RECHTSSACHE ANNEN ./. DEUTSCHLAND (No. 5) (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) Individualbeschwerde Nr. 70693/11

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
FÜNFTE SEKTION
RECHTSSACHE A. ./. DEUTSCHLAND (Nr. 5)
(Individualbeschwerde Nr. 70693/11)
URTEIL
STRASSBURG
20. September 2018

Dieses Urteil wird nach Maßgabe des Artikels 44 Abs. 2 der Konvention endgültig. Es wird gegebenenfalls noch redaktionell überarbeitet.

In der Rechtssache A. ./. Deutschland (Nr. 5)

verkündet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Fünfte Sektion) als Kammer mit den Richterinnen und Richtern

Yonko Grozev, Präsident,
Angelika Nußberger,
André Potocki,
Síofra O’Leary,
Mārtiņš Mits,
Lәtif Hüseynov und
Lado Chanturia
sowie Claudia Westerdiek, Sektionskanzlerin,

nach nicht öffentlicher Beratung am 28. August 2018

das folgende, an diesem Tag gefällte Urteil:

VERFAHREN

1. Der Rechtssache lag eine Individualbeschwerde (Nr. 70693/11) gegen die Bundesrepublik Deutschland zugrunde, die ein deutscher Staatsangehöriger, A. („der Beschwerdeführer“), am 26. Oktober 2011 nach Artikel 34 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten („die Konvention“) beim Gerichtshof eingereicht hatte.

2. Der Beschwerdeführer wurde von Herrn E., Rechtsanwalt in P., vertreten. Die deutsche Regierung („die Regierung“) wurde durch ihre Verfahrensbevollmächtigten, Herrn H.-J. Behrens und Frau K. Behr vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, vertreten.

3. Der Beschwerdeführer behauptete, dass eine Unterlassungsanordnung und eine Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung ihn in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 10 der Konvention verletzt habe.

4. Am 3. November 2016 wurde die Artikel 10 der Konvention betreffende Rüge der Regierung übermittelt und die Individualbeschwerde gemäß Artikel 54 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Übrigen für unzulässig erklärt.

5. Die Alliance Defending Freedom (ADF International), das Ordo Iuris Institute for Legal Culture und Dr. Z. (Kläger im innerstaatlichen Verfahren), die vom Vizepräsidenten zur Teilnahme am schriftlichen Verfahren ermächtigt worden waren, gaben Stellungnahmen als Drittbeteiligte ab (Artikel 36 Abs. 2 der Konvention und Artikel 44 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs).

SACHVERHALT

I. DIE UMSTÄNDE DER RECHTSSACHE

A. Der Hintergrund der Rechtssache

6. Der Beschwerdeführer wurde 19.. geboren und lebt in W. Er ist ein Abtreibungsgegner und betreibt eine Anti-Abtreibungs-Website, auf der er in mitunter sehr drastischer Form gegen Abtreibung eintritt.

7. Mit Entscheidung vom 1. März 2007 nahm die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien die Website des Beschwerdeführers, („die deutsche Webseite“), in die Liste der jugendgefährdenden Medien auf. Der Beschwerdeführer gestaltete seine Internetpräsenz daraufhin um. Seine neue Website enthielt einen durch Fettdruck hervorgehobenen Link zu der österreichischen Website, („die österreichische Website“), die von dem mittlerweile verstorbenen, vom Beschwerdeführer auf seiner aktuellen Internetseite als „lieben Freund und Mitstreiter“ bezeichneten M.H. betrieben wurde. Zu dem Link auf die österreichische Website wurde Folgendes ausgeführt:

„Wenn Sie mehr über das moderne demokratische Verbrechen „Abtreibung“ wissen wollen, dann fragen Sie in Österreich nach.“

8. Zum maßgeblichen Zeitpunkt stimmte der Inhalt der österreichischen Website im Wesentlichen mit dem Inhalt der deutschen Website vor der Beanstandung durch die Bundesprüfstelle überein. Zudem enthielt die österreichische Website eine Rückverlinkung auf die vollständige deutsche Website des Beschwerdeführers in ihrer Originalfassung vor der Beanstandung durch die Bundesprüfstelle. Gelöscht worden war dort lediglich das Impressum. Alle zum Betrieb der österreichischen Website erforderlichen Daten hatte der Beschwerdeführer dem M.H. zu diesem Zweck auf einer CD zur Verfügung gestellt.

9. Auf der über die österreichische Website verlinkten Fassung der deutschen Website fand sich folgender Text:

„Den Babycaust mit dem Holocaust gleichzusetzen würde bedeuten die heutigen Abtreibungsmorde zu relativieren.“

10. Ferner befand sich auf der Startseite der österreichischen Website zwischen zwei Fotos, die Babys zeigten, eines davon offenbar blutüberströmt, der folgende Text:

„Abtreibung ist “MORD”, es gibt kein anderes WORT!“

Darunter war ein Foto eines Leichenberges in einem unbenannten Konzentrationslager des Dritten Reichs abgebildet. Darunter stand folgender Text:

„Abtreibung und Euthanasie sind Verbrechen, die für rechtmäßig zu erklären sich menschliches Gesetz anmaßen kann“

Des Weiteren fand sich auf der österreichischen Website unter dem Link „Abtreibungen“ eine karikaturartige Zeichnung eines Wolfes als Henker bei der Hinrichtung von Embryonen durch eine Guillotine. Überschrieben war dieses Bild mit dem Satz:

„Abtreiber: Töten können sie, aber wehe wenn man sie ans Töten erinnert.“

Darunter befand sich der Text:

„“Faschisten“ / “Antifaschisten“: KZ-Kommandanten oder Mörder von Ungeborenen, sind zwei Erscheinungsformen von kriminellen Menschen! Diese „Sumpfblüten” haben denselben genetischen Code“

Unter dem Link „Nichts für schwache Nerven“ fanden sich Bilder vermeintlich abgetriebener Föten mit dem Text:

„60 Jahre nach Auschwitz: nach der „Unterbrechung“ geht’s in den Verbrennungsofen oder auf den Müll!“

11. Unter dem Link „Deutschland“ und dem dortigen weiteren Link „Gebetsanliegen“ wurde Bezug genommen auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (Urteil vom 28. Februar 2007 – 6 U 98/06), mit der dem Beschwerdeführer verboten worden war, Abtreibungen, wie sie von den auf seiner Website namentlich benannten Ärzten vorgenommen würden, als „Mord“ zu bezeichnen. Der Verweis war mit folgender Anmerkung versehen:

„Abtreibungsärzte sind von uns nicht als Mörder bezeichnet worden und werden von uns nicht als Mörder bezeichnet. ABER: Wir werden zu unserer Meinung stehen: Das vorsätzliche „Zu Tode bringen“ eines unschuldigen Menschen ist MORD. Und wer kann ernstlich behaupten, dass bei einer „ABTREIBUNG“ kein unschuldiger, ungeborener Mensch vorsätzlich getötet wird?“

Auf der Seite hieß es ganz unten unter der hervorgehobenen Zeile „Deutsche Zeitgeschichte in Kurzform“:

„Pervertierte Ärzte ermordeten im Auftrag der Mütter die ungeborenen Kinder“

Von derselben Seite gelangte man zu einer alphabetisch nach Orten sortierten Liste, in der für zahlreiche Orte in Deutschland Ärzte mit Namen und Praxisanschrift genannt wurden, die Abtreibungen durchführten. Die Liste wurde von einer Aufforderung begleitet, für diese Ärzte zu beten.

12. Dr. Z., der Kläger im Hauptsacheverfahren, wurde auf der Liste genannt. Er ist jüdischen Glaubens und seine Familie hat die Gräueltaten zur Zeit des Nationalsozialismus selbst erfahren.

B. Das innerstaatliche Verfahren

13. Dr. Z. nahm den Beschwerdeführer und M.H. gerichtlich auf Unterlassung und Zahlung einer Entschädigung wegen der Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte in Anspruch. Er machte geltend, dass die genannten Websites eine unmittelbare Assoziation der namentlich benannten Ärzte mit dem Dritten Reich hervorriefen, Abtreibungen mit den Verbrechen des Dritten Reichs gleichsetzten und ihn als Mörder stigmatisierten.

14. Am 9. Februar 2010 verurteilte das Landgericht den Beschwerdeführer, es zu unterlassen, auf der deutschen oder der österreichischen Website Abtreibungen, wie sie von dem dort namentlich genannten Dr. Z. vorgenommen würden, als „Mord“ zu bezeichnen und/oder bezeichnen zu lassen. Zugleich wurde der Beschwerdeführer verurteilt, an Dr. Z. als Gesamtschuldner mit M.H. eine Entschädigung in Höhe von EUR 10.000,- zu zahlen. M.H. wurde durch gesondertes Urteil in gleicher Weise verurteilt.

15. Das Landgericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Zunächst stellte es fest, dass die streitgegenständlichen Aussagen dem Beschwerdeführer zurechenbar seien. Dass die besagten Inhalte nur über den Umweg der von M.H. betriebenen Website zugänglich waren, sei unerheblich. Der Beschwerdeführer habe sich die Inhalte zu Eigen gemacht, indem er auf der deutschen Website ausdrücklich auf den Internetauftritt von M.H. hingewiesen und diesen verlinkt habe. Er habe in dem Verfahren auch nicht bestritten, dass die Äußerungen von ihm gestammt hätten. Auch habe er durchgehend und mit Überzeugung im gesamten Prozess Abtreibung als Mord bezeichnet und den bereits im Domainnamen zum Ausdruck kommenden Vergleich von Abtreibungen mit dem Holocaust für zutreffend befunden.

16. Im nächsten Schritt bewertete das Gericht Screenshots der Website, die vom Kläger vorgelegt worden waren. Es gelangte zu dem Schluss, die in Rede stehende Website enthalte die Gesamtaussage, dass Abtreibungen, wie sie von Dr. Z. vorgenommen würden, Mord darstellten, und zwar vergleichbar mit den durch nichts zu rechtfertigten Gräueltaten, die im Dritten Reich gegen Juden verübt worden seien. Indem der Beschwerdeführer den Namen und die Praxisanschrift von Dr. Z. unmittelbar in diesem Zusammenhang genannt habe, habe er gegen den Arzt einen gezielten Vorwurf wegen der Durchführung von Abtreibungen erhoben und eine „Prangerwirkung“ erzeugt. Auch wenn der Beschwerdeführer seine Äußerungen im Zusammenhang mit einer öffentlichen Debatte von grundsätzlicher Bedeutung getätigt habe und die Meinungsfreiheit polemische und scharfe Kritik schütze, seien seine Äußerungen auf der deutschen und der österreichischen Website nicht als allgemeine Kritik veröffentlicht worden, sondern hätten sich speziell gegen die dort genannten Ärzte gerichtet. Der Beschwerdeführer habe das Persönlichkeitsrecht des Klägers zielgerichtet beeinträchtigt, indem er Abtreibung als Mord bezeichnet, mit den Verbrechen des Holocaust gleichgesetzt und Dr. Z. den gezielten Vorwurf der Beteiligung daran gemacht habe. Dies gelte auch dann, wenn davon ausgegangen werde, dass es sich bei den Äußerungen um Meinungsäußerungen und keine Tatsachenbehauptungen handele. Folglich falle die Abwägung aller dieser Erwägungen zugunsten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Dr. Z. aus, das unter den vorliegenden Umständen die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers überwiege.

17. Die Gewährung der Entschädigungszahlung begründete das Landgericht damit, dass die Verletzung des Persönlichkeitsrechts und die darin enthaltene Stigmatisierung besonders schwer wögen, da Dr. Z. selbst Jude sei und seine Familie die Gräueltaten der Nationalsozialisten im Dritten Reich unmittelbar erfahren habe. Darüber hinaus berücksichtigte das Gericht, dass der Beschwerdeführer diese oder ähnliche Äußerungen unbeirrbar und mit Nachdruck verbreitet habe und sich hiervon nicht habe abbringen lassen, weder durch die bereits gegen ihn erlassenen Unterlassungsanordnungen – etwa die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 28. Februar 2007 (6 U 98/06), auf die die Website verweise (siehe Rdnr. 11) – noch durch die Aufnahme der Website in die Liste der jugendgefährdenden Medien durch die Bundesprüfstelle.

18. Mit Hinweisbeschluss vom 21. September 2010 setzte das Oberlandesgericht den Beschwerdeführer von seiner Absicht in Kenntnis, seine Berufung mangels Aussicht auf Erfolg zurückzuweisen. Das Gericht führte aus, das Landgericht sei zu dem Ergebnis gekommen, dass auf der österreichischen Website gegen Dr. Z. der schwerwiegende und gegen ihn persönlich gerichtete Vorwurf der Begehung des Mordes erhoben worden sei. Dabei seien Abtreibungen ferner mit der Vernichtung der Juden unter der Herrschaft des Nationalsozialismus verglichen worden. Dies habe einen schwerwiegenden Angriff auf den Ruf und die Persönlichkeitsrechte von Dr. Z. dargestellt. Das Oberlandesgericht bestätigte auch, dass der Beschwerdeführer für die Inhalte der österreichischen Website einzustehen habe. Er habe M.H. die erheblichen Inhalte seiner eigenen Website überlassen und durch einen Link sein Einverständnis mit der Veröffentlichung dieser Inhalte auf der österreichischen Website gegeben. Auch die Zuerkennung einer Geldentschädigung sei aufgrund der Schwere des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht angemessen. Nicht zu beanstanden sei auch, dass das Landgericht zu Lasten des Beschwerdeführers berücksichtigt habe, dass er die rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 28. Februar 2007 missachtet habe. Das Gericht stellte weiter klar, dass es für die Festsetzung der Höhe des Schmerzensgeldes nicht darauf ankomme, ob Dr. Z. Jude sei und seine Familie den Verfolgungsmaßnahmen des nationalsozialistischen Regimes ausgesetzt gewesen sei. Dies begründete das Oberlandesgericht damit, dass keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass der Beschwerdeführer entsprechende Informationen darüber hatte oder hätte haben müssen.

19. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit gegeben, zu der vorstehenden Begründung Stellung zu nehmen, wovon er ohne Erfolg Gebrauch machte. Am 2. Februar 2011 wies das Oberlandesgericht die Berufung des Beschwerdeführers zurück, ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Es verwies auf seine Begründung in dem Hinweisbeschluss vom 21. September 2010 und hob hervor, dass die zuerkannte Entschädigung unabhängig davon, ob Dr. Z. Jude sei, gerechtfertigt sei.

20. Am 18. April 2011 lehnte es das Bundesverfassungsgericht ohne Begründung ab, eine von dem Beschwerdeführer eingelegte Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung anzunehmen, weil sie unzulässig sei (1 BvR 798/11).

II. DAS EINSCHLÄGIGE INNERSTAATLICHE RECHT UND DIE EINSCHLÄGIGE INNERSTAATLICHE PRAXIS

21. Das einschlägige innerstaatliche Recht und die einschlägige innerstaatliche Praxis sind in dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache A. (Nr. 2) (Individualbeschwerde Nr. 3682/10, Rdnrn. 13 bis 18, 20. September 2018) dargestellt.

RECHTLICHE WÜRDIGUNG

BEHAUPTETE VERLETZUNG VON ARTIKEL 10 DER KONVENTION

22. Der Beschwerdeführer rügte, dass die Unterlassungsanordnung und die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung ihn in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 10 der Konvention verletzt habe, der, soweit maßgeblich, wie folgt lautet:

„(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. […]

2. Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind […] zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, […]“

A. Zulässigkeit

23. Der Gerichtshof stellt fest, dass diese Rüge nicht offensichtlich unbegründet im Sinne von Artikel 35 Abs. 3 Buchstabe a der Konvention ist. Sie ist auch nicht aus anderen Gründen unzulässig. Folglich ist sie für zulässig zu erklären.

B. Begründetheit

1. Die Stellungnahmen der Parteien

24. Der Beschwerdeführer trug vor, dass seine Äußerungen zu einer öffentlichen Debatte von großer Bedeutung beigetragen hätten und nicht darauf gerichtet gewesen seien, das unmenschliche Töten durch nationalsozialistische Ärzte mit der ärztlichen Tätigkeit von Dr. Z. gleichzusetzen. Mit der Bezugnahme auf den Holocaust habe jedoch eine Warnwirkung erzielt werden sollen. Der Beschwerdeführer brachte ferner vor, dass Dr. Z.s Glaube keinen Einfluss auf die Kritik an seinem Verhalten gehabt habe, die er auch in Bezug auf Ärzte andere Glaubensrichtungen geäußert habe. Ferner könnten Abtreibungen als Mord angesehen werden, denn Heimtücke sei als das Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers definiert. Insgesamt machte er geltend, dass es kein dringendes soziales Bedürfnis für die Unterlassungsanordnung und die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung gegeben habe und dass angesichts dessen, dass er einen Beitrag zu einer öffentlichen Debatte geleistet habe, die Persönlichkeitsrechte von Dr. Z. nicht als wichtiger hätten angesehen werden dürfen als seine Meinungsfreiheit.

25. Die Regierung erkannte an, dass die Urteile der innerstaatlichen Gerichte einen Eingriff in die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers darstellten. Jedoch habe dieser Eingriff auf § 823 Abs. 1 i. V. m. § 1004 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beruht, ein legitimes Ziel verfolgt, nämlich den Schutz der Rechte und des guten Rufs von Dr. Z., und sei letztendlich gerechtfertigt gewesen. Die Gerichte hätten die Inhalte der Websites anhand von Screenshots im Detail analysiert und sich mit möglichen Deutungen auseinandergesetzt. Sie seien jedoch zu dem Schluss gelangt, bei lebensnaher Auslegung sei der Website die Gesamtaussage zu entnehmen gewesen, dass die von Dr. Z. durchgeführten Abtreibungen Morde darstellten, die vergleichbar seien mit dem Massenmord an den Juden unter der Herrschaft des Nationalsozialismus. Da Dr. Z. mit Namen und Anschrift auf der Website genannt gewesen sei, sei er mittelbar als „pervertierter Arzt“ und als „Mörder von Ungeborenen“ mit den Charaktereigenschaften eines „KZ-Kommandanten“ dargestellt worden. Angesichts dieser schwerwiegenden Behauptungen habe die Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers und dem Persönlichkeitsrecht von Dr. Z. zugunsten der Rechte von Dr. Z. ausfallen müssen. Ferner seien die Vorwürfe so schwerwiegend gewesen, dass sie nicht nur eine Unterlassungsanordnung, sondern auch eine Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung gerechtfertigt hätten.

26. Die Regierung trug auch vor, dass sich der vorliegende Fall in tatsächlicher Hinsicht deutlich von der Rechtssache A. ./. Deutschland (Individualbeschwerde Nr. 3690/10, 26. November 2015) unterscheide. Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer keinen Bezug auf die tatsächliche Rechtslage zur Strafbarkeit von Abtreibungen genommen oder darauf, dass Recht und Moral voneinander abweichen könnten. Darüber hinaus beschränkten sich die Äußerungen, mit denen Abtreibungen mit dem Holocaust verglichen würden, nicht auf den Domainnamen der Website, sondern sie setzten u. a. Ärzte, die Abtreibungen durchführten, mit KZ-Kommandanten gleich.

2. Vorbringen der Drittbeteiligten

27. Die Drittbeteiligte ADF International trug vor, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs spiele die Meinungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle und selbst Ideen, die beleidigten, schockierten oder verstörten, seien nach Artikel 10 geschützt. Besonders geschützt seien Meinungsäußerungen, die im Verlauf einer Debatte über Fragen öffentlichen Interesses erfolgten, und der Gerichtshof selbst habe anerkannt, dass das Thema Abtreibung moralische und ethische Fragen von öffentlichem Interesse aufwerfe. Darüber hinaus habe der Gerichtshof auch die besondere Bedeutung anerkannt, die Interessenvertretungen in demokratischen Gesellschaften und für die öffentliche Debatte hätten. Zusammengefasst argumentierte ADF International, dass Einschränkungen der Redefreiheit in diesem Bereich nur unter den außergewöhnlichsten Umständen gerechtfertigt sein könnten.

28. Die Drittbeteiligte Ordo Iuris Institute verwies auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach selbst Ideen, die beleidigten, schockierten oder verstörten, durch die Meinungsfreiheit geschützt seien. Darüber hinaus trug sie vor, dass polnische Gerichte dieser Rechtsprechung gefolgt seien und Vergleiche zwischen Abtreibung und Völkermord im Zusammenhang mit Anti-Abtreibungs-Kampagnen akzeptiert hätten.

29. Dr. Z. trug vor, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung den in Artikel 10 Abs. 2 der Konvention niedergelegten Einschränkungen unterliege. Daher könne die Meinungsfreiheit beschränkt werden, wenn dies zum Schutz der Rechte anderer notwendig sei. Insbesondere wenn Äußerungen über polemische oder überspitzte Kritik hinausgingen und jemanden lediglich an den Pranger stellten, dienten diese Äußerungen nicht mehr einer Debatte von öffentlichem Interesse, sondern stellten eine Herabsetzung dar. Dies treffe insbesondere zu, wenn Ärzten Mord vorgeworfen werde und ihre ärztliche Tätigkeit mit der durch nichts zu rechtfertigenden Judenvernichtung im Dritten Reich verglichen werde. Die Drittbeteiligte trug weiter vor, der vorliegende Fall müsse von A. ./. Deutschland (Individualbeschwerde Nr. 3690/10, 26. November 2015) unterschieden werden, denn die vorliegend in Rede stehenden Äußerungen verglichen eindeutig Abtreibung mit dem Holocaust und sie könnten nicht so verstanden werden, dass sie lediglich ein Bewusstsein dafür schaffen würden, dass Recht und Gesetz voneinander abweichen könnten.

3. Würdigung durch den Gerichtshof

30. Zunächst stellt der Gerichtshof fest – und dies ist zwischen den Parteien unstrittig –, dass die Unterlassungsanordnung und die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung in die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers eingriffen, dass die Eingriffe gesetzlich vorgeschrieben waren – nämlich durch §§ 823 und 1004 BGB –, und dass sie das legitime Ziel des Schutzes der Rechte anderer verfolgten. Es bleibt daher noch festzustellen, ob die Eingriffe „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ waren.

31. Die allgemeinen Grundsätze hinsichtlich der Frage, ob ein Eingriff in die Meinungsfreiheit „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ ist, hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung fest etabliert und jüngst wie folgt zusammengefasst (siehe Delfi AS ./. Estland [GK], Individualbeschwerde Nr. 64569/09, Rdnr. 131, 16. Juni 2015 m. w. N.):

„(i) Die Freiheit der Meinungsäußerung stellt eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft und eine der grundlegenden Bedingungen für den gesellschaftlichen Fortschritt und die Selbstverwirklichung jedes Einzelnen dar. Vorbehaltlich Artikel 10 Abs. 2 gilt sie nicht nur für „Informationen“ oder „Ideen“, die positiv aufgenommen oder als unschädlich oder belanglos angesehen werden, sondern auch für solche, die beleidigen, schockieren oder verstören. Dies sind die Erfordernisse des Pluralismus, der Toleranz und der Aufgeschlossenheit, ohne die eine demokratische Gesellschaft nicht möglich ist. Diese Freiheit unterliegt den in Artikel 10 aufgeführten Ausnahmen, […] die jedoch eng auszulegen sind, und die Notwendigkeit einer Einschränkung muss überzeugend nachgewiesen werden […].

(ii) Das Adjektiv „notwendig“ im Sinne von Artikel 10 Abs. 2 impliziert das Bestehen eines „dringenden sozialen Bedürfnisses“. Die Vertragsstaaten haben einen gewissen Beurteilungsspielraum bei der Frage, ob ein solches Bedürfnis besteht; dieser geht jedoch mit einer europäischen Überwachung einher, die sich sowohl auf die Gesetzgebung bezieht als auch auf die Entscheidungen, in denen sie angewendet wird, auch wenn die Entscheidungen von unabhängigen Gerichten getroffen wurden. Der Gerichtshof ist daher befugt, abschließend darüber zu entscheiden, ob eine „Einschränkung“ mit der durch Artikel 10 geschützten Freiheit der Meinungsäußerung in Einklang zu bringen ist.

(iii) Aufgabe des Gerichtshofs ist es jedoch nicht, bei der Ausübung seiner Überwachungsfunktion an die Stelle der zuständigen innerstaatlichen Stellen zu treten; er hat vielmehr die von ihnen im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums getroffenen Entscheidungen nach Artikel 10 zu überprüfen. Das bedeutet nicht, dass sich die Überwachung darauf beschränkt festzustellen, ob der beschwerdegegnerische Staat sein Ermessen vernünftig sorgfältig und in gutem Glauben ausgeübt hat; vielmehr hat der Gerichtshof den gerügten Eingriff im Lichte des Falles insgesamt zu prüfen und zu entscheiden, ob er „in Bezug auf das verfolgte rechtmäßige Ziel verhältnismäßig“ war und ob die von den innerstaatlichen Stellen zu seiner Rechtfertigung angeführten Gründe „relevant und ausreichend“ sind […]. Dabei muss sich der Gerichtshof davon überzeugen, dass die von den innerstaatlichen Stellen angewendeten Regeln mit den in Artikel 10 enthaltenen Grundsätzen vereinbar sind und dass die sie die erheblichen Tatsachen nachvollziehbar bewertet haben […].“

32. Der Gerichtshof erinnert überdies daran, dass das Recht auf Schutz des guten Rufes durch Artikel 8 der Konvention im Rahmen des Rechts auf Achtung des Privatlebens geschützt ist (siehe Chauvy u. a. ./. Frankreich, Individualbeschwerde Nr. 64915/01, Rdnr. 70, ECHR 2004-VI; Pfeifer ./. Österreich, Individualbeschwerde Nr. 12556/03, Rdnr. 35, 15. November 2007; und Polanco Torres und Movilla Polanco ./. Spanien, Individualbeschwerde Nr. 34147/06, Rdnr. 40, 21. September 2010). Um den Anwendungsbereich von Artikel 8 zu eröffnen, muss ein Angriff auf den Ruf einer Person jedoch einen bestimmten Schweregrad erreichen und in einer Art und Weise erfolgen, die die persönliche Wahrnehmung des Rechts auf Achtung des Privatlebens beeinträchtigt (siehe A. ./. Norwegen, Individualbeschwerde Nr. 28070/06, Rdnr. 64, 9. April 2009; S. ./. Deutschland [GK], Individualbeschwerde Nr. 39954/08, Rdnr. 83, 7. Februar 2012 und Delfi AS, a. a. O., Rdnr. 137). In Fällen, die den Vorwurf strafbaren Verhaltens betrafen, hat der Gerichtshof auch berücksichtigt, dass Personen nach Artikel 6 Abs. 2 der Konvention das Recht haben, bis zum Beweis ihrer Schuld als unschuldig zu gelten (siehe u. a. Worm ./. Österreich, 29. August 1997, Rdnr. 50, Reports of Judgments and Decisions 1997‑V; und Du Roy und Malaurie ./. Frankreich, Individualbeschwerde Nr. 34000/96, Rdnr. 34, ECHR 2000-X).

33. Bei der Prüfung, ob ein Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung in einer demokratischen Gesellschaft zum „Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer“ notwendig ist, muss der Gerichtshof unter Umständen feststellen, ob die innerstaatlichen Stellen einen gerechten Ausgleich herbeigeführt haben, als es darum ging, zwei durch die Konvention garantierte Werte zu schützen, die in bestimmten Fällen in Konflikt miteinander geraten können, nämlich auf der einen Seite die durch Artikel 10 geschützte Freiheit der Meinungsäußerung und auf der anderen das in Artikel 8 verankerte Recht auf Achtung des Privatlebens (siehe Hachette Filipacchi Associés ./. Frankreich, Individualbeschwerde Nr. 71111/01, Rdnr. 43, 14. Juni 2007; MGN Limited ./. Vereinigtes Königreich, Individualbeschwerde Nr. 39401/04, Rdnr. 142, 18. Januar 2011; S., a. a. O., Rdnr. 84 und Delfi AS, a. a. O., Rdnr. 138).

34. Im Hinblick auf die Umstände der vorliegenden Rechtssache stellt der Gerichtshof fest, dass das Landgericht die Äußerungen nicht als Tatsachenbehauptungen, sondern als Meinungsäußerungen einordnete. Der Gerichtshof geht daher davon aus, dass die Äußerungen als Werturteile zu betrachten sind, und möchte insoweit daran erinnern, dass zwar das Vorliegen von Tatsachen nachgewiesen werden kann, ein Werturteil jedoch keinem Wahrheitsbeweis zugänglich ist. Ferner möchte der Gerichtshof hinzufügen, dass auch eine Äußerung, die ein Werturteil darstellt, einer hinreichenden Tatsachengrundlage bedarf; anderenfalls ist sie überzogen (siehe Jerusalem ./. Österreich, Individualbeschwerde Nr. 26958/95, Rdnr. 43, ECHR 2001‑II).

35. Der Gerichtshof nimmt die Schlussfolgerung der innerstaatlichen Gerichte zur Kenntnis, wonach die Website die Gesamtaussage beinhaltete, dass Abtreibungen, wie sie von Dr. Z. durchgeführt würden, Mord darstellten. In Anbetracht der Äußerungen des Beschwerdeführers wie etwa: „Abtreibung ist „Mord“, es gibt kein anderes Wort!“ und „[…] Wir werden zu unserer Meinung stehen: Das vorsätzliche „Zu Tode bringen“ eines unschuldigen Menschen ist Mord“, stimmt der Gerichtshof mit dieser Schlussfolgerung überein. Der Gerichtshof nimmt auch den Vortrag des Beschwerdeführers zur Kenntnis, wonach Abtreibungen als Mord im Sinne des § 211 des Strafgesetzbuchs (StGB) betrachtet werden könnten. Er stellt jedoch auch fest, dass § 218 StGB die Strafbarkeit von Abtreibungen, die nicht nach § 218a StGB von der Strafbarkeit ausgenommen sind, klar umreißt, und dass es keine innerstaatliche Rechtsprechung oder sonstigen Hinweise im innerstaatlichen Recht gibt, die die Behauptung des Beschwerdeführers stützen würden. Im Ergebnis stellt der Gerichtshof fest, dass es keine hinreichende Tatsachengrundlage dafür gab, Abtreibungen, wie sie von Dr. Z. vorgenommen werden, als „Mord“ zu bezeichnen. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof auch fest, dass diese Vorwürfe nicht nur sehr schwerwiegend waren, was sich daran zeigt, dass eine Verurteilung wegen Mordes mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist, sondern sie auch zu Hass und Aggression anstiften könnten.

36. Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass die innerstaatlichen Gerichte die Unterlassungsanordnung und die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung zusätzlich damit rechtfertigten, dass der Beschwerdeführer Abtreibungen mit dem Holocaust und den Gräueltaten der nationalsozialistischen Herrschaft verglichen hat. Der Gerichtshof möchte erneut darauf hinweisen, dass die Auswirkung einer Meinungsäußerung auf die Persönlichkeitsrechte einer anderen Person nicht vom historischen und sozialen Zusammenhang, in dem die Äußerung getätigt wurde, losgelöst werden kann und ein Verweis auf den Holocaust im speziellen Zusammenhang der deutschen Vergangenheit betrachtet werden muss (siehe A., a. a. O., Rdnr. 63; H. und A. ./. Deutschland (Entsch.), Individualbeschwerden Nrn. 397/07, 2322/07, 13. Januar 2011).

37. Im Fall A. gelangte der Gerichtshof zu dem Schluss, dass der Verweis auf den Holocaust auf dem Flugblatt für sich genommen eine Unterlassungsanordnung nicht rechtfertigen konnte, weil der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich Abtreibungen mit dem Holocaust gleichgesetzt hatte und seine Bezugnahme auf die Tötung von Menschen in Auschwitz auch als eine Möglichkeit verstanden werden konnte, ein Bewusstsein für die allgemeine Tatsache zu schaffen, dass Recht und Moral voneinander abweichen können. Der Gerichtshof stellt jedoch fest, dass die Äußerungen des Beschwerdeführers in der vorliegenden Rechtssache über diejenigen hinausgingen, die im Zusammenhang mit den Fall A. geprüft wurden, und dass der Beschwerdeführer Ärzte, die Abtreibungen durchführten, mit KZ-Kommandanten gleichgesetzt und sogar erklärt hat: „Den Babycaust mit dem Holocaust gleichzusetzen würde bedeuten, die heutigen Abtreibungsmorde zu relativieren“. In Anbetracht dieser Äußerungen stimmt der Gerichtshof mit den Feststellungen der innerstaatlichen Gerichte überein, wonach der Beschwerdeführer die ärztliche Tätigkeit von Dr. Z. mit den durch nichts zu rechtfertigenden Gräueltaten, die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus gegen die Juden verübt wurden, gleichgesetzt habe.

38. Insgesamt stellt der Gerichtshof fest, dass die Äußerung des Beschwerdeführers keine hinreichende Tatsachengrundlage hatte und den Ruf von Dr. Z. in schwerwiegender Weise schädigte. Folglich waren die von den innerstaatlichen Gerichten angeführten Gründe nicht nur zutreffend, sondern auch ausreichend, um die Eingriffe in die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers zu rechtfertigen.

39. Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass der Beschwerdeführer nicht wegen Verleumdung strafrechtlich verurteilt wurde. Was die Unterlassungsanordnung angeht, nimmt der Gerichtshof zur Kenntnis, dass dem Beschwerdeführer nicht verboten wurde, allgemein gegen Abtreibung einzutreten, sondern nur, Abtreibungen, wie sie von Dr. Z. durchgeführt wurden, als Mord zu bezeichnen. Was die Entschädigung angeht, stellt der Gerichtshof fest, dass die innerstaatlichen Gerichte ausführlich dargelegt haben, weshalb die Verletzungen der Persönlichkeitsrechte von Dr. Z. besonders schwerwiegend waren und weshalb sie in der vorliegenden Rechtssache eine Entschädigung als angemessen erachteten. Der Gerichtshof erkennt zwar an, dass dieser Eingriff in die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers stärker war als in den Fällen, in denen ihm nur untersagt wurde, eine bestimmte Äußerung zu tätigen, er ist aufgrund der Begründung der innerstaatlichen Gerichte aber dennoch der Auffassung, dass die die Dr. Z. zugesprochene Summe ihren Ermessensspielraum nicht überschritten hat.

40. Unter diesen Umständen gelangt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Unterlassungsanordnung und die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung in Bezug auf das verfolgte rechtmäßige Ziel nicht unverhältnismäßig war und dass die von den innerstaatlichen Gerichten angeführten Gründe relevant und ausreichend waren. Die innerstaatlichen Gerichte konnten den Eingriff in die Ausübung des Rechts des Beschwerdeführers auf freie Meinungsäußerung daher in nachvollziehbarer Weise als in einer demokratischen Gesellschaft notwendig zum Schutz des guten Rufes und der Rechte von Dr. Z. ansehen. Folglich ist Artikel 10 der Konvention nicht verletzt worden.

AUS DIESEN GRÜNDEN ENTSCHEIDET DER GERICHTSHOF EINSTIMMIG:

1. Die Rüge nach Artikel 10 der Konvention wird für zulässig erklärt;

2. Artikel 10 der Konvention ist nicht verletzt worden.

Ausgefertigt in englischer Sprache und schriftlich zugestellt am 20. September 2018 nach Artikel 77 Abs. 2 und 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.

Claudia Westerdiek                              Yonko Grozev
Kanzlerin                                             Präsident

Zuletzt aktualisiert am Dezember 5, 2020 von eurogesetze

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert