Dritter Bericht über Österreich. Verabschiedet am 25. Juni 2004. Straßburg, den 15. Februar 2005

Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz

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Dritter Bericht über Österreich

Verabschiedet am 25. Juni 2004
Straßburg, den 15. Februar 2005

Vorwort

Die Europäische Kommission gegen Intoleranz und Rassismus (ECRI) wurde vom Europarat ins Leben gerufen. Sie ist ein unabhängiges Gremium, das über die Einhaltung der Menschenrechte wacht, wenn es um Fragen von Rassismus und Intoleranz geht. Die Mitglieder der Kommission sind unabhängig und unparteiisch. Sie werden aufgrund ihrer moralischen Autorität und ihres anerkannten Sachverstands in Fragen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz ernannt.

Einen wesentlichen Teil der Arbeit von ECRI bilden die Länderberichte. ECRI untersucht der Reihe nach die Situation hinsichtlich Rassismus und Intoleranz in allen Mitgliedsstaaten des Europarats und gibt Anregungen und Empfehlungen für geeignete Schritte zur Lösung der festgestellten Probleme.

Bei diesen Untersuchungen und Länderberichten werden alle Mitgliedsstaaten des Europarats gleich behandelt. Die Länder werden im Durchschnitt alle 4-5 Jahre besucht; jedes Jahr kommen 9–10 Länder dran. Die erste Runde wurde 1998 abgeschlossen, die zweite Ende 2002. Die dritte Runde begann im Januar 2003.

Die Berichte der dritten Runde prüfen, ob und mit welchem Erfolg Beanstandungen weiterverfolgt wurden und was etwaige Maßnahmen zur Umsetzung der wichtigsten Empfehlungen vorausgegangener ECRI-Berichte gebracht haben. Die dritte Berichtsrunde geht auch auf „besondere Probleme“ ein, die sich je nach der Situation in den verschiedenen Ländern ergeben haben. Diese Probleme werden dann in dem jeweiligen Bericht besonders gründlich untersucht.

Die Arbeitsmethoden umfassen die Durchsicht schriftlicher Unterlagen, einen Kontaktbesuch in dem betroffenen Land und anschließend ein vertrauliches Gespräch mit den Staatsbehörden.

Die ECRI-Berichte sind nicht das Ergebnis von Auskunftsersuchen oder Zeugenbefragungen. Ihre Feststellungen beruhen auf einer Vielzahl von Informationen aus den verschiedensten Quellen. Zahlreiche nationale und internationale schriftliche Quellen werden gesichtet. Bei den Besuchen vor Ort werden Gespräche mit den betroffenen (staatlichen und nichtstaatlichen) Stellen geführt, um ein möglichst genaues Bild zu bekommen. Die Praxis vertraulicher Gespräche mit den Staatsbehörden gestattet es diesen, notfalls Ergänzungen zum Berichtsentwurf vorzuschlagen, um etwaige Irrtümer tatsächlicher Art im Bericht zu berichtigen. Zum Abschluss des Gesprächs steht es den Staatsbehörden frei zu verlangen, dass ihr Standpunkt dem Schlussbericht von ECRI als Anhang beigeheftet wird.

Der folgende Bericht wurde von ECRI in voller Eigenverantwortung erstellt. Er erstreckt sich auf die Situation, wie sie am 5. Dezember 2003 bestand. Nach diesem Zeitpunkt erfolgte Entwicklungen sind von der folgenden Untersuchung nicht erfasst und folglich auch bei den Schlussfolgerungen und Vorschlägen von ECRI nicht berücksichtigt.

Zusammenfassung

Seit der Veröffentlichung des zweiten Berichts der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) über Österreich sind Fortschritte in einigen der im Bericht angesprochenen Bereiche festzustellen. Österreich hat die Europäische Charta für Regional- oder Minderheitensprachen ratifiziert und die Erklärung nach Artikel 14 des Internationalen Übereinkommens zu Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung abgegeben, wodurch es Einzelpersonen ermöglicht wird, Beschwerden bei der Kommission zur Beseitigung von Rassendiskriminierung einzubringen. Es wurden verschiedene Schritte zur Verbesserung des Verhaltens von Beamten des Gesetzesvollzugs gegenüber Nichtstaatsbürgern und Angehörigen anderer Minderheitengruppen gesetzt, darunter Maßnahmen zur Verhinderung übermäßiger Gewaltanwendung bei Abschiebungen sowie zur Förderung der Menschenrechtserziehung und der Ausbildung für die Polizeitätigkeit in einer multikulturellen Gesellschaft. Der Menschenrechtsbeirat wirkte richtunggebend bei der Umsetzung von Veränderungen in diesen Bereichen. Fortschritte bei der Menschenrechtserziehung in Schulen sind ebenfalls zu verzeichnen. Staatsbürgern von nicht der EU angehörenden Ländern wurde das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen in Wien gewährt. Der Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes liegt dem Parlament zur Behandlung vor und soll im Laufe des Jahres 2004 angenommen werden.

Mehrere der im zweiten ECRI-Bericht enthaltenen Empfehlungen wurden jedoch bisher nicht oder nur teilweise umgesetzt. Die im Bereich der Asylpolitik seit der Erstellung des zweiten Berichts angenommenen Maßnahmen haben zu einer Verminderung des dieser Personengruppe in Österreich gewährten Schutzes geführt und sich sehr negativ auf die Unterstützung für Asylwerber in der Öffentlichkeit ausgewirkt. Die öffentliche Debatte zu Fragen betreffend Asylwerber, Nicht-EU-Bürger und andere Minderheitengruppen ist sowohl auf politischer Ebene als auch in den Medien oft durch rassistische und fremdenfeindliche Untertöne gekennzeichnet. Rassismus und Rassendiskriminierung beeinträchtigen in vielen Bereichen noch immer das tägliche Leben der Angehörigen von Minderheitengruppen, insbesondere von Schwarzafrikanern, Muslimen und Roma. Auch Vorfälle von Antisemitismus in Österreich sind für ECRI nach wie vor Anlass zur Sorge. Die in Gesetz und Praxis noch immer festzustellende, deutliche Unterscheidung zwischen Österreichern und EU-Bürgern einerseits und Nicht-EU-Bürgern andererseits wirkt sich negativ auf die soziale und politische Integration in allen Segmenten der österreichischen Gesellschaft aus. Außerdem hat Österreich verschiedene, für die Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz relevante internationale Verträge noch nicht ratifiziert.

Im vorliegenden Bericht empfiehlt ECRI den österreichischen Behörden, zusätzliche Maßnahmen in einer Reihe von Bereichen zu setzen. Dazu zählt die Ratifizierung des Protokolls Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention, in dem ein allgemeines Diskriminierungsverbot enthalten ist, sowie die weitere Ausarbeitung der nationalen Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung und die Gewährleistung einer entsprechenden Umsetzung derselben. In diesem Zusammenhang empfiehlt ECRI insbesondere die Einrichtung eines unabhängigen, spezialisierten Organs zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung. ECRI empfiehlt weiters Maßnahmen zur umfassenden Sicherstellung der Rechte von Asylwerbern. Außerdem sollte die Verwendung einer rassistischen und fremdenfeindlichen Ausdrucksweise in der öffentlichen Debatte, insbesondere auf politischer Ebene, durch entsprechende Maßnahmen unterbunden werden. Weitere Schritte zur Verbesserung des Verhaltens von Beamten des Gesetzesvollzugs gegenüber Nichtstaatsbürgern und Angehörigen von Minderheitengruppen werden vorgeschlagen. Schließlich empfiehlt ECRI Maßnahmen zur Verringerung der in Gesetz und Praxis bestehenden Ungleichheit von österreichischen Staatsbürgern und Nicht-EU-Bürgern, insbesondere betreffend Beschäftigung, Bildung und den Genuss anderer sozialer sowie bürgerlicher und politischer Rechte.

I. ENTWICKLUNGEN SEIT DEM ZWEITEN BERICHT DER ECRI ÜBER ÖSTERREICH

Internationale Rechtsinstrumente

1. In ihrem zweiten Bericht über Österreich empfahl die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) die Ratifizierung der Revidierten Europäischen Sozialcharta, der Europäischen Charta für Regional- oder Minderheitensprachen und der UNESCO-Konvention gegen Diskriminierung im Bildungswesen durch Österreich. Außerdem wurde Österreich die Unterzeichnung und Ratifizierung der Europäischen Konvention über den Rechtsstatus von Wanderarbeitern und der Konvention über die Teilhabe von Ausländern am Öffentlichen Leben auf Kommunaler Ebene empfohlen. In einer weiteren Empfehlung wur<de Österreich aufgefordert, die Erklärung nach Artikel 14 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (ICERD) abzugeben, wodurch es Einzelnen und Gruppen ermöglicht wird, Beschwerden vor dem Ausschuss zur Beseitigung von Rassendiskriminierung (CERD) einzubringen.

2. ECRI stellt mit Befriedigung fest, dass Österreich die Europäische Charta für Regional- oder Minderheitensprachen im Juni 2001 ratifiziert und die Erklärung nach Artikel 14 der ICERD im Februar 2002 abgegeben hat. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass Österreich die Revidierte Europäische Sozialcharta und die UNESCO-Konvention gegen Diskriminierung im Bildungswesen noch nicht ratifiziert und die Europäische Konvention über den Rechtsstatus von Migranten noch nicht unterzeichnet hat[1]. Auch die Konvention über die Teilhabe von Ausländern am Öffentlichen Leben auf Kommunaler Ebene wurde von Österreich noch nicht unterzeichnet. Nach Aussage der österreichischen Behörden wird die Unterzeichnung und Ratifizierung des letztgenannten Rechtsinstruments erst in Erwägung gezogen, wenn die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zu einem Antrag betreffend die Verfassungsmäßigkeit der Gewährung des aktiven und passiven Wahlrechts auf kommunaler Ebene für Staatsbürger von nicht der Europäischen Union (EU) angehörenden Ländern vorliegt[2].

3. ECRI stellt fest, dass Österreich das Protokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) am 4. November 2000 unterzeichnet hat. Die österreichischen Behörden sprechen sich zwar im Allgemeinen für ein umfassendes Diskriminierungsverbot aus, haben aber derzeit – insbesondere angesichts der Konsequenzen des Inkrafttreten des Protokolls für die Arbeitsbelastung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – nicht die Absicht, das Protokoll Nr. 12 zu ratifizieren. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass Österreich das Zusatzprotokoll zur Cybercrime-Konvention am 30. Januar 2003 unterzeichnet hat. ECRI stellt weiters fest, dass Österreich die Internationale Konvention über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeiter und ihrer Familienmitglieder noch nicht unterzeichnet hat.

Empfehlungen:

4. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden die unverzügliche Ratifizierung des Protokolls Nr. 12 zur EMRK. ECRI wiederholt ihre Aufforderung zur Ratifizierung der Revidierten Europäischen Sozialcharta und der UNESCO-Konvention gegen Diskriminierung im Bildungswesen durch Österreich. Weiters fordert ECRI Österreich erneut auf, die Europäische Konvention über den Rechtsstatus von Wanderarbeitern und die Konvention über die Teilhabe von Ausländern am Öffentlichen Leben auf Kommunaler Ebene zu unterzeichnen und zu ratifizieren. ECRI empfiehlt die Anwendung der in den Kapiteln A, B, und C des letztgenannten Rechtsinstruments enthaltenen Bestimmungen durch die österreichischen Behörden. Eine weitere Empfehlung von ECRI betrifft die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur Cybercrime-Konvention sowie die Unterzeichnung und Ratifizierung der Internationalen Konvention über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeiter und ihrer Familienmitglieder durch die österreichischen Behörden.
Verfassungsbestimmungen und andere grundsätzliche Bestimmungen

5. Die österreichische Verfassung enthält zu Fragen der Gleichbehandlung und des Diskriminierungsverbots verschiedene Bestimmungen unterschiedlicher Reichweite, darunter Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 3. Juli 1973[3]. In ihrem zweiten Bericht stellte ECRI fest, dass diese Verfassungsbestimmungen in der Interpretation durch den Verfassungsgerichtshof den staatlichen Behörden jede Diskriminierung sowohl unter österreichischen Staatsbürgern als auch unter Nichtstaatsbürgern untersagen. ECRI war jedoch der Meinung, dass diese Bestimmungen keinen ausreichenden Schutz vor jeder Form der Diskriminierung zwischen österreichischen Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern darstellten. Nach Aussage der österreichischen Behörden hat der Verfassungsgerichtshof Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 3. Juli 1973 als Garantie der Anwendung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes auch auf Nichtstaatsangehörige ausgelegt. Dieser Grundsatz stellt ein allgemeines Diskriminierungsverbot dar, da er jede unbegründete unterschiedliche Behandlung verbietet und die Behörden verpflichtet, von willkürlicher Behandlung Abstand zu nehmen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu achten. Die österreichischen Behörden haben betont, dass dieses allgemeine Diskriminierungsverbot in der vom Verfassungsgerichtshof[4] konsequent vertretenen Auslegung auch auf die unterschiedliche Behandlung von österreichischen Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern Anwendung findet.

6. In Erwägung der Tatsache, dass diskriminierende Handlungen selten allein auf Grund von Rasse, Hautfarbe, Abstammung und nationaler oder ethnischer Herkunft erfolgen und dass diese Diskriminierungsgründe meist mit anderen Motiven gepaart sind, empfahl ECRI im zweiten Bericht den österreichischen Behörden, die Möglichkeit einer anderen Formulierung für Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 3. Juli 1973 zu prüfen. Die österreichischen Behörden stellten dazu fest, dass angesichts des im Gleichheitsgrundsatz begründeten, allgemeinen Diskriminierungsverbots die Tatsache, dass das Bundesverfassungsgesetz vom 3. Juli 1973 auf Diskriminierung allein auf Grund von Rasse, Hautfarbe, Abstammung und nationaler oder ethnischer Herkunft Anwendung findet, nicht als Einschränkung angesehen werden kann.

7. ECRI stellt fest, dass zur Zeit der Erstellung dieses Berichts ein Österreich-Konvent an der Zusammenfassung aller derzeit in zahlreichen österreichischen Gesetzestexten enthaltenen Verfassungsbestimmungen in einem einzigen Dokument arbeitet. Nach Ansicht von ECRI stellt dies eine Gelegenheit für die österreichischen Behörden dar, die bestehenden Verfassungsbestimmungen zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung zu überprüfen. In diesem Zusammenhang weist ECRI die österreichischen Behörden auf ihre Grundsatzempfehlung Nr. 7 zur nationalen Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung[5] (im folgenden als Grundsatzempfehlung Nr. 7 bezeichnet) hin, in der ECRI die „Aufnahme des Gleichbehandlungsgrundsatzes, der Verpflichtung des Staates zur Förderung der Gleichstellung und das Recht des Einzelnen, keinerlei Diskriminierung auf Grund von Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatszugehörigkeit oder nationaler oder ethnischer Herkunft zu erleiden“ in die Verfassung empfiehlt. ECRI weist die österreichischen Behörden weiters auf das Erklärende Memorandum zur Grundsatzempfehlung Nr. 7 hin, in der festgehalten wird, dass „die Verwendung einschränkender Formulierungen, wie ‚unterschiedliche Behandlung allein oder ausschließlich auf Grund von’ ….“ vermieden werden sollte“.

Empfehlungen:

8. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden eine Überprüfung ihrer Verfassungsbestimmungen zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung im Lichte der Grundsatzempfehlung Nr. 7. Insbesondere empfiehlt ECRI eine Verstärkung des Schutzes vor Diskriminierung auf Grund der Staatszugehörigkeit sowie die Vermeidung einschränkender Formulierungen bei der Definition des Tatbestands der Diskriminierung.
– Die Staatsbürgerschaft betreffende gesetzliche Bestimmungen

9. Die Zahl der in Österreich eingebürgerten Personen hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen und im Jahr 2002 einen Stand von 36.011 erreicht. ECRI stellt jedoch fest, dass nach wie vor eine erhebliche Anzahl von Personen, die in Österreich geboren wurden bzw. ungeachtet ihrer Geburt im Ausland die Ansässigkeitsbedingungen für den Erhalt der österreichischen Staatsbürgerschaft erfüllen, ohne österreichische Staatsbürgerschaft in Österreich lebt. Die Aufgabe der früheren Staatsbürgerschaft als Bedingung für den Erhalt der österreichischen Staatsbürgerschaft scheint dabei ein besonders wichtiger Faktor zu sein. Die Notwendigkeit einer größeren Flexibilität in der Frage der Doppelstaatsbürgerschaft ist jedoch Berichten zufolge derzeit kaum Gegenstand einer öffentlichen Debatte in Österreich.

Empfehlungen:

10. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, die Frage einer flexibleren Einstellung zur Doppelstaatsbürgerschaft, insbesondere für in Österreich geborene Personen, öffentlich zur Debatte zu stellen.
Strafrechtliche Bestimmungen

11. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden, gegen Organisationen mit nationalsozialistischen Zielen und deren Aktivitäten weiterhin durch lückenlose Umsetzung des Wiederbetätigungsverbots vorzugehen. Insbesondere forderte ECRI verstärkte Anstrengungen zur Unterbindung der Verbreitung rassistischen Materials. Die österreichischen Behörden stellten im Jahr 2003 eine deutliche Zunahme der auf Grund des Wiederbetätigungsverbots erfolgten Anzeigen fest. Bei den festgestellten Straftaten handelte es sich in erster Linie um die Verwendung von Slogans und typischen Nazi-Symbolen für Propagandazwecke, die Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen und die Verwendung und Verbreitung von Musik-CDs rechtswidrigen Inhalts. Nach Aussage der österreichischen Behörden spielt im Vergleich zu diesen Delikten die Verbreitung rechtswidriger Inhalte über das Internet eine geringfügige Rolle. Die meisten Straftaten dieser Art werden von der Skinhead-Szene angehörenden Jugendlichen oder jungen Erwachsenen begangen.

12. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden eine Überprüfung der Anwendung von § 283 des Strafgesetzbuchs[6] und nötigenfalls die Einführung entsprechender Änderungen zur Gewährleistung einer wirksamen Reaktion der Strafgerichtsbarkeit auf Akte der Anstiftung zum Rassenhass. Die Situation scheint sich seit dem zweiten ECRI-Bericht nicht geändert zu haben: die Gesetzeslage ist unverändert und § 283 wird nach wie vor relativ selten angewandt. Wie bereits im zweiten Bericht festgestellt, ist dies nicht nur durch die subsidiäre Natur von § 283 bedingt – ein nach § 283 strafbares Verhalten wird nach dem Wiederbetätigungsverbot bestraft, wenn eine Verbindung zu nationalsozialistischem Gedankengut besteht – sondern auch durch die Tatsache, dass § 283 nur dann zur Anwendung kommt, wenn von dem strafbaren Verhalten eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung droht (§ 283.1) und dieses gegen eine bestimmte Gruppe gerichtet ist. Wie ECRI weiters zur Kenntnis gebracht wurde, sind die Elemente der unter § 283 fallenden Straftaten unklar definiert, was eine sehr enge Auslegung derselben in der Rechtssprechung zur Folge hat. Ein restriktiver Ansatz bei der Umsetzung der gesetzlichen Bestimmung zur Bekämpfung des Rassismus ist auch im Zusammenhang mit den Bestimmungen gegen rassistische Beleidigungen festzustellen[7]. Als Beispiel verweist ECRI in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Landesgerichts Linz, wonach eine Polizist, der im Verlauf einer routinemäßigen Verkehrskontrolle einen Mann durch rassistische Äußerungen beleidigt hatte, sich keiner Straftat schuldig machte, da die Menschenwürde des Mannes nicht verletzt worden war[8].

13. Im Allgemeinen stellt ECRI fest, dass in Österreich nach wie vor die Meinung vorherrscht, rassistisches Verhalten sei im wesentlichen in rechtsextremistischen Kreisen oder bei Gruppen festzustellen, deren Ideologie sich aus dem nationalsozialistischen Gedankengut ableitet. ECRI begrüßt zwar das entschlossene Vorgehen gegen das rassistische Verhalten dieser Gruppen, betont aber gleichzeitig, dass rassistische Äußerungen nicht ausschließlich von diesen ausgehen und die Gesetzgebung daher auf die Bekämpfung aller Formen rassistischen Verhaltens ausgerichtet sein sollte. In diesem Zusammenhang weist ECRI die österreichischen Behörden auf ihre Grundsatzempfehlung Nr. 7 hin, wonach die folgenden Tatbestände unter Strafe gestellt werden sollten: Anstiftung zu rassistisch motivierter Gewalt, zu Hass oder Diskriminierung; rassistische Beleidigungen und Verunglimpfung; Ausdruck einer rassistischen Ideologie; und Veröffentlichung oder Verbreitung von rassistischem Material.

Empfehlungen:

14. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, die Wirksamkeit der bestehenden strafrechtlichen Bestimmungen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einer ständigen und genauen Kontrolle zu unterziehen. Sie bestärkt die österreichischen Behörden in ihren Anstrengungen, gegen rechtsextremistische Gruppen bzw. Gruppen, deren Ideologie sich aus nationalsozialistischem Gedankengut ableitet, und ihre Aktivitäten vorzugehen. Weiters empfiehlt ECRI eine Ergänzung oder detailliertere Ausarbeitung der bestehenden Gesetze, um auch andere Formen des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit zu erfassen. In diesem Zusammenhang weist ECRI die österreichischen Behörden auf ihre Grundsatzempfehlung Nr. 7 hin.
15. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörde eine Verbesserung ihres Systems zur Kontrolle der Umsetzung aller strafrechtlichen Bestimmungen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Insbesondere wurde festgestellt, dass in der amtlichen Statistik zwischen Beleidigungen allgemeiner und rassistischer Natur unterschieden und die Anwendung von § 33.5 des Strafgesetzbuches durch die Gerichte erfasst werden sollte, wonach rassistische oder fremdenfeindliche Motive bei allen Verbrechen als erschwerende Umstände gelten. ECRI stellt fest, dass die einzigen derzeit verfügbaren Statistiken die Anwendung der Bestimmungen des Wiederbetätigungsverbots und von § 283 des Strafgesetzbuchs betreffen. Statistische Daten über die Anwendung der Bestimmungen gegen rassistische Beleidigungen und von § 33.5 des Strafgesetzbuchs werden zur Zeit noch nicht erhoben. Die österreichischen Behörden verweisen jedoch darauf, dass sie im Anschluss an die von ECRI geäußerte Empfehlung alle Staatsanwaltschaften angewiesen haben, in ihren jährlichen Tätigkeitsberichten ausdrücklich alle im Zusammenhang mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit festgestellten Delikte (einschließlich der Anwendung von § 33.5 des Strafgesetzbuchs) anzuführen. ECRI geht zwar davon aus, dass in Zukunft ein vollständigeres Bild von den Ergebnissen dieser Initiative vorliegen wird, konnte aber selbst nicht feststellen, dass von den Staatsanwaltschaften bisher über die Anwendung dieser Bestimmungen Bericht erstattet wird.

16. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung im Bereich der Strafgerichtsbarkeit, um allen dort Beschäftigten die Notwendigkeit eines aktiven Vorgehens gegen alle Äußerungen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, einschließlich der Aufstachelung zum Rassenhass, vor Augen zu führen. Die österreichischen Behörden betonten, dass die an die Staatsanwaltschaften ergangene Anweisung zur Berichterstattung über rassistische und fremdenfeindliche Delikte auch als bewusstseinsbildende Maßnahme gedacht war. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass in der Aus- und Weiterbildung für Richter auf die Bestimmungen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit eingegangen wird und dass das Justizministerium zu diesem Zweck mit nicht regierungsgebundenen Organisationen zusammen arbeitet.

Empfehlungen:

17. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden die Erhebung statistischer Daten betreffend die Anwendung aller der Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit dienenden strafrechtlichen Bestimmungen, einschließlich von § 33.5 des Strafgesetzbuchs. Diese Daten sollten auch Informationen über eingegangene Beschwerden, erstattete Anklagen, Verurteilungen und Freisprüche enthalten. Als zwischenzeitliche Maßnahme empfiehlt ECRI den österreichischen Behörden eine nicht auf statistischen Grundsätzen beruhende Kontrolle dieser Bestimmungen im Rahmen des Systems der Berichterstattung durch die Staatsanwaltschaften und gegebenenfalls Verbesserungen bei deren Anwendung. Weiters fordert ECRI die österreichischen Behörden auf, ihre Bemühungen um eine verbesserte Ausbildung aller in der Strafgerichtsbarkeit beschäftigten Personen betreffend die Bestimmungen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu verstärken und sich um ein vermehrtes Bewusstsein für die Notwendigkeit einer aktiven Bekämpfung aller derartigen Äußerungen zu bemühen.

Bestimmungen des Zivil- und Verwaltungsrechts

18. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden Verbesserungen bei der Anwendung der in Artikel IX (1) 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG)[9] und der in § 87 der Gewerbeordnung[10] enthaltenen Bestimmungen. Es ist festzustellen, dass diese Bestimmungen seit dem Erscheinen des zweiten Berichts praktisch nicht angewandt wurden. Nicht regierungsgebundene Organisationen stellen insbesondere fest, dass § 87 hinsichtlich der Art des als gesetzeswidrig anzusehenden Verhaltens nicht spezifisch genug ist und dass Artikel IX (1) 3 des EGVG zu restriktiv formuliert ist und entsprechend restriktiv angewandt wird. So berichten diese zum Beispiel, dass im November 2003 der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Linz aufhob, wonach der Betreiber und die Türsteher einer Bar zu einer Geldstrafe verurteilt worden waren, weil sie drei Männern mit schwarzer Hautfarbe den Eintritt in die Bar verweigert hatten. Der Verwaltungssenat stellte unter anderem fest, dass die Zutrittsverweigerung nicht allein auf Grund der Rasse, der Hautfarbe oder der nationalen oder ethnischen Herkunft erfolgt war. Wie ECRI mitgeteilt wurde, wird im Parlament derzeit über eine Änderung von § 87 der Gewerbeordnung diskutiert, wonach der Betreiber der Bar seine Lizenz verlieren würde, wenn er ein zweites Mal eines Verstoßes gegen Artikel IX (1) 3 des EGVG für schuldig befunden wird.

19. Nach Ansicht von ECRI bieten diese Bestimmungen keine ausreichende Handhabe gegen die rassische Diskriminierung, der Mitglieder von Minderheitengruppen Berichten zufolge in wesentlichen Bereichen des täglichen Lebens, wie Beschäftigung, Wohnungssuche, Bildung und Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, ausgesetzt sind. Schon in ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden die Annahme umfassender zivil- und verwaltungsrechtlicher Bestimmungen zur Bekämpfung der rassischen Diskriminierung, die unter anderem auch die oben genannten Bereiche abdecken. ECRI stellt mit Bedauern fest, dass zur Zeit der Erstellung dieses Berichts gesetzliche Bestimmungen dieser Art noch immer nicht existieren. Es ist jedoch festzuhalten, dass zur Zeit ein Gesetzesentwurf im Parlament behandelt wird, mit dem die Richtlinien 2000/43/EG[11] und 2000/78/EG[12] des Rats der Europäischen Union umgesetzt werden sollen. ECRI begrüßt diese Entwicklung. Hingegen haben nicht regierungsgebundene Organisationen berichtet, dass sie ungeachtet eines von der Regierung im Sommer 2003 zu diesem Gesetzesentwurf eingeleiteten Konsultationsprozesses nicht die Möglichkeit hatten, entsprechende Beiträge zur Erarbeitung des Gesetzestextes zu leisten.

20. ECRI weist die österreichischen Behörden nochmals auf ihre Grundsatzempfehlung Nr. 7 hin, in der viele der Fragen, die von landesweit tätigen, nicht regierungsgebundenen Organisationen im Zusammenhang mit dem derzeit vorliegenden Gesetzesentwurfs aufgeworden wurden, behandelt werden. Dazu gehören insbesondere: die gesicherte Anwendbarkeit von Antidiskriminierungsgesetzen auf alle öffentlichen Behörden sowie auf alle natürlichen oder juristischen Personen im öffentlichen und privaten Sektor; die Notwendigkeit einer Aufteilung der Beweislast zwischen dem mutmaßlichen Opfer der Diskriminierung und dem Täter; die Berechtigung von Organisationen, die ein legitimes Interesse an der Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung haben, Fälle den zuständigen Gerichten und Verwaltungsgremien vorzulegen; und die Notwendigkeit, öffentliche Behörden zur Förderung der Gleichbehandlung und zur Verhinderung rassischer Diskriminierung zu verpflichten. ECRI betont außerdem, dass sie in ihrer Grundsatzempfehlung Nr. 7 ein ausdrückliches gesetzliches Verbot der Diskriminierung auf Grund von Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Nationalität oder nationaler oder ethnischer Herkunft empfiehlt und dass eine erklärte Diskriminierungsabsicht ausdrücklich als eine Form der Diskriminierung zu bezeichnen ist. Nach Meinung von ECRI würden sich diese Bestimmungen unter anderem zur Bekämpfung der Berichten zufolge noch immer gängigen Praxis eignen, Stellenangebote oder Wohnungsannoncen ausschließlich auf Österreicher zu beschränken oder ausdrücklich Angehörige bestimmter Nationalitäten auszuschließen.

Empfehlungen:

21. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, die bestehenden verwaltungsrechtlichen Bestimmungen zur Bekämpfung der Diskriminierung in Einzelheiten auszuarbeiten und ihre Bemühungen um eine entsprechende Ausbildung aller im Bereich der Verwaltung tätigen Personen zu verstärken.

22. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden die unverzügliche Verabschiedung zivil- und verwaltungsrechtlicher Bestimmungen zur Bekämpfung der Diskriminierung in allen wichtigen Bereichen des öffentlichen Lebens. ECRI fordert die österreichischen Behörden auf, im Zuge der Prüfung der verschiedenen Optionen sicher zu stellen, dass die Notwendigkeit der Gewährung des größtmöglichen Schutzes für Opfer rassischer Diskriminierung berücksichtigt wird. In diesem Zusammenhang empfiehlt ECRI den österreichischen Behörden dringend die Bedachtnahme auf ihre Grundsatzempfehlung Nr. 7, insbesondere bezüglich der oben genannten Bereiche. Nach Ansicht von ECRI sollten die österreichischen Behörden außerdem sicher stellen, dass im Bereich der Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung tätige, nicht regierungsgebundene Organisationen intensiv in die Evaluierung und möglicherweise auch die Überarbeitung bestehender Gesetze einbezogen werden und sinnvolle Beiträge zu derartigen Prozessen leisten können.

Justizverwaltung

23. In ihrem zweiten Bericht bestärkte ECRI die österreichischen Behörden in ihren Bemühungen, Probleme der Rassendiskriminierung im Bereich der Strafgerichtsbarkeit zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu setzen. ECRI stellt fest, dass unter den Insassen österreichischer Gefängnisse Nichtstaatsbürger einen unverhältnismäßig hohen Anteil ausmachen. Über 60 % der in Untersuchungshaft befindlichen Personen sind Berichten zufolge keine österreichischen Staatsbürger. ECRI stellt weiters fest, dass bei Nichtstaatsbürgern ein wesentlich größerer Unterschied zwischen der Zahl der Personen in Untersuchungshaft und der Zahl der letztendlich Verurteilten festzustellen ist als bei österreichischen Staatsbürgern. Nach Aussage der österreichischen Behörden gibt es zwar dafür objektive Gründe (so wird zum Beispiel die Fluchtgefahr bei Nichtstaatsbürgern als höher angesehen), aber ECRI ist dennoch der Meinung, dass dies auch eine Folge direkter und indirekter Diskriminierung sein könnte.

24. Wie ECRI bereits in ihrem zweiten Bericht feststellte, gibt es keine eigenen, auf die Opfer von Rassismus und Rassendiskriminierung anwendbaren Bestimmungen. Nach Aussage der österreichischen Behörden wird es durch die Annahme der neuen Strafprozessordnung zu einer Verbesserung der Stellung von Opfern von Gewaltverbrechen, einschließlich der Opfer rassistischer Verbrechen, kommen. Die Einrichtung eines spezialisierten Organs zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung sollte ebenfalls zu einer Verbesserung der Situation bezüglich des Zugangs zu kostenlosem Rechtsbeistand für mutmaßliche Opfer von rassischer Diskriminierung kommen[13].

Empfehlungen:

25. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, Untersuchungen zur Häufigkeit der Fälle direkter und indirekter Rassendiskriminierung in der Strafgerichtsbarkeit, unter besonderer Beachtung der Situation betreffend Untersuchungshaft und Gefängnis, vorzunehmen. Sie unterstreicht in diesem Zusammenhang ihre Empfehlung, bei der Datenerhebung nach Kategorien, wie Religion, Sprache, Nationalität und nationale oder ethnische Herkunft, vorzugehen, da dies eine bessere Beurteilung der Situation und entsprechende Korrekturmaßnahmen ermöglicht[14].
Spezialisierte Organe und andere Institutionen

26. Bereits in ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden die Einrichtung eines spezialisierten Organs zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass diese Frage Gegenstand eines Teils der derzeit im Parlament behandelten Antidiskriminierungsgesetzgebung ist. Von den österreichischen Behörden wurde ECRI darüber informiert, dass der Entwurf in seiner derzeitigen Fassung die Einrichtung einer Kommission für Gleichstellungsfragen und eines Gleichstellungsreferats vorsieht. Aufgabe der im Rahmen des Ministeriums für Gesundheit und Frauen zu errichtenden Kommission wird es unter anderem sein, in einzelnen Diskriminierungsfällen Gutachten und Feststellungsurteile abzugeben. Das Gleichstellungsreferat wird ebenfalls im Rahmen des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen eingerichtet und ist unter anderem für die Beratung und Unterstützung mutmaßlicher Opfer von Diskriminierung zuständig.

27. In ihren Grundsatzempfehlungen geht ECRI im Detail auf den Status, die Rolle und die Funktionen ein, die ihrer Meinung nach auf nationaler Ebene bestehenden, spezialisierten Einrichtungen zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung zukommen sollten. ECRI unterstreicht in diesem Zusammenhang insbesondere die in ihrer Grundsatzempfehlung Nr. 2[15] enthalteneren Empfehlungen betreffend die Notwendigkeit der Gewährleistung der Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht derartiger Organe. Außerdem ist darauf zu verweisen, dass ECRI in ihrer Grundsatzempfehlung Nr. 7 für spezialisierte Organe auf nationaler Ebene die folgenden Zuständigkeiten empfiehlt: Hilfe für Opfer; Untersuchungsbefugnisse; das Recht zur Einleitung von und Teilnahme an Gerichtsverfahren; Kontrolle der geltenden Gesetze und Beratung gesetzgebender und ausführender Behörden; Bewusstseinsbildung zur Problematik des Rassismus und der Rassendiskriminierung in der Gesellschaft; und die Förderung von Maßnahmen und Praktiken zur Gewährleistung der Gleichbehandlung.

28. Wie von ECRI bereits in ihrem zweiten Bericht festgestellt, untersucht das Büro des Volksanwalts Beschwerden, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung erhoben werden. ECRI begrüßt die Tatsache, dass der Parlamentarische Bericht des Volksanwalts seit 2001 auch ein Kapitel über Menschenrechte enthält. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass manchmal von Nichtsstaatsbürgern Beschwerden beim Büro des Volksanwalts eingebracht werden. Die Zahl der Beschwerden, die sich auf unter das Mandat von ECRI fallende Tatbestände beziehen, ist jedoch äußerst gering.

Empfehlungen:

29. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden die Einrichtung eines spezialisierten Organs zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden dringend die Berücksichtigung ihrer Grundsatzempfehlungen Nr. 2 und Nr. 7, insbesondere soweit diese die Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht dieser Organe und die diesen zuzuteilenden Funktionen betreffen.
Erziehung und Bewusstseinsbildung

30. Die österreichischen Behörden berichten über eine erhebliche Anzahl von Initiativen im Bereich der Menschenrechtserziehung. Dazu gehört die Erstellung von Lehrbüchern, die Ausbildung von Lehrern und – seit 1997 – die Einrichtung eines Dienstleistungszentrums für Menschenrechtserziehung in Zusammenarbeit mit dem Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte. ECRI begrüßt diese Initiativen und nimmt zur Kenntnis, dass das Thema Menschenrechte ab den neunten Schuljahr Teil des Lehrplans im Fach Staatsbürgerkunde ist.

Empfehlungen:

31. ECRI fordert die österreichischen Behörden auf, ihre Bemühungen im Bereich der Menschenrechtserziehung fortzusetzen. Außerdem sollten die österreichischen Behörden nach Ansicht von ECRI sicherstellen, dass Menschenrechtserziehung als Pflichtgegenstand in allen Schultypen eingeführt wird.
Aufnahme und Status von Nichtstaatsbürgern

32. Wie bereits im zweiten ECRI-Bericht festgestellt, zielt die derzeitige Zuwanderungspolitik Österreichs nach Aussage der österreichischen Behörden darauf ab, die Integration der bereits im Land lebenden Nichtstaatsbürger zu fördern, anstatt den Neuzuzug zu erleichtern. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass die Einwanderung durch die Festlegung jährlicher Quoten begrenzt wird, die sowohl für die Einwanderung zu Arbeitszwecken als auch für die Familienzusammenführung gelten. Seit der Verabschiedung des Fremdengesetzes im Jahr 2002 ist die im Rahmen der Jahresquote bestehende Teilquote für die Zuwanderung von Arbeitskräften auf hochqualifizierte (sogenannte Schlüsselarbeitskräfte) und saisonale Arbeitskräfte[16] beschränkt. ECRI stellt fest, dass die für die Familienzusammenführung festgesetzte Teilquote fast die gesamte jährliche Zuwanderungsquote ausmacht. Gleichzeitig ist jedoch festzustellen, dass sich in Österreich viele für die Abschaffung der Teilquote für die Familienzusammenführung aussprechen, insbesondere weil diese mit dem Recht auf Privat- und Familienleben unvereinbar ist.

33. Schon in ihrem zweiten Bericht stellte ECRI fest, dass der Status vieler Zuwanderer relativ prekär ist und es lange dauert, bis die nachkommenden Familienmitglieder von Zuwanderern auf dem österreichischen Arbeitsmarkt unterkommen. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass im Jahr 2002 eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung („Aufenthaltsbescheinigung“) für legal und mindestens fünf Jahre dauerhaft in Österreich wohnhafte Zuwanderer eingeführt wurde, womit diese ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht und unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Zur Frage des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Familienmitglieder der Zuwanderer stellen die österreichischen Behörden fest, dass diese – vorbehaltlich eines positiven Ergebnisses der durchzuführenden Arbeitsmarktbedarfsprüfung – unverzüglich eine Arbeitsgenehmigung erhalten können; in der Praxis wird diese Arbeitsbewilligung meist nach einem einjährigen Aufenthalt in Österreich gewährt. ECRI stellt fest, dass nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes eine Arbeitsbewilligung für Nichtstaatsbürger nur dann gewährt wird, wenn kein österreichischer Staatsbürger bzw. kein Staatsbürger eines anderen EU-Landes und auch keine „integrierte Arbeitskraft“ (d.h. eine ausländische Arbeitskraft, die bereits eine bestimmte Zeit in Österreich gearbeitet hat) mit den gleichen Qualifikationen für den fraglichen Arbeitsplatz verfügbar ist. ECRI wurde darauf hingewiesen, dass sich eine so strikte Rangordnung sehr negativ auf die Chancen eines nicht in die genannten Kategorien fallenden Nichtstaatsbürgers, einen Arbeitsplatz in Österreich zu finden, auswirkt.

34. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden, die Frage der Gewährung politischer Rechte an Nicht-EU-Bürger zu erwägen. ECRI begrüßt die Tatsache, dass durch die im Jahr 2002 angenommene Wiener Wahlordnung Nicht-EU-Bürger nach einem fünfjährigen Aufenthalt in den Genuss des aktiven und passiven Wahlrechts kommen, wie es EU-Bürgern bereits seit 1996 zusteht. ECRI stellt jedoch fest, dass dem Verfassungsgerichtshof ein Antraf auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der neuen Bestimmungen vorliegt.

35. Im Allgemeinen stellt ECRI fest, dass die gesellschaftliche und politische Integration aller Segmente der österreichischen Gesellschaft insgesamt nach wie vor durch die de jure und de facto bestehende, deutliche Unterscheidung zwischen Österreichern und EU-Bürgern einerseits und Nicht-EU-Bürgern andererseits beeinträchtigt wird. Nicht-EU-Bürger unterliegen bei Beschäftigung und Wohnungssuche sowie im Bereich der spezifischen sozialen, bürgerlichen und politischen Rechte nach Ansicht von ECRI noch immer im Gesetz verankerten Einschränkungen, die das Entstehen einer integrierten Gesellschaft in Österreich erheblich behindern.

Empfehlungen:

36. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, dafür zu sorgen, dass das Recht von Nichtstaatsbürgern auf Privat- und Familienleben voll und ganz gewahrt wird und der Genuss dieses Rechtes durch die Festsetzung von Zuwanderungsquoten keine Einschränkung erfährt.

37. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, eine weitere Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für nach Österreich nachkommende Familienmitglieder von Nichtstaatsbürgern sowie für Nichtstaatsbürger, die weder aus EU-Mitgliedsstaaten kommen noch in die Kategorie der „integrierten Arbeitskräfte“ fallen, in Erwägung zu ziehen.

38. ECRI wiederholt ihre bereits ausgesprochene Empfehlung an die österreichischen Behörden, Nicht-EU-Bürgern in ganz Österreich auf lokaler Ebene das aktive und passive Wahlrecht zu gewähren.
39. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass im Juli 2002 der sogenannte „Integrationsvertrag“ als Novelle zum Fremdengesetz verabschiedet wurde. Der „Integrationsvertrag“ sieht verpflichtende Deutschkurse und Kurse in Staatsbürgerschaftskunde für alle Nichtstaatsbürger vor, die nach dem 1. Jänner 1998 nach Österreich zugewandert sind. EU-Bürger und Bürger des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), „Schlüsselarbeitskräfte“ und Einwanderer mit ausreichenden Deutschkenntnissen können aus dieser Bestimmung ausgenommen werden. Die Rechtfertigung einer derartigen Ausnahme wird in jedem einzelnen Fall von der für die Ausstellung der Aufenthaltsgenehmigung zuständigen Behörde überprüft. Für Personen, die den Kurs erfolgreich innerhalb der ersten achtzehn Monate abschließen, übernimmt der Staat die Hälfte der Kursgebühr. Für alle anderen steigt der selbst zu tragende Anteil an den Kosten des Kurses mit der für den Abschluss benötigten Zeit. Werden die vorgeschriebenen Kurse nicht besucht, kann eine Geldstrafe verhängt oder die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung verweigert werden; als letzter Schritt ist die Ausweisung möglich. Nach Aussage der österreichischen Behörden dient der „Integrationsvertrag“ dem Zweck, die Integrationschancen der Neuzuwanderer auf dem Arbeitsmarkt und in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens zu verbessern. ECRI stellt jedoch fest, dass die Einführung des „Integrationsvertrags“ bei mit Nichtstaatsbürgern und Integrationsfragen befassten nicht regierungsgebundenen Organisationen auf erhebliche Kritik gestoßen ist. Diese Organisationen bestätigen, dass auf seitens der Zuwanderer eine starke Nachfrage nach Deutschkursen besteht. Sie unterstreichen, dass eine solche Sprachausbildung nur dann erfolgreich sein kann, wenn eine entsprechende Qualität gewährleistet ist, die Ausbildung freiwillig erfolgt, auf die individuellen Umstände der Betroffenen zugeschnitten und kostenlos oder zumindest kostengünstig ist – alles Elemente, die ihrer Meinung nach bei den im Rahmen des „Integrationsvertrags“ gebotenen Kursen nicht zutreffen. Im Allgemeinen wurde ECRI gegenüber festgestellt, dass nur eine sehr begrenzte Anzahl von Personen die „Integrationsvertragskurse“ tatsächlich benötigt[17].

Empfehlungen:

40. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, Nichtstaatsbürgern ohne ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache ihren Bedürfnissen entsprechende Sprachausbildungsmöglichkeiten anzubieten. ECRI betont, dass Kurse dieser Art von guter Qualität, möglichst weitgehend auf die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Betroffenen zugeschnitten und kostengünstig sein sollten. ECRI ist weiters der Meinung, dass die Auferlegung von Geldstrafen kein geeignetes Mittel darstellt, um Nichtstaatsbürger zum Besuch von Integrationskursen zu bewegen, und dass positive Anreize als Motivation ausreichen sollten. ECRI ist in diesem Zusammenhang der Meinung, dass eine staatliche Unterstützung für Organisationen, die über langjährige und erfolgreiche Erfahrungen mit dem Deutschunterricht für Nichtstaatsbürger verfügen, eine wirksamere Maßnahme darstellen würde als der derzeitige „Integrationsvertrag“.
41. ECRI stellt fest, dass vom Wiener Integrationsfonds eine Reihe erfolgreicher Initiativen gesetzt wurde, darunter im Bereich der Einbürgerung, der Bereitstellung von Informations- und Beratungsdiensten für neu ankommende Nichtstaatsbürger und der Sprachausbildung. ECRI begrüßt weiters die erklärte Absicht der Stadt Wien, sich um eine bessere Vertretung von Minderheitsgruppen in der Stadtverwaltung zu bemühen. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass der bisher nicht zur Stadtverwaltung gehörende Integrationsfonds dieser demnächst als Abteilung für Diversitätspolitik eingegliedert werden soll.

Empfehlungen:

42. ECRI unterstützt ausdrücklich die Einrichtung von Abteilungen im Rahmen der österreichischen Kommunalbehörden, die sich um die Schaffung einer integrierten Gesellschaft und die Förderung von Diversität bemühen. Hiezu empfiehlt ECRI die bestmögliche Nutzung der in diesem Bereich bereits bestehenden Beispiele guter Praktiken.

Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen

– Zugang zu Sozialleistungen, z.B. im Bereich Gesundheit, Wohlfahrt und Wohnbau, und Zugang zu öffentlichen Orten

43. Seit der Erstellung des zweiten ECRI-Berichts wird immer wieder über Fälle rassischer Diskriminierung auf dem privaten Wohnungsmarkt berichtet. Mit der Problematik des Rassismus und der Rassendiskriminierung befasste nicht regierungsgebundene Organisationen stellen fest, dass eine erhebliche Anzahl der bei ihnen eintreffenden Beschwerden den Wohnungsmarkt betrifft. ECRI stellt fest, dass der derzeit vorliegende Entwurf des Antidiskriminierungsgesetzes sich unter anderem auf den Wohnungsmarkt bezieht. ECRI stellt weiters fest, dass Nicht-EU-Bürger nur in einigen kleineren Städten Zugang zum sozialen Wohnbau haben, während in der Mehrzahl der österreichischen Städte Nicht-EU-Bürger keinen oder nur beschränkten Zugang zu Mietverträgen für staatlich geförderte Wohnungen haben.

Empfehlungen:

44. ECRI empfiehlt die Durchführung von Studien zur Ermittlung von diskriminierenden Praktiken und Hindernissen sowie von Ausschlussmechanismen im Bereich des öffentlichen und privaten Wohnbaus, die Minderheitengruppen die Wohnungssuche erschweren; diese können als Grundlage gezielter Gegenmaßnahmen dienen. ECRI empfiehlt weiters, Nicht-EU-Bürgern den Zugang zum sozialen Wohnbau zu erleichtern.
– Zugang zu Bildung

45. Eine im zweiten ECRI-Bericht geäußerte Empfehlung betraf die Umsetzung des interkulturellen Ansatzes als ein für alle Aspekte der Bildung geltendes Erziehungsprinzip. Diese Aspekte umfassen auch die Sprachkompetenz sowohl in einer nicht deutschen Muttersprache als auch im Deutschen als Zweitsprache. Die österreichischen Behörden berichten über eine Vielzahl von Aktivitäten in diesem Bereich, die auf die Ausbildung von in der Schulverwaltung tätigen Personen und Lehrern sowie auf die Information der Eltern von Zuwandererkindern ausgerichtet sind. ECRI stellt jedoch fest, dass Berichten zufolge nicht alle Einrichtungen zur Lehrerausbildung eine Ausbildung auf dem Gebiet der interkulturellen Erziehung anbieten und dass die Zahl der Lehrer, die in der Praxis Deutsch als Zweitsprache oder eine nicht deutsche Muttersprache unterrichten, abnimmt. Auch die dafür zur Verfügung stehenden Mittel sind sehr begrenzt, sodass in manchen Fällen die Fortsetzung erfolgreicher Projekte gefährdet ist. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass ECRI bereits in ihrem zweiten Bericht die Ausweitung derartiger Initiativen, z.B. das Angebot eines zweisprachigen Unterrichts (Unterricht zum Teil auf Deutsch und zum Teil in anderen Sprachen), empfohlen hatte.

46. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass 9,4 % aller Schüler an österreichischen Schulen im Schuljahr 2002/2003 nicht österreichische Staatsbürger waren. Insgesamt scheinen Nichtstaatsbürger an Volksschulen (12 %) und in allgemeinbildenden Schulen der unteren Sekundarstufe (11,4 %) gut vertreten zu sein, während sie an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen der oberen Sekundarstufe unterrepräsentiert sind (5,7 %), obzwar der Prozentsatz von Nichtstaatsbürgern im letztgenannten Schultypus zunimmt. ECRI stellt jedoch mit Sorge fest, dass der Prozentsatz von Kindern nicht österreichischer Staatsbürgerschaft in Sonderschulen (19,2 % im Schuljahr 2002/2003), die für Kinder mit Lernproblemen auf Grund geistiger oder körperlicher Behinderungen gedacht sind und keine Möglichkeiten zur Erlangung eines höheren Bildungsniveaus bieten, noch immer extrem hoch ist. Im Allgemeinen stellt ECRI fest, dass Forschungsergebnissen zufolge der Abstand im Bildungsniveau zwischen österreichischen und nicht österreichischen Kindern selbst bei Berücksichtigung der Nachteile, die sich aus einer nicht deutschen Muttersprache und bescheidenen sozioökonomischen Bedingungen ergeben, noch immer unverhältnismäßig groß ist.

Empfehlungen:

47. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, ihre Bemühungen zur Umsetzung des Prinzips der interkulturellen Erziehung zu verstärken. Sie betont insbesondere die Notwendigkeit einer profunden Ausbildung für alle Lehrer in diesem Bereich, einer ausreichenden Anzahl von Lehrern, die in Deutsch als Zweitsprache oder einer nicht deutschen Muttersprache unterrichten können, und einer langfristigen Finanzierung von Initiativen zur praktischen Umsetzung des Prinzips der interkulturellen Erziehung.

48. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, das Problem der benachteiligten Situation nicht österreichischer Kinder im Bildungssystem aufzugreifen. Insbesondere fordert ECRI die österreichischen Behörden dringend auf, die Überrepräsentation ausländischer Kinder in Sonderschulen prioritär zu untersuchen und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen zu setzen.
Beschäftigung

49. Seit der Erstellung des zweiten ECRI-Berichts wird nach wie vor über Fälle von Rassendiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt berichtet. Mit der Problematik des Rassismus und der Rassendiskriminierung befasste nicht regierungsgebundene Organisationen berichten, dass über 20 % der bei ihnen eingehenden Beschwerden den Bereich Beschäftigung betreffen. ECRI stellt fest, dass der derzeit vorliegende Entwurf des Antidiskriminierungsgesetzes unter anderem auf den Arbeitsmarkt Anwendung findet.

50. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI Maßnahmen zur Verringerung der Ungleichheit von Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern auf dem Arbeitsmarkt sowie das Angebot besonderer Ausbildungsmöglichkeiten für Ausländer. Die österreichischen Behörden betonen, dass die 2002 eingeführte Aufenthaltsbescheinigung[18] einen Schritt in diese Richtung darstellt. Wie bereits erwähnt[19], ist die jährliche Teilquote für neu zuwandernde Arbeitskräfte auf „Schlüsselarbeitskräfte“ und saisonale Arbeitskräfte beschränkt. ECRI stellt fest, dass die Definition der saisonalen Arbeit auf Kategorien außerhalb von Landwirtschaft und Tourismus, darunter ohne Unterbrechung tätige Industriebetriebe, ausgedehnt wurde. Es ist daher festzustellen, dass niedrig qualifizierte Arbeitskräfte in der österreichischen Industrie kurzfristig beschäftigt werden, wodurch es zu einer Erosion der sozialen Rechte der Betroffenen kommt; diese Situation wird sich zwangsläufig negativ auf die Unterschiede zwischen Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern auf dem Arbeitsmarkt auswirken. Im Allgemeinen stellt ECRI fest, dass die Position von Nichtstaatsbürgern und Personen mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt in den nationalen Beschäftigungsplänen praktisch nicht angesprochen wird.

51. ECRI stellt fest, dass Arbeitsmarktinitiativen in den unter das Mandat von ECRI fallenden Bereichen aus dem Europäischen Sozialfonds und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Rahmen des EU-EQUAL-Programms finanziert werden. Diese Initiativen, die unter Beteiligung von nicht regierungsgebundenen Organisationen und Forschungsinstitutionen, der Arbeiterkammer und der Gewerkschaften gesetzt werden, verfolgen unter anderem den Zweck, die rassistischen Einstellungen und Vorurteile verschiedener Akteure auf dem Arbeitsmarkt in Frage zu stellen, Mitarbeiter zu interkulturellen Mediatoren auszubilden, durch Anerkennung der Qualifikationen von Zuwanderern diesen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, durch Annahme entsprechender Verhaltenskodices Diskriminierung zu bekämpfen und Chancengleichheit zu fördern, und das Diversitätsmanagement in den Unternehmen zu fördern.

52. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI die Aufhebung § 8 (2) des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, welcher besagt, dass im Falle eines Personalabbaus der Arbeitgeber verpflichtet ist, zuerst seine ausländischen Arbeitnehmer freizusetzen. ECRI stellt jedoch fest, dass zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts die Bestimmung nach wie vor in Kraft ist.

53. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden die Gewährung des passiven Wahlrechts für ausländische Arbeitnehmer bei Betriebsrats- und Arbeiterkammerwahlen. ECRI verweist auf die Entscheidung der UN-Menschenrechtskommission vom April 2002, wonach der Ausschluss von Nichtstaatsbürgern vom passiven Wahlrecht zu Betriebsräten mit dem in Artikel 26 des Internationalen Pakts über Bürgerliche und Politische Rechte enthaltenen Prinzip der Nichtdiskriminierung unvereinbar ist. ECRI verweist weiters auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom Mai 2003, wonach türkische Staatsbürger nicht vom passiven Wahlrecht zur Arbeiterkammer ausgeschlossen werden können. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts sind auf Grund der bestehenden Gesetzeslage Nichtsstaatsbürger vom passiven Wahlrecht bei Betriebsrats- und Arbeiterkammerwahlen noch immer ausgeschlossen; gleichzeitig stellt ECRI fest, dass aus anderen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums oder aus Ländern mit einem Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union stammende und in Österreich arbeitende Personen bei den letzten Arbeiterkammerwahlen das passive Wahlrecht erhielten.

Empfehlungen:

54. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, weitere Maßnahmen zur Verminderung der Ungleichbehandlung von Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern auf dem Arbeitsmarkt zu setzen. Fragen betreffend die Position von Nichtstaatsbürgern und Personen mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt sollten in den nationalen Beschäftigungsplänen größere Berücksichtigung finden. ECRI bestärkt die österreichischen Behörden darin, Initiativen in diesem Bereich in Zusammenarbeit mit nicht regierungsgebundenen Organisationen, Forschungsinstitutionen und den Sozialpartners zu unterstützen.

55. ECRI wiederholt ihre Forderung nach Aufhebung § 8 (2) des Ausländerbeschäftigungsgesetzes.

56. ECRI wiederholt ihre Aufforderung an die österreichischen Behörden, allen ausländischen Arbeitskräften unabhängig von deren Staatszugehörigkeit das passive Wahlrecht bei Betriebsrats- und Arbeiterkammerwahlen zu gewähren.
Gefährdete Gruppen

– Schwarzafrikaner

57. In Österreich und insbesondere in Wien lebende Schwarzafrikaner sind Berichten zufolge einer besonderen Gefahr ausgesetzt, zu Opfern von Rassismus und Rassendiskriminierung zu werden. Wie in anderen Teilen dieses Berichts erwähnt[20], hängt diese Situation nach Ansicht von ECRI eng mit der in der öffentlichen Meinung, im politischen Diskurs, in den Medien, aber auch im Verhalten von Beamten, insbesondere der Polizei, zum Ausdruck kommenden, feindseligen Einstellung zusammen. ECRI erhielt zahlreiche Berichte, wonach Schwarzafrikaner auf Grund angeblicher Verwicklungen in den Drogenhandel und andere illegale Aktivitäten stigmatisiert werden, was extrem negative Auswirkungen auf das tägliche Leben von Personen mit schwarzer Hautfarbe, insbesondere von Schwarzafrikanern, in Österreich hat.

– Muslime

58. Nicht regierungsgebundene Organisationen berichten, dass nach dem plötzlichen Ansteigen der Islamophobie in Österreich in der Folge der Ereignisse vom 11. September 2001 diesen Phänomen wieder etwas – wenn auch nicht in wesentlichem Ausmaß – abgeklungen ist. Muslime werden besonders leicht zu Opfern von Belästigung und Diskriminierung, wenn sie sich sichtbar zu ihrem Glauben bekennen. Wie ECRI berichtet wurde, hat sich seit dem zweiten Bericht die Einstellung gegenüber muslimischen Frauen, die das Kopftuch tragen, verschlechtert. Es gab Fälle von Beleidigungen und Belästigungen dieser Frauen auf der Straße sowie von Belästigung und Diskriminierung am Arbeitsplatz. Es wurde auch von Lehrern berichtet, die in manchen Fällen Mädchen unter Zwang das Kopftuch abgenommen haben.

– Roma

59. Die Gemeinschaft der Roma in Österreich umfasst autochthone Roma (offiziell seit 1993 als nationale Minderheit anerkannt), als Gastarbeiter nach Österreich gekommene Personen und deren Nachkommen, sowie Flüchtlinge und Asylwerber. Wie bereits im zweiten ECRI-Bericht erwähnt, zieht die Anerkennung einer Gruppe als nationale Minderheit die Gewährung besonderer Rechte nach sich, darunter eine finanzielle Unterstützung für Kulturprojekte durch den Staat, die Möglichkeit eines muttersprachlichen Unterrichts und andere die Sprache betreffende Rechte. In ihrem zweiten Bericht schlug ECRI den österreichischen Behörden vor, die Möglichkeit der Aufnahme nicht autochthoner Roma in die Kategorie der als nationale Minderheit anerkannten Roma zu erwägen. Die österreichischen Behörden haben jedoch in diesem Zusammenhang betont, dass nicht autochthone Roma in der Praxis ebenfalls die Möglichkeit haben, aus staatlich finanzierten Projekten für die nationale Roma-Minderheit Nutzen zu ziehen.

60. ECRI stellt dennoch fest, dass viele Roma nach wie vor im Vergleich zur übrigen Bevölkerung in sozioökonomischer Hinsicht schwer benachteiligt sind; dies ist zumindest teilweise durch Rassismus und Rassendiskriminierung bedingt. Die benachteiligte Situation der zum Großteil nicht autochthonen Roma auf allen Ebenen des Bildungswesens hat im wesentlichen zur Folge, dass diese aus den meisten Bereichen des öffentlichen Lebens ausgeschlossen sind. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass Initiativen zur Verbesserung des Zugangs zur Bildung für junge Roma zwar auf lokaler Ebene gesetzt werden, die dafür zur Verfügung stehenden Finanzmittel aber Berichten zufolge sehr begrenzt sind. Außerdem wird berichtet, dass Roma schwerwiegenden Hindernissen beim Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft gegenüber stehen und im Umgang mit Beamten des Gesetzesvollzugs Vorurteilen und Diskriminierung ausgesetzt sind.

Empfehlungen:

61. ECRI fordert die österreichischen Behörden dringend auf, die in verschiedenen Teilen dieses Berichts geäußerten Empfehlungen umzusetzen, da diese nach Meinung von ECRI dazu angetan sind, Äußerungen von Rassismus und Rassendiskriminierung gegenüber allen in diesem Kapitel als gefährdet eingestuften Minderheitengruppen hintanzuhalten.

62. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, Schritte zur wirksamen Bekämpfung und Verhinderung von Rassismus und Rassendiskriminierung gegenüber in Österreich lebenden Schwarzafrikanern zu setzen. ECRI unterstreicht in diesem Zusammenhang insbesondere die Notwendigkeit, das Verhalten von Beamten des Gesetzesvollzugs zu thematisieren und die Stigmatisierung ganzer Gemeinschaften ebenso wie Verallgemeinerungen in der öffentlichen Debatte zu vermeiden.

63. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, Schritte zur wirksamen Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung gegenüber Muslimen in Österreich zu setzen. Sie weist in diesem Zusammenhang die österreichischen Behörden auf ihre Grundsatzempfehlung Nr. 5 hin, die eine Reihe gesetzgebender und ausführender Maßnahmen vorschlägt, die Regierungen zu diesem Zweck ergreifen können[21].

64. ECRI empfiehlt die Durchführung weiterer Schritte zur Verbesserung der Situation der Roma in Österreich mit dem Ziel der Bekämpfung und Verhinderung von Rassismus und Rassendiskriminierung gegenüber dieser Gruppe der österreichischen Bevölkerung. ECRI weist die österreichischen Behörden auf ihre Grundsatzempfehlung Nr. 3 hin, die eine Reihe gesetzgebender und ausführender Maßnahmen vorschlägt, die Regierungen zu diesem Zweck ergreifen können.[22]

– Andere nationale Minderheiten

65. In ihrem zweiten Bericht nahm ECRI die Einrichtung von Beiräten für jede der anerkannten ethnischen Minderheiten im Rahmen des Bundeskanzleramtes zur Kenntnis und empfahl die Unterstützung der Tätigkeit dieser Beiräte durch die österreichischen Behörden. Diese Beiräte stellen unter anderem ein Forum dar, das Vertretern nationaler Minderheiten die Möglichkeit gibt, die Regierung in minderheitenrelevanten Angelegenheiten zu beraten. ECRI nimmt mit besonderer Sorge das Berichten zufolge in Kärnten gegenüber der slowenischen Minderheit herrschende, feindselige Klima zur Kenntnis. Es wird berichtet, dass der Landeshauptmann von Kärnten dabei eine besonders aktive Rolle gespielt habe, insbesondere durch seine offene Weigerung, Entscheidungen des Verfassungsgerichtshof im Sinne einer Anerkennung bestimmter Rechte der Angehörigen dieser Gruppe umzusetzen. ECRI befürchtet, dass angesichts eines, wie berichtet, negativen Klimas diskriminierende Praktiken begünstigt werden könnten. So hat ECRI zum Beispiel Berichte darüber erhalten, dass das negative Klima gegenüber der slowenischen Minderheit in Kärnten sich nachteilig auf den Zugang dieser Personengruppe zu Medien in slowenischer Sprache ausgewirkt hat, auch wenn sich die Situation Berichten zufolge mittlerweile gebessert hat.

Empfehlungen:

66. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, im Rahmen der Minderheitenbeiräte eng mit den Vertretern der nationalen Minderheiten zusammen zu arbeiten, um deren Anliegen aufzugreifen. Sie empfiehlt den österreichischen Behörden auf allen Ebenen dringend, sich rassistischer und stigmatisierender Äußerungen gegenüber nationalen Minderheiten zu enthalten.

– Opfer des Menschenhandels

67. Österreich ist sowohl ein Transitland als auch ein Bestimmungsland des Menschenhandels. Obzwar die überwiegende Mehrheit der berichteten Fälle Frauen betrifft, die zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung gehandelt werden, wird auch über Fälle des Frauenhandels zum Zwecke der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft sowie über den Handel mit Kindern zum Zwecke der Bettelei berichtet. Die derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen verbieten nur den Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung (§ 217 des Strafgesetzbuchs). ECRI geht davon aus, dass demnächst eine Novelle des Strafgesetzbuchs in Kraft treten wird, durch die der Schutz des Gesetzes auch auf Opfer anderer Formen des Menschenhandels ausgedehnt wird. Im Jahr 2002 wurden 27 Personen auf der Grundlage von § 217 des Strafgesetzbuchs verurteilt. Es gibt nur eine offiziell anerkannte Organisation zur Unterstützung von Opfern des Menschenhandels in Österreich, die staatlich finanziert wird und Opfern Hilfe, Beratung und Unterkunft anbietet. Im Jahr 2003 waren 80 % der von dieser Organisation unterstützten Personen Staatsbürger osteuropäischer Länder, während die übrigen hauptsächlich aus Asien, Afrika und Lateinamerika kamen. Nach dem Fremdengesetz wird Opfern von Menschenhandel aus humanitären Gründen das Aufenthaltsrecht gewährt. Berichte besagen jedoch, dass derartige Genehmigungen in der Praxis nur gewährt werden, wenn die Opfer bereit sind, gegen die Menschenhändler auszusagen.

Empfehlungen:

68. ECRI bestärkt die österreichischen Behörden in ihren Anstrengungen zur Bekämpfung des Menschenhandels. Sie empfiehlt den österreichischen Behörden, Möglichkeiten einer verstärkten Hilfestellung für Opfer des Menschenhandels zu erwägen, unter anderem durch Gewährleistung der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen unabhängig von ihrer Bereitschaft, gegen die Menschenhändler auszusagen.
Antisemitismus

69. Sowohl die amtlichen Statistiken[23] als auch die Beobachtungen nicht regierungsgebundener Organisationen besagen, dass die Häufigkeit antisemitischer Vorfälle in Österreich seit der Erstellung des zweiten ECRI-Berichts nicht abgenommen hat. So haben zum Beispiel nicht regierungsgebundene Organisationen im Jahr 2003 eine steigende Anzahl antisemitisch motivierter, körperlicher Angriffe berichtet. Wie bereits im zweiten Bericht festgestellt, sind die Behörden auf der Grundlage des Wiederbetätigungsverbots in der Lage, gegen zahlreiche ausdrückliche Formen des Antisemitismus in Österreich vorzugehen. ECRI nimmt in diesem Zusammenhang Berichte zur Kenntnis, wonach seit der Erstellung des zweiten Berichts revisionistisches und den Holocaust leugnendes Material zunehmend im Internet zu finden ist und die Skinhead-Szene an Boden gewonnen hat. Vertreter der jüdischen Gemeinden in Österreich haben jedoch betont, dass die zur Zeit in Österreich zu beobachtenden Vorfälle von Antisemitismus nicht nur auf dem unter das Wiederbetätigungsverbot fallenden, nationalsozialistischen Gedankengut beruhen. Insbesondere wurde unterstrichen, dass antisemitische Vorfälle in zunehmendem Maße von Mitgliedern fundamentalistischer moslemischer Gruppen und von Vertretern einer extrem links gerichteten außerparlamentarischen Opposition ausgehen, die sich als Gegner des Kapitalismus, der Politik der Vereinigten Staaten von Amerika und der Globalisierung darstellen. Berichten zufolge arbeiten diese Gruppen über das Internet vermehrt mit antisemitischen Gruppen der extremen Rechten zusammen. Es wird berichtet, dass Antisemitismus oft auch in Verbindung mit einer Kritik an der Politik des Staates Israel auftaucht. Weiters wurde ECRI berichtet, dass nach wie vor von Meinungsmachern und in den Medien öffentliche Aussagen mit antisemitischen Untertönen zu vernehmen sind. Im Allgemeinen haben Vertreter der jüdischen Gemeinde in den letzten Jahren im Bereich des Antisemitismus eine Verschlechterung des Klimas festgestellt, die vor allem mit den Ereignissen im Nahen Osten und im Irak zusammen hängt.

Empfehlungen:

70. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, ihre Anstrengungen zur Bekämpfung aller Ausdrucksformen des Antisemitismus in Österreich, einschließlich solcher, die sich nicht vom nationalsozialistischen Gedankengut ableiten, fortzusetzen und zu intensivieren. ECRI betont in diesem Zusammenhang die Rolle der verschiedenen Meinungsmacher in der Gesellschaft – seien es Politiker, religiöse Gruppen, die Medien oder andere Akteure der Zivilgesellschaft – deren Aufgabe es ist, konsequent gegen jedwede Ausdrucksform des Antisemitismus aufzutreten und dafür zu sorgen, dass ihre eigenen Organe eindeutig gegen diese Phänomen Stellung beziehen.

Medien

71. In ihrem zweiten Bericht stellte ECRI fest, dass auflagenstarke Tageszeitungen regelmäßig auf eine Art und Weise über Zuwanderungs- und Asylfragen berichteten, die eine Atmosphäre der Feindseligkeit und der Ablehnung gegenüber Mitglieder von Minderheitengruppen entstehen ließ. Obzwar sich die Situation seit dem zweiten ECRI-Bericht etwas gebessert zu haben scheint, stellt ECRI fest, dass Medienberichte über Zuwanderungs- und Asylfragen in manchen Fällen noch immer im Ton des Sensationsjournalismus gehalten sind. Weiters stellt ECRI mit Sorge fest, dass die Presse zu einer gewissen „Ethnisierung“ von Verbrechen beigetragen hat, wobei insbesondere Schwarzafrikaner mit dem Drogenhandel und Osteuropäer mit bestimmten Formen des organisierten Verbrechens in Verbindung gebracht werden. Als weiteren Anlass zur Sorge betrachtet ECRI Berichte, wonach für Österreicher vorbehaltene oder ausdrücklich Personen mit bestimmter Staatsangehörigkeit ausschließende Stellenangebote und Wohnungsannoncen noch immer in manchen Zeitungen erscheinen. ECRI stellt fest, dass der Presserat als Organ der Selbstregulierung eine nützliche Rolle bei der Verbesserung dieser Situation spielen könnte. Der zwar formell noch existierende Presserat ist jedoch derzeit nicht tätig.

72. ECRI stellt fest, dass Radioprogramme für nationale Minderheiten seit dem Jahr 2000 keine direkte finanzielle Unterstützung vom Staat mehr erhalten. Hingegen ist der Österreichische Rundfunk (ORF) seit Jänner 2002 verpflichtet, einen angemessenen Teil seiner Programme in den Sprachen der nationalen Minderheiten auszustrahlen.

Empfehlungen:

73. ECRI ermutigt die österreichischen Behörden, den Medien ohne Beeinträchtigung ihrer Unabhängigkeit zu vermitteln, dass sie für eine Berichterstattung zu sorgen haben, die nicht zur Schaffung eines Klimas der Feindseligkeit und der Ablehnung gegenüber Angehörigen von Minderheitengruppen beiträgt, und eine proaktive Rolle bei der Bekämpfung eines derartigen Klimas spielen sollten. Nach Ansicht von ECRI kann sich die Annahme und Umsetzung selbstbeschränkender Verhaltensregeln zu diesem Zweck als nützlich erweisen. Außerdem ist sicher zu stellen, dass Medienmitarbeiter für die Berichterstattung in einer durch Diversität gekennzeichneten Gesellschaft entsprechend ausgebildet sind. Schließlich betont ECRI, dass eine stärkere Vertretung von Personen mit Migrationshintergrund in den Medien sich positiv auf das in der Presse vermittelte Bild von Zuwanderern und deren Familien auswirken könnte.

74. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, eine ausreichende Verfügbarkeit von elektronischen Medien in den Sprachen der nationalen Minderheiten zu gewährleisten. Weiters fordert sie die österreichischen Behörden auf, sicher zu stellen, dass der öffentlich rechtliche Rundfunk den Bedürfnissen aller zur österreichischen Gesellschaft gehörenden Minderheitengruppen, einschließlich jener, die nicht den Status nationaler Minderheiten genießen, gerecht wird.

Beobachtung der Situation

75. In ihrem zweiten Bericht schlug ECRI vor, bei der Datenerhebung eine Unterteilung nach ethnischer Herkunft vorzunehmen, da dies den österreichischen Behörden die Beurteilung der Situation der in Österreich lebenden Minderheitengruppen in verschiedenen Lebensbereichen, wie Beschäftigung, Wohnungssuche und Bildung, erleichtern könnte. ECRI betonte, dass dies in Einklang mit den europäischen Gesetzen, Verordnungen und Empfehlungen zum Datenschutz und zum Schutz der Privatsphäre sowie dem Grundsatz der Freiwilligkeit der Bekanntgabe derartiger Daten erfolgen sollte.

76. ECRI stellt fest, dass im Zuge der Volkszählung Daten über die Nationalität, den Geburtsort, die Sprache und die Religion der österreichischen Wohnbevölkerung erhoben werden. Daten über die nationale und ethnische Herkunft werden nicht erhoben; ECRI hat eine durch große Vorsicht geprägte Haltung bezüglicher der Sammlung derartiger Daten in Österreich festgestellt. ECRI hält jedoch fest, dass es in der österreichischen Gesetzgebung kein ausdrückliches Verbot der Datenerhebung nach nationaler und ethnischer Herkunft gibt, obzwar verständlicherweise die Sammlung solcher Daten an die Existenz bestimmter Schutzmaßnahmen gebunden ist. ECRI ist der Meinung, dass auf Grund des Fehlens derartiger Daten das allgemeine Bewusstsein um die Notwendigkeit von Positivmaßnahmen zur Verbesserung der Situation bestimmter, benachteiligter Gruppen erheblich eingeschränkt ist.

Empfehlungen:

77. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden dringend eine Verbesserung ihres Beobachtungssystems durch Erhebung relevanter Daten nach Kategorien, wie Religion, Sprache, Nationalität und nationale oder ethnische Herkunft, wobei zu gewährleisten ist, dass dies stets unter Achtung der Grundsätze der Vertraulichkeit, der informierten Einwilligung der Betroffenen, und der Freiwilligkeit der Aussage der Befragten hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe erfolgt. Vor allem im Hinblick auf die Möglichkeit einer doppelten oder mehrfachen Diskriminierung sollte auch die Frage des Geschlechts berücksichtigt werden.
Verhalten von Beamten des Gesetzesvollzugs

78. Seit der Erstellung des zweiten ECRI-Berichts erhalten nicht regierungsgebundene Organisationen, die mit der Beobachtung des Verhaltens von Vollzugsbeamten in Österreich befasst sind, nach wie vor Berichte über angebliche Misshandlungen einzelner Personen, die in Extremfällen sogar zum Tod geführt haben. ECRI stellt mit Sorge fest, dass eine erhebliche Anzahl dieser Fälle Nichtstaatsbürger, aber auch einer ethnischen Minderheit angehörende österreichische Staatsbürger betrifft. Außerdem wird vielfach berichtet, dass Angehörige von ethnischen Minderheiten unverhältnismäßig oft von der Polizei überprüft werden und verbalen Beleidigungen rassistischer Natur durch Vertreter der Exekutive ausgesetzt sind.

79. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden, innerhalb der Strafgerichtsbarkeit und bei der internen Kontrolle der verschiedenen Polizeieinheiten dafür zu sorgen, dass auf angemessenere Weise auf Behauptungen rassistischer oder rassisch diskriminierender Verhaltensweisen auf seiten der Polizei reagiert wird. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass mutmaßliche Opfer rassistischer oder rassisch diskriminierender Verhaltensweisen ihren Fall der Verwaltungsaufsichtsbehörde vorlegen können; wenn sie mit den Feststellungen dieser Behörde nicht einverstanden sind, können sie um eine Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats[24] ersuchen. Seit 1. Jänner 2000 besteht die Möglichkeit eines „Schlichtungsgesprächs“ mit dem betroffenen Vollzugsbeamten. Die Entscheidung, ob dieses Gespräch stattfindet, liegt bei der Verwaltungsaufsichtsbehörde. Im Allgemeinen wurde ECRI jedoch berichtet, dass Untersuchungen behaupteter Misshandlungen durch die Polizei langsam und ohne die erforderliche Gründlichkeit erfolgen; sie kommen vielfach zu keinem schlüssigen Ergebnis und oft werden Beschwerdeführer und Augenzeugen im Gegenzug des Widerstands gegen die Staatsgewalt, des tätlichen Angriffs oder der Diffamierung beschuldigt.

80. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden die Einsetzung eines unabhängigen Organs, das zur Untersuchung von Individualbeschwerden über Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei befugt ist. Wie bereits im zweiten ECRI-Bericht festgestellt, gibt der Menschenrechtsbeirat Empfehlungen an die Regierung in Menschenrechtsbelangen ab und schlägt Verbesserungen im Bereich des Gesetzesvollzugs vor. Der Beirat arbeitet auf der Grundlage von sechs Kommissionen in verschiedenen Teilen Österreichs, deren Mitglieder Haftanstalten und Dienststellen der Sicherheitspolizei besuchen und die Ausübung der polizeilichen Gewalt kontrollieren. Der Menschenrechtsbeirat untersucht jedoch keine Individualbeschwerden.

81. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den Behörden, jede Form des rassistischen oder rassisch diskriminierenden Verhaltens auf seiten der Polizei öffentlich zu verurteilen und auf hoher Ebene klar zu stellen, dass jeder Vorfall von Rassismus unverzüglich untersucht und bestraft wird. ECRI sind keinerlei Entwicklungen in dieser Richtung bekannt. ECRI wurde darauf hingewiesen, dass in dem in der Öffentlichkeit mit Aufmerksamkeit verfolgten Fall von Cheibani Wague, einem mauretanischen Staatsbürger, der im Juli 2003 in Polizeihaft verstarb, die betroffenen Polizeibeamten nach dem Tod des Polizeihäftlings nicht vom Dienst suspendiert wurden und ihr Verhalten öffentlich als gesetzeskonform dargestellt wurde, noch bevor nähere Untersuchungen der Umstände stattgefunden hatten.

82. In ihrem zweiten Bericht stellte ECRI fest, dass erkennbare Minderheiten, insbesondere Schwarzafrikaner, oft unter diskriminierenden Ausweiskontrollen zu leiden hatten und insbesondere von Polizeioperationen betroffen waren, die auf die Bekämpfung des Drogenhandels abzielten. ECRI hat wiederum übereinstimmende Berichte erhalten, dass Schwarzafrikaner, vor allem junge Männer, nach wie vor Polizeikontrollen unterworfen sind, die offensichtlich allein auf Grund der Hautfarbe erfolgen, und dabei manchmal verbal und körperlich misshandelt werden. Auch auf Bahnhöfen und Flughäfen werden sie unverhältnismäßig oft kontrolliert. ECRI stellt fest, dass die österreichischen Behörden seit der Erstellung des zweiten Berichts Verordnungen zur verbesserten Durchführung groß angelegter Polizeirazzien erlassen haben, auf Grund derer der Menschenrechtsbeirat im Voraus informiert wird und die Möglichkeit hat, derartige Razzien zu beobachten. Weiters haben die österreichischen Behörden berichtet, dass neben der allgemeinen Ausbildung im Bereich Menschenrechte und Nichtdiskriminierung[25] insbesondere in Wien Ausbildungsinitiativen zur Verbesserung der Beziehungen zwischen der schwarzafrikanischen Gemeinschaft und der Polizei gesetzt wurden. ECRI nimmt mit Interesse zur Kenntnis, dass der Menschenrechtsbeirat einen Bericht über die Verwendung rassistischer Ausdrücke durch Angehörige der Exekutive erarbeitet und entsprechende Empfehlungen geäußert hat; das Innenministerium hat die Beamten des Gesetzesvollzugs angewiesen, sich vorurteilsfrei zu verhalten und sich keiner diskriminierenden, erniedrigenden oder beleidigenden Sprache zu bedienen.

83. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI Maßnahmen zur Verhinderung der Gewaltanwendung durch Polizeikräfte im Zuge von Abschiebungen, insbesondere durch Umsetzung der vom Menschenrechtsbeirat in diesem Bereich abgegebenen Empfehlungen. Wie der Menschenrechtsbeirat berichtet, hat die Regierung die Mehrzahl seiner Empfehlungen zu diesem Thema umgesetzt. So können zum Beispiel im Falle von schwieriger Abschiebungen Charterflüge anstelle von Linienflügen benützt werden und es ist vorgesehen, dass der Abzuschiebende von einem Menschenrechtsbeobachter begleitet wird. Außerdem ist das Abschiebungsverfahren zu unterbrechen, wenn die Gesundheit des Schubhäftlings gefährdet ist. Weiters haben die österreichischen Behörden ECRI über Verbesserungen in den Anhaltezentren für Schubhäftlinge informiert, obzwar ECRI auch Berichte erhalten hat, wonach dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass der Menschenrechtsbeirat auch Empfehlungen betreffend die Schubhaft von Frauen und Minderjährigen abgegeben hat. Einige dieser Empfehlungen wurden von den österreichischen Behörden befolgt, so wurden z.B. Weisungen ausgegeben, dass Kinder unter 14 Jahren nicht in Schubhaft zu nehmen sind und dass Minderjährige im Alter von über 14 Jahren sowie Frauen in der Schubhaft von den Männern getrennt unterzubringen sind, andere hingegen sind noch nicht umgesetzt.

84. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden weitere Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung von Polizeibeamten zum Thema Rassismus und Rassendiskriminierung. Wie die österreichischen Behörden berichten, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Initiativen zur theoretischen und praktischen Menschenrechtserziehung im Rahmen der Aus- und Weiterbildung für Polizeikräfte gesetzt. Die österreichischen Behörden betonen weiters die enge Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtsbeirat im Bereich der Menschenrechtserziehung. Schließlich begrüßt ECRI die Tatsache, dass das Innenministerium eine Reihe von Ausbildungsprojekten finanziert hat, die in Zusammenarbeit mit nicht regierungsgebundenen Organisationen durchgeführt werden und vor allem eine diskriminierungsfreie Polizeiarbeit in einer multikulturellen Gesellschaft zum Inhalt haben. In diesem Zusammenhang wurde mit gewisser Sorge auf die Unsicherheit einer langfristigen Finanzierung dieser Projekte verwiesen, die als wesentlich für die Erzielung nachhaltiger Ergebnisse angesehen wird.

85. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI Initiativen zur Förderung des Eintritts von Mitgliedern von Minderheitengruppen in die Polizei. Es wird über Bemühungen berichtet, Polizeibeamte mit Fremdsprachenkenntnissen, insbesondere Türkisch und Serbisch/Kroatisch, zu rekrutieren. ECRI hat jedoch nicht den Eindruck, dass bereits aktiv versucht wird, der multiethnischen Zusammensetzung der österreichischen Gesellschaft in der Zusammensetzung der Polizeikräfte Rechnung zu tragen, obzwar nach Aussage der Behörden die in anderen Ländern in diesem Bereich angewandten Modelle derzeit geprüft werden.

Empfehlungen:

86. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, innerhalb der Strafgerichtsbarkeit und bei der internen Kontrolle der verschiedenen Polizeieinheiten dafür zu sorgen, dass auf angemessenere Weise auf Behauptungen rassistischer oder rassisch diskriminierender Verhaltensweisen auf seiten der Polizei reagiert wird. ECRI wiederholt ihre Forderung nach der Einrichtung eines unabhängigen Organs, welches zur Untersuchung von Individualbeschwerden über Menschenrechtsverletzungen durch die Polizeikräfte, einschließlich rassistischer oder rassisch diskriminierender Handlungen, befugt ist.

87. ECRI empfiehlt den Behörden, jede Form des rassistischen oder rassisch diskriminierenden Verhaltens auf seiten der Polizei öffentlich zu verurteilen und auf hoher Ebene klar zu stellen, dass jeder Vorfall von Rassismus unverzüglich untersucht und bestraft wird.

88. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, unbedingt zu gewährleisten, dass die nationalen Gesetze über Ausweiskontrollen sowie die nationalen und internationalen Normen bezüglich des Schutzes vor willkürlicher Festnahme und Haft unter allen Umständen und ungeachtet des Hintergrunds der betroffenen Person streng eingehalten werden. Sie empfiehlt den österreichischen Behörden, die Einführung eines Registrierungssystems für Polizeikontrollen in Erwägung zu ziehen, auf Grund dessen der Einzelne nachweisen kann, wie oft er einer Kontrolle unterzogen wird; eine eventuelle Systematik der direkten oder indirekten Rassendiskriminierung würde dadurch erkennbar.

89. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden die Umsetzung aller Empfehlungen des Menschenrechtsbeirats betreffend die Verwendung rassistischen Ausdrücke durch die Polizeikräfte sowie betreffend die Haftbedingungen für weibliche und minderjährige Schubhäftlinge.

90. ECRI empfiehlt eine Fortsetzung der Bemühungen um eine entsprechende Menschenrechtserziehung für Polizeikräfte im Rahmen der Aus- und Weiterbildung unter besonderer Betonung einer diskriminierungsfreien Polizeiarbeit in einer multikulturellen Gesellschaft. Insbesondere fordert ECRI die österreichischen Behörden dringend auf, die langfristige Finanzierung für Projekte, die in diesem Bereich in Zusammenarbeit mit nicht regierungsgebundenen Organisationen durchgeführt werden, zu gewährleisten.

91. ECRI wiederholt ihre Forderung nach Maßnahmen zur Sicherstellung einer entsprechenden Vertretung von Angehörigen von Minderheitengruppen in der Polizei. Hindernisse, die Angehörige von Minderheitengruppen derzeit davon abhalten, der Polizei beizutreten, sollten identifiziert und durch gezielte Maßnahmen beseitigt werden.
Ausnutzung rassistischer und fremdenfeindlicher Strömungen für politische Zwecke

92. In ihrem zweiten Bericht brachte ECRI ihre tiefe Sorge über die Häufigkeit rassistischer und fremdenfeindlicher Äußerungen im politischen Diskurs in Österreich zum Ausdruck. Obzwar sich die Situation Berichten zufolge mittlerweile etwas gebessert hat, ist ECRI darüber besorgt, dass Asylwerber, Flüchtlinge und Zuwanderer aus Ländern außerhalb der EU, aber auch Mitglieder anderer Minderheitengruppen, nach wie vor Zielscheibe eines rassistischen und fremdenfeindlichen politischen Diskurses sind. Mitgliedern dieser Gruppen wird typischerweise die Schuld für die Verschlechterung der Sicherheitssituation in Österreich – insbesondere auf der Grundlage von Verallgemeinerungen hinsichtlich ihrer Verwicklung in Drogenhandel und organisiertes Verbrechen – sowie für Arbeitslosigkeit und erhöhte Staatsausgaben zugeschoben; manchmal werden sie auch als Bedrohung für die Wahrung der österreichischen nationalen oder lokalen Identität dargestellt. ECRI bringt ihre Sorge über die negativen Folgen einer solchen Darstellungsweise auf die Wahrnehmung von Asylwerbern, Flüchtlingen und Zuwanderern aus Ländern außerhalb der EU sowie anderer Minderheitengruppen durch die Mehrheitsbevölkerung und über das dadurch geförderte Klima der allgemeinen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit zum Ausdruck.

93. In ihrem zweiten Bericht äußerte sich ECRI besorgt über den Einfluss politischer Parteien, die sich rassistischer und fremdenfeindlicher Propaganda bedienen, auf Großparteien. Insbesondere stellte sie damals fest, dass ein derartiger Einfluss die Annahme restriktiver Maßnahmen und die Einführung von vor allem Zuwanderer und Asylwerber betreffenden Praktiken begünstigt, die nicht immer die volle Achtung der Menschenrechte und des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung garantierten. Wie bereits in anderen Teilen dieses Berichts erwähnt, betrachtet ECRI diese Situation nach wie vor als Anlass zur Sorge.

94. In ihrem zweiten Bericht stellte ECRI fest, dass die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) sich rassistischer und fremdenfeindlicher Propaganda bedient hatte. Berichten zufolge wird zwar Propaganda solcher Art von Mitgliedern dieser Partei seit der Erstellung des zweiten ECRI-Berichts weniger häufig eingesetzt, aber ECRI stellt dennoch mit Sorge fest, dass lokale Vertreter der Partei und Mitglieder von FPÖ-nahen Jugendgruppen sich in verstärktem Maße in der Öffentlichkeit einer Terminologie bedienen, die in direkter Verbindung zum nationalsozialistischen Gedankengut steht. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung des Begriffs der „Umvolkung“ im Zusammenhang mit der Einbürgerung von Personen nicht österreichischer Herkunft, die seit langem in Österreich wohnhaft sind.

95. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden, alle erdenklichen Anstrengungen zu unternehmen, um gegen die Ausnutzung rassistischer und fremdenfeindlicher Strömungen in der Politik vorzugehen. Unter anderem sollte sicher gestellt werden, dass strafrechtliche Bestimmungen zur Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz entsprechend streng umgesetzt werden; gleichzeitig wurde die Annahme von punktuellen Maßnahmen empfohlen, die sich speziell gegen rassistische und fremdenfeindliche Äußerungen durch Vertreter politischer Parteien richten. ECRI schlug weiters vor, als Beitrag zur Bewusstseinsbildung unter Politikern eine jährliche parlamentarische Debatte zum Thema Rassismus und Intoleranz und zur benachteiligten Situation der Mitglieder verschiedener Minderheitengruppen einzuführen. ECRI stellt fest, dass seit Erstellung des zweiten Berichts keine Entwicklungen in diesen Bereichen erfolgt sind.

Empfehlungen:

96. ECRI wiederholt, dass politische Parteien der Versuchung, Themen betreffend Asylwerber, Flüchtlinge, Zuwanderer von Ländern außerhalb der EU und Mitglieder anderer Minderheitengruppen in einem negativen Licht darzustellen, nicht nachgeben dürfen und statt dessen den positiven Beitrag verschiedener Minderheitengruppen zum gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben Österreichs betonen sollten. Politische Parteien sollten außerdem eindeutig gegen jede Form von Rassismus, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit Stellung beziehen. ECRI empfiehlt die Einführung einer jährlichen parlamentarischen Debatte zum Thema Rassismus und Intoleranz gegenüber Mitgliedern von Minderheitengruppen.

97. ECRI wiederholt ihre Forderung nach Annahme punktueller Maßnahmen, die sich speziell gegen rassistische und fremdenfeindliche Äußerungen durch Vertreter politischer Parteien richten und z.B. die Streichung staatlicher Finanzmittel für politische Parteien vorsehen, deren Mitglieder für rassistische oder diskriminierende Handlungen verantwortlich sind. ECRI weist die österreichischen Behörden in diesem Zusammenhang auf die relevanten Bestimmungen ihrer Grundsatzempfehlung Nr. 7 hin.

II. SPEZIFISCHE ANGELEGENHEITEN

Asylpolitik und Asylpraxis

98. ECRI bringt ihre Sorge über das negative Klima zum Ausdruck, das Asylwerber in Österreich vorfinden. Wie bereits in ihrem zweiten Bericht festgestellt, hängt diese Situation nach Meinung von ECRI eng damit zusammen, dass Asylfragen von den österreichischen Behörden konsequent nicht als Menschenrechtsangelegenheiten, sondern fast ausschließlich als Probleme von dringender Sicherheitsrelevanz dargestellt werden. Die im Bereich der Asylpolitik und Asylpraxis erfolgten Änderungen, die darauf abzielen, Asylwerber zunehmend von Österreich fern zu halten und vielfach auch in diesem Sinne gegenüber der Öffentlichkeit dargestellt werden, haben nach Meinung von ECRI ebenfalls zur Verschlechterung des Klimas für Asylwerber beigetragen. Wie bereits erwähnt[26], haben auch manche Medien, insbesondere Printmedien, dabei eine Rolle gespielt. ECRI stellt fest, dass bedauerlicherweise viele Politiker nichts unternommen haben, um die zunehmende Intoleranz in der öffentlichen Debatte, vielfach mit rassistischen und fremdenfeindlichen Untertönen, zu verhindern, ja sogar oft selbst dazu beigetragen haben. In öffentlichen Erklärungen von Politikern auf verschiedenen Ebenen werden Asylwerber immer wieder ausdrücklich oder indirekt als Wirtschaftsmigranten und als eine Bedrohung für die Sicherheit, die wirtschaftliche Stabilität und manchmal sogar für die Wahrung der nationalen Identität dargestellt. Verschiedene Gruppen von Asylwerbern werden zur Zielscheibe stigmatisierender Äußerungen und in groben Verallgemeinerungen mit kriminellen Aktivitäten in Verbindung gebracht. Die Unterstützung für internationale Rechtsinstrumente zum Schutz der Rechte von Asylwerbern wurde öffentlich in Frage gestellt. All diese Elemente haben nach Meinung von ECRI dazu geführt, dass die Unterstützung für Asylwerber in der Öffentlichkeit abgenommen hat, was wiederum die Annahme bzw. Fortsetzung einer Asylpolitik und einer Asylpraxis ermöglicht hat, deren Menschenrechtskonformität in verschiedenen Kreisen weitgehend in Frage gestellt worden ist.

99. In ihrem zweiten Bericht betonte ECRI, dass Asylwerber – selbst wenn ihre Anträge von den Behörden als nicht zu Recht bestehend eingestuft werden – nicht als Kriminelle behandelt werden sollten; dies sollte auch in allen für Asylwerber geltenden Maßnahmen zum Ausdruck kommen. ECRI äußerte sich mit besonderer Sorge über die Inhaftierung von Asylwerbern bis zur Entscheidung über ihren Antrag. ECRI hat Berichte erhalten, wonach in bestimmten Bundesländern das Mittel der Haft in letzter Zeit systematisch angewandt wird, um potentielle Antragsteller abzuschrecken. Besonders bedenklich ist die Praxis, Familien durch Inhaftierung des männlichen Erwachsenen und Unterbringung der Frau bzw. der Kinder in entfernt gelegenen Einrichtungen für Asylwerber zu trennen. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass der Menschenrechtsbeirat diesbezügliche Empfehlungen abgegeben hat und Berichten zufolge nun eine Verbesserung der Situation festzustellen ist. ECRI stellt weiters fest, dass das im November 2003 angenommene, novellierte Asylgesetz neue Bestimmungen bezüglich der Haftgründe für Asylwerber enthält, die seit Mai 2004 in Kraft sind. Zum selben Datum kam es auch zu einer Änderung des Aufnahmesystems für Asylwerber: diese werden nun zuerst in ein Erstaufnahmezentrum gebracht, in dem sie bis zur Entscheidung über die Zulässigkeit ihres Antrags verbleiben. Die österreichischen Behörden betonen, dass die Bewegungsfreiheit innerhalb und außerhalb dieser Zentren zur Gänze gewährleistet ist. ECRI stellt jedoch fest, dass Asylwerber trotzdem in Haft genommen werden können, wenn sie das Erstaufnahmezentrum ohne Genehmigung verlassen oder mehrfache Asylanträge stellen. Obwohl Berichten zufolge die Bedingungen in den Anhalteeinrichtungen für Asylwerber besser geworden sind, nimmt ECRI mit Sorge Berichte zur Kenntnis, wonach sich Mitarbeitern privater Sicherheitsunternehmen, die in diesen Einrichtungen tätig sind, verschiedener Verfehlungen und in einem Fall eines schweren Verbrechens schuldig gemacht haben.

100. ECRI begrüßt die Tatsache, dass seit einigen Jahren Minderjährige, die sich nicht in Begleitung Erwachsener befinden, vorübergehend in Einrichtungen untergebracht werden, wo sie sich erholen können und medizinische und psychologische Betreuung erhalten, während die Möglichkeiten einer geeigneten Unterkunft und einer weiteren Betreuung geprüft werden.

Empfehlungen:

101. ECRI stellt neuerlich fest, dass die Inhaftnahme von Asylwerbern nur als letzte Möglichkeit zur Anwendung kommen sollte, und empfiehlt den österreichischen Behörden, die in den neu errichteten Erstaufnahmezentren üblichen Praktiken zu beobachten, um sicher zu stellen, dass das durch Artikel 5 der EMRK geschützte Recht auf Freiheit und Sicherheit für alle voll und ganz gewährleistet ist. ECRI empfiehlt den Behörden, von der früheren Praxis der Trennung asylwerbender Familien Abstand zu nehmen. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden weiters, die Einhaltung entsprechender Standards und eine professionelle Versorgung in den Erstaufnahmezentren zu sichern. Schließlich empfiehlt ECRI den österreichischen Behörden, Minderjährigen, die sich nicht in Begleitung Erwachsener befinden, weiterhin besondere Unterstützung zukommen zu lassen und dafür zu sorgen, dass diese nicht in Erstaufnahmezentren untergebracht werden.
102. Wie bereits erwähnt, trat die im November 2003 beschlossene Novelle zum Asylgesetz im Mai 2004 in Kraft. ECRI stellt fest, dass einige der Änderungen der Beseitigung verschiedener praktischer Probleme dienen, andere hingegen zu einer Beschleunigung der Asylverfahren führen sollen und aus diesem Grund vom Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen, von Rechtswissenschaftlern und von nicht regierungsgebundenen Organisationen stark kritisiert wurden. So wird durch die Novelle in bestimmten Fällen die Aufenthaltsdauer für Asylwerber in Österreich während des Berufungsverfahrens begrenzt; weiters ist kein Verfahren für Anträge vorgesehen, die von aus der Schweiz und Liechtenstein kommenden Asylwerbern an der Grenze gestellt werden, und es besteht mit wenigen Ausnahmen ein Neuerungsverbot, d. h. es dürfen im Berufungsverfahren keine neuen Fakten vorgelegt werden. ECRI stellt fest, dass auf Ersuchen des Landes Oberösterreich der Verfassungsgerichtshof aufgefordert wurde, die Verfassungsmäßigkeit verschiedener Bestimmungen des neuen Gesetzes zu prüfen.

Empfehlungen:

103. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, dafür zu sorgen, dass das Recht, um Asyl anzusuchen, und der Grundsatz des Non-Refoulement in Österreich voll und ganz geachtet werden. Sie betont weiters, dass alle Bestimmungen, die die praktische Ausübung und den Genuss dieser Recht gefährden, aufgehoben werden sollten.
104. In ihrem zweiten Bericht empfahl ECRI den österreichischen Behörden, dafür Sorge zu tragen, dass Asylwerber nicht unversorgt bleiben, während sie die Prüfung ihres Asylantrags abwarten. Es hat sich zwar, wie im folgenden erwähnt, die Situation in diesem Bereich in letzter Zeit gebessert, aber ECRI ist der Meinung, dass die von der österreichischen Regierung bezüglich der Versorgung mittelloser Asylwerber verfolgte Politik seit der Erstellung des zweiten ECRI-Berichts hinsichtlich der Konformität mit internationalen Menschenrechtsnormen ein ernsthaftes Problem darstellt und dazu beigetragen hat, Asylwerber davon abzuhalten, ihren Antrag in Österreich zu stellen.

105. Bis vor kurzem kamen, wie bereits im zweiten ECRI-Bericht erwähnt, nur 20 – 30 % aller Asylwerber in Österreich in den Genuss der Bundesbetreuung, in deren Rahmen Unterbringung, Verpflegung und eine medizinische Grundversorgung bereitgestellt werden. Einige weitere Asylwerber erhielten Sozialhilfe von den Bundesländern, doch dies ist in den meisten Fällen eine Ermessenssache der Behörden. Dies bedeutete, dass die Mehrzahl der bedürftigen Asylwerber auf Unterstützung durch nicht regierungsgebundene Organisationen angewiesen war, deren Mittel jedoch begrenzt sind. ECRI stellt fest, dass infolge dieser Situation stets eine erhebliche Anzahl von Asylwerbern, darunter manchmal sogar schwangere Frauen und Kinder, obdachlos und unversorgt bleibt.

106. ECRI stellt fest, dass der Oberste Gerichtshof in zwei im Jahr 2003 ergangenen Urteilen den Rechtsanspruch bedürftiger Asylwerber auf Bundesbetreuung feststellte. Im ersten Urteil[27] wurde festgestellt, dass nicht regierungsgebundene Organisationen einen Anspruch auf Erstattung der durch die Unterstützung bedürftiger Asylwerber erwachsenen Kosten durch den Staat haben. Im Zusammenhang mit einem seit 1. Oktober 2002 gültigen Erlass des Innenministeriums, der Asylwerber bestimmter Nationalitäten von der Bundesbetreuung ausschloss, stellte das zweite Urteil[28] fest, dass der Anspruch auf Bundesbetreuung nicht von der Wahrscheinlichkeit einer positiven Erledigung des Asylantrags abhängig gemacht werden kann. Im Anschluss an diese Urteile wurde das Bundesbetreuungsgesetz novelliert. ECRI stellt jedoch fest, dass das novellierte Gesetz keinen einklagbaren Rechtsanspruch auf Bundesbetreuung für bedürftige Asylwerber vorsieht. Insbesondere ist festzustellen, dass bei der Beurteilung der Bedürftigkeit eines Asylwerbers auch die Unterstützung durch nicht regierungsgebundene Organisationen, einschließlich humanitärer Organisationen, berücksichtigt werden muss. Weiters stellt ECRI fest, dass für eine erhebliche Anzahl von Fällen Ausnahmen von der Bundesbetreuung vorgesehen sind: diese betreffen z.B. Asylwerber, die bei der Feststellung ihrer Identität oder ihrer Bedürftigkeit nicht kooperieren, die wegen einer Straftat verurteilt wurden, und die sich gegenüber ihren Mitbewohnern unzulässig verhalten. ECRI stellt fest, dass eine weitere Ausnahme, die Asylwerber betraf, deren Antrag nicht auf asylrelevanten Gründen beruhte, mit 1. Mai außer Kraft gesetzt wurde. Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Innenministeriums, Asylwerber aus der Bundesbetreuung auszuschließen, stehen diesen nicht zur Verfügung.

107. Seit Mai 2004 werden Asylwerber, deren Anträge für zulässig befunden wurden, von den Erstaufnahmezentren für die Zeit der Prüfung ihrer Anträge in eine andere Unterkunft verbracht. ECRI stellt fest, dass auf Grund einer kürzlich getroffenen Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern die Unterbringungskosten zu 60 % vom Bund getragen werden, während die Länder den Rest übernehmen. ECRI ist der Meinung, dass diese Vereinbarung zu einer Verbesserung der Situation bezüglich der Betreuung von Asylwerbern führen kann. Es liegen jedoch Berichte vor, wonach die für Asylwerber während der Antragsprüfung zur Verfügung stehenden Quartiere nicht ausreichend sind. ECRI stellt außerdem mit Sorge fest, dass das Innenministerium es den Bürgermeistern ausdrücklich freigestellt hat, die Bereitstellung von Quartieren für Asylwerber in ihren Gemeinden zu verweigern. Schließlich nimmt ECRI zur Kenntnis, dass Asylwerber seit Mai 2004 nach Ablauf von drei Monaten ab Antragstellung eine Arbeit aufnehmen dürfen, wobei sie jedoch dem Präferenzsystem unterliegen, welches allgemein bei der Beschäftigung von Nichtstaatsbürgern zur Anwendung kommt[29].

Empfehlungen:

108. ECRI fordert die österreichischen Behörden dringend auf, dafür Sorge zu tragen, dass kein Asylwerber unversorgt bleibt. Zu diesem Zweck empfiehlt sie den österreichischen Behörden, ein einklagbares Recht auf Bundesbetreuung für bedürftige Asylwerber vorzusehen. Weiters fordert ECRI die österreichischen Behörden dringend auf, für die Bereitstellung ausreichender Unterbringungsmöglichkeiten für Asylwerber während der Zeit der Antragsprüfung zu sorgen. ECRI ist der Meinung, dass es Bürgermeistern nicht gestattet sein sollte, ohne legitimen Grund die Einrichtung von Quartieren für Flüchtlinge in ihren Gemeinden abzulehnen.
109. Wie bereits erwähnt, stellt ECRI fest, dass die Debatte zu Asylfragen sowohl auf der politischen Ebene als auch in den Medien ausschließlich auf die negativen Aspekte, wie die Straftaten, die von einer kleinen Minderheit von Asylwerbern begangen werden, oder die angebliche von Asylwerbern ausgehende Bedrohung der wirtschaftlichen Stabilität, ausgerichtet zu sein scheint. ECRI stellt jedoch fest, dass es auch positive Aspekte der Asylpraxis in Österreich gibt, die im Rahmen der zur Zeit angewandten Kommunikationsstrategien völlig außer Acht gelassen werden. Als Beispiel ist darauf zu verweisen, dass nach den amtlichen Statistiken in den ersten drei Monaten des Jahres 2004 96 % der tschetschenischen Asylwerber als Flüchtlinge anerkannt wurden. Trotzdem werden Asylwerber aus Tschetschenien stigmatisiert und leiden unter Verallgemeinerungen, die vor allem in der Presse zu lesen sind, aber auch Aussagen auf höchster politischer Ebene prägen.

Empfehlungen:

110. ECRI empfiehlt den österreichischen Behörden, von Verallgemeinerungen und stigmatisierenden Bemerkungen zum Thema Asylwerber im Allgemeinen oder gegenüber spezifischen Gruppen von Asylwerbern Abstand zu nehmen. Außerdem wäre eine stärkere Betonung der positiven Aspekte der Asylpraxis in der Darstellung dieser Thematik gegenüber der Öffentlichkeit empfehlenswert.

BIBLIOGRAPHIE

Diese Bibliographie enthält eine List der wichtigsten veröffentlichten Quellen, die bei der Prüfung der Situation in Österreich herangezogen wurden. Es handelt sich jedoch nicht um eine erschöpfende Liste aller von ECRI bei der Erstellung des vorliegenden Berichts benutzten Informationsquellen.

1. CRI (2001) 3: Second report on Austria, European Commission against Racism and Intolerance, Council of Europe, April 2001

2. CRI (99) 7: Report on Austria, European Commission against Racism and Intolerance, Council of Europe, March 1999

3. CRI (96) 43: ECRI General Policy Recommendation n° 1: Combating racism, xenophobia, antisemitism and intolerance, European Commission against Racism and Intolerance, Council of Europe, October 1996

4. CRI (97) 36: ECRI General Policy Recommendation n° 2: Specialised bodies to combat racism, xenophobia, antisemitism and intolerance at national level, European Commission against Racism and Intolerance, Council of Europe, June 1997

5. CRI (98) 29: ECRI General Policy Recommendation n° 3: Combating racism and intolerance against Roma/Gypsies, European Commission against Racism and Intolerance, Council of Europe, March 1998

6. CRI (98) 30: ECRI General Policy Recommendation n° 4: National surveys on the experience and perception of discrimination and racism from the point of view of potential victims, European Commission against Racism and Intolerance, Council of Europe, March 1998

7. CRI (2000) 21: ECRI General Policy Recommendation n° 5: Combating intolerance and discrimination against Muslims, European Commission against Racism and Intolerance, Council of Europe, April 2000

8. CRI (2001) 1: ECRI General Policy Recommendation N° 6: Combating the dissemination of racist, xenophobic and antisemitic material via the Internet, European Commission against Racism and Intolerance, December 2000

9. CRI (2003) 8: ECRI General Policy Recommendation N°7: National legislation to combat racism and racial discrimination, European Commission against Racism and Intolerance, Council of Europe, February 2003

10. CRI (98) 80 rev: Legal measures to combat racism and intolerance in the member States of the Council of Europe, European Commission against Racism and Intolerance, Council of Europe, Strasbourg, 2000

11. Bericht des Menschenrechtsbeirates beim Bundesministerium für Inneres über seine Tätigkeit im Jahr 2003, Menschenrechtsbeirat, Bundesministerium für Inneres

12. Evaluierung 2003 – Bericht des Menschenrechtsbeirates zum Stand der Umsetzung seiner Empfehlung, Menschenrechtsbeirat, Bundesministerium für Inneres

13. Bericht des Menschenrechtsbeirats « Einsatz Polizeilicher Zwangsgewalt – Risikominimierung in Problemsituationen » – Fixierungsmethoden – Lagebedingter Erstickungstod, Menschenrechtsbeirat, Bundesministerium für Inneres

14. Bericht des Menschenrechtsbeirates zur Studie « Sprachgebrauch der Sicherheitsexekutive », Menschenrechtsbeirat, Geschäfsstelle Bundeministerium für Inneres

15. Zum Sprachgebrauch der österreichischen Sicherheitsexekutive – Eine diskursanalytische Untersuchung schriftlicher Beschwerden und des behördlichen Schriftverkehrs, Internationales Zentrum für Kulturen und Sprachen, Wien 2003

16. Stellungnahme des Menschenrechtsbeirates zu den Richtlinien des Bundesministeriums für Inneres für die Budesbetreuung hilfsbedürftiger Asylwerber einschließlich der Aufnahme in des « Notquartier », 28.01.2003

17. Verfassungs-schutzbericht 2002, Republik Österreich, Bundesministerium für Inneres (B.M.I.)

18. Report of the Austrian Ombudsman Board to the National Council and to the Federal Council covering the 2001 Calendar Year, Vienna, November 2002

19. ACFC/INF/OP/I(2002)009 : Advisory Committee on the Framework Convention for the Protection of National Minorities – Opinion on Austria, Council of Europe, 16 May 2002

20. European Committee of Social Rights: Conclusions XVI-1, Vol. 1, Chapter 1 – Conclusions concerning Articles 1, 5, 6, 12, 13, 16 and 19 of the European Social Charter in respect of Austria, Council of Europe, November 2002

21. CERD/C/60/CO/1: Concluding observations of the Committee on the Elimination of Racial Discrimination after consideration of Austria’s fourteenth periodic report, United Nations, 21 May 2002

22. CERD/C/SR.1501: Summary record of the 1501st meeting, 60th Session of the Committee on the Elimination of Racial Discrimination, consideration of Austria’s fourteenth periodic report, United Nations, 13 March 2002

23. CERD/C/SR.1502: Compte rendu analytique de la 1502e Séance, 60ème session du Comité pour l’élimination de la discrimination raciale, examen du quatorzième rapport périodique de l’Autriche, Nations Unies, 27 juin 2002

24. CERD/C/362/Add.7: Fourteenth periodic report of Austria submitted to the Committee on the Elimination of Racial Discrimination, United Nations, 11 April 2001

25. CERD A/54/18: Concluding observations of the Committee on the Elimination of Racial Discrimination after consideration of Austria’s 11th, 12th and 13th periodic reports, 1999

26. Report on the Situation of Fundamental Rights in Austria in 2003, E.U. Network of Independent Experts on Fundamental Rights, January 2004

27. Manifestations of Antisemitism in the EU 2002-2003 – Part on Austria, European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia (EUMC)

28. Anti-Islamic reactions in the EU after the terrorist acts against the USA: A collection of country reports from RAXEN National Focal Points 12th September to 31st December 2001 – Report on Austria, EUMC

29. Migrants, Minorities and Employment: Exclusion, Discrimination and Anti-Discrimination in 15 member States of the European Union, EUMC, October 2003

30. Racism and xenophobia in the EU Member States: trends, developments and good practice in 2002: Annual Report – Part 2, EUMC

31. Anti-discrimination Legislation in EU Member States: A comparison of national anti-discrimination legislation on the grounds of racial or ethnic origin, religion or belief with the Council Directives: Austria, EUMC, 2002

32. Executive Summary on race equality directive – State of play in Austria, Dieter Schindlauer, January 2004

33. Equal Voices Issue 10, EUMC, November 2002

34. Equal Voices Issue 12, EUMC, May 2003

35. U.S. Department of State Country Reports on Human Rights Practices 2003 – Austria, 25 February 2004

36. U.S. Department of State Country Reports on Human Rights Practices 2002 – Austria, 31 March 2003

37. Amnesty International Report 2004 covering events from January-December 2003 – Austria

38. Amnesty International Report 2003 covering events from January-December 2002 – Austria

39. Amnesty International Report 2002 covering events from January-December 2001 – Austria

40. Austria: Death in police custody, Amnesty International Worldwide Appeals for November 2003

41. International Helsinki Federation Annual Report on Human Rights in the OSCE Region – Events of 2002: Austria, 24 June 2003

42. International Helsinki Federation Annual Report on Human Rights in the OSCE Region – Events of 2001: Austria, 2002

43. EU and US approaches to the management of immigration – Austria, Migration Policy Group, May 2003

44. Rassismus Report 2003 – Einzelfall-Bericht über rassistische Übergriffe und Strukturen in Österreich, Schwerpunkt-Thema: Recht & Rassismus, Zivilcourage und Anti-Rassismus Arbeit (ZARA)

45. Racism Report 2002 – Case Report on Racist Incidents and Structures in Austria – Focus: civil courage, Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit (ZARA)

46. Roma Policies in Austria, the European Union and Beyond, Gerhard Baumgartner and Florian Freund, Cultural Association of Austrian Roma, Parliamentary Group of the Party of European Socialists at the European Parliament

47. Forum gegen Antisemitismus Newsletter – various issues

48. European Race Bulletins Nos 39 (January 2002) and 42 (December 2002), Institute of Race Relations

___________

[1] siehe: Beschäftigung
[2] siehe: Aufnahme und Status von Nichtstaatsbürgern
[3] Bundesgesetzblatt Nr. 390/1973. Artikel 1.1 des Gesetzes besagt, dass Gesetzgebung und Vollziehung jede Unterscheidung aus dem alleinigen Grund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung oder der nationalen oder ethnischen Herkunft zu unterlassen haben. Artikel 1.2 stellt klar, dass diese Bestimmung nicht daran hindert, österreichischen Staatsbürgern besondere Rechte einzuräumen oder besondere Verpflichtungen aufzuerlegen, soweit dies dem Art. 14 der EMRK nicht entgegensteht.
[4] VfSlg. 15.668/1999; Entscheidung vom 25. November 2002, B792/02
[5] CRI (2003) 8
[6] § 283.1 stellt die Anstiftung zu einer feindseligen Handlung gegen eine im Inland bestehende Kirche oder Religionsgesellschaft oder gegen eine durch ihre Zugehörigkeit zu einer solchen Kirche oder Religionsgesellschaft, zu einer Rasse, zu einem Volk, einem Volksstamm oder einem Staat bestimmte Gruppe unter Strafe. Laut § 283.2 ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine derartige Gruppe hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht.
[7] § 115 des Strafgesetzbuchs stellt die öffentliche Beschimpfung, Verspottung oder Androhung einer Misshandlung unter Strafe. Laut ³ 117 (Abs. 3) ist der Täter wegen einer im § 115 mit Strafe bedrohten Handlung mit Ermächtigung des Verletzten vom öffentlichen Ankläger zu verfolgen, wenn sich die Tat gegen den Verletzten wegen seiner Zugehörigkeit zu einer der im § 283 Abs. 1 bezeichneten Gruppen richtet und entweder in einer Misshandlung oder Bedrohung mit einer Misshandlung oder in einer die Menschenwürde verletzenden Beschimpfung oder Verspottung besteht.
[8] Die sowohl vom Opfer als auch vom Staatsanwalt eingebrachte Berufung wurde in zweiter Instanz zurückgewiesen. Der Oberste Gerichtshof befand die Entscheidung später als gesetzeswidrig, konnte das Urteil aber aus technischen Gründen nicht aufheben.
[9] Nach Artikel IX (1) 3 des EGVG ist zu bestrafen, wer Personen allein auf Grund ihrer Rasse, Hautfarbe, nationalen oder ethnischen Herkunft, Religion oder Behinderung ungerechtfertigt benachteiligt oder sie hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind.
[10] § 87 der Gewerbeordnung führt Diskriminierung auf Grund von Rasse, Hautfarbe, nationaler oder ethnischer Herkunft, Religion oder Behinderung als Umstände an, auf deren Grundlage dem Täter die Gewerbeberechtigung zu entziehen ist.
[11] Richtlinie 2000/43/EG des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft
[12] Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf
[13] Siehe: Spezialisierte Organe und andere Institutionen
[14] Siehe: Beobachtung der Situation
[15] CRI (97) 36: Grundsatzempfehlung Nr. 2: Spezialisierte Organe zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz auf nationaler Ebene.
[16] Siehe: Beschäftigung
[17] Zwischen 1. Jänner und 31. Dezember 2003 wurden 75.170 Personen entweder auf Grund einer gesetzlichen Ausnahmebestimmung oder auf Grund bereits vorhandener, ausreichender Deutschkenntnisse vom Kursbesuch befreit. 9.114 Personen mussten eine Prüfung in Deutsch ablegen. Von diesen hatten 951 bis Jahresende eine Prüfung abgelegt (833 nach Besuch eines „Integrationsvertrags“-Kurses, 118 nach anderer Vorbereitung), während die übrigen 8.163 erst zur Prüfung antreten müssen oder mit den gesetzlich vorgesehenen Sanktionen belegt werden.
[18] Siehe: Aufnahme und Status von Nichtstaatsbürgern
[19] Aufnahme und Status von Nichtstaatsbürgern
[20] Siehe: Verhalten von Beamten des Gesetzesvollzugs, Medien, Ausnutzung rassistischer und fremdenfeindlicher Strömungen für politische Zwecke, und Asylpolitik und -praxis
[21] CRI (2000) 21: ECRI-Grundsatzempfehlung Nr. 5: Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung gegenüber Muslimen, Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz
[22] CRI (98) 29: ECRI-Grundsatzempfehlung Nr. 3: Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz gegenüber Roma/Sinti, Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz
[23] Das Bundesministerium für Inneres veröffentlicht in ihrem jährlichen Verfassungsschutzbericht unter dem Titel „Rechtsextremismus“ Daten über Antisemitismus.
[24] Der Erlass betreffend das Eingreifen staatlicher Sicherheitskräfte besagt, dass Polizeibeamte und Gendarmen „sich aller Handlungen zu enthalten haben, die den Eindruck eines Vorurteils erwecken oder als Diskriminierung empfunden werden könnten“ unter anderem auf Grund von Rasse, Hautfarbe, nationaler oder ethnischer Herkunft und Religion.
[25] Siehe unten
[26] Siehe: Medien
[27] OGH, 1 Ob 272/02k, Urteil vom 24. Februar 2003
[28] 9 Ob 71/03m, Urteil vom 27. August 2003
[29] Siehe: Aufnahme und Status von Nichtstaatsbürgern

Zuletzt aktualisiert am September 19, 2021 von eurogesetze

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