EBERHARD GEGEN DEUTSCHLAND (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) Individualbeschwerden Nrn. 58600/12 und 71215/13

EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE
FÜNFTE SEKTION
ENTSCHEIDUNG
Individualbeschwerden Nrn. 58600/12 und 71215/13
E. gegen Deutschland

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Fünfte Sektion) hat in seiner Sitzung am 23. September 2014 als Ausschuss mit der Richterin und den Richtern

Boštjan M. Zupančič, Präsident,
Angelika Nußberger,
Vincent A. de Gaetano,

sowie Stephen Phillips, Stellvertretender Sektionskanzler,

im Hinblick auf die oben genannten Individualbeschwerden, die am 29. August 2012 bzw. 18. Oktober 2013 eingereicht wurden,

mit Blick auf die am 30. April 2014 von der beschwerdegegnerischen Regierung vorgelegte Erklärung, mit der sie den Gerichtshof ersucht, die Beschwerden in seinem Register zu streichen, und die Erwiderung des Beschwerdeführers auf diese Erklärung,

nach Beratung wie folgt entschieden:

SACHVERHALT UND VERFAHREN

Der 19.. geborene Beschwerdeführer, E., ist deutscher Staatsangehöriger und derzeit in der Justizvollzugsanstalt D. untergebracht. Vor dem Gerichtshof wurde er von Herrn M., Rechtsanwalt in V., vertreten.

Die deutsche Regierung („die Regierung“) wurde durch einen ihrer Verfahrensbevollmächtigten, Herrn Ministerialrat H.-J. Behrens vom Bundesministerium der Justiz, vertreten.

Die Beschwerden wurden der Regierung übermittelt.

A. Die Umstände der Rechtssache

Der von den Parteien vorgebrachte Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen.

In zwei aufeinanderfolgenden Verfahren beschlossen das Landgericht Trier und das Landgericht Koblenz die Fortdauer der Sicherungsverwahrung des Beschwerdeführers, die das Landgericht Trier am 19. Mai 1994 gleichzeitig mit seiner Verurteilung wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung angeordnet hatte, über die zum Zeitpunkt der Tat des Beschwerdeführers geltende gesetzliche Frist von zehn Jahren hinaus. Diese Frist war am 21. September 2010 abgelaufen.

Die Entscheidungen des Landgerichts Trier vom 3. November 2011 (Individualbeschwerde Nr. 58600/12) und des Landgerichts Koblenz vom 15. November 2012 (Individualbeschwerde Nr. 71215/13) berücksichtigten die mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (2 BvR 2365/09 u. a.) festgelegten strengeren Maßstäbe für die Fortdauer der nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung in dem Übergangszeitraum bis zum 31. Mai 2013. Die landgerichtlichen Entscheidungen wurden vom Oberlandesgericht Koblenz und vom Bundesverfassungsgericht (2 BvR 255/12 und 2 BvR 469/13) bestätigt.

Die in Rede stehende Sicherungsverwahrung des Beschwerdeführers wurde zunächst in der Justizvollzugsanstalt W. und ab Mai 2012 in einer gesonderten Abteilung für Sicherungsverwahrte der Justizvollzugsanstalt D. vollzogen. Am 4. Juli 2013 wurde der Beschwerdeführer in ein neu errichtetes Gebäude für Sicherungsverwahrte auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt D. verlegt.

B. Einschlägiges innerstaatliches Recht und einschlägige innerstaatliche Praxis

Ein Überblick über die einschlägigen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs zur Sicherungsverwahrung findet sich insbesondere in den Urteilen des Gerichtshofs in den Rechtssachen M. ./. Deutschland (Individualbeschwerde Nr. 19359/04, Rdnrn. 45-78, ECHR 2009) und G. ./. Deutschland (Individualbeschwerde Nr. 7345/12, Rdnrn. 32-52, 28. November 2013). Letzteres Urteil enthält ferner eine Zusammenfassung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (2 BvR 2365/09 u. a.) bezüglich der nachträglich verlängerten bzw. nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung, die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt wurde (siehe G., a. a. O., Rdnrn. 42-48).

Am 1. Juni 2013 trat das Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung in Kraft. Mit diesem Gesetz erließ der Gesetzgeber neue Regelungen für den Vollzug von Sicherungsverwahrungsanordnungen und für den Vollzug der vorhergehenden Freiheitsstrafen, welche die Anforderungen berücksichtigten, die in dem oben genannten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung vom 4. Mai 2011 niedergelegt worden waren.

RÜGEN

Unter Berufung auf die Feststellungen des Gerichtshofs in der Rechtssache M. ./. Deutschland (a. a. O.) rügte der Beschwerdeführer, dass die nachträgliche Verlängerung seiner Sicherungsverwahrung über die frühere gesetzliche Höchstdauer von zehn Jahren hinaus gegen Artikel 5 Abs. 1 und Artikel 7 Abs. 1 der Konvention verstoße.

RECHTLICHE WÜRDIGUNG

A. Gleichzeitige Prüfung der Beschwerden

Da die beiden in Rede stehenden Individualbeschwerden die in zwei aufeinanderfolgenden Verfahren angeordnete nachträgliche Verlängerung der Unterbringung desselben Beschwerdeführers in der Sicherungsverwahrung – und damit miteinander zusammenhängende Sachverhalte – betreffen, beschließt der Gerichtshof, die Individualbeschwerden zu verbinden (Artikel 42 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs).

B. Die Rügen des Beschwerdeführers nach Artikel 5 Abs. 1 und Artikel 7 Abs. 1 der Konvention

Der Beschwerdeführer rügte die Entscheidung der innerstaatlichen Gerichte, seine Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus zu verlängern. Er berief sich auf Artikel 5 Abs. 1 und Artikel 7 Abs. 1 der Konvention, die, soweit maßgeblich, wie folgt lauten:

Artikel 5

„(1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

a) rechtmäßige Freiheitsentziehung nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;

[…]

e) rechtmäßige Freiheitsentziehung mit dem Ziel, die Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern; […]“

Artikel 7

„(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden.“

1. Die Stellungnahmen der Parteien

Nachdem mehrere Versuche, eine gütliche Einigung zu erreichen, gescheitert waren, unterrichtete die Regierung den Gerichtshof mit Schreiben vom 30. April 2014 von ihrem Vorschlag, eine einseitige Erklärung zur Erledigung der in den Beschwerden aufgeworfenen Fragen abzugeben. Ferner beantragte sie, die Beschwerden gemäß Artikel 37 Abs. 1 Buchst. c der Konvention im Register zu streichen.

Die Erklärung lautete wie folgt:

„1. Die vom Gerichtshof vorgeschlagene gütliche Einigung ist gescheitert, da vom Beschwerdeführer keine Erklärung dazu abgegeben wurde.

2. Die Bundesregierung erkennt – durch eine einseitige Erklärung – an, dass es den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 5, Art. 7 EMRK verletzt hat, dass er über den 21. September 2010 hinaus und damit länger als zehn Jahre in der Sicherungsverwahrung untergebracht war. Maßgeblich ist, dass er sich dabei – unter Berücksichtigung der einzelnen Umstände seiner konkreten Unterbringungssituation – zunächst nicht in einer für die Freiheitsentziehung in der Sicherungsverwahrung „geeigneten“ Einrichtung befand.

3. Die Bundesregierung ist bereit, aufgrund der konkreten Umstände dieses Einzelfalles eine Entschädigung in Höhe von 22.000 Euro an den Beschwerdeführer zu leisten, wenn der Gerichtshof das Individualbeschwerdeverfahren unter der Bedingung der Zahlung dieses Betrages gemäß Art. 37 Abs. 1 c) EMRK aus dem Register streicht. Damit würden sämtliche Ansprüche des Beschwerdeführers gegen die Bundesrepublik (d. h. gegen den Bund und/oder die Länder) wegen konventionswidriger Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, Kosten und Auslagen als abgegolten gelten.

Der Betrag ist zahlbar innerhalb von drei Monaten nach Endgültigkeit der Entscheidung des Gerichtshofs über die Streichung der Rechtssache aus seinem Register.“

Im Zusammenhang mit ihrer Anerkennung einer Konventionsverletzung brachte die Regierung vor, dass sie den diesen Beschwerden zugrunde liegenden Sachverhalt mit dem in der Rechtssache G. (a. a. O.) für vergleichbar halte. Der praktische Vollzug der Sicherungsverwahrung des Beschwerdeführers habe während der (vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 – siehe oben – festgesetzten) Übergangszeit nicht mit der Konvention im Einklang gestanden.

Mit Schreiben vom 26. Mai 2014 erklärte der Beschwerdeführer, dass er mit den Bedingungen der einseitigen Erklärung nicht zufrieden sei. Er brachte vor, dass sein Fall entgegen der Auffassung der Regierung nicht mit der Rechtssache G. (a. a. O.) vergleichbar sei. Insbesondere sei seine Sicherungsverwahrung im Gegensatz zur Rechtssache G. nicht nach Artikel 5 Abs. 1 Buchst. e der Konvention gerechtfertigt, da er, der lediglich an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung leide, nicht als „psychisch Kranker“ eingestuft werden könne. Daher müsse er sofort freigelassen werden. Darüber hinaus sei der von der Regierung in der einseitigen Erklärung vorgeschlagene Betrag zu niedrig, da er Schadenersatz in Höhe von 88.000 Euro und 20.000 Euro für Kosten und Auslagen erhalten sollte. Die Achtung der Menschenrechte, wie sie in der Konvention definiert seien, erfordere folglich eine weitere Prüfung der Beschwerden durch den Gerichtshof.

2. Würdigung durch den Gerichtshof

Der Gerichtshof erinnert daran, dass er nach Artikel 37 der Konvention jederzeit während des Verfahrens entscheiden kann, eine Beschwerde in seinem Register zu streichen, wenn die Umstände Grund zu einer der in Absatz 1 Buchst. a, b oder c genannten Annahmen geben. Insbesondere kann der Gerichtshof nach Artikel 37 Abs. 1 Buchst. c eine Rechtssache in seinem Register streichen, wenn

„eine weitere Prüfung der Beschwerde aus anderen vom Gerichtshof festgestellten Gründen nicht gerechtfertigt ist.“

Er erinnert auch daran, dass er unter bestimmten Umständen eine Beschwerde auch dann nach Artikel 37 Abs. 1 Buchst. c aufgrund einer einseitigen Erklärung einer beschwerdegegnerischen Regierung streichen kann, wenn der Beschwerdeführer die Fortsetzung der Prüfung der Rechtssache wünscht (siehe Artikel 62A Abs. 3 und 4 i. V. m. Artikel 54A der Verfahrensordnung des Gerichtshofs; und Tahsin Acar ./. Türkei, [GK], Individualbeschwerde Nr. 26307/95, Rdnr. 75, ECHR 2003-VI; und Sulwińska ./. Polen (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 28953/03, 18. September 2007).

Zu diesem Zweck prüft der Gerichtshof die Erklärung sorgfältig im Lichte der Kriterien, die sich aus seiner Rechtsprechung, insbesondere aus dem Urteil Tahsin Acar (a. a. O., Rdnrn. 75-77; siehe auch WAZA Spółka z o.o. ./. Polen (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 11602/02, 26. Juni 2007; Sulwińska a. a. O.; und T. ./. Deutschland (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 27081/09, 19. März 2013) ergeben und in Artikel 62A der Verfahrensordnung kodifiziert sind.

Der Gerichtshof hat in einer Reihe von Fällen gegen Deutschland seine Praxis in Bezug auf Rügen wegen Verletzungen des Freiheitsrechts nach Artikel 5 Abs. 1 der Konvention und wegen Verstößen gegen das Verbot der rückwirkenden Bestrafung nach Artikel 7 Abs. 1 der Konvention in Individualbeschwerden über die rückwirkende Verlängerung der Sicherungsverwahrung der jeweiligen Beschwerdeführer über die zum Tatzeitpunkt geltende, frühere gesetzliche Höchstdauer von zehn Jahren hinaus festgelegt (siehe insbesondere M. ./. Deutschland, a. a. O., Rdnrn. 86-105 und 117-137; J. ./. Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 30060/04, Rdnrn. 31-39 und 45-49, 14. April 2011; O. H. ./. Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 4646/08, Rdnrn. 76-95 und 103-108, 24. November 2011; und G., a. a. O., Rdnrn. 71-108 und 118-131 mit weiteren Verweisen).

Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang insbesondere festgestellt, dass die Unterbringung der betreffenden Beschwerdeführer in einer Justizvollzugsanstalt selbst unter der Annahme, dass sie als „psychisch Kranke“ im Sinne von Artikel 5 Abs. 1 Buchst. e der Konvention einzustufen sind, nicht nach dieser Bestimmung gerechtfertigt ist, da Justizvollzugsanstalten nicht als für die Unterbringung von psychisch kranken Patienten geeignete Einrichtungen angesehen werden können (siehe G., a. a. O., Rdnrn. 90 und 92-108, mit weiteren Verweisen). Darüber hinaus hat der Gerichtshof bereits bestätigt, dass während der oben genannten Übergangszeit bis zum 31. Mai 2013 in einer gesonderten Abteilung einer Justizvollzugsanstalt vollzogene Sicherungsverwahrungen nicht mit Artikel 7 Abs. 1 der Konvention vereinbar sind (siehe G., a. a. O., Rdnrn. 119-131). Er geht davon aus, dass die vorliegende Individualbeschwerde Fragen aufwirft, die mit denen der Rechtssache G. (a. a. O.) vergleichbar sind.

Unter Berücksichtigung der Art des in der Erklärung der Regierung enthaltenen Eingeständnisses stellt der Gerichtshof fest, dass die Regierung anerkannt hat, dass die Rechte des Beschwerdeführers aus den Artikeln 5 und 7 der Konvention verletzt wurden, da er mehr als zehn Jahre in der Sicherungsverwahrung verbracht hat. Die Regierung unterstrich, dass die in Rede stehende Sicherungsverwahrung des Beschwerdeführers in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen worden sei, bei der es sich unter den gegebenen Umständen nicht um eine „geeignete Einrichtung“ gehandelt habe. Sie erkannte das Vorliegen von Konventionsverletzungen insoweit klar an, als ihr die Beschwerde durch den Gerichtshof übermittelt wurde (siehe Artikel 62A Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung; vgl. im Hinblick auf dieses Erfordernis auch Missenjov ./. Estland, Individualbeschwerde Nr. 43276/06, Rdnr. 25, 29. Januar 2009; und Nelissen ./. Niederlande, Individualbeschwerde Nr. 6051/07, Rdnr. 39, 5. April 2011).

Darüber hinaus ist der Gerichtshof im Hinblick auf die Frage, ob der beschwerdegegnerische Staat zugesichert hat, dass angemessene Wiedergutmachung geleistet und gegebenenfalls notwendige Abhilfemaßnahmen getroffen werden (Artikel 62A Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung; siehe auch Tahsin Acar, a. a. O., Rdnr. 76), zunächst der Auffassung, dass die von der Regierung für die Wiedergutmachung gegenüber dem Beschwerdeführer vorgeschlagene Entschädigungssumme den in ähnlich gelagerten Fällen (a. a. O.) zugesprochenen Beträgen entspricht. Er ist der Ansicht, dass für den betreffenden Betrag einfache Zinsen in Höhe eines Zinssatzes anfallen, der dem Spitzenrefinanzierungssatz (marginal lending rate) der Europäischen Zentralbank zuzüglich drei Prozentpunkten entspricht, wenn die Zahlung nicht innerhalb der in der einseitigen Erklärung der Regierung genannten Frist von drei Monaten erfolgt. Ferner möchte er hinzufügen, dass er in seinen früheren Urteilen (a. a. O.), in denen er Verletzungen der Artikel 5 und 7 der Konvention aufgrund der nachträglichen Verlängerung der Sicherungsverwahrung der betreffenden Beschwerdeführer festgestellt hat, nicht die sofortige Freilassung der Sicherungsverwahrten als Abhilfemaßnahme angeordnet hat.

Hinsichtlich der im Allgemeinen von der Regierung getroffenen Abhilfemaßnahmen stellt der Gerichtshof fest, dass das Bundesverfassungsgericht im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache M. ./. Deutschland (a. a. O.) in seinem Leiturteil vom 4. Mai 2011 (s. o.) entschieden hat, dass alle Vorschriften über die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung mit dem Grundgesetz unvereinbar seien. Es legte strengere Maßstäbe für die Fortdauer der nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung in dem Übergangszeitraum bis zum 31. Mai 2013, also bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung der Sicherungsverwahrung, fest. Diese Übergangszeit ist nun abgelaufen und das Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebots im Recht der Sicherungsverwahrung ist am 1. Juni 2013 in Kraft getreten.

Unter diesen Umständen ist der Gerichtshof der Ansicht, dass eine weitere Prüfung der Beschwerden nicht länger gerechtfertigt ist (Artikel 37 Abs. 1 Buchst. c).

Darüber hinaus ist der Gerichtshof im Lichte der vorstehenden Erwägungen und insbesondere in Anbetracht dessen, dass er bereits in einer Vielzahl vergleichbarer Rechtssachen die Art und den Umfang der Verpflichtungen bestimmt hat, die sich für den beschwerdegegnerischen Staat aus den Artikeln 5 und 7 ergeben, überzeugt, dass die Achtung der Menschenrechte, wie sie in der Konvention und den Protokollen dazu definiert sind, keine weitere Prüfung dieser Beschwerden erfordert (Artikel 37 Abs. 1 in fine).

Schließlich weist der Gerichtshof erneut darauf hin, dass die Überwachung durch das Ministerkomitee nach Artikel 46 Abs. 2 und Artikel 39 Abs. 4 der Konvention auf die Überwachung der Durchführung der endgültigen Urteile des Gerichtshofs und der Durchführung von gütlichen Einigungen, wie sie in den Entscheidungen festgehalten sind, beschränkt ist. Er betont jedoch, dass die Beschwerden nach Artikel 37 Abs. 2 der Konvention wieder in das Register eingetragen werden könnten, sollte die Regierung die Bedingungen ihrer einseitigen Erklärung nicht einhalten (Josipović ./. Serbien (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 18369/07, 4. März 2008).

Aus diesen Gründen entscheidet der Gerichtshof einstimmig:

Er beschließt, die Individualbeschwerden zu verbinden;

er nimmt den Wortlaut der Erklärung der beschwerdegegnerischen Regierung nach den Artikeln 5 und 7 der Konvention sowie die Modalitäten für die Erfüllung der darin enthaltenen Verpflichtungen zur Kenntnis;

er beschließt, die Beschwerden gemäß Artikel 37 Abs. 1 Buchst. c der Konvention im Register zu streichen.

Stephen Phillips                                         Boštjan M. Zupančič
Stellvertretender Kanzler                                  Präsident

Zuletzt aktualisiert am Januar 3, 2021 von eurogesetze

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