Hauptaufgabe der Aufsichtsbeamten der Schutz der Arbeitnehmer und nicht die Durchsetzung des Einwanderungsrechts ist (§ 78).

Darüber hinaus zeigte sich das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 14. Januar 2014[45] zum Thema „Wirksame Kontrollen am Arbeitsplatz als Strategie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Europa“ „sehr besorgt über die extreme Gefährdung von Wanderarbeitnehmern mit irregulärem oder unrechtmäßigem Status, in nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit mit niedrigen Arbeitsstandards, niedrigen Löhnen und langen Arbeitszeiten in unsicheren Arbeitsbedingungen ausgebeutet zu werden“ und betonte, „dass jegliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitsinspekteuren und Ausländerbehörden sich auf die Identifizierung ausbeuterischer Arbeitgeber beschränken sollte und nicht zu Sanktionen gegen die betroffenen Wanderarbeitnehmer oder zu deren Ausweisung führen darf, da dies die Anstrengungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit untergraben würde“ (§ 29). Die Aufteilung der Befugnisse zwischen Arbeitsaufsichtsbeamten und Einwanderungsbehörden behindert oder beeinträchtigt die Organe der Einwanderungsbehörden nicht anderweitig in ihrem Recht, Einwanderungskontroll- und entsprechende Vollzugsmaßnahmen zu ergreifen.

Der Ansatz der „Schutzbarrieren“ in der Arbeitsaufsicht wurde auch vom UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechte von Migranten, François Crépeau, und dem Vorsitzenden des Ausschusses zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen, Francisco Carrión Mena, in ihrer Erklärung am 15. Dezember 2015 im Vorfeld des Internationalen Tags der Migranten (18. Dezember 2015) angesprochen. Die ECRI hat sich in ihrem dritten Bericht über Aserbaidschan ebenfalls mit dieser Frage befasst. In dem Bericht hat sie den Behörden empfohlen, dafür zu sorgen, dass den Arbeitsaufsichtsbeamten, die sich mit Fällen von Rassendiskriminierung gegenüber Wanderarbeitnehmern mit irregulärem Status auseinandersetzen müssen, keine gesetzliche Verpflichtung auferlegt wird, Informationen, welche die Identifizierung der Opfer ermöglichen, an die Einwanderungsbehörden weiterzuleiten.

Empfehlung 30

Einige nationale Rechtsvorschriften erzeugen indirekte Diskriminierungen, indem sie irregulären Migranten den Zugang zu den Grundrechten von Arbeitnehmern versperren, da jeder Versuch, diese Rechte in Anspruch zu nehmen, zur Übermittlung personenbezogener Daten und anderer Informationen an die Einwanderungsbehörden führt. Anstatt gegenüber ausbeuterischen Arbeitgebern zu ihrem Recht zu kommen, werden irreguläre Migranten möglicherweise von den Behörden mit Ausweisung bedroht. Das hat zur Folge, dass schlechte Arbeitspraktiken nicht aufgedeckt werden und Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt zum Nachteil von inländischen und Wanderarbeitnehmern verhindert wird.[46] Dies läuft der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 14 der ECRI zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in Beschäftigung und Beruf zuwider. Im Einklang mit der EU-Richtlinie und der EU-Verordnung zum Datenschutz aus dem Jahr 2016 sollte von der Verpflichtung zum Schutz personenbezogener Daten nur aus spezifischen Gründen abgewichen und Informationen zu personenbezogenen Daten sollten nicht anderweitig mit Einwanderungsbehörden ausgetauscht oder an diese übermittelt werden.

In zahlreichen Berichten der vierten Bewertungsrunde der ECRI wurden die Schwierigkeiten unterstrichen, welche irreguläre Migranten haben, wenn sie Beschwerden wegen missbräuchlicher Praktiken, einschließlich Rassendiskriminierung, gegen Arbeitgeber einreichen wollen. Im vierten Bericht der ECRI über die Russische Föderation beispielsweise wird die Einrichtung eines funktionsfähigen Mechanismus empfohlen, welcher es Migranten mit irregulärem Status ermöglicht, arbeitsrechtliche Verstöße durch Arbeitgeber zu melden.

Empfehlung 31

Wanderarbeitnehmer, die den Staat verlassen, darunter aufgrund ihres irregulären Status, müssen entweder in den Genuss der mit den von ihnen entrichteten Sozialabgaben verbundenen Leistungen kommen oder eine vollständige Rückerstattung der gezahlten Beiträge erhalten. Der Staat darf ihnen die mit diesen Beiträgen verbundenen Leistungen oder die Rückerstattungen nicht verweigern und ihnen so faktisch einen Teil ihres Arbeitsentgelts vorenthalten.

f) Polizei und Strafgerichtsbarkeit

Empfehlung 32

In ihrer Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 11 zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in der Polizeiarbeit hat die ECRI dazu aufgerufen, die „rassische Profilbildung gesetzlich klar zu definieren und zu untersagen“. Dies ist angesichts der Probleme, welche die Profilerstellung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit durch die Polizei verursacht und der inakzeptablen Folgen im Hinblick auf Rassismus und Intoleranz besonders offensichtlich. Im Fall irregulärer Migranten darf die „Rasse“ nicht durch den Migrationsstatus ersetzt werden, um zu versuchen, die Profilerstellung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit in der Polizeiarbeit und der Strafgerichtsbarkeit zu rechtfertigen.

Empfehlung 32 verlangt auch eine unabhängige Kontrolle der Polizei. In der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 11 der ECRI wird den Regierungen der Mitgliedsstaaten geraten, eine „von der Polizei und der Staatsanwaltschaft unabhängige Stelle zur Untersuchung behaupteter Fälle von Rassendiskriminierung und rassistisch motivierten Fehlverhaltens der Polizei zu schaffen“.

Empfehlung 33

Irreguläre Migranten müssen Straftaten bei der Polizei anzeigen können, ohne fürchten zu müssen, den Einwanderungsbehörden gemeldet zu werden. Es ist im Interesse aller, dass Straftaten angezeigt und untersucht werden. Es ist äußerst schädlich für gute Polizeiarbeit, wenn Menschen aus Angst vor den Folgen für sie selbst davon abgehalten werden, Straftaten anzuzeigen, insofern sie Opfer von Straftaten sind. Die gesamte Gesellschaft muss Vertrauen in die Polizei haben, damit diese ihre Aufgabe einwandfrei erfüllen kann. Wenn ein Teil der Gesellschaft Angst hat, sich an sie zu wenden, kann die Polizei ihre Funktion nicht ordnungsgemäß wahrnehmen. Es ist die Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, gemeldete Straftaten zu untersuchen und gegebenenfalls Strafverfahren einzuleiten. Die Entscheidungen der Staatsanwälte zur Eröffnung eines Strafverfahrens beruhen darauf, dass jeder in der Lage ist, umfassend und aufrichtig als Zeuge auszusagen, insofern als dies relevant ist, um den tatsächlichen Sachverhalt zu ermitteln. Wenn einige Mitglieder der Bevölkerung oder Opfer von Straftaten daran gehindert werden, als Zeugen auszusagen, weil sie Angst haben, dass ihre personenbezogenen Daten zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen an die Einwanderungsbehörden übermittelt werden, können Staatsanwälte, Polizei und alle anderen Bereiche des Strafrechtssystems ihre Aufgaben nicht angemessen ausführen. Die EU-Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 2016 erkennt die Bedeutung des Schutzes personenbezogener Daten in Bezug auf die Strafgerichtsbarkeit und die Justizbehörden an und beschränkt in diesem Zusammenhang den Informationsaustausch. Die Richtlinie ruft die Staaten außerdem dazu auf, ein unabhängiges Aufsichtsorgan zur Überwachung des Schutzes personenbezogener Daten innerhalb des Strafrechtssystems zu schaffen.

In diesem Zusammenhang weist die ECRI in ihrem fünften Bericht über Griechenland auf einen Ministerbeschluss hin, welcher – aus humanitären Gründen – die Ausstellung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer oder Zeugen rassistischer Straftaten sind, durch den Innenminister vorsieht; die Aufenthaltstitel sind gültig, bis der Fall abgeschlossen oder ein rechtskräftiges Gerichtsurteil ergangen ist. In ihrem vierten Bericht über Polen hat die ECRI empfohlen, dass Opferschutzzentren und Justizbehörden, die sich mit rassistisch motivierten Straftaten gegen Einwanderer mit irregulärem Status befassen, davon absehen sollten, Informationen zu übermitteln, welche die Einwanderungsbehörden alarmieren könnten. Darüber hinaus werden, wenn Opfer von Straftaten Angst haben, gegen sie gerichtete Straftaten anzuzeigen, weil sie einen Austausch personenbezogener Daten zum Zweck der Einwanderungskontrolle und entsprechender Vollzugsmaßnahmen zwischen der Polizei und anderen Bereichen des Justizsystems und den Einwanderungsbehörden befürchten, diesem Teil der Bevölkerung Menschenrechte verweigert, auf die sie gemäß der verfahrensrechtlichen Verpflichtungen der Staaten, mutmaßliche Fälle von Misshandlungen zu untersuchen und gegebenenfalls die Urheber der Straftaten zu verfolgen, Anspruch erheben können (Artikel 3 der EMRK). In ihrem fünften Bericht über Griechenland äußerte die ECRI ihre Besorgnis im Hinblick auf das ernstzunehmende Problem der zu geringen Zahl an Anzeigen bei rassistisch motivierter Gewalt, welches hauptsächlich auf die Angst der Opfer zurückzuführen ist, wegen ihres fehlenden Aufenthaltstitels festgenommen und ausgewiesen zu werden.

Hierzu lässt sich ein Beispiel für bewährte Praktiken aus den Niederlanden nennen. In Amsterdam wurde ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, welches es Personen ohne Ausweispapiere ermöglicht, als Opfer oder Zeuge bei der Polizei eine Straftat anzuzeigen, ohne dass sie aufgrund ihres irregulären Status festgenommen oder strafrechtlich verfolgt werden. Im Fall schwerer Straftaten kann eine Ausweisungsverfügung für einen Zeitraum von drei Monaten ausgesetzt werden, wenn die Staatsanwaltschaft entscheidet, dass die Anwesenheit der Person für die Ermittlung notwendig ist. Aufgrund des Erfolgs des Pilotprogramms kommt es nunmehr landesweit zur Anwendung. Im November 2015 wurde das Programm von der Platform for Police Management of Diversity (Plattform für polizeiliches Diversitätsmanagement) mit einem Preis für bewährte Praktiken in der Arbeit mit vielfältigen Gemeinschaften ausgezeichnet.

IV. UNTERSTÜTZUNG FÜR IRREGULÄRE MIGRANTEN: FACHORGANE UND ZIVILGESELLSCHAFT

Empfehlungen 34 und 35

Alle Personen, ob irreguläre Migranten oder andere, haben bei Verletzungen ihrer Menschenrechte Anspruch auf die Gewährung von wirksamen Rechtsbehelfen. Es sollten Einrichtungen vorhanden sein, die sie dabei unterstützen, ihre Rechte geltend zu machen, ohne dass sie Angst haben müssen, dass ihre personenbezogenen Daten oder andere Informationen zum Zweck der Einwanderungskontrolle oder entsprechender Vollzugsmaßnahmen mit den Einwanderungsbehörden ausgetauscht werden. Im Einklang mit der EU-Verordnung und der EU-Richtlinie zum Datenschutz aus dem Jahr 2016 darf von den Verpflichtungen zum Schutz personenbezogener Daten nur aus spezifischen Gründen abgewichen werden und Informationen zu personenbezogenen Daten sollten nicht anderweitig mit Einwanderungsbehörden ausgetauscht oder an diese übermittelt werden.

Derartige Einrichtungen können bereits bestehende Antidiskriminierungsstellen in den Mitgliedsstaaten sein, zu deren Aufgabenbereich eindeutig auch irreguläre Migranten gehören sollten. Hier sei auf die Allgemeinen politischen Empfehlungen der ECRI Nr. 2 zu Fachorganen zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz auf nationaler Ebene und Nr. 7 zur nationalen Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung verwiesen. Die EU-Datenschutzrichtlinie empfiehlt den Staaten außerdem, ein unabhängiges Aufsichtsorgan einzurichten, um den Informationsaustausch zwischen öffentlichen Akteuren zu überwachen. Das Recht auf Zugang zu einer wirksamen Beschwerde bei einer innerstaatlichen Instanz wird in Artikel 13 der EMRK dargelegt und wurde vom EGMR in zahlreichen Fällen beleuchtet und ausgelegt.[47] Darüber hinaus leisten die zivilgesellschaftlichen Einrichtungen häufig den größten Teil der Unterstützung für Menschen in Not, wenn es darum geht, die Umsetzung ihrer Grundrechte in der Praxis wie im Recht zu gewährleisten. Die Zivilgesellschaft sollte dazu ermutigt werden, ihre Dienste und Tätigkeiten allen Personen im Hoheitsbereich des Staates zugänglich zu machen, ungeachtet ihres Migrationsstatus.

_______________

[1] Wie zum Beispiel den Bericht des UN-Sonderberichterstatters für das Recht auf Bildung aus dem Jahr 2010 über das Recht auf Bildung von Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden (A/HRC/14/25) sowie den Bericht des UN-Sonderberichterstatters für das Recht auf Genuss des maximal zu erreichenden Standards von leiblicher und seelischer Gesundheit aus dem Jahr 2013 über das Recht auf Gesundheit von Wanderarbeitnehmern (A/HRC/23/41).
[2] Gemäß der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 der ECRI zur nationalen Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung ist „Rassismus“ gleichbedeutend mit der Überzeugung, dass ein Beweggrund wie Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft die Missachtung einer Person oder Personengruppe oder das Gefühl der Überlegenheit einer Person oder Personengruppe rechtfertigt.
[3] Gemäß der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 ist unter „Rassendiskriminierung“ jede unterschiedliche Behandlung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationaler oder ethnischer Herkunft ohne sachliche und vernünftige Begründung zu verstehen.
[4] Da es sich um eine Erklärung handelt, ist weder eine Unterzeichnung noch eine Ratifizierung erforderlich.
[5] Die Verletzlichkeit wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in zahlreichen Fällen anerkannt (wie z. B. in den Fällen M. S. S. gegen Belgien und Griechenland, Beschwerde Nr. 30696/09, 21. Januar 2011; Jeunesse gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 12738/10, 3. Oktober 2014; Nunez gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 55597/09, 28. September 2011; und Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 50435/99, 3. Juli 2006).
[6] Die Allgemeine Politik-Empfehlung bezieht politische Rechte nur insoweit mit ein, wie sie jeder Person gemäß dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zustehen und vom UN-Menschenrechtsausschuss ausgelegt werden, welcher als dessen Vertragsorgan eingesetzt wurde.
[7] Siehe insbesondere Empfehlungen 3, 4, 11 und 12 dieser Allgemeinen politischen Empfehlung.
[8] Beschwerde Nr. 54273/00, 2. August 2001.
[9] Siehe Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, „Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte irregulärer Migranten“, HR/PUB/14/1.
[10] Beschwerde Nr. 47/2008, 20. Oktober 2009.
[11] Beschwerde Nr. 90/2013, 1. Juli 2014.
[12] Siehe auch die Auslegungserklärung des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte zu den Rechten von Flüchtlingen im Rahmen der Europäischen Sozialcharta, 15. Oktober 2015.
[13] Siehe auch Entschließung 2059 (2015) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zum Thema „Kriminalisierung irregulärer Migranten: ein Verbrechen ohne Opfer“.
[14] Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, Apprehension of Migrants in an Irregular Situation – Fundamental Rights Considerations (Festnahme von Migranten in einer irregulären Situation – Überlegungen zu den Grundrechten).
[15] François Crépeau, „Protecting Migrants’ Rights: Undocumented Migrants as Local Citizens“ in: François Crépeau und Colleen Sheppard, Hrsg., Human Rights and Diverse Societies: Challenges and Possibilities (Newcastle upon Tyne, UK: Cambridge Scholars Publishing, 2013), S. 208.
[16] Ursula Karl-Trummer, Sonja Novak-Zezula und Birgit Metzler, „Access to health care for undocumented migrants in the EU: A first landscape of NowHereland“ (2010) 16:1 Eurohealth, S. 13-15.
[17] Sergio Carrera und Joanna Parkin, Protecting and Delivering Fundamental Rights of Irregular Migrants at Local and Regional Levels in the European Union (Centre for European Policy Studies, 2011) online: <http://cor.europa.eu/>, S. 19.
[18] Sergio Carrera und Joanna Parkin, Protecting and Delivering Fundamental Rights of Irregular Migrants at Local and Regional Levels in the European Union (Centre for European Policy Studies, 2011) online: <http://cor.europa.eu/>, S. 19.
[19] Sergio Carrera und Joanna Parkin, Protecting and Delivering Fundamental Rights of Irregular Migrants at Local and Regional Levels in the European Union (Centre for European Policy Studies, 2011) online: <http://cor.europa.eu/>, S. 22.
[20] Der Rat der Europäischen Union hat die politische Einigung über die Richtlinie und die Verordnung am 28. Januar 2016 bestätigt und sie sollten daher in Kürze offiziell verabschiedet werden.
[21] Siehe die Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (2012–2015).
[22] Ponomarjowi gegen Bulgarien, Beschwerde Nr. 5335/05, 28. November 2011; D. H. und andere gegen die Tschechische Republik (GK), Beschwerde Nr. 57325/00, 13. November 2007.
[23] Jeunesse gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 12738/10, 3. Oktober 2014; Nunez gegen Norwegen, Beschwerde Nr.. 55597/09, 28. September 2011; und Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 50435/99, 3. Juli 2006.
[24] Siehe den Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates zum Thema „Kriminalisierung von Migration in Europa: Auswirkungen auf die Menschenrechte“, 10. Februar 2010, https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?id=1579605.
[25] Gemäß der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 der ECRI zur nationalen Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung ist „Rassismus“ gleichbedeutend mit der Überzeugung, dass ein Beweggrund wie Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft die Missachtung einer Person oder Personengruppe oder das Gefühl der Überlegenheit einer Person oder Personengruppe rechtfertigt. Unter „Rassendiskriminierung“ ist jede unterschiedliche Behandlung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationaler oder ethnischer Herkunft ohne sachliche und vernünftige Begründung zu verstehen.
[26] Beschwerde Nr. 17371/90, 16. September 1996.
[27] Beschwerde Nr. 40892/98, 30. September 2003.
[28] Gaygusuz gegen Österreich, Beschwerde Nr. 17371/90, 16. September 1996; Koua Poirrez gegen Frankreich, Beschwerde Nr. 40892/98, 30. September 2003; Luczak gegen Polen, Beschwerde Nr. 77782/01, 27. November 2007.
[29] Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, Die Grundrechte von Migranten in einer irregulären Situation in der Europäischen Union, November 2011.
[30] Entschließung 2059 (2015) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zum Thema „Kriminalisierung irregulärer Migranten: ein Verbrechen ohne Opfer“
[31] Siehe den Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates aus dem Jahr 2010 mit dem Titel „Kriminalisierung von Migration in Europa: Auswirkungen auf die Menschenrechte“.
[32] Timischew gegen Russland, Beschwerden Nr. 55762/00 und 55974/00, 13. Dezember 2005, siehe § 64.
[33] Beschwerde Nr. 5335/05, 28. November 2011.
[34] Beschwerde Nr. 57325/00, 13. November 2007.
[35] Beschwerde Nr. 14/2003, 3. November 2004.
[36] Zypern gegen die Türkei (GK), Beschwerde Nr. 25781/94, 10. Mai 2001; Powell gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 45305/99, 4. Mai 2000; Nitecki gegen Polen, Beschwerde Nr. 65653/01, 21. März 2002.
[37] Mehmet Emin Yüksel gegen die Türkei, Beschwerde Nr. 40154/98, 20. Oktober 2004; Serifis gegen Griechenland, Beschwerde Nr. 27695/03, 2. November 2006; Tararijewa gegen Russland, Beschwerde Nr. 4353/03, 14. Dezember 2006; Allgemeine Bemerkung Nr. 20 des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Absatz 33; Merkblatt Nr. 323 der Weltgesundheitsorganisation, Dezember 2015.
[38] Beschwerde Nr. 30696/09, 21. Januar 2011.
[39] Merkblatt Nr. 323 der Weltgesundheitsorganisation, Dezember 2015; siehe auch die Empfehlung der ILO aus dem Jahr 2010 (Nr. 200) betreffend HIV und Aids und die Welt der Arbeit.
[40] Beschwerde Nr. 47/2008, 20. Oktober 2009.
[41] Beschwerde Nr. 90/2013, 1. Juli 2014.
[42] Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Pressemitteilung, „Dutch decision to fund emergency assistance for homeless migrants‚ welcome change of position‘ – UN experts“ (28. Januar 2015, Genf).
[43] Rechtssache C-311/13, 5. November 2014.
[44] Bericht III (Teil 1B), Allgemeine Erhebung zu den Berichten zum Übereinkommen (Nr. 81) über die Arbeitsaufsicht, 1947, und dem Protokoll von 1995 zum Übereinkommen über die Arbeitsaufsicht, 1947, zur Empfehlung (Nr. 81) betreffend die Arbeitsaufsicht, 1947, zur Empfehlung (Nr. 82) betreffend die Arbeitsaufsicht (Bergbau und Verkehr), 1947, zum Übereinkommen (Nr. 129) über die Arbeitsaufsicht (Landwirtschaft), 1969 und zur Empfehlung (Nr. 133) betreffend die Arbeitsaufsicht (Landwirtschaft), 1969.
[45] P7_TA(2014)0012.
[46] Siehe den Bericht des UN-Sonderberichterstatters für die Menschenrechte von Migranten aus dem Jahr 2014 über die Ausbeutung der Arbeitskraft von Migranten (Report on the labour exploitation of migrants), Absatz 60.
[47] Al-Naschif gegen Bulgarien, Beschwerde Nr. 50963/99, 20. September 2002; Schebaschow gegen Lettland, Beschwerde Nr. 50065/99, 9. November 2000 (Entscheidung über die Zulässigkeit); und Čonka gegen Belgien, Beschwerde Nr. 51564/99, 5. Mai 2002.

Zuletzt aktualisiert am September 17, 2021 von eurogesetze

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