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Allgemeine politiKEmpfehlung Nr. 2 DER ECRI: Gleichheitsstellen zur Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz auf nationaler Ebene.
VERABSCHIEDET AM 7. DEZEMBER 2017
Straßburg, 27. Februar 2018
Veröffentlichung:
Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI)
Europarat – 2018
Gedruckt in Straßburg
Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI)
Unter Hinweis auf die prominente Stellung, die das Gleichheitsrecht und die Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz in vielen internationalen Instrumenten der Vereinten Nationen, des Europarats, der Europäischen Union, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und anderer internationaler Organe sowie in den Verfassungen und in der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten einnehmen;
In der Überzeugung, dass die Erreichung von Gleichheit und die Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz für eine nachhaltige Entwicklung demokratischer Gesellschaften unerlässlich sind und dass die daraus entstehende soziale Kohäsion eine wichtige Absicherung von Frieden und Sicherheit in und unter den Mitgliedstaaten des Europarats ist;
Unter Betonung, dass Gleichheitsstellen zur Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz ausweislich der Feststellungen in seinem Länder-Monitoring eine wesentliche Rolle bei der Erreichung der Gleichheit und bei der Bekämpfung von Diskriminierung und Intoleranz spielen;
Unter Begrüßung der Tatsache, dass Gleichheitsstellen in den meisten Mitgliedstaaten des Europarats eingerichtet wurden und arbeiten und in Anerkennung der in ganz Europa durchgeführten wertvollen Pionierarbeit, die dies ermöglicht hat;
In Anerkennung der Tatsache, dass die institutionelle Form und die Tätigkeiten dieser Stellen in den Mitgliedsstaaten variieren, Veränderungen unterworfen sind, angepasst werden und sich weiterentwickeln;
Im Wissen um die Schwierigkeiten und den Druck, denen solche Stellen bei der Wahrnehmung ihres Mandats ausgesetzt sind, und unter Betonung der hieraus resultierenden Notwendigkeit, dass Gleichheitsstellen unabhängig und effektiv sein müssen;
In der Überzeugung, dass das Ausmaß der Ungleichheit, des Rassismus und der Intoleranz in Europa und in den Mitgliedstaaten weitere Investitionen in Gleichheitsstellen zur Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz und deren weitere Stärkung erfordern;
Im Bewusstsein der Notwendigkeit, die ursprüngliche Fassung dieser Allgemeinen Politikempfehlung zu überarbeiten, die am 13. Juni 1997 verabschiedet wurde, um in sie die Erfahrungen und die guten Praktiken einzuarbeiten, die sich in den letzten 20 Jahren in den Mitgliedstaaten entwickelt haben;
Aufbauend auf andere in diesem Bereich entwickelten Standards, u.a. die Pariser Prinzipien für nationale Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte und die Gleichbehandlungsrichtlinien der Europäischen Union;
In dem Wunsch, den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, die Gleichheitsstellen zu stärken und die Arbeit der Mitgliedstaaten und Gleichheitsstellen zur Erzielung von Gleichheit und sozialer Kohäsion zu intensivieren;
empfiehlt den Regierungen der Mitgliedstaaten das Folgende:
I. Errichtung von Gleichheitsstellen
1. Die Mitgliedstaaten sollten durch eine verfassungsrechtliche Bestimmung oder ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz eine oder mehrere Gleichheitsstellen zur Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz errichten (Gleichheitsstellen).
2. Dieser Text sollte eindeutig bestimmen, dass Gleichheitsstellen unabhängig sind, und die dafür notwendigen Voraussetzungen schaffen. Gleichheitsstellen sollten sowohl de jure als auch de facto unabhängig und separate juristischen Personen außerhalb der Exekutive und Legislative sein und über die erforderlichen Kompetenzen, Befugnisse und Mittel verfügen, um greifbare Fortschritte zu erzielen. Die verschiedenen Elemente, die notwendig sind, um ihre tatsächliche Unabhängigkeit und Effektivität zu gewährleisten, sind in den Paragraphen 22 bis 39 dieser Allgemeinen Politikempfehlung (APE) aufgeführt.
3. Das Mandat, der institutionelle Aufbau, die Funktionen, Kompetenzen und Befugnisse, Ernennungs- und Entlassungsverfahren, Absicherungen und Amtszeiten der Führungspositionen und die Regelungen über die Finanzierung und Rechenschaftspflicht der Gleichheitsstellen sollten durch Gesetz in einer Weise geregelt sein, die sowohl deren Unabhängigkeit als auch Effektivität sicherstellt.
4. Die Mandate dieser Stellen sollten einzeln oder gemeinsam Folgendes abdecken:
a. Die Förderung und Verwirklichung der Gleichheit, die Prävention und Beseitigung von Diskriminierung und Intoleranz, einschließlich struktureller Diskriminierung und Hassrede, sowie die Förderung der Vielfalt und guter Beziehungen zwischen allen Personen, die den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen angehören (Gleichheitsmandat).
b. Die vom Mandat der ECRI abgedeckten Diskriminierungsgründe, das heißt „Rasse”,[1] Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit, nationale oder ethnische Herkunft, sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität sowie multiple und intersektionelle Diskriminierung wegen dieser Gründe und weiterer Gründe, unter anderem jener, die von Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention abgedeckt sind, bei gleichzeitiger Berücksichtigung einer Genderperspektive. Gleichheitsstellen können darüber hinaus auch zusätzliche Gründe abdecken, unter anderem Geschlecht, Gender, Alter und Behinderung.
c. Alle Bereiche des öffentlichen und privaten Sektors, insbesondere: Beschäftigung, Mitgliedschaft in einer Berufsvereinigung, Bildung und Erziehung, Ausbildung, Wohnen, Gesundheitswesen, soziale Sicherung und Sozialleistungen, soziale und kulturelle Aktivitäten, Waren und Dienstleistungen für die Öffentlichkeit, seien diese gewerblicher Natur oder frei zugänglich, öffentliche Einrichtungen, Ausübung wirtschaftlicher Unternehmungen, öffentlichen Diensten und Aufgaben, einschließlich der Strafverfolgungsbehörden.
d. Das gesamte Gebiet des Mitgliedstaates.
II. Institutioneller Aufbau
5. Abhängig von den Rechts- und Verwaltungstraditionen der Mitgliedstaaten können Gleichheitsstellen unterschiedliche Formen annehmen.
6. Gleichheitsstellen können einen oder mehrere Diskriminierungsgründe abdecken. Ist eine Gleichheitsstelle für mehrere Gründe zuständig, ist es notwendig sicherzustellen, dass sie einen klaren und angemessenen Fokus auf jeden abgedeckten Grund sowie die Überschneidungen zwischen ihnen legt.
7. Gleichheitsstellen können eigenständig oder ein gleichberechtigter Teil einer Institutionen mit mehreren Mandaten sein, die ein Menschenrechtsmandat oder das Mandat einer Ombudsperson einschließen. Im letztgenannten Fall sollten die folgenden Bestimmungen angewendet werden:
a. Das Gesetz sollte das Gleichheitsmandat der Institution ausdrücklich festlegen.
b. Jedem einzelnen Mandat sollten angemessene personelle und finanzielle Mittel zugewiesen werden, um einen klaren und angemessenen Fokus auf das Gleichheitsmandat zu gewährleisten.
c. Die Führungs-, Beratungs- und Managementstrukturen sollten so organisiert werden, dass eine klare Leitung, Förderung und Sichtbarkeit des Gleichheitsmandats gewährleistet ist.
d. In der Regelung über die Berichtspflichten sollte den Problemen im Bereich des Gleichheitsmandats und den im Rahmen dieses Mandats entfalteten Tätigkeiten ein angemessener Stellenwert eingeräumt werden.
8. Ist eine Gleichheitsstelle Teil einer Institution mit mehreren Mandaten, findet diese Allgemeine Politikempfehlung auf diese Institution und deren Tätigkeit im Bereich der Gleichheit Anwendung. Die Kompetenzen und Befugnisse, die mit den verschiedenen Mandaten der Institution verbunden sind, sollten aufeinander abgestimmt und nach oben angeglichen werden, so dass für jedes Mandat, soweit möglich, die weitreichendsten Kompetenzen und Befugnisse zur Verfügung stehen, die für eines der anderen Mandate zur Verfügung gestellt wurden.
9. Wenn verschiedene Gleichheitsstellen existieren, sollten deren Kompetenzen und Befugnisse nach oben angeglichen werden, und es sollte eine Koordinierung gewährleistet werden, um sich mit Überschneidungen zu befassen, ein gemeinsames Vorgehen zu ermöglichen und die Nutzung von Ressourcen zu optimieren. Die Gleichheitsstellen sollten eine gemeinsame Auslegung der Antidiskriminierungsgesetze entwickeln und ihre Kompetenzen und Befugnisse in koordinierter Weise nutzen.
III. Funktionen
10. Gleichheitsstellen sollte zugewiesen werden:
a. Die Funktion, Gleichheit zu fördern und Diskriminierungen vorzubeugen (Förderungs- und Präventionsfunktion), wie im Einzelnen in § 13 ausgeführt;
b. Die Funktion, Menschen zu unterstützen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, und in ihrem Namen deren Rechte durchzusetzen (Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion), wie im Einzelnen in § 14 ausgeführt;
und man kann ihnen auch zuweisen:
c. Die Funktion, über Beschwerden zu entscheiden (Entscheidungsfunktion), wie im Einzelnen in § 17 ausgeführt.
Die Entscheidungsfunktion kann zwischen den Gleichheitsstellen und der Justiz aufgeteilt oder vollständig der Justiz übertragen werden.
11. Wenn die Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion sowie die Entscheidungsfunktion in einer Stelle vereint sind, muss sichergestellt werden, dass jede Funktion von einer separaten Einheit oder von unterschiedlichen Mitarbeitern wahrgenommen wird. Allen Funktionsbereichen sollten angemessene personelle und finanzielle Mittel zugewiesen werden, und die Gleichheitsstelle sollte gewährleisten, dass Menschen, die Diskriminierung oder Intoleranz ausgesetzt sind, umfassende rechtliche und persönliche Unterstützung erhalten.
12. Gleichheitsstellen sollten das Recht haben, darüber zu entscheiden, auf welche Kompetenzen, Ziele und Tätigkeiten sie sich jeweils konzentrieren möchten und welche Kombination derselben sie verwenden.
IV. Kompetenzen im Bereich der Förderung und Prävention
13. Die Förderungs- und Präventionsfunktion der Gleichheitsstellen sollte die Kompetenzen einschließen:
a. Die Gleichheit zu fördern und zu erreichen, Diskriminierung und Intoleranz zu verhindern und zu eliminieren und Vielfalt und gute Beziehungen zwischen den verschiedenen Gruppen der Gesellschaft zu fördern.
b. Einen kontinuierlichen Dialog aufzubauen mit Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, sowie mit den Organisationen, die diese Gruppen repräsentieren, sowie mit Organisationen, die sich allgemein für Menschenrechte und Gleichheit einsetzen.
c. Auf eigene Initiative Untersuchungen in allen Angelegenheiten einzuleiten, die unter ihr Mandat fallen und individuelle oder strukturelle Diskriminierung betreffen, und Empfehlungen auszusprechen und zu veröffentlichen.
d. Forschung zu allen Fragen durchzuführen oder in Auftrag zu geben, die unter ihr Mandat fallen.
e. In der gesamten Gesellschaft das Bewusstsein, das Wissen, die Wertschätzung und den Respekt von Gleichheit, Vielfalt, Gleichbehandlungsgesetzgebung, Nichtdiskriminierung sowie gegenseitigem Verständnis auszubauen.
f. Innerhalb der Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, das Wissen über die durch die Gleichstellungsgesetzgebung eingeführten Rechte und Rechtsmittel, die Fähigkeit zur Ausübung dieser Rechte und das Vertrauen in die Gleichheitsstellen zu entwickeln.
g. Standards zu entwickeln und für Einzelpersonen und Institutionen im öffentlichen und privaten Sektor Informationen, Beratung, Anleitung und Unterstützung bereitzustellen zu bewährten Praktiken zur Förderung und zur Verwirklichung von Gleichheit und zur Prävention von Diskriminierung und Intoleranz.
h. Den Einsatz positiver Maßnahmen zur Behebung der Ungleichheit im öffentlichen und privaten Sektor zu fördern und zu unterstützen.
i. Die Umsetzung der allgemeinen Verpflichtung aller Behörden zur Förderung der Gleichheit und zur Prävention von Diskriminierung bei der Ausübung ihrer Aufgaben zu unterstützen, wie in der Allgemeinen Politikempfehlung Nr. 7 von ECRI empfohlen, Standards für deren Umsetzung zu etablieren und diese gegebenenfalls durchzusetzen.
j. An Konsultationsverfahren für neue Politiken, Gesetze und Durchführungsvorschriften teilzunehmen und Empfehlungen zur Änderung oder Einführung von Politiken, Gesetzen oder Durchführungsvorschriften auszusprechen.
k. Schulungen von Schlüsselgruppen in Bezug auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung zu fördern und zu diesen beizutragen.
l. Die Umsetzung ihrer Empfehlungen zu überwachen.
m. Entscheidungen von Gerichten und anderen Entscheidungsinstanzen zu verfolgen.
n. Die Ratifizierung relevanter internationaler Abkommen und die Umsetzung und Verbreitung dieser Abkommen und relevanter Standards, Rechtsprechung und Berichte zwischenstaatlicher Organisationen zu fördern und zu unterstützen; an Verfahren von und mit relevanten zwischenstaatlichen Organisationen teilzunehmen, deren Empfehlungen zu berücksichtigen und deren Umsetzung zu überwachen.
o. Mit Organisationen zusammenzuarbeiten, die ähnliche Ziele verfolgen wie die Gleichheitsstelle, und solche Organisationen zu unterstützen. Ein gemeinsames Verständnis wichtiger Fragen in Bezug auf Gleichheit zu entwickeln und Kooperationsverträge mit diesen Organisationen zu schließen.
V. Kompetenzen im Bereich der Unterstützung und Rechtsdurchsetzung
14. Die Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion von Gleichheitsstellen sollte die Kompetenzen einschließen:
a. Beschwerden von Personen entgegenzunehmen, die Diskriminierung oder Intoleranz ausgesetzt sind, und ihnen eine persönliche Unterstützung, rechtliche Beratung und rechtlichen Beistand zu gewähren, um ihre Rechte vor Institutionen, Entscheidungsinstanzen und Gericht zu wahren.
b. Dort, wo es angemessen ist, Schlichtungsverfahren durchführen zu können.
c. Personen, die Diskriminierung oder Intoleranz ausgesetzt sind, mit deren Zustimmung vor Institutionen, Entscheidungsinstanzen und bei Gericht zu vertreten.
d. Fälle von individueller oder struktureller Diskriminierung oder Intoleranz im Namen der Gleichheitsstelle vor Institutionen, Entscheidungsinstanzen und vor Gericht zu bringen.
e. Als amicus curiae, Dritte oder Expertin bei Institutionen, Entscheidungsinstanzen und bei Gericht zu intervenieren.
f. Die Umsetzung von Entscheidungen von Institutionen, Entscheidungsinstanzen und Gerichten zu überwachen, die sich mit Gleichheit, Diskriminierung und Intoleranz befassen.
15. Gleichheitsstellen sollten das Recht haben, auf der Grundlage von Kriterien, die von ihnen entwickelt und veröffentlicht werden, die Fälle auszuwählen, die sie zur Vertretung und strategischen Rechtsdurchsetzung annehmen, sowie die Verfahrensweisen auszuwählen, mit der sie die Rechte von Menschen zu sichern suchen, die individueller oder struktureller Diskriminierung ausgesetzt sind.
16. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass es ein System dafür gibt, dass Menschen, die Diskriminierung oder Intoleranz ausgesetzt sind, keine Prozesskosten, Verwaltungsgebühren oder Rechtsvertretungsgebühren tragen müssen, insbesondere in Fällen struktureller Diskriminierung und in Fällen, die zur strategischen Rechtsdurchsetzung übernommen werden.
VI. Kompetenzen im Bereich der Entscheidungsfunktion
17. Wenn die Entscheidungsfunktion auf Gleichheitsstellen übertragen wurde, sollte dies die Kompetenzen einschließen:
a. Einzel- und Sammelbeschwerden entgegenzunehmen, zu prüfen, zu verhandeln und zu schlichten und über diese Beschwerden auf Grundlage der einschlägigen Rechtsvorschriften einschließlich der Bestimmungen zur geteilten Beweislast zu entscheiden.
b. Zu entscheiden, ob eine Verletzung zivil- oder verwaltungsrechtlicher Antidiskriminierungsgesetze vorliegt.
c. Rechtsverbindliche Entscheidungen zu erlassen, die Maßnahmen zur Beendigung von Diskriminierung, zur Erreichung voller Gleichheit und zur Abwendung zukünftiger Diskriminierung vorschreiben, und effektive, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen zu verhängen, einschließlich der Zahlung einer Entschädigung für materielle und immaterielle Schäden, der Verhängung von Bußgeldern und der Veröffentlichung der Entscheidung sowie des Namens des Täters.
d. Die Vollstreckung und Umsetzung ihrer Entscheidungen zu gewährleisten und ihre Entscheidungen und Empfehlungen zu veröffentlichen.
18. Erhält eine Gleichheitsstelle, die über Beschwerden entscheidet, nicht die in § 17 c) und d) beschriebene Kompetenz erhält, rechtsverbindliche Entscheidungen zu erlassen und Sanktionen zu verhängen, sollte sie mit der Kompetenz ausgestattet werden:
a. Rechtlich nicht bindende Empfehlungen zum Ergreifen von Maßnahmen zur Beendigung von Diskriminierung, zur Erreichung voller Gleichheit und zur Abwendung zukünftiger Diskriminierung abzugeben.
b. Die Umsetzung ihrer Empfehlungen sicherzustellen und, sofern angemessen, ihre Entscheidungen und Empfehlungen zu veröffentlichen.
19. Das Gesetz sollte das Recht vorsehen, rechtsverbindliche verfahrensbeendende Entscheidungen der Gleichheitsstelle vor den Gerichten anzufechten.
20. Das Gesetz sollte vorsehen, dass Beschwerdeführer das Recht haben zu entscheiden, ob sie zuerst ein Verfahren vor der Gleichheitsstelle einleiten oder direkt vor Gericht gehen möchten. Verfahren vor Gleichheitsstellen sollten die Fristen für die Einleitung nachfolgender Gerichtsverfahren unterbrechen.
VII. Befugnisse, Beweise und Informationen zu erheben
21. Gleichheitsstellen sollten, insbesondere wenn sie Untersuchungen durchführen oder über Beschwerden entscheiden, Befugnisse zur Erhebung von Beweisen und Informationen haben. Diese sollten die Befugnisse einschließen:
a. Die Vorlage von Akten, Dokumente und andere Materialien zur Einsicht, Prüfung und die Anfertigung von Kopien zu verlangen;
b. vor Ort Überprüfungen durchzuführen;
c. Personen zu befragen;
d. eine durchsetzbare gerichtliche Verfügung zu beantragen oder Bußgelder zu verhängen, wenn sich eine Person oder Institution dem Obenstehenden nicht fügt.
VIII. Unabhängigkeit und Effektivität
22. Gleichheitsstellen sollten ohne jegliche Einflussnahme des Staates, politischer Parteien oder anderer Akteure arbeiten und sollten von diesen keine Anweisungen erhalten; sie sollten auf institutioneller und operativer Ebene vollständig unabhängig sein.
23. Personen, die in Gleichheitsstellen Führungspositionen bekleiden, sollten im Rahmen transparenter, kompetenzbasierter und partizipatorischer Verfahren ausgewählt und ernannt werden. Die Exekutive sollte in keinem Stadium des Auswahlprozesses einen entscheidenden Einfluss haben.
24. Personen, die Führungspositionen bekleiden, sollten über eine funktionale Immunität verfügen, vor Drohungen und Zwang geschützt sein und über angemessene Absicherungen gegen willkürliche Entlassung oder willkürliche Nichtverlängerung der Ernennung verfügen, wenn diese normalerweise erfolgen würde.
25. Es sollte gesetzlich geregelt sein, welche Tätigkeiten und Mitgliedschaften mit dem Bekleiden von Führungspositionen unvereinbar sind.
26. Die Personen, die Führungspositionen bekleiden, sollten klar definierte Aufgabenbereiche haben, angemessen vergütet und für eine angemessene Zeitspanne ernannt werden.
27. Gleichheitsstellen sollten unabhängig über ihre interne Struktur und über die Verwendung ihrer Ressourcen entscheiden können, die Befugnis haben, ihr eigenes Personal einzustellen und zu ernennen, und über eigene, ihren Bedürfnissen entsprechende Räumlichkeiten verfügen.
28. Gleichheitsstellen sollten ausreichend Personal und Finanzmittel erhalten, damit sie alle ihre Funktionen und Kompetenzen mit greifbaren Fortschritten umsetzen können. Sie sollten einen separaten Haushalt oder eine separate Haushaltslinie haben und ihre Finanzierung sollte der jährlichen Genehmigung durch das Parlament unterliegen. Es sollte keine willkürliche oder unverhältnismäßige Reduzierung des Haushalts der Gleichheitsstelle geben. Werden das Mandat, die Funktionen oder Kompetenzen der Gleichheitsstelle ausgeweitet, sollte dies mit ihrem Gleichheitsmandat vereinbar sein und mit einer zusätzlichen Finanzierung einhergehen.
29. Gleichheitsstellen sollten das Recht haben, in offener und transparenter Weise innerhalb und außerhalb des Landes zusätzliche Geldmittel für die Durchführung ihrer Funktionen aus anderen Quellen als dem Staat zu generieren, solange sie sicherstellen, dass dies ihre Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt.
30. Gleichheitsstellen sollten das Recht haben, öffentliche Erklärungen abzugeben und Forschungsarbeiten und Berichte zu erstellen und zu veröffentlichen, ohne zuvor die Erlaubnis oder eine Genehmigung der Regierung oder einer anderen Institution oder anderen externen Partei einholen oder diesen eine Ankündigung zukommen lassen zu müssen.
31. Die Tätigkeit der Gleichheitsstelle sollte auf den relevanten internationalen und nationalen Rechtsrahmen, Standards und Gerichtsentscheidungen basieren. Ihre Berichte und Empfehlungen sollten auf Fachwissen und Nachweisen gegründet sein, die aus Forschung, Untersuchungen, Dokumentationen und unparteiischen und unabhängigen Informationen gezogen werden.
32. Gleichheitsstellen sollten dem Recht des öffentlichen Dienstes und den Vorschriften über Ausgaben und finanzielle Rechenschaftspflichten unterliegen, die für öffentliche Behörden gelten.
33. Gleichheitsstellen sollten regelmäßig eine strategische Planung durchführen, Output- und Wirkungsindikatoren zur Beurteilung ihrer Fortschritte entwickeln und verfolgen und zu geeigneten Zeitpunkten Evaluierungen durchführen.
34. Gleichheitsstellen sollten eine Kommunikationsstrategie entwickeln, um ihre Sensibilisierungsarbeit zu gestalten und zu steuern.
35. Gleichheitsstellen sollten Jahresberichte veröffentlichen, die vom Parlament oder seinen zuständigen Ausschüssen und von der Regierung erörtert werden, jedoch nicht deren Zustimmung unterliegen.
36. Behörden und Gleichheitsstellen sollten einen nachhaltigen Dialog über die Fortschritte in den Bereichen Gleichheit und Nichtdiskriminierung entwickeln. Die Regierung und andere Behörden sollten die Gleichheitsstellen konsultieren, mit diesen kooperieren und deren Empfehlungen zu Gesetzgebung, Politik, Verfahren, Programmen und Praktiken berücksichtigen. Das Gesetz sollte vorsehen, dass die Regierung und andere Behörden auf die Empfehlungen der Gleichheitsstellen antworten oder Maßnahmen ergreifen müssen, um diese innerhalb einer vorgegebenen Frist umzusetzen.
37. Gleichheitsstellen sollten Strukturen für eine nachhaltige Einbeziehung und Mitwirkung von Stakeholdern, insbesondere zivilgesellschaftlichen Organisationen, bei der Planung und Arbeit der Gleichheitsstelle schaffen.
38. Die Leitung, beratende Gremien, die Geschäftsführung und die Mitarbeiterschaft der Gleichheitsstellen sollten so weit wie möglich die Vielfalt der Gesellschaft als Ganzes widerspiegeln und ein Geschlechtergleichgewicht aufweisen.
39. Die Mitarbeiterschaft der Gleichheitsstellen sollte über die vielfältigen Fähigkeiten verfügen, die für das Erfüllen aller Funktionen und Kompetenzen erforderlich sind, die der Gleichheitsstelle zugewiesen wurden.
IX. Barrierefreiheit
40. Gleichheitsstellen sollten für alle Personen zugänglich sein, deren Rechte sie schützen sollen. Barrierefreiheit erfordert:
a. Leicht zugängliche Räumlichkeiten, Online-, E-Mail- und Telefondienste und Flexibilität in Hinblick auf die zeitlichen Beschränkungen jener Personen, die die Dienste der Stelle in Anspruch nehmen möchten.
b. Lokale Outreach-Initiativen und lokale und regionale Büros für das Durchführen der Tätigkeit der Gleichheitsstelle.
c. In Schlüsselmomenten bei jenen Gruppen präsent zu sein, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, und mit ihnen nachhaltige Beziehungen aufzubauen, wie in § 12b ausgeführt.
d. Die Möglichkeit für Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, die Gleichheitsstelle auf vertraulicher Basis und in einer Sprache zu kontaktieren, die sie beherrschen, direkten, persönlichen Kontakt zu haben und Beschwerden in mündlicher oder schriftlicher Form oder online mit einem Minimum an Zulässigkeitsvoraussetzungen einzureichen.
e. Anpassung ihrer Räumlichkeiten, Dienste, Verfahren und Praktiken an alle Formen von Behinderung.
f. Den Einsatz einer leicht verständlichen Sprache in Publikationen, insbesondere jenen, die über Rechte und Rechtsmittel informieren, sowie Übersetzung ausgewählter Publikationen in alle Sprachen, die im jeweiligen Land häufig benutzt werden.
g. Die Funktionen und Dienste der Gleichheitsstelle den Beschwerdeführern und -gegnern kostenlos zur Verfügung zu stellen.
h. Die Durchführung von Maßnahmen, um diese Vorkehrungen bekannt zu machen und in die Tat umzusetzen.
X. Monitoring
41. Das Monitoring der Umsetzung dieser Allgemeinen Politikempfehlung wird Teil des Länder-Monitorings und des konstruktiven Dialogs zwischen ECRI und den Mitgliedstaaten des Europarats.
Begründungstext
Einleitung
1. Diese Allgemeine Politikempfehlung (APE) befasst sich mit den Schlüsselelementen für die Errichtung und den Betrieb von Gleichheitsstellen, die in der Lage sind, greifbare Fortschritte zu erzielen. Solche Stellen sind von ausschlaggebender Bedeutung für die Förderung von Gleichheit und für die nachhaltige Eliminierung von Rassismus und Intoleranz. Gleichheitsstellen haben eine zentrale Rolle dabei, Menschen und Institutionen für die Bedeutung von Gleichheit zu sensibilisieren und sie dabei zu unterstützen, Schritte zur Verwirklichung der Gleichheit zu unternehmen.
2. Zwanzig Jahre nach Verabschiedung der ursprünglichen Version der APE Nr. 2 im Jahr 1997 beschloss ECRI, den Text zu überarbeiten, um in ihn die Erfahrungen und die vielen guten Praxisbeispiele aufzunehmen, die sich im Laufe dieser Zeit entwickelt haben. Der Begriff „nationale Fachorgane“, der im Originaltext benutzt wurde, wird nun durch den Begriff „Gleichheitsstellen“ ersetzt, der inzwischen allgemein für solche Stellen verwendet wird.
3. Neben der Originalfassung der APE Nr. 2 aus dem Jahr 1997 waren die Gleichbehandlungsrichtlinien der EU (Artikel 13 der Richtlinie 2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und Artikel 12 der Richtlinie 2004/113/EG, Artikel 20 der Richtlinie 2006/54/EG und Artikel 11 der Richtlinie 2010/41/EU, die sich mit der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts befassen) eine treibende Kraft für die Entwicklung von Gleichheitsstellen. Mit der Verabschiedung dieser Richtlinien haben die EU-Mitgliedstaaten die Verpflichtung akzeptiert, Gleichheitsstellen einzurichten.
4. Nahezu alle Mitgliedstaaten des Europarats haben darüber hinaus das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD) ratifiziert, dessen Artikel 33.2 eine ähnliche Verpflichtung vorsieht.
5. Die Durban-Abschlusserklärung und das Aktionsprogramm 2001 der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus und der Menschenrechtskommissar des Europarats (Stellungnahme CommDH (2011)2) haben ebenfalls die Errichtung und Stärkung solcher Institutionen gefordert. Die Pariser Prinzipien für nationale Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte, die am 20. Dezember 1993 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurden, sowie die Allgemeinen Bemerkungen zu deren Auslegung und Umsetzung haben als wichtiger Leitfaden für die Gründung von Gleichheitsstellen gedient. Der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung hat in diesem Bereich ebenfalls wesentliche Arbeit geleistet.
6. Die Empfehlungen in dieser APE bauen auf diese Texte auf und haben zum Ziel, die Bemühungen der Mitgliedstaaten und Gleichheitsstellen zu unterstützen, Gleichheit und soziale Kohäsion zu erreichen. Sie dürfen auf keine Weise benutzt werden, um bestehende Gleichheitsstellen oder bestehende Garantien für deren Unabhängigkeit und Effektivität zu begrenzen oder zu schwächen.
I. Errichtung von Gleichheitsstellen
§ 1 der Empfehlung
7. Die Mitgliedstaaten sollten eine starke Gleichheitsstelle einrichten. Einige Mitgliedstaaten haben mehr als eine Gleichheitsstelle eingerichtet, um die verschiedenen Diskriminierungsgründe (§ 4b der APE), alle Bereiche des öffentlichen und privaten Sektors (§ 4c der APE), das gesamte Territorium des Mitgliedstaates (§ 4d der APE) und die verschiedenen Funktionen abzudecken, die in dieser APE aufgeführt sind (§ 10 der APE).
8. Allerdings birgt das Errichten eines zu komplexen Systems aus zu vielen Stellen mehrere Risiken: begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen können aufgesplittert werden, die Sichtbarkeit der Stellen kann leiden, Menschen wissen nicht mehr, an welche Stelle sie sich wenden sollen, und wertvolle Ressourcen können durch die Koordinierung zwischen diesen Stellen gebunden werden, anstatt für die Arbeit an der Substanz ihrer Mandate zur Verfügung zu stehen. Wo mehr als eine Gleichheitsstelle eingerichtet wurde und sich dies als effektiv erwiesen hat, sollten die Behörden Kohärenz und eine enge Zusammenarbeit zwischen diesen Stellen gewährleisten.
9. Die Errichtung von Gleichheitsstellen auf Grundlage verfassungsrechtlicher Bestimmungen sorgt für starke und zusätzliche Garantien, da die Abschaffung oder wesentliche Schwächung der Gleichheitsstelle dadurch erschwert wird. ECRI hält es daher für vorzugswürdig, eine verfassungsrechtliche Bestimmung zu verwenden. Details über den organisatorischen Aufbau der Stelle können in einem separaten Gesetz niedergelegt werden. Wenn Gleichheitsstellen nicht durch eine verfassungsrechtliche Bestimmung errichtet werden, sollten die Mitgliedstaaten ein Organgesetz oder ein allgemeines Gesetz verwenden, das vom Parlament verabschiedet wird.
10. Das Vorhandensein einer umfassenden und eindeutigen Antidiskriminierungsgesetzgebung ist eine weitere unverzichtbare Grundlage für das Funktionieren und die Effektivität von Gleichheitsstellen. Standards für diese Gesetzgebung sind in ECRI’s APE Nr. 7 über die nationale Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung niedergelegt.
§ 2 der Empfehlung
11. Gleichheitsstellen müssen unabhängig sein, insbesondere von der Regierung, damit sie Fragen der Gleichheit, Diskriminierung und Intoleranz in der von ihnen für angemessen gehaltenen Art und Weise bearbeiten können, ohne der Einflussnahme von anderen Stellen ausgesetzt zu sein. Dies bietet ihnen auch die erforderliche Freiheit, neue Wege zur Förderung und Erreichung der Gleichheit zu suchen und zu verfolgen. Dementsprechend ist Unabhängigkeit eine Voraussetzung für die Wirksamkeit und den Einfluss von Gleichheitsstellen. Unabhängigkeit ist insbesondere dann wichtig, wenn sich die Gleichheitsstellen mit (struktureller) Diskriminierung durch Behörden befassen und wenn ihnen die Funktion übertragen wurde, über Beschwerden zu entscheiden (§ 10c der APE).
12. Gleichheitsstellen sollten sowohl de jure als auch de facto unabhängig sein. Die erforderlichen Absicherungen für die de jure-Unabhängigkeit sollten in den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Bestimmungen enthalten sein, durch die die Gleichheitsstelle errichtet wurde (siehe § 3 der APE). Die Art und Weise, wie diese Elemente geregelt werden sollte, ist insbesondere in den §§ 22 bis 39 der APE ausgeführt.
13. Gleichheitsstellen sollten eigenständige Rechtssubjekte und, vorbehaltlich der Rechtsordnung des Mitgliedstaates, eigenständige juristische Personen sein. Die Empfehlung, sie außerhalb von Exekutive und Legislative zu platzieren, schließt nicht alle Interaktionen mit diesen Organen aus. Exekutive und Legislative sollten vielmehr die Gleichheitsstelle in allen Fragen, die unter deren Mandat fallen, konsultieren und sich mit ihr austauschen. Gleichzeitig sollten weder die Exekutive noch die Legislative die Befugnis haben, der Gleichheitsstelle Anweisungen zu deren strategische Planung, Funktionsweise und Tätigkeiten zu erteilen.
14. De facto-Unabhängigkeit bedeutet, dass die Exekutive und die Legislative nicht versuchen sollten, direkt oder indirekt der Gleichheitsstelle Anweisungen zu geben oder diese unangemessen zu beeinflussen. Zu den Arten solcher Einflussnahmen gehören u.a. unverhältnismäßige Kürzungen des Budgets oder der Entzug von Kompetenzen und Befugnissen, die Bedrohung der Gleichheitsstelle, seiner Führungskräfte oder Mitarbeiter und der Einsatz von Medien oder anderer öffentlicher oder privater Institutionen, um Druck auf die Gleichheitsstelle auszuüben. Um die Unabhängigkeit und Effektivität der Gleichheitsstelle vor einer solchen unangemessenen Einflussnahme zu schützen, sollte das Gesetz auch Garantien im Hinblick auf die Kompetenzen, Befugnisse und Ressourcen der Gleichheitsstelle enthalten (siehe §§ 3 und 28 der APE).
15. Die Personen, die Führungspositionen der Gleichheitsstelle bekleiden, sollten ihre Unabhängigkeit betonen und diese geltend machen, wenn sie im Namen der Gleichheitsstelle tätig werden. Als zusätzliche Absicherung sollte der Austausch zwischen Exekutive, Legislative und den Gleichheitsstellen möglichst offen und transparent gestaltet werden.
16. Unabhängigkeit muss einhergehen mit Effektivität, um zu gewährleisten, dass die Gleichheitsstelle greifbare Fortschritte erzielen kann. Effektivität bedeutet, dass die Gleichheitsstelle ihre Funktionen und Kompetenzen auf eine Weise, in einem Umfang und gemäß einem Standard umsetzt, die einen wesentlichen Einfluss auf das Erreichen der Gleichheit und die Eliminierung von Diskriminierung und Intoleranz haben. Um effektiv arbeiten zu können, benötigen Gleichheitsstellen vor allem angemessene Kompetenzen, Befugnisse und Ressourcen, wie in den §§ 13 ff. der APE ausgeführt.
§ 3 der Empfehlung
17. Details zu den Kernelementen, die durch den Text zur Errichtung der Gleichheitsstelle oder, wenn die Stelle in der Verfassung verankert wird, in einem zusätzlichen detaillierteren Gesetz über die Gleichheitsstelle geregelt werden, sind in den folgenden Paragraphen der APE beschrieben.
§ 4 der Empfehlung
18. Das Mandat der Gleichheitsstelle sollte breit angelegt und umfassend sein und alle Tätigkeiten einschließen, die der Förderung und Erreichung der Gleichheit dienen. Die Verwirklichung der Gleichheit schließt zweierlei ein: den gleichberechtigten Zugang zu Rechten und die gleichberechtigte Ausübung von Rechten durch Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz erleben, und die Verbesserung ihrer individuellen und kollektiven Situation in verschiedenen Bereichen. Zu diesen Bereichen gehören u.a. Bildung und Erziehung, Beschäftigung, Wohnen und Gesundheit; politische Vertretung, Macht und Einfluss auf Entscheidungen; Anerkennung, Status und Ansehen; und Beziehungen basierend auf Fürsorge, Respekt und Solidarität mit anderen Gruppen und Institutionen.
19. Die Prävention und Eliminierung von Diskriminierung und Intoleranz ist ein Grundstein für das Erreichen der Gleichheit und schließt die Bekämpfung aller Formen von Rassismus (einschließlich Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie, Antisemitismus und Antiziganismus), Homophobie und Transphobie und deren Äußerungen ein, wie
z. B. Hassrede und Hass im Internet. Der Text über die Errichtung der Gleichheitsstelle oder die Antidiskriminierungsgesetzgebung sollte ausdrücklich festlegen, dass Hassrede eine Form der Diskriminierung darstellt und dass Gleichheitsstellen den Auftrag haben, Hassrede zumindest mit den Mitteln des Zivil- und Verwaltungsrechts gemäß § 8 der APE Nr. 15 von ECRI zur Bekämpfung von Hassrede zu begegnen. Während Polizei und Staatsanwaltschaft die Behörden sind, die vorrangig für die Bekämpfung von Hasskriminalität zuständigen sind, sollten Gleichheitsstellen dafür zuständig sein, Personen, die Hassverbrechen ausgesetzt sind, persönliche Unterstützung und Rechtsberatung zu gewähren und sie dann an die zuständigen Behörden zu verweisen (siehe §§ 72 und 81 des Begründungstextes).
20. Strukturelle Diskriminierung bezieht sich auf Vorschriften, Normen, Routinen, Verhaltens- und Einstellungsmuster in Institutionen und anderen gesellschaftlichen Strukturen, die, bewusst oder unbewusst, Hürden für Gruppen oder Einzelpersonen darstellen, die gleichen Rechte und Chancen wie andere wahrzunehmen, und die für sie zu ungünstigeren Ergebnissen als für die Mehrheit der Bevölkerung beitragen. Gleichheitsstellen sollten einen besonderen Schwerpunkt auf die Bekämpfung struktureller Diskriminierung legen, da (i) Personen, die an struktureller Diskriminierung mitwirken, sich häufig der diskriminierenden Auswirkungen ihrer Handlungen nicht bewusst sind, (ii) strukturelle Diskriminierung regelmäßig eine große Anzahl von Menschen betrifft und (iii) Einzelpersonen häufig nicht in der Lage sind, gegen strukturelle Diskriminierung innerhalb mächtiger Institutionen anzugehen.
21. Die Förderung von Vielfalt bedeutet, die Wertschätzung von Vielfalt und den durch sie geschaffenen Mehrwert in der Gesellschaft und in Organisationen zu fördern Dazu gehört es, angemessene Anpassungen vorzunehmen, um den praktischen Auswirkungen von Vielfalt Rechnung zu tragen. Die Förderung guter Beziehungen zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen schließt die Förderung von gegenseitigem Respekt, Verständnis und Integration ein, bei gleichzeitiger Fortführung der Bekämpfung von Diskriminierung und Intoleranz.
22. Das Mandat von ECRI ist auf die Diskriminierungsgründe beschränkt, die ausdrücklich in § 4b der APE aufgeführt sind, und auf Mehrfach- und intersektionelle Diskriminierung aufgrund dieser und anderer Gründe, die unter Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 1 ihres Protokolls Nr. 12 fallen. Die Mandate vieler Gleichheitsstellen decken auch andere Gründe ab, die in diesen Bestimmungen genannt, aber von ECRI nicht abgedeckt werden. Die Empfehlungen dieser APE können mutatis mutandi auf Gleichheitsstellen angewandt werden, die für Gründe zuständig sind, die nicht unter das Mandat von ECRI fallen.
23. Eine Geschlechterperspektive sollte ein integraler Teil der Arbeit von Gleichheitsstellen sein. Dazu gehört eine Analyse, ob die Bedürfnisse, Situationen und Erfahrungen von Frauen und Männern in den Planungen und Aktivitäten der Gleichheitsstelle in gleichem Maße berücksichtigt und bearbeitet werden.
24. Gleichzeitig sollte auch die Situation von Transgender- und Intersex-Personen zusammen mit Untersuchungen berücksichtigt werden, die binäre Genderkategorisierungen ablehnen (Menschenrechtskommissar des Europarats (2015), Human Rights and Intersex People, S. 37 ff.).
25. Mehrfachdiskriminierung bezeichnet eine Diskriminierung auf der Grundlage von zwei oder mehr Diskriminierungsgründen. Die intersektionelle Diskriminierung bezieht sich auf eine Situation, in der mehrere Diskriminierungsgründe gleichzeitig auf eine Weise miteinander interagieren, dass sie untrennbar werden und ihre Kombination einen neuen Grund schafft (§ 1c und Begründungstext zur APE Nr. 14 von ECRI zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in Beschäftigung und Beruf). Da die Mehrfach- und intersektionelle Diskriminierung die Opfer häufig besonders schwer trifft und da Menschen an diesen Schnittpunkten besonders vielfältige Identitäten und Erfahrungen haben, sollten Gleichheitsstellen diesen Themen besonderes Augenmerk widmen. Gleichheitsstellen sollten außerdem die Bedürfnisse von Kindern berücksichtigen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind.
26. Definitionen unterschiedlicher Diskriminierungsgründe finden sich in § 7 des Begründungstextes zur APE Nr. 15 von ECRI zur Bekämpfung von Hassrede.
27. Gleichheitsstellen sollten den gesamten öffentlichen und privaten Sektor abdecken, einschließlich der Strafverfolgung (siehe § 7 der APE Nr. 7 von ECRI). Allerdings decken viele Gleichheitsstellen, insbesondere jene, die unter den EU-Gleichbehandlungsrichtlinien eingerichtet wurden, nicht den gesamten öffentlichen Sektor ab, und haben z. B. keine Kompetenz in Bezug auf die Polizeiarbeit (siehe die Allgemeine Politikempfehlung Nr. 11 von ECRI zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in der Polizeiarbeit), Justizvollzugsanstalten und das Militär. Ihr Mandat sollte ausgeweitet werden oder das Gleichheitsmandat sollte für diese Bereiche einer anderen unabhängigen Institution übertragen werden, z. B. einer nationalen Menschenrechtsinstitution oder einer Ombudsperson.
28. Es sollte eine konsistente und kohärente Abdeckung aller Regionen des Mitgliedstaates geben, insbesondere in jenen mit föderaler Struktur, und es sollte keine Gebiete ohne Abdeckung durch eine Gleichheitsstelle geben. Das Mandat sollte gegebenenfalls auch bestimmte Personen außerhalb des Landes einschließen, z. B. Bürger, die im Ausland leben, oder Menschen, die von außerhalb des Landes Asyl beantragen.
II. Institutioneller Aufbau
§§ 5 bis 9 der Empfehlung
29. In den letzten Jahrzehnten ist in den 47 Mitgliedstaaten ein reichhaltiges und vielfältiges System aus Gleichheitsstellen entstanden. Einzelheiten dazu sind in den Länderberichten der ECRI dokumentiert.
30. In einigen Mitgliedstaaten wurde eine einzige Gleichheitsstelle eingerichtet, die mehrere Diskriminierungsgründe abdeckt, in anderen hingegen mehrere Gleichheitsstellen, die für einen einzelnen oder mehrere Gründe zuständig sind. In allen Fällen ist es wichtig, das Entstehen einer Hierarchie zwischen einzelnen Diskriminierungsgründen zu vermeiden und sicherzustellen, dass jedem Grund sowie den Schnittpunkten zwischen ihnen ausreichend Aufmerksamkeit gewidmet und angemessene Ressourcen zugeteilt werden.
31. Eigenständige Gleichheitsstellen haben den Vorteil, sich auf ihr Gleichheitsmandat konzentrieren zu können, über ein ausgewiesenes Budget für Gleichheitsfragen zu verfügen und besondere Fachkenntnisse und Sichtbarkeit im Bereich Gleichheit aufbauen zu können.
32. In einigen Mitgliedstaaten wurde das Gleichheitsmandat einer Institution mit mehreren Mandaten übertragen, die auch ein Menschenrechtsmandat und/oder das Mandat einer Ombudsperson hat. In anderen Mitgliedstaaten wurden Gleichheitsstellen, die für einzelne oder mehrere Diskriminierungsgründe zuständig waren, mit Menschenrechtsinstitutionen und den Ämtern von Ombudspersonen fusioniert.
33. Die Integration des Gleichheitsmandat in eine für mehrere Mandate zuständige Institution kann ein positives Potenzial haben, wenn Fragen der Gleichheit, Diskriminierung und Intoleranz im Rahmen aller Mandate umfassender und effektiver behandelt werden. Die Hebung dieses Potenzials erfordert allerdings eine starke und innovative Leitung, um eine effiziente Koordinierung und Integration der verschiedenen Mandate zu erzielen.
34. Innerhalb solcher Institutionen mit mehreren Mandaten kann es zu Spannungen kommen, insbesondere nach einer Fusion. Jedes Mandat hat eigene Traditionen, Herangehensweisen und Zielsetzungen. Es ist wichtig, diese Vielfalt zu respektieren und zu bewahren und gleichzeitig die Integration der zusammengelegten Mandate voranzutreiben, um die Wirksamkeit der Institution zu verbessern.
35. § 7 der APE enthält Empfehlungen, die in solchen Institutionen eine angemessene Fokussierung auf das Gleichheitsmandat gewährleisten sollen. Eine klare Führungsstruktur für das Gleichheitsmandat trägt dazu bei, die „Eigentümerschaft“ für dieses Mandat sicherzustellen. Zusätzlich sollte es einen strategischen Plan für das Gleichheitsmandat geben (siehe § 33 der APE), und die Umsetzung der Aktivitäten in Bezug auf Gleichheitsfragen sollte auf eine Weise organisiert werden, die die Sichtbarkeit für dieses Mandat gewährleistet. Ein beratender Ausschuss (siehe § 114 des Begründungstextes) kann dazu beitragen, die Wirksamkeit unter dem Gleichheitsmandat zu verbessern. Der Terminus „Gleichheit” kann auch in den Namen der Institution aufgenommen werden.
36. Der Ansatz, Gleichheitsstellen mit Institutionen mit mehreren Mandaten zu fusionieren oder sie dort zu verorten, sollte nur dann verfolgt werden, wenn er das Gleichheitsmandat nicht schwächt und wenn eine angemessene Fokussierung und ausreichende Ressourcen für dieses Mandat sichergestellt sind. Andernfalls ist es vorzuziehen, eine eigenständige Institution einzurichten oder beizubehalten.
37. Wenn das Mandat einer Institution mit mehreren Mandaten auf den öffentlichen Sektor beschränkt ist, sollte ihr Gleichheitsmandat auf den Privatsektor ausgeweitet werden (und umgekehrt, wenn das bestehende Mandat nur den Privatsektor abdeckt). Dies ist der Übertragung des zusätzlichen Mandats auf eine andere Gleichheitsstelle vorzugswürdig.
38. Sind Gleichheitsstellen Teil einer Institution mit mehreren Mandaten, so sollten die Empfehlungen dieser APE so weit wie möglich auf die gesamte Institution angewendet werden. Während einige der Empfehlungen der APE nur Anwendung im Bereich der Gleichheit finden, müssen andere, wie z. B. die Empfehlungen zur Unabhängigkeit der Gleichheitsstelle, auf die gesamte Institution angewendet werden.
39. In Institutionen mit mehreren Mandaten sollten die Mitgliedstaaten die Kompetenzen und Befugnisse im Hinblick auf die einzelnen Mandate soweit wie möglich untereinander harmonisieren. In einigen Fällen haben diese Institutionen bestimmte Kompetenzen und Befugnisse nur im Hinblick auf ein Mandat, und nicht für alle Mandate erhalten. In anderen Fällen sind die Kriterien für das Ausüben dieser Kompetenzen und Befugnisse von Mandat zu Mandat verschieden. Diese Unterschiede sollten abgeschafft werden, um wirksamen Schutz und Effektivität für alle Mandate zu erreichen, und diese Harmonisierung sollte, sofern möglich, auf den höchsten Standard erfolgen, der für eines der unterschiedlichen Mandate verfügbar ist („Angleichung nach oben“).
40. Gleichheitsstellen sollten sich – sofern es mehrere gibt – untereinander und mit anderen Menschenrechtsinstitutionen einschließlich nationaler Menschenrechtsinstitutionen und Ombudspersonen abstimmen und zusammenarbeiten. Diese Koordinierung und Zusammenarbeit sollte darauf abzielen, ihre Gesamtwirksamkeit in Bezug auf das Gleichheitsmandat zu maximieren. Sie sollten außerdem sicherstellen, dass Gleichheitsfragen möglichst umfassend abgedeckt werden, Fragen der Intersektionalität gebührend berücksichtigt, Fälle querverwiesen und keine doppelten Arbeiten durchgeführt werden. Diese Koordinierung und Zusammenarbeit umfasst einen Dialog in ihren Planungsprozessen, gemeinsame Arbeitsinitiativen und eine kontinuierliche Kommunikation.
III. Funktionen
§§ 10 bis 12 der Empfehlung
41. Gleichheitsstellen erfüllen unterschiedliche Funktionen. Drei Hauptfunktionen können herausgearbeitet werden, für die diese APE die folgenden Bezeichnungen verwendet: (i) Förderung der Gleichheit und Prävention von Diskriminierung (Förderungs- und Präventionsfunktion), (ii) Unterstützung von Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, und Durchsetzung von Rechten in ihrem Namen (Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion) und (iii) Entscheidung über Beschwerden (Entscheidungsfunktion).
42. Wie in den Länderberichten von ECRI dokumentiert, ist die Situation in den Mitgliedstaaten auch in Bezug auf diese Funktionen unterschiedlich: in einigen Mitgliedstaaten wurden alle drei Funktionen Gleichheitsstellen übertragen, in anderen nur eine oder zwei. Während einige Mitgliedstaaten alle Funktionen derselben Gleichheitsstelle übertragen haben, haben andere diese auf verschiedene Gleichheitsstellen aufgeteilt. In mehreren Mitgliedstaaten ist die Entscheidungsfunktion ausschließlich der Justiz übertragen; in anderen wurden die Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion und die Förderungs- und Präventionsfunktion teilweise oder ganz der Zivilgesellschaft oder anderen Institutionen übertragen. Regierung und Behörden leisten ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Förderungs- und Präventionsfunktion.
43. ECRI ist der Ansicht – und hatte dies schon in § 24 ihrer APE Nr. 7 empfohlen – dass alle Mitgliedstaaten den Gleichheitsstellen die zwei Funktionen (i) Förderung und Prävention und (ii) Unterstützung und Rechtsdurchsetzung übertragen sollten. Zivilgesellschaftliche Organisationen können und sollen neben der Gleichheitsstelle eine Rolle spielen und einen wertvollen Beitrag in Bezug auf diese beiden Funktionen leisten. Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, wenden sich häufig zuerst an zivilgesellschaftliche Organisationen, die sie anschließend dazu ermutigen und dabei unterstützen, eine Gleichheitsstelle zu kontaktieren. Gleichheitsstellen und zivilgesellschaftliche Organisationen müssen hierbei mit dem Ziel zusammenarbeiten, den bestmöglichem Weg für die Durchsetzung der Rechte von Menschen zu finden, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, und ihre Tätigkeiten koordinieren.
44. Darüber hinaus können Mitgliedstaaten eine separate Gleichheitsstelle mit einer Entscheidungsfunktion betrauen oder diese ausschließlich der Justiz übertragen. Gleichheitsstellen mit Entscheidungsfunktion können ein leichter zugänglicher, weniger konfliktträchtiger und spezialisierterer Anlaufpunkt für Diskriminierungsfälle sein als die Justiz. Durch die Konzentration von Diskriminierungsfällen an einer Stelle ermöglichen sie die Entwicklung von Fachwissen und einer einheitlichen Rechtsprechung und tragen so zur Umsetzung und Einhaltung der Antidiskriminierungsgesetzgebung bei. Innerhalb der Justiz könnte eine ähnliche Spezialisierung durch die Konzentration von Diskriminierungsfällen in einer kleinen Zahl von Gerichten, Kammern oder Abteilungen erreicht werden, die sich auf dieses Thema spezialisieren.
45. Die Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion und die Entscheidungsfunktion sollten vorzugsweise unterschiedlichen Organen übertragen werden. Gleichheitsstellen müssen unparteilich sein, wenn sie die Entscheidungsfunktion ausüben, wohingegen sie auf der Seite der Beschwerdeführer stehen und diese vertreten, wenn sie die Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion wahrnehmen. Werden beide Funktionen derselben Stelle übertragen, kann dies das Vertrauen der Betroffenen in ihre Unparteilichkeit beeinträchtigen, die für eine glaubwürdige Ausübung der Entscheidungsfunktion unverzichtbar ist.
46. Sind beide Funktionen dennoch in derselben Stelle angesiedelt, sollte jede Funktion von einer anderen Abteilung oder anderen Mitarbeitern ausgeübt werden, und dies sollte für die Öffentlichkeit klar erkennbar sein.
47. Stellen, die sowohl für die Entscheidungsfunktion als auch die Förderungs- und Präventionsfunktion und/oder die Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion zuständig sind, sind oftmals gezwungen, den größten Teil ihrer Ressourcen für die Entscheidungsfunktion einzusetzen, um zu gewährleisten, dass in einer großen Zahl von Fällen fristgerechte und qualitativ hochwertige Entscheidungen ergehen. Da die Gefahr besteht, dass diese Stellen nicht in der Lage sind, sowohl die Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion als auch die Förderungs- und Präventionsfunktion angemessen zu erfüllen, muss sichergestellt werden, dass sie auch für diese beiden Funktionen ausreichende Ressourcen zur Verfügung haben.
48. Gleichheitsstellen sollten, u.a. im Kontext ihrer strategischen Planung (siehe § 33 der APE), frei entscheiden können, auf welche Teile ihres Mandats, ihrer Funktionen und Kompetenzen sie sich zu einem gegebenen Zeitpunkt konzentrieren möchten. Dies ermöglicht es ihnen, ihre Strategie und Aktivitäten auf die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Situation abzustimmen, und gibt ihnen die Flexibilität, sich an das sich stetig verändernde Umfeld anzupassen. Diese Flexibilität ist auch notwendig, um die begrenzten Ressourcen bestmöglich einzusetzen.
IV. Kompetenzen im Bereich der Förderung und Prävention
§ 13 der Empfehlung
49. Gleichheitsstellen benötigen für die Umsetzung der Förderungs- und Präventionsfunktion eine Reihe von Kompetenzen. Die erste in § 13a der APE beschriebene Kompetenz besteht darin, eine vollständige Palette von Förderungs- und Präventionsmaßnahmen zur Erfüllung des in § 4 der APE beschriebenen, breitgefächerten Mandats durchzuführen. In den folgenden Teilen des § 13 der APE werden die wichtigsten Elemente näher beschrieben.
50. Der Dialog zwischen Gleichheitsstellen und den Personen und Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz erleben, bildet die Grundlage für die Planung und die erfolgreiche Umsetzung der Förderungs- und Präventionsfunktion. Ein regelmäßiger, tiefgehender Dialog mit Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, und mit den Organisationen, die sie vertreten, fördert Erkenntnisse über die volle Bandbreite von Diskriminierung und Intoleranz zu Tage, die sie erleben, und über die Themen, die vorrangig behandelt werden müssen, damit sich ihre Lage verbessert. Er ermöglicht auch die Identifizierung erfolgreicher Wege zur Lösung wiederkehrender Muster von individueller und struktureller Diskriminierung.
51. Dieser Dialog sollte zum Ziel haben, die Situation und Probleme von Gruppen zu verstehen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind; diese Gruppen und die sie vertretenden Organisationen in die Aktivitäten und Strukturen der Gleichheitsstelle einzubeziehen (siehe § 37 der APE); gegenseitige Lernprozesse durch den Austausch von Wissen und Fachkenntnissen einzuleiten; und eine regelmäßige Präsenz der Gleichheitsstelle in diesen Gemeinschaften zu gewährleisten, um Vertrauen aufzubauen und das Melden und Anzeigen von Fällen von Diskriminierung und Intoleranz zu unterstützen.
52. Der Dialog sollte möglichst viele gesellschaftliche Gruppen einschließen und eine große Bandbreite von Organisationen einbeziehen, z. B. Organisationen die in diesen Gemeinschaften an der Basis tätig sind, Gremien für die Beteiligung von Minderheiten, religiöse Gemeinschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen und andere Stakeholder, die sich für Gruppen einsetzen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, wie z.B. Gewerkschaften und Berufsverbände.
53. Gleichheitsstellen sollten das Recht haben, alle Angelegenheiten, die unter ihr Mandat fallen, aus eigener Initiative aufzugreifen. Da sich Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, häufig in einer verletzlichen Position befinden und nicht in der Lage sind, selbstständig gegen strukturelle Diskriminierung vorzugehen, ist es wichtig, dass Gleichheitsstellen aus eigener Initiative Nachforschungen (in einigen Staaten wird der Terminus Untersuchung verwendet) und Beweiserhebungen aus eigener Initiative durchführen dürfen, um die – manchmal unsichtbaren – Normen und Prozesse innerhalb von Institutionen feststellen, offenlegen und behandeln zu können, die im Endeffekt zur Benachteiligung bestimmter Gruppen führen. Diese Untersuchungstätigkeit ist für das Aufdecken und Nachweisen von Diskriminierung oder Intoleranz und dafür wichtig, dass diese Benachteiligungen letztendlich beseitigt werden können. In Fällen und Untersuchungen, die konkrete Personen betreffen, sollte die Gleichheitsstelle nur mit deren Einwilligung handeln.
54. Forschung ist ein wichtiges Mittel dafür, das Wissens und Verständnis zu entwickeln, die notwendig sind, um die Probleme zu erkennen, zu analysieren und zu bewältigen, mit denen Gruppen konfrontiert sind, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind. Solide quantitative und qualitative Daten zu Gleichheit, Diskriminierung und Intoleranz sind von grundlegender Bedeutung, um die Allgemeinheit, politische Entscheidungsträger und Fachleute über das Wesen und das Ausmaß von Diskriminierung und Intoleranz aufzuklären. Sie tragen außerdem dazu bei, Methoden für das Erreichen von Gleichheit zu identifizieren, und Entscheidungsträger dazu zu motivieren, Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Forschung und Daten helfen außerdem der Gleichheitsstelle bei der Planung, Umsetzung, Überwachung und Evaluierung ihrer Tätigkeiten.
55. Forschung umfasst ein breites Spektrum von Aktivitäten und schließt Umfragen, Studien und Datenerfassungen, die von der Stelle selbst durchgeführt werden, und die Analyse von Umfragen, Studien und Daten zur Gleichheit aus verschiedenen Quellen ein. Das Erfassen und Systematisieren der Rechtsprechung zu Gleichheit, Diskriminierung und Intoleranz schafft ebenfalls einen Mehrwert.
56. Durch ihre Aufklärungsarbeit sollten die Gleichheitsstellen das Verständnis dafür fördern, wie offene und versteckte Diskriminierung funktioniert und Wissen darüber vermitteln, was für mehr Gleichheit erforderlich ist. Gleichheitsstellen sollten über Rechte, Rechtsmittel und Verantwortlichkeiten unter der Gleichbehandlungsgesetzgebung informieren und die Wertschätzung von Gleichheit und Vielfalt in der Gesellschaft und innerhalb von Institutionen fördern.
57. Diese Maßnahmen sollten sich an eine Reihe verschiedener Zielgruppen richten, u.a. die allgemeine Öffentlichkeit, Politiker, leitende Beamte und andere Entscheidungsträger, Arbeitgeber, Gewerkschaften, Personalmanager, Dienstleister, Mitarbeiter im öffentlichen und privaten Bereich, Pädagogen, religiöse Gemeinschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen, die Justiz und Juristen, die Polizei und Medienvertreter.
58. Gleichheitsstellen sollten gezielte Aufklärungsmaßnahmen für Menschen und Gruppen entwickeln, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind. Die Befähigung und Unterstützung dieser Menschen und Gruppen, die notwendige Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und Intoleranz zu ergreifen, ist ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung ihrer Situation. Ein erster Schritt besteht darin, Wissen über Gleichbehandlunggesetze und Gesetze gegen Hassrede und Hassverbrechen zu verbreiten und die Vorstellung zu zerstören, Diskriminierung und Intoleranz seien normal und man könne nichts gegen sie tun. Gleichheitsstellen sollten des Weiteren die individuellen und kollektiven Fähigkeiten der Mitglieder jener Gruppen stärken, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, indem sie diese über ihre Rechte, die verfügbaren Rechtsmittel und deren Inanspruchnahme schulen. Darüber hinaus sollten sie ihnen den Zugang zu anderen Institutionen erleichtern, die mit ihrem Schutz beauftragt sind, wie zum Beispiel die Polizei, Staatsanwaltschaften, Aufsichtsbehörden im Bereich der Medien sowie Schul- und Arbeitsinspektoren. Zusammen mit diesen Institutionen sollten die Gleichheitsstellen die tieferen Ursachen dafür analysieren, dass Fälle von Diskriminierung und Intoleranz zu selten gemeldet und zur Anzeige gebracht werden, und die erforderlichen Schritte ergreifen um sicherzustellen, dass Fälle von Diskriminierung und Intoleranz systematisch den zuständigen Stellen gemeldet werden.
59. Gleichheitsstellen sollten die Entwicklung, den Austausch und die Implementierung guter Praktiken im Bereich Gleichheit, Diskriminierung und Intoleranz fördern. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf Politiker, leitende Beamte, andere Entscheidungsträger und Institutionen im öffentlichen und privaten Sektor gelegt werden. Gleichheitsstellen sollten Anleitung geben und dabei unterstützen, eine Gleichheitsperspektive in die Politikentwicklung und den Gesetzgebungsprozess einzubringen und interne Gleichheits- und Vielfaltssysteme und Schutzmaßnahmen zu implementieren. Gute Praktiken im Bereich der Gleichheit umfassen die Ausarbeitung und Umsetzung einer Gleichheitspolitik in der eigenen Organisation und im eigenen Verantwortungsbereich, die Ernennung eines Gleichheitsbeauftragten, die Schulung der Mitarbeiter, die Konsultation derjenigen, die Ungleichheit erleben, das Erfassen von Gleichheitsdaten und die Überprüfung der Auswirkungen von wichtigen Entscheidungen zur Förderung von Gleichheit und zur Verhinderung von Diskriminierung und Intoleranz. Als gute Praktiken genannt werden können auch der Einsatz anonymisierter Bewerbungsverfahren sowie der vereinfachte Zugang zu Ausweisdokumenten und zur Schulanmeldung für Mitglieder von Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind.
60. Positive Maßnahmen, wie in § 5 der APE Nr. 7 von ECRI beschrieben, schließen Maßnahmen zur Verhinderung oder zum Ausgleich von Benachteiligungen ein, unter denen Gruppen leiden, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, sowie Maßnahmen zur Erleichterung ihrer vollen Partizipation in allen Lebensbereichen. Gleichheitsstellen sollten den Einsatz positiver Maßnahmen insbesondere in solchen Bereichen fördern, in denen eine tief verwurzelte, dauerhafte strukturelle Diskriminierung bekämpft werden muss. Beispiele sind die besondere Unterstützung in Vorschule und Schule für Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, und die gezielte Einstellung von Angehörigen dieser Gruppen im öffentlichen und privaten Sektor.
61. Gemäß §§ 2 und 8 der APE Nr. 7 von ECRI sollten die nationalen Antidiskriminierungsgesetze die öffentlichen Behörden dazu verpflichten, bei der Durchführung ihrer Tätigkeiten Gleichheit zu fördern und Diskriminierung zu verhindern. In Mitgliedstaaten, in denen eine solche gesetzliche Verpflichtung nicht existiert, sollten die Gleichheitsstellen die Umsetzung dieser Empfehlung fördern.
62. Wo eine solche gesetzliche Verpflichtung existiert, sollten die Gleichheitsstellen das Bewusstsein für diese allgemeine Verpflichtung zur Einbeziehung des Gleichheitsgrundsatzes in alle Tätigkeiten der öffentlichen Hand schärfen, und ihre Umsetzung unterstützen und überwachen. Zu diesem Zweck sollten die Gleichheitsstellen Standards entwickeln, die beispielsweise die Ausarbeitung und Umsetzung von Leitlinien für Gleichheitsfolgenabschätzungen und Gleichheitsprogramme umfassen können (siehe diesbezüglich § 27 des Begründungstextes zur APE Nr. 7 von ECRI und den Begründungstext zu § 1 ihrer APE Nr. 14 und für die Bereiche Polizeiarbeit und Bildung die Empfehlungen in ihrer APE Nr. 11 und Teil II.1 ihrer APE Nr. 10). Außerdem sollten Gleichheitsstellen Behörden während der Implementierung solcher Standards durch Schulung und Anleitungsmaterialien unterstützen, und bei der regelmäßigen Überprüfung ihrer Umsetzung durch Monitoring und Wirkungsprüfung mitwirken. Gleichheitsstellen sollten diesen Standards gegebenenfalls Geltung verschaffen oder darauf hinwirken, dass sie im Rahmen von Verfahren vor den zuständigen Behörden oder im Wege gerichtlicher Überprüfung durchgesetzt werden.
63. Die Kompetenz, Maßnahmen von Legislative und Exekutive auf Bundes-, regionaler und lokaler Ebene zu überwachen, sollte durch die Kompetenz ergänzt werden, diese, wie in § 14 der APE ausgeführt, der gerichtlichen Überprüfung zuzuführen.
64. Gleichheitsstellen sollten die für Aus- und Fortbildung zuständigen Organisationen dazu motivieren und dabei unterstützen, Einführungs- und Fortbildungskurse zum Thema Gleichheit und Nichtdiskriminierung zu entwickeln und durchzuführen. Zu den wichtigsten Zielgruppen sollten Politiker, leitende Beamte und andere Entscheidungsträger, Arbeitgeber, Personalmanager, Gewerkschaften, die Justiz, andere Juristen, die Polizei, Medienvertreter, Pädagogen, Unternehmen und Dienstleister gehören. Gleichheitsstellen können auch selbst solche Schulungen anbieten, vor allem wenn es keinen anderen Anbieter gibt.
65. Um wirklich etwas zu bewirken, sollten Gleichheitsstellen ihre Arbeit nicht mit dem Geben von Empfehlungen beenden, sondern auch deren Umsetzung überwachen. In vielen Fällen wird es hilfreich sein, mit denen einen Dialog aufzunehmen, an die sich die Empfehlungen richten. Im Rahmen dieses Dialogs können Gleichheitsstellen ihre Empfehlungen erläutern, aufzeigen, wie man diese umsetzen kann, und die verantwortlichen Personen dazu motivieren, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Gleichheitsstellen sollten die Fortschritte bei der Umsetzung ihrer Empfehlungen verfolgen und regelmäßig eine Übersicht ihres Umsetzungsstandes veröffentlichen.
66. Gleichheitsstellen sollten außerdem dazu beitragen, die Umsetzung einschlägiger Empfehlungen anderer vergleichbarer Stellen zu verfolgen und zu überwachen (siehe § 13n und o der APE).
67. Eine Reihe zwischenstaatlicher Organisationen, u.a. die Vereinten Nationen, der Europarat und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und die ihnen zugeordneten Gerichtshöfe, Kommissionen und Ausschüsse, haben ein Mandat, das die Förderung von Gleichheit und die Prävention und Bekämpfung von Diskriminierung und Intoleranz einschließt. Für Gleichheitsstellen ist es von großem Vorteil, mit diesen zwischenstaatlichen Organisationen eng zusammen zu arbeiten. Gleichheitsstellen sollten die Ratifizierung und Umsetzung relevanter internationaler Übereinkommen fördern und Wissen über die Normen, die Rechtsprechung, Berichte und Empfehlungen, die von zwischenstaatlichen Organisationen stammen, verbreiten. Die Verknüpfung der Arbeit der Gleichheitsstelle mit dem internationalen Rahmen erhöht die Legitimität und die Wirkung ihrer Aktivitäten. Wo notwendig sollten Gleichheitsstellen die Übersetzung solcher Texte in die in ihrem Land gebräuchlichen Sprachen fördern.
68. Gleichheitsstellen sollten sich am Monitoring, den Beratung- und den Kooperationsaktivitäten zwischenstaatlicher Organisationen beteiligen. Innerhalb dieses Rahmens sollten sie Informationen bereitstellen und Vorschläge für Empfehlungen unterbreiten. Dies ermöglicht es den zwischenstaatlichen Organisationen, die Anliegen und das Fachwissen der Gleichheitsstellen aufzugreifen, ihre eigenen Empfehlungen auf diese Anliegen und dieses Fachwissen zu stützen, den Stellungnahmen der Gleichheitsstellen eine zusätzliche Legitimität zu verschaffen und zur Aufrechterhaltung und Förderung der Unabhängigkeit und Effektivität der Gleichheitsstelle beizutragen. Gleichheitsstellen sollten ihrerseits die Umsetzung der Empfehlungen der zwischenstaatlichen Organisationen auf nationaler Ebene fördern und überwachen.
69. Gleichheitsstellen arbeiten in einem weiter gefassten Rahmen aus Organisationen und Institutionen, die sich mit Gleichheit, Diskriminierung und Intoleranz befassen. Der Aufbau von Netzwerken zwischen diesen Organisationen, die Erforschung ihrer Anliegen und ein Beitrag zur Koordinierung von Maßnahmen innerhalb dieser Netzwerke werden deren Beitrag zur Erreichung des gemeinsamen Ziels erhöhen. Gleichheitsstellen können auf diese Weise als Knotenpunkt dienen, über den diese Organisationen miteinander verbunden sind und sich austauschen. Diese Netzwerke sollten eingesetzt werden, um ein gemeinsames Verständnis und gemeinsame Ziele im Bereich der Gleichheit zu entwickeln und gemeinsame Maßnahmen umzusetzen. Darüber hinaus kann die Kooperation mit Rechtsanwälten, die bereit sind, auf pro bono-Basis zu arbeiten, für die Förderungs- und Präventions- sowie die Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion besonders wichtig sein.
70. Die Kooperation mit Gleichheitsstellen in anderen Mitgliedstaaten ist eine wichtige Quelle für Peer-Learning, kontinuierliche Verbesserung und die Stärkung von Gleichheitsstellen. Equinet, das Europäische Netz nationaler Gleichheitsstellen beispielsweise, hat hierbei eine wertvolle Rolle.
V. Kompetenzen im Bereich der Unterstützung und Rechtsdurchsetzung
§ 14 der Empfehlung
71. Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, müssen vielfältige Probleme und Hürden überwinden, wenn sie gegen Ungleichheit vorgehen wollen. Viele von ihnen verfügen weder über die Fähigkeiten noch die Ressourcen, um ihre Rechte durchzusetzen. Gleichheitsstellen haben daher eine wichtige Funktion: diesen Menschen bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu helfen.
72. Gleichheitsstellen sollten das Recht haben, Beschwerden über Diskriminierung und Intoleranz einschließlich Hassrede entgegenzunehmen und zu bearbeiten. Um die Einreichung solcher Beschwerden zu erleichtern, sollten sie sicherstellen, dass sie für Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, leicht zugänglich sind (siehe § 40 der APE). Häufig benötigen diese Menschen zunächst persönliche und emotionale Unterstützung, um mit der Diskriminierung und Intoleranz umzugehen, die sie erfahren. Im nächsten Schritt brauchen sie Rechtsberatung, um ihre Rechte und mögliche Wege zur Sicherung dieser Rechte zu klären. Anschließend benötigen sie einen Rechtsbeistand, um sich an öffentliche und private Institutionen, Entscheidungsinstanzen und Gerichte mit dem Ziel zu wenden, ihre Rechte durchzusetzen.
73. Der Terminus „Institution” schließt in diesem Zusammenhang alle Institutionen des öffentlichen und privaten Sektors ein, die sich mit der Bearbeitung oder Beilegung von Beschwerden wegen Diskriminierung oder Intoleranz befassen. „Entscheidungsinstanzen” schließen alle Gremien ein, die außerhalb des Gerichtswesens Entscheidungsbefugnisse haben, u.a. Gleichheitsstellen mit Entscheidungsfunktion.
74. Die Schlichtung kann ein rasches und einvernehmliches Verfahren sein, um Diskriminierung oder Intoleranz zu beenden. Der Rückgriff auf die Schlichtung kann besonders dort von Vorteil sein, wo die Diskriminierung oder Intoleranz in einer bestehenden Beziehung auftritt, z. B. einem Beschäftigungs- oder einem Mietverhältnis. Die Schlichtung sollte einer unparteilichen Person oder Einheit innerhalb oder außerhalb der Gleichheitsstelle anvertraut werden.
75. Gleichheitsstellen sollten das Recht haben, Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, durch ihre eigenen Mitarbeiter zu vertreten oder einen Anwalt zu beauftragen und zu bezahlen, um die betreffende Person vor Institutionen, Entscheidungsinstanzen und Gericht zu vertreten.
76. In Fällen von Diskriminierung gibt es vielfältige Vorgehensweisen, aus denen die Gleichheitsstellen die jeweils effektivste auswählen sollten, um die Rechte des Beschwerdeführers geltend zu machen. Bei Problemen mit der Schulanmeldung oder Zwangsräumungen von Roma-Siedlungen könnte die Gleichheitsstelle z. B. ein Verwaltungsverfahren bei der zuständigen Behörde oder ein Verfahren bei einem Gleichheitsgericht oder einem ordentlichen Gericht einleiten. In anderen Fällen kann sie ein Verfahren bei einer privatrechtlichen Einrichtung wählen, z. B. einem Presserat. Des Weiteren ist es wichtig, Gleichheitsstellen für Fälle, die die Vereinbarkeit von Rechts- oder Verwaltungsakten mit dem Grundrecht auf Gleichbehandlung betreffen, Zugang zu den Verfassungsgerichten zu geben. Auf internationaler Ebene sollten Gleichheitsstellen das Recht haben, Fälle vor internationale oder regionale Gerichte und vor die Ausschüsse zu bringen, die sich mit Individual- oder Sammelbeschwerden befassen, beispielsweise den Ausschuss für soziale Rechte des Europarats oder den UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung.
77. Gleichheitsstellen müssen befugt sein, im eigenen Namen Fälle zu vertreten, bei denen eine ganze Kategorie von Personen diskriminiert wird und es daher keinen individuellen Beschwerdeführer gibt. Ein Beispiel wäre der Aufruf zu Hass durch einen Politiker gegen alle LGBT-Personen. Dieselbe Kompetenz ist erforderlich, wenn eine Person Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt ist, sich aber nicht in der Lage fühlt, ein Verfahren im eigenen Namen anhängig zu machen, z. B. in Bereichen, in denen Menschen Angst vor Viktimisierung haben. Die Mitgliedstaaten sollten alle verfügbaren Ansätze prüfen, um den Gleichheitsstellen diese Kompetenz zu übertragen.
78. Institutionen, Entscheidungsinstanzen und Gerichte sollten das Fachwissen der Gleichheitsstellen für ihre Verfahren nutzen. Gleichheitsstellen sollten ihrerseits das Recht haben, in diesen Verfahren zu intervenieren, wenn sie der Meinung sind, ihr Fachwissen könnte für die Bearbeitung des Falles hilfreich sein.
79. Es gibt rechtlich festgelegte Verfahren für die Vollstreckung der Entscheidungen von Gerichten, Entscheidungsinstanzen und Institutionen. Daneben verbleibt ein Raum für zusätzliche Aktivitäten der Gleichheitsstellen, um die Umsetzung solcher Entscheidungen zu fördern. Diese können eine Korrespondenz mit Einzelpersonen, Organen oder Institutionen einschließen, an die diese Entscheidungen gerichtet sind, ebenso eine Beratung dieser Personen, Organe und Institutionen, Ortsbesichtigungen und gemeinsame Maßnahmen mit anderen relevanten Stellen wie z.B. Aufsichtsbehörden, um die Umsetzung der Entscheidungen sicherzustellen. Nachverfolgungsmaßnahmen sollten zeitnah und systematisch durchgeführt werden.
§ 15 der Empfehlung
80. Parallel zur Unterstützung einzelner Beschwerdeführer sollten Gleichheitsstellen auch eine Politik für die strategische Prozessführung ausarbeiten und in die Tat umsetzen. Die strategische Prozessführung besteht aus dem Identifizieren und sorgfältigen Auswählen von Fällen für Prozesse, um die Rechte von Personengruppen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden, zu klären, zu fördern und zu schützen, aus der Erzeugung einer breiten öffentlichen Aufmerksamkeit für diese Fälle und aus der weiten Verbreitung der Ergebnisse dieser Fälle, z.B. durch die Medien. Im Bereich der Gleichheit verfolgt die strategische Prozessführung die folgenden Ziele: (i) Generieren gerichtlicher Entscheidungen, die die Auslegung der Gleichbehandlungsgesetzgebung klärt, (ii) Gewährleistung einer kritischen Masse an Rechtsprechung zu den verschiedenen Diskriminierungsgründen, (iii) Entwicklung einer Rechtsprechung zu Fragen der strukturellen Diskriminierung, (iv) Generieren öffentlicher Aufmerksamkeit und Nutzung dieser Aufmerksamkeit, um Personen und Institutionen für ihre Verpflichtungen nach der Gleichheitsgesetzgebung zu sensibilisieren und (v) Motivation von Personen und Institutionen, diese Verpflichtungen zu respektieren und zum gesellschaftlichen Wandel beizutragen. Durch solche strategischen Prozesse und die Berichterstattung darüber in den Medien können Gleichheitsstellen die Situation von Gruppen erheblich verbessern, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, und die Wirkung ihrer Unterstützungsmaßnahmen erhöhen.
81. Da Gleichheitsstellen immer mehr Beschwerden erhalten, ist es ihnen unmöglich, alle Personen zu vertreten, die sich an sie wenden. Während sie allen Beschwerdeführern eine erste Hilfe anbieten und diese möglichst an andere zuständige Institutionen verweisen sollten, sollten sie die Möglichkeit dazu haben, bestimmten Fällen Priorität einzuräumen und in diesen Fällen die rechtliche Vertretung zu übernehmen. Dies ermöglicht es ihnen, ihre Ressourcen möglichst effektiv zu nutzen und strategische Prozesse zu führen. Zur Gewährleistung von Transparenz und Konsistenz sollten die Gleichheitsstellen die Kriterien veröffentlichen, auf die sie diese Auswahl stützen.
§ 16 der Empfehlung
82. Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, sind häufig nicht in der Lage, die Kosten und das finanzielle Risiko von Verfahren zu tragen, die zur Wahrung ihrer Rechte eingeleitet werden. Solche Fälle durchlaufen häufig mehrere Instanzen, insbesondere Fälle struktureller Diskriminierung und Fälle, die für die strategische Prozessführung ausgewählt werden. Die Kosten und finanziellen Risiken sind u.a. (i) Gerichts- und Verwaltungskosten; (ii) die Gebühren für den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers und (iii) das Risiko, die Anwaltsgebühren der anderen Partei übernehmen zu müssen, falls der Beschwerdeführer den Fall verliert.
83. Insbesondere für Fälle struktureller Diskriminierung und für Fälle, die für die strategische Prozessführung ausgewählt werden, sollte ein System vorhanden sein, dass gewährleistet, dass die Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, diese Kosten und Gebühren nicht tragen müssen. Die Mitgliedstaaten können sich insoweit durch bestehende guter Praktiken inspirieren lassen und diese Situation auf verschiedene Weise angehen, z.B. indem sie (i) Menschen, die Diskriminierung ausgesetzt sind, von Gerichtsgebühren freistellen; (ii) für Fälle von Diskriminierung eine Prozesskostenhilfe vorsehen, die 100% der Kosten und Gebühren abdeckt; (iii) Gleichheitsstellen ermächtigen, Fälle zur „kostenlosen“ Prozessführung vor die Gerichte weiterzuleiten, damit Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, keine Gerichtsgebühren zahlen müssen und ihre Rechtsvertretung kostenlos durch den Staat erhalten; (iv) gewährleisten, dass der Beschwerdeführer im Verfahren nicht für die Kosten der gegnerischen Seite haftbar ist, wenn ein Fall nicht erfolgreich ist, aber wichtige Fragen aufgeworfen hat, die geklärt werden müssen, oder wenn an dem Fall ein öffentliches Interesse besteht; (v) die Möglichkeit von Sammelklagen vorsehen, damit sich eine größere Anzahl von Beschwerdeführern für einen Prozess zusammenschließen kann, wodurch sie ihr Kostenrisiko verringern oder (vi) ausreichende Mittel bereitstellen, um Gleichheitsstellen in die Lage zu versetzen, Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, durch eigene Mitarbeiter vertreten zu lassen oder einen Anwalt für die Vertretung der betroffenen Person zu bezahlen, wie bereits in § 75 des Begründungstextes ausgeführt.
VI. Kompetenzen im Bereich der Entscheidungsfunktion
§§ 17 bis 18 der Empfehlung
84. Viele Mitgliedstaaten haben den Gleichheitsstellen die Kompetenz übertragen, über Beschwerden wegen Diskriminierung und Intoleranz zu entscheiden. Unter diesen Gleichheitsstellen können zwei Modelle unterschieden werden: die erste Gruppe von Gleichheitsstellen kann bindende Entscheidungen erlassen und einige können auch Sanktionen auferlegen (§ 17 der APE). Die zweite Gruppe von Gleichheitsstellen spricht Empfehlungen aus, die in der Praxis erheblichen Einfluss haben können, selbst wenn sie nicht bindend und nicht mit Sanktionen versehen sind (§ 18 der APE). Institutionen, die das Mandat einer Ombudsperson mit einem Gleichheitsmandat verbinden, gehören häufig dieser zweiten Gruppe an.
85. Gleichheitsstellen, die über Beschwerden entscheiden, können Gerichten ähneln und Urteile oder Entscheidungen erlassen, oder sie ähneln unabhängigen Verwaltungsbehörden und erlassen Verwaltungsakte oder Entscheidungen.
86. Diese Stellen sollten die Kompetenz haben, Beschwerden wegen Diskriminierung, einschließlich Hassrede, entgegenzunehmen. Im Gesetz sollte ausdrücklich festgelegt sein, dass die Regelungen zur geteilten Beweislast in Diskriminierungsfällen (§ 11 der APE Nr. 7 von ECRI) in den Verfahren vor ihnen zur Anwendung kommen. Zusätzliche Bestimmungen zum Verfahren vor diesen Stellen sind erforderlich, die grundlegende Verfahrensgarantien festlegen sollten und sich an den Zivil- und Verwaltungsprozessordnungen orientieren können. Es würde den Rahmen dieser APE sprengen, diese Bestimmungen im Detail auszuarbeiten.
87. Richten Mitgliedstaaten eine Gleichheitsstelle mit Entscheidungsfunktion ein, so sollten sie diese mit entsprechenden Entscheidungs- und Folgekompetenzen ausstatten. Die Gleichheitsstelle sollte vorzugsweise die Kompetenz haben, rechtsverbindliche Entscheidungen zu treffen (erstes Modell § 17) und nicht auf unverbindliche Empfehlungen beschränkt sein (zweites Modell § 18). Bei beiden Modellen sollten Gleichheitsstellen, die Entscheidungen über Beschwerden fällen, ihre Entscheidungen begründen und veröffentlichen, und die Kompetenz haben, Entscheidungen zu erlassen, die darauf abzielen, Diskriminierung zu beenden (z. B. Verpflichtung, Roma-Kinder gleichmäßig auf alle Klassen einer Schule aufzuteilen), vollständige Gleichheit zu erreichen (z. B. Auflage zur Zahlung eines gleichen Lohnes an den Beschwerdeführer) und künftige Diskriminierung zu verhindern (z. B. durch den Erlass einer Regel zur Verteilung von Schülern auf die verschiedene Klassen). Des Weiteren sollten sie vorzugsweise über die zusätzliche Kompetenz verfügen, in Diskriminierungsfällen effektive, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen zu verhängen, einschließlich einer Entschädigung für materielle und immaterielle Schäden (§ 12 der APE Nr. 7 von ECRI), Bußgeldern und der Veröffentlichung der Entscheidung mit dem Namen des Täters (erstes Modell § 17). Der Name des Beschwerdeführers sollte nur mit dessen Zustimmung veröffentlicht werden.
88. Unter dem ersten Modell sollten die Mitgliedstaaten ein System für die Vollstreckung der Entscheidungen der Gleichheitsstelle einrichten, das sich an der Gesetzgebung zur Vollstreckung von Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen orientieren kann.
§§ 19 und 20 der Empfehlung
89. Gegen rechtsverbindliche Entscheidungen sollte es möglich sein, Rechtsmittel zu den Gerichten einzulegen, jedoch nur gegen verfahrensabschließende Sachentscheidungen. Gegen nicht verbindliche Empfehlungen sollte kein Rechtsmittel vorgesehen werden.
90. Entscheidet sich ein Beschwerdeführer dafür, zunächst ein Verfahren bei Gericht anzustrengen, sollte ihm nicht gestattet werden, anschließend für denselben Sachverhalt noch ein Verfahren vor einer Gleichheitsstelle mit Entscheidungsfunktion einzuleiten.
VII. Befugnis, Beweise und Informationen zu erheben
§ 21 der Empfehlung
91. Gleichheitsstellen benötigen angemessene Befugnisse, um für alle drei Funktionen, die in dieser APE aufgeführt sind, Beweise und Informationen zu erheben. Die Befugnisse von Stellen mit Entscheidungsfunktion können weiter reichen als jene von Gleichheitsstellen, die ausschließlich mit der Förderungs- und Präventions- und der Unterstützungs- und Rechtsdurchsetzungsfunktion betraut sind.
VIII. Unabhängigkeit und Effektivität
§ 22 der Empfehlung
92. Um die bestmöglichen Wirkungen und Ergebnisse im Bereich der Gleichheit zu erzielen, sollten die Mitgliedstaaten eine Reihe von Vorkehrungen treffen, um die Unabhängigkeit und Effektivität der Gleichheitsstelle zu gewährleisten (siehe auch die §§ 2 und 3 der APE).
§§ 23 bis 26 der Empfehlung
93. Führung von hoher Qualität und Integrität ist für die Unabhängigkeit und Effektivität von Gleichheitsstellen unerlässlich. Daher enthält diese APE mehrere Empfehlungen in Bezug auf die Leitung von Gleichheitsstellen.
94. Wie in ECRI’s Länderberichten dokumentiert, unterscheiden sich die Leitungsmodelle für Gleichheitsstellen in den Mitgliedstaaten erheblich. Gleichheitsstellen können durch einen in Vollzeit oder Teilzeit tätigen Leiter oder Präsidenten des Leitungsorgans der Stelle geführt werden, durch eine einzelne, ernannten Person (z. B. eine Ombudsperson), mit Stellvertretern, die für unterschiedliche Themenbereiche zuständig sind (z. B. stellvertretende Ombudspersonen) oder einen leitenden Angestellten (z. B. eine Person, die eingestellt wurde, um die Gleichheitsstelle zu leiten, die dann dem Aufsichtsorgan Rechenschaft ablegt).
95. Die primäre Schutzmaßnahme zur Sicherstellung einer unabhängigen Leitung von Gleichheitsstellen ist, die Personen für Führungspositionen mittels eines transparenten und kompetenzbasierten Prozesses auszuwählen, der für die gesamte Dauer des Verfahrens Schutzmechanismen gegen jegliche entscheidende Einflussnahme seitens der Exekutive aufweist, insbesondere in der Phase der Nominierung oder (Vor-) Auswahl der Kandidaten und in der Entscheidungsphase. Dieser Prozess sollte partizipatorisch sein, was bedeutet, dass Organisationen, die Gruppen vertreten oder mit Gruppen arbeiten, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, in diesem mitwirken sollten. Die Wahl durch das Parlament im Rahmen eines offenen und transparenten Verfahrens ist eine Möglichkeit, diese Bedingungen zu erfüllen.
96. Personen, die Führungspositionen bekleiden, sollten den gleichen Schutz vor Bedrohungen und Zwang genießen wie vergleichbare Vertreter des Staates. Das Gesetz sollte Bestimmungen über die Bedingungen enthalten, unter denen Personen in Führungspositionen in Ausnahmefällen entlassen oder vom Auswahlprozess ausgeschlossen werden können, der zu einer Verlängerung des Mandats führen könnte. Änderungen des Mandats oder eine Umstrukturierung der Institution sollten nicht zur Entlassung von Personen in Führungspositionen führen. Diese Personen für die Ausübung ihrer Funktionen mit einer angemessenen Immunität auszustatten, stellt eine zusätzliche Absicherung ihrer Unabhängigkeit dar. Details und Standards hierzu finden sich im Bericht der Venedig-Kommission des Europarats über Umfang und Aufhebung der parlamentarischen Immunität, CDL-AD(2014)011.
97. Personen, die Führungspositionen bekleiden, sollten keiner Tätigkeit nachgehen oder Mitglieder von Gremien oder Institutionen sein, die die Unabhängigkeit der Gleichheitsstelle unterminieren oder anderweitig ihre Rollen kompromittieren könnten. Sie sollten z. B. keine Regierungsminister, leitende Beamte oder Leiter von Berufsverbänden sein.
98. Eine starke und stabile Leitung ist für die Wirksamkeit von Gleichheitsstellen ausschlaggebend. Die für die Leitung von Gleichheitsstellen verantwortlichen Personen müssen in den verschiedenen Bereichen ihres Mandats Fortschritte und Wirkung erzielen, sich gleichzeitig auf einen sich stetig wandelnden politischen Kontext einstellen und das Mandat und die Unabhängigkeit der Stelle hochhalten. Darüber hinaus müssen sie eine professionelle und engagierte Belegschaft aufbauen, die sich auf die strategischen Prioritäten der Stelle konzentriert, und eine Reihe unterschiedlichster Beziehungen zu verschiedenen Stakeholdern pflegen.
99. Zur Gewährleistung einer effizienten Führung müssen die Zuständigkeiten der Personen, die Führungspositionen bekleiden, klar definiert werden. Es sollte zumindest eine Führungskraft in Voll- oder Teilzeit arbeiten, die sich auf die Leitung und Verwaltung der Gleichheitsstelle konzentriert und die eine wettbewerbsgerechte Vergütung erhält. Die Dauer des Mandats sollte ihnen ausreichend Zeit lassen, Wirkung zu entfalten und ihre Unabhängigkeit absichern. Sie könnte z. B. zwischen vier und fünf Jahren mit Verlängerungsmöglichkeit liegen, oder einen längeren Zeitraum ohne Verlängerungsmöglichkeit umfassen.
§§ 27 bis29 der Empfehlung
100. Eine weitere wichtige Absicherung der Unabhängigkeit von Gleichheitsstellen ist das Recht, unabhängig über die interne Struktur, die Verwaltung des Haushalts und der finanziellen und personellen Ressourcen und die Einstellung von Mitarbeitern zu entscheiden und ihre eigenen, separaten Räumlichkeiten auszusuchen und zu beziehen. Diese Räumlichkeiten sollten in Größe und Zweck dem Bedarf der Gleichheitsstelle entsprechen. Die Abordnung von Mitarbeitern aus Institutionen des öffentlichen Sektors sollte begrenzt sein, da dies die Unabhängigkeit der Gleichheitsstelle beeinträchtigen und die Wahrnehmung ihrer Unabhängigkeit unterminieren könnte.
101. Eine angemessene Finanz- und Personalausstattung sind Schlüsselfaktoren für die Wirksamkeit von Gleichheitsstellen und sollten auf Grundlage objektiver Indikatoren ermittelt werden. Diese Faktoren könnten Folgendes einschließen: (i) die Größe des Mitgliedstaates und seiner Bevölkerung, (ii) die Anzahl und die Natur der gemeldeten und nicht gemeldeten Fälle von Diskriminierung und Intoleranz, einschließlich Hassrede, (iii) das Spektrum, die Kapazität und der Beitrag anderer Stellen, die in den Bereichen Gleichheit, Diskriminierung und Intoleranz arbeiten, (iv) die Kosten, die der Gleichheitsstelle bei der Wahrnehmung ihrer Funktionen und Kompetenzen in einem Umfang und einer Qualität entstehen, die notwendig sind, um Wirkung zu erzielen, und (v) der Umfang des Staatshaushaltes des Mitgliedstaates. Peer-to-Peer-Reviews mit anderen Mitgliedstaaten können bei der Ermittlung der erforderlichen Ressourcen für die Gleichheitsstelle hilfreich sein.
102. Bezüglich der Verwendung der Haushaltsmittel sollte Transparenz gewährleistet sein, entweder durch den Jahresbericht der Gleichheitsstelle oder durch eine andere angemessene Methode.
103. Das Recht, zusätzliche Mittel aus anderen Quellen als dem Staat zu beschaffen, z. B. von der EU, dem Europarat oder privaten philanthropischen Organisationen, kann dazu beitragen, die Wirkung der Gleichheitsstellen zu erhöhen, solange dies ihre Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt.
§ 30 der Empfehlung
104. Das Recht, ohne vorherige Genehmigung oder Mitteilung öffentliche Erklärungen abzugeben und Dokumente zu verfassen und zu veröffentlichen, einschließlich Jahresberichten, thematischen, Sonder- und Untersuchungsberichten, ist ein wichtiges Element der Unabhängigkeit. Die Berichte sollten nicht der Genehmigung seitens des Parlaments oder der Regierung bedürfen.
§ 31 der Empfehlung
105. Zur Untermauerung ihrer Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit sollten Gleichheitsstellen ihre Tätigkeit auf die relevanten internationalen und nationalen Rechtsrahmen, Standards, Empfehlungen und Rechtsprechung gründen. Ihre Arbeit sollte evidenzbasiert sein und die Standpunkte der relevanten Institutionen und Personen berücksichtigen und prüfen.
§ 32 der Empfehlung
106. Mit der Unabhängigkeit von Gleichheitsstellen ist es vereinbar, diese dem Recht des öffentlichen Dienstes und den Vorschriften zur finanziellen Rechenschaftspflicht zu unterstellen. Diese Regelungen dürfen aber nicht missbraucht werden, um die Tätigkeit der Gleichheitsstelle zu behindern. Wo angemessen, können die Regelungen, die in dieser Hinsicht für die Justiz gelten, auch auf die Gleichheitsstellen angewendet werden.
§§ 33 bis 34 der Empfehlung
107. Die strategische Planung und das Arbeiten in regelmäßigen Planungs- und Managementzyklen sind wichtig, um Schwerpunktthemen zu priorisieren, die Wirksamkeit der Stelle zu maximieren, die Arbeitsqualität zu verbessern, die Ressourcen effizient zu verwenden und einen Prozess des fortdauernden Lernens und der kontinuierlichen Verbesserung innerhalb der Gleichheitsstelle sicherzustellen. Diese Planungs- und Managementzyklen umfassen in der Regel eine Analyse der anstehenden Herausforderungen, ein Festlegen von Zielen und Vorgaben, die Planung und Ausarbeitung von Aktivitäten, die Umsetzung dieser Aktivitäten, die Evaluierung ihrer Auswirkungen und eine Reflexion der abgeschlossenen Arbeit und der erzielten Fortschritte. Sie sollten daz dienen sicherzustellen, dass die Gleichheitsstellen über alle Funktionsbereiche hinweg einen strategischen Mix aus Aktivitäten verfolgt, der ihre Ziele voranbringt und ihren Einfluss maximiert (siehe § 12 der APE).
108. Gleichheitsstellen sollten Indikatoren, Ausgangspunkte und Zielvorgaben für Kernziele und -aktivitäten ausarbeiten, die sie in die Lage versetzen, den Einsatz von Ressourcen für die verschiedenen Aktivitäten, die Ergebnisse dieser Aktivitäten und die Auswirkungen einzelner Aktivitäten sowie die Gesamtwirkung der Gleichheitsstelle zu messen. Sie sollten regelmäßig ihre Tätigkeit im Rahmen einer Selbstbewertung und von Zeit zu Zeit einer externen Evaluierung beurteilen und interne Prozesse und Informationsflüsse einrichten, die alle Mitarbeiter in kollektives Lernen und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess einbinden. Diese Planungs- und Managementprozesse sollten einfach, aber effektiv sein und nicht zu viele Ressourcen in Anspruch nehmen.
109. Angesichts der Komplexität der Kommunikationsanforderungen, mit denen Gleichheitsstellen konfrontiert sind, sollten diese eine separate Kommunikationsstrategie entwickeln. Diese Strategie sollte die Kommunikationsziele, die vorrangigen Zielgruppen, die zu kommunizierenden Kernaussagen, die verschiedenen einzusetzenden Kommunikationsmittel und die effiziente Verwendung der verfügbaren Ressourcen festlegen.
110. Die wichtigsten Zielgruppen und Kernaussagen sind in der Regel: (i) die breite Öffentlichkeit, um die gesellschaftliche Wertschätzung und positive Einstellungen im Hinblick auf Gleichheit, Vielfalt und Nichtdiskriminierung zu fördern, das Verständnis zu diesen Themen zu verbessern und die Motivation zu erhöhen, zur Gleichheit beizutragen; (ii) das gesamte Spektrum der Institutionen des öffentlichen und privaten Sektors, um Wissen und Verständnis für ihre Verpflichtungen unter der Gleichheitsgesetzgebung zu verbreiten und um ihre Motivation und Fähigkeit zu stärken und auszuweiten, diese Verpflichtungen zu erfüllen und über diese hinauszugehen, indem sie wirksame Gleichheits- und Diversitätssysteme einrichten; (iii) Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, um diese über ihre Rechte aufzuklären und um bei ihnen das erforderliche Vertrauen, Selbstbewusstsein und die erforderlichen Fähigkeiten aufzubauen, die sie in die Lage versetzen, ihre Rechte wahrzunehmen.
§§ 35 bis 36 der Empfehlung
111. Legislative, Exekutive und Gleichheitsstellen haben alle eine wichtige Rolle bei der Förderung und Erreichung von Gleichheit und der Prävention und Bekämpfung von Diskriminierung und Intoleranz. Um den Fortschritt in Bezug auf diese gemeinsamen Ziele zu maximieren, sollten Gleichheitsstellen regelmäßig auf höchster Ebene Kernthemen und die Umsetzung von Empfehlungen mit Entscheidungsträgern der Legislative und Exekutive diskutieren. Jahres-, themenbezogene und andere Berichte und die in ihnen enthaltenen Empfehlungen sind eine hervorragende Grundlage für diesen regelmäßigen Austausch. Der erforderliche institutionelle Rahmen für diese Zusammenarbeit kann dadurch geschaffen werden, dass im Gesetz zumindest ein jährlicher Dialog mit der Legislative und der Exekutive über den Jahresbericht verankert wird.
112. Jahresberichte sollten die Kernprobleme herausstellen, die im Hinblick auf Gleichheit, Diskriminierung und Intoleranz existieren, und die Empfehlungen der Gleichheitsstelle aufführen. Sie sollten außerdem die Tätigkeit der Gleichheitsstelle und die daraus resultierenden Ergebnisse darstellen, einschließlich disaggregierter Daten über die Diskriminierungsbeschwerden und deren Resultate.
113. Behörden im Allgemeinen und nicht nur die in § 111 des Begründungstextes genannten Entscheidungsträger der höchsten Ebene sollten in einen regelmäßigen Dialog mit den Gleichheitsstellen treten. Zu diesem Zweck sollten Behörden Entwürfe für Gesetze, politische Programme und Verwaltungsmaßnahmen proaktiv den Gleichheitsstellen vorlegen, damit diese deren Auswirkungen auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung überprüfen können. Gleichheitsstellen sollten ihrerseits mit Kommentaren und Empfehlungen an Behörden herantreten. Behörden sollten für diesen Dialog offen sein.
§ 37 der Empfehlung
114. Gleichheitsstellen sollten nicht nur externe Netzwerke und Kooperationen mit Stakeholdern aufbauen (siehe § 12b der APE), sondern Stakeholder – insbesondere Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, und Organisationen die deren Interessen vertreten – auch in ihre eigenen Strukturen und in ihre Arbeit einbeziehen. Ein wertvolles Instrument für diese Einbeziehung ist die Errichtung eines beratenden Ausschusses, der aus Mitgliedern dieser Gruppen und Organisationen besteht, und bei der strategischen Planung und dem Monitoring der aktuellen und zukünftigen Arbeit der Gleichheitsstelle mitwirkt. Eine größere Bandbreite von Stakeholdern, einschließlich Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden und Medien, könnte auf ähnliche Weise in diesen oder einen separaten Ausschuss eingebunden werden. Gleichheitsstellen können darüber hinaus auch temporäre Arbeits- und Projektgruppen mit Stakeholdern einrichten, um konkrete Aufgaben voranzubringen und gemeinsame Aktivitäten und Projekte zu entwickeln und implementieren.
§§ 38 bis39 der Empfehlung
115. Gleichheitsstellen sollten in allen ihren Tätigkeitsbereichen als Modell für Vielfalt und Ausgewogenheit der Geschlechter dienen. Das Einstellen von Führungskräften und Mitarbeitern mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlichen persönlichen Erfahrungen wird die Kapazität der Gleichheitsstelle erhöhen, die Situation von Gruppen zu verstehen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, mit diesen Gruppen zu interagieren und ihre Situation zu verbessern. Vielfalt in der Führung der Gleichheitsstelle kann durch das Einrichten eines Vorstandes und eines beratenden Ausschusses erreicht werden, deren Mitglieder aus den Gruppen und Organisationen stammen, die in § 114 des Begründungstextes genannt sind. Im Management und unter den Mitarbeitern kann Vielfalt durch einen Einstellungsprozess sichergestellt werden, der auf Gleichheits- und Diversitätssystemen basiert, einschließlich positiver Maßnahmen zur Einstellung von Mitarbeitern aus unterrepräsentierten Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind.
116. Gleichheitsstellen sollten sich um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in ihren Strukturen und ihrer Mitarbeiterschaft bemühen und gegebenenfalls Fördermaßnahmen einsetzen, um dieses Ziel zu erreichen.
117. Gleichheitsstellen haben vielfältige Kompetenzen (siehe §§ 13 bis 18 der APE) und befassen sich mit Fragen der Gleichheit, Diskriminierung und Intoleranz in vielen verschiedenen Lebensbereichen. Um alle notwendigen Aktivitäten durchführen zu können, müssen ihre Mitarbeiter aus unterschiedlichen Berufen stammen (z. B. Pädagogen, Sozialwissenschaftler, Juristen) und über vielfältige Kompetenzen verfügen (z. B. Kommunikation, Beratung, Forschung, Datenerfassung, redaktionelle, juristische und Managementfähigkeiten).
118. Die Schulung der Mitarbeiter innerhalb der Gleichheitsstellen ist wichtig um sicherzustellen, dass sie ein breites Spektrum an aktuellem Wissen, Kompetenzen und Bewusstsein aufbauen und pflegen, das erforderlich ist, um ihre Tätigkeit bestmöglich durchzuführen.
IX. Barrierefreiheit
§ 40 der Empfehlung
119. Da Angehörige von Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, häufig mit vielfältigen Problemen und Hürden konfrontiert sind (siehe § 71 des Begründungstextes), sollten Gleichheitsstellen ein besonderes Augenmerk darauf legen, dass sie für diese Gruppen leicht zugänglich sind.
120. Zur Erleichterung des Erstkontakts sollten Gleichheitsstellen den Angehörigen von Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, verschiedene und einfache Möglichkeiten für den Zugang zu Informationen und zur Aufnahme von Kontakt anbieten. Gut zugängliche Räumlichkeiten, Online-, E-Mail- und Telefondienste sind in diesem Zusammenhang wesentliche Ressourcen.
121. Es ist gleichermaßen wichtig, in angemessenem Umfang lokale und/oder regionale Büros für eine dauerhafte Präsenz einzurichten, und/oder im ganzen Land kommunale und/oder regionale Outreach-Initiativen für eine regelmäßige temporäre Präsenz bei den Gruppen zu entwickeln, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind. Dies ist besonders dann wichtig, wenn solche Gruppen in entlegenen Gebieten leben, und in Mitgliedstaaten mit einem großen Territorium. Diese Aktivitäten könnten auf Regionen und Kommunen konzentriert werden, die eine starke Präsenz von Gruppen aufweisen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, oder in denen ein hohes Maß an Diskriminierung und Intoleranz herrscht. Für Angehörige solcher Gruppen, die nicht in der Nähe von zentralen, regionalen oder kommunalen Büros der Gleichheitsstellen leben, ist es darüber hinaus wichtig, mit der Gleichheitsstelle online in Kontakt treten und Technologien wie z.B. Videokonferenzen nutzen zu können.
122. Menschen, die (mehrfache) Diskriminierung und Intoleranz erleben, entstammen vielfältigen Gruppen mit ihren eigenen spezifischen Bedürfnissen und Charakteristika. Einige beherrschen möglicherweise nicht die Amtssprache(n) des Landes, sind Analphabeten oder haben Angst, mit Behörden in Kontakt zu treten, oder können die Gleichheitsstelle nicht zu den normalen Geschäftszeiten kontaktieren. Ein Schlüsselelement für die Berücksichtigung dieser vielfältigen Bedürfnisse ist es, dass die Gleichheitsstelle in ihren Verfahren und ihrer Praxis flexibel ist. Gleichheitsstellen sollten aus diesem Grund die sich verändernden Bedürfnisse der unterschiedlichen Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, analysieren und ein Verfahren entwickeln, das diesen Bedürfnissen von der ersten Kontaktaufnahme an in angemessener Weise Rechnung trägt. Beispiele für solche Anpassungen sind die Schaffung der Möglichkeit, in verschiedenen Sprachen mit der Gleichheitsstelle zu kommunizieren, persönlichen Kontakt und mündliche Kommunikation anzubieten, sich mit der Gleichheitsstelle in einem vertrauenserweckenden Umfeld treffen zu können, in gewissem Maße außerhalb der normalen Geschäftszeiten erreichbar zu sein und das Angebot einer Kinderbetreuung, während die Eltern Gespräche führen. Die Mitarbeiter sollten diese Hürden und Charakteristika kennen, dafür aufgeschlossen sein, die spezifischen Erfordernisse jeder Person zu prüfen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt ist, und bereit sein, ab dem ersten Kontakt die erforderlichen Anpassungen vorzunehmen.
123. Ein weiteres wichtiges Element zur Gewährleistung eines niederschwelligen Zugangs besteht darin, minimale Anforderungen zu stellen, wenn eine Persone mit der Gleichheitsstelle zum ersten Mal in Kontakt tritt. Es sollte möglich sein, Beschwerden mündlich und mit einem Minimum von Zulässigkeitsvoraussetzungen einzureichen.
124. Der Begriff „Behinderung“ sollte so wie in Artikel 1.2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verstanden werden.
125. Angehörige von Gruppen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, fürchten häufig, es könnte ihnen zusätzlicher Schaden entstehen, wenn sie die Hilfe einer Gleichheitsstelle in Anspruch nehmen. Daher sollte es möglich sein, Gleichheitsstellen vertraulich zu kontaktieren, um dieses Risiko zu minimieren. Gleichheitsstellen sollten sich darum bemühen, einer solche Viktimisierung von Menschen, die Diskriminierung und Intoleranz ausgesetzt sind, dadurch vorzubeugen und entgegenzutreten, dass sie im Rahmen des Verfahrens den gesetzlichen Bestimmungen Geltung verschaffen, die solche Vergeltungsmaßnahmen verbieten (siehe § 27 der APE Nr. 7 von ECRI).
____________
[1] Da alle Menschen der gleichen Spezies angehören, lehnt ECRI Theorien ab, die sich auf die Existenz verschiedener „Rassen“ gründen. In dieser Empfehlung verwendet ECRI jedoch diesen Begriff, um sicherzustellen, dass die Menschen, die allgemein und fälschlicherweise als Angehörige einer „anderen Rasse“ bezeichnet werden, nicht von dem in dieser Empfehlung gewährten Schutz ausgeschlossen werden.
Zuletzt aktualisiert am September 17, 2021 von eurogesetze
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