Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz
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Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 2 von ECRI: Fachorgane zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass,
Antisemitismus und Intoleranz auf nationaler Ebene
verabschiedet am 13. Juni 1997
Straßburg, 1997
Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI):
Unter Hinweis auf die von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarates auf dem Gipfeltreffen in Wien am 8. und 9. Oktober 1993 verabschiedete Erklärung;
Unter Hinweis darauf, dass der Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz im Rahmen dieser Erklärung das Ministerkomitee gebeten hat, die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz einzusetzen und ihr unter anderem ein Mandat zur Formulierung allgemeiner politischer Empfehlungen an die Mitgliedstaaten zu geben;
Unter Berücksichtigung der Entschließung 48/134 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1993 über nationale Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte;
Unter Berücksichtigung auch der Grundsätze der ersten internationalen Tagung der nationalen Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte vom 7. bis 9. Oktober 1991 in Paris (bekannt als die “Pariser Grundsätze”);
Unter Hinweis auf die verschiedenen Entschließungen der ersten und zweiten Tagung der nationalen Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte vom 7. bis 9. November 1994 in Straßburg und vom 20. bis 22. Januar 1997 in Kopenhagen;
Unter Berücksichtigung der Empfehlung Nr. R (85) 13 des Ministerkomitees über das Institut des Ombudsmanns;
Auch unter Berücksichtigung der Arbeit des Lenkungsausschusses für Menschenrechte (CDDH) über die Einsetzung unabhängiger nationaler Menschenrechtsinstitutionen;
Unter Hinweis darauf, dass die Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz einen wichtigen Bestandteil des Schutzes und der Förderung der grundlegenden Menschenrechte darstellt;
Unter Hinweis auf den Vorschlag von ECRI, die Nichtdiskriminierungsklausel (Artikel 14) der Europäischen Menschenrechtskonvention zu verstärken;
In der festen Überzeugung, dass jeder Mensch gegen Diskriminierung wegen der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, der nationalen oder ethnischen Herkunft oder gegen Diskriminierung zu schützen ist, die sich indirekt aus der Anwendung der Rechtsvorschriften in diesen Bereichen ergibt;
Überzeugt von der Notwendigkeit, Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung der Gesetzgebung und der Politik zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz größte Priorität beizumessen;
Unter Hinweis darauf, dass eine effektive Strategie gegen Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz in hohem Maße von der Förderung des Bewußtseins, der Information und der Erziehung der Öffentlichkeit sowie vom Schutz und der Förderung der Rechte der Angehörigen von Minderheitengruppen abhängt;
In der Überzeugung, dass Fachorgane zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz auf nationaler Ebene durch konkrete Aktionen auf verschiedenen Ebenen die Wirksamkeit der in diesem Bereich ergriffenen Maßnahmen stärken und den nationalen Behörden Ratschläge und Informationen geben können;
Erfreut darüber, dass solche Fachorgane bereits eingesetzt wurden und in mehreren Mitgliedstaaten ihre Arbeit aufgenommen haben;
In dem Bewußtsein, dass die Form solcher Organe je nach den Umständen in den Mitgliedstaaten verschieden und Teil eines Organs mit weiter gesteckten Zielen im Bereich der Menschenrechte im Allgemeinen sein kann;
Auch in Anerkennung der Notwendigkeit, dass die Regierungen selbst Informationen geben, dass die Fachorgane an sie herantreten können und dass sie diese in Fragen ihres Aufgabenbereichs zu Rate ziehen;
empfiehlt den Regierungen der Mitgliedstaaten:
1. Sorgfältig die Möglichkeit der Einsetzung eines Fachorgans zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz auf nationaler Ebene zu erwägen, falls ein solches Organ nicht bereits existiert;
2. Sich bei der Prüfung dieser Angelegenheit der Grundsätze im Anhang dieser Empfehlung als Leitlinien und Quelle der Inspiration zu bedienen, die zahlreiche Möglichkeiten für die Diskussion auf nationaler Ebene bieten.
Anhang zur allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 2 von ECRI
Grundsätze bezüglich der Fachorgane zur Bekämpfung
von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz
auf nationaler Ebene
Kapitel A: Satzung für die Einsetzung von Fachorganen
Grundsatz 1
Mandat
1. Fachorgane sollten ein Mandat erhalten, das in der Verfassung oder einer anderen Rechtsvorschrift klar festgelegt ist.
2. Das Mandat der Fachorgane sollte ihre Zusammensetzung, ihre Zuständigkeit, ihre satzungsmäßigen Befugnisse, ihre Verantwortlichkeit und Finanzierung regeln.
Kapitel B: Alternative Formen von Fachorganen
Grundsatz 2
1. Je nach den rechtlichen und administrativen Traditionen der Länder, in denen sie eingesetzt werden, können Fachorgane verschiedene Formen annehmen.
2. Die Rolle und Funktionen, die in den oben genannten Grundsätzen festgelegt sind, sollten von Organen erfüllt werden, die z.B. die Form eines nationalen Ausschusses für Rassengleichheit, Ombudsmannes gegen ethnische Diskriminierung, Zentrums/Büros zur Bekämpfung von Rassismus und zur Förderung der Chancengleichheit oder andere Formen annehmen können, unter Einschluss von Organen mit weiter gesteckten Zielen im Bereich der Menschenrechte im Allgemeinen.
Kapitel C: Funktionen und Verantwortlichkeit der Fachorgane
Grundsatz 3
Vorbehaltlich der nationalen Verhältnisse, Gesetze und Praxis sollten die Fachorgane so viele der folgenden Funktionen und Verantwortlichkeiten wie möglich besitzen. Sie sollten:
a. auf die Beseitigung der verschiedenen in der Präambel genannten Formen der Diskriminierung hinwirken und die Chancengleichheit und guten Beziehungen zwischen allen verschiedenen Gesellschaftsgruppen angehörenden Personen fördern;
b. Inhalt und Wirkung der Gesetze und Verwaltungsakte in ihrer Bedeutung für die Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz überwachen und, falls erforderlich, Vorschläge für eine mögliche Änderung solcher Gesetze unterbreiten;
c. die Legislative und Exekutive im Hinblick auf die Verbesserung der Vorschriften und Praktiken in den entsprechenden Bereichen beraten;
d. den Opfern Hilfe und Unterstützung, einschließlich Beratungshilfe, leisten, damit sie ihre Rechte bei den Behörden und Gerichten geltend machen können;
e. vorbehaltlich der rechtlichen Rahmenbedingungen des betroffenen Landes, die Gerichte oder andere Justizbehörden anrufen, falls erforderlich;
f. Beschwerden und Gesuche über spezifische Fälle anhören und prüfen sowie Lösungen durch gütliche Einigung oder innerhalb der gesetzlichen Grenzen durch verbindliche und vollstreckbare Entscheidungen anstreben;
g. die entsprechenden Befugnisse haben, um für ihre Aufgabe gemäß Buchstabe f. Beweise aufzunehmen und Auskünfte einzuholen;
h. die in Betracht kommenden Stellen und Institutionen, einschließlich der staatlichen Organe und Institutionen, unterrichten und beraten;
i. Stellungnahmen abgeben über die Konzepte der Antidiskriminierungspraxis in spezifischen Bereichen, die durch Gesetz oder freiwillig umgesetzt werden;
j. ein Programm zur Ausbildung von Schlüsselgruppen fördern, unbeschadet der grundlegenden Rolle der betroffenen Berufsorganisationen im Bereich der Ausbildung;
k. das Bewusstsein der allgemeinen Öffentlichkeit für die Diskriminierung fördern sowie einschlägige Informationen und Dokumente herstellen und veröffentlichen;
l. Organisationen mit ähnlichen Zielen wie die der Fachorgane unterstützen und bestärken;
m. die Anliegen solcher Organisationen berücksichtigen und in Erwägung ziehen.
Kapitel D: Verwaltung und Funktionsweise von Fachorganen
Grundsatz 4
Zusammensetzung
Die Zusammensetzung der Fachorgane in Form eines Ausschusses oder in ähnlicher Form sollte die Gesellschaft als Ganzes und ihre Vielfalt widerspiegeln.
Grundsatz 5
Unabhängigkeit und Verantwortlichkeit
1. Die Fachorgane sollten mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet sein, damit sie ihrer Funktion und ihrer Verantwortung effektiv gerecht werden können. Die Finanzierung sollte alljährlich vom Parlament genehmigt werden.
2. Die Fachorgane sollten ohne Interventionen des Staates arbeiten mit allen für ihre Unabhängigkeit notwendigen Garantien, einschließlich der Freiheit, ihre Mitarbeiter zu benennen, ihre Mittel zu verwalten und ihre Meinung öffentlich zu äußern.
3. Die Fachorgane sollten dem Parlament unabhängige Tätigkeitsberichte auf der Grundlage klarer und möglichst messbarer Ziele vorlegen.
4. Das Mandat der Fachorgane sollte klar die Bestimmungen für die Einstellung ihrer Mitglieder sowie geeignete Schutzklauseln gegen willkürliche Entlassung oder willkürliche Nichtverlängerung einer Beschäftigung für den Fall vorsehen, dass eine Verlängerung der Regel entspräche.
Grundsatz 6
Zugänglichkeit
1. Die Fachorgane sollten denjenigen, deren Rechte geschützt werden sollen, leicht zugänglich sein.
2. Die Fachorgane sollten die Einsetzung örtlicher Büros erwägen, um ihre Zugänglichkeit und die Wirksamkeit ihrer Erziehungs- und Ausbildungsarbeit zu verbessern.
Kapitel E: Arbeitsweise der Fachorgane
Grundsatz 7
1. Die Fachorgane sollten so vorgehen, dass ihre Ermittlungen und Stellungnahmen bei den nationalen Behörden und Gruppen, deren Rechte sie bewahren und verbessern wollen, ein besonderes Maß an Glaubwürdigkeit genießen.
2. Bei der Einsetzung von Fachorganen sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass diese angemessenen Zugang zu den Regierungen haben, von den Regierungen ausreichende Informationen erhalten, um ihre Aufgabe erfüllen zu können, und bei Angelegenheiten, die sie betreffen, zu Rate gezogen werden.
3. Die Fachorgane sollten sicherstellen, dass sie in ihrer Arbeit politisch unabhängig sind.
Zuletzt aktualisiert am September 19, 2021 von eurogesetze
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