Gericht: LG Berlin
Entscheidungsdatum: 21.06.2021
Aktenzeichen: 64 S 219/20
Dokumenttyp: Beschluss
Leitsatz
Sieht der Vermieter davon ab, gegen seinen Willen zurückgelassene Einbauten des scheiden-den Wohnungsmieters (hier u. a.: Badewannenglasaufsatz, Einbauschrank, Laminatboden) auszubauen und vermietet die Wohnung mitsamt der Einbauten an einen Nachmieter, so steht ihm nach §§ 280, 249 BGB gegen den scheidenden Wohnungsmieter nicht ohne weiteres An-spruch auf Schadenersatz in Höhe der fiktiven Rückbaukosten zu. Ein Interesse des Vermie-ters, die Einbauten bis zum Ablauf ihrer Lebensdauer zu nutzen, gegenüber dem scheidenden Mieter aber die Kosten ihrer erst dann beabsichtigten Entfernung als Schaden zu liquidieren, wäre nicht schützenswert (Fortführung BGH, Urteil vom 5. März 2014 – VIII ZR 205/13, GE 2014, 659).
Verfahrensgang …
Tenor
Die Kammer beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 26. Juni 2020 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köpenick – 4 C 27/20 – durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
1. Der Beschluss beruht auf § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
2. Zu Recht hat das Amtsgericht darauf erkannt, dass dem Beklagten die im Wege der Primäraufrechnung geltend gemachte Forderung nicht zusteht. Die zulässige Berufung der Beklagten hat aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils keine Aussicht auf Erfolg. Die Kläger durften auf Grundlage des im ersten Rechtszug unstreitigen Tatbestands davon ausgehen, dass der Sohn des Beklagten K… die Abwicklung des gekündigten Mietverhältnisses im Interesse und mit Billigung seines Vaters begleitete, mithin mit Wirkung für den Beklagten auch verbindliche Absprachen über die zur Bewirkung einer vertragsgerechten Rückgabe der Wohnung noch erforderlichen Arbeiten der Kläger treffen konnte. Die Kläger durften auf Grund der mit dem Zeugen ausgetauschten Nachrichten und seiner Mitteilung, die Nachmieter würden die Einbauten übernehmen, ferner darauf vertrauen, dass eine für ihren Vormieter übernommene Rückbaupflicht entfalle, sofern sie die Wohnung komplett streichen würden. Unstreitig nahmen die Kläger sodann an sämtlichen Wänden Malerarbeiten vor. Nachdem der Beklagte im Rahmen der Übergabeverhandlung am … 2019 unstreitig lediglich Verschmutzungen im Hausflur rügte und deren Beseitigung forderte, aber weder den unterbliebenen Rückbau des Laminats und der anderen Einbauten überhaupt ansprach noch die von den Klägern durchgeführten Renovierungsmaßnahmen unter Verweis auf die mit seinem Sohn getroffene Regelung als unvollständig bemängelte, durften die Kläger darauf vertrauen, dass sie die Einbauten nicht mehr entfernen müssen, sondern der Beklagte den Zustand der Wohnung insoweit als ordnungsgemäß akzeptierte. Dies gilt umso mehr, als im ersten Rechtszug unstreitig geblieben ist, dass sämtliche Einbauten auch nach der Wohnungsrückgabe tatsächlich in der Wohnung verblieben und von den Nachmietern der Kläger als vertragsgerecht akzeptiert wurden.
3. Soweit der Beklagte erstmals im Berufungsrechtszug behauptet, die Nachmieter hätten die Einbauten doch nicht übernehmen wollen, sodass er sie auf eigene Kosten habe entfernen müssen, kann er damit gemäß §§ 529, 531 ZPO nicht gehört werden. Entsprechendes gilt für seine Darstellung, sein Sohn habe einen Verzicht auf die Rückbaupflichten allenfalls für den Fall in Aussicht stellen wollen, dass zwischen den Klägern und den Nachmietern eine gesonderte Vereinbarung über die Übernahme der Einbauten geschlossen werde oder die Nachmieter sich gar ihm gegenüber zur Übernahme von Rückbaupflichten bekennen würden. Entgegen der Ansicht der Berufung hätte das Amtsgericht den Beklagten nicht noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass der Nachrichtenaustausch zwischen seinem Sohn und den Klägern für die Entscheidung des Rechtsstreits rechtlich bedeutsam sein könne, denn die mit dem Zeugen K… getroffene Absprache stellt das zentrale Verteidigungsvorbringen der Kläger dar. Der Beklagte hat dies auch nicht erkennbar übersehen, sondern den Vortrag der Kläger in seinem Schreiben vom … 2020 bewusst verzerrt wiedergeben und ihn als wahrheitswidrig sowie durch den „SMS-Verkehr“ nicht belegt gerügt, ohne sich mit dem von den Klägern geschilderten Verhalten und der durch den „SMS-Verkehr“ belegten tatsächlichen Äußerung seines Sohnes auseinanderzusetzen.
4. Ist mithin weiterhin davon auszugehen, dass die Einbauten auf Wunsch der Nachmieter in der Wohnung verblieben sind und von ihnen als wohnwerterhöhend genutzt werden, so dürfte ein Schadenersatzanspruch des Beklagten im Übrigen auch daran scheitern, dass ihm ein Vermögensschaden tatsächlich gar nicht entstanden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt die Liquidation eines bloß fiktiven Schadens nämlich dann nicht in Betracht, wenn ein dem Mieter vorwerfbares Fehlverhalten die Sachsubstanz der Mietsache gar nicht nachteilig verändert hat, sondern lediglich Anlass zu Reparaturmaßnahmen geben kann, die der Vermieter jedoch tatsächlich gar nicht für erforderlich hält und deswegen unterlässt (vgl. BGH – VIII ZR 205/13 –, Urt. v. 05.03.2014, GE 2014, 659, zitiert nach juris). Der Umstand, dass der Beklagte die Einbauten auf Wunsch der Nachmieter in der Wohnung belassen hat, spricht gegen die Darstellung des Klägers, dass ihr Verbleib eine Minderung des Verkehrs- oder Wohnwerts der Wohnung bedinge, der auf Grundlage fiktiver Rückbaukosten ausgeglichen werden müsse. Ein Interesse des Beklagten, die Einbauten bis zum Ablauf ihrer Lebensdauer zu nutzen, gegenüber den Klägern aber die Kosten ihrer erst dann beabsichtigten Entfernung als Schaden zu liquidieren, wäre nicht schützenswert.
5. Soweit die Berufung schließlich rügt, das Amtsgericht hätte dem Beklagten jedenfalls die Kosten für einen fehlenden Abflussdeckel zusprechen müssen, legt der Beklagte auch im zweiten Rechtszug nicht dar, welcher Anteil der für mehrere Posten angesetzten Pauschale gerade für den fehlenden Geruchsverschluss angemessen sei. Mit der zutreffenden Erwägung des Amtsgerichts, dass der Beklagte eine Haftung der Kläger für einen fehlenden Abflussdeckel auch schon dem Grunde nach nicht dargetan habe, setzt die Berufung sich gar nicht auseinander.
6. Die Kammer regt deshalb an, die Berufung zurückzunehmen und weist vorsorglich darauf hin, dass sich die Gerichtsgebühren für das Berufungsverfahren in diesem Falle halbieren würden (vgl. Nr. 1220, 1222 Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz).
7. Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.
Zuletzt aktualisiert am Juli 19, 2021 von eurogesetze
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