Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz
Allgemeine politik-Empfehlung Nr. 6 von ECRI: Bekämpfung der Verbreitung von rassistischem, fremdenfeindlichem und antisemitischem Gedankengut durch das Internet
verabschiedet am 15. Dezember 2000
Straßburg, 2001
Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz:
unter Hinweis auf die von den Staats- und Regierungschefs der Mitglied-staaten des Europarates auf dem ersten Gipfeltreffen in Wien am 8. und 9. Oktober 1993 verabschiedete Erklärung;
unter Hinweis darauf, dass das Ministerkomitee im Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz, der Teil dieser Erklärung ist, aufgefordert wurde, die Europäsche Kommission gegen Rassismus und Intoleranz unter anderem mit einem Mandat zur Formulierung allgemeiner politischer Empfehlungen an die Mitgliedstaaten einzusetzen;
unter Hinweis auf die Schlusserklärung und den Aktionsplan, den die Staats- und Regierungschefs der Mitglied-staaten des Europarates bei ihrem zweiten Gipfeltreffen am 10. und 11. Oktober 1997 in Straßburg verabschiedet haben;
unter Hinweis auf Artikel 4 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung;
unter Hinweis auf die Empfehlung Nr. R (92)19 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten über Videospiele mit rassistischem Inhalt und die Empfehlung Nr. R(97)20 des Ministerkomitees an die Mitglied-staaten über „Hate Speech“;
unter Hinweis darauf, dass ECRI in ihrer allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 1 die Regierungen der Mitgliedstaaten des Europarates aufgefordert hat, dafür zu sorgen, dass das innerstaatliche Straf-, Zivil- und Verwaltungsrecht ausdrücklich und speziell gegen Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz vorgeht;
unter Hinweis darauf, dass in derselben Empfehlung von ECRI die Forderung enthalten ist, dass in den vorgenannten Rechtsgebieten die Kriminalisierung mündlicher, schriftlicher, audiovisueller und anderer Ausdrucksformen vorgesehen werden sollte, einschließlich elektronischer Medien, die zu Hass, Diskriminierung oder Gewalt gegen Rassen, ethnische, nationale oder religiöse Gruppen oder deren Mitglieder aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe aufrufen. Dies sollte auch die Herstellung, Verbreitung und Lagerung zum Zweck der Verbreitung solchen Materials umfassen;
unter Berücksichtigung der Allgemeinen Schlussfolgerungen der Europäischen Konferenz gegen Rassismus, die vom 11. bis 13. Oktober 2000 in Straßburg stattfand und der europäische Regionalbeitrag zur Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenhass und Intoleranz ist, die vom 31. August bis 7. September 2001 in Durban, Südafrika, stattfinden wird;
unter Hinweis darauf, dass die Europäische Konferenz gegen Rassismus die Teilnehmerstaaten aufgefordert hat, die Verantwortlichen für den Aufruf zu Rassenhass im Internet und ihre Mittäter zu verfolgen;
begrüßt die Tatsache, dass in der Politischen Erklärung, die am 13. Oktober 2000 auf der Schlusssitzung der Europäischen Konferenz verabschiedet wurde, die Mitglied-staaten des Europarates sich verpflichtet haben, alle Ausdrucks-formen zu bekämpfen, die zu Rassenhass aufrufen, und gegen die Verbreitung dieses Materials in den Medien im Allgemeinen und im Internet im Besonderen vorzugehen;
in Kenntnis der Maßnahmen und Initiativen der Vereinten Nationen, der OECD, des Europarates und der Europäischen Union in diesem Bereich;
erfreut über den Fortschritt, den der Europarat bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität erzielt hat, insbesondere die Arbeit an dem Entwurf der Konvention über Cyberkriminalität, und in der Hoffnung auf eine baldige Vollendung dieses ersten internationalen Instruments zur Bekämpfung der Cyberkriminalität;
jedoch in dem Bedauern darüber, dass der Entwurf der Konvention derzeit keine Bestimmung gegen rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten vorsieht, die über das Internet verübt werden;
angesichts des positiven Beitrags, den das Internet bei der Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz weltweit leisten kann;
in der Erkenntnis, dass das Internet beispiellose Möglichkeiten zur Erleichterung der grenzüberschreiten-den Kommunikation von Informationen über Menschenrechtsfragen bietet, die in Verbindung mit der Bekämpfung der Diskriminierung stehen;
unter Hinweis darauf, dass sich die Nutzung des Internet zur Einrichtung von Bildungs- und Aufklärungsnetzen für die Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz bewährt hat und dass diese Form der Nutzung unterstützt und weiter ausgebaut werden sollte;
in tiefer Besorgnis über die Tatsache, dass das Internet auch zur Verbreitung von rassistischem, fremdenfeindlichem und antisemitischem Material von Einzelnen und Gruppen benutzt wird, die zu Intoleranz oder zum Hass zwischen den Rassen und Völkern aufrufen wollen;
überzeugt von der Entschlossenheit der Mitgliedstaaten des Europarates, die Demokratie zerstörenden Rassis-mus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz zu bekämpfen und wirksam gegen die Nutzung des Internet zu rassistischen, fremden-feindlichen und antisemitischen Zielen vorzugehen;
in dem Bewusstsein, dass aufgrund der Beschaffenheit des Internet interna-tionale Lösungen gefunden werden müssen, was wiederum die Bereitschaft aller Staaten erfordert, den Aufruf zu Rassenhass zu bekämpfen, damit der Grundsatz der Achtung der Menschenwürde sich durchsetzen kann;
Empfiehlt den Regierungen der Mitgliedstaaten:
– das Thema Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass und Antisemitismus in ihre derzeitige und zukünftige Arbeit auf internationaler Ebene zur Bekämpfung illegaler Inhalte im Internet aufzunehmen;
– sich in diesem Zusammenhang mit der Ausarbeitung eines spezifischen Protokolls für die künftige Konvention über Cyberkriminalität zur Bekämpfung von rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Straftaten über das Internet auseinander zu setzen;
– die notwendigen Maßnahmen zur Stärkung der internationalen Zusammenarbeit und des gegenseitigen Beistands zwischen den Strafvollzugsbehörden auf der ganzen Welt zu ergreifen, damit sie wirksamer gegen die Verbreitung von rassistischem, fremdenfeindlichem und antisemitischem Material über das Internet vorgehen können;
– sicherzustellen, dass die innerstaatliche Gesetzgebung auch für rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten gilt, die über das Internet verübt werden, und die Verantwortlichen für diese Straftaten verfolgt werden;
– nachhaltige Anstrengungen für die Ausbildung von Mitarbeitern der Strafvollzugsorgane im Hinblick auf die Verbreitung von rassistischem, fremdenfeindlichem und antisemitischem Material über das Internet zu unternehmen;
– in diesem Zusammenhang über die Schaffung eines nationalen Beratungsorgans nachzudenken, das als permanentes Kontrollorgan, Vermittler und Partner bei der Ausarbeitung von Verhaltenskodizes fungiert;
– bestehende antirassistische Initiativen im Internet sowie die Entwicklung neuer Websites zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz zu unterstützen;
– ausgehend von ihren jeweiligen technischen Funktionen, die Verantwortung von Content Host, Content Provider und Site Publishers bei der Verbreitung von rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Inhalten zu klären;
– die Selbstregulierungsmaßnahmen der Internetindustrie zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass und Antisemitismus im Internet zu unterstützen, wie z.B. anti-rassistische Hotlines, Verhaltenskodizes und Filtersoftware, und weitere Forschungsvorhaben in diesem Bereich anzuregen;
– das Problem der Verbreitung von rassistischem, fremdenfeindlichem und antisemitischem Material über das Internet stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken und besonders auf die Sensibilisierung junger Internetnutzer – insbesondere Kinder – zu achten, die auf rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Websites stoßen können, und sie auf die damit verbundenen potenziellen Gefahren hinzuweisen.
Zuletzt aktualisiert am September 19, 2021 von eurogesetze
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