Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat. Entscheidungsdatum: 26.07.2021. Aktenzeichen: OVG 11 S 90/20

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat
Entscheidungsdatum: 26.07.2021
Aktenzeichen: OVG 11 S 90/20
ECLI: ECLI:DE:OVGBEBB:2021:0726.OVG11S90.20.00
Dokumenttyp: Beschluss

Geflügelschlachthof; Kapazitätserhöhung; Immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung; wasserrechtliche Erlaubnis; Teilverzicht; Koordinierungsgebot

Verfahrensgang
vorgehend VG Cottbus, 25. September 2020, VG 5 L 292/19, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 25. September 2020 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Beigeladene.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Beigeladene betreibt am Standort N…einen Geflügelschlachthof. Mit Bescheid vom 1. November 2018 erteilte ihr der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Änderungsgenehmigung, die Schlachtkapazität von 120.000 auf 160.000 Tiere pro Schlachttag zu erhöhen sowie statt 190 t nunmehr 352 t Lebendgewicht pro Tag bei einer Schlachtgeschwindigkeit von 10.000 Tieren pro Stunde zu schlachten. Mit Beschluss vom 25. September 2020 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruchs des Antragstellers, eines anerkannten Naturschutzverbandes, wiederhergestellt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beigeladenen.

2. Die Beigeladene übernahm die Anlage als sogenannte „Altanlage“, bestätigt nach § 67a Abs. 1 BlmSchG, und erweiterte sie aufgrund verschiedener Genehmigungsbescheide, wobei der (letzte) Genehmigungsbescheid (Nr. 037. 00.00/01) vom 20. September 2002 eine zulässige Schlachtkapazität von max. 190 t Lebendgewicht pro Schlachttag ausweist.

3. Am 26. Januar 2010 wurde der Beigeladenen (unter der unzutreffenden Datumsangabe 26. August 2009) folgende wasserrechtliche Erlaubnis erteilt:

4. „Antrag auf eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Grundwasserentnahme

5. (Löschwasserbrunnen)

6. Es ergeht folgender Bescheid: (…)

7. 2. Zweck der Gewässerbenutzung:

8. Brauch- und Löschwasserversorgung für die örtliche Sicherung

9. des Brandschutzes auf dem Betriebsgelände.

10. 3. Umfang der Gewässerbenutzung:

11. Fördermengen (Gesamt): mittel Q Jahr = 1.200 m3

12. mittel Q Tag = 400 m3

13. mittel Q Stunde = 100 m3

14. max. Q Jahr = 2.400 m3

15. max. Q Tag = 1.200 m3

16. max. Q Stunde = 300 m3

17. Löschwassersicherung: für Zeitraum von 2 h

18. mind. Q Stunde = 96 m3 je Brunnen

19. 7. Auflagen

20. (…)

21. Der Löschwasserbrunnen darf nur für Lösch- und Brauchwasserzwecke genutzt werden. Zur Sicherung der stabilen Funktionsfähigkeit des Brunnens (Funktionsprobe) kann im Jahr mehrmalig in geringem Umfang (bis zu 50 m3) auch Wasser für Bewässerungszwecke entnommen werden.“

22. Der wasserrechtlichen Erlaubnis war ein Lageplan beigefügt, der in der Legende mit der Bezeichnung „Brandschutzkonzept“ versehen war. Auf diesem Plan sind drei Brunnen eingezeichnet, deren Symbole in der Legende mit „Löschwasserbrunnen“ bezeichnet werden.

23. Mit Bescheid vom 08. Oktober 2015 erteilte die Untere Wasserbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald (im Folgenden lediglich: Untere Wasserbehörde) der Beigeladenen erneut eine wasserrechtliche Erlaubnis. Darin heißt es unter anderem:

24. „Die wasserrechtliche Erlaubnis mit dem Aktenzeichen 67/3-30-40-006/1252 vom 26.08.2009 geht in die neue Erlaubnis 67/3-30-40-006/1657 über und wird im Recht auf die Entnahmen gemäß Punkt 2 erweitert, neu befristet (Punkt 5) und mit Nebenbestimmungen (Punkt 7 und 8) versehen.

25. Gleichzeitig wird die alte wasserrechtliche Erlaubnis mit dem Aktenzeichen 67/3-30-40-006/1252 sowie alle weiteren Grundwasserentnahmerechte am Standort aufgehoben und verlieren ab dem Tag der Rechtskraft der wasserrechtlichen Erlaubnis mit dem Aktenzeichen 67/3-30-40-006/1657 ihre Gültigkeit.“

26. Mit dieser wasserrechtlichen Erlaubnis wurde der Beigeladenen gestattet, einen weiteren Brunnen und eine Grundwassermessstelle mit Ober- und Unterpegel zu errichten sowie Grundwasser für die Trink- und Brauchwasserversorgung am Standort des Betriebs zu entnehmen. Zudem durfte sie Filterrückspülwasser von 15 m3 pro Tag aus der Aufbereitung im Wasserwerk über ein Absetzbecken in das Grundwasser einleiten. Die tägliche mittlere Grundwasserentnahmemenge wurde auf 1.085 m3 und die jährliche Maximalfördermenge auf 396.000 m3 festgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Beigeladene über einen ca. 58 m tiefen Brunnen und plante den Neubau eines Brunnens mit einer Tiefe von 40 m. Vor Erteilung dieser wasserrechtlichen Erlaubnis wurde weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) noch eine Umweltverträglichkeitsprüfungs-Vorprüfung (UVP-Vorprüfung) durchgeführt.

27. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 erhob der Antragsteller gegen den Bescheid vom 8. Oktober 2015 Widerspruch, über den die Untere Wasserbehörde bislang noch nicht entschieden hat.

28. Am 15. Juni 2016 ging bei dem Antragsgegner der Antrag der Beigeladenen ein, eine wesentliche Änderung der vorhandenen Schachtanlage nach § 16 Abs. 1 BImSchG zu genehmigen. Insbesondere sollte die Schlachtkapazität von 120.000 auf 160.000 Tiere pro Schlachttag und das Lebendgewicht pro Schlachttag von 190 auf 352 t bei einer Schlachtgeschwindigkeit von 10.000 Tieren pro Stunde erhöht werden.

29. Die nach Antragstellung durchgeführte UVP-Vorprüfung hatte das am 4. Mai 2016 (Amtsblatt für Brandenburg 2016, S. 473) veröffentlichten Ergebnis, dass keine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehe. Nachdem das Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Ermessensfehlerhaftigkeit der UVP-Vorprüfungsentscheidung beanstandet hatte, führte die Beigeladene eine UVP durch. Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung rügte der Antragsteller unter anderem eine Verletzung des wasserrechtlichen Koordinierungsgebots.

30. Nachdem die Untere Wasserbehörde unter dem 20. Juli 2017 den Sofortvollzug der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 angeordnet hatte, führte sie im Dezember 2017 eine UVP-Vorprüfung für diese Erlaubnis durch und verneinte in deren Ergebnis eine UVP-Pflicht.

31. Mit Schreiben vom 31. Dezember 2017 erklärte die Beigeladene gegenüber der Unteren Wasserbehörde, auf die wasserrechtliche Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 unter der Bedingung zu verzichten, dass damit die wasserrechtliche Erlaubnis vom 25. Januar 2010 wieder wirksam werde. Nachdem der Antragsgegner bezüglich dieses Vorgehens rechtliche Bedenken geäußert hatte, änderte die Beigeladene ihre Verzichtserklärung dahin, dass ein Teilverzicht auf die wasserrechtliche Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 auf den Stand der Wasserentnahme auf der Grundlage der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 26. Januar 2010 erklärt werde.

32. Mit Schreiben vom 02. März 2018 verfügte die Untere Wasserbehörde:

33. „… das Entnehmen von Grundwasser für die Trink- und Brauchwasserversorgung sowie die Löschwasserversorgung für die örtliche Sicherung des Brandschutzes (…) stellt nach § 8 Abs. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz — WHG) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Ziffer 5 WHG eine erlaubnispflichtige Gewässerbenutzung dar. Somit ergeht folgender Bescheid:

34. Gemäß §§ 8, 9, 10 und 13 WHG sowie der §§ 28 und 29 des Brandenburgischen Wassergesetzes (BbgWG) in Verbindung mit § 126 Abs. 1

35. BbgWG wird hiermit die der M…

36. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, erteilte wasserrechtliche

37. Erlaubnis (AZ 67/3-30-40-006/1657) zur Grundwasserentnahme angepasst.

38. Hiermit werden

39. A) die materiellen Grundwasserentnahmerechte auf den Zustand vom

40. Jahr 2010 eingeschränkt,

41. B) eine formelle Richtigstellung vorgenommen und

42. C) eine Ergänzung zur UVP-Vorprüfung vorgenommen.

43. Alle sonstigen Regelungen der wasserrechtlichen Erlaubnis vom

44. 08.10.2015 bleiben unberührt.“

45. Der Beigeladenen wurde gestattet, Grundwasser aus dem vorhandenen „Alt-Brunnen Nr. 1 (ca. 58 m tief)“ und dem neu errichteten Brunnen Nr. 2 (ca. 37 m tief) mit einem täglichen Mittel von 660 m3 bzw. einer jährlichen Maximalfördermenge von 240.000 m3 zu entnehmen sowie — weiterhin — 15 m3 Filterrückspülwasser pro Tag in das Grundwasser einzuleiten. Zudem wurde festgestellt, dass eine UVP-Vorprüfung ergeben habe, dass eine UVP nicht durchzuführen sei. Zur Begründung verwies die Untere Wasserbehörde auf die bereits erfolgte UVP-Vorprüfung vom Dezember 2017, die für die größere Entnahmemenge von 396.000 m³ zur Ablehnung einer UVP-Pflicht gelangt sei, so dass Entsprechendes auch für die nun in Rede stehende geringere Entnahmemenge gelten müsste. Das Schreiben war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.

46. Mit Bescheid vom 1. November 2018 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die eingangs beschriebene streitbefangene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung, gegen die der Antragsteller am 3. Dezember 2018 Widerspruch erhob.

47. Mit Schreiben vom 13. Februar 2019 erweiterte der Antragsteller seinen Widerspruch vom 6. Dezember 2016 auf den Bescheid der Unteren Wasserbehörde vom 2. März 2018. Dieses Widerspruchsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

48. Auf den Eilrechtsschutzantrag des Antragstellers vom 11. Juni 2019 hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 25. September 2020 die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 1. November 2018 wiederhergestellt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Unabhängig von den Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens spreche gegen ein überwiegendes Vollzugsinteresse der Beigeladenen an der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung bereits der Umstand, dass die Beigeladene nicht über eine vollziehbare wasserrechtliche Erlaubnis für die Trink- und Brauchwasserentnahme für die streitgegenständliche Anlage verfüge. Die Auslegung der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 26. Januar 2010 ergebe, dass diese die Entnahme von Grundwasser im Wesentlichen lediglich zur Sicherung der Löschwasserversorgung gestatte. Die für sofort vollziehbar erklärte wasserrechtliche Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 entfalte keine Rechtswirkung mehr, denn sie habe sich mit Erlass der wasserrechtlichen Verfügung vom 2. März 2018 entweder erledigt oder sei aufgehoben worden. Die wasserrechtliche Erlaubnis vom 2. März 2018 sei nicht für sofort vollziehbar erklärt worden, sodass der dagegen erhobene Widerspruch des Antragstellers aufschiebende Wirkung entfalte.

49. Davon unabhängig bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Änderungsgenehmigung, weil diese unter Verletzung des Koordinierungsgebots aus § 10 Abs. 5 S. 2 BImSchG und der besonderen Regelungen der 9. BImSchV für UVP-pflichtige Vorhaben erteilt worden sei. Die festgestellten Verstöße seien auch nicht geheilt worden. Die Verletzung des Koordinierungsgebots begründe wenigstens einen einfachen Verfahrensfehler, dessen Einfluss auf die Entscheidung in der Sache gemäß § 4 Abs. 1a UmwRG hier zu vermuten sei.

50. Auf den Antrag der Beigeladenen vom 15. Oktober 2020 ordnete die Untere Wasserbehörde am 27. Oktober 2020 die sofortige Vollziehung „der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 in Gestalt des Bescheides vom 2. März 2018“ an.

51. Ferner teilte der Märkische Wasser- und Abwasserzweckverband (MAWV) der Beigeladenen auf deren Anfrage zur Erhöhung der Trinkwassermenge für den von ihr betriebenen Geflügelschlachthof mit, dass einer Gesamtwasserentnahme von 45 m³/h über 20 Stunden pro Tag an 7 Tagen in der Woche vorerst für 6 Monate zugestimmt werden könne.

II.

52. Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen hat in der Sache keinen Erfolg, weil ihre Begründung eine Änderung des erstinstanzlichen Verfahrensausgangs nicht rechtfertigt (§ 146 Abs. 4 VwGO).

53. 1. Es kann dahinstehen, ob die Beigeladene mit Recht rügt, das Verwaltungsgericht erläutere nicht seinen Prüfungsmaßstab, wenn es auf Seiten 10 ff. des Entscheidungsabdrucks ausführe, unabhängig von den Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens spreche gegen deren überwiegendes Vollzugsinteresse an der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung bereits der Umstand, dass sie nicht über eine vollziehbare wasserrechtliche Erlaubnis für die streitgegenständliche Anlage verfüge. Denn die bei Erlass seines Beschlusses noch zutreffende Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die wasserrechtliche Erlaubnis vom 2. März 2018 mangels Anordnung der sofortigen Vollziehung infolge der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers nicht vollziehbar sei, ist überholt, nachdem die Untere Wasserbehörde mit Bescheid vom 27. Oktober 2020 die sofortige Vollziehung „der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 in Gestalt des Bescheides vom 2. März 2018“ angeordnet hat. Diese Änderung ist zu berücksichtigen, weil sie vor Ablauf der Frist zur Begründung der Beschwerde eingetreten und durch die Beigeladene geltend gemacht worden ist.

54. Aus diesem Grunde bedarf es keiner Entscheidung, ob dem oben genannten Ansatz des Verwaltungsgerichts darüber hinaus auch der Vortrag der Beigeladenen entgegengehalten werden kann, sie verfüge über eine Zusage des Trinkwasserverbandes, dass der gesamte für die Produktion benötigte Wasserbedarf aus dem Trinkwassernetz gedeckt werden könne. Soweit die Beigeladene darüber hinaus geltend macht, der Rechtmäßigkeit der angegriffenen immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung stehe mit Blick auf die Wasserversorgung auch keine unzureichende bauplanungsrechtliche Erschließung im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB entgegen, verfehlt sie die Argumentation des Verwaltungsgerichts, das Derartiges auch nicht angenommen hat. Gleiches gilt, soweit die Beigeladene mutmaßt, das Verwaltungsgericht „scheine“ davon auszugehen, dass das Vorliegen der vollzugsfähigen wasserrechtlichen Erlaubnisse zur Sicherung der Wasserversorgung Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung haben solle.

55. 2. Das Verwaltungsgericht hat seinen Beschluss jedoch zusätzlich selbstständig tragend damit begründet, es bestehe kein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung, weil die im Eilrechtsschutzverfahren allein gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergebe, dass der eingelegte Rechtsbehelf aller Voraussicht nach erfolgreich sein werde, dass also ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestünden. Die hiergegen mit der Beschwerde erhobenen Einwände greifen im Ergebnis nicht durch.

56. Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich ausgeführt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Genehmigung in Bezug auf gemäß § 4 UmwRG rügefähige Fehler bei der Anwendung von Verfahrensvorschriften. § 4 Abs. 1 UmwRG bestimme, dass die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 UmwRG verlangt werden könne, wenn es zu einer fehlerhaften Anwendung bestimmter Verfahrensvorschriften gekommen sei. Der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 UmwRG sei eröffnet. Er beschränke sich auf Entscheidungen über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 2b UmwRG. Dabei handele es sich unter anderem um Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) mit dem Buchstaben G gekennzeichnet seien (Nr. 2). Die streitgegenständliche Änderungsgenehmigung gestatte die Errichtung und den Betrieb einer Anlage mit einer Schlachtkapazität von 352 t Lebendgewicht pro Tag. Damit sei die Anlage in Nr. 7.2.1 des Anhangs 1 der 4. BImSchV in der Spalte c mit dem Buchstaben G gekennzeichnet. Auch wenn es sich vorliegend nicht um die Erteilung einer sogenannten Erstgenehmigung im Sinne von § 4 BImSchG, sondern um die Erweiterung einer bereits bestehenden Anlage und mithin um eine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 BImSchG handele, seien die Bestimmungen der 4. BImSchV auf die Erteilung der Änderungsgenehmigung anwendbar, weil § 16 BImSchG inhaltlich auf die Erstgenehmigung von Anlagen in formeller und materieller Hinsicht aufbaue. Zudem weise die streitgegenständliche Kapazitätserhöhung um 162 t Lebendgewicht pro Schlachttag selbst einen Umfang auf, der die in Nr. 7.2.1 vorausgesetzten 50 t Lebendgewicht pro Schlachttag bei weitem überschreite. Gegen diese rechtlichen Ansätze erhebt die Beigeladene mit ihrer Beschwerde keine Einwände.

57. Das Verwaltungsgericht referiert sodann zwar die absolute Verfahrensfehler betreffende Vorschrift des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UmwRG und behauptet anschließend, deren Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt, legt seiner Entscheidung letztlich aber tragend zugrunde, dass die von ihm angenommene Verletzung des Koordinierungsverbots aus § 10 Abs. 5 S. 2 BImSchG und den besonderen Regelungen der 9. BImSchV für UVP-pflichtige Vorhaben jedenfalls einen nicht geheilten einfachen Verfahrensfehler begründen würden, dessen Einfluss auf die Entscheidung der Sache gemäß § 4 Abs. 1a UmwRG zu vermuten sei, da eine Beeinflussung der Sachentscheidung im Eilrechtsschutzverfahren nicht ausgeschlossen werden könne.

58. Anschließend nimmt das Verwaltungsgericht an, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung werde dem Koordinierungsgebot des § 10 Abs. 5 S. 2 BImSchG nicht gerecht und führt dazu aus: Bei dem mit Antrag vom 15. Juni 2016 eingeleiteten immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsverfahren und dem wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren handele es sich um zeitlich überlappende Zulassungsverfahren. Zwar sei die erste wasserrechtliche Erlaubnis bereits am 8. Oktober 2015 – und damit vor dem Antrag auf Erteilung der hier streitgegenständlichen immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung – erteilt worden. Gleichwohl sei zu diesem Zeitpunkt auch das wasserrechtliche Zulassungsverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen. Würden zwingend erforderliche Verfahrensschritte erst im Widerspruchsverfahren durch die Genehmigungsbehörde nachgeholt, müsse sich das Koordinierungsgebot auch auf das Widerspruchsverfahren erstrecken. Erst im Widerspruchsverfahren habe die Untere Wasserbehörde eine UVP-Vorprüfung im Einzelfall durchgeführt, die nach Nr. 13.3.2. des Anhangs 1 zum UVPG zwingend erforderlich gewesen sei. Die zeitliche Parallelität der Verfahren entfalle nicht ex tunc durch den Teilverzicht der Beigeladenen, mit dem sie die durch den Bescheid vom 8. Oktober 2015 bestimmten Entnahmemengen herabgesetzt habe. Die damit bezweckte Wiederherstellung des genehmigungsrechtlichen Status quo ante sei fehlgeschlagen, weil die Erlaubnis von 2010 keine über die Löschwasserversorgung nennenswert hinausgehende Entnahme von Grundwasser erfasst habe. Die für den täglichen Betrieb erforderliche Trink- bzw. Brauchwasserentnahme habe erstmals die Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 gestattet, sodass auch die in dem Verzicht bezeichneten Entnahmemengen zum ersten Mal in dem Bescheid vom 8. Oktober 2015 ihre rechtliche Grundlage finden würden. Unabhängig davon sei auch das durch den Teilverzicht ausgelöste Verwaltungsverfahren, welches zum Erlass des Bescheides vom 2. März 2018 geführt habe, ein sich zeitlich mit dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren überlappendes Zulassungsverfahren im Sinne von § 10 Abs. 5 S. 2 BImSchG. Die wasserrechtliche Zulassung stehe in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit der immissionsschutzrechtlichen Anlagenänderung. Ohne die wasserrechtliche Erlaubnis von 2015 sei jedenfalls die Versorgung mit Brauchwasser nicht gewährleistet, die für den Betrieb schon vor der Änderung erforderlich gewesen sei und nun erst recht für den Betrieb in Gestalt der Änderungsgenehmigung notwendig sei. Gleiches gelte für die Gestattung der Versickerung des Filterrückspülwassers, weil auch dies erstmals überhaupt in der Erlaubnis von 2015 gestattet worden sei.

59. Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 5 S. 2 BImSchG würden für einen materiell-präventiven Gehalt des Koordinierungsgebots im Sinne einer inhaltlichen Wechselwirkung zur Vermeidung von Umweltauswirkungen auf unterschiedlichen Medien durch unterschiedliche Genehmigungen sprechen. Es genüge nicht, wenn die letztentscheidende Behörde in ihrer Entscheidung diejenige der erstentscheidenden Behörde berücksichtige und sich dazu nicht in Widerspruch setze. Zweck der Koordinierungspflicht sei es gerade, eine Situation zu vermeiden, in der eine der Behörden vollendete Tatsachen schaffe und die zeitlich spätere Behörde hierauf nur noch mittels Vorgaben im eigenen Bereich reagieren könne, ohne selbst noch auf Ergänzungen oder Änderungen der anderen Zulassung hinwirken zu können. Hinsichtlich der wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren sei eine inhaltliche Koordinierung im Zusammenwirken mit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vollständig unterblieben, denn hinsichtlich der wasserrechtlichen Erlaubnis von 2015 seien die Beteiligten davon ausgegangen, dass eine Koordinierung schon aufgrund der zeitlichen Abfolge nicht nachholbar und hinsichtlich der wasserrechtlichen Erlaubnis von 2018 aufgrund des Verzichts der Beigeladenen entbehrlich sei, was sich aus dem Genehmigungsbescheid, Seite 24, ergebe.

60. Hiergegen wendet die Beigeladene ein: Ein Vorhaben im Sinne von § 10 Abs. 5 S. 2 BImSchG liege dann vor, wenn für das Vorhaben, das Gegenstand eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens sei, eine weitere Zulassung erforderlich sei, die nicht von der Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG erfasst sei. Danach gehöre das Verfahren zur Erlangung einer wasserrechtlichen Erlaubnis und Bewilligung nach den §§ 8-18 WHG zwar grundsätzlich zu den zu koordinierenden Verfahren. Jedoch müssten jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalles beachtet werden, was das Verwaltungsgericht nicht in ausreichendem Maße getan habe. Der „Klarstellungsbescheid“ vom 2. März 2018 sei keine Zulassungsentscheidung, die eine Pflicht zur Koordinierung auslöse. Insbesondere handele es sich dabei nicht um eine wasserrechtliche Erlaubnis. Das Recht zur Benutzung des Gewässers werde nicht durch den am 2. März 2018 erteilten „Klarstellungsbescheid“ gewährt, sondern allein durch die wasserrechtliche Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 im Rahmen der Entnahmemengen, die die wasserrechtliche Erlaubnis vom 26. Januar 2010 gewährt habe. Der alleinige Inhalt der Verfügung vom 2. März 2018 bestehe in der Klarstellung der geltenden Rechtslage nach dem erklärten Teilverzicht durch die Beigeladene. Die Untere Wasserbehörde habe durch die Formulierung und die ausdrückliche Inbezugnahme der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 zum Ausdruck gebracht, dass an diese wasserrechtliche Erlaubnis angeknüpft werde und lediglich im Hinblick auf den Umfang des Regelungsgehaltes, namentlich der zugelassenen Grundwasserentnahmemengen, auf die Regelungen aus der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 26. Januar 2010 zurückzugreifen sei. In dem Bescheid heiße es, dass die wasserrechtliche Erlaubnis „angepasst“ werde und die nicht in der Verfügung vom 2. März 2018 benannten Bestimmungen der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 von den Änderungen unberührt blieben. Es werde mithin nicht eine Grundwasserentnahme zugelassen, sondern lediglich der Umfang unter Rückgriff auf die bereits erteilte wasserrechtliche Erlaubnis vom 26. Januar 2010 klargestellt. Demgemäß formuliere der Bescheid auch, dass die „Grundwasserentnahmerechte auf den Zustand vom Jahr 2010 eingeschränkt“ würden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts enthalte der Bescheid vom 2. März 2018 keine neuen Regelungen, die über den Regelungsgehalt der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 26. Januar 2010 hinausgingen. Die letztgenannte Erlaubnis regele nicht nur die Entnahme von Grundwasser für die Löschwasserversorgung. Als Zweck der Gewässerbenutzung werde (fettgedruckt) die „Brauch- und Löschwasserversorgung“ angegeben, wobei sich hinsichtlich der Löschwasserversorgung die Ergänzung „für die örtliche Sicherung des Brandschutzes auf dem Betriebsgelände“ anschließe. Die Zweckbestimmungen Brauch- und Löschwasserversorgung stünden gleichberechtigt nebeneinander. Die in Auflage 7 benannte Nutzung des Wassers zu Bewässerungszwecken stehe hiervon losgelöst. Die Löschwasserentnahme könne denknotwendig nicht auf einen Jahres-, Monats- und Tagesdurchschnitt heruntergebrochen werden. Die Angabe in der Erlaubnis, dass für die Löschwassersicherung für den Zeitraum von 2 Stunden 96 m³ je Brunnen zur Verfügung stünden, erscheine nachvollziehbar. Die jeweils auf einen Tag bezogene mittlere Entnahmemenge von 400 m³ und die maximale Entnahmemenge von 1200 m³ entspreche dem, was der Anlagenbetrieb in der mittleren Menge tatsächlich benötige. Demgemäß sei auch die Untere Wasserbehörde im Erörterungstermin 2017 von einer täglichen Entnahmemenge von durchschnittlich 800 m³ ausgegangen. Für die Klarstellungsverfügung vom 2. März 2018 sei dies auf den überwiegenden Bedarf von 620 m³ reduziert worden.

61. Diese Einwände greifen aus mehreren Gründen nicht durch.

62. Zeitlich überlappende Zulassungsverfahren, die eine Koordinierungspflicht ausgelöst hätten, hat das Verwaltungsgericht, wie dargestellt, schon darin gesehen, dass die wasserrechtliche Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 während der Anhängigkeit des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens nach § 16 Abs. 1 BImSchG noch widerspruchsbefangen und damit als wasserrechtliches Zulassungsverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Hiermit setzt sich die Begründung der Beschwerde nicht auseinander.

63. Die anschließenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, unabhängig davon sei auch das durch den Teilverzicht ausgelöste Verwaltungsverfahren, welches zum Erlass des Bescheides vom 2. März 2018 geführt habe, ein sich zeitlich mit dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren überlappendes Zulassungsverfahren im Sinne von § 10 Abs. 5 S. 2 BImSchG, stellen eine zusätzliche, selbstständig tragende Begründung des angefochtenen Beschlusses dar, die eine Auseinandersetzung mit der vorgenannten Begründung, das zu der Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 führende wasserrechtliche Zulassungsverfahren sei wegen des noch anhängigen Widerspruchs noch nicht abgeschlossen und deshalb koordinierungspflichtig gewesen, nicht entbehrlich macht.

64. Aber auch die den Bescheid der Unteren Wasserbehörde vom 2. März 2018 betreffenden Einwände der Beigeladenen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

65. Zum einen geht der Einwand der Beigeladenen, der Bescheid vom 2. März 2018 beinhalte lediglich eine Klarstellung und keine eigenständige wasserrechtliche Erlaubnis, im hier maßgebenden Kontext an der Argumentation des Verwaltungsgerichts vorbei. Denn das Verwaltungsgericht hat angenommen, das durch den Teilverzicht ausgelöste Verwaltungsverfahren, das zum Erlass des Bescheides vom 2. März 2018 geführt habe, sei ein sich zeitlich mit dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren überlappendes Zulassungsverfahren im Sinne von § 10 Abs. 5 S. 2 BImSchG, weil es sich um ein behördliches Verfahren im Sinne des § 9 VwVfG handele, denn es habe mit dem Erlass eines Verwaltungsakts geendet, der auf eine rechtsverbindliche Feststellung der zulässigen Entnahmemenge gerichtet gewesen sei. Zu dieser Argumentation verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.

66. Zum anderen ist den Einwänden der Beigeladenen auch in der Sache nicht zu folgen. Denn sie erklären nicht, warum die wasserrechtliche Erlaubnis vom 26. Januar 2010 die Fördermengen für das Jahr im Mittel auf 1200 m³ und maximal auf 2400 m³ begrenzt hat. Hierbei handelt es sich, worauf auch das Verwaltungsgericht hingewiesen hat (Entscheidungsabdruck Seite 11), für die mittleren Fördermengen lediglich um das Dreifache der mittleren Tagesmenge und für die maximalen Fördermenge lediglich um das Doppelte der maximalen Tagesmenge. Dies erscheint nachvollziehbar, soweit es lediglich um den selten eintretenden Fall der Löschwasserversorgung betrifft, nicht jedoch, soweit es um die regelmäßige Grundwasserförderung für die Versorgung des Schlachtbetriebs gehen sollte. Dementsprechend sieht auch der Bescheid der Unteren Wasserbehörde vom 8. Oktober 2015 eine jährliche maximale Fördermenge von 396.000 m³ vor, was bei der angenommenen mittleren täglichen Grundwasserentnahmemenge von 1085 m³ etwa 365 Tagen entspricht. Auch der Bescheid der Unteren Wasserbehörde vom 2. März 2018 geht von einer jährlichen maximalen Fördermenge von 240.000 m³ aus, was bei dem angenommenen täglichen Mittel von 660 m³ insgesamt 363,64 Tage und quasi ebenfalls ein gesamtes Jahr abdeckt. Dementsprechend weist auch der Antragsteller in seiner Beschwerdeerwiderung zutreffend darauf hin, dass die im Bescheid vom 2. März 2018 genannte jährliche Entnahmemenge i.H.v. 240.000 m³ dem hundertfachen der in der Erlaubnis vom 26. Januar 2010 genannten maximalen jährlichen Entnahmemenge von 2400 m³ entspricht. Dass die jährlich maximal zulässige Entnahmemenge nach dem Bescheid der Unteren Wasserbehörde vom 26. Januar 2010 auf 2400 m³ beschränkt sein sollte, ergibt sich im Übrigen auch aus dem Verwaltungsgebührenbescheid gleichen Datums, wonach für den Bescheid vom 26. Januar 2010 mit einem erlaubten Nutzungsumfang von 2.400,00 m³ die Mindestgebühr von 102,00 Euro zur erheben sei.

67. Hiervon abgesehen ist die Auslegung der Beigeladenen, der Zusatz „für die örtliche Sicherung des Brandschutzes auf dem Betriebsgelände“ unter Ziff. 2 des Bescheides vom 26. Januar 2010 beziehe sich lediglich auf die „Alternative“ Löschwasserversorgung, keineswegs zwingend. Vielmehr dürfte die Formulierung so zu lesen sein, dass die „Brauch- und Löschwasserversorgung“ einheitlich den Zweck haben sollten, die örtliche Sicherung des Brandschutzes auf dem Betriebsgelände zu gewährleisten. Dafür spricht auch der Klammerzusatz in der Überschrift des Bescheides „Löschwasserbrunnen“. Zudem hat das Verwaltungsgericht an der bezeichneten Stelle seines Beschlusses ausgeführt, dass die in dem ausdrücklich zum Gegenstand der Erlaubnis gemachten und mit der Bezeichnung „Brandschutzkonzept“ überschriebenen Lageplan eingetragenen Brunnen ausweislich der Planlegende als „Löschwasserbrunnen“ bezeichnet seien, wozu sich die Begründung der Beschwerde nicht verhält. Überdies ist im Bescheid der Unteren Wasserbehörde vom 26. Januar 2010 nur von drei jeweils 10 m tiefen Brunnen die Rede, während die Beigeladene bei Erlass des Bescheides der Unteren Wasserbehörde vom 8. Oktober 2015 bereits über einen 58 m tiefen Brunnen verfügte und den Neubau eines Brunnens mit einer Tiefe von 40 m plante, den sie zum Zeitpunkt des Bescheides der Unteren Wasserbehörde vom 2. März 2018 (mit einer Tiefe von 37 m) schließlich errichtet hatte.

68. Ferner macht die Beigeladene geltend, die Regelung zum Filterrückspülwasser in einem Umfang von 15 m³/d, von dem das Verwaltungsgericht angenommen hat, sie sei erstmals überhaupt in die Erlaubnis von 2015 aufgenommen worden, sei keine neue Regelung bzw. wasserwirtschaftliche Zulassung. Der Rückfluss des Filterrückspülwassers in das Grundwasser sei bereits seit mehreren Jahrzehnten die bewährte Praxis gewesen. Der Landkreis Dahme-Spreewald sei allerdings erst in den späten 2000-er Jahren dazu übergegangen diesbezüglich eine ausdrückliche Regelung in die wasserrechtlichen Erlaubnisse mit aufzunehmen.

69. Auch dieser Einwand vermag indes nicht zu überzeugen, denn er erklärt nicht, warum selbst im Januar 2010, und damit eindeutig in den späten 2000-er Jahren, auf eine solche Regelung verzichtet worden sein sollte. Eine solche Regelung war auch nur dann entbehrlich, wenn lediglich die Grundwasserentnahme zu Löschzwecken erlaubt werden sollte, wofür bereits die vorstehenden Gründe sprechen.

70. Auf den Bescheid der Unteren Wasserbehörde vom 26. Januar 2010 konnte sich die Grundwasserförderung für den Schlachtbetrieb der Beigeladenen in der Zeit bis zum Erlass des Bescheides der Unteren Wasserbehörde vom 8. Oktober 2015 danach jedenfalls nicht stützen. Selbst der (mit der Beschwerde nicht geltend gemachten) Annahme des Antragsgegners in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 22. August 2019, die wasserrechtliche Erlaubnis vom 26. Januar 2010 weise „leider einer Reihe von Schreibfehlern, Verwechslungen und Fehlern“ auf, stehen die oben genannten Gründe entgegen.

71. Soweit die Beigeladene geltend macht, das Koordinierungsgebot sei auch dann nicht verletzt worden, wenn man unterstelle, die Voraussetzungen eines parallel geführten/zu führenden Verfahrens im Sinne des § 10 Abs. 5 S. 2 BImSchG lägen vor, greifen ihre Einwände ebenfalls nicht durch. Ihre abstrakten Ausführungen zum Inhalt des Koordinierungsgebots vermögen die aufgestellte Behauptung, dass dessen Zweck auf die Verhinderung sich inhaltlich widersprechender Entscheidungen beschränkt sei, nicht zu stützen; vielmehr wird selbst in den angeführten Zitaten eine „Einflussnahme auf die Entscheidung im jeweils anderen Verfahren und die ´Sicherstellung eines integrativen Konzepts`“ (Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, Stand Mai 2019, § 10 Rn 54j) bzw. eine bei nacheinander erteilten Genehmigungen entsprechend abzusichernde „wechselseitige Rücksichtnahme“ (VG München, Beschluss v. 23. März 2018 – 19 M SN 17.4631 -, juris Rn 80) für erforderlich gehalten Zudem führt die Beigeladene fallbezogen im Wesentlichen lediglich pauschal aus, der Antragsgegner habe sich im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsverfahrens umfassend mit den Fragen des Bestehens einer wasserrechtlichen Erlaubnis und den sich in diesem Zusammenhang stellenden Verfahrensfragen auseinandergesetzt. Sie setzt sich aber nicht mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander, die Koordinierung sei unstreitig vollständig unterblieben, weil die Beteiligten hinsichtlich der wasserrechtlichen Erlaubnis von 2015 davon ausgegangen seien, dass eine Koordinierung schon aufgrund der zeitlichen Abfolge nicht nachholbar und hinsichtlich der wasserrechtlichen Erlaubnis von 2018 aufgrund des Verzichts der Beigeladenen entbehrlich sei (Genehmigungsbescheid, Seite 24 sowie auch Seite 33). Soweit die Beigeladene geltend macht, in der Literatur (Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, 13. Aufl. 2020, § 10 Rn. 58) werde als – ungeschriebene – Voraussetzung für die Koordinierungspflicht gefordert, dass das weitere Vorhaben für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung bedeutsam sein müsse, was hier nicht der Fall sei, weil die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 1. November 2018 an keiner Stelle eine Regelung zu den wasserrechtlichen Rahmenbedingungen enthalte, greift auch dieser Einwand nicht durch. Das angeführte Literaturzitat betrifft die Koordinierung der Zulassungsverfahren räumlich benachbarter Vorhaben. Darum geht es hier nicht. Auch kann die wasserrechtliche Genehmigung für die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht von vornherein als unbedeutsam angesehen werden, weil die immissionsschutzrechtliche Anlage ohne Wasserzufuhr nicht betrieben werden kann.

72. Der weitere Vortrag der Beigeladenen, eine Koordinierungspflicht ergebe sich auch nicht aus den Regelungen des brandenburgischen Wassergesetzes, weil dieses keine Regelungen betreffend die Koordinierung für Verfahren der Grundwasserentnahme enthalte, geht ins Leere, weil das Verwaltungsgericht Derartiges auch nicht angenommen hat.

73. Soweit die Beigeladene schließlich meinen sollte (S. 27 der Beschwerdebegründung), dass einer Verletzung des Koordinierungsgebotes durch einen Verzicht auf die „wasserrechtliche Erlaubnis vom 8. Oktober 2015 in der Gestalt des Klarstellungsbescheides vom 2. März 2018“ entgegengetreten werden könne, weil sie über eine Zusage des zuständigen Verbandes verfüge, den gesamten Bedarf der Anlage „vorübergehend“ über das Trinkwassernetz zu decken, kann dahinstehen, ob eine solche nur vorübergehende Zusage die wasserrechtliche Erlaubnis zur Grundwasserentnahme entbehrlich machen könnte, denn die Beigeladene behauptet selbst nicht, dass sie tatsächlich in dieser Form rechtswirksam auf die wasserrechtliche Erlaubnis verzichtet habe. Die theoretische Möglichkeit eines solchen Verzichts vermag die vom Verwaltungsgericht gesehenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers jedenfalls nicht zu beseitigen.

74. Soweit das Verwaltungsgericht unter (2) seiner Beschlussgründe (Entscheidungsabdruck Seite 16-19) ausgeführt hat, unabhängig vom Vorstehenden verletze das dargestellte Verfahren auch die sich aus der 9. BImSchV a.F. ergebenden Anforderungen, weil für die Änderungsgenehmigung eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestanden habe, handelt es sich wiederum um eine selbstständig tragende Begründung, die mit Blick auf die erfolglosen Angriffe der Beschwerde gegen (1) der Beschlussgründe (Entscheidungsabdruck Seite 13-16) auch hinweggedacht werden könnte, ohne dass das Entscheidungsergebnis damit entfiele. Es kann deshalb dahinstehen, ob die diesbezüglichen Einwände der Beigeladenen durchgreifen würden.

75. Die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die festgestellten Verstöße seien nicht geheilt worden; die Verletzung des Koordinierungsgebots begründe wenigstens einen einfachen Verfahrensfehler, dessen Einfluss auf die Entscheidung in der Sache hier gemäß § 4 Abs. 1a UmwRG zu vermuten sei, greift die Beigeladene ebenso wenig an wie die abschließende Annahme des Verwaltungsgerichts, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 VwGO trage den Anforderungen des § 4 Abs. 1b S. 1 UmwRG Rechnung.

76. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

77. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Zuletzt aktualisiert am August 17, 2021 von eurogesetze

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