MARX GEGEN DEUTSCHLAND (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) Individualbeschwerde Nr. 52095/13

EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE

FÜNFTE SEKTION
ENTSCHEIDUNG
Individualbeschwerde Nr. 52095/13
M.
gegen Deutschland

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Fünfte Sektion) hat in seiner Sitzung am 22. September 2020 als Ausschuss mit den Richterinnen und dem Richter

Ganna Yudkivska, Präsidentin,
Mārtiņš Mits,
Anja Seibert-Fohr,
sowie Anne-Marie Dougin, amtierende stellvertretende Sektionskanzlerin,

im Hinblick auf die oben genannte Individualbeschwerde, die am 8. August 2013 erhoben wurde,

aufgrund der von der beschwerdegegnerischen Regierung vorgelegten Stellungnahmen und der Erwiderungen des Beschwerdeführers,

nach Beratung wie folgt entschieden:

SACHVERHALT

1. Der 19.. geborene Beschwerdeführer, Herr M., ist deutscher Staatsangehöriger und in S. wohnhaft. Er wurde vor dem Gerichtshof von Herrn R., Rechtsanwalt in S., vertreten.

2. Die deutsche Regierung („die Regierung“) wurde durch einen ihrer Verfahrensbevollmächtigten, Herrn Hans-Jörg Behrens vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, vertreten.

3. Am 8. März 2016 wurden die in Bezug auf die Artikel 10 und 11 der Konvention erhobenen Rügen der Regierung zur Kenntnis gebracht und die anderen (insbesondere auf der Grundlage von Artikel 3 des Protokolls Nr. 1 zur Konvention vorgetragenen) Rügen gemäß Artikel 54 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs für unzulässig erklärt.

A. Die Umstände der vorliegenden Rechtssache

1. Der Hintergrund des Falles

4. Der von den Parteien vorgebrachte Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen.

5. Der Beschwerdeführer ist Mitglied einer im Jahr 19.. gegründeten Partei („X“) (siehe die Rechtssache X ./. Deutschland (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 55977/13, Rdnr. 3, 4. Oktober 2016). Er bekleidete innerhalb dieser Partei mehrere Funktionen. Zwischen 2004 und 2009 war er insbesondere Fraktionsgeschäftsführer der X-Fraktion im betreffenden Landtag, Landesvorsitzender der X Landesverbände R. und S. sowie stellvertretender Bundesvorsitzender und Generalsekretär der Partei X.

6. Im Jahr 2001 verurteilte das Landgericht D. den Beschwerdeführer wegen Wählertäuschung zu einer Geldstrafe.

7. Mit Schreiben vom 1. Juli 2008 schlug die Partei X den Beschwerdeführer als Kandidaten für die Wahl des Oberbürgermeisters von S., der Hauptstadt des Landes M., vor, die am 14. September 2008 stattfinden sollte. Dem Wahlvorschlag war eine von dem Beschwerdeführer unterzeichnete Erklärung beigefügt, in der dieser bestätigte, für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten. Diese Erklärung war für jeden Kandidaten für die Wahl für das Amt eines Bürgermeisters aufgrund der Stellung als kommunaler Wahlbeamter auf Zeit erforderlich, die ein Bürgermeister in M. genießt.

8. Nach Anhörung der Vertrauensperson des Beschwerdeführers beschloss der Gemeindewahlausschuss S. am 31. Juli 2008, den Wahlvorschlag nicht zuzulassen, da dieser nicht den Anforderungen des Kommunalwahlgesetzes von Mecklenburg-Vorpommern („das Wahlgesetz“) entsprochen habe. Der Ausschuss betonte insbesondere, dass Zweifel an der Verfassungstreue des Beschwerdeführers bestünden. Nach Anhörung der stellvertretenden Vertrauensperson wies der Landeswahlausschuss am 15. August 2008 die von der Vertrauensperson des Beschwerdeführers erhobene Beschwerde zurück.

9. Die Bürgermeisterwahl wurde am 14. und 28. September 2008 durchgeführt; das Ergebnis wurde am 2. Oktober 2008 öffentlich bekannt gegeben.

2. Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten

10. Am 10. Oktober 2008 legte der Beschwerdeführer gegen die Gültigkeit der Wahl Einspruch ein.

11. In ihrer Sitzung vom 27. Oktober 2008 wies die Stadtvertretung der Landeshauptstadt S. den Einspruch des Betroffenen zurück und erklärte die Wahl für gültig. Sie vertrat die Auffassung, dass die Bewerbung des Betroffenen aus mehreren Gründen zurückzuweisen sei, und zwar wegen der Nichtvorlage des erforderlichen amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses, der Zweifel an der Verfassungstreue des Betroffenen und an seiner, für den Posten als Beamter auf Zeit erforderlichen Würde, aufgrund seiner strafrechtlichen Verurteilung.

12. Der nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführer hat beim Verwaltungsgericht S. Klage erhoben.

13. Mit Urteil vom 1. Dezember 2010 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab, weil der Betroffene nicht die Voraussetzungen des § 61 Abs. 2 des Wahlgesetzes (Rdnr. 28 unten) für die Ernennung zum Beamten auf Zeit erfüllt habe. Es erinnerte an den Grundsatz, wonach Beamter nur werden darf, wer die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und die Verfassung des Landes M. eintritt (§§ 8, 127 und 128 des Beamtengesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern; siehe Rdnr. 29 unten), und wies darauf hin, dass dieser Grundsatz auch für Wahlbeamte auf der kommunalen Ebene gelte. Nach Prüfung der Erklärung des Beschwerdeführers, seiner innerhalb der Partei wahrgenommenen Funktionen, der politischen Ziele der Partei X und der Zusammensetzung des X Landesverbandes M. war das Verwaltungsgericht der Auffassung, dass erhebliche Zweifel an seiner Bereitschaft bestünden, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Es urteilte, dass daher die beiden anderen von der Stadtvertretung zur Stützung der Zurückweisung des Einspruchs des Beschwerdeführers geltend gemachten Gründe nicht zu prüfen seien.

14. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer beantragte bei dem Oberverwaltungsgericht M. die Zulassung der Berufung.

15. Am 19. April 2012 lehnte das Oberverwaltungsgericht diesen Antrag ab.

3. Das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht

16. Am 20. Mai 2012 erhob der nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht, die gegen die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, diejenigen der Wahlausschüsse und gegen § 61 Abs. 2 Nr. 2 des Wahlgesetzes in der bis zum 31. Januar 2009 geltenden Fassung gerichtet war. Auf Seite 2 seiner Verfassungsbeschwerde führte er aus, dass diese Entscheidungen seine Rechte aus Artikel 3 Abs. 3 Satz 1 (Diskriminierungsverbot wegen der politischen Anschauungen), Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 (Meinungsfreiheit), Artikel 9 Abs. 1 (Vereinigungsfreiheit) und Artikel 1 Abs. 1 (Menschenwürde) des Grundgesetzes verletzt hätten. Er vertrat zudem die Auffassung, dass der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ihn in seinen Rechten aus Artikel 19 Abs. 4 (Recht auf effektiven Rechtsschutz) in Verbindung mit Artikel 3 Abs. 1 (Willkürverbot) des Grundgesetzes verletzt hätte.

17. Auf Seite 6 legte er dar, dass seine Beschwerde die Frage betreffe, ob die Nichtzulassung von Bewerbern zu Bürgermeisterwahlen wegen bloßer Zweifel an der Verfassungstreue des Bewerbers aufgrund seiner Parteimitgliedschaft mit der Meinungsfreiheit, dem passiven Wahlrecht und dem Demokratieprinzip vereinbar sei. Seiner Beschwerde komme daher grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. In den letzten Jahren seien fünf Bewerber, die derselben Partei wie er angehörten, wegen angeblich fehlender Verfassungstreue nicht zu solchen Wahlen zugelassen worden. Er fügte hinzu, dass die Nichtzulassung eines dieser Bewerber im Übrigen Gegenstand einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 2010 gewesen sei (Rdnrn. 32-34 unten).

18. Auf Seite 9 seiner Verfassungsbeschwerde führte er aus, dass seine Nichtzulassung zur Wahl einen massiven Eingriff in die Ausübung seines Rechts auf Meinungsfreiheit, auf Vereinigungsfreiheit und seines passiven Wahlrechts darstelle. Bliebe es bei dieser Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, so führte er weiter aus, wäre er auf Dauer von sämtlichen Direktwahlen im Land M. ausgeschlossen. Seines Erachtens bedarf eine solche Maßnahme in einem freiheitlichen Rechtsstaat vor dem Hintergrund des Demokratieprinzips besonderer Rechtfertigung. Er zog den Schluss, dass er allein aufgrund seiner Parteizugehörigkeit unter Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes mit Schwerverbrechern gleichgestellt werde, denen die Wählbarkeit aberkannt worden sei.

19. In Bezug auf die Zulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde war der Beschwerdeführer der Meinung, dass sein berechtigtes Interesse an der Einlegung dieser Beschwerde durch die Entscheidung vom 10. November 2010 (Rdnrn. 32-34 unten) nicht infrage gestellt sei, mit der das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass die Verletzung der allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze bei Wahlen in den Ländern nicht Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht sein kann. Er rüge nämlich nicht nur eine Verletzung seines passiven Wahlrechts (eine Rüge, welche gerade nicht über Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes geltend gemacht werden könne), sondern in erster Linie seines Rechts auf Meinungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Menschenwürde sowie Verstöße gegen das Willkürverbot.

20. In seiner Verfassungsbeschwerde erklärte der Beschwerdeführer in Bezug auf deren Begründetheit, dass seine Nichtzulassung zur Wahl eine Verletzung seines Rechts auf Meinungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit, einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und eine Verletzung der Menschenwürde darstelle. Er führt weiter aus:

„Dadurch, dass dem Beschwerdeführer eine (Bürgermeister)kandidatur allein wegen seiner Parteimitgliedschaft verweigert wird, stellen ihn die Wahlausschüsse und Verwaltungsgerichte (…) vor die Wahl, entweder aus der Partei X auszutreten, entsprechende Meinungen [wie diejenigen, die zur Nichtzulassung geführt haben] (…) nicht mehr zu vertreten und sich von der Partei zu distanzieren, oder aber dauerhaft von Direktwahlen in M. ausgeschlossen zu werden. Dieses Vorgehen stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die vorbezeichneten Grundrechte dar. Dieser Eingriff ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, weil das die Meinungsfreiheit einschränkende Gesetz des § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [Anm. d. Übers. – müsste § 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 heißen] KWG in der bis zum 31.01.2009 gültigen Fassung verfassungswidrig und nichtig ist.“

21. Auf weiteren fünfzehn Seiten legte der Beschwerdeführer dar, dass § 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Wahlgesetzes gegen das Demokratieprinzip verstoße, dass die Vorschrift im Widerspruch zu den Wertungen der Artikel 18 und 21 Abs. 2 des Grundgesetzes stehe (betreffend die Verwirkung von Grundrechten bzw. die politischen Parteien), dass sie ein rechtsstaatlichen Grundsätzen genügendes Verfahren nicht gewährleiste (insbesondere hinsichtlich der Legitimation, der Unabhängigkeit, der Sachkunde und Funktionsweise des Wahlausschusses und seiner Mitglieder), dass sie nicht verhältnismäßig sei, denn seines Erachtens standen mildere Mittel zur Verfügung, und dass sie nicht bestimmt genug sei. Er fügte hinzu, dass diese Bestimmung auch im Widerspruch zu den Rechtsprechungsgrundsätzen stehe, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 22. Mai 1975 aufgestellt habe. Er trug vor, dass nach dieser Rechtsprechung der Staat Mitgliedern verfassungsfeindlicher Parteien den Zugang zum öffentlichen Dienst verwehren könne, dass er jedoch in diesem Fall besondere Dienstverträge schaffen sollte, um den Zugang zum Rechtsreferendariat zu gewährleisten. Diese Rechtsprechung ließe sich auf Bewerber sogenannter verfassungsfeindlicher Parteien zu Direktwahlen übertragen. Er war der Auffassung, dass selbst wenn man davon ausginge, dass ein Bewerber die für die Berufung in das Beamtenverhältnis erforderliche Treuepflicht wegen seiner Mitgliedschaft in einer politischen Partei nicht aufbringen könnte, dies nicht dazu führen könne, dass diese Person niemals das Bürgermeisteramt ausüben dürfte. Der Staat habe in einem solchen Fall ein besonderes Beschäftigungsverhältnis zu schaffen, wodurch es dem Betroffenen möglich sei, ohne Berufung in das Beamtenverhältnis als Bürgermeister gewählt zu werden.

22. Der Beschwerdeführer gelangte zu dem Schluss, dass die Zwangsverbeamtung eines gewählten Bürgermeisters einen unverhältnismäßigen Eingriff in dessen Recht auf Berufsfreiheit, in sein passives Wahlrecht und sein Recht auf Meinungsfreiheit darstelle. Diese Zwangsverbeamtung produziere in M. ein zusätzliches Kriterium für den Zugang zum Bürgermeisteramt, das von den Mitgliedern seiner Partei ganz offensichtlich nicht erfüllt werden könne, im Gegensatz zu den Mitgliedern der ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachteten Partei Y. Er sah darin eine nach Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes verbotene versteckte Diskriminierung wegen seiner politischen Anschauungen.

23. Der Beschwerdeführer führte weiter aus, dass darüber hinaus die Rechtsprechung des EGMR, insbesondere das Urteil in der Rechtssache V. ./. Deutschland (26. September 1995, Serie A Band 323), zu berücksichtigen sei. Er räumte ein, dass dieses Urteil die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst betroffen habe, während die vorliegende Rechtssache sich auf den Zugang zum öffentlichen Dienst beziehe. Ihm zufolge ging jedoch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass Zweifel an der Verfassungstreue einer Person nicht ausreichen könnten, um einen Bewerber vom öffentlichen Dienst fernzuhalten, wenn diese Zweifel an die bloße Parteimitgliedschaft bzw. an eine Funktionärstätigkeit in einer Partei anknüpfen würden. Der Beschwerdeführer trug vor, dass nach dem Demokratieprinzip unterschiedliche Kriterien für Wahlbeamte und für Laufbahnbeamte gelten würden. Er war nämlich der Meinung, dass die Konvention zwar kein Recht auf Aufnahme in den öffentlichen Dienst garantiert, es jedoch in einer demokratischen Gesellschaft im Sinne des Artikels 10 der Konvention keinesfalls erforderlich sei, den Bewerbern für das Amt eines Wahlbeamten die Möglichkeit zu verweigern, sich dem Votum der Wähler zu stellen.

24. Der Beschwerdeführer brachte im Übrigen vor, dass § 61 Abs. 2 Nr. 2 des Wahlgesetzes, selbst wenn dieser verfassungskonform gewesen wäre, nicht als Rechtsgrundlage für die Nichtzulassung seiner Bewerbung habe dienen können, da weder die Wahlausschüsse noch die Verwaltungsgerichte ihm eine fehlende Verfassungstreue hätten nachweisen können. Auf drei Seiten übte er Kritik an den Gründen, auf die die Ausschüsse bzw. Gerichte ihre Ablehnung gestützt hätten, während er, wie er ausführt, seine Verfassungstreue dadurch unter Beweis gestellt habe, dass er eine Erklärung abgegeben habe, in der er für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintrete. Er fügte hinzu, dass er im April 2005 bei den Direktwahlen für das Amt des Bürgermeisters der Stadt L. in S. habe antreten können. Durch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sei er in seinem Recht auf Rechtsschutz in Verbindung mit dem Willkürverbot verletzt worden. Er wies darauf hin, dass er nicht eine einfache Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz, sondern eine „qualifizierte Verletzung“ in Gestalt des Willkürverbots geltend mache. Er brachte ferner vor, dass er entgegen den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 10. November 2010 berechtigt sei, dieses in Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes garantierte Recht geltend zu machen.

25. Am 17. Juli 2013 beschloss eine mit drei Richtern besetzte Kammer des Bundesverfassungsgerichts, die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers nicht zur Entscheidung anzunehmen (2 BvR 1136/12). Die Entscheidung lautete wie folgt:

„Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Sie ist unzulässig, weil der Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert darlegt, in einem mit der Verfassungsbeschwerde rügefähigen subjektiven Recht verletzt zu sein (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1, § 23 Abs. 1, § 92 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.“

B. Das einschlägige innerstaatliche Recht und die einschlägige innerstaatliche Praxis

1. Das Grundgesetz

26. Gemäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 [sic] des Grundgesetzes entscheidet das Bundesverfassungsgericht über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein.

2. Das Kommunalwahlgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern

27. In § 61 Abs. 1 des Kommunalwahlgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern in der vom 14. Juli 2005 bis zum 31. Januar 2009 gültigen Fassung hieß es, dass wählbar zum ehrenamtlichen Bürgermeister ist, wer die Voraussetzungen nach § 10 des Wahlgesetzes und zur Ernennung zum Ehrenbeamten erfüllt.

§ 61 Abs. 2 Nr. 2 bestimmte unter anderem, dass wählbar zum hauptamtlichen Bürgermeister ist, wer die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Zeit nach dem Landesbeamtengesetz erfüllt.

3. Beamtengesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern

28. In § 128 des Landesbeamtengesetzes in seiner am 30. Dezember 2009 gültigen Fassung wurde der Begriff „Wahlbeamter“ bestimmt. Nach § 127 Abs. 1 Nr. 1 galten für Beamte auf Zeit die Vorschriften für Beamte auf Lebenszeit entsprechend. Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 durfte in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bot, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern eintrat.

4. Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht

29. Nach § 23 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes sind Verfassungsbeschwerden schriftlich einzureichen, zu begründen und sind die Beweismittel anzugeben. § 92 besagt, dass in der Begründung der Beschwerde das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen sind.

30. Gemäß § 90 Abs. 1 kann jedermann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

5. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

31. Mit Entscheidung vom 10. November 2010 (2 BvR 1946/10) befand das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde eines Mitglieds derselben Partei, der auch der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall angehört. In dieser Rechtssache hatten die kommunalen Wahlausschüsse die Bewerbung einer Person für die Direktwahl des ehrenamtlichen Bürgermeisters einer Gemeinde in M. zurückgewiesen, weil der Bewerber die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 und Abs. 3 des Wahlgesetzes nicht erfüllt habe, insbesondere weil er nicht die Gewähr dafür geboten habe, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und die Verfassung des Landes M. eintrete.

32. Mit seiner Entscheidung erklärte das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, da die Verletzung der Rechte, die von dem Beschwerdeführer gerügt wurde (Recht, als Bewerber für die Kommunalwahlen anzutreten, Grundsatz der allgemeinen und gleichen Wahlen und Demokratieprinzip), nicht vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden könne. Es merkte zunächst an, dass das Demokratieprinzip kein Grundrecht oder grundrechtsgleiches Recht sei. Danach rief es in Erinnerung, dass Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, wonach die Länder die verfassungsmäßigen Garantien in Bezug auf Wahlen achten, dem Einzelnen keine mit der Verfassungsbeschwerde rügefähige subjektive Rechtsposition vermittle, und dass es allein den Ländern obliege, in ihrem Verfassungsraum den Schutz des Wahlrechts bei Wahlen zu gewährleisten. Hierzu betonte das Bundesverfassungsgericht, dass dem Betroffenen der Verwaltungsrechtsweg zur Verfügung gestanden habe, um eine Verletzung seines passiven Wahlrechts und anderer Wahlrechtsgrundsätze geltend zu machen. Ferner verlange Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes kein Mehr an Rechtsschutz. Schließlich sei die Frage, ob der Betroffene seine Rügen vor dem Verfassungsgericht des Landes M. hätte vortragen können, daher für die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht ohne Bedeutung.

33. Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass dem Betroffenen, soweit sich die Verfassungsbeschwerde auch gegen § 61 Abs. 1 und 3 des Wahlgesetzes richte, auch kein mit der Verfassungsbeschwerde rügefähiges Recht zur Seite stehe, unabhängig davon, dass eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Gesetzesbestimmung innerhalb einer Frist von einem Jahr ab der Verabschiedung des in Rede stehenden Gesetzes eingelegt werden müsse. Schließlich vertrat es die Auffassung, dass der Betroffene kein Recht hatte, auf der Grundlage von Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes die Entscheidung zu beanstanden, mit der das Oberverwaltungsgericht die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht zugelassen hatte, weil auch diese Rüge von den (Verfassungs-)Gerichten des Landes hätte geprüft werden müssen, die für die Entscheidung im betreffenden Wahlbundesland zuständig gewesen seien.

RÜGEN

34. Unter Berufung auf die Artikel 10 und 11 der Konvention rügt der Beschwerdeführer die Zurückweisung seiner Bewerbung für die Direktwahl des Bürgermeisters von S.

RECHTLCHE WÜRDIGUNG

35. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung der Artikel 10 und 11 der Konvention, deren einschlägige Passagen wie folgt lauten:

Artikel 10

„(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. (…)

(2) Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.“

Artikel 11

„(1) Jede Person hat das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.

(2) Die Ausübung dieser Rechte darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Dieser Artikel steht rechtmäßigen Einschränkungen der Ausübung dieser Rechte für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung nicht entgegen.“

36. Die Regierung macht die Nichterschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe geltend. Sie trägt hierzu vor, dass der Beschwerdeführer eine unzulässige Verfassungsbeschwerde eingelegt habe und das Bundesverfassungsgericht daher die Begründetheit nicht prüfen konnte. Sie bringt vor, dass der Betroffene vor dem Bundesverfassungsgericht kein subjektives Recht geltend gemacht habe, das in die Zuständigkeit dieses Gerichts fallen könnte. Sie legt hierzu dar, dass allein die Rechte aus Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4a des Grundgesetzes, d. h. die Grundrechte und die in den Artikeln 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes garantierten Rechte, Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein können.

37. Nach Auffassung der Regierung erfüllte die von dem Beschwerdeführer eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht die Anforderungen im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 und § 92 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Dies werde nicht nur in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durch die sehr knappe Begründung deutlich, sondern ergebe sich auch aus der Art und Weise, in der sich der Beschwerdeführer in seiner Verfassungsbeschwerde sehr pauschal darauf berufe, durch die Nichtzulassung seiner Person zur Bürgermeisterwahl in seiner Meinungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit verletzt worden zu sein, und aus den Ausführungen des Betroffenen, die, wie dargelegt wird, in Wirklichkeit in der Behauptung bestanden hätten, dass § 61 des Wahlgesetzes gegen das Demokratieprinzip verstoße und im Widerspruch zu den Artikeln 18 und 21 des Grundgesetzes stehe, kein rechtsstaatlichen Grundsätzen genügendes Verfahren gewährleiste und unverhältnismäßig und unbestimmt sei.

38. Die Regierung führt aus, dass der Beschwerdeführer die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit nur im Obersatz seiner Beschwerde erwähnt und tatsächlich die Unvereinbarkeit des Kommunalwahlrechts mit Rechten aus dem Grundgesetz gerügt habe, die ihr zufolge nicht Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein können, mit Ausnahme des Rechts auf ein faires Verfahren, das der Beschwerdeführer jedoch in seiner Individualbeschwerde vor dem Gerichtshof nicht geltend gemacht habe. Nach Ansicht der Regierung hat der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt dargelegt, inwiefern die Nichtzulassung als Kandidat ihn in seinem Recht auf Meinungsfreiheit verletzt habe. Der Betroffene habe insbesondere weder eine Situation genannt, in der er sich gehindert oder verpflichtet gesehen habe, eine bestimmte Meinung zu haben, noch dargelegt, worin ein Eingriff in die Ausübung seines Rechts auf Vereinigungsfreiheit bestanden habe. Der Regierung zufolge knüpften die angegriffenen Entscheidungen die Nichtzulassung des Beschwerdeführers als Kandidaten nicht allein an seine Mitgliedschaft in der Partei X.

39. Der Beschwerdeführer erwidert, dass er ausdrücklich und substanziiert dargelegt habe, weshalb die Nichtzulassung seiner Bewerbung seine Meinungs- und Vereinigungsfreiheit verletzt habe. Er fügt hinzu, dass er auf den Seiten 2, 6, 11, 28 und 34 seiner Verfassungsbeschwerde ausdrücklich die Artikel 5 und 11 des Grundgesetzes erwähnt habe, die diese beiden Freiheiten garantierten, und dass er seine Rügen eingehend begründet habe. Die Regierung überspanne die Darlegungsanforderungen bei der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, zumal er, wie er weiter ausführt, bei Erhebung seiner Verfassungsbeschwerde nicht anwaltlich vertreten gewesen sei.

40. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass er gemäß Artikel 35 Abs. 1 der Konvention erst nach Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe angerufen werden kann. Jeder Beschwerdeführer muss nämlich den innerstaatlichen Gerichten die Gelegenheit gegeben haben, die gegen ihn (sic) vorgebrachten Verletzungen zu verhindern oder ihnen abzuhelfen (Cardot ./. Frankreich, 19. März 1991, Rdnr. 36, Serie A Band 200). Nach Artikel 35 Abs. 1 müssen die Rügen, die dem Gerichtshof später vorgelegt werden sollen, zumindest der Sache nach vor dem geeigneten innerstaatlichen Organ in der nach dem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Form und Frist erhoben werden (Vučković und andere ./. Serbien (prozessuale Einrede) [GK], Individualbeschwerden Nrn. 17153/11 und 29 weitere, Rdnr. 72, 25. März 2014).

41. Der Gerichtshof erinnert auch daran, dass der Rechtsweg nicht erschöpft ist, wenn eine Beschwerde aufgrund der Nichtbeachtung einer Formvorschrift für unzulässig erklärt wurde (Ben Salah, Adraqui und Dhaime ./. Spanien (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 45023/98, 27. April 2000, Assunção Chaves ./. Portugal, Individualbeschwerde Nr. 61226/08, Rdnr. 77, 31. Januar 2012 und Olivier ./. Belgien (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 34708/08, Rdnr. 22, 19. Mai 2015). Die Tatsache allein, dass eine Verfassungsbeschwerde für unzulässig erklärt wurde, bedeutet jedoch nicht automatisch, dass ein Beschwerdeführer den innerstaatlichen Rechtsweg nicht erschöpft hat (A. ./. Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 3690/10, Rdnr. 39, 26. November 2015, mit weiteren Nachweisen, und J. ./. Deutschland (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 54810/00, 26. Oktober 2004). Der Gerichtshof war nämlich der Auffassung, dass der Rechtsweg in den Rechtssachen erschöpft war, in denen das Bundesverfassungsgericht die Feststellung der Unzulässigkeit nicht begründet hatte, weswegen dem Gerichtshof die Unzulässigkeitsgründe nicht bekannt sein konnten, und in denen die Betroffenen die von ihnen später vor ihm erhobenen Rügen substanziiert vorgetragen hatten (L. ./. Deutschland (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 28782/04, 25. September 2007, A., a.a.O. und M. ./. Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 29762/10, Rdnr. 28, 9. Februar 2017) oder in denen das Verfassungsgericht zumindest teilweise die Begründetheit der Beschwerde geprüft hatte (. ./. Deutschland (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 64387/01, 6. Mai 2004, Ēcis ./. Lettland, Individualbeschwerde Nr. 12879/09, Rdnr. 53, 10. Januar 2019 und Repcevirág Szövetkezet ./. Ungarn, Individualbeschwerde Nr. 70750/14, Rdnr. 36, 30. April 2019).

42. In der vorliegenden Rechtssache stellt der Gerichtshof fest, dass das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde des Beschwerdeführers für unzulässig erklärt hat, weil der Betroffene nicht das Recht geltend gemacht habe, auf das er sich vor ihm hätte berufen können. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass nach Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 des Grundgesetzes die Verletzung des Rechts auf Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Abs. 1 und des Rechts auf Vereinigungsfreiheit aus Artikel 9 Abs. 1 des Grundgesetzes (siehe Rdnrn. 16-25 oben) Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht sein kann. Er hält es jedoch nicht für erforderlich, sich mit der Frage zu befassen, ob die Tatsache allein, dass die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers unzulässig war, zur Folge hat, dass die Rügen des Beschwerdeführers mit Blick auf die vorgenannte Rechtsprechung (Rdnr. 42) wegen Nichterschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs unzulässig sind.

43. Der Gerichtshof stellt nämlich fest, dass der Beschwerdeführer zwar mehrmals in seiner Verfassungsbeschwerde diese beiden Rechte, die grundsätzlich den Garantien aus den Artikeln 10 und 11 der Konvention entsprechen, geltend gemacht hat (vgl. Rdnrn. 16-25 oben), die Argumente des Beschwerdeführers jedoch in Wirklichkeit die Übereinstimmung des § 61 Abs. 2 des Wahlgesetzes mit bestimmten im Grundgesetz aufgeführten verfassungsrechtlichen Grundsätzen infrage stellten (siehe Rdnr. 21). Seiner Meinung nach kann gleichwohl argumentiert werden, dass der Beschwerdeführer auf Seite 11 seiner Verfassungsbeschwerde das Vorliegen eines Eingriffs in sein Recht auf Meinungsfreiheit kurz beschrieben hat (siehe Rdnr. 20). Er merkt jedoch an, dass der Beschwerdeführer diesen Eingriff nicht näher beschrieben und vor allem nicht dargelegt hat, weshalb dieser ungerechtfertigt bzw. unverhältnismäßig ist (vgl. sinngemäß S. ./. Deutschland (Entsch.), Individualbeschwerde Nr. 24376/02, 7. Dezember 2010), sich aber eingehend zu den verschiedenen Aspekten des Wahlrechts und insbesondere seinem passiven Wahlrecht und seinem Recht auf Zugang zum Bürgermeisteramt geäußert hat. Soweit der Beschwerdeführer auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache V. (vgl. Rdnr. 23) Bezug genommen hat, ist der Gerichtshof der Meinung, dass der Beschwerdeführer sich auch hier auf die Behauptung beschränkt hat, dass die Nichtzulassung seiner Bewerbung die vom Gerichtshof aufgestellten Grundsätze betreffend den Zugang zum öffentlichen Dienst verletzt habe, ohne einen Zusammenhang mit dem Eingriff in sein Recht auf Meinungsfreiheit aufzuzeigen.

44. Vor diesem Hintergrund gelangt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesverfassungsgericht die Rügen, die Gegenstand der vorliegenden Beschwerde sind, nicht hinlänglich substanziiert und somit diesem Gericht nicht die Möglichkeit gegeben hat, die vor dem Gerichtshof vorgebrachten Verletzungen zu verhindern oder ihnen abzuhelfen.

45. Daher gibt er der prozesshindernden Einrede der Regierung statt und weist die Beschwerde wegen Nichterschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe in Anwendung des Artikels 35 Abs. 1 und 4 der Konvention zurück.

Aus diesen Gründen entscheidet der Gerichtshof einstimmig,

und erklärt die Individualbeschwerde für unzulässig.

Ausgefertigt in französischer Sprache und schriftlich zugestellt am 15. Oktober 2020.

Anne-Marie Dougin                                              Ganna Yudkivska
Amtierende stellvertretende Kanzlerin                      Präsidentin

Zuletzt aktualisiert am Juli 13, 2021 von eurogesetze

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