ANHANG: STANDPUNKT DER REGIERUNG
Der folgende Anhang ist nicht Teil von ECRIs Analyse und Vorschlägen über die Lage in Österreich
Im Einklang mit dem Verfahren bei Länderberichten führte ECRI mit den österreichischen Behörden einen vertraulichen Dialog über den Berichtsentwurf über Österreich. ECRI berücksichtigte eine Reihe von Bemerkungen und nahm sie in ihren endgültigen Bericht auf (dieser berücksichtigt nur Entwicklungen bis zum 20. März 2015; an diesem Tag wurde der erste Berichtsentwurf verabschiedet.)
Die Behörden ersuchten, folgende Standpunkte als Anhang zu ECRIs Bericht aufzunehmen.
Stellungnahme der Republik Österreich zum Fünften Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) über Österreich
August 2015
Allgemeine Bemerkungen:
Die österreichische Regierung misst der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, große Bedeutung bei.
Es herrscht klares Einverständnis darüber, dass dem Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und der damit verbundenen Intoleranz besonderes Augenmerk geschenkt werden muss, und Österreich bleibt diesem Kampf umfassend verpflichtet. In Österreich gibt es gute Rechtsinstrumente, die es den Behörden und Gerichten ermöglichen, rechtsextreme, ausländerfeindliche, antisemitische und rassistische Akte zu bekämpfen. Die österreichische Bundesregierung ist sich allerdings der Tatsache bewusst, dass rassistische Vorurteile, Haltungen und Akte nach wie vor existieren bzw. vorkommen, und dass nachhaltige und differenzierte Politiken notwendig sind, um gegen diese Phänomene langfristig vorzugehen. Österreich ist bestrebt, das bestehende Schutzsystem durch entsprechende rechtliche Bestimmungen und deren Umsetzung sowie durch adäquate Maßnahmen im Bereich Sensibilisierung, Bewusstseinsbildung, Aufklärung und Bildungsarbeit weiter zu verbessern und auszubauen. Dies ist ein kontinuierlicher Prozess und basiert auf der Verpflichtung und festen Überzeugung, mittels Offenheit, gegenseitigem Verständnis und andauerndem Dialog Fortschritte zu erzielen.
Österreich misst dem Monitoring Prozess der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) große Bedeutung bei. Der Fünfte Bericht über Österreich enthält wichtige Feststellungen und Empfehlungen, die eine gute Grundlage für weitere Anstrengungen und Maßnahmen im Rahmen den Bemühungen darstellen, die seitens der österreichischen Behörden im Kampf gegen Rassismus, Rassendiskriminierung und die damit verbundene Intoleranz unternommen werden.
Besondere Bemerkungen:
1. Gesetze gegen Rassismus und Rassendiskriminierung:
Protokoll Nr. 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)
Österreich hat umfassende Antidiskriminierungsgesetze auf verfassungsrechtlicher Ebene erlassen: Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung (BGBl. Nr. 390/1973) definiert „rassische Diskriminierung“ als „jede Unterscheidung aus dem alleinigen Grund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, oder der nationalen oder ethnischen Herkunft“. Dieses Bundesverfassungsgesetz enthält nach der ständigen Rechtsprechung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes ein sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtetes Verbot, eine sachlich nicht begründbare Unterscheidung zwischen Fremden vorzunehmen. Darüber hinaus müssen gesetzliche Regelungen, die an Fremde gerichtet sind, ganz allgemein sachlich sein. Für die gesamte Verwaltung gilt überdies das Willkürverbot sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 2. Juli 2011, U 2106/10). Nicht zuletzt verbietet auch der im Verfassungsrang stehende Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention Diskriminierungen unter anderem aufgrund der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, nationaler oder sozialer Herkunft, oder Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit.
Schließlich können die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Rechte – und somit das umfassende Verbot der Diskriminierung gemäß Artikel 21 der Charta – als verfassungsmäßig garantierte Rechte in Verfahren vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof in allen Fällen, in denen die Charta anzuwenden ist, geltend gemacht werden (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 14. März 2012, U466/11).
In Anbetracht der Tatsache, dass Österreich somit einen gleichwertigen Schutz gegen Diskriminierung bietet, wird die Ratifizierung dieses Protokolls vorerst nicht angestrebt.
Strafrecht
Durch die jüngste umfassende Strafrechtsreform, die Annahme des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015, das mit 1. Jänner 2016 in Kraft tritt, wird es zu weiteren Änderungen kommen, die für die Umsetzung von Österreichs internationalen Verpflichtungen im Kampf gegen Rassismus, rassistische Diskriminierung, Eintreten gegen rassistischen oder religiös bedingten Hass, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit eine wichtige Rolle spielen. Durch diese Reform setzt Österreich seine Verpflichtungen aus dem “Rahmenbeschluss zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit” der Europäischen Union weiter um, folgt den Empfehlungen von ECRI und des VN-Ausschusses für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (VN-CERD) und trifft entsprechende Vorbereitungen für die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über Computerkriminalität des Europarats. Darüber hinaus werden dadurch die im Regierungsprogramm 2013-2018 enthaltenen Pläne zum effektiveren Vorgehen gegen Radikalisierung und Rechtsextremismus umgesetzt, ebenso wie die Ergebnisse der im Oktober 2014 von Justizministerium, Innenministerium und Ministerium für Europa, Integration und Äußeres organisierten Expertenkonferenz zum Thema Hassverbrechen und Radikalisierung.
Diese Reform ändert unter anderem § 283 Strafgesetzbuch, der die Verfolgung von Hassreden regelt, und nun wie folgt lauten wird:
„§ 283. (1) Wer öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird,
1. zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den vorhandenen oder fehlenden Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer körperlichen oder geistigen Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert, oder zu Hass gegen sie aufstachelt, oder
2. in der Absicht, die Menschenwürde anderer zu verletzen, eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, diese Gruppe in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, oder
3. Verbrechen im Sinne der §§ 321 bis 321f, die von einem inländischen oder einem internationalen Gericht rechtskräftig festgestellt wurden, billigt, leugnet, gröblich verharmlost oder rechtfertigt, wobei die Handlung gegen eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe gerichtet ist und in einer Weise begangen wird, die geeignet ist, zu Gewalt oder Hass gegen solch eine Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe aufzustacheln,
ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Wer die Tat nach Abs. 1 in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise begeht, wodurch die in Abs. 1 bezeichneten Handlungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.
(3) Wer durch eine Tat nach Abs. 1 oder 2 bewirkt, dass andere Personen gegen eine in Abs. 1 Z 1 bezeichnete Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Gewalt ausüben, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
(4) Wer, wenn er nicht als an einer Handlung nach den Abs. 1 bis 3 Beteiligter (§ 12) mit strengerer Strafe bedroht ist, schriftliches Material, Bilder oder andere Darstellungen von Ideen oder Theorien, die Hass oder Gewalt gegen eine in Abs. 1 Z 1 bezeichnete Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe befürworten, fördern oder dazu aufstacheln, in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise, wodurch diese einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, in gutheißender oder rechtfertigender Weise verbreitet oder anderweitig öffentlich verfügbar macht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.“
· Durch die Überführung der Wortfolge „…oder zu Hass gegen sie aufstachelt” in § 283 Abs. 1 StGB, wird das Aufstacheln zu Hass nunmehr sowohl gegen Gruppen, als auch gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen deren Zugehörigkeit zu dieser Gruppe strafbar. § 283 Abs. 1 umfasst also nun das Verbot zur Aufstachelung zu Hass gegen Gruppen und Einzelpersonen sowie zur Anstiftung zu Gewalt gegen Gruppen und Einzelpersonen.
· Durch die Aufnahme einer anderen Definition zu „Gruppe“ in § 283 Abs. 1, nämlich „…nach den vorhandenen oder fehlenden Kriterien der Staatsangehörigkeit“ stellt das Aufstacheln zu Hass oder die Anstiftung zu Gewalt gegen „Österreicher“ oder „Nicht-Österreicher“ nun ebenso einen strafbaren Tatbestand dar.
· Eine Änderung in den Kriterien für „öffentlich”: Aussagen oder Anmerkungen, die Menschen zu Gewalt oder Hass aufstacheln bzw. anstiften, werden mit Freiheitsstrafe bestraft wenn “sie öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird” getätigt werden; der Ausdruck „öffentlich“ bezieht sich in der Regel auf rund 10, der Ausdruck „viele Menschen“ auf rund 30 Personen (siehe § 283 Abs. 1). Wenn eine derartige Tat für die „breite Öffentlichkeit” (rund 150 Personen) durch Verbreitung in gedruckten und anderen Medien zugänglich ist, so ist sie mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zu bestrafen. (§ 283 Abs. 2).
· Einführung der Strafbarkeit für die Gründung von oder die Beteiligung an Vereinigungen, die darauf ausgerichtet sind, dass ihre Mitglieder “Verhetzungen” im Sinne des § 283 StGB ausführen.
· Wer durch eine Tat bewirkt, dass andere Personen gegen eine geschützte Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Gewalt ausüben, hat mit einer Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu rechnen.
· Gegen rassistische Drohungen und gegen Beschimpfungen, die in der Absicht getätigt werden, die Menschenwürde anderer in der Öffentlichkeit zu verletzen wird strafrechtlich vorgegangen (vormals § 283 Abs. 2 StGB, nun § 283 Abs. 1 Z 2). Die Kriminalisierung von rassistischen Drohungen wurde durch die Senkung der Schwelle für „öffentlich” auch in diesem Zusammenhang verbessert. In Anbetracht der Tatsache, dass der Staat die Verpflichtung hat, das richtige Gleichgewicht zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Kampf gegen Rassismus und rassistische Diskriminierung aufrecht zu erhalten, stellen nur Beschimpfungen und Verleumdungen, die gegen eine der unter § 283 Abs. 1 Z 1 angeführten Gruppen oder Personen gerichtet sind und darauf abzielen deren Menschenwürde zu verletzen, einen Straftatbestand dar. Hinsichtlich der Definition des Ausdrucks „Verletzung der Menschenwürde” gibt es klare Rechtsprechung seitens des Obersten Gerichtshofs, der von den österreichischen Gerichtshöfen zu folgen ist. Die vom Gesetzgeber bewusst definierte Einschränkung unter § 283 Abs. 1 Z 2, stellt jedoch keinen Hinderungsgrund für die Sanktionierung von rassistischen und diskriminierenden Drohungen und Beschimpfungen außerhalb des Strafrechts, also z.B. unter dem zivilen Gleichbehandlungsgesetz oder dem Verwaltungsstrafrecht, dar. Darüber hinaus ist auch der Tatbestand der allgemeinen „Beleidigung” oder „Verunglimpfung”, die von diskriminierenden Äußerungen ausgehen können, unter § 115 StGB strafbar.
· Durch die Aufnahme einer neuen Bestimmung unter § 283 Abs. 3 StGB, stellen öffentliche Leugnung, gröbliche Verharmlosung, Rechtfertigung oder Billigung, mit einem rassistischen Ziel, von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen nun einen Tatbestand dar, der mit Freiheitsentzug von bis zu zwei Jahren bestraft werden kann.
· Im Einklang mit anderen internationalen Empfehlungen seitens VN-CERD und mit dem EU-Rahmenbeschluss, wurde ein neuer Art. 283 Abs. 4 StGB aufgenommen, der die öffentliche Verbreitung oder den Vertrieb von Material, das rassistische Ausdrücke und Darstellungen enthält, auch unter Strafandrohung stellt. Das explizite Streben nach Aufstachelung zu Hass ist in diesem Fall keine notwendige Voraussetzung für Strafbarkeit.
· Hinsichtlich der Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Organisation (§ 278 StGB), wird die entsprechende ECRI Empfehlung bereits im Rahmen des neuen Strafrechts umgesetzt, da unter § 278 StGB auf § 283 StGB Bezug genommen wird, wodurch auch die Gründung von bzw. die Beteiligung an Organisationen oder Gruppen, die zu Rassismus, Rassenhass oder rassistischer Diskriminierung aufstacheln ein strafrechtlich zu ahndendes Verbrechen darstellt.
· Die Erschwerungsgründe der Tatbegehung aus besonders verwerflichen Beweggründen unter § 33 Abs. 1 Z 5 StGB. wurden erweitert und umfassen nun auch Taten gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft, oder eine andere nach den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung nach definierten Gruppe von Personen oder gegen eine Mitglied einer solchen Gruppe richten.
Neben dem österreichischen Strafgesetzbuch enthalten auch andere Gesetze Diskriminierungsverbote, so zum Beispiel das Gleichbehandlungsgesetz im zivilrechtlichen Bereich oder das Verwaltungsstrafrecht. So enthält z.B. Art. III, Abs. 1, Z 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG) in seinem ersten Teil ein allgemeines Verbot von Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, nationaler oder ethnischer Herkunft, des religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung. Der zweite Teil dieser Bestimmung stellt die Verwehrung des Zugangs zu öffentlichen Orten oder Dienstleistungen aus solchen Gründen unter Strafe.
In Österreich werden arbeitsrechtliche Belange vor allem zivilrechtlich geregelt. Falls notwendig, werden diese durch verwaltungsstrafrechtliche Bestimmungen ergänzt. Daher sind Klagen nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) vor allem zivilrechtlicher Natur. Ausnahmen bilden hier die Bestimmungen zur Verpflichtung zu anti-diskriminierenden Stellenausschreibungen und Wohnungsanzeigen. Verstöße gegen diese Bestimmungen werden durch Verwaltungsstrafen geahndet.
Das Gleichbehandlungsgesetz sieht für Verstöße gegen das Gleichbehandlungsprinzip folgende Sanktionen vor:
- Ersatz des Vermögensschadens, d.h. positiver Schaden und entgangener Gewinn oder
- die Herstellung des diskriminierungsfreien Zustandes und – in beiden Fällen – zusätzlich
- den Ersatz des immateriellen Schadens für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Im GlBG ist explizit angeführt, dass die Höhe der Entschädigung für erlittene persönliche Beeinträchtigung so zu bemessen ist, dass dadurch die Beeinträchtigung tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird und die Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigung angemessen ist sowie künftige Diskriminierung verhindert wird. Dieses letztgenannte Kriterium spiegelt ganz deutlich die wichtige Rolle der Prävention wider, die ein integraler Faktor der Schadensersatzbestimmungen im österreichischen Recht ist.
In diesem Zusammenhang misst Österreich auch dem Aspekt der Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung große Bedeutung zu. Diskriminierende Stellenausschreibungen und Wohnungsinserate werden nicht immer mit dem Ziel der Diskriminierung verfasst, sondern sind oftmals auf mangelndes Wissen um die rechtliche Situation zurückzuführen. In diesen Fällen kann beim ersten Verstoß gegen das diskriminierungsfreie Inserieren von Wohnraum eine Verwarnung ausgesprochen werden. Bei weiteren Verstößen kommt jedoch das gesamte Ausmaß der Verwaltungsstrafe zur Anwendung.
Zusammenfassend möchte Österreich erneut bekräftigen, dass im österreichischen Rechtssystem „bloße” Diskriminierung, die sich nicht mit der Aufforderung zu Gewalt und Hass iSd § 283 StGB einhergeht bzw. nicht eine Beschimpfung oder Verunglimpfung iSd § 115 StGB darstellt, nicht im gerichtlichen Strafrecht sondern im Zivil- und Verwaltungsstrafrecht geregelt ist, d.h. im Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG) und im Gleichbehandlungsgesetz. In Anbetracht des zugrundeliegenden „ultima ratio”-Prinzips des gerichtlichen Strafrechts hält es Österreich daher nicht für angebracht, von diesem im österreichischen Recht allgemein angewandten Prinzip abzugehen.
Zivil- und Verwaltungsrecht
Im Hinblick auf die Zusammenlegung und Vereinfachung der verschiedenen Rechtsakte zum Kampf gegen Diskriminierung sowie die entsprechenden Einrichtungen, möchte Österreich darauf hinweisen, dass diese Fragmentierung einerseits das Resultat der Art. 10 ff des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes ist, welches die Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern regelt, und andererseits des Bundesministeriengesetzes, das die Kompetenzen des Bundes den jeweiligen Ministerien zuweist.
Gleichbehandlung ist ein interdisziplinäres Thema und betrifft mehrere Bereiche. Aufgrund der Aufteilung der Kompetenzen in diesen Bereichen, war die Schaffung eines einheitlichen Gesetzes jedoch nicht möglich.
Die Bundesregierung ist sich der Schwierigkeiten bewusst, die potentielle Opfer angesichts der Fülle von rechtlichen Bestimmungen und Anti-Diskriminierungseinrichtungen bei der Ermittlung der für ihren speziellen Fall zuständigen Institution haben. Aus diesem Grunde ist die österreichische Regierung auch bestrebt, so viel Unterstützung und Orientierungshilfe wie möglich anzubieten. So gibt das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zum Beispiel regelmäßig eine aktualisierte Broschüre zum Thema Gleichbehandlung heraus. Diese Broschüre enthält eine Beschreibung des entsprechenden Rechtsrahmens zum Thema Gleichbehandlung sowie eine Liste der Antidiskriminierungsstellen auf Bundes- und Länderebene, um Betroffene bei der Ermittlung der für sie zuständigen Institution zu unterstützen. Darüber hinaus ist die Gleichbehandlungsanwaltschaft als Clearingstelle tätig. Bei Fällen, die außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs liegen, ist sie bestrebt, Betroffene an die entsprechenden Einrichtungen zu verweisen.
Im Rahmen des derzeit laufenden Prozesses zur Erstellung eines Nationalen Aktionsplans Menschenrechte, ist schließlich die Erstellung eines Leifadens geplant, der einen besseren Überblick über die im jeweiligen Einzelfall zuständigen Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungsstellen liefern und somit auch den Zugang zu diesen Einrichtungen erleichtern soll. Dieser Leitfaden wird in Form eines Fragebogens aufgebaut sein, mit dessen Hilfe die Betroffenen die für ihr Anliegen zuständige Stelle identifizieren können. Im Leitfaden sollen auch die Aufgaben und Leistungen der verschiedenen Gleichbehandlungs- bzw. Antidiskriminierungsstellen zusammenfassend dargestellt werden, um Betroffenen den Zugang zu Rechtsmitteln zu erleichtern und auch den Wissensstand zum Thema Diskriminierung an sich zu verbessern.
Hinsichtlich der Empfehlung, den Ausdruck „Staatsangehörigkeit” in das GlBG aufzunehmen, muss hervorgehoben werden, dass das Vergehen der Diskriminierung aufgrund von Staatsangehörigkeit bereits im Gesetz geregelt ist. Die einzige Möglichkeit einer anderen Behandlung aufgrund von Staatsangehörigkeit bezieht sich auf Fälle, in denen die Einreise nach oder der Aufenthalt von BürgerInnen aus Drittstaaten oder von Staatenlosen in Österreich geregelt wird sowie deren Behandlung eben aufgrund ihres rechtlichen Status. Wenn das diskriminierende Verhalten jedoch tatsächlich auf der Ethnie beruht und das Attribut der „Staatsangehörigkeit” nur als Vorwand vorgeschoben wird, fällt diese Art der Diskriminierung unter die Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes.
Wie oben bereits ausgeführt, sind die rechtlichen Konsequenzen für im Gleichbehandlungsgesetz geregelte Verstöße gegen das Verbot der Diskriminierung zivilrechtlicher Natur. Dementsprechend hat jede Person, die sich diskriminiert fühlt, das Recht, den Rechtsweg über Gericht zu beschreiten. Darüber hinaus steht es der betroffenen Person auch frei, sich unentgeltlich an die Gleichbehandlungskommission zu wenden, deren Aufgabenbereich das Verfassen von Gutachten sowie die Entscheidung über Beschwerden umfasst – sie kann jedoch keinen Schadensersatz zusprechen, da dies im ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Gerichte liegt. Die informellen Verfahren der Gleichbehandlungskommission ermöglichen jedoch einen leichteren Zugang zum Einbringen von Beschwerden. Hinsichtlich der von ECRI vorgebrachten Zweifel bezüglich des Mehrwerts des Prozesses im Rahmen der Gleichbehandlungskommission ist anzuführen, dass sowohl diese Kommission als auch ihre Prozesse mit dem Ziel eingerichtet wurden, einen parallelen – niederschwelligen und kostenlosen – Prozess ins Leben zu rufen, der es den Menschen erlaubt, potentielle Fälle von Diskriminierung risikofreier vorzubringen, da viele davor zurückschrecken, rechtliche Schritte einzuleiten. Darüber hinaus spielt die Möglichkeit einer Einigung über Vermittlung der Gleichbehandlungskommission eine wichtige Rolle und spricht für diesen Prozess.
In den letzten Jahren wurden die Verfahren ständig verbessert, effizienter und für die Betroffenen so einfach wie möglich gestaltet. Darüber hinaus darf der präventive Aspekt der von den außergerichtlichen Entscheidungen, dem schiedsrichterlichen Eingreifen sowie den Gutachten und Stellungnahmen der Kommission ausgeht, nicht außer Acht gelassen werden. Die hohe Anzahl von Fällen, mit denen die Gleichbehandlungskommission betraut wird, ist als Hinweis auf die positive Akzeptanz seitens der Bevölkerung zu deuten, die in der Kommission einen geeigneten Streitbeilegungsmechanismus im Diskriminierungsfall sieht.
Im Hinblick auf den Rechtsschutz gibt die Europäische Union vor, dass die Mitgliedstaaten in Umsetzung des Unionsrechts sicherzustellen haben, dass sich Verbände, Organisationen oder andere juristische Personen, die gemäß den in ihrem nationalen Recht festgelegten Kriterien ein rechtmäßiges Interesse an der Einhaltung der Bestimmungen der Antidiskriminierungsrichtlinien haben, entweder im Namen der beschwerten Person oder zu deren Unterstützung und mit deren Einwilligung an zur Durchsetzung der Ansprüche vorgesehenen Gerichts- und/oder Verwaltungsverfahren beteiligen können.
Gemäß GBK/GAW-Gesetz steht einer Person, die sich diskriminiert fühlt, die Möglichkeit offen, sich von einer Nichtregierungsorganisation (NRO) vor der GBK vertreten zu lassen. Desgleichen kann sie sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) wenden. Die GAW ist eine beratende Einrichtung, die potentielle Opfer über ihre Rechte berät und Orientierungshilfe im Hinblick auf die zu treffenden Maßnahmen gibt. Zusätzlich sieht das GlBG für Gerichtsverfahren die Möglichkeit einer Nebenintervention (Drittintervention zur Unterstützung des Klägers oder Beklagten) vor. Im Sinne der Bestimmungen der österreichischen Zivilprozessordnung ist ein Nebenintervenient eine Person, die ein rechtliches Interesse an einem anhängigen Rechtsstreit hat und – ohne eine Partei zu sein – diesem Rechtsstreit zwischen anderen Personen beitritt, da sie ein Interesse daran hat, dass die eine Person obsiege.
Diese Art der Intervention steht prinzipiell jedem offen. Sie wurde im Hinblick auf den Verein „Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern“ dahingehend geändert, dass dieser sein rechtliches Interesse nicht begründen muss, sondern dass dieses als gegeben angesehen wird. Der Klagsverband kann zur Unterstützung eines Klägers (= diskriminierte Person) auf dessen Verlangen an Verfahren teilnehmen. Der Klagsverband ist eine Organisation von spezialisierten Institutionen, die im Kampf gegen verschiedene Formen der Diskriminierung tätig sind. Die Mitgliedschaft im Klagsverband steht insbesondere rechtlichen Organisationen, die im Bereich Antidiskriminierung und Gleichheit tätig sind, offen.
Die Möglichkeit als Drittintervenient einem Verfahren beizutreten, ist jedoch nicht allein auf den Klagsverband beschränkt. Jede andere NRO hat das Recht, einem Opfer rechtlich beizustehen. In diesem Zusammenhang ist § 26 der Zivilprozessordnung hervorzuheben, demzufolge Parteien sich auch durch Bevollmächtige in Prozesshandlungen vertreten lassen können. Sofern nicht gesetzlich bestimmt ist, dass eine Partei im Verfahren von einem Anwalt zu vertreten ist, gilt dies auch für VertreterInnen oder MitarbeiterInnen von NROs. Was arbeitsrechtliche Verfahren betrifft, so haben Parteien gemäß § 40 Abs. 2 Z 4 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (ASGG) die Möglichkeit, sich durch eine „geeignete Person“ in Verfahren vor Gerichten erster Instanz vertreten zu lassen. VertreterInnen oder MitarbeiterInnen von NROs können somit als VertreterInnen einer Partei fungieren. Schließlich können auch die Österreichische Arbeiterkammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund ihre MitgliederInnen in Verfahren vor Arbeits- und Sozialgerichten vertreten.
Die unter dem GlBG vorgesehenen rechtlichen Konsequenzen stellen primär auf Maßnahmen zur Entschädigung ab. Generell hat die betroffene Person Anrecht auf Beseitigung der Diskriminierung, Schadenersatz und Entschädigung für die erlittene persönliche Kränkung. Im Fall von sexueller Belästigung und Belästigung aus Grund eines anderen im GlBG genannten Merkmals beträgt der Schadenersatz mindestens € 1,000,-, eine rechtliche Obergrenze für Schadensersatz gibt es nicht. Im Hinblick auf die Ausweitung der Gewährung von Schadensersatz als abschreckende Maßnahme gibt es jedoch Einschränkungen im Rahmen der österreichischen Verfassung, da die Prinzipien der Bestrafung (Strafrecht) und Entschädigung (Zivilrecht) nicht verknüpft werden dürfen, und somit kann die Entschädigung im Antidiskriminierungsgesetz keinen strafrechtlichen Charakter annehmen. In Anbetracht der im Wandel befindlichen sozialen Realitäten und kulturellen Praktiken, wurden in den letzten Jahren allerdings insbesondere Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Tatbestand der Belästigung durch die Gewährung von höheren Entschädigungen entsprechend verstärkt. In der Gesellschaft trug dies zu einer höheren Sensibilisierung betreffend die Verpflichtung zur Gleichbehandlung in allen Bereichen des täglichen Lebens bei. Dies gilt nicht nur für RichterInnen und StaatsanwältInnen, sondern für die gesamte österreichische Öffentlichkeit. Das wird in der Folge auch zu einem einheitlicheren Präzedenzrecht bei der Anwendung der Antidiskriminierungsgesetze führen.
Im Hinblick auf die Beweislastregel, möchte Österreich erneut bekräftigen, dass das GlBG grundsätzlich den Antidiskriminierungsrichtlinien der Europäischen Union folgt, die den Rahmen für die gesamte Antidiskriminierungsgesetzgebung in den Mitgliedstaaten der EU bilden. Die entsprechenden EU Richtlinien (RL 2004/113/EG sowie RL 2000/78/EG und RL 2000/43/EG) sprechen ganz eindeutig von einer Beweislastverlagerung und nicht von einer Beweislastumkehr. Genau dieses Prinzip findet sich auch GlBG: sobald das Opfer eine potentielle Diskriminierung glaubhaft gemacht hat („Glaubhaftmachung”) verlagert sich die Beweislast auf die/den Beschuldigte/n, die/der den Nachweis der Nichtdiskriminierung anhand der ihr/ihm zur Verfügung stehenden Beweise erbringen muss, d.h. die/der Beschuldigte (die potentiell diskriminierende Person) hat den Entlastungsbeweis zu erbringen. Diese Bestimmung im GlBG ist auch im Kontext der beiden im österreichischen Zivilprozessrecht verankerten Prinzipien zu sehen: dem Anscheinsbeweis, der eine geringe Wahrscheinlichkeit erfordert und dem direkten Beweis (d.h. die in einem Zivilprozess prozessführende Partei muss ihre Forderung mit hoher Wahrscheinlichkeit beweisen können).
Schließlich möchte Österreich noch darüber informieren, dass eine umfassende Evaluierung der Antidiskriminierungsgesetzgebung und ihrer Instrumente im aktuellen Regierungsprogramm vorgesehen ist. Dieser Evaluierungsprozess wurde unter der Federführung des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und des Bundesministeriums für Bildung und Frauen Ende 2014 begonnen. In diesen Prozess sind alle Stakeholder aus dem Bereich der Gleichbehandlungsgesetzgebung (Bundesministerien, Gleichbehandlungs-kommission, Gleichbehandlungsanwaltschaft, Sozialpartner, NROs) aktiv eingebunden und analysieren die Wirksamkeit des bestehenden Rechtsrahmens. Verbesserungsmöglichkeiten werden auch dahingehend geprüft, dass die Verantwortung für den Schutz vor Diskriminierung derzeit bei einer Reihe von Institutionen liegt. Vor diesem Hintergrund wurden Arbeitsgruppen eingesetzt, in denen die verschiedenen Themenblöcke behandelt werden.
Die Arbeitsgruppen befassen sich mit folgenden Inhalten:
– Durchsetzung der Gleichbehandlung (insbesondere in Gerichtsverfahren, Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission und der Gleichbehandlungsanwaltschaft)
– Genaue Untersuchung der rechtlichen Folgen
– Zugang zu Recht, Sensibilisierung, Bewusstseinsbildung
– Evaluierung der bestehenden Diskriminierungstatbestände
Nationale Sonderorgane
Im Rahmen der Reform des GBK/GAW-Gesetzes im Jahr 2011 wurde die Gleichbehandlungsanwaltschaft als eigene Dienststelle im Bundeskanzleramt eingerichtet. Die AnwältInnen für die Gleichbehandlung wurden weisungsfrei gestellt. Da heißt, obwohl die GAW organisatorisch zum Bundeskanzleramt gehört, ist sie inhaltlich unabhängig. Durch die organisatorische Eingliederung in das Bundeskanzleramt können va. personelle und verwaltungstechnische Synergien in der Administration genutzt werden, sodass mehr Mittel für die inhaltliche Arbeit der GAW zur Verfügung stehen.
Was die rechtliche Vertretung der Opfer betrifft, so wurden die verschiedenen Möglichkeiten der Vertretung vor Gericht bereits im vorangegangenen Kapitel beschrieben.
Die vorgeschlagene Abschaffung der Einschränkung, dass Opfer von Diskriminierung nur vor der Gleichbehandlungsanwaltschaft Beschwerde einbringen können, wenn kein anderes Rechtmittel vorhanden ist, würde eine Verfassungsänderung erfordern. Davon abgesehen, ist Österreich der Ansicht, dass das Problem nicht ein Mangel an kompetenten Institutionen ist, an die sich hilfesuchende Opfer wenden können – da es (neben den Gerichten) bereits eine Vielzahl an zuständigen Stellen gibt, die potentielle Diskriminierung untersuchen können. Vonnöten wären eher eine bessere Orientierungshilfe und ein klarer Überblick über all die bestehenden Stellen und Einrichtungen damit Betroffenen der Zugang erleichtert wird bzw. sie sich einfacher zurechtfinden. Wie oben ausgeführt, ist dieses Problem bereits Thema des laufenden Evaluierungsprozess des GlBG.
2. Hassreden
Bezüglich der Empfehlung zur Ratifikation des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über Computerkriminalität möchte Österreich darauf hinweisen, dass mit dem Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes am 1. Jänner 2016 umfassende Änderungen unter § 283 Strafgesetzbuch (der das Verbot von Aufhetzung zu rassistischem Hass und Gewalt regelt) in Kraft treten werden. Weitere Einzelheiten dieser Reform wurden bereits oben im Kapitel „Strafrecht“ beschrieben. Durch diese Änderungen wurden wichtige Schritte in Richtung einer möglichen Ratifizierung des Zusatzprotokolls unternommen. Derzeit werden die internen Konsultationen zur vollkommenen Abklärung und Analyse aller weiteren Fragen im Hinblick auf eine Ratifizierung fortgeführt.
Mit dem Vereinsgesetz und durch verschiedene bereits oben beschriebene strafrechtliche und zivilrechtliche Bestimmungen hat Österreich eine Palette an wirksamen rechtlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassreden und der Anstiftung zu Rassismus durch Einzelpersonen, Gruppen oder Vereinigungen entwickelt. Das Vereinsgesetz verbietet die Gründung und Betreibung von Vereinen, die rassistische Diskriminierung fördern oder dazu aufrufen. Derartige Vereine werden per Bescheid des Innenministeriums, in dessen Zuständigkeitsbereich die Umsetzung des Vereinsgesetzes fällt, aufgelöst.
Zur Bekämpfung der Radikalisierung von extremistischen Gruppen intensiviert und fördert Österreich Kooperationen auf internationaler Ebene, innerhalb der Europäischen Union (z.B. Aufklärungsnetzwerk gegen Radikalisierung), mit Nachrichtendiensten und Sicherheitsbehörden sowie im Wissenschafts- und Forschungskontext (Universitäten). Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hat als Reaktion auf den zunehmenden islamischen Extremismus auch eine beträchtliche Anzahl von spezialisierten MitarbeiterInnen eingestellt.
Österreich hat umfassende Maßnahmen unternommen um politisch und ideologisch motivierter Radikalisierung, einschließlich des Rechtsextremismus, entgegenzutreten, dazu gehören:
· Workshops zur Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung: richtiges Erkennen und Interpretieren von Anzeichen der Radikalisierung in der Bevölkerung; die Schulungen werden vom BVT organisiert und richten sich an PolizeibeamtInnen;
· Eröffnung des „Beratungs-und Informationszentrums Extremismus” im Dezember 2014 als Anlauf-und Koordinationsstelle für Menschen, die bei Angehörigen oder Freunden Radikalisierungstendenzen oder eine mögliche Hinwendung zum Terrorismus beobachten. Das Zentrum wurde aufgrund einer Empfehlung des „Islam”-Dialogforums und der Schussfolgerungen des EU Rates über die „Entradikalisierung und Abkehr vom Terrorismus“ eingerichtet. Interventionen erfolgen durch eine Reihe von zivilgesellschaftlichen Akteuren, wobei das BVT die Rolle eines Netzwerkpartners einnimmt. Die Hauptziel des Beratungszentrums ist der Aufbau eines Infopools zum Thema Extremismus, zur Unterstützung beim Erkennen von Gefahren und zur Schaffung einer soliden Basis für einen umfassenden De-Radikaliserungsprozess;
· Sensibilisierungsworkshops für JustizwachebeamtInnen im Hinblick auf Radikalisierung und Rekrutierung durch Extremisten in Gefängnissen. Zur Unterstützung bei der Früherkennung, Vermeidung und Entwicklung entsprechender Maßnahmen, wurde das EU Projekt „Violent radicalisation – recognition of and responses to the phenomenon by professional groups concerned” ins Leben gerufen, das zur Bewusstseinsbildung von JustizwachebeamtInnen, die in ihrer täglichen Arbeit mit dem Phänomen der Radikalisierung konfrontiert sind, ins Leben gerufen wurde.
Die folgenden Projekte sind vom Standpunkt der Prävention von Radikalisierung von besonderer Bedeutung:
· im Bildungsbereich wurde in den vergangenen Jahren neben der Gewaltprävention die Arbeit zur Prävention gegen religiöse und politische Radikalisierung aufgenommen. Ganz allgemein ist hervorzuheben, dass Menschenrechtsbildung bereits ein integraler Bestandteil des Lehrplans „politische Bildung“ ist. Um sicherzustellen, dass „Menschenrechtskultur“ auf allen Ebenen verankert ist, wird dieser Lehrplan in weite Bereiche des Bildungssystems integriert. Darüber hinaus wurde eine Reihe von zielgerichteten Projekten gestartet:
˗ ein Projekt zur Vermeidung und Verringerung rassistischer Vorurteile und Verhaltensmuster, in dessen Rahmen Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, dem „Unbekannten” in einem positiven, spielerischen Umfeld zu begegnen, das interkulturelle Lernprozesse in einem angst- und vorurteilsfreien Umfeld zulässt.
˗ ein reichhaltiges Angebot für Schulen, mit speziell auf die jeweilige Situation anwendbaren Workshops zur Gewaltprävention und Prävention gegen Radikalisierung.
˗ Organisation von „Holocaust education” Programmen mit umfangreichem Material und Informationen.
˗ im Rahmen des kooperativ-kommunikativen Religionsunterrichts an Schulen haben Kirchen und Religionsgesellschaften ein Projekt initiiert, bei welchem Schüler einander ihre jeweiligen Religionen näher bringen;
˗ zur Vermeidung religiöser Konflikte betreiben die kirchliche pädagogische Hochschule Wien-Krems und die Ausbildungseinrichtung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IRPA) gemeinsam ein Kompetenzzentrum, das sich zunächst als Anlaufstelle für Lehrkräfte versteht.
· Im Rahmen der „Counter-narrative” (Gegenerzählungs-) Initiativen wurde auch eine Broschüre in Zusammenarbeit mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich erstellt, das Gegenerzählungen und Informationen über die Art und Weise in der Islam von Terroristen missbraucht wird, enthält und die barbarischen Akte des „IS“ klar verurteilt. Die Broschüre ist in vier Sprachen erhältlich und wurde in Moscheen und Gebetsräumen in ganz Österreich verteilt.
· Die Einrichtung einer Plattform zur Sensibilisierung von Müttern: Sensibilisierung von Müttern zur Erkennung der ersten Anzeichen von Radikalisierung und Bewusstmachung ihres eigenen Potentials zur Vermeidung dieses Phänomens. Diese Plattform dient auch als Diskussionsforum für Jugendliche.
§ 283 des Strafgesetzbuchs sieht die Verfolgung von Hassreden vor, unabhängig vom Medium über das sie kommuniziert werden. Dementsprechend ist rassistischer Inhalt im Internet auch von dieser Bestimmung erfasst, wenn eine gewisse Schwelle überschritten wird.
Der Verband der österreichischen Internetprovider hat eine virtuelle Meldestelle (http://www.stopline.at) für alle Internetnutzer eingerichtet, die im Netz zufällig auf, z.B. neonazistische oder rassistische Inhalte stoßen. Sofern der Inhalt nach eingehender Überprüfung als illegal eingestuft wird, werden unverzüglich der jeweilige Provider, die ausländischen Partner-Hotlines sowie die zuständigen Behörden informiert, die in der Folge die notwendigen Maßnahmen treffen. Stopline arbeitet in diesem Zusammenhang mit dem österreichischen Bundesministerium für Inneres sowie und mit den dort eingerichteten Meldestellen (u.a der Meldestelle für NS-Wiederbetätigung oder der Meldestelle für extremistische und radikale Videos) zusammen.
In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) des Innenministeriums spielt das Bundeskriminalamt (.BK) eine wichtige Rolle bei der genauen Überprüfung von Webseiten. Wenn rassistische, fremdenfeindliche oder antisemitische Kommentare gefunden werden, wird das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung unverzüglich über einen Gateway davon in Kenntnis gesetzt. Nachverfolgungsmaßnahmen (tracing operations), die keinen Aufschub dulden und dringende Ankündigungen werden vom .BK erledigt, danach übernehmen die zuständigen Büros.
Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass im Hinblick auf die Empfehlungen im Rahmen der letzten Universellen Staatenprüfung (UPR) Österreichs durch den VN Menschenrechtsrat in Genf eine Arbeitsgruppe eingerichtet wurde, die erörtert, welche Daten über rassistisch motivierte Straftaten bereits erfasst werden und inwieweit vorhandene Statistiken nutzbar gemacht werden können. Im Rahmen des neuen Projektes, das auch Teil des Nationalen Aktionsplans Menschenrechte ist, wird die Harmonisierung der Kriminalstatistik mit der Justizstatistik angestrebt.
Hinsichtlich der Rolle, Mitgliedschaft und Aufgaben des Österreichischen Presserats, möchte Österreich wiederholen, dass in Anbetracht der Tatsache, dass es sich hierbei um ein selbstregulierendes Gremium handelt, die Entscheidung über eine maßgebliche Erweiterung der Mitgliedschaft auf andere Medien vor allem bei den Medien selbst liegt. Es wäre mit der Sicherstellung der Unabhängigkeit der Medien nicht vereinbar, wenn staatliche Behörden Bedingungen für die Mitgliedschaft in selbstregulierenden Gremien vorgeben würden.
Zur Veröffentlichung der Entscheidungen des Presserates ist hervorzuheben, dass aufgrund der ausgezeichneten Pressearbeit desselben die Entscheidungen in allen anderen Medien umfassend wiedergegeben werden. Einige jüngste Bespiele zeigen, dass obwohl eine Boulevardzeitung kein Mitglied des Presserates ist, eine wirksame Veröffentlichung und Bekanntgabe einer dieses Medium betreffenden Entscheidung trotzdem möglich ist.
Gesetzliche Maßnahmen mit dem Ziel, private Medien dazu zu zwingen, Minderheiten mehr Raum zur Berichterstattung einzuräumen, wären mit der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Garantie der redaktionellen Unabhängigkeit nicht vereinbar. Aus diesem Grunde ist nur vom öffentlich-rechtlichen Sender, dem Österreichischen Rundfunk (ORF), im Rahmen seines öffentlichen Auftrags „umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen“ zu erwarten. Darüber hinaus hat er „das Verständnis aller Fragen des demokratischen Zusammenlebens zu fördern“ und „soziale und humanitärer Aktivitäten, einschließlich der Bewusstseinsbildung zur Integration angemessen zu berücksichtigen und zu fördern“ (siehe § 4 Abs. 1 ORF-Gesetz). Im Mandat des ORF ist auch gemäß § 4 Abs. 5a ORF-Gesetz vorgesehen, dass „im Rahmen der verbreiteten Programme angemessene Anteile in den Volksgruppensprachen jener nationalen (autochthonen) Minderheiten, für die ein Volksgruppenbeirat besteht, zu erstellen sind“.
Was die Bekanntgabe persönlicher Daten von Verdächtigen betrifft, ist hervorzuheben, dass die Empfehlung des ECRI – derartige Daten nur dann bekanntzugeben, wenn dies absolut notwendig ist und einem legitimen Zweck dient – bereits einer der wichtigsten Grundsätze des österreichischen Datenschutzrechts ist.
4. Integrationspolitik
Wie bereits im ersten an ECRI übermittelten Beitrag festgestellt, betrachtet Österreich den Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus als eine vorrangige Aufgabe und trifft auf unterschiedlichsten Ebenen laufend Maßnahmen zur Förderung von Gleichbehandlung, dem Abbau und der Beseitigung von Vorurteilen und der Förderung von Integration. Wie ECRI betonte, entwickelte Österreich im Jahre 2009 eine neue Integrationsstrategie und schuf die erforderlichen organisatorischen Strukturen für deren Umsetzung auf nationaler Ebene, unter Einbindung zahlreicher Stakeholder. Seit damals wurden eine Reihe von neuen Maßnahmen umgesetzt, zahlreiche Projekte und Initiativen gestartet und neue Gremien und Strukturen eingerichtet. Das Thema Integration gehört nun zu den Agenden des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres und wurde somit von der Ebene des Staatsekretariats auf die eines Ministeriums gehoben – wodurch die Regierung erneut unter Beweis gestellt hat, welche Bedeutung sie diesem Bereich beimisst. Es versteht sich von selbst, dass die Behörden ihre Anstrengungen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts in der öffentlichen Debatte zum Thema Migration fortsetzen, indem sie den Fokus auf die Förderung eines positiven Integrations- und Migrationsbildes und dessen Mehrwert für MigrantInnen sowie die aufnehmende Gesellschaft legen.
Die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Integration ist ein fortlaufender Prozess. Sowohl die getroffenen Maßnahmen als auch der Status der Umsetzung werden in den jährlichen Integrationsberichten, die alle öffentlich verfügbar sind, im Detail beschrieben. Um die gleichberechtigte Teilhabe der MigrantInnen am wirtschaftlichen und sozialen Leben sicherzustellen, sind noch weitere Maßnahmen im Bereich Sprachassistenz, Integration in den Arbeitsmarkt und Anerkennung der beruflichen Qualifikationen anzunehmen. Konkrete Schritte zur Ausweitung der Sprachklassen für Kinder auf Ebene der institutionalisierten Kinderbetreuungseinrichtungen befinden sich bereits in der Ausarbeitung. Darüber hinaus wurden zusätzliche Erstkontaktstellen, sogenannte “Welcome Desks” im ganzen Land eingerichtet, um ZuwanderInnen die Informationen, die sie für einen erfolgreichen Start in Österreich benötigen, zur Verfügung zu stellen. Eine Website, die Unterstützung und Informationen zur Anerkennung ausländischer Schul- und Universitätsabschlüsse bereitstellt, wurde eingerichtet, Verhandlungen betreff eines Anerkennungsgesetzes für im Ausland erworbene berufliche Qualifikationen laufen derzeit. Über den Integrationsbeirat wird der NAP auch mit den neun Bundeländern koordiniert. In diesem Beirat sind alle Bundesministerien, die Bundesländer, Gewerkschaften und andere Interessengruppen sowie zivilgesellschaftliche Organisationen vertreten, tauschen sich über die Umsetzung von Integrationsmaßahmen aus und richten regelmäßig Empfehlungen an die Regierung. All diese Integrationsmaßnahmen richten sich an MigrantInnen und anerkannte Flüchtlinge, d.h. AsylwerberInnen deren Asylantrag genehmigt wurde oder die Anrecht auf subsidiären Schutz haben und sich somit rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Um die Planung und Vorbereitung einer rechtmäßigen Zuwanderung nach Österreich zu erleichtern, wurde das Konzept der “Integration von Anfang an” als ein zusätzliches Instrument entwickelt um die notwendigen Informationen bereits einen Schritt davor bereitzustellen, nämlich bei den österreichischen Botschaften an denen Arbeitsgenehmigungen bzw. Visa beantragt werden.
Aufgrund der Flüchtlingskrise im Nahen Osten kommen derzeit viele Menschen aus Kriegsgebieten, insbesondere aus Syrien, nach Österreich. Die Nachfrage nach Integrationsmaßnahmen ist daher in den letzten Monaten massiv gestiegen. Um die Flüchtlinge, denen Asyl in Österreich gewährt wurde, während der ersten Monate in Österreich so gut wie möglich zu unterstützen, wurde ein Sonderkontingent an zusätzlichen Sprachschulungen bereitgestellt, die über den Österreichischen Integrationsfonds abgewickelt werden.
Im Hinblick auf Integrationsmaßnahmen und Arbeitsmarktzugang für AsylwerberInnen möchte Österreich erneut unterstreichen, dass die Saisontätigkeiten, die AsylwerberInnen ausüben können, eine breite Palette von Beschäftigungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft und im Fremdenverkehr auf allen Ebenen der beruflichen Qualifikation umfassen. Junge AsylwerberInnen (bis 25 Jahre) werden zur Berufsausbildung und Beschäftigung in Branchen, in denen zusätzliche Lehrlinge gesucht werden, zugelassen.
Ein neues Islamgesetz wurde notwendig, da sich die sozialen Realitäten in Österreich in den letzten hundert Jahren vollkommen geändert haben. Bei Erlassung des ursprünglichen Gesetzes im Jahre 1912, war Österreich das erste europäische Land, das den Islam offiziell als Religion anerkannte. Heute leben rund 570.000 Muslime in Österreich, die rund 7% der Gesamtbevölkerung ausmachen. Nach den Christen sind Muslime somit die zweitgrößte Religionsgruppe in Österreich. Das ursprüngliche Islamgesetz entsprach nicht mehr den modernen rechtlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten. Die Schaffung einer neuen rechtlichen Grundlage war der explizite Wunsch der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Die IGGiÖ war auch umfassend in alle Phasen des Entwicklungsprozesses eingebunden, der rund drei Jahre in Anspruch nahm (2012 – 2015). Die Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft unterstützte den Gesetzesentwurf und dessen gesamten Inhalt von Anfang an; die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) stimmte nach zahlreichen Verhandlungen ebenfalls zu. Das neue Islamgesetz wurde daher vom Nationalrat am 25.Februar 2015 angenommen und trat am 31.März 2015 in Kraft.
Die Reform folgte dem Modell der für andere Religionsgesellschaften in Österreich geltenden Gesetze. Im Islamgesetz ist explizit angeführt, dass die islamischen Religionsgesellschaften in Bekenntnis und Lehre frei sind und das Recht auf öffentliche Religionsausübung haben (siehe § 2 Abs. 1). Das Gesetz definiert ihre Rechte und Pflichten – in der gleichen Weise, wie für alle anderen 14 Religionsgesellschaften in Österreich. Es war der Wunsch der IGGiÖ, ihre eigene Organisationsstruktur zu ändern und in der Lage zu sein, Vereine, die vorgeben im Namen des Islam zu sprechen, aber dem offiziellen Glauben, so wie von der IGGiÖ vertreten, nicht entsprechen, aufzulösen. So wie kein Verein außerhalb der Katholischen Kirche für sich beanspruchen kann, im Namen des Katholizismus zu sprechen [wie vom Österreichischen Verfassungsgerichtshof bestätigt], kann kein Verein außerhalb des IGGiÖ für sich beanspruchen, im Namen der IGGiÖ zu sprechen. Diese Regel schiebt der Vielfalt innerhalb der islamischen Gemeinschaften jedoch keinen Riegel vor. Wenn die Statuten einer islamischen Vereinigung eine glaubensbasierte Konfession beinhalten, die nicht bereits durch die IGGiÖ abgedeckt ist, darf diese Vereinigung weiter bestehen. Alle neuen Religionsgemeinschaften, die sich als neue Religionsgesellschaften eintragen lassen wollen, müssen sich also in ihrer Lehre von bereits bestehenden unterscheiden. Damit die Einhaltung dieser Bestimmung überprüft werden kann, müssen die Lehren aller Gemeinschaften verfügbar sein und erklärt werden. Um als staatlich anerkannte Religionsgesellschaft oder religiöse Bekenntnisgemeinschaft eingetragen zu werden, müssen die Religionsgemeinschaften einen Überblick über ihre Lehren und wichtigsten Glaubensquellen in deutscher Sprache bereitstellen.
Im Hinblick auf das Thema der Zuwendung finanzieller Mittel aus dem Ausland unterstreicht das Gesetz, dass einmalige Spenden aus dem Ausland immer noch erlaubt sind. Allein die Mittel für die laufende „gewöhnliche Tätigkeit“ einer Religionsgesellschaft müssen im Inland aufgebracht werden. Dies basiert auf dem Prinzip der Fähigkeit zur finanziellen Eigenständigkeit, an das sich jede Religionsgesellschaft zu halten hat.
Entsprechend den rechtlichen Analysen der österreichischen Behörden stehen alle diese Maßnahmen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, da gemäß Art. 9 Abs. 2 EMRK Einschränkungen der Religions- und Glaubensfreiheit erlaubt sind, wenn diese rechtlich vorgeschrieben und ausreichend klar formuliert sind, ein legitimes Ziel verfolgen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind, d.h. nicht diskriminieren und verhältnismäßig sind.
Roma
Österreich hat im Jahr 2012 im Rahmen seiner Politik zur sozialen Inklusion ein an Roma gerichtetes ganzheitliches Paket von politischen Maßnahmen eingeführt. Das Paket zielt auf die schrittweise Beseitigung der Marginalisierung von sozial benachteiligten Gruppen (einschließlich einiger Roma-Gemeinden) in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Wohnen und Gesundheit ab und stellt eine Mischung aus allgemeinen und speziell auf Roma ausgerichteten Integrationsmaßnahmen dar. Diese Integrationsmaßnahmen werden seitdem laufend umgesetzt. Die Website der Nationalen Roma Kontaktstelle (National Roma Contact Point) liefert einen Überblick über diese Maßnahmen.
Diese Nationale Roma Kontaktstelle wurde im Bundeskanzleramt eingerichtet. Im Rahmen dieses Konzepts wurde eine Dialogplattform unter Einbindung der VertreterInnen der Roma, Verwaltungsbehörden auf Bundesebene, regionaler und lokaler Ebene sowie der Wissenschaft ins Leben gerufen, um die Umsetzung der umfassenden Palette von politischen Maßnahmen zur Förderung der Integration der Roma in Österreich in regelmäßigen Abständen zu diskutieren und zu überwachen. Dieser Dialog spielt eine Schlüsselrolle in der Umsetzung der EU Rahmenbestimmungen. Er erleichtert den Meinungsaustausch über inklusionspolitische Entwicklungen in den Bereichen Bildung, Zugang zu Gesundheit, Beschäftigung, Wohnen sowie Antidiskriminierung mit der Roma-Zivilgesellschaft. Als institutionalisierte Treffen leisten sie auch einen ausgesprochen wichtigen Beitrag zur durchgängigen Berücksichtigung der Roma-Integrationspolitiken im Rahmen der umfassenderen politischen Maßnahmen, die Österreich zur Förderung der sozialen Inklusion in diesen Bereichen setzt.
Im Hinblick auf eine geeignete Überwachung und Evaluierung der Wirksamkeit der von den Mitgliedstaaten gesetzten Anstrengungen, werden die Mitgliedsstaaten in den „Empfehlungen des Rates für wirksame Maßnahmen zur Integration der Roma in den Mitgliedsstaaten“ dazu aufgerufen, relevante qualitative oder quantitative Daten über die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen derartiger Maßnahmen zu sammeln. Vor diesem Hintergrund hat die Nationale Roma Kontaktstelle – in Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Ministerien – zur Überwachung und Evaluierung der Wirksamkeit der im Rahmen der österreichischen Anstrengungen zur Integration der Roma getroffenen Maßnahmen drei qualitative Studien in Auftrag gegeben.
Im Zusammenhang mit diesen Anstrengungen stellt Österreich auch jährlich 1 Million Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Förderung von speziell an Roma gerichteten Arbeitsmarktmaßnahmen zur Verfügung: Die erste Ausschreibung wurde im April 2015 auf www.esf.at veröffentlicht, die Frist für die Vorlage von Projekten endete am 30. Juni 2015. Ausschreibungsgegenstand sind Instrumente zur Entwicklung und Umsetzung von Arbeitsmarktmaßnahmen (insbesondere von Beratungs- und Qualifizierungsmaßnahmen) sowie die Erstellung eines Ein-Jahresplans für Schlüsselakteure im Bereich Ermächtigung (Empowerment) der Roma. Was die Auswahl der Projekte betrifft, so werden Bewerbungen von Roma bevorzugt gereiht. Die Auswahl wird mit 30. September 2015 abgeschlossen, die Projekte können daher frühestens per 1 November 2015 beginnen.
II. Österreichspezifische Themen
1. Empfehlungen zur zwischenzeitlichen Nachbereitung aus dem vierten Zyklus
Die Polizei ist gesetzlich verpflichtet, bei Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, was geeignet ist, auch nur den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken. Im Rahmen der Bemühungen, jeglichen Ansatz von Rassismus und Diskriminierung, wie etwa racial profiling, bei der Polizei zu unterbinden, wurde die Aus- und Weiterbildung zum Thema Menschenrechte erweitert: die Teilnahme an einem siebentägigen Modul zum Thema „Grundfreiheiten“ ist während der Grundausbildung für PolizeibeamtInnen verpflichtend. PolizistInnen werden durch diese Schulungen nicht nur in Bezug auf das eigene Verhalten sensibilisiert, sondern können durch die Ausbildung auch rassistisch motivierte Straftaten besser erkennen, aufarbeiten und bearbeiten.
Die Menschenrechtsaus- und -fortbildung erfolgt unter anderem anhand eines von der Europäischen Grundrechteagentur für eine effektivere Polizeiarbeit entwickelten Handbuchs. Im Jahr 2012 wurde der Themenbereich „Ethnic profiling“ in die Seminarreihe „A World Of Difference“ integriert, die von der US-amerikanischen Bürgerrechtsorganisation Anti Defamation League für die Ausbildung der österreichischen Polizei entwickelt wurde.
Mit Erlass des Bundesministers für Inneres vom 1. August 2014 wurde das interne Verfahren zur Behandlung einer Beschwerde gegen polizeiliches Vorgehen, das keinen Straftatbestand erfüllt, neu geregelt. Im Bundesministerium wurde eigens ein Referat für Beschwerdemanagement eingerichtet.
Die Staatsanwaltschaften wurden im Jahr 2008 im Bereich der Rechtsprechung zu Organen der Gerichtsbarkeit aufgewertet (Art. 90a B‑VG), weshalb eine in diesem Umfang unabhängige und unvoreingenommene Untersuchung gewährleistet ist; Opfer haben darüber hinaus das Recht, eine gerichtliche Prüfung einer staatsanwaltschaftlichen Einstellung erwirken zu können.
Darüber hinaus sind Anschuldigungen betreffend Fehlverhalten von Exekutivbeamten von der Österreichischen Volksanwaltschaft im Rahmen ihres allgemeinen Mandats betreffend Fehlverhalten in der öffentlichen Verwaltung zu untersuchen. Im Gegensatz zu kontradiktorischen Verfahren, kann die Volksanwaltschaft jedoch im Rahmen derartiger Untersuchungen weder Verdächtige oder Zeugen vorladen, noch Befragungen unter Eid durchführen oder selbst Beweise aufnehmen. Sie kann allerdings die Vorlage von Aussagen seitens der überprüften Behörde sowie Zugang zu den Akten verlangen.
Seit der Übernahme des OPCAT Mandats im Jahr 2012, können Berichte über Probleme in Polizeistationen, Polizeianhaltezentren/-gefängnissen oder die Erteilung von direkten Befehlen und Zwangsmaßnahmen den Besuch einer der sechs unabhängigen Kommissionen in bestimmten Einrichtungen oder das Ersuchen um Stellungnahme des Innenministeriums nach sich ziehen. Präventive Kontrolle zielt unter anderem darauf ab, das Augenmerk auf mögliche strukturelle Mängel sowie die Hintergründe für Fehlverhalten und den Einsatz übermäßiger Gewalt durch Exekutivbeamte in Haftbereichen zu lenken und Maßnahmen zur weitestgehenden Vermeidung von Missbrauch polizeilicher Gewalt in Zukunft zu fordern.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Österreichische Volksanwaltschaft eine wichtige Rolle im Rahmen der Erstellung des Österreichischen Nationalen Aktionsplans Menschenrechte spielt und eine Plattform für die Einbindung der Zivilgesellschaft in diesen Prozess darstellt. Die Zusammenarbeit der Volksanwaltschaft mit der Zivilgesellschaft ist auch durch deren Integration in den Menschrechtsbeirat sichergestellt, der als Beirat desselben eingerichtet wurde. Darüber hinaus wird jedes Jahr ein NGO-Forum in der Volksanwaltschaft abgehalten um den Austausch zwischen Zivilgesellschaft und Volksanwaltschaft auch auf diesem Wege zu vertiefen.
2. Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und Intoleranz gegen LGBT Personen
Wie ECRI bereits in ihrem Bericht erwähnt hat, ist die Untersuchung und Zusammenstellung von offiziellen Daten und Informationen über die Situation von LGBT Personen in Österreich ein schrittweiser Prozess. Hierbei sollte allerdings berücksichtigt werden, dass die Kriterien der sexuellen Orientierung als Grund für Diskriminierung erst seit relativ kurzer Zeit ins Zentrum der Aufmerksamkeit internationaler und nationaler Monitoring-Mechanismen, Institutionen und Behörden gerückt sind. Daher wird Österreich den ECRI Besuch und dessen Bericht als eine weitere Möglichkeit nützen, um sich diesen Themen im Detail zuzuwenden, die entsprechenden Empfehlungen genau zu studieren und sie im Kontext der bestehenden Implementierungsprozesse im Rahmen des Netzwerks der MenschenrechtskoordinatorInnen der Bundesministerien und Bundesländer ansprechen.
Es gilt hier nochmals anzumerken, dass die in Wien ansässige Europäische Grundrechteagentur (GRA) eine bedeutende Rolle bei der Förderung dieses Themas und der Sensibilisierung bzw. Bewusstseins- und Wissensbildung betreffend die Lebensbedingungen von LGBT Personen spielt und zwar nicht nur im Hinblick auf die Gesellschaft sondern auch für die öffentlichen Behörden. In diesem Zusammenhang spielen ihre umfassende und fundierte Forschung sowie die von ihr erstellten Studien und Berichte eine wichtige Rolle. Österreich hat zu allen bisher von der GRA erstellten Studien mit der größtmöglichen Menge an Daten und Informationen beigetragen und wird der Arbeit der GRA zu diesem Thema auch weiterhin aktiv folgen.
Was die Situation von Transgender Personen betrifft, ist festzuhalten, dass die vom Bundesministerium für Gesundheit im Jahr 2014 herausgegebenen Empfehlungen betreffend Behandlungsprozesse für Geschlechtsdysphorie und Transsexualismus von einer interdisziplinären und multiprofessionellen Expertengruppe entwickelt wurden, in der auch RechtsexpertInnen vertreten waren. Im Hinblick auf die ECRI Empfehlung, gesetzliche Bestimmungen zu den besprochenen Punkten zu erlassen, werden diese Vorschläge beim nächsten diesbezüglichen Rechtsreformprozess in Betracht gezogen werden.
Die Annahme des „Eingetragenen Partnerschaft-Gesetzes“ markierte einen wichtigen Schritt hin zur Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Als Reaktion auf das Urteil des EGMR vom 19. Februar 2013 wurde das Adoptionsgesetz im Jahr 2013 novelliert, um eine sogenannte Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare zu ermöglichen. Aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs vom 10. Dezember 2013 wurden die Gesetze für medizinisch unterstützte Reproduktion novelliert und somit die Nutzung einer Samenspende auch für eingetragene gleichgeschlechtliche Partner möglich. In der Folge wurde die Bestimmung, die die gemeinsame Adoption eines Kindes durch eingetragene Partner untersagte, durch ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs am 11. Dezember 2014 aufgehoben. Dieses Urteil wird derzeit umgesetzt.
Was schließlich die Bereitstellung adäquater Informationen für heranwachsende LGBT Personen sowie die Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses für alle Personen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Genderidentität, insbesondere in Schulen betrifft, möchte Österreich auf einen sehr rezenten Grundsatzerlass zur Sexualerziehung verweisen, der vom Bildungsministerium am 22. Juni 2015 (https://www.bmbf.gv.at/ministerium/vp/2015/2015_11.pdf?4xy5ka) erlassen wurde und den vorangegangen aus dem Jahr 1994 ersetzt. Derartige Grundsatzerlässe richten sich an österreichische Schulen und definieren eine grundsätzliche Richtung für den Unterricht in gewissen Fächern. Der obige Erlass enthält einen Abschnitt, der sich mit internationalen Standards im Bereich Sexualerziehung auseinandersetzt. Er nimmt auch darauf Bezug, dass Sexualerziehung das Alter der SchülerInnen zu berücksichtigen hat, an die Lebensrealitäten von Kindern und Heranwachsenden anzupassen ist und auf wissenschaftlich fundierte Informationen zu stützen ist. Sexualerziehung muss einen positiven und offenen Blick auf die menschliche Sexualität ermöglichen und das eigene Wohlbefinden verbessern. Sie hat auf den Prinzipen der Geschlechtergleichheit und den unterschiedlichen Lebensformen (d.h. sexuelle Orientierung und Gender Identity) zu beruhen, hat Kompetenzen – wie kritisches Denken, die Fähigkeit zu kommunizieren – zu vermitteln und zu fördern und hat sich an internationalen Menschenrechtsstandards zu orientieren.
Zuletzt aktualisiert am September 18, 2021 von eurogesetze
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