RECHTSSACHE KUPPINGER ./. DEUTSCHLAND (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) Individualbeschwerde Nr. 62198/11

EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE
FÜNFTE SEKTION
RECHTSSACHE K../. DEUTSCHLAND
(Individualbeschwerde Nr. 62198/11)
URTEIL
STRASSBURG
15. Januar 2015

Dieses Urteil wird nach Maßgabe des Artikels 44 Absatz 2 der Konvention endgültig. Es wird gegebenenfalls noch redaktionell überarbeitet.

In der Rechtssache K. ./. Deutschland

hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Fünfte Sektion) als Kammer mit den Richterinnen und Richtern

Mark Villiger, Präsident,
Angelika Nußberger,
Boštjan M. Zupančič,
Ganna Yudkivska,
Vincent A. De Gaetano,
André Potocki und
Helena Jäderblom
sowie Claudia Westerdiek, Sektionskanzlerin,

nach nicht öffentlicher Beratung am 2. Dezember 2014

das folgende Urteil erlassen, das am selben Tag angenommen wurde.

VERFAHREN

1. Der Rechtssache lag eine Individualbeschwerde (Nr. 62198/11) gegen die Bundesrepublik Deutschland zugrunde, die ein deutscher Staatsangehöriger, K. („der Beschwerdeführer“), am 29. September 2011 nach Artikel 34 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten („die Konvention“) beim Gerichtshof eingereicht hatte.

2. Der Beschwerdeführer wurde von Herrn R., Rechtsanwalt in B., vertreten. Die deutsche Regierung („die Regierung“) wurde durch ihre Verfahrensbevollmächtigten, Herrn H.-J. Behrens und Frau K. Behr vom Bundesministerium der Justiz, vertreten.

3. Der Beschwerdeführer rügte insbesondere, dass die innerstaatlichen Gerichte sein Recht auf Umgang mit seinem Sohn nicht hinreichenddurchgesetzt hätten.

4. Am 10. September 2013 wurde die Beschwerde der Regierung übermittelt.

SACHVERHALT

I. DIE UMSTÄNDE DER RECHTSSACHE

A. Der Hintergrund der Rechtssache

5. Der 19.. geborene Beschwerdeführer wohnt in H.. Er ist der Vater eines am X.Y.2003 nichtehelich geborenen Sohnes. Kurz nach der Geburt des Kindes verweigerte die Mutter dem Beschwerdeführer jeglichen Umgang mit diesem. Im Jahr 2004 versuchte der Beschwerdeführer vergeblich, Kontakt herzustellen.

6. Am 19. Mai 2005 beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht Frankfurt am Main die Regelung des Umgangsrechts. Der Verfahrensgang vor dem Amtsgericht ist im Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache K. ./. Deutschland [Komitee], Individualbeschwerde Nr. 41599/09, Rdnrn. 6-33, 21. April 2011, zusammengefasst. Am 22. Mai 2007 ordnete das Amtsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung wöchentlichen begleiteten Umgang an. Zwischen dem 14. Juni und dem 19. Juli 2007 fanden drei begleitete Umgangskontakte statt.

7. Am 21. Dezember 2009 setzte das Amtsgericht das Umgangsrecht des Beschwerdeführers für ein Jahr aus. Dieser Beschluss wurde am 22. März 2010 hinsichtlich des Rechts des Beschwerdeführers, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu erlangen, abgeändert.

8. Mit Urteil vom 21. April 2011 (siehe K., a. a. O., Rdnr. 51) stellte der Gerichtshof fest, dass die Dauer des Verfahrens vor dem Amtsgericht Frankfurt, das vom 19. Mai 2005 bis zum 22. März 2010 anhängig gewesen sei, das Recht des Beschwerdeführers auf ein Verfahren innerhalb angemessener Frist im Sinne von Artikel 6 Abs. 1 der Konvention verletzt habe. Der Gerichtshof stellte ferner fest, dass eine Verletzung des Rechts auf eine wirksame Beschwerde nach Artikel 13 der Konvention vorgelegen habe.

B. Vollstreckung der einstweiligen Anordnung vom 12. Mai 2010

9. Am 30. Dezember 2009 legte der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 21. Dezember 2009 ein. Am 15. April 2010 fand eine Anhörung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt statt.

10. Mit Beschluss vom 12. Mai 2010 legte das Oberlandesgericht im Wege der einstweiligen Anordnung fest, dass der Beschwerdeführer das Recht habe, seinen Sohn an sechs konkreten Terminen zwischen dem 26. Mai und dem 6. August 2010 für je drei Stunden zu sehen. Die ersten drei Umgangskontakte sollten in Gegenwart einer Umgangsbegleiterin stattfinden. Außerdem wurde die Kindesmutter vom Oberlandesgericht dazu verpflichtet, das Kind pünktlich zu den Treffen zu bringen. Schließlich wies das Oberlandesgericht die Mutter darauf hin, dass es bei Zuwiderhandlungen gegen die sich aus diesem Beschluss ergebenden Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000 Euro (EUR) gegen sie verhängen könne.

11. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass der letzte Umgangskontakt 2007 stattgefunden habe. Es fehle jeder konkrete Anhaltspunkt dafür, dass der Umgang mit dem Beschwerdeführer das Wohl des Kindes gefährden würde. Einem Sachverständigengutachten zufolge beruhe die Weigerung des Kindes, den Beschwerdeführer zu treffen, nicht auf einer autonomen Willensbildung, sondern sei durch die Haltung der Mutter beeinflusst. Dies entspreche auch dem persönlichen Eindruck, den der Berichterstatter des Senats bei der Anhörung beider Parteien und des Kindes gewonnen habe. Das Oberlandesgericht erkannte an, dass der elterliche Konflikt und die damit einhergehende mangelnde Kommunikation ein Risiko für einen erfolgreichen Umgang bergen würden. Der Verlauf des Verfahrens habe jedoch gezeigt, dass es beiden Eltern an der Bereitschaft zur Beilegung dieser Konflikte durch Inanspruchnahme fachlicher Hilfe fehle. Da kaum mit einer Änderung der Verhaltensweisen der Eltern gerechnet werden könne, komme es nicht in Betracht, vor der Einräumung eines Umgangsrechts eine erfolgreiche Elternberatung abzuwarten.

12. Das Oberlandesgericht war außerdem der Auffassung, dass der Verlauf des gesamten Verfahrens deutlich gemacht habe, dass beide Eltern ihren Anteil an dem Scheitern der Umgangskontakte gehabt hätten. Angesichts des langwierigen Verfahrens, das für das Kind emotional belastend gewesen sei, sei es nach einer bedauerlichen Unterbrechung von zwei Jahren besonders wichtig, den Umgang behutsam wieder anzubahnen.

13. Am 31. Mai 2010 berichtete die Umgangsbegleiterin über den auf den 26. Mai 2010 festgesetzten ersten Umgangskontakt, der auf den 29. Mai 2010 verlegt worden war. Nach einem kurzen Gespräch und einigen spielerischen Interaktionen mit dem Beschwerdeführer habe das Kind zu seiner Mutter gehen wollen und sich anschließend geweigert, mit seinem Vater zu spielen. Außerdem wies die Umgangsbegleiterin das Oberlandesgericht darauf hin, dass sich die Kindesmutter während der beiden auf den 25. Juni und den 2. Juli 2010 angesetzten Begegnungen im Urlaub befinden würde und die Rechtsbeistände der beiden Parteien alternative Termine vereinbaren müssten.

14. Am 18. Juni 2010 berichtete die Umgangsbegleiterin über den zweiten Umgangskontakt, der auf den 11. Juni 2010 festgesetzt worden war. Dem Bericht zufolge dauerte das Treffen etwa 35 Minuten; während dieser Zeit seien der Beschwerdeführer und sein Sohn verschiedenen spielerischen Aktivitäten nachgegangen. Das Treffen sei durch zwei Interaktionen zwischen dem Kind und seiner Mutter unterbrochen worden. Anschließend habe das Kind dem Beschwerdeführer erklärt, dass es nicht mit ihm spielen wolle und sei gemeinsam mit seiner Mutter gegangen.

15. Am 25. Mai 2010 teilte die Rechtsanwältin der Kindesmutter dem Oberlandesgericht mit, dass keine Ersatztermine für die Begegnungen in der Zeit der Abwesenheit der Mutter hätten gefunden werden können und sie davon ausgehe, dass diese Termine auf den 20. August und den 3. September 2010 verlegt werden würden.

16. Mit Schreiben vom 28. Juni 2010 beantragte der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht die Bestimmung von Ersatzterminen für die in dem Urlaub der Mutter liegenden Begegnungen.

17. Am 1. Juli 2010 teilte das Oberlandesgericht dem Beschwerdeführer mit, dass es keinen Anlass sehe, ergänzende Anordnungen hinsichtlich der – der Umgangsbegleiterin obliegenden – Ausgestaltung der Umgangskontaktezu erlassen. Es kämen außerdem keine Ersatztermine in Betracht. Darüber hinaus gab das Oberlandesgericht der Kindesmutter auf, ihre behauptete urlaubsbedingte Verhinderung glaubhaft zu machen.

18. Am 21. Juli 2010 beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht die Anordnung eines Ordnungsgeldes gegen die Kindesmutter in Höhe von mindestens 3.000 Euro, weil diese es versäumt habe, ihm die Ausübung seines Umgangsrechts am 26./29. Mai zu ermöglichen, sowie zusätzlich eines Ordnungsgeldes in Höhe von 5.000 Euro, weil sie die Ausübung seines Umgangsrechts am 11. Juni 2010 verhindert habe. Er trug vor, die Mutter habe es, angeblich aus beruflichen Gründen, versäumt, das Kind am 26. Mai 2010 zu übergeben. Zu dem Alternativtermin am 29. Mai 2010 habe die Mutter das Kind zwar gebracht, es aber nach etwa fünf Minuten wieder abgeholt. Am 11. Juni 2010 habe die Mutter den Begegnungsort nach einer halben Stunde wieder mit dem Kind verlassen und so den weiteren Umgang verhindert. Angesichts der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit und unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs (der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers nahm Bezug auf die Rechtssache Koudelka ./. Tschechische Republik, Individualbeschwerde Nr. 1633/05, 20. Juli 2006) beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht ferner eine zügige Entscheidung.

19. Am 29. Juli 2010 berichtete die Umgangsbegleiterin über den für den 23. Juli 2010 vorgesehenen Umgangskontakt. Der vom Oberlandesgericht angeordnete unbegleitete Umgang habe nicht stattgefunden, da sich das Kind geweigert habe, mit seinem Vater mitzugehen, und die Vermittlungsversuche der Umgangsbegleiterin fehlgeschlagen seien.

20. Am 30. Juli 2010 legte die Mutter Unterlagen zur Rechtfertigung ihrer Abwesenheit vor.

21. Am 11. August 2010 beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht die Anordnung weiterer Ordnungsgelder gegen die Kindesmutter wegen der Zuwiderhandlung gegen ihre Verpflichtungen aus der einstweiligen Anordnung. Unter Bezugnahme auf den Bericht der Umgangsbegleiterin machte er geltend, dass die Kindesmutter den Umgang am 18. Juni 2010 vorzeitig abgebrochen habe. Überdies habe sie sich am 25. Juni und am 2. Juli 2010 nicht am Begegnungsort eingefunden. Am 23. Juli 2010 habe sie es versäumt, das Kind der Umgangsbegleiterin zu übergeben, und das Kind zu der Erklärung angehalten, dass es keinen Kontakt wünsche. Am 6. August 2010 informierte der Beschwerdeführer die Umgangsbegleiterin darüber, dass er sich aufgrund von Verkehrsproblemen um etwa 30 Minuten verspäten werde. Die Umgangsbegleiterin teilte ihm mit, dass die Mutter und das Kind das Gebäude nach zehn Minuten wieder verlassen hätten.

22. Am 25. August 2010 legte das Jugendamt eine Stellungnahme vor.

23. Am 26. August 2010 beraumte das Amtsgericht eine mündliche Verhandlung für den 10. September 2010 an.

24. Am 9. September 2010 verlegte das Amtsgericht den Termin auf Antrag der Rechtsanwältin der Kindesmutter auf den 24. September 2009[1].

25. Bei der mündlichen Verhandlung am 24. September 2010 hörte das Amtsgericht die Umgangsbegleiterin an.

26. Am 1. September 2010[2] teilte das Amtsgericht dem Beschwerdeführer mit, dass noch keine Entscheidung ergehen könne, da die Hauptakte des Umgangsverfahrens noch nicht vorliege.

27. Am 22. Oktober 2010 stellte der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers beim Amtsgericht einen Antrag auf Beschleunigung des Verfahrens. Er machte geltend, dass dem Amtsgericht alle notwendigen Unterlagen vorlägen und es nicht nötig sei, den Rücklauf der Hauptakte abzuwarten.

28. Mit Beschluss vom 12. November 2010 setzte das Amtsgericht wegen sechsfachen Verstoßes gegen den Umgangsbeschluss Ordnungsgeld in Höhe von insgesamt 300 Euro gegen die Kindesmutter fest. Das Amtsgericht stellte fest, es sei zwischen den Parteien unstreitig, dass an den sechs Terminen, auf die sich der Beschwerdeführer berufe, der Umgang nicht oder nur zeitlich eingeschränkt stattgefunden habe. Das Amtsgericht war ferner der Auffassung, dass die Kindesmutter die gescheiterten Umgangskontakte, wenn auch in begrenztem Ausmaß, zu vertreten habe.

29. Nach Ansicht des Amtsgerichts entlaste der Umstand, dass die Umgangskontakte aufgrund der Verweigerung des Kindes abgebrochen worden seien, die Mutter nicht. Das Oberlandesgericht habe wiederholt ausgeführt, dass es an der Kindesmutter sei, die erforderlichen erzieherischen Maßnahmen zu ergreifen, um auf das Kind einzuwirken und so die Umgangskontakte zu ermöglichen. Die Kindesmutter habe nicht dargetan, dass sie derartige Maßnahmen ergriffen habe. Sie habe möglicherweise gute Gründe gehabt, um eine Verlegung der Termine zu ersuchen. Sie sei jedoch nicht berechtigt gewesen, diese Termine ohne die Genehmigung des Oberlandesgerichts oder das Einverständnis des Beschwerdeführers abzusagen. Schließlich sei die Kindesmutter bei dem Termin am 6. August 2010 verpflichtet gewesen, auf den Beschwerdeführer zu warten, da dieser ihr sein verspätetes Kommen vorab angezeigt habe.

30. Das Amtsgericht führte aus, dass die einschlägigen Bestimmungen für jeden festgestellten Verstoß gegen den Gerichtsbeschluss ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 Euro vorsähen. Es befand, dass bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände nur Ordnungsgeld im untersten Bereich in Betracht käme. Das Amtsgericht berücksichtigte, dass nach dem Bericht eines Umgangspflegers vom 2. Oktober 2010 (siehe Rdnr. 45) gewichtige Anhaltspunkte dafür bestünden, dass selbst einem professionellen Umgangspfleger die Herstellung des Umgangs nicht möglich gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund erscheine die persönliche Verantwortung der Kindesmutter geringfügig. Dies gelte umso mehr, als die Mutter nicht vollständig den Umgang verhindert, sondern das Kind zu vier der festgelegten Termine gebracht habe. Die an ihr Erziehungsverhalten gestellten Anforderungen seien hoch gewesen, da sie binnen weniger Wochen nicht nur ihre eigene Haltung zu dem Problemkomplex habe überdenken, sondern auch ein verfestigtes Verhaltensmuster des Kindes habe verändern müssen. Es sei ferner zu berücksichtigen, dass aufgrund der Einsetzung eines Umgangspflegers vergleichbare Verstöße mittelfristig nicht mehr zu sanktionieren sein würden. Das Ordnungsgeld habe vor diesem Hintergrund in erster Linie Sanktionscharakter für zurückliegendes Verhalten und keinen Beugecharakter.

31. Dem Amtsgericht zufolge war auch zu berücksichtigen, dass die ersten Termine, bei denen das Kind die Begegnungen vorzeitig abgebrochen habe, dem Zweck der Umgangsanbahnung dienen sollten. Dieser Konstellation sei immanent, dass der Umgang nur schrittweise aufgebaut werden und möglicherweise scheitern könne. Auf diese Möglichkeit habe das Oberlandesgericht hingewiesen und auch angemerkt, dass auf das Kind kein unsachgemäßer Druck ausgeübt werden solle.

32. Im Hinblick auf die für den 25. Juni und den 2. Juli 2010 festgesetzten Umgangstermine sei dem Beschwerdeführer vorab mitgeteilt worden, dass die Kindesmutter und das Kind nicht anwesend sein würden; dieser Umstand müsse ebenfalls berücksichtigt werden. Er habe somit Fahrtkosten und sonstige Aufwendungen an diesen Tagen trotz dieser Kenntnis verursacht.

33. Das Gericht befand es unter diesen Umständen für angemessen, für die drei Fälle, in denen kein Umgang stattgefunden hatte, jeweils ein Ordnungsgeld in Höhe von 80 Euro und in den verbleibenden drei Fällen jeweils ein Ordnungsgeld in Höhe von 20 Euro festzusetzen.

34. Beide Parteien legten Beschwerde ein. Der Beschwerdeführer machte geltend, dass das festgesetzte Ordnungsgeld viel zu niedrig und offensichtlich ineffektiv sei. Er rügte ferner, dass die Dauer des Ordnungsgeldverfahrens überlang gewesen sei und seine Rechte nach Artikel 8 der Konvention verletzt habe.

35. Am 2. Dezember 2010 beschloss das Amtsgericht, den beiden Beschwerden gegen seine Entscheidung vom 12. November 2010 nicht abzuhelfen, und leitete diese an das Oberlandesgericht Frankfurt weiter.

36. Am 17. Dezember 2010 forderte das Oberlandesgericht beide Parteien auf, bis zum 6. Januar 2011 zu erwidern.

37. Am 2. Februar 2011 wies das Oberlandesgericht die Beschwerden beider Parteien zurück. Hinsichtlich der Beschwerde des Beschwerdeführers war das Oberlandesgericht der Auffassung, dass das Amtsgericht sein Ermessen in vertretbarer Weise ausgeübt und alle relevanten Umstände berücksichtigt habe. Ferner sei es zwar zutreffend, dass Ordnungsmittelverfahren zügig zu betreiben seien, den Gerichten müsse aber die Möglichkeit bleiben, sich alle erforderlichen Informationen zu beschaffen. Obwohl viele Gründe dafür sprächen, dass die Dauer des Verfahrens angemessenen gewesen sei, könne nach Ansicht des Oberlandesgerichts offen bleiben, ob das Verfahren innerhalb angemessener Frist durchgeführt worden sei, da die rechtlichen Voraussetzungen für die Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer ohnehin nicht vorlägen.

38. Am 28. Februar 2011 legte der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht Anhörungsrüge ein, die von diesem am 4. Mai 2011 zurückgewiesen wurde.

39. Am 16. August 2011 lehnte es das Bundesverfassungsgericht ab, die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zur Entscheidung anzunehmen (1 BvR 1544/11).

40. Zwischenzeitlich beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14. Februar 2011 beim Amtsgericht die Vollstreckung des Beschlusses vom 12. November 2010. Am 21. März 2011 ordnete das Amtsgericht die Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses durch den Beschwerdeführer an. Am 26. April 2011 forderte das Amtsgericht den Beschwerdeführer auf, die Originalausfertigung des zu vollstreckenden Beschlusses einzureichen. Am 4. Mai 2011 verwies der Beschwerdeführer darauf, dass der Beschluss von Amts wegen zu vollstrecken sei. Am 1. Juni 2011 hatte die Mutter, der Ratenzahlung gewährt worden war, das Ordnungsgeld vollständig bezahlt. Am 19. Juli 2011 teilte das Amtsgericht dem Beschwerdeführer mit, dass das Ordnungsgeld bereits bezahlt worden sei.

C. Vollstreckung des Umgangsbeschlusses vom 1. September 2010

41. Am 1. September 2010 hob das Oberlandesgericht Frankfurt im Hauptverfahren den Beschluss des Amtsgerichts vom 21. Dezember 2009 (Aussetzung des Umgangsrechts) auf und gewährte dem Beschwerdeführer das Recht auf Umgang an jedem zweiten Mittwochnachmittag für jeweils drei Stunden, beginnend am 29. September 2010. Nach vier begleiteten Umgangskontakten habe der Beschwerdeführer das Recht auf bis zu achtstündige unbegleitete Umgangskontakte. Das Oberlandesgericht bestellte ferner Herrn H. als Umgangspfleger für die Durchsetzung des Umgangsrechts. Die Mutter wurde verpflichtet, das Kind zum Zweck der Umgangskontakte an den Umgangspfleger herauszugeben. Beide Elternteile wurden zu Vorbereitungsgesprächen mit dem Umgangspfleger verpflichtet.

42. Das Oberlandesgericht bestätigte seine frühere Feststellung, dass nichts darauf hindeute, dass ein Umgang mit dem Vater das Wohl des Kindes gefährden würde, und dass daher kein Grund für die Aussetzung der Umgangskontakte bestehe. Es gebe auch keine hinreichenden Beweise dafür, dass das Kind es beharrlich ablehne, seinen Vater zu sehen. Das Oberlandesgericht vertrat die Ansicht, dass die verbale Ablehnung des Vaters durch das Kind nicht auf dessen eigener Willensbildung beruhe, sondern von der Loyalität des Kindes gegenüber seiner Mutter als unmittelbarer Betreuungsperson herrühre. Es sei ersichtlich, dass die Umgangskontakte lediglich deshalb gescheitert seien, weil die Mutter nicht gewillt oder nicht fähig gewesen sei, einen solchen Umgang zuzulassen.

43. Das Oberlandesgericht stellte ferner fest, dass beide Elternteile zur mangelnden Kommunikation und zur gesamten Entwicklung des Verfahrens beigetragen hätten.

44. Da die Mutter ihren elterlichen Pflichten kontinuierlich nicht nachgekommen sei, hielt es das Oberlandesgericht für erforderlich, für die Durchsetzung des Umgangsrechts einen Umgangspfleger zu bestellen. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die Umgangspflegschaft zu befristen sei. Es hielt den Zeitraum bis 31. März 2011 für ausreichend, um zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn eine stabile Beziehung herzustellen, die dauerhafte Umgangskontakte erlaube.

45. Am 2. Oktober 2010 informierte der Umgangspfleger das Oberlandesgericht darüber, dass er den Beschwerdeführer getroffen habe; dieser sei unkooperativ gewesen und habe anscheinend kein Interesse am Wohl des Kindes. Unter diesen Umständen sei es nicht möglich, den Umgang wie geplant durchzuführen. Um dennoch einen Umgang zu ermöglichen, empfahl er eine professionelle Beratung für den Beschwerdeführer.

46. Am 15. November 2010 beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht die Entlassung des Umgangspflegers aus seinen Pflichten.

47. Am 16. November 2010 bestellte das Amtsgericht einen Verfahrenspfleger, der die Interessen des Kindes vertreten sollte, und übersandte den Antrag der Mutter, dem Umgangspfleger und dem Jugendamt zur Stellungnahme binnen einer Woche.

48. Am 30. November bzw. am 9. Dezember 2010 beantragten das Jugendamt bzw. die Kindesmutter beim Amtsgericht, den Antrag zu verwerfen.

49. Am 10. Dezember 2010 stellte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht einen Antrag auf Beschleunigung des Verfahrens. Am selben Tag beraumte das Amtsgericht eine mündliche Verhandlung für den 21. Januar 2011 an.

50. Am 17. Dezember 2010 rügte der Beschwerdeführer, das Amtsgericht habe bei der Anberaumung des Verhandlungstermins die einmonatige Frist aus § 155 Abs. 2 FamFG nicht eingehalten (siehe „Das einschlägige innerstaatliche Recht“).

51. Am 12. Januar 2011 teilte das Amtsgericht dem Beschwerdeführer mit, es habe keinen früheren Termin anberaumen können, da der zuständige Richter zum 1. Januar 2011 ersetzt worden sei und die Verhandlung unmittelbar nach der Rückkehr des neuen Richters aus dem Urlaub angesetzt worden sei.

52. Am 21. Januar 2011 fand eine Verhandlung in Abwesenheit des Umgangspflegers statt, der das Amtsgericht informiert hatte, dass er sich im Urlaub befinde.

53. Am 29. Januar 2011 beantragte der Umgangspfleger beim Amtsgericht die Entlassung aus seinen Pflichten.

54. Zwischen dem 2. und 9. Februar 2011 nahm die Amtsrichterin mit acht potenziellen Umgangspflegern telefonisch Kontakt auf. Frau R. war bereit, die ersten Umgangskontakte zu begleiten, Frau Z. erklärte sich bereit, das Kind bei den darauffolgenden unbegleiteten Umgangskontakten zu übergeben.

55. Am 11. Februar 2011 teilte das Amtsgericht den Parteien mit, dass der Umgangspfleger H. nur entlassen werden könne, wenn ein neuer Pfleger bestellt werde. Die intensiven Bemühungen des Amtsgerichts, eine Person zu finden, die zur Umsetzung des Beschlusses vom 1. September 2010 bereit sei, hätten sich als schwierig erwiesen. Am selben Tag wandte sich die Amtsrichterin schriftlich an 22 potenzielle Umgangspfleger und erkundigte sich nach ihrer Bereitschaft, den vorliegenden Fall zu übernehmen. Darüber hinaus informierte das Amtsgericht die Parteien, dass es von Amts wegen ein Abänderungsverfahren zur Überprüfung der bestehenden Umgangsregelungen eingeleitet habe (siehe Rdnrn. 67-81).

56. Am 16. März 2011 stellte die Mutter einen Befangenheitsantrag gegen die Amtsrichterin. Diesen Antrag zog sie am 12. April 2011 zurück.

57. Am 12. April 2011 teilte der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers der Rechtsanwältin der Kindesmutter mit, dass der Beschwerdeführer vorhabe, am 16. April 2011 sein Umgangsrecht auszuüben, und dass er von der Mutter erwarte, ihm das Kind zu übergeben. Der Beschwerdeführer vertrat die Ansicht, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 1. September 2010 weiterhin unbegleitete Besuche an jedem zweiten Samstag vorsehe. Am 14. April 2011 erwiderte die Rechtsanwältin der Kindesmutter, dass der Beschwerdeführer ihrer Ansicht nach kein Recht auf unbegleiteten Umgang habe.

58. Im Zeitraum vom 16. April bis zum 9. Juli 2011 öffnete die Mutter nicht die Tür, wenn der Beschwerdeführer erschien, um den Umgang auszuüben. Im Zeitraum zwischen 10. Mai und 11. Juli 2011 stellte der Beschwerdeführer sechs Anträge auf Anordnung von Ordnungsgeld gegen die Mutter, da sie ihrer Verpflichtung zuwidergehandelt habe, das Kind an den Beschwerdeführer herauszugeben. Außerdem beantragte er beim Amtsgericht, das Verfahren zu beschleunigen.

59. Am 27. Juni 2011 beantragte die Rechtsanwältin der Mutter beim Amtsgericht, das Verfahren bis zum Ausgang des Abänderungsverfahrens zum Umgangsrecht auszusetzen.

60. Mit Beschluss vom 29. Juni 2011 stellte das Amtsgericht fest, dass die Umgangspflegschaft durch Herrn H. zum 31. März 2011 beendet gewesen sei.

61. Am 5. Juli 2011 beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht eine unverzügliche Entscheidung. Am 8. Juli 2011 teilte das Amtsgericht dem Beschwerdeführer mit, dass der Mutter noch die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, zu dem Antrag vom 1. Juli und dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 5. Juli 2011 Stellung zu nehmen.

62. Am 19. Juli 2011 rügte der Beschwerdeführer, dass sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf aufgrund der ausbleibenden Entscheidung des Amtsgerichts über seine Anträge verletzt sei.

63. Am 19. Juli 2011 teilte das Amtsgericht den Parteien seine Absicht mit, auf der Grundlage der bis zum 19. August 2011 eingehenden Schriftsätze in einem schriftlichen Verfahren zu entscheiden.

64. Am 26. August 2011 wies das Amtsgericht die Anträge des Beschwerdeführers auf Anordnung von Ordnungsgeld gegen die Mutter zurück. Das Amtsgericht stellte fest, dass der mit Beschluss vom 1. September 2010 angeordnete begleitete Umgang nicht stattgefunden habe. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass ein unbegleiteter Umgang ohne eine anfängliche Phase begleiteter Umgangskontakte stattfinden könne. Diese Frage sei Gegenstand des neuen, vom Amtsgericht eingeleiteten Abänderungsverfahrens zum Umgangsrecht. Unter diesen Umständen könne nicht behauptet werden, die Mutter habe dem Umgangsbeschluss vom 1. September 2010 zuwidergehandelt.

65. Am 13. September 2011 legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein, die vom Oberlandesgericht Frankfurt am 12. Dezember 2011 zurückgewiesen wurde.

D. Das Abänderungsverfahren zum Umgangsrecht

66. Am 11. Februar 2011 leitete das Amtsgericht Frankfurt von Amts wegen ein neues Verfahren auf Abänderung der bestehenden Umgangsregelung ein und beraumte für den 16. März 2011 einen Verhandlungstermin in Anwesenheit von Frau Z. und Frau R. an, die zuvor ihre Bereitschaft hatten erkennen lassen, die Aufgaben als Umgangspflegerinnen zu übernehmen.

67. Bei der Verhandlung am 16. März 2011 konnten sich der Beschwerdeführer und Frau Z. nicht über die Umgangsmodalitäten, insbesondere über die geplante Dauer des ersten unbegleiteten Umgangskontakts, einigen. Die Mutter stellte einen Befangenheitsantrag gegen die Amtsrichterin (vgl. Rdnr. 56 im Hinblick auf das Parallelverfahren). Am 31. März 2011 forderte der für die Entscheidung über den Befangenheitsantrag zuständige Richter die Rechtsanwältin der Mutter auf, diesen Antrag zu begründen. Am 12. April 2011 zog die Rechtsanwältin der Mutter den Antrag zurück.

68. Am 18. Mai 2011 hörte das Amtsgericht das Kind an.

69. Am 29. Juni 2011 entschied das Amtsgericht, ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 1. September 2010 bezüglich des Umgangsrechts noch durchgeführt werden könne oder ob es im Interesse des Kindes sei, entweder unbegleitete Umgangskontakte anzuordnen oder das Umgangsrecht auszusetzen.

70. Am 15. Juli 2011 stellte der Beschwerdeführer einen Befangenheitsantrag gegen den gerichtlich bestellten Sachverständigen. Am 25. Juli 2011 wies das Amtsgericht den Befangenheitsantrag als unbegründet ab. Am 5. August 2011 legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein. Am 3. November 2011 gab das Oberlandesgericht dem Antrag statt.

71. Am 19. Dezember 2011 bestellte das Gericht eine neue Sachverständige. Am 15. März 2012 teilte die Sachverständige dem Gericht mit, sie habe keinen Kontakt zu dem Beschwerdeführer herstellen können. Der Beschwerdeführer teilte dem Gericht mit, dass er für weitere Begutachtungen nicht zur Verfügung stehe. Am 29. März 2012 legte der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers sein Mandat nieder.

72. Am 17. April 2012 beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht die unverzügliche Anberaumung eines Termins.

73. Nachdem am 19. April das Sachverständigengutachten eingegangen war, bestimmte das Amtsgericht am 20. April einen Verhandlungstermin auf den 29. Mai 2012 und wies die Parteien darauf hin, dass eine Begutachtung des Beschwerdeführers aufgrund des während des Termins gewonnenen persönlichen Eindrucks der Sachverständigen in Betracht komme. Am 22. Mai 2012 lehnte der Beschwerdeführer die Amtsrichterin wegen Besorgnis der Befangenheit ab und der Termin wurde aufgehoben.

74. Am 22. Juni 2012 wies das Amtsgericht den Befangenheitsantrag als unbegründet zurück. Am 9. Juli 2012 legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein, die das Oberlandesgericht Frankfurt am 31. Oktober 2012 zurückwies.

75. Am 16. November 2012 beraumte das Amtsgericht einen Verhandlungstermin für den 30. Januar 2012 an. Am 5. Dezember 2012 legte der Beschwerdeführer erneut einen Befangenheitsantrag ein; dieser wurde am 29. Januar 2013 zurückgewiesen. Am 15. März 2013 beraumte das Amtsgericht einen Verhandlungstermin für den 11. April 2013 an. Auf Antrag des Beschwerdeführers wurde der Termin auf den 6. Juni 2013 verlegt.

76. Am 1. Juni 2013 teilte der Beschwerdeführer dem Amtsgericht mit, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht an dem Termin teilnehmen könne. Das Amtsgericht verlegte die Verhandlung unter Berücksichtigung der Abwesenheiten der Parteien während der Sommermonate auf den 22. August 2013.

77. Am 14. August 2013 ersuchte der Beschwerdeführer das Amtsgericht erneut um Aufhebung des Termins. Zu der Verhandlung, die am 22. August 2013 stattfand, erschien er nicht. Am 11. September 2013 beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung; gleichzeitig brachte er vor, dass er nicht verhandlungsfähig sei.

78. Am 12. November 2013 setzte das Amtsgericht Frankfurt das Umgangsrecht des Beschwerdeführers bis zum 31. Oktober 2013 mit der Begründung aus, dass ein Umgang gegen den ausdrücklichen Willen des Kindes das Kindeswohl gefährden würde. Der Beschwerdeführer legte Beschwerde ein.

79. Der Beschwerdeführer erschien nicht zu der Anhörung, die am 11. Februar 2014 vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main stattfand. Für den 21. Mai 2014 beraumte das Oberlandesgericht einen weiteren Anhörungstermin an, zu dem auch die gerichtlich bestellte Sachverständige geladen wurde. Am 20. Mai 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung einer Privatgutachterin und ersuchte gleichzeitig um eine Verlegung des für den Folgetag anberaumten Termins, da die Privatgutachterin verhindert sei. Das Oberlandesgericht lehnte diesen Antrag, unter anderem unter Verweis auf § 155 FamFG, ab. Am 21. Mai 2014 legte der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers, der nicht persönlich zur Anhörung erschien, einen Befangenheitsantrag gegen die Richter des Senats ein, welcher am 21. Juli 2014 zurückgewiesen wurde.

80. Am 17. September 2014 bestätigte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Aussetzung des Umgangsrechts bis zum 31. Oktober 2015. Es gestattete dem Vater ferner einmal im Monat die Kontaktaufnahme per Brief und gab der Mutter auf, die Briefe dem Kind auszuhändigen. Gestützt auf das Sachverständigengutachten vertrat das Oberlandesgericht die Auffassung, dass ein persönlicher Umgang gegen den nachhaltig geäußerten Willen des mittlerweile elfjährigen Kindes dessen psychische Entwicklung gefährden würde und deshalb vorübergehend auszuschließen sei. Das Oberlandesgericht stellte darüber hinaus fest, dass das gegen die Mutter angeordnete Ordnungsgeld möglicherweise unzulänglich gewesen sei und dass die nun schon über ein Jahrzehnt andauernde Verweigerung des Umgangs zwischen Vater und Sohn nicht nur Folge eines Versagens der Eltern, insbesondere der Mutter, sondern auch eines Versagens der Justiz und der beteiligten Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe gewesen sei.

II. DAS EINSCHLÄGIGE INNERSTAATLICHE RECHT

81. § 1684 BGB bestimmt:

Umgang des Kindes mit den Eltern

„(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. […]

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. […]”

82. Nach § 1626a BGB in der bis 18. Mai 2013 geltenden Fassung übten die Eltern eines nichtehelichen minderjährigen Kindes die elterliche Sorge gemeinsam aus, wenn sie eine entsprechende Erklärung abgaben (Sorgeerklärung) oder einander heirateten. Andernfalls erhielt die Mutter das alleinige Sorgerecht.

83. § 155 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in der seit 1. September 2009 geltenden Fassung lautet wie folgt:

„(1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.

(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.

(3) […]”

84. § 89 FamFG bestimmt:

Ordnungsmittel

„(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.

(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. […]

(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. […]“

85. Nach § 90 desselben Gesetzes dürfen Entscheidungen über Umgangsrechte nicht durch Anwendung unmittelbaren Zwanges gegen ein Kind vollstreckt werden.

86. Das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (im Folgenden: das Rechtsschutzgesetz) trat am 3. Dezember 2011 in Kraft. Nach § 198 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) in der durch das Rechtsschutzgesetz geänderten Fassung hat ein Verfahrensbeteiligter, der infolge unangemessener Verfahrensdauer einen Nachteil erleidet, Anspruch auf angemessene monetäre Entschädigung. Voraussetzung für eine spätere Entschädigungsklage ist eine Verzögerungsrüge, die vor dem Gericht erhoben werden muss, bei dem die angebliche Verfahrensverzögerung eingetreten ist. Nach Artikel 23 gilt das Rechtsschutzgesetz sowohl für anhängige als auch für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bereits Gegenstand einer Individualbeschwerde bei dem Gerichtshof ist oder noch werden kann. In anhängigen Verfahren sollte die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten des Rechtsschutzgesetzes erhoben werden. In diesen Fällen wahrte die Verzögerungsrüge einen Entschädigungsanspruch auch für den vorausgegangenen Zeitraum. Nähere Einzelheiten sind der Rechtssache T.. /. Deutschland ([Entsch.], Individualbeschwerde Nr. 53126/07, Rdnrn. 26-29, 29. Mai 2012) zu entnehmen.

RECHTLICHE WÜRDIGUNG

I. UMFANG DER RÜGE

87. In seinemVortrag gegenüber dem Gerichtshof rügte der Beschwerdeführer, dass die innerstaatlichen Gerichte es versäumt hätten, sein Umgangsrecht in dem am 19. Mai 2005 eingeleiteten Verfahren durchzusetzen.

88. Die Regierung wies darauf hin, dass der Verfahrenszeitraum vom 19. Mai 2005 bis 22. März 2010 nicht erneut durch den Gerichtshof geprüft werden könne, da dieser bereits Gegenstand des vom Gerichtshof erlassenen Urteils vom 21. April 2011 (K., a. a. O.) gewesen sei.

89. Der Beschwerdeführer erwiderte hierauf, dass das vorangegangene Verfahren vor dem Gerichtshof ausschließlich seine Rüge nach Artikel 6 Abs. 1 der Konvention über die überlange Verfahrensdauer zum Gegenstand gehabt habe, nicht aber die Rüge der Überlänge und Ineffektivität gemäß Artikel 8 der Konvention. Die vorliegende Rechtssache habe insoweit ersichtlich einen anderen Beschwerdegegenstand.

90. Artikel 35 Abs. 2 Buchst. b der Konvention besagt:

„Der Gerichtshof befasst sich nicht mit einer nach Artikel 34 erhobenen Individualbeschwerde, die […] im Wesentlichen mit einer schon vorher vom Gerichtshof geprüften Beschwerde übereinstimmt […].“

91. Der Gerichtshof stellt fest, dass in seinem Urteil vom 21. April 2011 (K., a. a. O.) ein Ausschuss des Gerichtshofs die Rügen des Beschwerdeführers nach den Artikeln 6 und 8 hinsichtlich der Dauer des Verfahrens im Zeitraum zwischen 19. Mai 2005 und 22. März 2010 geprüft hat. Der Gerichtshof hat entschieden, diese Rüge ausschließlich nach Artikel 6 der Konvention zu prüfen (siehe K., a. a. O., Rdnr. 37). Der Gerichtshof weist erneut darauf hin, dass eine Rüge durch die in ihr aufgeworfenen Tatsachenbehauptungen gekennzeichnet ist, nicht durch die rechtlichen Gründe oder Argumente, auf die sie gestützt wird (siehe u. a. Guerra u. a. ./. Italien, 19. Februar 1998, Rdnr. 44, Reports of Judgments and Decisions 1998‑I; und Previti ./. Italien (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 45291/06, 8. Dezember 2009). Daraus folgt, dass die Rüge hinsichtlich der Führung des Umgangsverfahrens vor dem 22. März 2010 im Wesentlichen mit einer in dem oben genannten Urteil schon vorher vom Gerichtshof geprüften Beschwerde übereinstimmt.

92. Folglich ist die Rüge hinsichtlich des Verfahrenszeitraums zwischen dem 19. Mai 2005 und dem 22. März 2010 nach Artikel 35 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 4 der Konvention zurückzuweisen, da sie im Wesentlichen mit einer schon vorher vom Gerichtshof geprüften Beschwerde übereinstimmt, und der Gerichtshof hat nur den nach diesem Datum liegenden Verfahrenszeitraum zu prüfen.

II. BEHAUPTETE VERLETZUNG VON ARTIKEL 8 DER KONVENTION

93. Im Hinblick auf den Verfahrenszeitraum nach dem 22. März 2010 rügte der Beschwerdeführer, dass die innerstaatlichen Gerichte es versäumt hätten, sein Recht auf Umgang mit seinem Sohn durchzusetzen, und ihn damit in seinem Recht auf Achtung seines Familienlebens nach Artikel 8 der Konvention verletzt hätten; dieser lautet wie folgt:

„1. Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

2. Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.“

94. Die Regierung trat diesem Vorbringen entgegen.

95. Der Gerichtshof stellt fest, dass diese Rüge nicht im Sinne von Artikel 35 Abs. 3 Buchst. a der Konvention offensichtlich unbegründet und auch aus anderen Gründen nicht unzulässig ist. Folglich ist sie für zulässig zu erklären.

A. Begründetheit

1. Vollstreckung der einstweiligen Anordnung vom 12. Mai 2010

(a) Das Vorbringen des Beschwerdeführers

96. Dem Beschwerdeführer zufolge war das vom Amtsgericht Frankfurt am Main angeordnete Ordnungsgeld ineffektiv und für die Durchsetzung seiner Umgangsrechte offensichtlich unangemessen. Wie zu erwarten gewesen sei, habe das Ordnungsgeld keine Auswirkung auf das Verhalten der Mutter gehabt. Außerdem gebe es keine Anzeichen dafür, dass die Bestellung eines Umgangspflegers etwas an der Umgangsverweigerung durch die Mutter ändern werde. Der Beschwerdeführer rügte ferner, dass das Ordnungsgeldverfahren überlang gewesen sei.

(b) Das Vorbringen der Regierung

97. Die Regierung vertrat die Auffassung, das Amtsgericht habe Maßnahmen ergriffen, bei denen vernünftigerweise davon habe ausgegangen werden können, dass sie dem Umgangsbeschluss vom 12. Mai 2010 wirksam zur Umsetzung verhelfen. Die Höhe von 300 Euro möge zwar auf den ersten Blick niedrig erscheinen, stelle aber ein angemessenes Mittel zur Förderung der Kooperationsbereitschaft der Kindesmutter dar. Angesichts des hoch eskalierten Elternkonflikts sei ohnehin zu bezweifeln gewesen, ob ein gesetzlich vorgesehenes Ordnungsmittel überhaupt ein angemessenes Mittel zur Durchsetzung des Umgangs darstellen könne. Vielmehr habe der Umstand, dass seine Mutter einem Ordnungsgeldverfahren ausgesetzt worden sei, die Ablehnung des Kindes gegenüber dem Beschwerdeführer noch verstärkt. Vor dem Hintergrund der außerordentlich schwierigen und konfliktbeladenen Situation habe das Amtsgericht das Verschuldensmoment der Kindesmutter nachvollziehbar eingeschätzt. Weiter sei zu berücksichtigen, dass das Ordnungsgeld in erster Linie einen vergangenheitsbezogenen Sanktionscharakter gehabt habe, da infolge der Bestellung einer Umgangspflegschaft keine weiteren Zuwiderhandlungen gegen den Beschluss zum Umgangsrecht zu erwarten gewesen seien.

98. Die Regierung brachte ferner vor, das Amtsgericht habe seine Ordnungsmittelentscheidung dreieinhalb Monate nach Antragstellung durch den Beschwerdeführer erlassen. Die Tatsache, dass das Amtsgericht vor Erlass seines Beschlusses am 12. November 2010 die Rücksendung der Verfahrensakte abgewartet habe, sei angesichts der Komplexität des Verfahrens und des Umstands, dass das Hauptsacheverfahren bereits am 1. September 2010 beendet gewesen sei, nicht zu beanstanden. Die Verbindung der beiden Anträge des Beschwerdeführers vom 21. Juli und vom 11. August 2010 hätte der Prozessökonomie gedient. Die Amtsrichterin habe dem Fall höchste Priorität eingeräumt und sogar ihre eigene Urlaubsplanung zurückgestellt, um eine Anhörung zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchführen zu können.

(c) Würdigung durch den Gerichtshof

99. Der Gerichtshof weist erneut darauf hin, dass für einen Elternteil und sein Kind das Zusammensein einen grundlegenden Bestandteil des „Familienlebens“ im Sinne von Artikel 8 der Konvention darstellt (siehe u. a. Monory ./. Rumänien und Ungarn, Individualbeschwerde Nr. 71099/01, Rdnr. 70, 5. April 2005 und T. ./. Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 1521/06, Rdnr. 74, 10. Februar 2011).

100. Obwohl das wesentliche Ziel des Artikels 8 darin besteht, den Einzelnen vor willkürlichen Maßnahmen von staatlicher Seite zu schützen, treten darüber hinaus auch positive Schutzpflichten hinzu, die mit einer wirksamen „Achtung“ des Familienlebens verbunden sind. Im Hinblick auf die Verpflichtung des Staates, positive Maßnahmen zu ergreifen, hat der Gerichtshof festgestellt, dass Artikel 8 für Eltern das Recht beinhaltet, dass Maßnahmen zur Wiederzusammenführung mit ihren Kindern getroffen werden, und für die innerstaatlichen Behörden die Verpflichtung , eine solche Zusammenführung zu ermöglichen (siehe u. a. Ignaccolo-Zenide ./. Rumänien, Individualbeschwerde Nr. 31679/96, Rdnr. 94, ECHR 2000-I; Nuutinen ./. Finnland, Individualbeschwerde Nr. 32842/96, Rdnr. 127, ECHR 2000-VIII; und Iglesias Gil und A.U.I. ./. Spanien,Individualbeschwerde Nr. 56673/00, Rdnr. 49, ECHR 2003-V).

101. In Fällen, die die Vollstreckung von Entscheidungen in Familiensachen betreffen, hat der Gerichtshof wiederholt die Auffassung vertreten, dass entscheidend sei, ob die innerstaatlichen Behörden alle für eine Verwirklichung der Vollstreckung erforderlichen Schritte unternommen haben, die nach den besonderen Umständen des Einzelfalles vernünftigerweise von ihnen erwartet werden konnten (siehe sinngemäß Hokkanen ./. Finnland, 23. September 1994, Rdnr. 58, Serie A Band 299‑A; Ignaccolo-Zenide, a. a. O., Rdnr. 96;Nuutinen, a. a. O., Rdnr. 128; und Sylvester ./. Österreich,Individualbeschwerden Nrn. 36812/97 und 40104/98, Rdnr. 59, 24. April 2003).

102. In diesem Zusammenhang ist die Angemessenheit einer Maßnahme anhand der Zügigkeit ihrer Umsetzung zu beurteilen, da das Verstreichen von Zeit irreversible Folgen für die Beziehung zwischen dem Kind und dem nicht mit ihm zusammenlebenden Elternteil haben kann (siehe Ignaccolo-Zenide, a. a. O., Rdnr. 102).

103. Schließlich hat der Gerichtshof festgestellt, dass Zwangsmaßnahmen gegen Kinder in diesem sensiblen Bereich zwar nicht wünschenswert sind, die Verhängung von Sanktionen bei rechtswidrigem Verhalten des Elternteils, mit dem das Kind zusammenlebt, aber nicht ausgeschlossen werden darf (siehe Ignaccolo-Zenide, a. a. O., Rdnr. 106; und Eberhard und M. ./. Slowenien, Individualbeschwerden Nrn. 8673/05 und 9733/05, Rdnr. 130, 1. Dezember 2009).

104. Im Hinblick auf die Umstände der vorliegenden Rechtssache stellt der Gerichtshof fest, dass das Oberlandesgericht Frankfurt am 12. Mai 2010 entschied, dass der Beschwerdeführer das Recht habe, seinen Sohn an sechs konkreten Terminen zwischen Mai und August 2010 für jeweils drei Stunden zu sehen. Auf diese Treffen sollten unbegleitete Umgangskontakte folgen. Am 21. Juli 2010 beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht die Anordnung eines Ordnungsgeldes gegen die Kindesmutter in Höhe von mindestens 3.000 Euro, da keiner der Termine wie geplant stattgefunden habe. Am 11. August 2010 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag im Hinblick auf die verbleibenden Termine. Mit Beschluss vom 12. November 2010 ordnete das Amtsgericht, nachdem es die beiden Anträge verbunden hatte, wegen sechs Verstößen gegen den Umgangsbeschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von insgesamt 300 Euro gegen die Kindesmutter an. Obwohl die Mutter diesen Betrag im Juni 2011 zahlte, fand keiner der begleiteten Umgangskontakte wie geplant statt.

105. Den oben dargelegten allgemeinen Grundsätzen zufolge ist es die Aufgabe des Gerichtshofs festzustellen, ob die innerstaatlichen Behörden alle erforderlichen Schritte unternommen haben, die nach den besonderen Umständen dieses Falles vernünftigerweise von ihnen erwartet werden konnten, um dem Umgangsbeschluss vom 12. Mai 2010 zur Umsetzung zu verhelfen. Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass der Beschluss des Amtsgerichts keine Angaben zur finanziellen Lage der Mutter enthält. Dennoch kommt er nicht umhin festzustellen, dass das Ordnungsgeld in Höhe von insgesamt 300 Euro recht niedrig erscheint, zumal die einschlägigen Bestimmungen die Anordnung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 25.000 Euro je Zuwiderhandlung gestatten. Es ist daher zu bezweifeln, ob vernünftigerweise angenommen werden konnte, dass diese Sanktion eine Beugewirkung auf die Kindesmutterentfalten würde, die Umgangskontakte zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn beharrlich verhindert hatte. Der Gerichtshof nimmt die Begründung des Amtsgerichts zur Kenntnis, wonach die Kindesmutter die gescheiterten Umgangskontakte zwar zu vertreten gehabt habe, ihre persönliche Verantwortung jedoch gering sei, da die an ihr Erziehungsverhalten gestellten Anforderungen hoch gewesen seien und sie „binnen weniger Wochen nicht nur ihre eigene Haltung zu dem Problemkomplex vollständig zu überdenken, sondern auch ein verfestigtes Verhaltensmuster des Kindes zu verändern“ gehabt habe (siehe Rdnr. 30).

106. Der Gerichtshof stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Parteien sich bereits 2005 auf die Durchführung von begleiteten Umgangskontakten geeinigt hatten und das Amtsgericht Frankfurt am Main einen entsprechenden Umgang erstmals am 22. Mai 2007 angeordnet hatte (siehe K., a. a. O., Rdnrn. 7, 16). Angesichts der Tatsache, dass der Mutter in dem vorangegangenen Gerichtsverfahren klargeworden sein musste, dass sie eine allgemeine Verpflichtung dazu habe, den Umgang zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn zuzulassen, ist es schwierig, der Begründung des Amtsgerichts zu folgen, wonach die Mutter ihre Haltung zu dem Problemkomplex „binnen weniger Wochen“ habe überdenken müssen. Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass die Entscheidung keine Angaben dazu enthält, ob die Mutter wenigstens versucht hat, ihren Verpflichtungen nach der Umgangsentscheidung nachzukommen, indem sie das Kind dazu ermutigte, den Beschwerdeführer zu treffen. Schließlich stellt er fest, dass das Oberlandesgericht Frankfurt in seinem Beschluss vom 17. September 2014 (siehe Rdnr. 80) eingeräumt hat, dass das gegen die Mutter angeordnete Ordnungsgeld möglicherweise unzulänglich gewesen sei.

107. Selbst wenn schwerere Sanktionen die grundsätzliche Haltung der Mutter gegenüber dem Umgangsrecht des Beschwerdeführers möglicherweise nicht geändert hätten, befreit dies die innerstaatlichen Behörden nicht von ihrer Pflicht, alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um den Umgang zu ermöglichen. Schließlich ist der Gerichtshof nicht von dem Vorbringen der Regierung überzeugt, wonach eine Wiederholung der Situation unwahrscheinlich sei, weil das Familiengericht zwischenzeitlich eine Umgangspflegschaft angeordnet habe. Auch wenn einem Umgangspfleger wirksamere Mittel zur Verfügung stehen als einem reinen Umgangsbegleiter, ist es schwer vorstellbar, dass dieser sein Ziel – die Durchsetzung des Umgangsrechts – ohne ein Mindestmaß an Kooperation seitens der Mutter erreichen kann.

108. Im Hinblick auf die Zügigkeit des Vollstreckungsverfahrens stellt der Gerichtshof fest, dass das Verfahren vom 21. Juli 2010, als der Beschwerdeführer erstmals die Anordnung eines Ordnungsgeldes beantragte, bis zum 1. Juni 2011, als das gesamte Ordnungsgeld bezahlt wurde, mehr als zehn Monate gedauert hat. Der Gerichtshof stellt fest, dass das Amtsgericht auf den ersten Antrag des Beschwerdeführers hin keine gesonderte Entscheidung erließ, sondern vor dem Erlass einer Entscheidung die Erwiderungen auf die folgenden Anträge abwartete. Angesichts der besonderen Dringlichkeit der Angelegenheit ist der Gerichtshof nicht davon überzeugt, dass die Verbindung der Anträge, die eine Verzögerung von mehreren Wochen zur Folge hatte, der Prozessökonomie diente. Des Weiteren kam es zu einer Verzögerung von etwa einem Monat, weil das Amtsgericht die Rücksendung der Verfahrensakte vom Oberlandesgericht abwartete, obwohl das Hauptsacheverfahren dort bereits sechs Wochen zuvor beendet worden war. Diese Verzögerung hätte folglich durch eine zügigere Versendung der Verfahrensakte verhindert werden können.

109. Angesichts des Sachverhalts desFalles, einschließlich des Zeitablaufs, sowie angesichts des Kindeswohls und der in seiner Rechtsprechung festgelegten Kriterien sowie des Vorbringens der Parteien kommt der Gerichtshof trotz des staatlichen Ermessensspielraums zu dem Schluss, dass die deutschen Behörden keine angemessenen und wirksamen Anstrengungen unternommen haben, um die Umgangsentscheidung vom 12. Mai 2010 durchzusetzen.

110. Folglich ist Artikel 8 der Konvention verletzt worden.

2. Vollstreckung der Anordnung vom 1. September 2010

(a) Das Vorbringen des Beschwerdeführers

111. Dem Beschwerdeführer zufolge scheiterte die Durchführung der Umgangspflegschaft am unangemessenen und unprofessionellen Verhalten des Umgangspflegers. Das Verfahren auf Abberufung des Umgangspflegers sei ineffektiv und überlang gewesen. Das Amtsgericht habe es versäumt, die notwendigen Schritte zur Kontaktaufnahme mit möglichen Umgangspflegernzu ergreifen, die zuvor ihre Bereitschaft signalisiert hätten. Darüber hinaus sei das Amtsgericht nicht seiner Pflicht nach § 155 FamFG nachgekommen, einen Verhandlungstermin binnen eines Monats nach Eingang des Antrags des Beschwerdeführers anzusetzen. Dementsprechend hätte das Amtsgericht 2010 eine Entscheidung treffen können.

112. Der Beschwerdeführer brachte ferner vor, dass die Weigerung, weitere Ordnungsgelder anzuordnen, willkürlich gewesen sei und nicht mit innerstaatlichem Recht in Einklang stehe.

(b) Das Vorbringen der Regierung

113. Die Regierung brachte vor, die innerstaatlichen Gerichte hätten es in dem Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf Abberufung des Umgangspflegers und in dem Verfahren bezüglich seines Antrags auf Anordnung weiterer Ordnungsgelder gegen die Kindesmutter nicht versäumt, ihren Verpflichtungen nach Artikel 8 der Konvention nachzukommen.

114. Die Durchführung der Umgangspflegschaft sei an einem offenen Zerwürfnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Umgangspfleger gescheitert. Das Verfahren auf Abberufung des Umgangspflegers sei nicht überlang gewesen. Im Ergebnis seien die Bemühungen des Gerichts,den Umgangspfleger zu ersetzen, an einem Zerwürfnis zwischen dem Beschwerdeführer und den potenziellen Umgangspflegerinnen gescheitert. Da die Umgangspflegschaft am 31. März 2011 beendet gewesen sei, sei der Beschluss vom 29. Juni 2011 nur noch von rein formalem Charakter gewesen. Die Regierung wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine Nichteinhaltung von § 155 FamFG im vorliegenden Verfahren keine ausschlaggebende Rolle spiele, da diese Bestimmung lediglich eine Soll-Vorschrift sei, die nicht Schnelligkeit um jeden Preis verlange. Entscheidend sei stets das Kindeswohl.

115. Die Regierung brachte auch vor, dass die weiteren Anträge des Beschwerdeführers auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätten, da der am 1. September 2010 ergangene Umgangsbeschluss unbegleitete Umgangskontakte lediglich im Anschluss an eine vorausgehende Phase begleiteter Umgangskontakte vorgesehen habe. Dem Beschwerdeführer hätte daher klar sein müssen, dass ihm in dem Beschluss kein Recht auf unbegleitete Umgangskontakte ohne vorherige begleitete Umgangsanbahnung gewährt worden sei. Die Regierung brachte ferner vor, das Verfahren sei ohne Verzögerung geführt worden.

(c) Würdigung durch den Gerichtshof

116. Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 26. August 2011, kein weiteres Ordnungsgeld gegen die Mutter anzuordnen, kein Rechtsmittel eingelegt und damit die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht ausgeschöpft hat. Folglich hat der Gerichtshof die Rüge des Beschwerdeführers nach Artikel 8 nur im Hinblick auf die Dauer zu prüfen.

117. Der Gerichtshof stellt fest, dass das Verfahren über die Abberufung des Umgangspflegers mit der Antragstellung des Beschwerdeführers am 15. November 2010 eingeleitet wurde und am 29. Juni 2011 endete, als das Amtsgericht feststellte, dass die Umgangspflegschaft am 31. März 2011 beendet gewesen seisei. Das Verfahren vor dem Amtsgericht dauerte somit sieben Monate und zwei Wochen. Der Gerichtshof stellt fest, dass ein Umgangspfleger den maßgeblichen Gesetzesbestimmungen zufolge nur entlassen werden konnte, wenn gleichzeitig ein neuer Umgangspfleger bestellt wurde. Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass das Amtsgericht erhebliche Anstrengungen unternommen hat, einen Umgangspfleger zu finden, diese letztlich jedoch erfolglos blieben. Das Verfahren bezüglich des Antrags des Beschwerdeführers auf Anordnung weiterer Ordnungsgelder begann am 10. Mai 2011, als der Beschwerdeführer seinen ersten Antrag stellte, und endete am 26. August 2011 mit der Zurückweisung der Anträge durch das Amtsgericht. Es dauerte demnach drei Monate und siebzehn Tage. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles gelangt der Gerichtshof nicht zu der Auffassung, dass diese Verfahrensdauer überlang war.

118. Angesichts dieser Überlegungen kann der Gerichtshof nicht feststellen, dass die Rechte des Beschwerdeführers aus Artikel 8 der Konvention durch die Führung des Verfahrens über die Abberufung des Umgangspflegers und bezüglich der Anträge des Beschwerdeführers auf Anordnung weiterer Ordnungsgelder verletzt wurden.

3. Das Abänderungsverfahren zum Umgangsrecht

(a) Das Vorbringen der Regierung

119. Die Regierung brachte vor, die Dauer des Abänderungsverfahrens zum Umgangsrecht sei in erster Linie auf das Verhalten des Beschwerdeführers selbst zurückzuführen. Der Beschwerdeführer dürfe zwar von allen ihm zur Verfügung stehenden verfahrensrechtlichen Mitteln Gebrauch machen, die daraus resultierenden Verzögerungen seien jedoch nicht den innerstaatlichen Gerichten anzulasten.

(b) Das Vorbringen des Beschwerdeführers

120. Der Beschwerdeführer bestritt, dass die Dauer des Verfahrens ihm zuzurechnen sei. Das Abänderungsverfahren sei ineffektiv und überlang gewesen. Insbesondere habe das Amtsgericht versäumt, andere mögliche Umgangspfleger zu bestellen, nachdem mit Frau Z. keine Einigung habe erzielt werden können. Die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens sei auf die überlange Dauer des vorherigen Verfahrens zurückzuführen und daher ebenfalls den innerstaatlichen Gerichten zuzurechnen.

(c) Würdigung durch den Gerichtshof

121. Der Gerichtshof stellt fest, dass das Abänderungsverfahren zum Umgangsrecht am 11. Februar 2011 vom Amtsgericht von Amts wegen eingeleitet wurde und vor diesem Gericht am 12. November 2013 beendet wurde. Das Beschwerdeverfahren endete mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 17. September 2014. Das Verfahren dauerte demnach zwei Jahre und neun Monate vor dem erstinstanzlichen Gericht und rund zehn Monate vor dem Oberlandesgericht. Der Gerichtshof stellt fest, dass der Beschwerdeführer zwei Befangenheitsanträge und die Beschwerdegegnerin einen Befangenheitsantrag gegen die Amtsrichterin gestellt haben, die jeweils Verzögerungen von mehreren Wochen zur Folge hatten. Eine weitere Verzögerung von beinahe fünf Monaten kam dadurch zustande, dass der Beschwerdeführer den gerichtlich bestellten Sachverständigen wegen Befangenheit ablehnte. Obgleich dieser Ablehnungsantrag letztlich erfolgreich war, ist nicht erwiesen, dass der Grund für den Befangenheitsverdacht im Verantwortungsbereich des Amtsgerichts lag oder dem Amtsgericht vor Bestellung des Sachverständigen hätte bekannt sein können. Zwei Mal wurden Verhandlungstermine auf Antrag des Beschwerdeführers verlegt, der letztlich angab, dass er nicht verhandlungsfähig sei. Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass der Beschwerdeführer zu keinem der vom Oberlandesgericht anberaumten Verhandlungstermine erschien und den Senat des Oberlandesgerichts ablehnte, weil dieser seinem Antrag auf Verlegung eines Termins nicht nachgekommen sei.

122. Vor diesem Hintergrund kann der Gerichtshof nicht feststellen, dass die Dauer des Verfahrens vor den Familiengerichten, die zwar erheblich war, nicht darauf zurückzuführen ist, dass es die Gerichte an besonderer Sorgsamkeit hätten fehlen lassen. Insbesondere kann die angebliche Verhandlungsunfähigkeit des Beschwerdeführersnicht den Familiengerichten angelastet werden. Der Gerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass nicht erwiesen wurde, dass die Familiengerichte im Hinblick auf das am 11. Februar 2011 eingeleitete Verfahren den verfahrensrechtlichen Gesichtspunkt von Artikel 8 der Konvention missachtet hätten.

III. BEHAUPTETE VERLETZUNG VON ARTIKEL 6 ABS. 1 DER KONVENTION

123. Der Beschwerdeführer rügte auch, dass die Dauer des Umgangsrechtsverfahrens unter Verletzung von Artikel 6 Abs. 1 der Konvention über eine angemessene Frist hinausgegangen sei; diese Bestimmung lautet, soweit maßgeblich, wie folgt:

„Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen […] von einem […] Gericht […] innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.“

124. Der Gerichtshof stellt fest, dass der Beschwerdeführer nach dem Rechtsschutzgesetz Anspruch auf gerechte Entschädigung hätte geltend machen können, was er aber nicht tat. Allerdings bestreitet er die Wirksamkeit des Rechtsschutzgesetzes. Unter Bezugnahme auf ein Urteil, in dem ein Oberlandesgericht einem Beschwerdeführer wegen überlanger Dauer eines Umgangsverfahrens, das zwei Jahre und acht Monate gedauert habe, 1.500 Euro Schadenersatz zugesprochen habe – und das am 13. März 2014 vom Bundesgerichtshof bestätigt worden sei (III ZR 91/13) –, brachte der Beschwerdeführer vor, dass die innerstaatlichen Gerichte bei der Prüfung von Anträgen auf gerechte Entschädigung nach dem Rechtsschutzgesetz die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht berücksichtigt hätten.

125. Der Gerichtshof weist erneut darauf hin, dass die Beweislast bei der Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs aufgeteilt wird. Es obliegt der Regierung, die eine Nichterschöpfung geltend macht, den Gerichtshof davon zu überzeugen, dass der Rechtsbehelf wirksam war und zur maßgeblichen Zeit in der Theorie und in der Praxis zur Verfügung stand, er also zugänglich und geeignet war, den Rügen des Beschwerdeführers abzuhelfen, und angemessene Aussicht auf Erfolg bot. Sobald diese Beweispflicht erfüllt worden ist, obliegt es jedoch dem Beschwerdeführer nachzuweisen, dass der von der Regierung dargelegte Rechtsbehelf tatsächlich erschöpft worden ist oder aus irgendeinem Grund unter den besonderen Umständen des Falles unzureichend und unwirksam war oder der Beschwerdeführer aufgrund vorliegender besonderer Umstände von diesem Erfordernis befreit war (siehe Akdivar u. a. ./. Türkei, 16. September 1996, Rdnr. 68, Reports of JudgmentsandDecisions 1996‑IV; und Eberhard und M., a. a. O., Rdnr. 147).

126. Der Gerichtshof stellt fest, dass dem Beschwerdeführer seit Inkrafttreten der Übergangsvorschrift des Rechtsschutzgesetzes am 3. Dezember 2011 die Möglichkeit offenstand, einen Anspruch auf gerechte Entschädigung geltend zu machen. Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass das Rechtsschutzgesetz grundsätzlich geeignet ist, angemessene Wiedergutmachung für eine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren innerhalb angemessener Frist zu leisten, und dass von einem Beschwerdeführer erwartet werden kann, von diesem Rechtsbehelf Gebrauch zu machen, auch wenn er erst verfügbar wurde, nachdem er seine Individualbeschwerde beim Gerichtshof erhoben hat (siehe T., a. a. O., Rdnrn. 40-43). Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass der Beschwerdeführer keine Gründe vorgebracht hat, die die Schlussfolgerung nahelegen würden, dass eine Klage zur Durchsetzung des Anspruchs auf gerechte Entschädigung keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, hätte der Beschwerdeführer diesen im Hinblick auf die mutmaßlich unangemessene Dauer des gerichtlichen Verfahrens geltend gemacht. Die bloße Behauptung, dass ein Oberlandesgericht in einem vom Bundesgerichtshof bestätigten Beschluss bei der Prüfung des nach dem Rechtsschutzgesetz zu gewährenden Schadensersatzes die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs möglicherweise nicht beachtet habe, reicht nicht aus, um die allgemeine Wirksamkeit des Rechtsbehelfs als Ganzes in Frage zu stellen.

127. Folglich ist dieser Teil der Beschwerde nach Artikel 35 Abs. 1 und 4 der Konvention wegen Nichterschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs zurückzuweisen.

IV. BEHAUPTETE VERLETZUNG VON ARTIKEL 13 IN VERBINDUNG MIT ARTIKEL 8 DER KONVENTION

128. Der Beschwerdeführer rügte, dass sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen das überlange Verfahren vor den Familiengerichten verletzt worden sei. Er berief sich auf Artikel 13 i. V. m. Artikel 8 der Konvention.

129. Die Regierung trat diesem Vorbringen entgegen.

A. Zulässigkeit

130. Der Gerichtshof stellt fest, dass diese Rüge nicht im Sinne von Artikel 35 Abs. 3 Buchst. a der Konvention offensichtlich unbegründet ist. Sie ist auch nicht aus anderen Gründen unzulässig. Folglich ist sie für zulässig zu erklären.

B. Begründetheit

1. Das Vorbringen der Regierung

131. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache T. (a. a. O., Rdnrn. 39-45) brachte die Regierung vor, der Gerichtshof habe bereits festgestellt, dass das Rechtsschutzgesetz grundsätzlich geeignet sei, bei überlanger Verfahrensdauer wirksame Wiedergutmachung zu leisten. Die Evaluierung des innerstaatlichen Rechtsbehelfs, der seit zwei Jahren in Kraft sei, laufe zwar noch, die bestehende Rechtsprechung zeige jedoch, dass der neue Rechtsbehelf in der Praxis gut funktioniere. Dies habe das Ministerkomitee in seiner Abschlussresolution in der Rechtssache R. (siehe R. ./. Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 46344/06, 2. September 2010 und Resolution CM/ResDH(2013)244) bestätigt.

132. Der neue Rechtsbehelf sei auch in Rechtssachen, in denen es um den Umgang mit Kindern gehe, wirksam, da er nicht nur eine monetäre Wiedergutmachung zur Folge habe, sondern auch eine allgemeine präventive Wirkung entfalte. Dem zweistufigen Rechtsbehelf nach dem geänderten Gerichtsverfassungsgesetz komme schon durch seine Existenz eine allgemeine präventive Wirkung zu. Darüber hinaus komme der Verzögerungsrüge eine Warnfunktion zu, da sie das Gericht auf ein Verfahren hinweise, das aus Sicht eines Beschwerdeführers bereits überlang sei, und dem Gericht so die Möglichkeit zur Verfahrensbeschleunigung gebe. Ferner habe auch der Entschädigungsanspruch nach dem Rechtsschutzgesetz eine präventive Funktion, da er schon während des laufenden Verfahrens geltend gemacht werden könne. Schließlich habe der Rechtssuchende die Möglichkeit, für etwaige Nachteile, die aus einer Verletzung des Rechts auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist folgen, eine monetäre Entschädigung zu erhalten.

133. Die Regierung merkte an, dass das Verfahren, das den Gegenstand der vorliegenden Beschwerde bilde, seit Mai 2010 anhängig gewesen sei und damit unter die Übergangsvorschrift von Artikel 23 des Rechtsschutzgesetzes falle. Folglich habe es die Verzögerungsrüge in diesem Verfahrensstadium noch nicht gegeben. Allerdings sei der Entwurf des Gesetzes zu diesem Zeitpunkt bereits veröffentlicht gewesen; außerdem sei gerade im Familienrecht wegen der Gefahr einer Schaffung von irreversiblen Zuständen das Rechtsinstitut einer (gesetzlich nicht geregelten) Untätigkeitsbeschwerde durch die Oberlandesgerichte bereits allgemein anerkannt gewesen. Schließlich habe auch der Beschwerdeführer in mehreren seiner Verfahren Verzögerungsrüge erhoben.

2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers

134. Dem Beschwerdeführer zufolge erfüllt das Rechtsschutzgesetz nicht die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs festgelegten Anforderungen. Der Gerichtshof habe in mehreren Urteilen festgestellt, dass in Verfahren, in denen sich die Verfahrensführung auf das Familienleben des Beschwerdeführers auswirken könne, ein rein kompensatorischer Rechtsbehelf nicht genüge, um Verletzungen zu begegnen, die aus der Dauer des Verfahrens resultierten (der Beschwerdeführer verwies auf die Urteile des Gerichtshofs in den Rechtssachen Macready ./. Tschechische Republik, Individualbeschwerden Nrn. 4824/06 und 15512/08, 22. April 2010 und Bergmann ./. Tschechische Republik, Individualbeschwerde Nr. 8857/08, 27. Oktober 2011).

135. Als das in Rede stehende Verfahren eingeleitet worden sei, sei das Rechtsschutzgesetz noch nicht in Kraft gewesen, weshalb der Beschwerdeführer lediglich einen Entschädigungsanspruch nach dessen Übergangsvorschriften hätte geltend machen können. Hiervon habe er nach reiflichem Nachdenken auch mangels Effektivität keinen Gebrauch gemacht. Die im Rechtsschutzgesetz vorgesehene Entschädigungslösung erfülle nicht die Anforderungen an einen effektiven präventiven Rechtsbehelf, da sie nicht zur Anordnung von verbindlichen Beschleunigungsmaßnahmen führe. Auch die Verzögerungsrüge erfülle diese Anforderungen nicht, da sie weder einen Rechtsanspruch auf Feststellung einer Konventionsverletzung noch einen Anspruch auf wirksame Abhilfemaßnahmen begründe, da keine Möglichkeit einer wirksamen Beschwerde bestehe.

3. Würdigung durch den Gerichtshof

(a) Allgemeine Grundsätze

136. Der Gerichtshof weist erneut darauf hin, dass Artikel 13 der Konvention unmittelbar Ausdruck der in Artikel 1 der Konvention verankerten Pflicht der Staaten ist, die Menschenrechte in erster Linie innerhalb ihrer eigenen Rechtsordnung zu schützen. Er verlangt deshalb, dass die Staaten einen innerstaatlichen Rechtsbehelf vorsehen, damit über eine „vertretbare Rüge“ einer Konventionsverletzung der Sache nach entschieden und geeigneter Rechtsschutz gewährt wird (siehe u. a. Kudła ./. Polen [GK], Individualbeschwerde Nr. 30210/96, Rdnr. 152, ECHR 2000‑XI). In der vorliegenden Rechtssache ist der Gerichtshof mit Blick auf seine Schlussfolgerung hinsichtlich der Führung des Verfahrens vor den Familiengerichten (vgl. insbesondere Rdnr. 109) der Auffassung, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Führung des Umgangsrechtsverfahrens eine Verletzung von Artikel 8 vertretbar vorgetragen hat.

137. Der Gerichtshof weist auch erneut auf seine Rechtsprechung hin, nach der die einer Prozesspartei auf der innerstaatlichen Ebene zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe gegen die überlange Verfahrensdauer dann im Sinne von Artikel 13 der Konvention als „wirksam“ anzusehen sind, wenn sie die behauptete Verletzung oder ihre Fortdauer verhindern oder bezüglich einer bereits geschehenen Rechtsverletzung angemessene Abhilfe schaffen. Ein Rechtsbehelf erfüllt diese Kriterien demnach, wenn er entweder dazu verwendet werden kann, eine schnellere Entscheidung durch die mit dem Fall befassten Gerichte zu erwirken oder der Prozesspartei eine angemessene Wiedergutmachung für bereits eingetretene Verzögerungen zukommen zu lassen (siehe Mifsud ./. Frankreich (Entsch.) [GK], Individualbeschwerde Nr. 57220/00, Rdnr. 17, ECHR 2002‑VIII; und S. ./. Deutschland [GK], Individualbeschwerde Nr. 75529/01, Rdnr. 99, ECHR 2006‑VII). Allerdings hat der Gerichtshof bei Verfahren, in denen sich die Verfahrensdauer eindeutig auf das Familienleben des Beschwerdeführers auswirkt (und die demnach nach Artikel 8 der Konvention zu prüfen sind), die Auffassung vertreten, dass ein strengerer Maßstab zu setzen ist, der die Staaten dazu verpflichtet, einen Rechtsbehelf vorzusehen, der gleichzeitig präventiv und kompensatorisch wirkt (siehe Macready,a. a. O., Rdnr. 48; und Bergmann, a. a. O.,Rdnrn. 45-46). Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die positive Verpflichtung des Staates, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung seines Familienlebens sicherzustellen, illusorisch zu werden droht, wenn den Beteiligten lediglich ein kompensatorischer Rechtsbehelf zur Verfügung steht, der ausschließlich eine nachträgliche monetäre Entschädigung zur Folge haben kann (siehe Macready, ebenda).

(b) Anwendung auf die vorliegende Rechtssache

138. Was die Umstände der vorliegenden Rechtssache anbelangt, stellt der Gerichtshof fest, dass das in Rede stehende Verfahren das Recht des Beschwerdeführers auf Umgang mit seinem kleinen Kind zum Gegenstand hatte. Damit steht fest, dass der Fall zur Kategorie der Fälle gehört, bei denen die Gefahr einer Präjudizierung durch überlange Verfahrensdauer besteht. Den oben dargelegten Grundsätzen zufolge ist demnach zu prüfen, ob im deutschen Recht zur maßgeblichen Zeit ein Rechtsbehelf gegen eine überlange Verfahrensdauer vorgesehen war, der nicht nur eine monetäre Wiedergutmachung zur Folge hatte, sondern auch eine Beschleunigung des Verfahrens vor den Familiengerichten bewirkte.

(i) Das Rechtsschutzgesetz

139. Im Hinblick auf die Wirksamkeit des durch das Rechtsschutzgesetz eingeführten Rechtsbehelfs stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass dieser erst ab Dezember 2011 zur Verfügung stand, zu einem Zeitpunkt also, als das in Rede stehende Verfahren bereits anderthalb Jahre im Gang und vor dem Gerichtshof anhängig war. Der Beschwerdeführer sah von der Möglichkeit ab, nach der Übergangsvorschrift des Rechtsschutzgesetzes eine monetäre Entschädigung zu fordern. Der Gerichtshof weist erneut darauf hin, dass er bereits festgestellt hat, dass kein Grund für die Annahme besteht, der neue Rechtsbehelf werde einem Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit bieten, angemessene und hinreichende Entschädigung für seine berechtigten Klagen zu erlangen (siehe T., a. a. O., Rdnr. 40). Allerdings hat er nicht die Frage geprüft, ob das Rechtsschutzgesetz auch als wirksames Mittel zur Verfahrensbeschleunigung angesehen werden kann, wenn das Recht auf Achtung des Familienlebens andernfalls illusorisch zu werden droht.

140. Was die Warnfunktion angeht, die die beschwerdegegnerische Regierung der Verzögerungsrüge zuspricht, erkennt der Gerichtshof an, dass diese Rüge ein Gericht in einem konkreten Fall zur Verfahrensbeschleunigung veranlassen könnte. Er stellt jedoch fest, dass das Rechtsschutzgesetz andernfalls keine andere Sanktionierung vorsieht als die Möglichkeit, einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Des Weiteren ist der Gerichtshof nicht davon überzeugt, dass man davon ausgehen kann, die Möglichkeit, einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen, habe eine hinreichende beschleunigende Wirkung auf laufende Verfahren, bei denen es um das Recht auf Umgang mit kleinen Kindern geht, und sofern dies notwendig ist, um eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Familienlebens zu verhindern.

141. Angesichts dieser Überlegungen ist der Gerichtshof nicht davon überzeugt, dass die durch das Rechtsschutzgesetz eingeführten Bestimmungen den konkreten Anforderungen gerecht werden, die an einen Rechtsbehelf zu stellen sind, mit dem der Staat seinen positiven Verpflichtungen aus Artikel 8 der Konvention in Verfahren nachkommen soll, die das Recht eines Elternteils auf Umgang mit seinem kleinen Kind zum Gegenstand haben.

(ii) Die Untätigkeitsbeschwerde

142. Der Gerichtshof hat bereits die Auffassung vertreten, dass die Untätigkeitsbeschwerde, die keine gesetzliche Grundlage im innerstaatlichen Recht hatte, aber vor dem Inkrafttreten des Rechtsschutzgesetzes von etlichen Rechtsmittelgerichten anerkannt wurde, aufgrund der Ungewissheit über die Zulässigkeitskriterien einer solchen Beschwerde und die praktischen Auswirkungen auf das konkrete Verfahren nicht als wirksamer Rechtsbehelf gegen überlange Zivilverfahren angesehen werden konnte (siehe S., a. a. O., Rdnrn. 110-112). Der Gerichtshof stellt fest, dass die Regierung keine Argumente vorgetragen hat, die in der vorliegenden Rechtssache eine andere Schlussfolgerung gestatten würden. Folglich kann die Untätigkeitsbeschwerde in diesem konkreten Fall nicht als wirksamer Rechtsbehelf angesehen werden.

(iii) § 155 FamFG

143. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Regierung in einem anderen Zusammenhang vorgetragen hat, § 155 FamFG, der Familiengerichte dazu verpflichte, Umgangsverfahren vorrangig und beschleunigt zu behandeln, sei lediglich eine Soll-Vorschrift, die nicht Schnelligkeit „um jeden Preis“ verlange (siehe Rdnr. 114). Sie machte nicht geltend, dass diese Bestimmung als wirksamer Rechtsbehelf im Sinne von Artikel 13 der Konvention angewendet werden könne. Der Gerichtshof erkennt an, dass die Bestimmung die Gerichte dazu anhalten kann, ihrer Pflichtnachzukommen, Umgangsverfahren mit besonderer Sorgfalt zu führen. Da es jedoch keine gesetzliche Sanktionierung dafür gibt, wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommen, schließt sich der Gerichtshof der Auffassung an, dass dieses Instrument nicht als wirksamer präventiver Rechtsbehelf gegen die überlange Dauer von Umgangsverfahren angesehen werden kann.

144. Demnach stand dem Beschwerdeführer kein wirksamer Rechtsbehelf im Sinne von Artikel 13 der Konvention zur Verfügung, der das Verfahren über sein Umgangsrecht hätte beschleunigen können.

145. Folglich ist Artikel 13 in Verbindung mit Artikel 8 der Konvention verletzt worden.

V. ANWENDUNG VON ARTIKEL 41 DER KONVENTION

146. Artikel 41 der Konvention lautet:

„Stellt der Gerichtshof fest, dass diese Konvention oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, und gestattet das innerstaatliche Recht der Hohen Vertragspartei nur eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser Verletzung, so spricht der Gerichtshof der verletzten Partei eine gerechte Entschädigung zu, wenn dies notwendig ist.“

A. Schaden

147. Der Beschwerdeführer forderte insgesamt mindestens 30.000 Euro in Bezug auf den immateriellen Schaden. Er brachte vor, dass er infolge des überlangen und ineffektiven Umgangsverfahrens, das seit 2005 vor den Familiengerichten anhängig gewesen sei und zur dauerhaften Trennung von seinem Kind geführt habe, einen Nichtvermögensschaden erlitten habe. Der Beschwerdeführer sah es als erschwerenden Umstand an, dass das Urteil des Gerichtshofs vom 21. April 2011 (siehe K., a. a. O.) keine dauerhafte Auswirkung auf die Prozessführung durch das Familiengericht gehabt habe.

148. Die Regierung wies darauf hin, dass die Überlänge des Ursprungsverfahrens bereits Gegenstand des vorherigen Urteils des Gerichtshofs gewesen sei (siehe K., a. a. O.). In der vorliegenden Rechtssache weise lediglich das Abänderungsverfahren zum Umgangsrecht eine ungewöhnliche Länge auf, die jedoch in Anbetracht der Umstände dieses speziellen Falles noch angemessen sei. Hilfsweise wies die Regierung darauf hin, dass der Gerichtshof zuvor in einem vergleichbaren Fall von einer Entschädigung abgesehen habe (die Regierung verwies auf die Rechtssache Berlin ./. Luxemburg, Individualbeschwerde Nr. 44978/98, Rdnr. 72, 15. Juli 2003).

149. Der Gerichtshof stellt fest, dass dem Beschwerdeführer für den durch die Dauer des Verfahrens im Zeitraum 2005 bis 2010 entstandenen immateriellen Schaden 5.200 Euro zugesprochen wurden (siehe K., a. a. O., Rdnr. 61). Er entscheidet nach Billigkeit und spricht dem Beschwerdeführer hinsichtlich der Verletzung seiner Rechte aus den Artikeln 8 und 13 in der vorliegenden Rechtssache 15.000 Euro für den immateriellen Schaden zu.

B. Kosten und Auslagen

150. Der Beschwerdeführer machte zudem insgesamt 4.524,61 Euro für Kosten und Auslagen vor den innerstaatlichen Gerichten (einschließlich Kosten für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Höhe von 2.032,40 Euro) und 4.404,13 Euro für Kosten und Auslagen vor dem Gerichtshof geltend. Er brachte vor, die Kindesmutter habe ihm die Kosten für das erste Ordnungsgeldverfahren nicht erstattet.

151. Die Regierung bekräftigte, der Beschwerdeführer habe keine Honorarvereinbarung zur Begründung der Rechnungen für die vor dem Gerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht entstandenen Kosten vorgelegt. Außerdem seien die Kosten vor den Familiengerichten nicht entstanden, um einer Verletzung von Artikel 8 abzuhelfen. Des Weiteren habe der Beschwerdeführer hinsichtlich der Kosten für das erste Ordnungsgeldverfahren einen vollstreckbaren Anspruch gegen die Mutter.

152. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat ein Beschwerdeführer nur soweit Anspruch auf Ersatz von Kosten und Auslagen, als nachgewiesen wurde, dass diese tatsächlich und notwendigerweise entstanden sind, um einer Verletzung von Konventionsrechten abzuhelfen, und wenn sie der Höhe nach angemessen sind. Der Gerichtshof stellt fest, dass er eine Verletzung von Artikel 8 der Konvention nur im Hinblick auf das erste Ordnungsgeldverfahren festgestellt hat und der Beschwerdeführer hinsichtlich der in diesem Verfahren entstandenen Kosten einen vollstreckbaren Titel gegen die Mutter hat. Vor diesem Hintergrund hält es der Gerichtshof für angemessen, 2.032,40 Euro für Kosten und Auslagen vor den innerstaatlichen Gerichten und 4.404,13 Euro für das Verfahren vor dem Gerichtshof zuzusprechen.

C. Verzugszinsen

153. Der Gerichtshof hält es für angemessen, für die Berechnung der Verzugszinsen den Spitzenrefinanzierungssatz (marginal lending rate) der Europäischen Zentralbank zuzüglich drei Prozentpunkten zugrunde zu legen.

AUS DIESEN GRÜNDEN ENTSCHEIDET DER GERICHTSHOF EINSTIMMIG:

1. Die Rügen nach den Artikeln 8 und 13 bezüglich des Verfahrens vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main nach dem 22. März 2010 werden für zulässig und die Individualbeschwerde im Übrigen für unzulässig erklärt;

2. Artikel 8 der Konvention ist in Bezug auf die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung vom 12. Mai 2010 verletzt worden;

3. Artikel 13 in Verbindung mit Artikel 8 der Konvention ist verletzt worden;

4. (a) der beschwerdegegnerische Staat hat dem Beschwerdeführer binnen drei Monaten nach dem Tag, an dem das Urteil nach Artikel 44 Abs. 2 der Konvention endgültig wird, folgende Beträge zu zahlen:

(i) 15.000 Euro (fünfzehntausend Euro) für den immateriellen Schaden, zuzüglich gegebenenfalls zu berechnender Steuern;

(ii) 6.436,53 Euro (sechstausendvierhundertsechsunddreißig Euro und dreiundfünfzig Cent) für Kosten und Auslagen, zuzüglich der dem Beschwerdeführer gegebenenfalls zu berechnenden Steuern;

(b) nach Ablauf der vorgenannten Frist von drei Monaten fallen für die oben genannten Beträge bis zur Auszahlung einfache Zinsen in Höhe eines Zinssatzes an, der dem Spitzenrefinanzierungssatz (marginal lending rate) der Europäischen Zentralbank im Verzugszeitraum zuzüglich drei Prozentpunkten entspricht;

5. im Übrigen wird die Forderung des Beschwerdeführers nach gerechter Entschädigung zurückgewiesen.

Ausgefertigt in Englisch und schriftlich zugestellt am 15. Januar 2015 nach Artikel 77 Abs. 2 und 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.

Claudia Westerdiek                               Mark Villiger
Kanzlerin                                                Präsident

_________

[1] sic., eig. 2010 (Anm. d. Übers.)
[2] sic., eig. 19. Oktober 2010

Zuletzt aktualisiert am Januar 2, 2021 von eurogesetze

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