RECHTSSACHE KÜBLER ./. DEUTSCHLAND (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) Individualbeschwerde Nr. 32715/06

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
FÜNFTE SEKTION
RECHTSSACHE K. ./. DEUTSCHLAND
(Individualbeschwerde Nr. 32715/06)
URTEIL
(Gerechte Entschädigung – Streichung)
STRASSBURG
5. Juni 2014

Dieses Urteil wird nach Maßgabe des Artikels 44 Absatz 2 der Konvention endgültig. Es wird gegebenenfalls noch redaktionell überarbeitet.

In der Rechtssache K. ./. Deutschland

hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Fünfte Sektion) als Kammer mit den Richterinnen und Richtern

Mark Villiger, Präsident,
Boštjan M. Zupančič,
Ann Power-Forde,
Vincent A. De Gaetano,
André Potocki,
Helena Jäderblom und
Bertram Schmitt, Richter ad hoc,
sowie Claudia Westerdiek, Sektionskanzlerin,

nach nicht öffentlicher Beratung am 13. Mai 2014

das folgende Urteil erlassen, das am selben Tag angenommen wurde.

VERFAHREN

1. Der Rechtssache lag eine Individualbeschwerde (Nr. 32715/06) gegen die Bundesrepub­lik Deutschland zugrunde, die ein deutscher Staatsangehöriger, Herr K. („der Beschwerdeführer“), am 9. August 2006 nach Artikel 34 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten („die Konvention“) beim Gerichtshof einge­reicht hatte. Der Beschwerdeführer wurde von Herrn L. und Herrn W., Rechtsanwälte in S., vertreten. Die deutsche Regierung („die Regierung“) wurde durch ihre Verfahrensbevollmächtigten, Frau Ministerialdirigentin A. Wittling-Vogel und Herrn Ministerialrat H. J. Behrens vom Bundesministerium der Justiz, vertreten.

2. Renate Jaeger, die für Deutschland gewählte Richterin, war verhindert (Artikel 28 der Verfahrensordnung). Die Regierung benannte deshalb Herrn B. Schmitt als Richter ad hoc.

3. In einem am 13. Januar 2011 erlassenen Urteil („das Haupturteil“) stellte der Gerichts­hof fest, dass das in Artikel 6 Abs. 1 der Konvention verankerte Recht des Beschwerdefüh­rers auf Zugang zu einem Gericht verletzt worden sei, da das Justizministerium Baden-Württemberg die auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Freihaltung einer Anwaltsnotar­stelle erlassene einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts nicht befolgt habe (K. ./. Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 32715/06, Rdnrn. 64-66, 13. Januar 2011).

4. Nach Artikel 41 der Konvention forderte der Beschwerdeführer eine Entschädigung für den Verdienstausfall in Höhe von 1.078.254,70 EUR, zuzüglich weiterer 150.000 EUR pro Jahr für den Zeitraum von 2011 bis zum Erreichen der Altersgrenze, sowie eine Entschädi­gung für den immateriellen Schaden, den er mit 10.000 EUR pro Jahr für die Jahre 2004 bis 2010 bezifferte (siehe K., a.a.O., Rdnr. 74).

5. Da die Frage der Anwendung des Artikels 41 der Konvention hinsichtlich des materiellen und immateriellen Schadensnoch nicht entscheidungsreif war, behielt sich der Gerichtshof die Beurteilung dieser Frage vor und forderte die Regierung und den Beschwerdeführer auf, ihn über den Ausgang des vor dem Oberlandesgericht Stutt­gart anhängigen Amtshaftungsverfahrens und insbesondere über eine eventuelle Einigung zu unterrichten (a.a.O., Rdnr. 78 und Nr. 5 des Urteilstenors).

6. Am 24. Oktober 2013 wurde der Beschwerdeführer zum Anwaltsnotar im Bezirk des Amtsgerichts Stuttgart bestellt.

7. Am 18. Februar 2014 teilte die Regierung dem Gerichtshof mit, dass der Beschwerdefüh­rer mit dem Land Baden-Württemberg in dem vor dem Landgericht Stuttgart anhängigen Verfahren eine Vereinbarung über eine Entschädigung geschlossen habe. Mit dieser Vereinbarung verpflichtete sich das Land Baden-Württemberg, dem Beschwerdefüh­rer 805.000 EUR als Ersatz für Verdienstausfall, 7.500 EUR als Ersatz für Aufwendungen für einen Fachlehrgang, 5.000 EUR als Ersatz von weiteren Ausgaben in dem Verfahren vor dem Gerichtshof und 65.000 EUR als Entschädigung für immaterielle Nachteile zu zahlen. Im Ge­genzug erklärte sich der Beschwerdeführer mit der Streichung der Beschwerde aus dem Register des Gerichtshofs einverstanden. Darüber hinaus erklärte er, er habe im Zusam­menhang mit dem Gegenstand seiner Individualbeschwerde an den Gerichtshof keine weite­ren Ansprüche gegen das Land Baden-Württemberg oder die Bundesrepublik Deutschland.

8. Zu diesem Zweck übermittelte die Regierung dem Gerichtshof eine Kopie des Beschlus­ses des Landgerichts Stuttgart (Az. 15 O 302/12), mit dem das Zustandekommen des Vergleichs festgestellt wurde.

RECHTLICHE WÜRDIGUNG

9. Nach Erlass seines Haupturteils wurde dem Gerichtshof mitgeteilt, dass zwischen der Regierung und dem Beschwerdeführer eine gütliche Einigung in Bezug auf dessen Forde­rungen nach Artikel 41 der Konvention erzielt wurde.

Im Hinblick auf die Bestimmungen dieser Vereinbarung stellt der Gerichtshof fest, dass sie billig im Sinne von Artikel 75 Abs. 4 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist und dass sie auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte getroffen wurde, wie sie in der Kon­vention und ihren Protokollen anerkannt sind (Artikel 37 Abs. 1 in fine der Konvention und Artikel 62 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs). Er nimmt daher die Einigung formell zu Kenntnis und hält es für angemessen, nach dieser Bestimmung die Rechtssache im Übrigen im Register zu streichen.

10. Demzufolge sollte die Rechtssache im Übrigen im Register gestrichen werden.

AUS DIESEN GRÜNDEN ENTSCHEIDET DER GERICHTSHOF EINSTIMMIG:

Er beschließt, die Rechtssache im Übrigen im Register zu streichen.

Ausgefertigt in Englisch und schriftlich zugestellt am 5. Juni 2014 nach Artikel 77 Abs. 2 und 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.

Claudia Westerdiek                              Mark Villiger
Kanzlerin                                                Präsident

Zuletzt aktualisiert am Januar 3, 2021 von eurogesetze

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert