Mehmet Reşit Arslan und Orhan Bingöl gg. die Türkei – 47121/06, 13988/07, 34750/07 (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte)

Urteil vom 18.6.2019, Sektion II

Sachverhalt

Die beiden Bf. wurden wegen Mitgliedschaft in einer illegalen bewaffneten Organisation zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Herr Arslan befand sich in einem Hochsicherheitsgefängnis.

Nachdem Herr Arslan, der vor seiner Verurteilung schon an der medizinischen Fakultät der Universität Istanbul studiert hatte, mitgeteilt worden war, dass er sich nach Ende der Haft erneut an dieser Universität inskribieren könne, beantragte er zur Vorbereitung bei der Gefängnisverwaltung Zugang zu einem Computer und zum Internet. Diese Möglichkeit war in Art. 67 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 5.275 über die Strafvollstreckung (im Folgenden: StVG) vorgesehen. Der Antrag des Bf. wurde von der Behörde unter Bezugnahme auf Art. 67 Abs. 4 StVG abgewiesen, der die Möglichkeit eröffnete, für Personen, die wegen ihrer Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation verurteilt worden waren, den Zugang zu Bildungszwecken zu Computern oder audiovisuellem Material zu beschränken. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass der Bf. in der Haft Verbindungen zu anderen inhaftierten Mitgliedern der illegalen Organisation aufrechterhalten würde und er sich noch an keiner Bildungseinrichtung eingeschrieben hätte. Rechtsmittel des Bf. gegen diese Entscheidung blieben ohne Erfolg.

Im Juni 2006 nahm Herr Arslan an der allgemeinen Aufnahmeprüfung für die Universität teil. Nach der Aufnahmeprüfung inskribierte er sich für das Studienjahr 2006/07 für ein Fernstudium an der Fakultät für Wirtschaft und Management der Universität Anadolu.

Im März 2007 ersuchte Herr Arslan bei der Gefängnisverwaltung um Kauf und Verwendung eines Computers, da er im Zuge seines Fernstudiums verpflichtende Computerkurse zu absolvieren habe. Auch diesem Antrag des Bf. wurde nicht stattgegeben.

Herr Bingöl, ein ehemaliger Student der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Istanbul, nahm im Juni 2006 ebenfalls an der allgemeinen Aufnahmeprüfung für die Universität teil. Er wollte danach ein Fernstudium aufnehmen. Nachdem er eine Note erhalten hatte, die er als für die Zulassung zu einer Hochschule ausreichend erachtete, nahm er Kontakt mit einer Fachhochschule für Computerprogrammierung auf.

Im August 2006 beantragte der Bf. bei der Gefängnisverwaltung die Genehmigung der Verwendung eines Computers und von Zugriff auf das Internet. Er gab an, dies für sein Fernstudium unabdingbar zu benötigen. Dennoch wurde sein Antrag von den Behörden abgewiesen. Vom Bf. gegen diese Entscheidung erhobene Rechtsmittel an diverse Gerichte blieben erfolglos. Laut der Akte hat sich der Bf. für das Studienjahr 2006/07 an keiner Hochschule eingeschrieben.

Rechtsausführungen

Die Bf. rügten eine Verletzung von Art. 2 1. Prot. EMRK (Recht auf Bildung), da sie keinen Zugang zu einem Computer und zum Internet erhalten hätten, obwohl dies für sie unverzichtbar gewesen wäre, um ihre Hochschulstudien zu verfolgen und ihre Allgemeinbildung zu vertiefen.

I. Verbindung der Beschwerden

(41) Der GH erachtete es […] für angebracht, die Beschwerden zu verbinden (einstimmig).

II. Zur behaupteten Verletzung von Art. 2 1. Prot. EMRK

1. Anwendungsbereich von Art. 2 1. Satz 1. Prot. EMRK

(51) […] Wenn Art. 2 1. Prot. EMRK nicht dahingehend interpretiert werden kann, dass er die Vertragsstaaten verpflichtet, spezielle Bildungseinrichtungen zu schaffen oder zu subventionieren, so hat ein Staat, der solche Einrichtungen geschaffen hat, doch die Verpflichtung, einen wirksamen Zugang dazu zu bieten. […] Diese Bestimmung gilt für den primären, sekundären und universitären Bildungssektor.

(52) Im vorliegenden Fall beobachtet der GH, dass die Bf. 2006 an der Aufnahmeprüfung für Hochschulen teilgenommen hatten. Am Ende dieses Verfahrens wurde Herr Arslan […] an der Fakultät für Wirtschaft und Management der Universität Anadolu zugelassen, die für das Universitätsjahr 2006/07 Fernunterricht gewährte. Im Übrigen hatte Herr Bingöl eine laut ihm ausreichende Note erhalten, die es ihm erlaubt hätte, in einer Hochschuleinrichtung aufgenommen zu werden, auch wenn er sich für das Universitätsjahr 2006/07 an keiner Hochschule eingeschrieben hatte.

(53) Der GH hält fest, dass die Anträge, welche die Bf. an die Strafvollzugsbehörden richteten, sich im Wesentlichen auf die Verwendung von audiovisuellen Materialien, Computern und elektronischen Geräten bezogen und zu ihrer Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung an der Universität oder zur Verfolgung ihres Studiums dienten. Folglich spielt es nach Ansicht des GH keine Rolle, ob Herr Bingöl sich an einer Bildungseinrichtung inskribiert hat. Aus den Elementen der Akte geht klar hervor, dass die beiden Bf. vorhatten, Hochschulstudien in Einrichtungen zu verfolgen, die Fernunterricht gewährten, und dass sie dafür 2006 an der Aufnahmeprüfung für die Universität teilgenommen hatten und sie ihre Anträge im Rahmen dieses Schrittes begründeten.

Diesbezüglich bietet die im vorliegenden Fall einschlägige türkische Gesetzgebung […] den Verurteilten die Möglichkeit, ihre Studien in den Strafvollzugsanstalten im Rahmen der Möglichkeiten dieser Zentren zu betreiben. Insbesondere haben die Strafvollzugsanstalten laut dem [Verfassungsgericht] die Verpflichtung, den Zugang zu einer Bildungsaktivität in ihrem Inneren nicht zu behindern. Diesbezüglich wurden die Verwendung von audiovisuellen Lernhilfen sowie von Computern und der Zugang zum Internet gemäß Art. 67 Abs. 3 StVG unter Überwachung im Rahmen von Resozialisierungsoder Bildungsprogrammen in den Räumlichkeiten, die zu diesem Zweck von der Gefängnisbehörde bezeichnet wurden, genehmigt. Diese Möglichkeit stellt gewiss ein für die tatsächliche Ausübung des Rechts auf Bildung unverzichtbares Rüstzeug dar, sofern sie den Verurteilten erlaubt, sich auf die Aufnahmeprüfungen für die Bildungseinrichtungen vorzubereiten und gegebenenfalls ihre Studien zu betreiben. Gemäß der gefestigten Rechtsprechung des GH stellt der Zugang zu existierenden Bildungseinrichtungen einen integralen Bestandteil des in Art. 2 Satz 1 1. Prot. EMRK erwähnten Rechts dar. Daraus folgt, dass die fragliche Rüge in den Anwendungsbereich von Art. 2 1. Prot. EMRK fällt.

Angesichts des Vorgesagten ist es angebracht, auch die Einrede der Regierung im Hinblick auf die fehlende Opfereigenschaft von Herrn Bingöl zurückzuweisen.

(54) Da diese Rüge nicht offensichtlich unbegründet […] und auch aus keinem anderen Grund unzulässig ist, erklärt sie der GH für zulässig (einstimmig).

2. In der Sache

(58) […] Jede Beschränkung [von Art. 2 1. Prot. EMRK] muss […] vorhersehbar sein und ein legitimes Ziel verfolgen. Wenn Art. 2 1. Prot. EMRK auch keine positive Verpflichtung umfasst, im Gefängnis unter allen Umständen Bildungsmöglichkeiten vorzusehen, so darf eine derartige Möglichkeit, wenn sie existiert, nicht willkürlichen oder unangemessenen Beschränkungen unterworfen werden.

(59) […] Bei der Prüfung der Rüge der Bf. unter Art. 2

1. Prot. EMRK wird der GH seine bisherige Rechtsprechung zu Art. 10 EMRK im Hinblick auf das Recht der Häftlinge, auf das Internet zuzugreifen, gebührend berücksichtigen.[1] Aus dieser Rechtsprechung geht hervor, dass für die Entscheidung, ob die Weigerung, Häftlingen Zugang zum Internet zu gewähren, in einem gegebenen Fall gerechtfertigt ist, die Frage geprüft werden muss, ob die nationalen Gerichte eine ausreichende Beurteilung der konkreten, einem bestimmten Fall innewohnenden Risiken für die Sicherheit vorgenommen und so die auf dem Spiel stehenden widerstreitenden Interessen angemessen abgewogen haben. […]

(58) Im vorliegenden Fall beobachtet der GH zunächst, dass das innerstaatliche Recht den Häftlingen die Möglichkeit zuerkennt, einen Computer zu verwenden und unter bestimmten Bedingungen auf das Internet zuzugreifen. Diese Nutzung konnte trotzdem der Kontrolle der Gefängnisverwaltung unterworfen und unter den Voraussetzungen des Art. 67 Abs. 4 StVG beschränkt werden. Der GH ist bereit zu akzeptieren, dass die den Rechten der Bf. diesbezüglich zuteil gewordene Beschränkung gesetzlich vorgesehen war, auch wenn es der Praxis der Strafvollzugsbehörden an Kohärenz mangelte. Er bemerkt, dass die Regierung das legitime Ziel nicht präzisiert hat, das von der strittigen Maßnahme verfolgt wurde. Eine gesetzliche Bestimmung, welche die Verwendung des Computers durch die Verurteilten und ihren Zugang zum Internet regelt, könnte den legitimen Zielen der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verhütung von Straftaten dienen. Tatsächlich können die fraglichen Rechte gemäß Art. 67 StVG im Hinblick auf Personen beschränkt werden, die eine gewisse Gefährlichkeit aufweisen, oder im Hinblick auf Individuen, die wegen Zugehörigkeit zu einer illegalen Organisation verurteilt wurden.

(59) Was den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

angeht, wird der GH die von den nationalen Gerichten und der Regierung zur Rechtfertigung der im vorliegenden Fall strittigen Beschränkung vorgebrachten Gründe prüfen, um zu entscheiden, ob sie stichhaltig und ausreichend waren und ob die fragliche Maßnahme verhältnismäßig zum angestrebten legitimen Ziel war, berücksichtigt man den gerechten Ausgleich, der zwischen dem Recht der Bf. auf Bildung und den Gründen geschaffen werden muss, die von den türkischen Behörden zur Stützung der Abweisung der Anträge der Betroffenen vorgebracht wurden.

[…] Während des innerstaatlichen Verfahrens und vor dem GH haben die nationalen Behörden verschiedene Gründe vorgebracht, um die Abweisung der Anträge der Bf. auf Gewährung der Möglichkeit nach dem StVG zu rechtfertigen. Der Antrag von Herrn Arslan vom 13.3.2006 wurde in Anwendung von Art. 67 Abs. 4 StVG auf Basis einer Stellungnahme der Strafvollzugsbehörden abgewiesen, wonach der Betroffene während seiner Haft Beziehungen mit den anderen inhaftierten Mitgliedern der illegalen Organisation aufrechterhalten und sich an keiner Bildungseinrichtung inskribiert hätte. Nun beobachtet der GH aber, dass der Antrag des Bf. vom 9.3.2007 nach seiner Inskription an einer Hochschuleinrichtung ebenfalls abgewiesen wurde – dieses Mal, weil er jedenfalls nicht von der Möglichkeit profitieren konnte, einen Computer zu verwenden, da die Verurteilten, die ihre Strafe in geschlossenen Hochsicherheitsgefängnissen verbüßten, von der Begünstigung des Art. 67 Abs. 3 StVG kategorisch ausgeschlossen waren. Aus der Stellungnahme der Regierung geht den-

noch hervor, dass demselben Bf. ab 2011 eine entsprechende Begünstigung gewährt wurde. Was Herrn Bingöl angeht, so wurde sein Antrag laut den Parteien gemäß Art. 67 Abs. 4 StVG zurückgewiesen.

(58) Während des Verfahrens vor dem GH hat die Regierung die Rechtfertigung der gegenüber den Bf. ergangenen Weigerungen präzisiert. Was Herrn Arslan anbelangt, der wegen Terrorismus verurteilt wurde, verwies sie auf Art. 67 Abs. 4 StVG und wies darauf hin, dass der Häftling, wenn ihm die Genehmigung erteilt wurde, auf das Internet zuzugreifen, in der Lage war, weiter seinen terroristischen Aktivitäten nachzugehen. Im Übrigen hatte Herr Arslan laut der Regierung die Möglichkeit, die für ihn notwendige Ausstattung in der Bibliothek des Gefängnisses zu verwenden. Deshalb sei die Abweisung des Antrags von Herrn Arslan, der darauf gerichtet war, über die Materialien in seiner Zelle verfügen zu dürfen, laut der Regierung gerechtfertigt gewesen. Was Herrn Bingöl angeht, sei die Weigerung laut der Regierung gerechtfertigt gewesen, weil dieser sich an keiner Bildungseinrichtung inskribiert hätte und er zahlreichen Disziplinarsanktionen unterworfen worden wäre.

(59) Der GH beobachtet, dass die türkische Gesetzgebung und Praxis kein absolutes Verbot der Verwendung eines Computers und des Internetzugangs in Strafvollzugseinrichtungen (einschließlich Hochsicherheitsgefängnissen) vorsehen. Art. 67 Abs. 3 StVG bietet Verurteilten die Möglichkeit, im Rahmen von Resozialisierungsoder Bildungsprogrammen unter Überwachung und in den von den Gefängnisbehörden zu diesem Zweck bezeichneten Räumlichkeiten die audiovisuellen Lernhilfen und Computer zu verwenden und auf das Internet zuzugreifen. Für den GH gibt es keinen Zweifel, dass die Regelung der Zugangsmodalitäten zu diesen Möglichkeiten im Gefängnis in den Ermessensspielraum des Vertragsstaates fällt. Es reicht ihm zu prüfen, ob die nationalen Gerichte einerseits ihre Aufgabe erfüllt haben, im vorliegenden Fall die verschiedenen auf dem Spiel stehenden Interessen gegeneinander abzuwägen, und andererseits ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, bei der Anwendung der innerstaatlichen Regeln jeden Missbrauch von Seiten der Verwaltung zu verhindern.

(60) […] Internet kann unter der Kontrolle der Verwaltung und in dem für die Bildungsund Resozialisierungsprogramme notwendigen Ausmaß verwendet werden. Es wird im vorliegenden Fall nicht bestritten, dass die Gefängniseinrichtungen, um die es sich handelt, über Mittel verfügten, die es erlaubten, den Verurteilten die in Art. 67 Abs. 3 StVG vorgesehene Möglichkeit zu geben. Außerdem wurde keine konkrete Rechtfertigung im Hinblick auf einen Mangel an Ressourcen der fraglichen Einrichtungen vorgebracht, weder in den innerstaatlichen Verfahren noch vor dem GH.

(58) Im Übrigen erlaubt es nichts, die Behauptung der Bf. in Frage zu stellen, wonach ihr Wunsch, von der Möglichkeit zu profitieren, die von der einschlägigen Gesetzgebung geboten wurde, ihrem Willen entsprang, ihre Studien fortzusetzen. Diesen Umstand erachtet der GH im vorliegenden Fall als wesentlich. Die beiden Bf. nahmen 2006 an der Aufnahmeprüfung für eine Hochschuleinrichtung teil und bekundeten ein großes Interesse daran, ihre Hochschulstudien zu betreiben, die sie nach ihrer rechtkräftigen Verurteilung abgebrochen hatten. […]

(68) Was Herrn Bingöl angeht, so trifft es zu, dass dieser mehreren Disziplinarsanktionen unterworfen und wegen der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation verurteilt worden war. Trotzdem hat sich der Strafvollzugsrichter in seiner Entscheidung vom 23.8.2006 darauf beschränkt, die fragliche Bestimmung zu zitieren, ohne irgendeinen Grund anzugeben, der die Weigerung der Verwaltung rechtfertigen konnte, und ohne zu irgendeiner Abwägung der auf dem Spiel stehenden Interessen zu schreiten.

(69) Es ist in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass die Wichtigkeit von Bildung im Gefängnis vom Ministerkomitee des Europarats in seinen Empfehlungen zur Bildung im Gefängnis und in seinen Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen anerkannt wurde. Der GH wiederholt, dass die Regelung der Zugangsmodalitäten zu diesen Möglichkeiten im Gefängnis in den Ermessensspielraum des Vertragsstaates fällt. Diesbezüglich hält er fest – obwohl die von den nationalen Behörden und der Regierung angeführten Sicherheitserwägungen im vorliegenden Fall als stichhaltig angesehen werden können –, dass die nationalen Gerichte wie in den Fällen Kalda/Est und Jankovskis/LT keine detaillierte Analyse der Sicherheitsrisiken vorgenommen und einerseits ihre Aufgabe nicht erfüllt haben, die verschiedenen im vorliegenden Fall auf dem Spiel stehenden Interessen gegeneinander abzuwägen, und andererseits ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sind, jeden Missbrauch von Seiten der Verwaltung zu verhindern. Unter diesen Umständen ist er nicht überzeugt davon, dass von den Behörden im vorliegenden Fall ausreichende Gründe für die Verweigerung der Anträge auf Gewährung des Rechts nach Art. 67 Abs. 3 StVG vorgebracht wurden.

(70) Die gleichen Mängel hindern auch den GH daran, seine europäische Kontrolle zur Frage wirksam auszuüben, ob die nationalen Behörden die in seiner Rechtsprechung festgelegten Standards betreffend die Abwägung der auf dem Spiel stehenden Interessen angewendet haben.

(71) Nach Untersuchung dieser Umstände kommt der GH zum Schluss, dass die Richter im Zuge des Entscheidungsfindungsprozesses, der zu den fraglichen Entscheidungen führte, ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sind, eine Abwägung zwischen den Interessen der Bf. und den Erfordernissen der öffentlichen Ordnung vorzunehmen.

(72) Vor dem Hintergrund des Vorgesagten kommt der GH zum Schluss, dass die nationalen Gerichte keinen gerechten Ausgleich zwischen dem Recht der Bf. auf Bildung […] und den Erfordernissen der öffentlichen Ordnung geschaffen haben. Deshalb befindet er, dass im vorliegenden Fall im Hinblick auf die beiden Bf. eine Verletzung von Art. 2 1. Prot. EMRK erfolgte (einstimmig).

3. Zur behaupteten Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK

(73) […] Herr Arslan rügte auch das Fehlen einer Verhandlung im Verfahren vor den Strafvollzugsrichtern. […]

(74) Angesichts der Begründung, die ihn zur Feststellung einer Verletzung von Art. 2 1. Prot. EMRK geführt hat, befindet der GH, dass es nicht angezeigt ist, die Zulässigkeit und Begründetheit dieser Rüge zu prüfen (einstimmig).

4. Entschädigung nach Art. 41 EMRK

Herr Arslan hat keinen Antrag auf Entschädigung gestellt. Die Feststellung einer Verletzung von Art. 2

1. Prot. EMRK stellt eine ausreichende gerechte Entschädigung für den von Herrn Bingöl erlittenen immateriellen Schaden dar (einstimmig).

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1. Siehe die Urteile Kalda/EST und Jankovskis/LT. In beiden Fällen stellte der EGMR eine Verletzung von Art. 10 EMRK fest.

Zuletzt aktualisiert am November 5, 2020 von eurogesetze

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