Beobachtungen der deutschen Behörden zum bericht von ECRI über Deutschland

Der folgende Anhang ist nicht Teil der Analyse und der Vorschläge von ECRI zur Lage in Deutschland.

ANHANG

ECRI weist darauf hin, dass die Analyse in ihrem zweiten Bericht über Deutschland vom 15. Dezember 2000 stammt und dass alle nachfolgenden Entwicklungen nicht berücksichtigt wurden.

Gemäß dem länderspezifischen Verfahren von ECRI wurde ein nationaler Verbindungsoffizier von den deutschen Behörden ernannt, der einen vertraulichen Dialog mit ECRI über den Textentwurf über Deutschland führte. Einige Kommentare wurden von ECRI berücksichtigt und in den Bericht aufgenommen.

Nach dem Dialog ersuchten die deutschen Regierungsbehörden explizit, die folgenden Beobachtungen von Seiten der deutschen Behörden als Anhang in den Bericht von ECRI aufzunehmen.

Beobachtungen der deutschen Behörden
zum bericht von ECRI über Deutschland

„Einleitung (Executive summary)

Die Aussagen (2. Absatz)

  • that issues of racism … are yet to be adequately acknowledged und
  • the existing legal framework and policy measures have not proven to be sufficient to effectively deal with these problems

sind zu pauschal und geben die Realität in Deutschland nicht wieder.

Die Aufgaben der Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz sind in Deutschland rechtzeitig erkannt und anerkannt worden. Es sind sehr viele Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen ergriffen worden. Diese Maßnahmen sind in der Stellungnahme des deutschen NLO, die im August 2000 gegenüber ECRI abgegeben worden ist, im Detail dargestellt. Zu verweisen ist insbesondere auf die Seiten 3ff (Prävention von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Extremismus und Gewalt), 15f (Maßnahmen im Bereich Schulbildung und Fortbildung),16ff (Ausbildung der Polizei), 19f (Sensibilisierung), 21ff (Verbesserung der Bildungs- und Berufsbildungschancen), 25ff (Berichterstattung der Medien), 28 f (Maßnahmen im Bereich der Wohnungsbaupolitik), 29ff (Bekämpfung von rassisti-schen und antisemitischen Handlungen).

Eine Regierung, die sich eines Problems nicht bewusst ist, würde nicht so viele Aktivitäten ergreifen. Dass dies geschehen ist, räumt der Bericht auch an einer Vielzahl von Stellen (z. B. im Einleitungssatz des Executive summary) ein. Insoweit ist der Bericht auch in sich widersprüchlich.

Der Vorwurf, die ergriffenen Maßnahmen seien nicht ausreichend gewesen, um die Probleme anzugehen (to deal with), enthält den unausgesprochenen Vorwurf, es seien generell (nur) ungeeignete Maßnahmen ergriffen worden. Auch Maßnahmen, die nicht unmittelbar zu einer Lösung der aufgetretenen Probleme führen, können nicht von vornherein als unwirksam qualifiziert werden.

Die Aussage (2. Absatz), in Deutschland gebe es nur „insufficient measures of integration“ ist wiederum eine unzulässige Pauschalierung. Auch wenn Maßnahmen zur Integration nicht zu hundertprozentigen Erfolgen führen, ist es nicht gerechtfertigt, sie als unzureichend zu bezeichnen. Auch hierzu wird auf die vorstehend zitierte Auflistung aus der Stellungnahme des deutschen NLO vom August 2000 Bezug genommen.

Ziffer 8

Die Behauptung, dass gesetzlich definierte Einbürgerungskriterien schon im Kern die Ansätze zu einer diskriminierenden Einbürgerungspraxis beinhalten, ist mit allem Nachdruck zurückzuweisen. Der Bericht nimmt offenbar nicht zur Kenntnis, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Rechtsstaat ist, der in der Lage ist, Verwaltungsabläufe ordentlich zu organisieren. Die zuständigen Behörden sind bei der Durchführung der gesetzlichen Bestimmungen an Allgemeine Verwaltungsvorschriften gebunden und der Rechts- und Fachaufsicht ihrer vorgesetzten Behörden unterworfen. Die hierzu vom Bundesministerium des Innern erlassene Allgemeine Verwaltungsvorschrift stammt vom 13. Dezember 2000 und ist am 1. Februar 2001 in Kraft getreten. Sie hat einen Gesamtumfang von 79 Schreibmaschinenseiten, stellt also eine sehr detaillierte Regelung dar, mit der die gesetzeskonforme Rechtsanwendung sichergestellt wird. Im Übrigen unterliegen die Entscheidungen der zuständigen Behörden der richterlichen Kontrolle durch eine unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit. Diese Vorkehrungen dürften den Verdacht auf mögliche Eigenmächtigkeiten oder Willkür beseitigen

2. Ziffer 20

Entgegen der Annahme des Berichts ist das Flughafenverfahren Teil des ordentlichen Asylverfahrens. Es findet nicht als „Filter“ vor dem eigentlichen Verfahren statt. Die Aussage, durch verkürzte Fristen sei die Möglichkeit einer Rückführung erhöht, ist unzutreffend. Die Anträge werden durch Einzelentscheider, die von Weisungen unabhängig sind, stets sorgfältig und gewissenhaft geprüft. Ein Rechtsschutzverfahren ist nach § 18a des Asylverfahrensgesetzes vorgesehen. Der Zugang zu einem gerichtlichen Verfahren ist gewährleistet. Seit Mai 1998 steht den Asylsuchenden am Flughafen Frankfurt/Main eine kostenlose Rechtsberatung durch niedergelassene Rechtsanwälte zur Verfügung, die vom Bund finanziert wird.

Dem Flughafenasylverfahren unterliegen entsprechend seinem Zweck in erster Linie Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, um eine Um­gehung entsprechender Regelungen durch eine Einreise auf dem Luftwege zu ver­hindern. In diesen Fällen kann in der Regel über ein Asylgesuch zeitnah entschieden werden. In der überwiegenden Zahl der Fälle ist eine zeitnahe Entschei­dung aus verschiedenen Gründen nicht möglich, so dass zunächst eine Einreise sowie eine Überführung in das „normale“ Asylverfahren erfolgt. Gemäß der Flughafenstatistik für das Jahr 2000 haben auf dem Flughafen Frankfurt/Main, als dem hauptbetroffenen Flughafen, 997 Personen um Asyl nachgesucht, davon sind 615 Personen unmittelbar eingereist und in das „normale“ Asylverfahren überführt worden. 382 Personen haben das Flughafenasylverfahren durchlaufen.

Im Übrigen werden diese oder vergleichbare Verfahren bei Einreise auf dem Luft­weg auch in anderen Staaten innerhalb und außerhalb der Europäischen Union durchgeführt, beispielsweise in Österreich, Belgien, Frankreich, Niederlande, Spa­nien sowie in Australien, den USA und der Schweiz.“

Asylsuchende werden in Deutschland wegen der Stellung eines Asylantrags oder wegen der unerlaubten Einreise zur Stellung eines Asylantrags allein nicht kriminalisiert.

In seinem Urteil vom 14. Mai 1996 hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt, dass die Unterbringung während der Dauer des Flughafenverfahrens im Transitbereich des Flughafens weder eine Freiheitsentziehung noch eine Freiheitsbeschränkung darstellt.

Sollte mit der Formulierung „asylum seekers should not be treated as criminals“ die vereinzelte Anordnung von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen zur Sicherung der Abschiebung von ausreisepflichtigen Personen, deren Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde, gemeint sein, ist folgendes festzustellen:

In Einzelfällen kann es erforderlich sein, gegenüber ausreisepflichtigen Ausländern freiheitsbeschränkende Maßnahmen zu verhängen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn diese Ausländer nicht freiwillig ausreisen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen etwa durch die Vernichtung ihrer Reisedokumente zu vereiteln suchen und die Gefahr besteht, dass diese Personen untertauchen. Während des laufenden Asylverfahrens werden Asylbewerber keinesfalls für Sachverhalte, die mit dem Asylverfahren in Zusammenhang stehen, inhaftiert.

3. Ziffer 21

Der Vorwurf, die Sichtung von Reisedokumenten unmittelbar an gelandeten Flugzeugen sei nicht genügend transparent und eröffne die Möglichkeit zu willkürlichen Entscheidungen wird zurückgewiesen.

Der Bundesgrenzschutz (BGS) ist eine Polizeibehörde, die rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtet ist. Der BGS trifft seine Entscheidungen auf der Grundlage des geltenden Rechts und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die Sichtung von Dokumenten hat auch nicht das Ziel, Einfluss auf ausländer- oder asylrechtliche Maßnahmen zu nehmen. Sie ermöglicht lediglich die zuverlässige Zuordnung eines Passagiers zu einer bestimmten Fluggesellschaft, die eventuell für seine Rückbe-förderung in Anspruch zu nehmen ist. Auch kann unmittelbar festgestellt werden, aus welchem Staat der Passagier kommt, der die Einreise begehrt.

Das ICAO (International Civil Aviation Organization) – Übereinkommen regelt die Rückübernahmeverpflichtung eines Staates, von dessen Hoheitsgebiet ein Ausländer auf dem Luftwege in einen anderen Staat gelangt ist und die notwendigen Unterlagen (z.B. Pass, Visum) für eine dortige Einreise nicht besitzt.

Voraussetzung für die Anwendung des ICAO-Übereinkommens ist, dass der Abflugort bekannt ist und dem anderen Staat gegenüber glaubhaft gemacht werden kann. Dieser Feststellung dienen z.B. die Vorfeldkontrollen.

4. Ziffer 27

Aus der Tatsache, dass die Arbeitslosenquote von Ausländern höher ist als die allgemeine Arbeitslosenquote, kann noch nicht zwingend auf eine direkte oder indirekte Diskriminierung geschlossen werden. Die höhere Arbeitslosigkeit bei Ausländern beruht im wesentlichen darauf, dass Ausbildungs- oder Sprachdefizite bestehen und dass Ausländer überdurchschnittlich für einschlägige Wirtschaftszweige in Betracht kommen, die besonders konjunkturabhängig sind. Zur Verbesserung der Integrationschancen hat die Bundesregierung ein Gesamtsprachkonzept für Zuwanderer erarbeitet. Ein wichtiger Eckpunkt dieses Sprachkonzepts ist es, Ausländer mit auf Dauer angelegtem Aufenthaltsstatus innerhalb von drei Jahren nach der erstmaligen Einreise nach Deutschland in die Sprachförderung einzubeziehen. Dafür wurden vom Bund allein im Jahr 2000 319 Mio. DM bereitgestellt.

Die Prüfung der Vergleichbarkeit inländischer und ausländischer Bildungsabschlüsse ist vielfach sehr komplex. Zuverlässige Ergebnisse setzen eine sorgfältige Prüfung in jedem Einzelfall voraus. Die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse erfolgt auf der Grundlage von Gutachten des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder. Die Entscheidungen der Behörden fallen dann nicht zur Zufriedenheit der Antragsteller aus, wenn der Sprachgebrauch in dem Ursprungsland des Bildungsabschlusses ein höheres Bildungsniveau vermuten lässt als es den tatsächlichen Ausbildungsinhalten entspricht.

5. Ziffer 33

Das Bundesministerium des Innern ist von Vorwürfen in Kenntnis gesetzt worden, wonach ausländische Staatsangehörige durch Beamte des Bundesgrenzschutzes oder der Polizei schlecht oder in sonstiger Weise unkorrekt behandelt worden seien. In allen Fällen wurden Ermittlungen eingeleitet. Soweit sich der Vorwurf erhärtete, wurde die zuständige Staatsanwaltschaft informiert, die in eigener Zuständigkeit über die weiteren Schritte zu entscheiden hat. Viele staatsanwaltschaftliche Ermittlungen haben Behauptungen zum Gegenstand, die in einem engen Zusammenhang mit der Rückführung ausreisepflichtiger Personen auf dem Luftweg stehen, die sich mitunter auch körperlich gegen ihre Rückführung zur Wehr gesetzt haben. Zur Durchsetzung der Rückführung ist der Bundesgrenzschutz auch berechtigt, Zwangsmaßnahmen gegen den Rückzuführenden anzuwenden. Nach Auffassung des Bundesgrenz-schutzes besteht nicht selten der Verdacht, dass Übergriffe von Polizeibeamten behauptet werden, um eine Verlängerung des Aufenthalts (z. B. als Zeuge in einem Gerichtsverfahren) zu erzwingen.“

Zuletzt aktualisiert am September 19, 2021 von eurogesetze

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