ECRI-BERICHT ÜBER DEUTSCHLAND (vierte Prüfungsrunde)
Verabschiedet am 19. Dezember 2008
Veröffentlicht am 26. Mai 2009
Vorwort
Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) wurde vom Europarat ins Leben gerufen. Sie ist ein unabhängiges Gremium, das über die Einhaltung der Menschenrechte wacht, wenn es um Fragen von Rassismus und Intoleranz geht. Die Mitglieder der Kommission sind unabhängig und unparteiisch. Sie werden aufgrund ihrer moralischen Autorität und ihres anerkannten Sachverstands in Fragen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz ernannt.
Im Rahmen ihres satzungsgemäßen Auftrags erstellt ECRI Länderberichte, die in jedem Mitgliedsstaat die Situation in Sachen Rassismus und Intoleranz untersuchen und Anregungen und Empfehlungen für geeignete Schritte zur Lösung der festgestellten Probleme enthalten.
Bei diesen Länderberichten werden alle Mitgliedsstaaten des Europarats gleich behandelt. Prüfungsrunden dieser Art finden alle 5 Jahre statt; jedes Jahr kommen 9 – 10 Länder dran. Die erste Berichtsrunde wurde 1998 abgeschlossen, die zweite Ende 2002 und die dritte Ende 2007. Die Arbeit an der vierten Berichtsrunde begann im Januar 2008.
Die Arbeitsmethode besteht in der Durchsicht schriftlicher Unterlagen, einem Kontaktbesuch in dem betreffenden Land und einem anschließenden vertraulichen Gespräch mit den Staatsbehörden.
Die ECRI-Berichte sind nicht das Ergebnis von Auskunftsersuchen oder Zeugenbefragungen. Ihre Feststellungen beruhen auf einer Vielzahl von Informationen aus den verschiedensten Quellen. Zahlreiche nationale und internationale schriftliche Quellen werden gesichtet. Die Besuche vor Ort ermöglichen direkte Gespräche mit den betroffenen (staatlichen und nichtstaatlichen) Stellen, um ein genaueres Bild zu bekommen. Die Praxis vertraulicher Gespräche mit den Staatsbehörden gestattet es diesen, notfalls Bemerkungen zum Berichtsentwurf einzureichen, um etwaige Irrtümer tatsächlicher Art im Bericht zu berichtigen. Zum Abschluss der Gespräche steht es den Staatsbehörden frei zu verlangen, dass ihr Standpunkt dem Schlussbericht von ECRI als Anhang beigeheftet wird.
Die vierte Runde der Länderberichte konzentriert sich auf die Umsetzung der Empfehlungen und die Bewertung des inzwischen Veranlassten. Untersucht wird, wie weit in früheren Berichten enthaltene wesentliche Empfehlungen von ECRI weiterverfolgt wurden; hinzukommt eine Bewertung der eingeleiteten Politik und der getroffenen Maßnahmen. Diese Berichte umfassen ferner eine Untersuchung neuerer Entwicklungen in dem betreffenden Land.
Beschleunigte Umsetzung wird für eine Anzahl besonderer Empfehlungen gefordert, die aus den Empfehlungen des jüngsten Berichts der vierten Runde ausgewählt wurden. Spätestens in zwei Jahren nach Veröffentlichung des vorliegenden Berichts wird ECRI ein Verfahren zur vorläufigen Weiterverfolgung dieser besonderen Empfehlungen einleiten.
Der folgende Bericht wurde von ECRI in voller Eigenverantwortung erstellt. Er erstreckt sich auf die Situation, wie sie am 19. Dezember 2008 bestand. Nach diesem Zeitpunkt erfolgte Entwicklungen sind von der folgenden Untersuchung nicht erfasst und folglich auch bei den Schlussfolgerungen und Vorschlägen von ECRI nicht berücksichtigt.
ZUSAMMENFASSUNG
Seit der Veröffentlichung der dritten ECRI-Berichts über Deutschland am 8. Juni 2004 sind Fortschritte in mehreren in dem Bericht angesprochenen Problembereichen zu verzeichnen.
Das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) trat am 18. August 2006 in Kraft. Sein Ziel ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder sexueller Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Der Schutz des AGG erstreckt sich auf Benachteiligung aus all den genannten Gründen im zahlreichen Bereichen des bürgerlichen Rechts sowie auf Beschäftigung im öffentlichen Sektor. Das Gesetz legt dar, auf welche Weise Opfer von Benachteiligung ihre Rechte geltend machen können, und sieht eine Antidiskriminierungsstelle des Bundes vor, deren Aufgabe es ist, einzelne Beschwerdefälle zu untersuchen, das entsprechende Bewusstsein der Öffentlichkeit zu wecken, Maßnahmen zur Verhütung von Diskriminierung zu ergreifen sowie wissenschaftliche Untersuchungen zu den genannten Benachteiligungen durchzuführen.
Im Strafrecht waren die Behörden bei der Untersuchung und Verfolgung von Mitgliedern von Neonazi-Gruppen aktiv. § 130 StGB wurde im März 2006 verschärft und auf rassistische Äußerungen bei öffentlichen Veranstaltungen ausgedehnt. Dank dieser Ergänzung ist die Zahl von Demonstrationen neonazistischer Organisationen laut Bericht 2007 zurückgegangen. Auch § 129 StGB wurde anlässlich der Verurteilung einer rechtsextremistischen Musikgruppe erfolgreich angewandt. Erfolge wurden ferner erzielt im Kampf gegen rassistische, fremdenfeindliche oder antisemitische Bekundungen im Internet.
Die deutschen Behörden verurteilen regelmäßig antisemitische Straftaten, verfolgen die Täter und bringen sie, wenn möglich, vor Gericht. Gleichzeitig werden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um für die Vergangenheit Sühne zu leisten und das Gedächtnis an die Opfer des Holocaust wach zu halten. ECRI begrüßt das Bemühen der Behörden, alle Formen von Antisemitismus anzuprangern und zu bekämpfen sowie jüdische Kultur in Deutschland zu unterstützen, auch wenn derzeit offenbar eine Zunahme antisemitischer Straftaten in Deutschland festzustellen ist, weshalb zur Umkehrung des Trends noch stärkere Anstrengungen erforderlich sein dürften.
Von der Verfolgung einzelner Straftaten abgesehen haben die Behörden ein ganzes Bündel von Maßnahmen ergriffen, um rechtsextreme, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten zu bekämpfen. Dazu zählen Hilfen für die Opfer, Beistand, um Straftätern zu helfen, aus dem rechtsradikalen Milieu auszubrechen, sowie Bemühungen, junge Leute von rechtsextremer Betätigung abzuhalten. Auch die Polizei spielt mittlerweile eine aktivere Rolle bei der Verhütung rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Delikte. Auch örtliche Initiativen werden weiterhin bezuschusst, wenn auch manche nur kurzfristig. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts wird auch über die Möglichkeit diskutiert, rassistische Beweggründe als erschwerende Umstände in § 46 StGB einzufügen.
In den letzten Jahren haben die Behörden Deutschland ausdrücklich als Einwanderungsland anerkannt und damit begonnen, sich intensiver auf Integration zu konzentrieren, um Einwanderern die Beherrschung der deutschen Sprache zu erleichtern und sie zu ermutigen, voll am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Der neue Nationale Integrationsplan sieht als wichtigste Maßnahme Integrationskurse für erwachsene Einwanderer vor, die in erster Linie auf das Erlernen der deutschen Sprache abstellen. Wer solche Integrationskurse erfolgreich mitgemacht hat, kann früher als andere Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Der Nationale Integrationsplan umfasst auch Maßnahmen auf anderen Gebieten, etwa Bemühungen zur Förderung innovativer Fernsehprogramme, die auf Integration abstellen.
Die deutschen Behörden haben zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um Ungleichheiten oder Benachteiligungen im Bildungs- und Beschäftigungsbereich abzubauen. Dazu zählen Bemühungen zur Förderung und Unterstützung der Sprachkompetenz von frühester Kindheit an, weil darin der Schlüssel zum späteren Schulerfolg gesehen wird. Gleichzeitig bilden vorbeugende Maßnahmen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft den Schwerpunkt des Programms „XENOS – Integration und Vielfalt“, das von 2007 bis 2013 laufen soll.
Was die Situation von Minderheitsgruppen angeht, symbolisiert die Gründung der Deutschen Islamkonferenz einen bedeutsamen Sinneswandel. Zweck der Konferenz ist es, konstruktive und alle einschließende Formen von Gemeinschaft zu fördern und eine bessere Integration der Muslime in Deutschland sicherzustellen. Man möchte zeigen, dass Muslime Teile der deutschen Gesellschaft geworden sind, der Abkapselung der Muslime in Deutschland entgegentreten und Islamismus und Extremismus verhindern. 2008 wurde die Wahl eines türkischstämmigen Deutschen in die Führung einer deutschen politischen Partei ebenfalls als symbolhaftes Ereignis begrüßt. Der Staat hat ferner begrüßenswerte Schritte unternommen, um auch offiziell das Leiden der Roma und Sinti während des Holocaust anzuerkennen.
Seit dem dritten ECRI-Bericht wurden Vorschriften erlassen, die es möglich machten, dass Personen, die schon etliche Jahre mit Duldungsstatus in Deutschland lebten, probeweise Aufenthaltserlaubnis erlangen. Anerkannte Flüchtlinge dürfen ihren Wohnsitz mittlerweile frei wählen.
ECRI begrüßt diese positiven Entwicklungen in Deutschland. Trotz der erzielten Fortschritte geben jedoch einige Probleme weiterhin Anlass zur Sorge.
Auch nach dem dritten ECRI-Bericht waren Asylbewerber, Juden, Schwarze und Roma und Sinti weiterhin Zielscheibe rassistisch, fremdenfeindlich oder antisemitisch motivierter Gewalttaten. ECRI ist darüber beunruhigt, dass infolge der zur Zeit in Deutschland vorherrschenden engen Auffassung von Rassismus rassistisch motivierte Straftaten vermutlich nicht immer als solche untersucht und verfolgt werden, es sei denn, die Übeltäter seien deutlich erkennbar Mitglieder rechtsextremer Gruppen oder Sympathisanten solcher Gruppen. Das Fehlen einer eindeutigen Bestimmung im Strafgesetzbuch, der zufolge rassistische Beweggründe straferschwerend zu werten sind, mag vermutlich auch dazu beitragen. Hinzukommt, dass es kein unabhängiges Untersuchungsverfahren im Fall von Beschwerden gegen polizeiliches Fehlverhalten gibt. Dies mag dazu führen, dass vermehrt über einen möglichen rassistischen Zusammenhang spekuliert wird, wenn Angehörige äußerlich erkennbarer Minderheiten im Polizeigewahrsam ums Leben kommen.
Der Erfolg gewisser Parteien, die rassistische, antisemitische oder revisionistische Ansichten erkennen ließen, bei Kommunal- und Landtagswahlen ist beunruhigend. Der Zulauf zu solchen Parteien hat in den letzten Jahren zugenommen. Zugleich kommt es trotz der beträchtlichen Bemühungen der Behörden, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu bekämpfen und gesellschaftliche Toleranz zu fördern, immer wieder zu Fällen von Volksverhetzung einschließlich rassistischer Propaganda im Internet. Weder die weite Verbreitung rassistischer Äußerungen im Internet noch die Anzahl von Neonazis und sonstigen Rechtsextremisten sind nennenswert zurückgegangen.
Wenn auch die Verabschiedung des AGG als positiver Schritt zu begrüßen ist, der es den Opfern von Diskriminierung ermöglicht, ihre Rechte in Deutschland gerichtlich geltend zu machen, so dürften doch einige Aspekte des AGG, insbesondere seine Anwendung im Wohnungswesen, noch Raum für Verbesserungen lassen. Das AGG ist nach wie vor unter den möglichen Opfern weithin unbekannt, und die Zweimonatsfrist zur Einreichung einer Beschwerde dürfte zu kurz bemessen sein. Dieses Problem wird noch durch die begrenzte Rolle, die das Gesetz den Nichtregierungsorganisationen einräumt, verstärkt. Gleichzeitig herrscht der Eindruck vor, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes den Opfern zu ferne steht und es ihr an Verständnis für deren Sichtweise mangelt. Da sie nur relativ wenig Personal und jährliche Haushaltsmittel hat, dürfte sie sich momentan noch schwer tun, ihren gesetzlichen Aufgaben nachzukommen.
Im Alltag haben Kinder mit Migrationshintergrund nach wie vor geringere Erfolgschancen im Schulsystem als andere Kinder. Es heißt sogar, dass manche Lehrer sich im Unterricht diskriminierend verhalten, besonders gegenüber türkischen und muslimischen Kindern. Dies ist besonders Besorgnis erregend, weil gerade die Lehrer in Deutschland eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, die Schüler auf die verschiedenen Schultypen im Sekundarschulwesen hinzuführen. Gleichzeitig finden Einwanderer wesentlich schwerer einen Arbeitsplatz als gebürtige Deutsche, und äußere Unterschiede gelten als bedeutsamer Faktor für Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Im Wohnungswesen ist viel die Rede von diskriminierendem Verhalten von Vermietern und Immobilienverwaltern. Untersuchungen belegen, dass Ausländer auf diesem Sektor benachteiligt werden und in manchen Fällen sozusagen in Ghettos abgedrängt werden.
Muslime, Türken, Schwarze und Roma und Sinti klagen über Benachteiligung im Alltag. Was die Ausübung des muslimischen Glaubens angeht, kommt es oft zum Streit um den Bau von Moscheen. Muslimische Frauen beklagen sich, dass es ihnen, wenn sie ein Kopftuch tragen wollen, auch im Privatsektor immer schwerer wird, Arbeit zu finden, seitdem einige Länder in allen oder in einigen Sparten des öffentlichen Sektors ein Kopftuchverbot erlassen haben. Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 führen Muslime auch darüber Klage, dass sie vermehrt mit Kriminellen und ganz besonders mit Terroristen in einen Topf geworfen werden. Gleichzeitig werden Schwarze besonders oft zur Zielscheibe rassistischer Angriffe. Schwarze berichten von sogenannten “No go-Gebieten” in einigen Ländern, in die sie ungern allein hineingehen oder die sie überhaupt nicht zu betreten wagen.
Obwohl seit dem dritten ECRI-Bericht bedeutende Verbesserungen im Asylverfahren vorgenommen wurden, bestehen nach wie vor gewisse Probleme beim beschleunigten Verfahren auf Flughäfen. ECRI sorgt sich auch darüber, dass manchen Personen der Flüchtlingsstatus vorzeitig aberkannt werden könnte und dass Asylbewerber unter besonders harten Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit zu leiden haben könnten.
Was die Integrationskurse anbetrifft, sieht der Nationale Integrationsplan hierfür beträchtliche Mittel vor. ECRI ist allerdings beunruhigt, dass die Möglichkeit, Sanktionen gegen Personen zu verhängen, die zum Besuch von Integrationskursen verpflichtet waren, diese aber nicht regelmäßig besuchten, diese unnötig an den Pranger stellen könnten. ECRI ist auch der Ansicht, dass derartige Sanktionen die Rechte des Einzelnen beeinträchtigen könnten, sofern sie dazu führen, dass ihnen die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt wird oder dass ihnen Sozialhilfen gekürzt werden. Zwar ist die Einführung eines einheitlichen, landesweiten und transparenten Einbürgerungstests als deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen Situation anzusehen, doch stellt die Einführung eines solchen Tests eine zusätzliche Hürde für diejenige, die deutsche Staatsbürger werden wollen, dar. Einige Nichtregierungsorganisationen erblicken darin einen versteckten Hinweis, dass man die Leute eher heraushalten als eingemeinden möchte. ECRI zeigt sich auch besorgt darüber, dass manche Ausländer vom Antrag auf Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft durch das Erfordernis, in diesem Fall die bisherige Staatsbürgerschaft aufzugeben, abgeschreckt werden, was natürlich zur Folge hat, dass sie dann auch von aktiver Teilnahme am deutschen politischen Leben abgehalten werden.
Im vorliegenden Bericht empfiehlt ECRI den deutschen Behörden, auf etlichen Gebieten noch mehr zu tun. In diesem Zusammenhang gibt ECRI eine Reihe von Empfehlungen, unter anderem die folgenden :
ECRI legt den deutschen Behörden dringend nahe, rassistische Beweggründe bei der Begehung gewöhnlicher Straftaten im Strafrecht als erschwerenden Umstand zu verankern. Weiter empfiehlt ECRI den deutschen Behörden, sich verstärkt um die Ausbildung von Polizeibeamten, Staatsanwälten und Richtern in Fragen der Anwendung von Strafrechtsbestimmungen gegen Rassismus und rassische Diskriminierung zu bemühen.
ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, die Auswirkungen des AGG bei der Verhütung und Ahndung von Benachteiligungsfällen zu beobachten und das Gesetz notfalls entsprechend zu ergänzen. ECRI empfiehlt den Behörden ferner, dafür Sorge zu tragen, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes genügend Mittel erhält, um ihre gegenwärtigen und etwaigen künftigen Aufgaben wahrzunehmen.
ECRI legt den deutschen Behörden dringend nahe, mehr zu tun um sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit und besonders die möglicherweise von Benachteiligung betroffenen Kreise auch tatsächlich Kenntnis von den nunmehr bestehenden gesetzlichen Bestimmungen gegen rassische Diskriminierung erlangen. Zu diesem Zweck empfiehlt ECRI den Behörden, eine diesbezügliche Kampagne zu starten, um insbesondere mögliche Opfer rassischer Diskriminierung über die Existenz und das Ausmaß des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und das Verfahren, ihre Rechte hieraus gerichtlich geltend zu machen, aufzuklären.*
Unter Berücksichtigung des Umstands, dass derzeit in Deutschland nicht unmittelbar daran gedacht wird, das gegliederte Sekundarschulwesen aufzugeben, empfiehlt ECRI den deutschen Behörden, dringend Fortbildungsprogramme für alle Lehrer vorzusehen, um sie instand zu setzen, nach Abschluss der Grundschule die Eignung ihrer Schüler für die weitere schulische Laufbahn objektiv zu beurteilen und sicherzustellen, dass Schüler nicht ohne zwingenden Grund in die niedrigeren Schultypen geleitet werden.*
ECRI legt den deutschen Behörden dringend ans Herz, sich weiterhin verstärkt darum zu bemühen, dass Kinder im Schulsystem nicht deshalb benachteiligt werden, weil sie im Deutschen noch nicht so gut sind. Den Behörden wird empfohlen, Fortbildungsprogramme für Lehrer und sonstiges Schulpersonal anzubieten, um ihnen zu helfen, mit immer heterogener werdenden Klassen zurecht zu kommen.
ECRI legt den deutschen Behörden dringend nahe, im Rahmen ihrer dauerhaften Bemühungen zur Bekämpfung von Rassismus am Arbeitsplatz eine Kampagne zur Weckung des Problembewusstseins zu starten, um insbesondere die Einstellung von Arbeitgebern gegenüber Personen mit Migrationshintergrund zu ändern. Eine solche Kampagne sollte die Arbeitgeber nicht nur auf ihre Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten nach dem neuen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), sondern auch auf die Vorteile verschiedenartiger Arbeitskräfte am Arbeitsplatz hinweisen. Die Kampagne könnte Teil einer regelmäßigen Reihe solcher Kampagnen werden.*
ECRI bestärkt die deutschen Behörden in ihren Bemühungen, Vereinigungen zu verbieten, die sich in rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Weise betätigen und entsprechende Propaganda betreiben, verstärkt für die Unterbindung rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Handlungen im Internet zu sorgen und Maßnahmen mit dem Ziel zu ergreifen, die Medien in den Stand zu versetzen, besser auf die Vielfalt der heutigen deutschen Gesellschaft einzugehen.
ECRI erlässt eine Reihe von Empfehlungen zur Unterstützung des Kampfes gegen rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Übergriffe und legt den deutschen Behörden nahe, hierbei mit ihren Bemühungen um einen umfassenderen Ansatz fortzufahren.
Was Minderheitsgruppen angeht, legt ECRI den deutschen Behörden dringend nahe, sich verstärkt um die wirksame Eindämmung und Verhütung von Rassismus und Diskriminierung gegenüber Muslimen in Deutschland zu bemühen. ECRI empfiehlt auch weitere Schritte, um die Lage der Roma und Sinti in Deutschland in Absprache mit Vertretern dieser Gemeinschaft zu verbessern. Ferner formuliert ECRI eine Reihe von Empfehlungen zur Situation von Asylbewerbern.
ECRI bestärkt die deutschen Behörden mit Nachdruck in ihren Bemühungen, Einwanderern zu helfen, Deutsch zu lernen, und empfiehlt den Behörden, weiterhin auch andere Gesichtspunkte des Nationalen Integrationsplans zu entwickeln, etwa Programme, um deutschen Bürgern zu helfen, die Vielfalt der heutigen deutschen Gesellschaft positiver zu sehen.
ECRI wiederholt die Aufforderung, ein unabhängiges Untersuchungsverfahren für Fälle behaupteten polizeilichen Fehlverhaltens vorzusehen und notfalls dafür zu sorgen, dass die Beschuldigten sich vor der Justiz zu verantworten haben.
FESTSTELLUNGEN UND EMPFEHLUNGEN
I. Existenz und Anwendung rechtlicher Bestimmungen
Internationale Rechtstexte
1. Im dritten Bericht empfahl ECRI Deutschland, sobald als möglich Protokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu ratifizieren.
2. Deutschland hat Protokoll Nr. 12 zur EMRK noch nicht ratifiziert. Die Behörden haben darauf hingewiesen, dass Diskriminierung in Übereinstimmung mit Art. 3 des Grundgesetzes (der Verfassung) und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006 ohnehin nach deutschem Recht untersagt sei, weshalb eine Ratifizierung an der Rechtslage nichts ändern würde. Die Einbeziehung des Merkmals der nationalen Herkunft in Protokoll Nr. 12 dürfte allerdings nicht der in Deutschland bestehenden Situation entsprechen. Die Behörden haben zu verstehen gegeben, dass sie zu dieser Frage erst die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Fällen anderer Mitgliedsstaaten abwarten möchten, ehe sie die Ratifizierung einleiten. ECRI ruft in Erinnerung, dass Protokoll Nr. 12 im Kampf gegen rassische Diskriminierung einen der bedeutsamsten internationalen Rechtstexte darstellt, weshalb seine Ratifizierung ein auf nationaler Ebene wirksames Vorgehen gegen dieses Phänomen ermöglichen würde.
3. ECRI bittet Deutschland dringend, Protokoll Nr. 12 zur EMRK zu ratifizieren.
4. Im dritten Bericht empfahl ECRI Deutschland auch, das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Datennetzkriminalität sowie das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit zu ratifizieren. ECRI forderte Deutschland auf, die Revidierte Europäische Sozialcharta, das Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben sowie das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen zu unterzeichnen und zu ratifizieren.
5. ECRI begrüßt die am 11. Mai 2005 erfolgte Ratifizierung des Europäischen Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit durch Deutschland, das für Deutschland am 1. September 2005 in Kraft getreten ist.
6. Deutschland hat die Revidierte Europäische Sozialcharta am 29. Juni 2007 unterzeichnet. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat das förmliche Prüfungsverfahren als Ratifizierungsvoraussetzung eingeleitet. Die Ratifizierung soll zu einem späteren Zeitpunkt nach einem umfassenden inhaltlichen Koordinierungsprozess mit allen in Frage kommenden staatlichen Stellen erfolgen. Deutschland hat ferner das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Datennetzkriminalität, das Bekundungen rassistischer oder fremdenfeindlicher Art in Computersystemen unter Strafe stellt, unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Die Behörden haben mitgeteilt, dass das deutsche Recht ihrer Ansicht nach bereits im Einklang mit seinen Bestimmungen steht, und dass sie vorhaben, das Protokoll gleichzeitig mit der Umsetzung der EU-Rahmenrichtlinie zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Äußerungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art zu ratifizieren.
7. Keinerlei Schritte wurden unternommen, um das Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben zu unterzeichnen. Den Angaben der Behörden zufolge ist auch nicht daran gedacht, dieses Übereinkommen in nächster Zeit zu unterzeichnen. Desgleichen sind keine Fortschritte zu verzeichnen im Hinblick auf die Unterzeichnung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen. ECRI betont, dass diese beiden Übereinkommeneinen einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen Rassismus und rassische Diskriminierung darstellen.
8. ECRI bittet Deutschland inständig, sobald als möglich sowohl die Revidierte Europäische Sozialcharta als auch das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Datennetzkriminalität, mit dem Handlungen rassistischer oder fremdenfeindlicher Art im Rahmen von Computersystemen unter Strafe gestellt werden, zu ratifizieren.
9. ECRI wiederholt die Aufforderung an Deutschland, das Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben zu unterzeichnen und zu ratifizieren. ECRI unterstreicht auch erneut die Empfehlung an Deutschland, das Internationale Übereinkommen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen zu unterzeichnen und zu ratifizieren.
Staatsangehörigkeitsrecht
10. Mit dem 1. Januar 2000 wurde das jus soli insoweit im deutschen Recht eingeführt, als von diesem Zeitpunkt an in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern automatisch Deutsche wurden, vorausgesetzt, dass ein Elternteil mindestens 8 Jahre lang legal in Deutschland gelebt hatte und dauerhaft aufenthaltsberechtigt war. In solchen Fällen muss das Kind sich jedoch vor Erreichung des 23. Lebensjahrs für die deutsche Staatsbürgerschaft oder die der Eltern entscheiden. In Fällen, in denen Ausländer ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufgeben dürfen oder dies nur unter großen Schwierigkeiten tun könnten, brauchen sie jedoch nicht auf die bisherige Staatsangehörigkeit zu verzichten, wenn sie Deutsche werden wollen.
11. Im dritten Bericht bestärkte ECRI die deutschen Behörden in ihrem Bemühen, langfristig in Deutschland ansässigen Ausländern und in Deutschland geborenen Personen den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft zu erleichtern. ECRI empfahl den deutschen Behörden, weiterhin in der Öffentlichkeit die Möglichkeit einer flexibleren Handhabung des Problems der doppelten Staatsbürgerschaft zu erörtern und die Einbürgerungspraxis genauer unter die Lupe zu nehmen, um notfalls einer besonders engen Auslegung der Einbürgerungsvoraussetzungen oder direkter oder indirekter Diskriminierung auf Grund von Rasse, Hautfarbe, Religion, Nationalität oder ethnischer Herkunft entgegenzutreten.
12. Seit dem dritten ECRI-Bericht wurde das Staatsangehörigkeitsgesetz abermals vor allem im Hinblick auf die Einbürgerung von schon länger im Land lebenden Ausländern geändert. Mit Inkraftreten der jüngsten Novelle am 28. August 2007 brauchen EU-Bürger und Schweizer nicht länger auf ihre bisherige Staatsangehörigkeit zu verzichten, wenn sie Deutsche werden wollen. Dieser Personenkreis muss künftig vor Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft nicht mehr die Genehmigung zur Beibehaltung der bisherigen Staatsbürgerschaft einholen, falls die Beibehaltung gewünscht wird. Deutsche verlieren ebenfalls nicht mehr ihre deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Staates oder der Schweiz annehmen wollen.
13. Diese Erleichterungen gelten allerdings nicht für Angehörige anderer als der EU-Staaten und der Schweiz. ECRI ist beunruhigt, dass zahlreiche Ausländer, die an sich die Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erfüllen, durch das Erfordernis des Verzichts auf die bisherige Staatsangehörigkeit von einem Antrag abgehalten werden mit der Folge, dass ihnen die aktive Teilnahme am deutschen politischen Leben verwehrt bleibt. Wegen der Auswirkungen des verlangten Nachweises hinreichender Deutschkenntnisse beim Einbürgerungsantrag wird auf die Ausführungen weiter unten verwiesen.[1]
14. Die Einbürgerungspraxis wird in Deutschland von den Innenministerien der Länder kontrolliert. Nachdem etliche Länder inhaltlich umstrittene Tests für Einbürgerungswillige eingeführt hatten, beschloss die Ständige Konferenz der Innenminister der Länder, ab 1. September 2008 einen für ganz Deutschland einheitlichen Test einzuführen. Inhalt und Auswirkung dieses Tests werden an anderer Stelle in diesem Bericht behandelt.[2]
15. ECRI empfiehlt Deutschland, allen schon länger in Deutschland lebenden Ausländern sowie in Deutschland geborenen Personen die Einbürgerung zu erleichtern, um die Integration von Ausländern, die Deutsche werden wollen, dabei aber die bisherige Staatsbürgerschaft behalten möchten, zu fördern.
Strafrechtsbestimmungen gegen Rassismus
16. Wie im dritten ECRI-Bericht ausgeführt, untersagt § 130 Abs.1 StGB die Aufstachelung zu Hass und Gewalt gegen Teile der Bevölkerung, und zwar auch durch Verbreitung von Schriften oder in Rundfunk- und Fernsehsendungen (§ 130 Abs. 2). Ferner untersagt § 130 die Billigung, Leugnung oder Verharmlosung des unter der nationalsozialistischen Herrschaft begangenen Völkermords (§ 130 Abs.3), und zwar auch hier einschließlich der Verbreitung von Schriften (nunmehr § 130 Abs. 5). Die Verbreitung und Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen ist nach § 86a StGB verboten, und § 86 StGB untersagt die Verbreitung von Propaganda verfassungsfeindlicher Organisationen. § 85 StGB verbietet die Fortführung der Aktivitäten einer verbotenen Organisation. § 46 StGB zählt verschiedene, bei der Strafzumessung zu berücksichtigende Umstände auf, wobei auf die Beweggründe und Absichten des Täters abgestellt wird. Rassistische Beweggründe werden nicht ausdrücklich als straferschwerend erwähnt.
17. Im dritten Bericht empfahl ECRI den deutschen Behörden, die Wirksamkeit der bestehenden Strafrechtsbestimmungen im Aufgabenbereich von ECRI sorgfältig zu überwachen. Die deutschen Behörden wurden gebeten zu prüfen, in welchem Ausmaß das geltende Strafrecht die Justiz in die Lage versetzt, den rassistischen Hintergrund von Straftaten aufzuhellen. ECRI empfahl den deutschen Behörden, ausdrücklich im Gesetz zu verankern, dass rassistische Beweggründe bei allen Straftaten strafverschärfend zu werten seien.
18. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts wurde auf Anregung der Zivilgesellschaft und bestimmter Länder die Möglichkeit erörtert, rassistische Beweggründe als straferschwerend in § 46 StGB zu erwähnen. Die deutschen Behörden haben zu verstehen gegeben, dass sie zwar auch rassistische motivierte Taten als strafwürdig ansehen, aber nicht davon überzeugt sind, dass solch ein Schritt viel bringen würde. Sie haben insbesondere darauf verwiesen, dass rassistische Beweggründe bereits aufgrund der allgemeinen Formulierung von § 46 berücksichtigt werden können und dass eine besondere Betonung rassistischer Beweggründe die ausgewogene Gewichtung aller vom Richter bei der Strafzumessung zu berücksichtigenden Elemente beeinträchtigen könnte; es könnte der Eindruck entstehen, als würden andere relevante Beweggründe und Faktoren weniger stark ins Gewicht fallen. Hinzukommt, dass die Behörden im Fall von Straftaten nach § 130 StGB eine rassistische Motivation von vornherein als Bestandteil der Straftat ansehen. Würde die rassistische Motivation zusätzlich noch nach § 46 als straferschwerend gewertet werden, liefe das auf zweimalige Bestrafung hinaus. ECRI weist in Übereinstimmung mit der Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 7[3] darauf hin, dass der Grundsatz, rassistische Beweggründe als strafverschärfenden Umstand zu werten, nur für normale Straftaten gedacht ist, also für Delikte wie Körperverletzung, bei denen das rassistische Element nicht schon automatisch Teil der Straftat ist. Der Grundsatz gilt folglich nicht für Taten nach § 130 StGB.
19. Nichtregierungsorganisationen haben jedoch erhebliche Bedenken dagegen vorgebracht, dass Rassismus nach geltendem Recht nur in seiner stärksten Ausprägung, vor allem in Form der Bekundung von Rechtsextremismus, geahndet wird. ECRI hat wiederholt zu hören bekommen, dass andere, weniger offensichtliche und weniger extreme Bekundungen von Rassismus im Strafverfahren oft auf die leichte Schulter genommen werden. Infolgedessen haben Angehörige äußerlich erkennbarer Minderheiten das Gefühl, dass in der Strafjustiz in der Regel nur Täter, die erkennbar Mitglieder oder Sympathisanten rechtsextremer Gruppen sind, als Urheber rassistischer Handlungen herausgestellt werden, und dass so manche rassistisch motivierte Straftaten gar nicht als solche behandelt werden.[4] ECRI zeigt sich besonders darüber besorgt, dass das Fehlen einer ausdrücklichen Erwähnung rassistischer Beweggründe als strafverschärfend bei gewöhnlichen Straftaten im Strafgesetzbuch zu diesem Phänomen beitragen könnte, da weder die Polizei noch die Staatsanwälte oder Richter eine ausdrückliche rechtliche Handhabe besitzen, um im Rahmen der Untersuchung, der Anklage und der Verurteilung andere als rechtsextreme Beweggründe zu berücksichtigen. Darüber hinaus könnte Deutschland wegen der fehlenden Möglichkeit, in der Praxis die rassistische Motivation von Straftätern entsprechend zu berücksichtigen, Gefahr laufen, die Europäische Menschenrechtskonvention zu verletzen. ECRI weist die deutschen Behörden insoweit auf die konsequente Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf diesem Gebiet hin.[5]
20. Sorge wurde auch darüber geäußert, dass es immer noch zu Fällen von Volksverhetzung einschließlich rassistischer Propaganda im Internet kommt, obwohl die Formulierung der Strafbestimmungen in §§ 86a und 130 StGB genügend Handhabe bietet, um strafrechtlich gegen rassistische Propaganda im Internet vorzugehen.[6] Es bedarf weiterer Bemühungen, um solche rassisch motivierte Straftaten zu verhindern und sicherzustellen, dass die einschlägigen Rechtsvorschriften auch wirksam angewandt werden.
21. Was auf öffentlichen Veranstaltungen geäußerte rassistische Ansichten angeht, so wurde § 130 Abs. 4 StGB im März 2006 noch schärfer gefasst. Die Bestimmung sieht nunmehr vor, dass jemand, der öffentlich oder auf einer Versammlung den öffentlichen Frieden dadurch stört, dass er die Würde der Opfer des Nazi-Regimes herabsetzt oder den unter dem Nazi-Regime verübten Völkermord billigt, verherrlicht oder rechtfertigt, mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft werden kann. Dieser Paragraph gilt besonders für Gedenkstätten für die Opfer des Holocaust. Laut Angaben des Innenministeriums ist die Zahl der Aufmärsche von Neonazi-Organisationen dank der verstärkten Anwendung von § 130 Abs.4 StGB im Jahr 2007 deutlich (von 126 im Jahr 2006 auf 66 im Jahr 2007) zurückgegangen. Die Behörden haben auch auf § 129 StGB verwiesen, der die Bildung oder Unterstützung von Organisationen untersagt, deren Zielsetzung oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, und der auch die Mitgliedschaft in solchen Organisationen oder die Anwerbung von Mitgliedern dafür unter Strafe stellt. Diese Bestimmung wurde mit Erfolg zur Verurteilung der Mitglieder einer rechtsextremen Musikgruppe herangezogen, die ihre Band als politisches Werkzeug und zur Volksverhetzung einzusetzen versucht hatten.
22. ECRI legt den deutschen Behörden dringend nahe, rassistische Beweggründe bei gewöhnlichen Straftaten im Strafrecht ausdrücklich als strafverschärfend zu werten und dabei auf die Empfehlungen in der Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 7 von ECRI zur nationalen Gesetzgebung gegen Rassismus und Rassendiskriminierung Bezug zu nehmen.[7]
23. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden ferner, weiterhin und verstärkt dafür zu sorgen, dass bei der Aus- und Fortbildung von Polizeibeamten, Staatsanwälten und Richtern auf die gesetzlichen Bestimmungen zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung hingewiesen wird um sicherzustellen, dass alle Straftaten mit rassistischem Hintergrund, egal, ob sie unter die Kategorie rechtsextremer Straftaten fallen oder nicht, als solche erkannt und dementsprechend als rassistisch motivierte Delikte behandelt werden. ECRI empfiehlt außerdem, auch Anwälten entsprechende Fortbildung anzubieten.
Bürgerlichrechtliche Bestimmungen: das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
24. Im dritten Bericht rief ECRI die deutschen Behörden dazu auf, gesetzliche Bestimmungen gegen Diskriminierung in allen wichtigen Bereichen des öffentlichen Lebens zu erlassen und sicherzustellen, dass den Opfern rassischer Diskriminierung der bestmögliche Schutz gewährt werde. Allerdings mussten zuerst in Deutschland gewisse Widerstände gegen eine derartige Gesetzgebung überwunden werden. Einige Politiker waren leider der Meinung, Gesetzgebung dieser Art würde nur zu aufgeblähter Bürokratie oder unnötigen und teueren Streitigkeiten führen.
25. 2006 beschloss der Bundestag jedoch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das am 18. August 2006 in Kraft trat. Mit dem AGG wurden verschiedene EU-Gleichbehandlungsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt.[8] Zweck des Gesetzes ist laut § 1 “Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen”. ECRI weist die Behörden auf den Umstand hin, dass zwei wichtige, in der Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 7 zur nationalen Gesetzgebung gegen Rassismus und Rassendiskriminierung genannte Gründe von dieser Aufzählung im AGG offenbar nicht erfasst werden: nämlich Sprache und Nationalität. Der Anwendungsbereich des AGG erstreckt sich auf die Bereiche Beschäftigungswesen, Berufsberatung und Berufsbildung, Mitgliedschaft in Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigungen, Sozialschutz und soziale Sicherheit, Bildung sowie Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen einschließlich von Wohnraum. Das AGG legt dar, in welcher Weise Opfer von Benachteiligung ihre Rechte geltend machen können, und sieht eine Antidiskriminierungsstelle des Bundes vor, deren Aufgabe es ist, individuelle Beschwerden zu behandeln, das Problembewusstsein der Öffentlichkeit zu wecken, Maßnahmen zur Verhütung von Diskriminierung zu ergreifen und wissenschaftliche Untersuchungen zu den erwähnten Benachteiligungen durchzuführen.[9] Das AGG gilt hauptsächlich für privatrechtliche Beziehungen. Für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse gelten die Bestimmungen des AGG unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend (vgl. die Sonderregelung nach § 24 AGG). Wer sich von öffentlichen Behörden benachteiligt fühlt, muss sich auch künftig auf das allgemeine Diskriminierungsverbot in Art. 3 des Grundgesetzes (der Verfassung) berufen..
26. ECRI begrüßt die Verabschiedung des AGG als bedeutsamen Fortschritt, der Benachteiligten in Deutschland die Möglichkeit eröffnet, ihre Rechte gerichtlich geltend zu machen. ECRI stellt fest, dass das AGG in seiner endgültigen Fassung in manchen Punkten sogar weiter geht als die EU-Richtlinien, vor allem insoweit, als es den Schutz vor Benachteiligung aus Gründen der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität nicht nur auf das Beschäftigungswesen erstreckt, sondern den Schutz vor Benachteiligung aus den genannten Gründen auf eine Anzahl weiterer Gebiete ausdehnt. Zwar erlaubt § 9 AGG unterschiedliche Behandlung aus Gründen der Religion oder Weltanschauung in Fällen, in denen es gerechtfertigt erscheint, bei der beruflichen Einstellung eine bestimmte Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung zu verlangen, doch wurde diese Bestimmung bisher eher eng ausgelegt. So entschied das Hamburger Arbeitsgericht im Dezember 2007, dass eine evangelische Wohlfahrtsorganisation, die Einwanderer betreut, eine deutsche Staatsbürgerin muslimischen Glaubens durch die Verweigerung, sie als Integrationsberaterin für Einwanderer anzustellen, benachteiligt habe. Das Gericht befand, dass die Ablehnung der Bewerberin einen diskriminierenden Akt dargestellt habe, da der religiöse Glaube im vorliegenden Fall nicht als unabdingbare Voraussetzung für den zu besetzenden Posten angesehen werden könne.[10]
27. Das Gesetz in seiner jetzigen Form dürfte gleichwohl noch gewisse Verbesserungen zulassen. Was die Reichweite des Gesetzes angeht, geben insbesondere zwei Aspekte Anlass zur Besorgnis. Erstens ist nach § 19 Abs. 3 AGG bei der Vermietung von Wohnraum ausdrücklich eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen zulässig. Die Behörden haben zwar betont, dass diese Bestimmung Integration sicherstellen soll, dass sie nur für Vermieter gilt, die mindestens 50 Wohnungen zu vermieten haben, und dass es in der Praxis bisher zu keinerlei Beschwerden von Personen gekommen sei, denen man nach dieser Bestimmung eine Wohnung verweigert habe. ECRI teilt jedoch die sowohl von der Zivilgesellschaft als auch von internationalen Kreisen geäußerten Bedenken hinsichtlich der möglichen negativen Folgen, wenn sich ausgerechnet in einem Gesetz, das bewusst Benachteiligung verhindern soll, eine Bestimmung findet, die ausdrücklich unterschiedliche Behandlung aufgrund all der an sich auszuschließenden Beweggründe wie z.B. Rasse und ethnische Herkunft gestattet. ECRI stellt fest, dass nach § 5 AGG bereits positive Maßnahmen zum Ausgleich von Benachteiligung vorgesehen sind, weshalb die genaue Reichweite von § 19 Abs.3 umso schwerer zu begreifen ist.
28. Ein zweites Problem betrifft die Anwendung des AGG im Bildungswesen. Während Privatschulen unter das AGG fallen, ist dies offenbar bei öffentlichen (staatlich finanzierten) Schulen nicht der Fall. Nachdem im deutschen bundesstaatlichen System die Länder für das Bildungswesen zuständig sind, ist es Sache des jeweiligen Landes, dafür zu sorgen, dass es in der Praxis in diesem Bereich zu keinerlei Benachteiligung kommt. In diesem Zusammenhang weist ECRI auf den entscheidenden Einfluss hin, den die Bildung eines Kindes auf seine späteren Entscheidungen im Leben hat, und dass es angesichts der gegenwärtigen Unterschiede im Schulerfolg in Deutschland[11] umso wichtiger ist, dass Benachteiligungen in diesem Bereich abgebaut werden.
29. Zwei bedeutende Hindernisse ergeben sich, wenn Personen, die sich aus rassischen Gründen benachteiligt fühlen, auf das AGG berufen wollen. Erstens stellt rassische Diskriminierung im Alltag[12] zwar nach wie vor eine weit verbreitete Erscheinung dar, doch sind Existenz, Reichweite und Zweck des AGG unter den möglichen Opfern von Diskriminierung weitgehend unbekannt. Nach einer jüngsten Untersuchung waren 56 % der befragten Personen der Ansicht, dass Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft weit verbreitet sei (verglichen damit, dass nur 23 % Diskriminierung aufgrund des Geschlechts für weit verbreitet hielten). 16 % der im Rahmen dieser Untersuchung befragten Personen berichteten, dass sie bereits beobachtet hätten, wie jemand wegen seiner ethnischen Herkunft diskriminiert oder belästigt worden sei. 8% hatten Benachteilung aufgrund von Religion oder Weltanschauung beobachtet (verglichen damit, dass nur 5 % Zeugen von Benachteiligung oder Belästigung aufgrund des Geschlechts gewesen waren). Nur 26 % der befragten Personen gaben an, ihre Rechte im Fall von Benachteiligung oder Belästigung zu kennen, und nur 29% wussten von der Existenz eines Gesetzes, das dem Arbeitgeber Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft bei der Einstellung von Personal untersagt.[13] Darüber hinaus berichtete die Antidiskriminierungsstelle des Bundes selbst, dass nur 14,5% der zwischen August 2006 und Dezember 2008 behandelten Fälle sich auf Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft bezogen hätten; im Ganzen hätten nur 2,88% Benachteiligung aufgrund ihrer Religion oder Weltanschauung geltend gemacht, verglichen mit 24,84% Beanstandungen wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechts, 26,24% Beanstandungen aufgrund einer Behinderung und 19,75% aufgrund des Alters. Was die Justiz anbelangt, so bezog sich die Mehrzahl der bisherigen Gerichtsverfahren auf Diskriminierung wegen des Alters oder einer Behinderung. Im Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts waren nur zwei Fälle bekannt, in denen Urteile wegen Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft ergangen waren. Dieser frappierende Unterschied zwischen der Zahl beobachteter Fälle von Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung und der Zahl tatsächlich gemeldeter Fälle lässt darauf schließen, dass die Existenz und der Umfang des AGG unter den Opfern oder möglichen Opfern rassischer Diskriminierung viel zu wenig bekannt sind. Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kürzlich entsprechende Informationen nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Arabisch, Englisch, Französisch, Polnisch, Russisch, Spanisch und Türkisch ins Internet gestellt hat.
30. Ein weiteres Hindernis, auf das mit Fällen von Diskriminierung befasste Nichtregierungsorganisationen häufig hingewiesen haben, ist die in § 15 Abs. 4 und § 21 Abs.5 AGG vorgeschriebene Zweimonatsfrist für die Einreichung von Beschwerden. Die Behörden haben angegeben, dass die Beschwerdeführer in allen Fällen anschließend drei Monate Zeit hätten, ihren Fall vor Gericht zu bringen. ECRI hält jedoch die anfängliche Zweimonatsfrist für zu kurz. ECRI betont, dass die Opfer, vor allem, wenn es um Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft geht, wie oben ausgeführt, vielfach keine Kenntnis vom AGG und ihren darin gewährten Rechten haben. Hinzukommt, dass die Opfer vermutlich nicht immer gleich wissen, wo sie sich Rat holen können, mitunter anfangs zögern, ob sie etwas unternehmen sollen, oder dazu nicht in der Lage sind, weil sie wichtige Informationen erst nach Ablauf der Frist preisgeben. Dieses Problem wird noch dadurch erschwert, dass das Gesetz den Nichtregierungsorganisationen nur eine beschränkte Rolle zuweist. Soweit ECRi informiert ist, dürfen sie die Opfer zwar juristisch beraten, nicht aber vor Gericht vertreten. ECRI betont in diesem Zusammenhang, dass die praktische Wirksamkeit des AGG nicht nur davon abhängt, dass es in der Öffentlichkeit allgemein bekannt ist, sondern auch davon, dass es im Fall von Diskriminierung auch wirksam Abhilfe schafft.
31. Wie oben unter Punkt 24 dargelegt, führte die Verabschiedung des AGG in Deutschland zu heftigen Debatten; viele waren dagegen. Auch wenn dies letztendlich die Verabschiedung des Gesetzes nicht verhindert hat, eines Gesetzes, das in vielfacher Hinsicht den wesentlichen Anliegen der Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 7 von ECRI zur nationalen Gesetzgebung gegen Rassismus und rassische Diskriminierung Rechnung trägt, so hat man doch den Eindruck, dass das AGG immer noch mit Argwohn betrachtet wird. Ein typisches Beispiel dafür ist eine Anwaltskanzlei, die einen kostenlosen Internet-Service anbietet, bei dem Arbeitgeber, gegen die eine Beschwerde nach dem AGG läuft, sich erkundigen können, ob der Beschwerdeführer schon bisher ähnliche Beschwerden vorgebracht hat. Dieses Internet-Angebot bezweckt unter anderem ausdrücklich, die Leute davon abzuhalten, reihenweise Beschwerden wegen Diskriminierung vorzubringen, nur um von Arbeitgebern Geld herauszuholen. Es ist nicht nur so, dass die Existenz einer solchen Homepage manche Opfer von der Geltendmachung ihrer berechtigten Ansprüche abhalten könnte; sie beweist vielmehr auch, dass selbst unter Juristen nicht alle einsehen, dass es wirksamer Gesetzgebung gegen Diskriminierung bedarf. ECRI stellt mit Interesse fest, dass die Datenschutzkommission Baden-Württembergs (wo die betreffende Anwaltskanzlei ihren Sitz hat) eingeschritten ist und die Einstellung dieses Dienstes verlangt hat. Der Fall ist derzeit noch anhängig.
32. ECRI bemerkt, dass die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 7 ein ausdrückliches gesetzliches Verbot von Diskriminierung nicht nur aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Religion oder nationalen oder ethnischen Ursprungs, sondern auch aufgrund von Sprache oder Nationalität empfiehlt. ECRI ist der Ansicht, dass es sinnvoll wäre, auch diese Gründe im AGG aufzuzählen, selbst wenn sie in manchen Fällen von den dort aufgezählten Gründen miterfasst würden, um z.B. der angeblich noch immer weit verbreiteten Praxis, bei Stellenanzeigen nur Personen mit deutscher Muttersprache zu suchen, entgegenzuwirken.[14]
33. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, in den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen gegen Diskriminierung sämtliche in der Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 7 von ECRI aufgezählten Gründe aufzunehmen, um den Opfern rassischer Diskriminierung den bestmöglichsten Schutz zu gewähren.
34. ECRI legt den deutschen Behörden dringend nahe, mehr zu unternehmen, um die mittlerweile bestehenden gesetzlichen Bestimmungen gegen rassische Diskriminierung besonders auch unter den am ehesten von Benachteiligung betroffenen Gruppen besser bekannt zu machen. Zu diesem Zweck empfiehlt ECRI den Behörden, zur Weckung des entsprechenden Bewusstseins eine Kampagne zu starten, die besonders darauf abzielt sicherzustellen, dass die möglichen Opfer rassischer Diskriminierung von der Existenz und Reichweite des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und den vorgesehenen Verfahren zur gerichtlichen Geltendmachung ihrer Rechte Kenntnis erlangen.
35. ECRI bittet die deutschen Behörden, dafür zu sorgen, dass Informationen zum Inhalt und zur Reichweite der gesetzlichen Bestimmungen gegen Rassendiskriminierung auch in anderen Sprachen als Deutsch möglichst weite Verbreitung finden. ECRI empfiehlt, hierbei Nichtregierungsorganisationen, Juristen und sonstige interessierte Kreise wie etwa Arbeitgeber und Arbeitsämter zu beteiligen.
36. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden ferner, fortlaufend zu prüfen, wie sich die neue Gesetzgebung auf die Verhinderung von Diskriminierung auswirkt, und sicherzustellen, dass Fälle von Diskriminierung auch geahndet werden. In dieser Hinsicht empfiehlt ECRI den Behörden, besonders die praktische Anwendung der Bestimmungen im Wohnungswesen, dem Bildungswesens und der juristischen Vertretung sorgfältig zu prüfen und notfalls Abhilfe zu schaffen.
Gremien und sonstige Einrichtungen gegen Diskriminierung
– Bundesbeauftragter für Migration, Flüchtlinge und Integration
37. Zu den Aufgaben des Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration gehört der Kampf gegen die Benachteiligung von Ausländern. Er kann sich im Rahmen des AGG mit einzelnen Fällen befassen und dabei Hilfe leisten. Die Aufgaben des Bundesbeauftragten umfassen auch die Behandlung von Fällen rassischer Diskriminierung und Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft sowie die Unterbindung struktureller Formen von Diskriminierung. Beim Bundesbeauftragten liegt auch die Federführung für den Nationalen Integrationsplan.[15]
38. 2005 gliederte die Bundesregierung das Amt des Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration dem Bundeskanzleramt an und hob damit die Bedeutung hervor, die sie der Integrationspolitik beimisst. Zugleich erhielt der Bundesbeauftragte ungehinderten Zugang zum Kabinett. Der Beauftragte ist in ständigem Kontakt mit den Integrationsbeauftragten und den Beauftragten für Ausländerfragen der Länder und Gemeinden und unterstützt sie bei ihrer Arbeit.
– Antidiskriminierungsstelle des Bundes
39. Im dritten Bericht bat ECRI die deutschen Behörden, eine besondere Stelle zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung auf Bundesebene zu schaffen und dabei die Allgemeinen Politik-Empfehlungen Nr. 2 und Nr. 7 zu berücksichtigen.
40. Seit dem dritten ECRI-Bericht wurde die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nach dem AGG errichtet. Zusätzlich zu den Zuständigkeiten der Bundesstelle, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, Maßnahmen gegen die im AGG angesprochenen Benachteiligungen zu ergreifen und entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen durchzuführen, steht es jedermann, der sich aus einem der im AGG genannten Gründe benachteiligt fühlt, frei. den Fall der Antidiskriminierungsstelle zu unterbreiten, die ihm dann unabhängigen Beistand gewähren darf. Dies kann in Form von Information, Weiterleitung zur Beratung an eine andere Stelle oder in Form von Bemühungen um außergerichtliche Einigung der Parteien geschehen. Die Bundesstelle ist jedoch nicht befugt, Beschwerdefälle selbst zu untersuchen oder die Gerichte damit zu befassen. Die Bundesstelle ist ferner gehalten, mit den zuständigen Parlamentsbeauftragten des Deutschen Bundestags und den Beauftragten der Bundesregierung einschließlich des Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration zusammenzuarbeiten, wo sich ihre Zuständigkeiten überschneiden. Um Doppelarbeit zu vermeiden, ist die Bundesstelle in Fällen, welche unter die Zuständigkeit dieser Beauftragten fallen, gehalten, die Beschwerde an diese weiterzuleiten. Ferner soll die Bundesstelle Nichtregierungsorganisationen und Einrichtungen, die sich mit dem Schutz vor Benachteiligung befassen, in geeigneter Weise an ihrer Arbeit beteiligen.
41. ECRI begrüßt die Errichtung einer Dienststelle, die sich in Deutschland speziell mit der Bekämpfung von Diskriminierung befassen soll, und hofft, dass sowohl ihre Existenz als auch ihre Arbeit dazu beitragen werden, den Kampf gegen Diskriminierung in Deutschland sichtbarer und wirksamer zu machen. In diesem Zusammenhang stellt ECRI fest, dass die Bundesstelle jüngst eine detaillierte Broschüre mit Erläuterungen und Beispielen zum AGG veröffentlicht hat.[16] Auch weiteres Material, das sich an eine breitere Öffentlichkeit wenden soll, ist in Vorbereitung. ECRI ist jedoch darüber beunruhigt, dass die Bundesstelle in den Augen von Vertretern der Zivilgesellschaft, die mit der Bekämpfung von Rassendiskriminierung zu tun haben, bisher als abgehoben gilt, etwas fern von den Opfern und ohne rechtes Verständnis für deren Sichtweise. Nach Ansicht von ECRI hat die Schaffung einer nationalen Dienststelle mit besonderer Zuständigkeit zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung doch vorrangig den Zweck, den Opfern zu helfen, Missstände abzustellen. Deshalb hofft ECRI, dass dieser Eindruck sehr schnell schwindet und dass sowohl der 2009 dem Parlament vorgelegte erste Jahresberichts der Dienststelle als auch die Veröffentlichung von Informationen über die neuen gesetzlichen Bestimmungen gegen Diskriminierung in anderen Sprachen als nur in Deutsch Gelegenheit bieten werden, nicht nur das Ansehen der Bundesstelle in der Öffentlichkeit zu verbessern, sondern auch den Zugang der Opfer zur Bundesstelle zu erleichtern. Ferner hofft ECRI, dass die Bundesstelle es versteht, ihre Kontakte zu nichtstaatlichen Vereinigungen, die mit den Opfern von Diskriminierung arbeiten, auszubauen.
42. Hinsichtlich der Garantie wirksamen Funktionierens der Bundesstelle will es ECRI scheinen, dass die Dienststelle mit einem Personal von 23 Bediensteten und einem Haushalt von 2,8 Millionen Euro im Jahr 2008 und 3 Millionen Euro im Jahr 2009 über relativ bescheidene Mittel verfügt, um ihren gesetzlichen Aufgaben nachzukommen. Dieses Problem wird sich noch stärker bemerkbar machen, sobald die Leute mehr über das AGG und die Dienststelle erfahren.
43. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, in Übereinstimmung mit der Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 7 von ECRI die Möglichkeit zu erwägen, der Antidiskriminierungsstelle des Bundes auch die Zuständigkeit zur Untersuchung individueller Beschwerden und zur Einleitung gerichtlicher Verfahren sowie das Recht, sich daran zu beteiligen, zu übertragen.
44. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, dafür zu sorgen, dass die Bundesstelle mit ausreichenden personellen und finanziellen Mitteln ausgestattet wird, damit sie ihren derzeitigen Aufgaben nachkommen kann, und dafür zu sorgen, dass diese Mittel notfalls aufgestockt werden um sicherzustellen, dass die Bundesstelle mit wachsender Arbeitslast Schritt halten kann, sobald ihre Arbeit besser bekannt wird.
II. Diskriminierung auf verschiedenen Gebieten
Bildungswesen
45. Im dritten Bericht bat ECRI die deutschen Behörden, sich weiterhin um eine bessere Betreuung ausländischer Kinder[17] im Schulwesen zu bemühen. ECRI sprach sich dafür aus, schon vom Kindergarten an den Unterricht von Deutsch als zweiter Sprache zum Schwerpunkt zu machen. ECRI betonte allerdings, dass nur auf Kinder aus Einwandererfamilien abgestellte Maßnahmen nicht genügen würden, um deren Chancengleichheit im Bildungswesen zu gewährleisten. In dieser Hinsicht empfahl ECRI Initiativen, um durch gezielte Maßnahmen gegenüber der deutschen Bevölkerung interkulturelles Verständnis im Alltagsleben der Schule zu wecken.
46. Sowohl internationale als auch innerdeutsche Untersuchungen der letzten Jahre haben ergeben, dass Migrantenkinder der ersten und zweiten Generation im deutschen Schulsystem nach wie vor deutlich geringere Erfolgschancen als deutsche Kinder haben, obwohl ihr Wunsch, Erfolg zu haben, mindestens ebenso groß, wenn nicht sogar größer als der deutscher Kinder ist.[18] Im gegliederten deutschen Sekundarschulsystem landen trotz der zur Förderung von Durchlässigkeit ergriffenen Maßnahmen zweimal mehr Kinder mit Migrationshintergrund als deutsche in der Hauptschule und der Prozentsatz der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss ist unter Einwandererkindern sogar mehr als doppelt so hoch wie unter deutschen Kindern. Zugleich gelangen nicht einmal halb so viele Migrantenkinder wie deutsche Kinder aufs Gymnasium, das den Hochschulzugang eröffnet. Eine Untersuchung in Baden-Württemberg ergab, dass dreieinhalbmal mehr Migrantenkinder als deutsche Kinder wegen Lernschwächen auf der Sonderschule landen. Insgesamt haben lediglich 62,6% Männer und 51,3% Frauen mit Migrationshintergrund irgendeinen Schul- oder Ausbildungsabschluss erreicht, während es bei der deutschen Bevölkerung 88% Männer und 73,4% Frauen waren. ECRI betont, dass dieser Kontrast zwischen ausländischen Kindern und Kindern mit Migrationshintergrund einerseits und deutschen Kindern andererseits im Schulbesuch und Schulerfolg äußerst beunruhigend ist. ECRI stellt fest, dass Untersuchungen zu diesem Thema zwei wesentliche Faktoren ans Licht gebracht haben, die Abhilfe schaffen könnten: erstens Hilfe zur Verbesserung der Sprachkompetenz im Deutschen, das ja Unterrichtssprache ist, und zweitens Bemühungen, die Tendenz einzudämmen, Kinder mit Migrationshintergrund auf Schulformen mit niedrigerem Leistungsniveau zu schicken, in denen sich überwiegend Schüler aus sozial und wirtschaftlich benachteiligten Schichten finden.
47. Die deutschen Behörden haben mitgeteilt, dass Unterricht in Deutsch als Zweitsprache und besondere Nachhilfekurse im Deutschen für Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, einen wichtigen Bestandteil im deutschen System von Ganztagsbetreuung, Schule und Ausbildung bilden. Das Bildungswesen fällt in die Zuständigkeit der Länder. Diese haben sämtliche verbindliche Bildungs- und Ausbildungspläne für die Vorschulerziehung und das Schulwesen in ihrem Zuständigkeitsbereich entwickelt. Derartige Pläne sind teils bereits im Einsatz, teils werden sie schrittweise eingeführt. Bei diesen Bildungs- und Ausbildungsplänen geht es in erster Linie um die Förderung der sprachlichen und interkulturellen Kompetenz. In der Tat wird in den meisten Ländern die Sprachkompetenz aller Kinder im Vorschulniveau getestet; notfalls werden Extraklassen gebildet. Diese Maßnahmen beschränken sich nicht auf ausländische Kinder, sondern beziehen sich auf alle Kinder mit Sprachschwierigkeiten oder Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Parallel hierzu müssen Fachkräfte im Erziehungswesen, die in der Ganztagsbetreuung oder in schulischen Einrichtungen tätig sind, entsprechende Fortbildungskurse besuchen.
48. ECRI begrüßt diese Maßnahmen, die zweifellos einen wichtigen Schritt darstellen, um Kindern mit anfänglichen Sprachschwierigkeiten zu besserem Schulerfolg zu verhelfen. Insbesondere begrüßt ECRI Bemühungen, die sprachlichen Fähigkeiten von Kindern schon im frühesten Alter zu fördern, als wesentlichen Faktor besseren Schulerfolgs. Zwar besuchen offenbar in jedem Fall ziemlich viele Kinder einen Kindergarten, doch betont ECRI, dass Kinder, die nicht regelmäßig in den Kindergarten gingen, sich später in der Schule vor allem aus sprachlichen Gründen schwerer tun dürften. Angesichts der erheblichen schulischen Schwierigkeiten von Kindern mit Migrationshintergrund weist ECRI besonders darauf hin, wie wichtig es für den Schulerfolg benachteiligter Kinder ist, dass dafür gesorgt wird, dass ihnen spätestens im letzten Jahr vor der Einschulung Kindergartenplätze zur Verfügung stehen.
49. Was sie Lehrerbildung angeht, heißt es, dass nur relativ wenige Lehrer für den Unterricht von Deutsch als Zweitsprache ausgebildet sind. ECRI stellt auch fest, dass in einem System, in dem Kinder mit Migrationshintergrund sich in der Schule wesentlich schwerer tun als andere, die Anzahl von Lehrern, die selbst Einwanderer der ersten oder zweiten Generation sind, kaum rasch zunehmen dürfte. Umso dringlicher ist es, das kulturelle Bewusstsein der Lehrer zu stärken. Nicht nur, dass das Verhalten der Lehrer die Einschätzung der eigenen Fähigkeit durch die Kinder beeinflusst; in Deutschland kommt den Lehrern auch eine wichtige Rolle bei der Zuweisung der Schüler auf die verschiedenen Sekundarschulformen zu. Nichtregierungsorganisationen berichten, dass einige Lehrer offen in der Klasse diskriminierendes Verhalten vor allem gegenüber türkischen und muslimischen Kindern an den Tag legen und dass manche dazu neigen, solche Schüler eher auf die Hauptschule oder die Realschule zu schicken, selbst wenn diese manchmal durchaus fürs Gymnasium geeignet wären (weil sie beispielsweise der irrigen Ansicht sind, dass diese Schüler sich in den weniger anspruchsvollen Schultypen leichter täten). Hinzukommt, dass die Eltern von Kindern der ersten oder zweiten Einwanderergeneration häufig nicht so gut wie deutsche Eltern in der Lage sind, Schulzuweisungen dieser Art in Frage zu stellen, weil sie sich selber noch im Deutschen schwer tun oder mit dem deutschen Schulsystem ncht so vertraut sind. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass das gegliederte Schulsystem derzeit in Deutschland von manchen in Frage gestellt wird, möchte aber betonen, dass – solange dieses System besteht – alles getan werden muss um sicherzustellen, dass es nicht Probleme von Benachteiligung in Deutschland erzeugt, fördert oder verstärkt.
50. Anlässlich eines Gipfeltreffens einigten sich die deutschen Bundes- und Länderbehörden in Dresden am 22. Oktober 2008 auf einige bedeutsame Zielvorstellungen. Diese umfassten die Zusicherung, Migrantenkindern mehr sprachliche Unterstützung zu gewähren, sowie den Vorschlag, bis 2015 den Anteil des Bruttosozialprodukts an Bildung und Forschung auf 10 % zu erhöhen. Es wurde jedoch angemerkt, dass der Gipfel keine Gelegenheit geboten habe, die gesamte Bildungskette vom Kindergarten bis hin zur Universität und zum lebenslangen Lernen unter die Lupe zu nehmen. Konkrete Entscheidungen über die Finanzierung und praktische Umsetzung dieser bedeutsamen Grundsatzvereinbarungen wurden jedoch aufgeschoben, bis eine Strategiegruppe die Vorbereitungen dazu getroffen habe, deren Bericht nicht vor der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2009 zu erwarten ist.
51. Angesichts dieser Sachlage weist ECRI die deutschen Behörden auf die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 10 zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung im und durch Schulunterricht hin. ECRI unterstreicht insbesondere die Teile dieser Empfehlung, welche zur Entwicklung einer Politik auf Bundes- und Länderebene auffordern, die darauf gerichtet ist, die volle und gleichberechtigte Teilnahme von Kindern aus Minderheitsgruppen am Bildungswesen sicherzustellen. Empfohlen wird, Rassismus und Rassendiskriminierung an der Schule insbesondere dadurch zu bekämpfen, dass man dafür sorgt, dass der Kampf gegen diesbezügliche, egal ob von Schülern oder Lehrern ausgehende Benachteiligungen dauerhaft Bestandteil der Politik bleibt. Alle Lehrer müssen für die Arbeit in einem multikulturellen Milieu ausgebildet werden.
52. ECRI bittet die deutschen Behörden nachdrücklich, sich weiterhin verstärkt darum zu bemühen, dass kein Kind in der Schule infolge mangelhafter Deutschkenntnisse Nachteile erleidet. ECRI empfiehlt, sich insoweit von der Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 10 leiten zu lassen. In diesem Zusammenhang empfiehlt ECRI den deutschen Behörden auch sicherzustellen, dass alle Kinder in Deutschland spätestens im letzten Jahr vor der Einschulung die Möglichkeit kostenloser Kindergartenbetreuung erhalten.
53. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden dringend, in Übereinstimmung mit der Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 10 verstärkt Fortbildungsprogramme für Lehrer und anderes Schulpersonal vorzusehen, damit sie kulturelle Vielfalt besser verstehen und in die Lage versetzt werden, auch in immer heterogener werdenden Klassen wirksam zu unterrichten. Dazu gehört auch, dass man sie besser darauf vorbereitet, in Klassen mit Kindern unterschiedlicher Muttersprache Deutsch als Zweitsprache zu unterrichten.
54. Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland nicht unmittelbar daran gedacht wird, das gegliederte Sekundarschulsystem aufzugeben, empfiehlt ECRI den deutschen Behörden, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um zielgerichtete Fortbildungsprogramme zu verwirklichen, damit alle Lehrer lernen, die Fähigkeiten ihrer Schüler beim Übergang ins Sekundarschulwesen objektiv einzuschätzen um sicherzustellen, dass Schüler nicht ohne zwingenden Grund auf weniger anspruchsvolle Schultypen verwiesen werden.
Beschäftigungswesen
55. Im dritten Bericht bestärkte ECRI die deutschen Behörden in ihrem Bemühen, Rassendiskrimniereung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auf dem Arbeitsmarkt zu bekämpfen. ECRI empfahl den deutschen Behörden erneut, die Hürden, denen sich Ausländer und Personen mit Migrationshintergrund beim Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt gegenübersähen, sorgfältig ermitteln zu lassen, um in Schwerpunktbereichen gezielt Initiativen zu deren Abbau zu finanzieren. ECRI empfahl den deutschen Behörden ferner, die praktische Wahrnehmung der neuen Aufgaben der Betriebsräte bei der Bekämpfung von Rassendiskriminierung und bei der Förderung der Integration ausländischer Arbeitnehmer zu evaluieren. Ferner sollte die Wirksamkeit des Programms “XENOS – Leben und Arbeit in Vielfalt” bei der Bekämpfung von Rassendiskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auf dem Arbeitsmarkt ausgewertet werden.
56. Personen mit Migrationshintergrund unterliegen in Deutschland nach wie vor ernsthafter Benachteiligung beim Zugang zum Arbeitsmarkt, vor allem wenn es um Facharbeiter geht. Selbst wenn sie über die gleiche Qualifikation wie ihre deutschen Kollegen verfügen, tun sich Einwanderer und ihre Kinder schwerer, Arbeit zu finden, als die übrige Bevölkerung. Ein 2007 veröffentlichter OECD-Bericht fand, dass Einwanderer mit Hochschulabschluss zu 68 % Arbeit fanden, in Deutschland geborene Personen hingegen zu 84 %. Am anderen Ende der Skala, bei Arbeitsplätzen, die keine oder nur geringe Ausbildung erfordern, fanden Einwanderer etwas eher, nämlich zu 45 %, Arbeit als in Deutschland geborene Personen, bei denen es 40 % waren. Junge Einwanderer bemühen sich häufiger als Deutsche um eine Lehrstelle, trotzdem bleibt ihr Anteil an Lehrstellen geringer als ihrem Anteil an der Bevölkerung in Deutschland entspricht. Selbst wenn man berücksichtigt, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund weniger gut als Deutsche qualifiziert sind,[19] finden Einwanderer wesentlich seltener als gebürtige Deutsche Arbeit.
57. Nichtregierungsorganisationen berichten, dass sichtbare Unterschiede – z.B. auch der Name einer Person – ganz wesentlich zu Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt führen, vor allem dann, wenn derartige Unterschiede den Eindruck erwecken, dass es sich um Muslime oder Türken handelt. In Deutschland ist es weiterhin Sitte, auf dem Lebenslauf ein Lichtbild anzubringen. Akademikerinnen, selbst mit glänzendem Hochschulabschluss von äußerst angesehenen deutschen Hochschulen, geben an, dass sie von vornherein nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, wenn sie auf dem Foto ein Kopftuch tragen.[20] Schwarze, die Arbeit suchen, berichten, dass sie abgewiesen werden, sobald der Arbeitgeber sie zu Gesicht bekommt. Es wurde auch auf Stellenanzeigen verwiesen, in denen nur Personen mit deutscher Muttersprache gesucht wurden. Auch unsicherer Aufenthaltsstatus kann für Ausländer eine zusätzliche Hürde bei der Arbeitssuche oder Bewerbung um eine Lehrstelle bilden. ECRI stellt fest, dass die neue Gesetzgebung gegen Diskriminierung dazu gedacht ist, verschiedenen von Benachteiligung betroffenen Personen zu ihrem Recht zu verhelfen, sofern sie imstande sind, innerhalb der vorgeschrieben Frist eine Beschwerde einzureichen.[21] Es bedarf aber bei der Bekämpfung von Diskriminierung auch dringend struktureller Reformen und verstärkter Bemühungen um einen Wandel in der Einstellung von Arbeitgebern und die Förderung von Vielfalt am Arbeitsplatz. ECRI nimmt mit Interesse zur Kenntnis, dass Wirtschaftskreise 2006 eine Charta der Vielfalt vorgelegt haben, der sich mehrere hundert Unternehmen angeschlossen haben.
58. Seit dem dritten Bericht von ECRI wurden Durchführung und Auswirkung des 2000 – 2006 aufgelegten Programms “XENOS – Leben und Arbeit in Vielfalt” ausgewertet. Das Programm umfasste rund 250 mehrjährige und landesweite Projekte gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus und zugunsten von Toleranz und Vielfalt auf dem Arbeitsmarkt. Die Ergebnisse und Empfehlungen aus der Evaluierung fanden Eingang in das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgelegte Folgeprogramm „XENOS – Integration und Vielfalt“ (Finanzierungszeitraum 2007-2013). Ziel des neuen Programms ist es, das Bewusstsein von Demokratie und Toleranz zu stärken und Fremdenfeindlichkeit und Rassismus auszumerzen. Der Schwerpunkt liegt auf Maßnahmen zur Verhütung von Ausgrenzung und Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft. Schritte gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt sollen sowohl in Deutschland wie im europäischen Zusammenhang gefördert werden, und zwar auf Gebieten wie etwa Arbeit, Verwaltung, Ausbildung, Schulwesen und Berufsausbildung Sechs Schwerpunktbereiche wurden ausgewählt: Qualifizierung und Weiterbildung in der Schule, in der Berufsbildung und am Arbeitsplatz; grenzüberschreitende und transnationale Maßnahmen; betriebsinterne Maßnahmen und Bildungsarbeit im Betrieb und in der öffentlichen Verwaltung; Maßnahmen zur Integration von Einwanderern; Aufklärung über Rechtsextremismus und Weckung des Problembewusstseins; Förderung von Zivilcourage und Ausbau zivilgesellschaftlicher Strukturen in der örtlichen Gemeinschaft und in ländlichen Gegenden.
59. ECRI bestärkt die deutschen Behörden darin, sich weiterhin um die Ausmerzung von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und vergleichbaren Formen von Intoleranz am Arbeitsplatz zu bemühen, u.a. auch durch Maßnahmen wir das Programm “XENOS – Integration und Vielfalt”.
60. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden dringend, im Rahmen ihrer fortlaufenden Bemühungen, Rassismus vom Arbeitsplatz fernzuhalten, eine Kampagne zur Weckung des Problembewusstseins zu starten, besonders auch mit dem Ziel, die Einstellung von Arbeitgebern gegenüber Personen mit Migrationshintergrund zu ändern. Diese Kampagne sollte sich nicht nur auf die Pflichten und Verantwortlichkeiten der Arbeitgeber nach dem neuen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beziehen, sondern auch auf die positiven Aspekte von Vielfalt am Arbeitsplatz. Die Kampagne könnte Teil einer regelmäßigen Reihe solcher Kampagnen werden.
Wohnungswesen
61. Im dritten Bericht empfahl ECRI, Benachteiligungen in der Praxis sowie Hürden und ausgrenzende Verfahrensweisen im privaten wie im öffentlichen Wohnungssektor zu untersuchen, um notfalls politisch korrigierend einzugreifen.
62. Verschiedene Untersuchungen in der Vergangenheit haben ergeben, dass in Deutschland lebende Migranten im Durchschnitt höhere Mieten als Deutsche zahlen, aber in kleineren Häusern oder Wohnungen leben. In manchen Städten leben die Migranten überwiegend in bestimmten Stadtvierteln, ein Umstand, der von konservativen Kommentatoren gern dazu benutzt wird, Migranten und vor allem Muslime dafür zu kritisieren, dass sie angeblich Parallelgesellschaften bilden und sich abkapseln. In der öffentlichen Debatte darüber, wie sich die Konzentration der Migranten auf gewisse Viertel vermindern ließe, neigte man mitunter dazu, nach Wegen zu suchen, sie in neuen Stadtvierteln anzusiedeln oder sie davon abzuhalten, sich in Vierteln niederzulassen, in denen bereits sehr viele Migranten leben, statt nach Anreizen für Deutsche zu suchen, ihrerseits in solche Stadtviertel zu ziehen, oder Maßnahmen zu ergreifen (wie etwa die Verbesserung der Schulsituation und der Lebensbedingungen), um solche Viertel attraktiver zu machen. Nichtregierungsorganisationen berichten jedoch, dass diskriminierendes Verhalten von Vermietern und Immobilienverwaltungen hierbei eine entscheidende Rolle spielt. Wer z.B. einen fremd klingenden Namen hat oder nicht gut Deutsch spricht, bekommt keine Wohnung. Es wurden auch Fälle gemeldet, in denen in Anzeigen nur Mieter mit deutscher Muttersprache gesucht wurden.
63. Die Behörden wiesen darauf hin, dass der Wohnungsmarkt zu den vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006 erfassten Gebieten gehöre. Wie oben unter Punkt 27 ausgeführt, gibt jedoch die Einfügung einer Bestimmung, der zufolge ausdrücklich in bestimmten Fällen unterschiedliche Behandlung wegen der Rasse oder ethnischen Herkunft gestattet wird, Anlass zu Zweifeln, ob das AGG wirklich zu einer Umkehr der Situation beitragen wird.
64. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden eindringlich, Benachteiligungen in der Praxis sowie Hürden und ausgrenzende Verhaltensweisen im privaten wie im öffentlichen Wohnungssektor zu untersuchen, um gegebenenfalls politisch korrigierend einzugreifen. In diesem Zusammenhang verweist ECRI auf die weiter oben im Bericht ausgesprochene Empfehlung an die Behörden, laufend zu beobachten, wie sich die neue Gesetzgebung auf die Verhütung von Benachteiligungen auswirkt und ob etwaige Benachteiligungen, vor allem im Wohnungswesen, auch tatsächlich geahndet werden.
III. Rassismus in der öffentlichen Debatte
Politische Reden
65. Im dritten Bericht bestärkte ECRI die deutschen Behörden in ihren Bemühungen, politische Parteien und andere Organisationen zu verbieten, die sich in rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Weise betätigen und in dieser Richtung Propaganda betreiben. ECRI empfahl den Behörden, gesetzliche Schritte zu erwägen, um Organisationen, die Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus fördern, die öffentlichen Zuschüsse zu streichen.
66. Seit dem dritten ECRI-Bericht waren etliche beunruhigende Entwicklungen in der politischen Szene Deutschlands zu verzeichnen. Ein besonders bedenklicher Fall ist etwa der Erfolg der NPD bei den Wahlen in Mecklenburg – Vorpommern im Jahre 2006, einer Partei, die Fahnen und Symbole benutzt, die denen der Nazis ähneln, und die im Verfassungsschutzbericht von 2006 als “rassistisch, antisemitisch und revisionistisch” eingestuft wurde. Der Vorsitzende und zwei führende Mitglieder der NPD wurden Anfang 2008 wegen Aufstachelung zum Rassenhass angeklagt. Der Zulauf zu dieser Partei, die von staatlicher Parteifinanzierung profitiert, vervierfachte sich im Juni 2008 bei den Kommunalwahlen in Sachsen, und die Partei ist mittlerweile in allen 10 Landkreisen Sachsens auf Kreisebene vertreten. Sympathisanten dieser Partei haben in verschiedenen Ländern an Schulen fremdenfeindliche und antisemitische Traktate verteilt und auf Protestmärschen in Sprechchören antisemitische Parolen gebrüllt. Versuche, die Partei verbieten zu lassen, scheiterten 2003, weil verschiedenes Beweismaterial gegen die Partei in unzulässiger Weise von V-Leuten des Verfassungsschutzes gesammelt worden war. 2008 wurden jedoch erneut Rufe laut, es abermals zu probieren, die Partei verbieten zu lassen. In der Zwischenzeit gewann die weit rechts angesiedelte Deutsche Volksunion (DVU) bei den Landtagswahlen in Brandenburg etliche Sitze. Wie an anderer Stelle im Bericht ausgeführt, gewann eine Kölner Bürgerinitiative gegen den Bau einer Moschee bei den jüngsten Kommunalwahlen in Köln 5 % der Stimmen (sowie 5 Sitze im Stadtrat).
67. Während die größeren Parteien in aller Regel rassistische Töne zu vermeiden trachten, kam es gleichwohl in Fragen der öffentlichen Sicherheit zu etlichen kritischen Äußerungen gegenüber Muslimen und Bemerkungen über ihren angeblich fehlenden Willen, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Auch dies bereitet ECRI Sorge.[22]
68. ECRI unterstützt die deutschen Behörden erneut in ihren Bemühungen, politische Parteien und andere Organisationen zu verbieten, die sich in rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Weise betätigen und diesbezügliche Propaganda betreiben. ECRI empfiehlt den Behörden, in Übereinstimmung mit der Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 7[23] gesetzliche Schritte zu erwägen, um Organisationen, die Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus propagieren, die finanzielle Unterstützung zu entziehen.
69. ECRI empfiehlt den Behörden, Politiker zu bitten, äußerst vorsichtig zu sein und abwertende oder auf Vorurteilen beruhende Äußerungen gegenüber Ausländern und Angehörigen von Minderheitsgruppen zu vermeiden. Sie sollten stattdessen in vorbildlicher Weise Rassismus und Diskriminierung anprangern und sich dafür einsetzen, dass Ausländer und Angehörige von Minderheitsgruppen als gleichberechtigte und wertvolle Mitglieder der Gesellschaft angesehen werden.
Neonazi-Propaganda
70. Im dritten Bericht empfahl ECRI besondere Bemühungen, um den Hasstiraden der rechtsextremen Musikszene entgegenzutreten. ECRI stellt fest, dass Musik aus der rechtsextremen Szene nach wie vor dazu beiträgt, rassistisches, antisemitisches und fremdenfeindliches Gedankengut zu verbreiten und oft auch rechtsextremen Gruppen dazu dient, junge Leute anzuwerben. Es heißt, dass diese Gruppen versuchen, junge Leute direkt auf dem Schulhof anzusprechen, indem sie ihnen beispielsweise kostenlose CDs in die Hand drücken. Musik und Zeitschriften dienen ihnen dazu, Verbindung zwischen rechtsextremen Gruppen und Jugendlichen herzustellen. Die Behörden schätzen die Zahl von Neonazis in Deutschland auf derzeit etwa 4400. Dazu kommen rund 10 000 an Subkultur interessierte und sonstige gewaltbereite Rechtsradikale. Diese Zahlen sind in den letzten Jahren nicht zurückgegangen.
71. Die Behörden sind aktiv gegen Neonazi-Gruppen vorgegangen; Vorfälle wurden untersucht und Gerichtsverfahren eingeleitet.[24] Im Oktober 2008 unternahmen die deutschen Behörden eine bundesweite Razzia und untersuchten die Büroräume und Wohnungen von Personen, die einer NPD-nahen Jugendgruppe angehörten und im Verdacht standen, auf Sommerlagern Kinder und Teenager mit Neonazi-Gedankengut indoktriniert zu haben. Im April 2007 verbot das Sächsische Innenministerium eine Neonazi-Gruppe, die verschiedene rassistische Gewaltakte verübt hatte. Im März 2007 wurden drei Personen wegen der Verbrennung des Tagebuchs der Anne Frank verurteilt. Im März 2006 kam es zu groß angelegten Razzien, in deren Verlauf die Wohnungen von über 100 Personen durchsucht wurden, die verdächtigt wurden, mit der verbotenen Skinhead-Gruppe „Blut und Ehre“ in Verbindung zu stehen. ECRI begrüßt diese Bemühungen als wichtiges Element im Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus.
72. ECRI bestärkt die deutschen Behörden nachdrücklich, in ihren Bemühungen um das Verbot von Neonazi-Organisationen und –Gruppen fortzufahren, und nimmt Bezug auf die weiter unten ausgesprochene Empfehlung zum Kampf gegen rassistische Gewalt, in der auch die Notwendigkeit betont wird, das Problem allumfassend anzugehen, um den Ursachen auf den Grund zu gehen und diese zu bekämpfen.
Internet
73. Im dritten Bericht empfahl ECRI den deutschen Behörden, verstärkt gegen rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Handlungen im Internet vorzugehen. und rief die Behörden dazu auf, Initiativen zu fördern, die sich mit Erfolg gegen rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Handlungen im Internet gewandt hatten. ECRI stellt fest, dass die Verbreitung rassistischer Bekundungen im Internet seit dem dritten Bericht offenbar keineswegs abgenommen hat. Ein beträchtlicher Prozentsatz rassistischer Äußerungen im Internet scheint von Angehörigen von Nazi-Gruppen zu stammen. Meist richten sich ihre Äußerungen gegen Roma und Sinti oder Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Den Behörden zufolge ist es nicht immer leicht, in derartigen Fällen gerichtlich vorzugehen und die entsprechenden Internetseiten zu sperren, weil sie häufig von amerikanischen Servern betrieben werden. Mitunter führte internationale Zusammenarbeit, etwa auf Betreiben von Nichtregierungsorganisationen, jedoch diesbezüglich zum Erfolg.
74. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden erneut, sich verstärkt um die Unterbindung von rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Handlungen im Internet zu bemühen, und weist die Behörden diesbezüglich erneut auf die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 6 hin. ECRI ruft die deutschen Behörden abermals zur Unterstützung von Initiativen auf, die sich bei der Unterbindung von rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Aktivitäten im Internet bewährt haben.
Medien
75. Im dritten Bericht wies ECRI auf die Notwendigkeit hin sicherzustellen, dass Medienberichte nicht immer wieder rassistische Vorurteile und Klischees anklingen lassen. ECRI unterstrich zugleich den diesbezüglichen Nutzen der Verabschiedung und Anwendung von Verhaltensregeln zur Selbstkontrolle. ECRI betonte ferner, dass die Medien sich stärker auf die gesellschaftliche Vielfalt einstellen müssten, und zwar sowohl durch entsprechende Ausbildung der einheimischen Journalisten als auch durch stärkere Vertretung von Personen mit Migrationshintergrund in den Medienberufen.
76. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass der Nationale Integrationsplan bestimmte auf die Medien bezogene Maßnahmen umfasst wie z.B. Bemühungen zur Förderung innovativer und integrationsfreundlicher Fernsehprogramme.[25] Die Bundeszentrale für politische Bildung bemüht sich gleichfalls um stärkeres Engagement der Journalisten vor Ort, die in ihrer Stadt, ihrem Landkreis oder ihrem Land zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen sollten. ECRI ist daher betroffen zu erfahren, dass das derzeit einzige, vom Lokalsender RBB betriebene multikulturelle Rundfunkprogramm, nämlich „ Radiomultikulti“ in Berlin, 2009 auslaufen soll. Ganz allgemein berichten Minderheiten immer wieder, dass sie in den Medien unterepräsentiert sind und dass sie dort, wo sie vertreten sind, auf Klischeevorstellungen treffen. Dies betrifft nicht nur Schwarze sowie Roma und Sinti wie an anderer Stelle im Bericht erwähnt,[26] sondern auch Muslime. Letztere weisen darauf hin, dass man sie immer gleich allesamt in einen Topf wirft mit ein paar schwarzen Schafen ihrer Gruppe, die Straftaten begangen haben. Sie verweisen ferner auf die ausführliche Berichterstattung der Medien im Falle des Leiters einer in Berlin – Neukölln hauptsächlich von Schülern mit Migrationshintergrund besuchten Schule, der um Hilfe gebeten hatte, nachdem die Situation außer Kontrolle geraten war, während man gleichzeitig über ähnliche Vorfälle an überwiegend von Deutschen besuchten Schulen kein Wort verloren habe. ECRI hält es für wichtig, die Journalisten in den Medien für die Berichterstattung in einer gemischten Gesellschaft besonders auszubilden. ECRI betont ferner, dass eine stärkere Vertretung von Personen mit Migrationshintergrund in den Medienberufen das von der Presse vermittelte Bild von Personen mit Migrationshintergrund positiv beeinflussen könnte.
77. ECRI fordert die deutschen Behörden auf, das entsprechende Bewusstsein der Medien zu schärfen, ohne jedoch dabei in die Freiheit der Berichterstattung einzugreifen, darauf zu achten, dass die Berichterstattung keinerlei rassistische Vorurteile und Klischees am Leben erhält und ferner eine aktivere Rolle bei der Bekämpfung solcher Vorurteile und Klischeevorstellungen zu spielen. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, im Gespräch mit den Medien und Vertretern sonstiger relevanter Gruppen der Zivilgesellschaft nach Wegen zu suchen, wie diese Ziele am besten zu erreichen wären.
78. ECRI fordert die Behörden und alle in Frage kommenden Kreise auf, sich an allen Maßnahmen des Nationalen Integrationsplans zu beteiligen, die darauf abzielen, die Medien besser in den Stand zu versetzen, der Vielfalt der heutigen deutschen Gesellschaft gerecht zu werden.
IV. Rassistische Gewalt
79. Wie schon in den früheren Berichten ausgeführt, sieht ECRI rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Gewaltakte als eine der gefährlichsten Äußerungen von Rassismus und als Schwerpunkt entsprechender Gegenmaßnahmen in Deutschland an. Asylbewerber, Juden sowie Roma und Sinti sind nach wie vor bevorzugte Zielscheibe solcher Übergriffe. Es heißt, dass äußerlich erkennbare Minderheiten besonders in Ostdeutschland, wo pro Kopf der Bevölkerung die größte Anzahl solcher Straftaten registriert wurde, besonders häufig rassistischen Übergriffen ausgesetzt sind.[27] Leider ist die Zahl von Gewaltverbrechen aus rechtsextremen, fremdenfeindlichen oder antisemitischen Motiven in den letzten Jahren weiter angestiegen.
80. Viele dieser Übergriffe zielen auf ein einzelnes Opfer und werden gemeinsam von mehreren jungen Männern oder Teenagern ausgeführt, die einer mehr oder weniger gut organisierten Neonazi-, Skinhead- oder rechtsextremen Gruppe angehören oder mit ihr sympathisieren. Im dritten Bericht stellte ECRI fest, dass das Problem rassistischer, fremdenfeindlicher oder antisemitischer Gewalt jedoch nicht nur mit den besonderen Lebensumständen dieser jugendlichen Täter zusammenhängt, sondern auch durch andere, in der deutschen Gesellschaft ganz allgemein vorherrschende Umstände begünstigt wird. ECRI forderte die Behörden daher auf, sich um einen umfassenderen Ansatz bei der Bekämpfung rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Gewaltakte zu bemühen. Man dürfe sich nicht nur auf die Handlungen rechtsextremer Kräfte konzentrieren, sondern müsse versuchen, auch anderen Ursachen solcher Gewalt in der Gesellschaft insgesamt entgegenzuwirken, z.B. den Vorstellungen mancher Menschen von den Ausländern und ihrem Platz in der deutschen Gesellschaft, der Häufigkeit rassischer Benachteiligung im Alltag sowie ganz allgemein dem auch in anderen Teilen der deutschen Bevölkerung unterschwellig anzutreffenden Hang zu Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. In diesem Zusammenhang nimmt ECRI mit Interesse Kenntnis von langfristig angelegten wissenschaftlichen Untersuchungen zum Phänomen auf Feindbilder ausgerichteter Gruppendynamik in Deutschland sowie zu deren Ursachen und den Umständen ihres Auftretens. ECRI begrüßt das Interesse der Behörden an den Ergebnissen dieser Untersuchungen, die dazu beitragen könnten, wirkungsvollere Maßnahmen zur Verhinderung und Unterbindung rassistischer Gewalt in Deutschland zu konzipieren.
81. Verschiedene, von den Behörden unterstützte Initiativen seien auch erwähnt. Eine solche Initiative ist das im Jahr 2000 ins Leben gerufene Bündnis für Demokratie und Toleranz, dessen Aufgabe es ist, mit präventiven und praktischen Maßnahmen positive Signale für Demokratie und Toleranz auszusenden. Die Maßnahmen zielen darauf ab, die Akzeptanz von Einwanderern in der deutschen Gesellschaft zu verbessern, die Bemühungen von Einwanderern, sich zu integrieren, zu unterstützen und ihre Teilnahme am öffentlichen Leben zu verbessern sowie konkrete Lösungen für auftretende Integrationsprobleme zu finden. Auf der Grundlage eines früheren Programms hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2007 ebenfalls zwei bundesweite Programme gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ins Leben gerufen. Das erste nennt sich “Vielfalt tut gut. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie” und will Kinder und Jugendliche problembewusst machen, damit sie sich beim Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus engagieren. Derzeit unterstützt das Programm 90 Modellversuche und 90 örtliche Aktionspläne in ganz Deutschland. Das zweite Programm nennt sich “Kompetent für Demokratie – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus” und bietet professionelle Beratung in Fragen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Man will vor allem in Krisensituationen helfen und die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern fördern. Fast alle Länder haben inzwischen im Rahmen dieses Programms Beratungsnetze eingerichtet. Auch die Polizei spielt mittlerweile eine aktivere Rolle im Bemühen, rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten zu verhindern. Diese Arbeit zielt hauptsächlich auf Jugendliche, z.B, durch die Verteilung eines “Wölfe im Schafspelz” genannten Medienkoffers an Schulen einschließlich eines für Dreizehnjährige bestimmten Films und einer ergänzenden didaktischen Handreichung für die Lehrer. Dazu kommt dann noch eine DVD, die unter anderem von Schulkindern produzierte preisgekrönte Fernsehspots gegen Rechtsextremismus zeigt. Das Programm hat ferner zur Veröffentlichung eines Faltblatts geführt, das den Eltern helfen will, rechtzeitig zu erkennen, wenn ihre Kinder in rechtsextreme und vor allem in Neonazi-Gruppen geraten sind (worauf beispielsweise bestimmte Kleidermarken oder andere Abzeichen deuten). Im Rahmen ihres weit gefassten Auftrags, staatsbürgerliche Erziehung zu fördern, hat die Bundeszentrale für politische Bildung 2007 eine besondere Extremismus-Einheit eingesetzt. Das 1998 vom Bundesinnenministerium ins Leben gerufene Forum gegen Rassismus dient ebenfalls weiterhin seinen Mitgliedern (30 Regierungsstellen und 60 Nichtregierungsorganisationen) als Plattform für den Dialog zum Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Andere Initiativen auf der unteren Ebene umfassen Hilfsprogramme für Gewaltopfer sowie Programme, um Straftätern zu helfen, aus dem rechtsradikalen Milieu herauszukommen. Nichtregierungsorganisationen berichten jedoch, dass örtliche Programme weiterhin nur kurzfristig finanziert werden, obwohl doch allen einleuchtet, das nachhaltige Bemühungen zum Kampf gegen die Häufigkeit rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Gewalt erforderlich sind. Dies beeinträchtigt natürlich die Wirksamkeit solcher Programme.
82. ECRI begrüßt die erwähnten Initiativen und stellt fest, dass beträchtliche Mittel aufgewandt wurden, um auf verschiedensten Wegen der schlimmsten Formen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit Herr zu werden. ECRI begrüßt auch die Tatsache, dass auf allen möglichen Ebenen etwas unternommen wird: Unterstützung der Opfer, Bekämpfung von Straftaten, wo sie begangen werden, Hilfe für Straftäter, die aus dem rechtsextremen Milieu ausbrechen wollen und Bemühungen, Jugendliche vom Abgleiten in Rechtsextremismus abzuhalten. Angesichts des gegenwärtigen beträchtlichen Ausmaßes rassistischer Gewalt in manchen Teilen der deutschen Gesellschaft betont ECRI, dass Programme dieser Art noch für lange Zeit notwendig sein werden.
83. Was die Situation der Opfer rassistischer Gewalt anlangt, hat ECRI keine Kenntnis von irgendwelchen neuen Untersuchungen in den letzten Jahren. Zur im dritten Bericht von ECRI angesprochenen Entschädigungsfrage ist festzuhalten, dass die Behörden mittlerweile den Opfern rassistischer Gewalt nach dem Opferentschädigungsgesetz von 2001 auf freiwilliger Basis Entschädigung zahlen können. Diese Vorschriften sind zwar an sich zu begrüßen, doch hat ECRI erfahren, dass die Kriterien, nach denen die Höhe einer Entschädigung bemessen wird, nicht so sehr von der Art und Schwere der dem Opfer zugefügten Gewalt abhängen, sondern vielmehr von dem Land seiner Herkunft und der Länge und Rechtsgrundlage seines Aufenthalts in Deutschland. ECRI betont, dass rassistische Gewalt die ärgste Form der Bekundung von Rassismus ist, ganz gleich, welche Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsberechtigung das Opfer hat. ECRI ist daher der Meinung, dass die zugesprochene Entschädigung dem Rechnung tragen sollte.
84. ECRI fordert die deutschen Behörden nachdrücklich auf, sich weiterhin und verstärkt darum zu bemühen, das Phänomen rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Gewalt umfassender als bisher anzugehen und dabei nicht lediglich auf die Aktivitäten rechtsextremer Kreise abzustellen, sondern auch in der Gesellschaft insgesamt begründete sonstige Ursachen solcher Gewalt anzugehen.
85. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden erneut, weiterhin und in noch stärkerem Ausmaß örtliche Initiativen zu unterstützen, die darauf abzielen, die demokratische Zivilgesellschaft zu stärken und die örtliche Bevölkerung in die Lage zu versetzen, sich gegen Rechtsextremismus und ganz allgemein gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zur Wehr zu setzen. ECRI empfiehlt ferner, es Organisationen, die in diesem Bereich auf der unteren Ebene tätig sind, leichter zu machen, Finanzmittel, vor allem auch für längerfristige Projekte, zu erlangen.
86. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, sich weiterhin und verstärkt der Lage der Opfer rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Gewalt anzunehmen und dabei zu berücksichtigen, dass diesbezügliche Entschädigungen von dem Schaden abhängen sollten, den das Opfer erlitten hat. ECRI empfiehlt, hierbei auch konkrete Schritte zur Rehabilitierung der Opfer sowie wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema vorzusehen.
87. Im dritten Bericht bestärkte ECRI die deutschen Behörden in ihrem Bemühen, nach Möglichkeiten zu suchen, um die Anwendung der bestehenden Strafrechtsbestimmungen gegen Rechtsextremismus und ganz allgemein gegen rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Gewalt zu verbessern. ECRI unterstrich auch, dass es weiterhin erforderlich sei, bei der Aus- und Fortbildung von Polizei und Justizpersonal auf diese gesetzlichen Bestimmungen besonders hinzuweisen. ECRI legte den deutschen Behörden dringend ans Herz, sich darum zu bemühen, die Situation im Hinblick auf rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten und vor allem gewalttätige Übergriffe unter Kontrolle zu bekommen.
88. Obwohl der Begriff “aus Hass verübte Straftaten” als solcher nicht ausdrücklich im StGB erwähnt wird,[28] hat die Polizei seit 2007 statistische Angaben über “politisch motivierte Straftaten” gesammelt (aufgeteilt nach vier Kategorien: “linksradikal”, “rechtsradikal”, politisch motivierte Handlungen von Ausländern sowie sonstige Arten politisch motivierter Straftaten). Diese Angaben betreffen unter anderem Übergriffe gegen Personen aufgrund ihrer politischen Ansichten, ihrer Nationalität, ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihrer Ideologie, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Identität, ihrer Behinderung, ihres Äußeren oder ihren gesellschaftlichen Stellung. Straftaten gelten als „extremistisch“, wenn sie auf den Umsturz der staatlichen Ordnung gerichtet sind. Fremdenfeindliche Straftaten (begangen aufgrund der tatsächlichen oder vermuteten Nationalität des Opfers, seiner Volkszugehörigkeit, seiner Rasse, seiner Hautfarbe seiner Religion oder seiner Herkunft) sowie antisemitische Straftaten (begangen aufgrund eines antijüdischen Gefühls) werden als Untergruppen dieser Delikte registriert. Die große Mehrheit der als politisch motiviert eingestuften antisemitischen und fremdenfeindlichen Straftaten wird der rechtsextremen Szene zugerechnet. Insgesamt wurden 24,4% der 2007 als politisch motivierte rechtsextreme Delikte registrierten Taten als aus Hass verübte Straftaten bewertet.
89. 2007 registrierte das Bundeskriminalamt 17 176 politisch motivierte Straftaten, wovon 980 Gewaltübergriffe waren. 2006 wurden 17 597 derartige Straftaten gezählt, 1 047 davon als Gewaltübergriffe. 16% der 2007 registrierten rechtsextremen Taten hatten einen fremdenfeindlichen Hintergrund. Nichtregierungsorganisationen, die sich um die Opfer solcher Straftaten kümmern, stellen jedoch fest, dass die von ihnen parallel dazu geführte Statistik gemeldeter rassistischer Übergriffe einen wesentlich höheren Prozentsatz an einschlägigen, politisch motivierten Straftaten aufweist als die offizielle Statistik. Einer der hierfür angeführten Gründe liegt im mangelnden Vertrauen der Opfer rassistischer Übergriffe in die Fähigkeit der Polizei, solche Taten angemessen zu verfolgen.[29]
90. Vertreter von Opfern rassistischer Gewalt weisen ferner darauf hin, dass eines der Haupthindernisse für die erfolgreiche Verfolgung von Straftätern auf diesem Gebiet die in Deutschland herrschende zu enge Auslegung des Begriffs Rassismus ist. Wie oben unter Punkt 84 ausgeführt, kennt das deutsche Recht keinerlei Definition von Rassismus. Rassismus wird (selbst in amtlichen Texten[30]) als eine im wesentlichen von Rechtsextremisten geteilte Ansicht verstanden, der zufolge bestimmte Rassen anderen Rassen biologisch überlegen seien. Nichtregierungsorganisationen glauben, dass diese Meinung in der deutschen Gesellschaft, ja selbst in der Strafjustiz, also unter Polizeibeamten, Staatsanwälten und Richtern, weit verbreitet sei. Infolge dessen dürften rassistisch motivierte Straftaten kaum als solche untersucht und verfolgt werden, es sei denn, die Täten wären klar erkennbar Mitglieder rechtsextremer Gruppen oder Sympathisanten solcher Gruppen. Aber selbst, wenn dies so ist, dürfte das Verständnis der Richter von Rassismus, verbunden mit dem Fehlen einer Strafrechtsbestimmung, die rassistische Beweggründe bei gewöhnlichen Straftaten als strafverschärfend wertet,[31] es schwer machen, zu einer angemessen Verurteilung zu kommen.
91. ECRI sorgt sich, dass Personen, die rassistische Delikte begangen haben, aus diesen Gründen einer angemessenen Verfolgung und Bestrafung entgehen. ECRI weist die Behörden auf die in der Allgemeinen Politik-Empfehlung Nr. 7 zur nationalen Gesetzgebung gegen Rassismus und Rassendiskriminierung enthaltene Definition hin. Darin heißt es, dass „unter “Rassismus” im Sinn dieser Empfehlung die Ansicht zu verstehen ist, dass Gründe wie Rasse[32], Hautfarbe, Sprache, Religion, Nationalität oder nationaler oder ethnischer Ursprung es rechtfertigen, Personen oder Personengruppen zu verachten, oder dass man eine Person oder eine Personengruppe für überlegen hält.“ Die Empfehlung unterstreicht, dass die bloße Tatsache, dass die Täter eines gewaltsamen Übergriffs keine erkennbare Beziehung zur rechtsextremen Szene haben, noch lange nicht bedeutet, dass ihre Handlungen nicht rassistisch motiviert waren. ECRI betont, dass rassistische Gewalt eine besonders schändliche Beeinträchtigung von Grundrechten darstellt, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei mehreren Anlässen herausgestellt hat, weshalb es wichtig ist, dass rassistische Gewalt als solche erkannt und entsprechend bestraft wird.
92. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, nach Möglichkeiten zur wirksameren Anwendung der bestehenden Strafrechtsbestimmungen gegen Rechtsextremismus und ganz allgemein gegen rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Gewalt zu suchen. ECRI empfiehlt den Behörden, sich verstärkt um die entsprechende Aus- und Fortbildung von Polizeibeamten, Staatsanwälten, Richtern und sonstigem Justizpersonal zu bemühen um zu verhindern, dass gewaltsame Übergriffe rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Art aufgrund einer zu engen Auslegung des bestehenden Rechts nicht als solche erkannt werden. ECRI empfiehlt, auch Rechtsanwälten Fortbildung zu diesem Thema anzubieten.
V. Besonders benachteiligte Gruppen / Zielgruppen
Juden
93. Siehe unten, Antisemitismus.
Muslime
94. Im dritten Bericht empfahl ECRI den deutschen Behörden, Schritte zu unternehmen, um Rassismus und Benachteiligung von Muslimen in Deutschland wirksam zu bekämpfen und zu verhüten. ECRI wies die Behörden insbesondere auf die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 5 hin, in der den Regierungen zu diesem Zweck verschiedene gesetzliche und politische Maßnahmen vorgeschlagen wurden.
95. Die deutschen Behörden schätzen, dass etwa 3,4 Millionen Muslime in Deutschland leben. Die Mehrheit davon besitzt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Wie im Fall anderer Gruppen werden Muslime, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, als Ausländer bezeichnet und angesehen, egal,wie lange sie oder ihre Familien schon in Deutschland ansässig sind. Sofern sie nicht Staatsbürger anderer EU-Staaten sind, sind sie auch nicht berechtigt, an Wahlen auf allen Ebenen teilzunehmen. Angesichts der zunehmenden Vielfalt des Hintergrunds und der Anschauungen von in Deutschland lebenden Muslimen verfügen sie angeblich über keine ausgeprägte kollektive Identität. Nur wenige Muslime finden sich in herausgehobener Stellung in deutschen politischen Parteien und auch nur wenige wurden in den Bundestag gewählt.
96. Muslime werden im Alltag häufig diskriminiert, finden nicht leicht Arbeit und leben oft in sogenannten Ghetto-Vierteln.[33] In der Schule haben muslimische Kinder nicht nur wie ganz allgemein auch andere Kinder mit Migrationshintergrund schlechtere Noten als Deutsche, sondern darüber hinaus wird auch von Fällen berichtet, in denen sie durch einige Lehrer benachteiligt werden.[34] Fast zwei Drittel aller Muslime gaben an, in den letzten zwölf Monaten irgendwelche Formen von Benachteiligung erfahren zu haben. Was die allgemeine Einstellung der Gesellschaft gegenüber Muslimen anbetrifft, so gaben zahlreiche Muslime auf Fragen nach ihrer Erfahrung im letzten Jahr an, man habe sie als primitive oder komische Menschen und mitunter gar roh behandelt, weil man sie als Ausländer wahrgenommen habe. Sie hätten abwertende Bemerkungen zu hören bekommen wie etwa “geht doch Heim !”, und man habe ihnen ganz bewusst Schimpfwörter nachgerufen. Ein Fünftel gab an, bei der Polizei oder sonstigen Behörden benachteiligt worden zu sein. Fast jeder Zehnte berichtete von Fällen bewusster Sachbeschädigung oder Zerstörung, und 3% erwähnten körperliche Angriffe.[35]
97. ECRI nimmt mit Besorgnis Kenntnis von einem neuen, im Januar 2009 in Kraft getretenen Gesetz über die Erfassung personenbezogener Daten. Nach diesem Gesetz können Muslime im Gegensatz zu Personen, deren Religionsgemeinschaft als Körperschaft öffentlichen Rechts eingetragen ist, ihren Glauben nicht eintragen lassen. ECRI ist der Ansicht, hierin könnte eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erblickt werden.
98. Was muslimische Religionsausübung und Islam-Unterricht angeht, so ist festzustellen, dass Religionsunterricht an Schulen in Deutschland gestattet ist, doch ist muslimischer Religionsunterricht an Schulen noch eine große Seltenheit. Im März 2008 einigte sich die dritte offizielle Islamkonferenz darauf, Islam-Unterricht in den Lehrplan öffentlicher Schulen aufzunehmen. Diese Initiative trifft jedoch auf das Problem, dass es an ausgebildeten muslimischen Lehrern mangelt, die gut genug Deutsch können, um an der Schule Islam-Unterricht zu erteilen. Hinsichtlich der Ausübung der muslimischen Religion hat es um den Bau von Moscheen oft Streit gegeben, der in einigen Fällen von rechtsextremen Parteien in ihrem Sinne ausgenutzt wurde. Als Reaktion auf den geplanten Bau einer von Europas größten Moscheen in Köln wurde ausschließlich zum Zweck der Verhinderung dieses Projekts eine Protestbewegung gegründet, die bei den Kommunalwahlen in Köln auf Anhieb 5 % der Stimmen (und 5 Sitze im Stadtrat) gewann. Die Protestbewegung lud nationalistische Gruppen aus ganz Europa zur Beteiligung an einer Kundgebung und einem Kongress Mitte September 2008 in Köln ein, um der angeblichen “Islamisierung und Unterwanderung” Deutschland und Europas entgegenzutreten. Die Demonstration wurde jedoch von mehreren Tausend Gegendemonstranten aufgehalten, die den Zugang zu dem Platz, auf dem die Kundgebung stattfinden sollte, sperrten. Freilich waren nicht alle Vorhaben dieser Art so umstritten. In zahlreichen Fällen haben Politiker und die Mehrheit der Bevölkerung den Bau einer Moschee befürwortet. In Duisburg wurde im Oktober 2008 mit allgemeiner Unterstützung Deutschlands größte Moschee eröffnet. Diese Moschee ist – einmalig in Deutschland – mit einem Gemeindezentrum verbunden, das allen Bewohnern der Stadt offen steht.
99. Ein großes Problem entsteht für muslimische Frauen, wenn sie sich für das Tragen eines Kopftuchs entscheiden, weil sie es dann besonders schwer haben, Arbeit zu finden. Nachdem Baden-Württemberg im Jahr 2000 beschlossen hatte, einer muslimischen Lehrerin das Tragen eines Kopftuchs im Unterricht zu untersagen, entschied das Bundesverfassungsgericht im konkreten Fall zugunsten der Lehrerin, überließ es jedoch den Ländern, per Gesetz festzulegen, welche religiösen Symbole bei welchem Anlass getragen werden dürfen. Seitdem haben acht Länder – Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland – ausdrücklich das Tragen von Kopftüchern an Schulen gesetzlich untersagt. In Hessen dürfen Beamte grundsätzlich kein Kopftuch tragen. Es wird berichtet, dass die öffentliche Diskussion um das Tragen von Kopftüchern sich für muslimische Frauen noch nachteiliger ausgewirkt hat als die entsprechenden Gesetze selbst, weil Kopftuch tragende Frauen in der öffentlichen Debatte als unterdrückt und abhängig beschrieben wurden. Muslimische Frauen berichten darüber hinaus, dass es nach Verabschiedung dieser Gesetze auch im Privatsektor immer schwieriger geworden ist, Arbeit zu finden, weil der Eindruck vermittelt wurde, es sei sinnvoll, Bewerberinnen allein deshalb abzuweisen, weil sie ein Kopftuch tragen.
100. Vertreter der Zivilgesellschaft berichten immer wieder, dass die Berichterstattung der Medien über Muslime in Deutschland seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ziemlich einseitig geworden sei. Eine Untersuchung ergab beispielsweise, dass polizeiliche Untersuchungen von Moscheen unweigerlich auf der Titelseite gemeldet wurden, während der Umstand, dass all diese Razzien im Grund nichts ergeben hätten, verschwiegen worden sei. Manche Kommentatoren machen die Muslime selbst für Diskriminierung ihnen gegenüber verantwortlich; denn es wird behauptet, es sei alles ihre Schuld, weil sie sich nicht integrieren wollten, – z.B. wegen der Tatsache, dass sie per Satelliten Fernsehsendungen in ihrer Heimatsprache anschauten. Auch politische Äußerungen waren häufig negativ.[36] Muslime wurden von der Presse und den Behörden immer wieder mit Kriminalität und besonders mit Terrorismus in Verbindung gebracht. Politische Äußerungen über Muslime drehen sich häufig um “Fragen der inneren Sicherheit”, und das schwerpunktmäßige Bemühen der Behörden, vor allem des Verfassungsschutzes, um Erfassung radikaler islamistischer Gruppen dürfte dazu führen, dass selbst gemäßigten Gruppen keine öffentlichen Gelder mehr bewilligt werden und dass sie von politischen Entscheidungen ausgeschlossen werden. ECRI erkennt zwar die Berechtigung und Bedeutung des Bemühens um innere Sicherheit an, ist jedoch besorgt darüber, dass die simple Gleichsetzung friedlicher Muslime, die ja die Mehrheit ausmachen, mit den wenigen gewaltbereiten Muslimen sämtliche Muslime in den Augen der Öffentlichkeit stigmatisieren und längerfristig mehr Entfremdung als Sicherheit bewirken könnte. ECRI betont, dass der Eindruck, den die Behörden und die Medien vermitteln, von entscheidender Bedeutung ist, wenn es gilt, Vertrauen aufzubauen und Dialog zu fördern, um eine eher auf Vertrauen als auf gegenseitige Verdächtigungen und Ängste beruhende Gesellschaft zu schaffen.
101. Vor diesem Hintergrund begrüßt ECRI die vom Innenministerium ins Leben gerufene Deutsche Islamkonferenz (DIK), die den Behörden aller Ebenenen und den Muslimen in Deutschland ein dauerhaftes Gesprächsforum bieten will. Zuvor fehlte ein solches Forum, zum Teil auch deshalb, weil die Behörden unbedingt einen einzigen Gesprächspartner zur Vertretung der Gesamtheit und Vielfalt der über drei Millionen Muslime in Deutschland finden wollten, die aus Europa, Nordafrika, Afrika südlich der Sahara, dem Nahen Osten und Asien stammen. Mithin ist die Konferenz ein bedeutendes Zeichen für einen Sinneswandel der Behörden. Die Behörden haben zu verstehen gegeben, dass es bei der Konferenz darum geht, offene und konstruktive Formen des Zusammenlebens und eine bessere Integration der Muslime in Deutschland zu fördern. Man will an Hand von Beispielen zeigen, dass Muslime Teil der deutschen Gesellschaft geworden sind, der Abkapselung der Muslime in Deutschland entgegenwirken und Islamismus und Extremismus verhüten. ECRI bemerkt, dass es sich hierbei um ein schwieriges Unterfangen handelt. Einerseits könnte das neue Gesprächsforum zwischen Muslimen und Behörden der Gesellschaft insgesamt ein positives Zeichen setzen, andererseits könnte diese Botschaft Gefahr laufen, durch Überbetonung von Fragen der inneren Sicherheit überschattet zu werden. Es besteht die Gefahr, dass die Konzentration auf Probleme der inneren Sicherheit den falschen Eindruck erweckt, als seien Muslime ganz allgemein extremistisch eingestellt und als beträfen Sicherheitsprobleme ausschließlich die Muslime. Der Umgang mit diesen Fragen wird daher großen Einfluss darauf haben, ob die Konferenz ihre Ziele erreicht.
102. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden dringend, sich verstärkt um die wirksame Bekämpfung und Verhinderung von Rassismus und Diskriminierung gegenüber Muslimen in Deutschland zu bemühen. ECRI weist die Behörden abermals auf die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 5 zur Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung gegenüber Muslimen hin, die den Regierungen zu diesem Zweck eine Reihe von gesetzlichen und politischen Maßnahmen vorschlägt.
103. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, bei der Erhebung von personenbezogenen Daten alles für die Gleichbehandlung praktizierender Muslime mit Angehörigen von Religionsgemeinschaften, die als öffentlich-rechtliche Körperschaften eingetragen sind, zu unternehmen.
104. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden eindringlich, alles zu tun, um sowohl bei ihrer eigenen Arbeit als auch bei den der Gesellschaft als Ganzes vermittelten Botschaften zwischen der kleinen Zahl von Muslimen, die möglicherweise – wie auch jede beliebige andere Gruppe – radiale Ansichten vertritt, und der großen Mehrheit zu unterscheiden. ECRI weist die Behörden auf die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 8 hin, die den Regierungen eine Reihe von gesetzlichen und politischen Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung von Terrorismus bei gleichzeitiger wirksamer Bekämpfung von Rassismus vorschlägt.
Türken
105. Die türkische Gemeinschaft in Deutschland zählt rund 2,7 Millionen und ist die größte einzelne Gruppe von Bürgern nichtdeutscher Herkunft. Etwa 1,7 Millionen von ihnen besitzen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, auch wenn die meisten von ihnen schon länger als sieben Jahr in Deutschland leben.[37] Die türkische Gemeinschaft wird oft als Untergruppe der muslimischen Gemeinschaft angesehen, doch umfasst sie Einwanderer von recht unterschiedlichem Hintergrund. Gleichwohl klagen die Türken ähnlich wie andere Muslime über Benachteiligung. Der Schulerfolg von Kindern türkischen Ursprungs, also mit Migrationshintergrund, liegt unter dem Durchschnitt. Türken werden auch bei der Arbeits- und Wohnungssuche benachteiligt, z.B. wegen ihres Namens oder ihres Akzents im Deutschen.[38] Als die größte Ausländergruppe in Deutschland werden Türken auch von der neuen staatlichen Integrationspolitik besonders betroffen, deren positive und negative Auswirkungen an anderer Stelle in diesem Bericht geschildert werden.[39] Hinzukommt, dass auch Türken Zielscheibe rassistischer Übergriffe werden. Die vielen Türken, die keine deutsche Staatsbürgerschaft oder die eines anderen EU-Staates besitzen, dürfen auch nicht an Wahlen der verschiedenen Ebenen teilnehmen.
106. Vor diesem Hintergrund ergab eine im März 2008 durchgeführte Untersuchung, dass die meisten Menschen türkischen Ursprungs es zwar nicht bereuen, sich in Deutschland niedergelassen zu haben, mehr als die Hälfte davon sich aber als unwillkommen und nicht angemessen vertreten fühlte. Die im November 2008 erfolgte erstmalige Wahl eines deutschen Bürgers türkischer Herkunft in die Führungsspitze einer deutschen politischen Partei wurde verständlicherweise als bahnbrechendes Ereignis in der deutschen Politik gefeiert.
107. ECRI weist die Behörden auf die an anderer Stelle in diesem Bericht ausgesprochenen Empfehlungen hin, vor allem auf die Empfehlungen zum Erwerb der Staatsbürgerschaft, zur Benachteiligung im Bildungswesen, auf dem Arbeitsmarkt und im Wohnungswesen und zur Integration. In diesem Zusammenhang betont ECRI, wie wichtig es ist, für ein Umfeld zu sorgen, in dem sowohl Türken wie Einwanderer sonstigen Hintergrunds sich willkommen fühlen.
Schwarze
108. Angehörige der schwarzen Gemeinschaft sind besonders oft Zielscheibe rassistischer Gewalt. Seit dem dritten Bericht von ECRI kam es zu einer Anzahl besonders brutaler Gewaltakte gegenüber Schwarzen. Schwarze berichten, dass es immer noch in einigen Ländern „No go – Gebiete“ gibt, in die Schwarze sich ungern allein oder am besten überhaupt nicht hineintrauen und in die sie auf keinen Fall ihre Kinder mitnehmen würden aus Angst vor rassistiechen Übergriffen. Ferner berichten schwarze Opfer rassistischer Gewalt, dass sie, wenn sie sich um Hilfe an die Polizei wenden, als “Opfer zweiter Klasse” behandelt fühlen. Man verdächtigt sie z.B. leicht als Drogenhändler oder bestenfalls als Querulanten, wenn sie einen rassistischen Übergriff melden möchten oder die Polizei einzugreifen bitten, um einen gewaltsamen Übergriff zu unterbinden. Wenn die Polizei dann kommt, stellt sich oft nachher heraus, dass der anwesende Polizeibeamte es versäumt hat, die Angreifer festzunehmen oder ihre Personalien festzustellen, so dass keine Chance mehr besteht, die Täter mit Erfolg zu belangen.
109. Obwohl sie, was rassistische Gewalt angeht, häufig zu den äußerlich erkennbaren Minderheiten gerechnet werden, beklagen sich Angehörige der schwarzen Gemeinschaft (die auf 200 000 bis 300 000 Personen geschätzt wird), dass sie im Übrigen praktisch nicht als aktive Mitglieder der Gesellschaft wahrgenommen werden. Schwarze werden benachteiligt, wenn sie Arbeit suchen.[40] Sie finden wenige berufliche Vorbilder für ihre Rolle, egal, ob als Lehrer, Bankangestellte oder öffentliche Bedienstete. Auch das gegliederte Schulsystem macht ihnen zu schaffen.[41] Hinzukommt ein relativer Mangel an Vielfalt in den Medien.[42] Wenn schwarze Schauspieler auftreten, dann oft nur in Rollen, die dem herrschenden Klischee entsprechen. Was den Anzeigenbereich angeht, berichten Nichtregierungsorganisationen, dass manche Werbeanzeigen Schwarze mehr als exotische denn als menschliche Wesen dargestellt werden. ECRI stellt weiter fest, dass es offenbar nur sehr wenige wissenschaftliche Untersuchungen zur Lage von Schwarzen in Deutschland gibt, die den Behörden und der breiten Öffentlichkeit Aufschluss über die Probleme geben könnten, denen sich Schwarze gegenüber sehen, und die es zugleich erleichtern würden, nach Lösungen zu suchen.
110. ECRI weist die deutschen Behörden auf die an anderer Stelle in diesem Bericht ausgesprochenen Empfehlungen hin, die besonders die Überwindung von rassistischer Gewalt und Rassendiskriminierung auf verschiedenen Gebieten des täglichen Lebens sowie größere Vielfalt in den Medien im Auge haben. ECRI betont deren Bedeutung zur Überwindung der Formen von Rassismus, denen Schwarze am häufigsten ausgesetzt sind. Weiter empfiehlt ECRI wissenschaftliche Untersuchungen zur besonderen Situation von Schwarzen in Deutschland, um etwa Bereiche festzustellen, in denen dringend gehandelt werden muss, um Benachteiligungen abzustellen.
Roma und Sinti – Gemeinschaften
111. Die deutschen Sinti and Roma bilden eine der vier in Deutschland anerkannten nationalen Minderheiten und werden als solche vom Bund bei der Verteidigung und Förderung ihrer Minderheitsrechte unterstützt. Der Staat hat auch Schritte unternommen, um das Leid der Roma und Sinti während des Holocaust offiziell anzuerkennen, was zu begrüßen ist. Roma und Sinti berichten jedoch, dass sie im Alltag nach wie vor diskriminiert werden, besonders bei der Wohnungssuche und in der Schule, wo die Lehrer oft wenig von der Geschichte der Roma und Sinti wissen und negativen Klischees anhängen. Vertreter der Roma und Sinti weisen auch darauf hin, dass das Klima in der öffentlichen Meinung ihnen gegenüber allgemein ungünstig ist, und zwar sowohl in den Medien, – die weiterhin in ihrer Berichterstattung über Straftaten unnötigerweise hervorheben, dass Roma und Sinti beschuldigt wurden, falls sie beteiligt waren, – als auch bei der Polizei.[43] Roma und Sinti – Vertreter zeigen sich auch zutiefst beunruhigt über die zunehmende Verbreitung gehässiger Äußerungen im Internet ihnen gegenüber. Auf vergleichbare Stigmatisierung stoßen auch Roma, die erst jüngst nach Deutschland gelangt sind. Hinzukommt in ihrem Fall, dass sie sich besonders schwer tun, soziale Rechte geltend zu machen, weil viele von ihnen Flüchtlinge oder Asylbewerber sind oder nur mit Duldungsstatus in Deutschland leben.
112. ECRI empfiehlt weitere Schritte zur Verbesserung der Situation von Roma und Sinti in Deutschland in Absprache mit ihren Vertretern, um gegen sie gerichteten Rassismus und rassische Diskriminierung zu bekämpfen und zu verhindern. ECRI weist erneut auf die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 3 zur Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz gegen Roma und Sinti hin, die den Regierungen zu diesem Zweck eine Reihe von gesetzlichen und politischen Maßnahmen vorschlägt.
Die Situation von Wanderarbeitnehmern, Asylbewerbern, Flüchtlingen, sonstigen Personen unter internationalem Schutz und Personen mit Duldungsstatus
– Flüchtlinge und Asylbewerber
113. Im dritten Bericht unterstützte ECRI die deutschen Behörden in ihren Bemühungen sicherzustellen, dass auch die Verfolgung durch nichtstaatliche Kreise und geschlechtsbezogene Unterdrückung in Deutschland als Gründe für die Gewährung von Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention anerkannt würden, und empfahl den Behörden, ihre Bemühungen um besondere Fortbildung in Asyl- und Flüchtlingsfragen für mit Asylproblemen befasste Richter zu verstärken. Weiter empfahl ECRI den deutschen Behörden, dafür zu sorgen, dass niemand in Missachtung des Nichtabschiebungsgrundsatzes und von Art. 3 der EMRK gewaltsam in sein Heimatland abgeschoben werde. ECRI sprach auch verschiedene Empfehlungen zum Verfahren auf Flughäfen und der Situation von Kindern ohne Begleitung aus
114. Seit Inkrafttreten des neuen Einwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 genießen unter die Genfer Konvention fallende Flüchtlinge und aufgrund der Verfassung anerkannte Flüchtlinge nach deutschem Recht den gleichen Status. Verfolgung aufgrund des Geschlechts und Verfolgung durch nichtstaatliche Kreise wurden ausdrücklich in die Liste der Kriterien für die Anerkennung als Flüchtling in Deutschland aufgenommen. ECRI begrüßt diese Entwicklung und stellt fest, dass seither der Prozentsatz anerkannter Flüchtlinge gestiegen ist. Zwar mag dies auch auf verschiedene andere Faktoren wie z.B. Zuwanderung von Asylbewerbern neuerdings aus anderen Ländern zurückzuführen sein, so scheint dieser Anstieg doch wenigstens zum Teil das Ergebnis einer besseren Anwendung der einschlägigen Kriterien zu sein. Etliche Probleme bleiben jedoch Gegenstand der Sorge, nämlich die Frage, ob die Kriterien in der Praxis überall konsequent und effektiv angewandt werden. Es könnte sein, dass es noch relevante Fälle gibt, die nicht erfasst werden.
115. Was das beschleunigte Verfahren auf Flughäfen angeht, nach dem mit dem Flugzeug eintreffende Asylbewerber festgehalten werden, ehe sie deutschen Boden betreten, so haben Asylbewerber auch in diesem Fall weiterhin das Recht auf juristische Beratung. ECRI stellt aber im Zusammenhang mit anderen Bedenken hinsichtlich dieses beschleunigten Verfahrens fest, dass ein höherer Prozentsatz der Anträge von Asylbewerbern, die diesem Flughafenverfahren (und nicht dem sonst üblichen Verfahren im Inland) unterliegen, als offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, was bedeutet, dass man ihnen die Einreise nach Deutschland verwehrt. Besonders schutzbedürftige Gruppen wie etwa Minderjährige ohne Begleitung können weiterhin diesem Verfahren unterworfen werden, obwohl es heißt, dass die Zahl von Minderjährigen ohne Begleitung, die an Flughäfen aufgegriffen wurden, seit 2007 zurückgegangen sei.
116. ECRI ist auch darüber beunruhigt, dass die Gerichte die Schwelle für einen Widerruf des Asylanten- oder Flüchtlingsstatus nach § 73 des Asylverfahrensgesetzes zu niedrig ansetzen. Das bedeutet, dass manchen Personen der Flüchtlingsstatus zu voreilig aberkannt werden könnte, was zur Folge hat, dass man ihnen nahelegt oder in manchen Fällen sie sogar zwingt, in ihr Heimatland zurückzukehren, obwohl die dortigen Verhältnisse einer Rückkehr noch keineswegs förderlich sind.
117. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, sich weiterhin verstärkt um besondere Fortbildungsmaßnahmen in Asyl- und Flüchtlingsfragen für Richter und sonstige mit Asylverfahren befasste Beamte zu bemühen, um dafür zu sorgen, dass die neuen Anerkennungskriterien des Einwanderungsgesetzes von 2004 in der Praxis auch effektiv angewandt werden.
118. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, das Flughafenverfahren im Auge zu behalten und notfalls zu ändern, um sicher zu gehen, dass echte Asylbewerber nicht ihres Schutzes beraubt werden. ECRI wiederholt die Empfehlung, Minderjährige ohne Begleitung von der Anwendung dieser Bestimmung auszunehmen.
119. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden äußerste Vorsicht beim Widerruf des Flüchtlingsstatus, insbesondere dann, wenn dies zum Verlust der Aufenthaltserlaubnis führen würde.
120. Im dritten Bericht hatte ECRi die Empfehlung wiederholt, die deutschen Behörden mögen z.B. durch angemessene Arbeitsmöglichkeiten dafür sorgen, dass Asylbewerber nicht völlig mittellos gelassen würden. Ferner hatte ECRI den deutschen Behörden empfohlen, die Bewegungsfreiheit von Asylbewerbern zu respektieren und dafür zu sorgen, dass allen anerkannten Flüchtlingen das Recht auf Nachzug der Familie gewährt werde.
121. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Januar 2008 dürfen anerkannte Flüchtlinge ihren Wohnsitz inzwischen frei wählen. Wer als Sozialhilfeempfänger jedoch von staatlichen Mitteln abhängig ist, bleibt weiterhin ortsgebunden. Asylbewerber sind strengeren Regeln unterworfen. Sie müssen in dem ihnen zugewiesenen Kreis wohnen bleiben und dürfen diesen nicht ohne Genehmigung verlassen. ECRI nimmt zur Kenntnis, dass eine, auf Art. 2 des Protokolls Nr. 4 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gestützte Beschwerde gegen diese Vorschrift vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für unzulässig erachtet wurde.[44] Zweck dieser Beschränkungen der Bewegungsfreiheit ist es, die Kosten für die Betreuung von Asylbewerbern auf die Ländern zu verteilen, doch fürchtet ECRI, unabhängig von der Vereinbarkeit dieser Beschränkungen mit der EMRK, dass sie für Asylbewerber unnötige Härten mit sich bringen. ECRI weist die Behörden darauf hin, dass Asylbewerber, die ja sowieso schon schutzbedürftig sind und per Definition im Heimatland Verfolgungen ausgesetzt waren, in einigen Fällen in Gegenden Deutschlands untergebracht bleiben mussten, in denen rassistische Gewalt bekanntlich besonders verbreitet ist, obwohl viele von ihnen zu Gruppen zählten, die am häufigsten Zielscheibe rassistischer Übergriffe waren. Sie finden sich folglich in einer Situation, in der sie ganz besonders Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ausgesetzt sind, ohne die Möglichkeit zu haben, in Gegenden wegzuziehen, in denen sie weniger zu befürchten hätten. Darüber hinaus hat ECRI erfahren, dass zwar regelmäßig Reiseerlaubnis erteilt wird, wenn jemand sich bei einem Rechtsanwalt oder einer Nichtregierungsorganisation Rat holen will, aber nicht unbedingt zum Besuch von Familienmitgliedern, was im Ergebnis die Isolierung und Ängste, die Asylbewerber allein schon wegen ihres Status empfinden, noch verstärkt.
122. Die Behörden haben mitgeteilt, dass Asylbewerbern Unterstützung zur Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse zuteil wird. Dies geschieht normalerweise in Form von Sachleistungen, doch erhalten sie auch etwas Geld für zusätzliche Bedürfnisse. Im Schnitt liegt diese Unterstützung um 20 % unter der anderen Kategorien von Personen gewährten Sozialhilfe. Asylbewerber erhalten zwar ein Jahr nach ihrer Ankunft eine nachrangige Arbeitserlaubnis, doch gilt diese nur, wenn ihnen Arbeiten angeboten werden, für die kein anderer Bewerber mit normaler Arbeitserlaubnis zur Verfügung steht. Asylbewerber können keine normale Arbeitserlaubnis erhalten, ehe über ihren Antrag entschieden wurde oder ehe sie nicht mindestens drei Jahre im Land sind. Die ersten drei Monate werden Asylbewerber in Aufnahmezentren untergebracht, dann verteilt man sie auf Asylbewerberheime in ganz Deutschland. In manchen Ländern dürfen ihre Kinder von Anfang an die Schule besuchen, in anderen hingegen nicht, solange die Familie noch im Auffnahmezentrum lebt.
123. ECRI stellt fest, dass etliche dieser Asylbewerberheime, in denen Asylbewerber manchmal mehrere Jahre leben, sich noch in abgelegenen Gegenden befinden, wo Beratung in rechtlichen und sozialen Angelegenheiten nicht so leicht zur Verfügung steht. Ganz allgemein findet ECRI es bedenklich, dass Asylbewerber selbst nach den ersten drei Monaten, in denen sie in Auffnahmezentren unterkommen, in Gemeinschaftsunterkünften wohnen müssen. Längerfristig beeinträchtigt dies ihre Integrierungschancen, weil es nicht nur ihren Kontakt mit der deutschen Gesellschaft verzögert, sondern auch zu ihrer Stigmatisierung in den Augen der deutschen Bevölkerung beitragen dürfte. ECRI bereitet es ferner Sorge, dass Kinder von Asylbewerbern, die in Ländern untergebracht sind, in denen die Kinder nicht zum Schulbesuch verpflichtet sind, in der Praxis ohne Schulunterricht aufwachsen. ECRI hofft sehr, dass derzeit laufende Bemühungen zur Lösung dieses Problems Erfolg haben. ECRI hat auch gehört, dass Asylbewerber Gebühren zahlen müssen, wenn sie um Erlaubnis zu Reisen außerhalb des ihnen zugewiesenen Wohngebiets nachsuchen. Wenn man bedenkt, wie wenig Sozialhilfe, vor allem in Form von Geld, Asylbewerber bekommen und dass sie sich meist nichts hinzuverdienen können, so ist zu befürchten, das diese Praxis ihnen kaum Möglichkeiten lässt, etwa auch, um ihren Fall mit einem Anwalt oder einer Nichtregierungsorganisation zu besprechen.
124. Was den Familiennachzug bei Flüchtlingen betrifft, stellt ECRI fest, dass Flüchtlinge dazu erst dann berechtigt sind, wenn ihr Status endgültig entschieden ist und sie über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen. Sie können – ja müssen in manchen Fällen – vom üblicherweise verlangten Nachweis befreit werden, dass sie nicht von Sozialhilfe leben und über genügend Wohnraum zur Unterbringung ihrer Familie verfügen. Jedoch beschränkt sich dieses Recht, die Familie nachzuholen, außer in besonderen Härtefällen, auf die Ehefrau und die minderjährigen Kinder. Hinzukommt, dass das Antragsverfahren sich über Monate hinziehen kann, was es Minderjährigen besonders schwer macht, die mit ihren Eltern vereint sein möchten.
125. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, die Beschränkungen zu überprüfen, die für Sozialhilfeempfänger gelten, sowie diejenigen, die Asylbewerber in der Wahl ihres Wohnsitzes und in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken, um sicherzustellen, dass diese Maßnahmen Asylbewerber nicht in unverhältnismäßiger Weise belasten.
126. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, die Möglichkeit zu prüfen, Asylbewerbern in größerem Umfang Arbeitserlaubnisse zu erteilen um sicherzustellen, dass sie über angemessene Mittel zu ihrem Unterhalt verfügen, und wiederholt die Empfehlung, allen anerkannten Flüchtlingen volle Rechte auf Nachzug der Familie zu gewähren.
– Personen mit Duldungsstatus
127. Personen mit Duldungsstatus in Deutschland sind grundsätzlich verpflichtet, das Land wieder zu verlassen. Ihre Anwesenheit wird geduldet, weil sie nicht abgeschoben werden können (z.B. weil sie, obwohl sie nicht als Flüchtlinge anerkannt wurden, wegen der in ihrer Heimat herrschenden Verhältnisse nicht abgeschoben werden können). Diese Personen besitzen in der Regel nur kurzfristige Aufenthaltserlaubnisse für Deutschland (z.B. für drei Monate mit Verlängerungsmöglichkeit), was es ihnen natürlich erschwert, Arbeit zu finden. Überhaupt dürfen sie keine Arbeit aufnehmen, ehe sie nicht mindestens ein Jahr lang in Deutschland waren, und sind auch nicht berechtigt, an Integrationsmaßnahmen teilzunehmen.
128. Im dritten Bericht unterstützte ECRI die deutschen Behörden bei ihren Plänen, Personen, die ein Recht auf vorübergehenden Schutz haben, zeitlich eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Zugleich empfahl ECRI den Behörden, für Personen, die schon lange Zeit mit Duldungsstatus in Deutschland leben und sich gut eingelebt haben, eine humane und die Menschenrechte achtende Lösung zu finden. ECRI begrüßt die Tatsache, dass zwischenzeitlich Vorschriften erlassen wurden, die es Personen, die schon etliche Jahre mit Duldungsstatus in Deutschland gelebt haben, – 6 Jahre, falls sie Kinder haben, andernfalls 8 Jahre – ermöglichen, probeweise eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, vorausgesetzt, sie verfügen über Wohnraum und haben keine Straftaten begangen. Danach können sie eine Aufenthaltserlaubnis erlangen, wenn sie bis Ende 2009 nachweisen können, dass sie Arbeit gefunden haben. Diese Frist ist jedoch festgelegt, so dass Personen mit Duldungsstatus, die erst in jüngster Zeit nach Deutschland gelangt sind, von diesen Vorschriften nicht profitieren können. Laut Angabe der Behörden haben bis jetzt etwa 50 000 Personen gemäß den jetzigen und den früheren Bestimmungen endgültigen Rechtsstatus erlangt.
129. ECRI unterstützt die deutschen Behörden bei ihren Bemühungen um eine humane und die Menschenrechte achtende Lösung für alle Personen einschließlich solcher, die von den jetzigen Bestimmungen nicht erfasst werden, die schon lange Zeit mit Duldungsstatus in Deutschland gelebt und sich gut eingewöhnt haben.
– Familiennachzug
130. Im dritten Bericht empfahl ECRI den deutschen Behörden, dafür zu sorgen, dass das Recht auf Privat- und Familienleben sowie die Rechte der Kinder sämtlicher in Deutschland lebender Personen, auch der Ausländer, in vollem Umfang respektiert würden. ECRI forderte Maßnahmen, um es Kindern leichter zu machen, wieder mit ihren Familien zusammenzukommen, und um Besuche von im Ausland lebenden Familienmitgliedern zu erleichtern. ECRI vertrat die Ansicht, dass das Höchstalter von 16 Jahren für zuzugsberechtigte Kinder nicht weiter gesenkt, sondern für alle auf 18 Jahre erhöht werden sollte.
131. Die deutschen Behörden haben mitgeteilt, dass infolge der Umsetzung der Ratsrichtlinie 2003/86/EC zum Recht auf Familiennachzug in deutsches Recht das Höchstalter für zuzugsberechtigte Kinder nicht unter 16 Jahre gesenkt werde. In Übereinstimmung mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen liegt die Altersgrenze für den Zuzug bei 18 Jahren in Fällen, in denen Aussicht auf „positive Integration“ der Kinder besteht, dgl. im Fall asylberechtigter Kinder und nach der Genfer Konvention anerkannter Flüchtlinge oder sofern die Kinder ihren gewöhnlichen Hauptwohnsitz zusammen mit den Eltern in die Bundesrepublik Deutschland verlegen.
132. Seit dem dritten Bericht von ECRI wurden neue Maßnahmen zum Zuzug von Ehegatten ergriffen. Seit 2007 müssen Personen, die zu ihrem Ehepartner nach Deutschland wollen, Deutschkenntnisse mindestens auf Niveau A1 nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen nachweisen, ehe sie ihr Heimatland verlassen. Zum Beweis der entsprechenden Sprachkenntnisse müssen die Ehepartner das Zeugnis eines Goethe-Instituts vorweisen, das bestätigt, dass sie den Test “Start Deutsch 1” bestanden haben. In Ländern, in denen dieser Test noch nicht angeboten wird, ist es Sache der Botschaften oder Generalkonsulate, bei der Beantragung des Visums die nötigen Deutschkenntnisse zu prüfen. Prüfungszeiten, Gebühren und Antragsverfahren hängen davon ab, wo die Prüfung stattfindet. Die Behörden gaben an, dass Interessenten zur Erreichung der nötigen Niveaus im Deutschen Sprachkurse des Goethe-Instituts oder anderer Organisationen besuchen könnten. Kostenlose Deutschkurse für Anfänger und Fortgeschrittene werden in 30 Sprachen auch auf der Homepage der Deutschen Welle angeboten. Abgesehen davon sind bestimmte Personengruppen vom Nachweis der Deutschkenntnisse ausgenommen: EU-Bürger; körperlich oder geistig kranke oder behinderte Personen, die aus diesen Gründen keine Grundkenntnisse im Deutschen vorweisen können; Personen mit Hochschulabschluss oder vergleichbarer Qualifikation; Personen, die nicht dauerhaft in Deutschland bleiben wollen; Personen, deren Ehegatte eine Aufenthaltserlaubnis als hochqualifizierte Fachkraft hat; Wissenschaftler; Betriebsgründer; Asylberechtigte oder anerkannte Flüchtlinge; Personen, die in einem anderen EU-Staats dauerhaft aufenthaltsberechtigt sind; Staatsbürger von Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, Neuseeland oder den USA.
133. Die Behörden haben mitgeteilt, dass diese Maßnahme neuen Einwanderern die Integration erleichtern soll. Der Grundgedanke ist, dass Grundkenntnisse im Deutschen es leichter machen, in Deutschland Fuß zu fassen und die Basis für spätere, staatlich finanzierte Integrationskurse bilden, an denen neue Einwanderer seit 2005 teilnahmeberechtigt sind.[45] ECRI gibt aber zu bedenken, dass Sprachkurse außerhalb größerer Städte nicht überall leicht zu finden sind. Obendrein sind sie, falls sie angeboten werden, selten kostenlos. Wer außerhalb größerer Städte lebt, hat auch nicht immer Internet-Zugang. Das gilt zum Beispiel für ländliche Gegenden in Ländern, aus denen die Personen, die Antrag auf Familienzuzug stellen, häufig stammen. Eigentlich könnte die Sprache doch auch erst nach der Ankunft in Deutschland gelernt werden. In einer deutschsprachigen Umgebung würde man auch schneller sprachliche Fortschritte machen. Wenn der schon in Deutschland lebende Ehegatte solange allein bleiben muss, bis der im Heimatland zurückgebliebene Ehegatte A 1 – Niveau im Deutschen erreicht hat, dann ist dies seiner Integration in Deutschland bestimmt nicht förderlich. Die Trennung könnte ohne die emotionale und psychologische Unterstützung, welche die Anwesenheit von Familienangehörigen normalerweise bedeutet, sogar im Gegenteil eher zu einem negativen und entfremdenden Eindruck von Deutschland führen. Es fehlt im Übrigen eine Ausnahmeregel, um besondere Härtefälle berücksichtigen zu können. Aus der Sicht der deutschen Bevölkerung mögen die neuen Erfordernisse zwar auf den ersten Blick beruhigend wirken, weil sie dazu führen, dass weniger Einwanderer ohne jegliche Deutschkenntnisse in Deutschland ankommen, aber insgesamt betrachtet, ist ihr Beitrag zur Integration eher fragwürdig; im Gegenteil: Sie könnten eher hinderlich sein. Darüber hinaus könnten die neuen Bestimmungen sogar auf Diskriminierung hinauslaufen, weil sei dazu führen, dass Kandidaten aus einigen Länder der Familienzuzug praktisch verwehrt wird.
134. ECRI wiederholt die Empfehlung, das Höchstalter von zuzugsberechtigten Kinder für alle Kinder auf 18 heraufzusetzen.
135. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, die Auswirkungen der neuen Spracherwerbserfordenrisse beim Familienzuzug sorgfältig zu überprüfen, dafür zu sorgen, dass sie in der Praxis nicht diskriminierend und kontraproduktiv wirken, und notfalls korrigierend einzugreifen und z.B. auch die Berücksichtigung von Härtefällen zu ermöglichen.
– Integration und Einbürgerung
136. Viele Einwanderer kamen zwischen 1955 und 1973 als Gastarbeiter nach Deutschland. Damals ging man davon aus, dass sie nur eine begrenzte Zeit in Deutschland bleiben und dann wieder in die Heimat zurückkehren würden; an ihrer Stelle kämen dann wieder neue Gastarbeiter. Angesichts dieser Vorstellungen wurden Maßnahmen zur Integration der Gastarbeiter in die deutsche Gesellschaft nicht als Schwerpunkt angesehen. Von 1988 bis Ende der 90er Jahre kam es mit der Ankunft von rund drei Millionen deutschstämmigen Spätaussiedlern und Flüchtlingen zu einer zweiten Einwanderungswelle. Die Behörden haben jüngst eingeräumt, dass die damalige Annahme, die Gastarbeiter würden nur kurze Zeit in Deutschland bleiben, ein Irrtum war und Deutschland inzwischen ein Einwanderungsland geworden ist. Die Wirklichkeit ist hingegen verblüffend. Fast zwei Drittel der in Deutschland lebenden Ausländer sind schon über zehn Jahr im Land; 20 % sind schon länger als dreißig Jahre im Land. Laut amtlicher Statistik sind 9 % der Bevölkerung, also mehr als 7 Millionen, Ausländer. Darüber hinaus schätzt man, dass fast jeder Fünfte in Deutschland, egal, ob Deutscher oder Ausländer, Migrationshintergrund hat.
137. Da Deutschland mittlerweile als Einwanderungsland angesehen wird, haben die Bundesbehörden in den letzten zehn Jahren damit begonnen, den Akzent deutlicher auf Integration zu legen. Nach einem ersten nationalen Integrationsgipfel im Jahr 2006 wurde im Juli 2007 ein Nationaler Integrationsplan vorgestellt. An seiner Ausarbeitung waren alle Ebenen der Verwaltung (Bund, Länder und Gemeinden) sowie Vertreter der Zivilgesellschaft und der Einwanderer beteiligt. Der Plan umfasst 400 freiwillige Maßnahmen der verschiedenen Institutionen auf den verschiedensten Gebieten. Dazu gehören beispielsweise Maßnahmen zur Verbesserung des Schulerfolgs von Einwandererkindern (etwa zweckgebundene Zuschüsse an Schulen mit einem hohen Prozentsatz von Kindern mit Migrationshintergrund, für die Lehrerfortbildung an diesen Schulen oder für verstärkten Deutschunterricht an den Schulen und Kindergärten), ferner Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für junge Einwanderer, Programme zur Integrationsförderung durch Sport, Maßnahmen zur Förderung der Einbeziehung der Eltern bei der Erziehung und Schulausbildung ihrer Kinder, Maßnahmen zu leichterem Zugang zur Gesundheitsfürsorge, Maßnahmen zur Förderung größerer Vielfalt in den Medien oder Maßnahmen zur Verbesserung der besonderen Situation von Frauen und Mädchen. Insgesamt gibt der Bund schätzungsweise 750 Millionen Euro für Integrationsmaßnahmen aus.
138. ECRI begrüßt es, dass die deutschen Behörden Deutschland inzwischen als Einwanderungsland anerkennen und dass man Einwanderer dazu auffordert, voll am Leben der deutschen Gesellschaft teilzunehmen und ihnen hilft, als Voraussetzung dafür Deutsch zu lernen. Der Nationale Integrationsplan stellt eine beträchtliche Investition der Behörden zur Unterstützung des Integrationsprozesses dar. ECRI würdigt die Bereitschaft der Behörden, hierfür beträchtliche Mittel bereitzustellen.
139. Das Kernstück des Nationalen Integrationsplans bilden die Integrationskurse für erwachsene Einwanderer, die besonders auf Spracherwerb abstellen. Solche Kurse gab es seit dem Einwanderungsgesetz von 2005. Nach ihrer Evaluierung 2006 wurden sie überarbeitet. Derzeit umfasst der normale Sprachkurs 600 Stunden. Es werden jedoch auch andere Möglichkeiten geboten, um individuelle Bedürfnisse zu befriedigen: Diese reichen von Intensivkursen (400 Stunden) über einen besonders auf Frauen zugeschnittenen Kurs (900 Stunden) bis zu einem Kurs für Analphabeten (1200 Stunden). Teilnehmer der ersten drei Kurse, die das vorgeschriebene Niveau in der vorgesehenen Zeit nicht erreicht haben, – also Niveau B 1 oder Niveau Eins nach dem Gemeinsamen Europäischen Sprachreferenzrahmen, das der Sprachkompetenz einer Person entspricht, die sich schon selbständig verständigen kann, – können weitere 300 Stunden Unterricht erhalten. Sprachkenntnisse werden nunmehr in ganz Deutschland einheitlich mit genormten Tests bewertet. Zusätzlich werden in Orientierungsklassen 45 Stunden Unterricht in deutscher Geschichte, Kultur und Rechtsordnung geboten. Nach einer 2006 erfolgten Evaluierung wurden unterstützende Maßnahmen als Anreiz zur stärkeren Teilnahme eingeführt, z.B. Fahrtkostenerstattung, Kinderbetreuung sowie – bei erfolgreichem Abschluss – Erstattung von 50 % der Kursgebühren. Grundsätzlich sind Integrationskurse allerdings nicht kostenlos, weil vermutet wird, dass die Bereitschaft zur Kursteilnahme steigt wenn dafür gezahlt werden musste. Die Teilnahmegebühr beträgt 1 Euro pro Stunde. Für Spätaussiedler und Sozialhilfeempfänger sind die Kurse jedoch kostenlos. Wer keine Sozialhilfe bekommt, aber über ein vergleichbar niedriges Einkommen verfügt, kann ebenfalls von der Gebühr befreit werden. Die Kurse sind an sich für Ausländer gedacht, aber deutsche Staatsbürger können auf Wunsch teilnehmen.
140. Alle Neuankömmlinge in Deutschland sind zur Teilnahme an den Integrationskursen berechtigt, sofern Aussicht besteht, dass sie auf Dauer bleiben können, und (abgesehen von einigen Ausnahmen) sogar zur Teilnahme verpflichtet, wenn das Niveau ihrer Deutschkenntnisse bei Ankunft unter A 1 nach dem Gemeinsamen Europäischen Sprachreferenzrahmen liegt. Personen, die im Rahmen des Familienzuzugs nach Deutschland kommen, müssen ja jetzt vor der Ausreise aus ihrem Heimatland Deutschkenntnisse mindestens nach Niveau A 1 nachweisen. Gleichwohl müssen auch sie Integrationskurse besuchen, wenn ihre Deutschkenntnisse unter Niveau B 1 liegen, es sei den, sie fielen unter eine davon ausgenommene Gruppe (z.B. EU-Bürger).[46] Sonstige Ausländer, für die diese Kurse Pflicht sind, sind bestimmte Sozialhilfeempfänger sowie “integrationsbedürftige” Ausländer, d.h. jemand, der die Vormundschaft über Kinder hat, ohne aber selbst Deutsch zu sprechen. Zwar besteht keine Verpflichtung zum erfolgreichen Abschluss (d.h. einen Test zu bestehen, der beweist, dass man das angestrebte Nibeau B 1 im Deutschen erreicht hat), aber Personen, für die der Kurs Pflicht ist, sind auch zur tatsächlichen Teilnahme verpflichtet. In der Praxis heißt das, dass man verpflichtet ist, so regelmäßig zum Kurs zu kommen, dass man die Möglichkeit, den Kurs erfolgreich abzuschließen, nicht von vornherein gefährdet. Personen, die ihre Teilnahmepflicht in grober Weise vernachlässigt haben, können mit Sanktionen belegt werden, also in Fällen, in denen der Betreffende unter Missachtung der einschlägigen Bestimmungen den Kurs schwänzt. Folglich können Sozialhilfeempfänger nach SGB II, die an den Kursen aufgrund einer Integrationsvereinbarung teilnehmen sollen, ihre Sozialhilfe um 30 % gekürzt und sogar gänzlich gestrichen kriegen, falls sie wiederholt fehlen. Neuankömmlinge, deren Kursteilnahme Voraussetzung für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung war, riskieren, wenn sie fehlen, dass die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert wird.
141. ECRI gibt zu bedenken, dass die Verpflichtung zur Teilanhme an Integrationskursen für gewisse Personen sich als kontraproduktiv erweisen könnte, weil dadurch der Eindruck entstehen könnte, dass die betroffenen Personen sich ohne eine solche Teilnahmepflicht nicht in die deutsche Gesellschaft integrieren ließen. Hinzukommt, dass das Erfordernis, vor der Ankunft in Deutschland Grundkenntnisse im Deutschen (Niveau A 1) nachzuweisen, nur für Einwanderer aus bestimmten Ländern gilt, nicht aber für solche aus anderen Ländern. Dadurch könnte der falsche Eindruck entstehen, dass die Fähigkeit, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren, vom Ursprungsland des Betreffenden abhängt.
142. ECRI findet die Möglichkeit bedenklich, zur Kursteilnahme verpflichtete Personen im Falle regelmäßigen Fehlens mit Sanktionen zu belegen. Derartige Sanktionen könnten einen stigmatisierenden Effekt haben. Zugleich könnten sie die Rechte des Betroffenen beeinträchtigen, sofern sie zur einer Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder zur Kürzung der Sozialhilfe führen können. ECRI ist der Meinung, dass mindestens in gewissen Fällen Ausnahmen vorgesehen werden müssten.
143. Was die Einbürgerung betrifft, stellt ECRI fest, dass der erfolgreiche Abschluss solcher Integrationskurse die Einbürgerung erleichtert, da Personen, die deutsche Bürger werden möchten, nach deutschem Recht mittlerweise ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen müssen[47], und der erfolgreich Kursabschluss als Beweis für die Erreichung des geforderter Sprachniveaus zählt. Wer den Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen hat, kann die Einbürgerung schon nach sieben Jahren rechtmäßigen Aufenthalts statt der sonst üblichen acht Jahre beantragen. Wer erfolgreiche Integration nachweisen kann, etwa durch höhere Deutschkenntnisse als Niveau B 1, kann sogar schon nach sechs Jahren rechtmäßigen Aufenthalts die Einbürgerung beantragen.
144. Wie an anderer Stelle in diesem Bericht angemerkt, wird die praktische Anwendung der Einbürgerungskriterien von den dafür zuständigen Innenministerien der Länder kontrolliert. In den letzten Jahren hatten etliche Länder, unabhängig vom Sprachnachweis, für bestimmte oder alle Antragsteller umstrittene Tests eingeführt, deren Bestehen Voraussetzung der Einbürgerung war. Beispielsweise war 2005 in Baden-Württemberg ein 30 Fragen-Test eingeführt worden, der sich auf die persönlichen und politischen Ansichten des Antragstellers und u.a. auch auf seine sexuelle Identität bezog und der für Personen gedacht war, die verfassungsfeindlicher Ansichten verdächtigt wurden. Es hieß, das Stuttgarter Innenministerium sei der Ansicht, es sei generell zweifelhaft, ob Muslime, die zwar Lippenbekenntnisse zur deutschen Verfassungsordnung ablegten, diese auch wirklich in ihrem tiefsten Inneren akzeptieren würden. Bürger der 57 Mitgliedsstaaten der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) und alle sonstigen erkennbaren Muslime sollten sich diesem Test unterziehen. Als Folge beträchtlicher Kritik und der gegenüber Muslimen gezeigten diskriminierenden Haltung wurde ab Juni 2007 ein neuer Test für alle Antragsteller auf Einbürgerung eingeführt. In Hessen gab es einen Text mit 100 zum Teil recht komplizierten Fragen.
145. Nach Beratungen in der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder wurde ab 1. September 2008 an Stelle der verschiedenen Tests auf Länderebene die Einführung eines bundeseinheitlichen Einbürgerungstests beschlossen. Die einschlägigen Rechtsvorschriften wurden auf Bundesebene erlassen, doch obliegt deren Anwendung den Ländern. Wer künftig eingebürgert werden will, muss den Test bestehen. Ausdrückliches Ziel des Tests ist es nichtsdestoweniger, die Einbürgerung zu erleichtern und keinesfalls zu erschweren. Die Testfragen wurden auch ins Internet gestellt, damit Antragsteller sich darauf vorbereiten können. Der Test darf beliebig oft wiederholt werden.
146. ECRI begrüßt die Tatsache, dass frühere länderspezifische Tests aufgegeben wurden, besonders der 2005 in Baden-Württemberg eingeführte Test. ECRI hält die Einführung eines einheitlichen, bundesweiten und transparenten Tests für eine eindeutige Verbesserung gegenüber der vorherigen Situation. ECRI nimmt die Absicht der Behörden zur Kenntnis, dass der neue Test den Einbürgerungswilligen die Tür öffnen und ihnen die Einbürgerung nicht schwerer machen will. Zugleich stellt ECRI fest, dass die bundesweite Einführung eines Einbürgerungstests neben den Erfordernissen in Bezug auf Aufenthalt, Sprache und Einkommen ein zusätzliches Erfordernis für die Antragsteller darstellt. Während das Lernen auf den Test hin indirekt die Integration fördern kann, weil die Einwanderer manche zusätzlichen Dinge über Deutschland erfahren, sehen manche Nichtregierungsorganisationen in dem Test eher eine versteckte Botschaft der deutschen Gesellschaft dahingehend, dass man die Leute eher draußen halten als dabeihaben möchte. ECRI nimmt Berichte von Ende November 2008 zur Kenntnis, dass seit seiner Einführung 98% der Kandidaten den Test bestanden haben.
147. ECRI betont, dass Integration ein zweiseitiger Prozess ist: Mehrheitsbevölkerung und Minderheitsgruppen müssen einander gegenseitig anerkennen. Integration soll Minderheitsgruppen die volle Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, darf ihnen aber nicht das Gefühl einer einseitigen Verpflichtung geben, sich von der Mehrheit nicht mehr zu unterscheiden. ECRI beobachtet, dass die Integrationsfrage derzeit in Deutschland ein besonders heikles Thema darstellt. Während die Behörden allmählich ein bedeutsames neues Verständnis von Vielfalt in der deutschen Gesellschaft und von notwendigen Maßnahmen zur Sicherstellung voller Einbeziehung aller Mitglieder der heutigen Gesellschaft erkennen lassen, hat man den Eindruck, dass dieses – sich in Entwicklung befindliche – Verständnis noch keineswegs bis zur Gesamtheit der deutschen Gesellschaft durchgedrungen ist. Die häufigen Proteste, sobald neue Moscheen gebaut werden sollen, sind ein typisches Beispiel für den himmelweiten Unterschied zwischen den Ansichten der Bevölkerungsmehrheit über das heutige Deutschland und der in der Realität vorhandenen Vielfalt. In diesem Zusammenhang machen Einwanderer die Erfahrung, dass man ihnen die ganze Verantwortung für ihre Integration aufbürdet. Zwar sind die im Nationalen Integrationsplan vorgesehenen Investitionen durchaus nennenswert, doch herrscht in der Bevölkerung das Gefühl vor, dass es nur an den Einwanderern liege, sich um Anpassung an ihre neue Umwelt zu bemühen. Im schlimmsten Fall dürfte die Debatte um das Einwanderungsproblem einschließlich der Diskussion über “Parallelgesellschaften” dazu beigetragen haben, dass unter den Einwanderern der Eindruck entsteht, dass das Verständnis und die Achtung der deutschen Verfassungsordnung nicht ausreichen, sondern dass man sie in Deutschland nur willkommen heiße, wenn sie sich in Kleidung, Aussehen und Denkweise der deutschen Bevölkerung anglichen.
148. ECRI bestärkt die deutschen Behörden mit Nachdruck in ihren Bemühungen, den Einwanderern beim Erlernen der deutschen Sprache zu helfen. ECRI empfiehlt in diesem Zusammenhang, alles zu tun um sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles sich nicht kontraprodukiv auf die Integration auswirken, indem Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, stigmatisiert und in ihren Rechten beschnitten werden.
149. ECRI legt den deutschen Behörden dringend nahe, auch andere Aspekte des Nationalen Integrationsplans weiterzuentwickeln, um Einwanderer auch auf anderen Gebieten zu unterstüzzuen, etwa im Schul-, Beschäftigungs- und Gesundheitswesen sowie beim Sport und in den Medien. ECRI empfiehlt den Behörden, besonderes Augenmerk auf die Entwicklung von Programmen zu richten, die der deutschen Bevölkerung helfen, die Vielfalt der heutigen deutschen Gesellschaft leichter zu akzeptieren.
150. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, die Auswirkungen des neuen bundesweiten Einbürgerungstests besonders im Hinblick auf die Zahl gestellter und bewilligter Anträge sorgfältig zu beobachten um sicherzustellen, dass er sich nicht als kontraproduktiv erweist, und um notfalls korrigierend einzugreifen.
VI. Antisemitismus
151. Im dritten Bericht empfahl ECRI den deutschen Behörden, ihre Bemühungen zur Unterbindung von Bekundungen von Antisemitismus in Deutschkland fortzusetzen und zu intensivieren. Wie oben ausgeführt,[48] haben die deutschen Behörden eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, um rechtsextreme Straftaten einschließlich antisemitischer Delikte zu bekämpfen.
152. Nichtsdestoweniger bewegte sich die Zahl der von 2005 bis 2007 vom Bundeskriminalamt registrierten politisch motivierten rechtsextremen Straftaten mit antisemitischem Hintergrund jährlich um etwa 1600, d.h. im Schnitt über 30 solcher Delikte pro Woche. Während die Zahl in diesem Zeitraum jedes Jahr leicht zurückging, weisen vorläufige Angaben für die ersten neun Monate des Jahres 2008 einen Anstieg von 10 % gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2007 auf.[49] Die am häufigsten gemeldeten Straftaten betrafen die Schändung jüdischer Grabsteine oder sonstiger Denkmäler. In manchen Fällen wurden Grabsteine umgestürzt, in anderen Fällen wurden Graffiti-Schmierereien, oft auch mit Hakenkreuzen und anderen Nazi-Symbolen, angebracht. Was antisemitische Gewalttaten angeht, so wurden 2005 49 solche Taten gemeldet, 2006 waren es 43 und 2007 59. Außer derartigen Gewaltakten gegen Personen oder ihr Eigentum geben antisemitische und Neonazi-Hetzreden nach wie vor Anlass zu großer Sorge.[50]
153. Die deutschen Behörden verurteilen regelmäßig solche Taten. Sie verfolgen die Täter und bringen sie, wenn möglich, vor Gericht. Seit dem dritten Bericht von ECRI hat es zahlreiche Strafverfahren wegen Leugnung des Holocaust oder des Gebrauchs von Nazi-Symbolen gegeben.[51] Zugleich wurden zahlreiche Maßnahmen zur Sühne für die Vergangenheit und zum Gedächtnis der Opfer des Holocaust ergriffen, Dazu zählt das deutsche Repatriierungsprogramm, das teilweise dazu geführt hat, dass jetzt wieder schätzungsweise 110 000 Juden oder Personen jüdischen Ursprungs in Deutschland leben. Es finden Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag wichtiger Ereignisse während der Judenverfolgung oder von Ereignissen, die dazu geführt haben, statt, und Synagogen werden wieder eröffnet. In der Woche vor dem 70. Jahrestag der „Kristallnacht“ vom 9. November 1938 verabschiedete der Bundestag auch eine Entschließung, mit der er seine Entschlossenheit betonte, jeder Form von antijüdischer Hetze und Antisemitismus entgegenzutreten,, und die Regierung aufforderte, weiterhin jüdisches Leben in Deutschland zu unterstützen und zu schützen sowie im Schulunterricht mehr über jüdisches Leben in Israel zu bringen und eine Expertengruppe einzusetzen, die regelmäßig über Antisemitismus in Deutschland berichtet.
154. ECRI begrüßt die Entschlossenheit der Behörden, alle Formen von Antisemitismus anzuprangern und zu bekämpfen sowie jüdische Kultur in Deutschland zu unterstützen. Nichtsdestoweniger betont ECRI die Notwendigkeit, sich fortlaufend darum zu bemühen, dass den Worten auch Taten folgen. Angesichts der gegenwärtigen Zunahme antisemitischer Delikte in Deutschland muss noch mehr getan werden, um diesen Trend umzukehren.
155. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden, auch weiterhin und verstärkt alle Bekundungen von Antisemitismus in Deutschland zu bekämpfen. ECRI unterstreicht die Rolle der verschiedenen Meinungsmacher in der Gesellschaft. Politiker, Religionsgemeinschaften, die Medien oder die Zivilgesellschaft, alle müssen sich entschieden gegen Bekundungen von Antisemitismus wenden.
VII. Verhalten der Polizei
156. Im dritten Bericht gab ECRI verschiedene Empfehlungen zum Verhalten von Polizei und Justiz und forderte die Einsetzung eines unabhängigen Gremiums zur Untersuchung angeblichen Fehlverhalten von Polizeibeamten. ECRI empfahl, in ganz Deutschland dafür zu sorgen, dass im Rahmen der Beamtenfortbildung die interkulturelle Kompetenz von Polizei und Justiz gefördert werde und die Polizei auf das Problem von Rassismus und direkter oder indirekter rassischer Diskriminierung hingewiesen werde. Ferner bat ECRI, für angemessene Vertretung von Minderheitsgruppen in der Polizei zu sorgen.
157. Seit dem dritten Bericht von ECRI fanden verschiedene Angehörige erkennbarer Minderheiten durch Polizeibeamte oder im Polizeigewahrsqm den Tod. ECRI stellt fest, dass derartige Vorfälle auf ernsthafte Verstöße gegen Grundrechte deuten, und betont, dass gründliche Untersuchung solcher Todesfälle einschließlich von Behauptungen, rassistische Beweggründe hätten dabei eine Rolle gespielt, einen wesentlichen Bestandteil der nach Art. 2 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährten Rechte darstellen.[52] ECRI unterstreicht ferner, dass die Fähigkeit der Behörden, rasch und effektiv Verdachtsfälle polizeilichen Fehlverhaltens zu untersuchen, ein wesentliches Element beim Vertrauen der Gesellschaft in die Polizei ist.
158. An anderer Stelle in diesem Bericht hat ECRI darauf hingewiesen, dass Opfer rassistischer Gewalt mit schwarzer Hautfarbe zweitrangig abgefertigt würden, wenn sie sich an die Polizei um Hilfe wenden.[53] Darüber hinaus stellt ECRI fest, dass Nichtregierungsorganisationen laufend höhere Zahlen von Fällen rassistischer GewaIt melden als die Polizei, was darauf schließen last, dass die Opfer der Polizei nicht zutrauen, ihren Fall wirksam zu untersuchen.
159. ECRI zeigt sich auch betroffen darüber, dass 2005 in einer an mehr als 20 000 Polizeibeamte verteilten Zeitschrift ein Leserbrief zu finden war, der anschließend vom UN-Ausschuss zur Ausmerzung rassischer Diskriminierung beanstandet wurde, weil er Bemerkungen “diskriminierender, beleidigender und verleumdischer Art” gegenüber Roma enthielt, was “besonders schwerwiegend war, … weil die Bemerkungen von einem Polizeibeamten kamen, dessen Aufgabe es doch ist, dem Einzelnen zu dienen und ihn zu schützen”[54] Dass die einschlägige Polizeigewerkschaft sich seither nicht von diesem Leserbrief distanziert hat, gibt Anlass zur Sorge. ECRI fürchtet, dass dieser Vorfall tiefer sitzende und weiter verbreitete Vorurteile der Polizei gegenüber gewissen Gruppen zeigt, denen man dringend entgegentreten sollte. In diesem Zusammenhang begrüßt ECRI, dass die höheren Dienstgrade der Polizei inzwischen einsehen, dass das Bewusstsein für diese Problematik geschärft werden muss und dass es sonstiger Maßnahmen bedarf, um die interkulturelle Kompetenz der Polizei auf allen Ebenenen zu stärken.
160. ECRI unterstreicht die Wichtigkeit, in Fällen behaupteten polizeilichen Fehlverhaltens ein unabhängiges Untersuchungsverfahren vorzusehen, das solchen Anschuldigungen nachgehen und die Schuldigen notfalls vor Gericht bringen kann. ECRI wiederholt die Aufforderung, in Deutschland ein derartiges Gremium einzusetzen.
161. ECRI wiederholt ferner die Empfehlung, die deutschen Behörden mögen dafür sorgen, dass in ganz Deutschland im Rahmen der polizeilichen Fortbildung auf interkulturelle Kompetenz geachtet werde und das Problembewusstsein in Sachen Rassismus und direkter oder indirekter rassischer Diskriminierung geschärft werde. ECRI empfiehlt den deutschen Behörden ferner, ein Netz entsprechend ausgebildeter Polizisten aufzubauen, deren Aufgabe es wäre, als Kontaktpersonen zwischen der Öffentlichkeit, vor allem den Angehörigen von Minderheitsgruppen, und der Polizei zu dienen und zum gegenseitigen Verständnis beider Seiten beizutragen.
VIII. Kontrolle von Rassismus und rassischer Diskriminierung
162. Im dritten Bericht betonte ECRI, dass die Erhebung von personenbezogenen Daten, aufgeschlüsselt nach ethnischer Herkunft, den Behörden helfen könnte, die Probleme von verschiedenen in Deutschland lebenden Minderheitsgruppen in verschiedenen Lebensbereichen wie Beschäftigungs-, Wohnungs- und Bildungswesen besser einzuschätzen. Natürlich müssten dabei europäische Vorschriften, Regelungen und Empfehlungen zum Datenschutz und zum Schutz der Privatsphäre sowie der Grundsatz, dass es jedem freisteht, seine ethnische Herkunft anzugeben, berücksichtigt werden.
163. Die deutschen Behörden haben angegeben, dass statistische Erhebungen in Deutschland Angaben zur Religion, zur Staatsangehörigkeit, zum Geschlecht und zum Alter, nicht aber zur ethnischen Herkunft umfassen. Manche Minderheitsgruppen möchten die ethnische Herkunft nicht erfasst sehen, während andere dies für wichtig halten. Die Behörden waren der Ansicht, dass es andere, bessere Mittel gebe, in bestimmten Fällen die Zahl der betroffenen Angehörigen bestimmter Gruppen abzuschätzen. Angesichts wiederholter Empfehlungen internationaler Gremien haben sie jedoch eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die feststellen soll, ob es wünschenswert, rechtlich zulässig und notwendig sei, solche Angaben zu erheben.
164. ECRI wiederholt die Empfehlung, die deutschen Behörden mögen ihr Monitorisystem verbessern und künftig statistische Daten nach Religion, Sprache, Staatsangehörigkeit und nationaler oder ethnischer Herkunft aufschlüsseln. ECRI betont, dass dies in jedem Fall unter gebührender Berücksichtigung des Grundsatzes der Vertraulichkeit, der vorherigen Zustimmung und der Bereitschaft, sich freiwillig als Angehöriger einer bestimmten Gruppe zu bezeichnen, zu erfolgen habe. Erhebungen dieser Art sollten auch die Möglichkeit von doppelter oder mehrfacher Benachteiligung berücksichtigen.
ZWISCHENZEITLICH WEITER
ZU VERFOLGENDE EMPFEHLUNGEN
Die drei besonderen Empfehlungen, deren schwerpunktmäßige Verwirklichung ECRI von den deutschen Behörden erbittet, sind folgende:
• ECRI legt den deutschen Behörden dringend nahe, mehr zu tun, um die nunmehr bestehenden rechtlichen Bestimmungen gegen rassische Diskriminierung vor allem unter den von Benachteiligung betroffen Gruppen bekannt zu machen. Zu diesem Zweck empfiehlt ECRI den Behörden eine Kampagne unter den möglicherweise von Diskriminierung betroffenen Gruppen zu starten, um sie auf die Existenz und Reichweite des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und das Verfahren, ihre Rechte gerichtlich geltend zu machen, hinzuweisen.
• Angesichts der Tatsache, dass derzeit nicht daran gedacht ist, das gegliederte Sekundarschulsystem in Deutschland aufzugeben, empfiehlt ECRi den deutschen Behörden, dringend zielgerichtete Fortbildungsprogramme vorzusehen, um alle Lehrer in die Lage zu versetzen, die Eignung ihrer Schüler für die Sekundarschularten objektiv zu beurteilen, damit keine Schüler ohne zwingenden Grund in die weniger anspruchsvollen Schultypen geschickt werden.
• ECRI empfiehlt den deutschen Behörden nachdrücklich, im Rahmen ihrer laufenden Bemühungen, Rassismus vom Arbeitsplatz fernzuhalten, eine Kampagne zur Weckung des Problembewusstseins zu starten, um die Einstellung von Arbeitgebern zu Personen mit Migrationshintergrund zu ändern. Diese Kampagne sollte nicht nur die Pflichten und Verantwortlichkeiten der Arbeitgeber nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), sondern auch die positiven Aspekte von Vielfalt am Arbeitsplatz hervorheben. Die Kampagne könnte Teil einer regelmäßigen Reihe solcher Kampagnen werden.
Spätestens zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Berichts wird ECRI ein Verfahren zur Prügung dessen einleiten, was zwischenzeitlich zur Weiterverfolgung dieser drei Empfehlungen veranlasst wurde.
Bibliographie
Die nachfolgende Bibliographie nennt die wichtigsten Veröffentlichungen, die zur Prüfung der Situation in Deutschland herangezogen wurden. Es handelt sich jedoch nicht um eine erschöpfende Liste aller Informationsquellen, die ECRI bei der Erstellung dieses Berichts zur Verfügung standen.
European Commission against Racism and Intolerance (ECRI)
1. Third Report on Germany, 8 June 2004, CRI(2004)23
2. Second Report on Germany, 3 July 2001, CRI(2001)36
3. Report on Germany, March 1998, CRI(98)22
4. General Policy Recommendation No. 1: Combating racism, xenophobia, antisemitism and intolerance, October 1996, CRI(96)43
5. General Policy Recommendation No. 2: Specialised bodies to combat racism, xenophobia, antisemitism and intolerance at national level, June 1997, CRI(97)36
6. General Policy Recommendation No. 3: Combating racism and intolerance against Roma/Gypsies, March 1998, CRI(98)29
7. General Policy Recommendation No. 4: National surveys on the experience and perception of discrimination and racism from the point of view of potential victims, March 1998, CRI(98)30
8. General Policy Recommendation No. 5: Combating intolerance and discrimination against Muslims, April 2000, CRI(2000)21
9. General Policy Recommendation No. 6: Combating the dissemination of racist, xenophobic and antisemitic material via the Internet, December 2000, CRI(2001)1
10. General Policy Recommendation No. 7: National legislation to combat racism and racial discrimination, December 2002, CRI(2003)8
11. General Policy Recommendation No. 8: Combating racism while fighting terrorism, March 2004, CRI(2004)26
12. ECRI General Policy Recommendation No. 9: The fight against antisemitism, June 2004, CRI(2004)37
13. General Policy Recommendation No. 10 on combating racism and racial discrimination in and through school education, December 2006, CRI(2007)6
14. General Policy Recommendation No. 11 on combating racism and racial discrimination in policing, June 2007, CRI(2007)39
15. General Policy Recommendation No.12 on combating racism and racial discrimination in the field of sport, December 2008, CRI(2009)5
Other sources
16. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Gemeinschaftsinitiative Equal, Xenos – Leben und Arbeiten in Vielfalt), Encouraging tolerance and intercultural competence through employment programmes, May 2006
17. Bundesministerium des Innern, Muslime in Deutschland, May 2008
18. Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2007, May 2008
19. Bundesministerium des Innern, Polizeiliche Kriminalstatistik 2007, May 2008
20. Bundesministerium des Innern (Federal Ministry of the Interior), Migration and Integration – Residence law and policy on migration and integration in Germany, April 2008
21. Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Wege zur Einbürgerung – Wie werde ich Deutsche – wie werde ich Deutscher?, May 2008
22. Die Bundesregierung, Der Nationale Integrationsplan – Neue Wege – Neue Chancen, July 2007
23. Federal Office for Migration and Refugees, Evidence of basic knowledge of the German language in the event of subsequent immigration of spouses from abroad, 24 August 2007
24. Letter from the Chairperson of the Ministers’ Deputies to the President of the Parliamentary Assembly in reply to Written Question No. 482 by Mr Mercan: “German Citizenship Procedures for Muslims”, 6 November 2007, DD(2007)589
25. Commissioner for Human Rights, Report by the Commissioner for Human Rights, Mr Thomas Hammarberg, on his visit to Germany, 9-11 and 15-20 October 2006, CommDH(2007)14
26. Advisory Committee on the Framework Convention for the Protection of National Minorities, Second Opinion on Germany, adopted on 1 March 2006, ACFC/OP/II(2006)001
27. Human Rights Council, Implementation of General Assembly Resolution 60/251 of 15 March 2006 entitled “Human Rights Council”, Report of the Special Rapporteur on the right to education, Vernor Muñoz, Addendum, Mission to Germany, 13-21 February 2006, A/HRC/4/29/Add.3
28. Committee on the Elimination of Racial Discrimination, Reports submitted by states parties under Article 9 of the Convention, Eighteenth periodic reports of states parties due in 2006, CERD/C/DEU/18
29. Committee on the Elimination of Racial Discrimination, Concluding observations of the Committee on the Elimination of Racial Discrimination – Germany, 21 August 2008, CERD/C/DEU/CO/18
30. OECD Employment Outlook, 2008 edition
31. OECD, PISA 2006: Science Competencies for Tomorrow’s World, 2007
32. OECD, Where Immigrant Students Succeed: A Comparative Review of Performance and Engagement in PISA 2003, 2006
33. Eurobarometer, Discrimination in the European Union, July 2008
34. Eurobarometer, Discrimination in the European Union, January 2007
35. European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia, Policing Racist Crime and Violence – A Comparative Analysis, September 2005
36. European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia, Migrants’ experiences of discrimination in Germany, October 2004
37. European Forum for Migration Studies, Ethnic Discrimination and Xenophobia in Germany, Annual Report 2006, Bamberg, December 2007
38. European Network of Legal Experts in the Nondiscrimination Field, Report on Measures to Combat Discrimination, Directives 2000/43/EC and 2000/78/EC, Country Report/Update 2006, State of affairs up to 8 January 2007
39. Forum Menschenrechte, Eliminating Racial Discrimination in Germany, Parallel report addressed to the Committee on the Elimination of Racial Discrimination of the United Nations, complementing the 16th-18th state report of the Federal Republic of Germany according to Article 9 of the Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination, January 2008
40. Human Rights First, “Antisemitic Violence”, 2008 Hate Crime Survey
41. International Crisis Group, Islam and Identity in Germany, Europe Report No. 181, 14 March 2007
42. Open Society Institute, Muslims in the EU – Cities Report: Germany, Preliminary Research Report and Literature Survey, 2007
43. Ramboll Management, The National Program XENOS – Implementation and Effects: Summary of the Evaluation¸ March 2007
44. US Department of State, Germany – International Religious Freedom Report 2008, 19 September 2008
__________
* Die Empfehlungen dieses Absatzes werden spätestens in zwei Jahren nach Veröffentlichung dieses Berichts Gegenstand eines Verfahrens zur zwischenzeitlichen Weiterverfolgung durch ECRI sein.
[1] Siehe unten, Besonders benachteiligte Gruppen, – Die Lage von Wanderarbeitnehmern, Asylbewerbern, [usw.] – Integration.
[2] Siehe unten, Besonders benachteiligte Gruppen – Die Lage von Wanderarbeitnehmern, Asylbewerbern, [usw,] – Integration.
[3] Vgl. die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 7 von ECRI über nationale Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rasssendiskriminierung , § 21, sowie § 47 der Erläuterungen dazu.
[4] Siehe auch unten ,Rassistische Gewalt.
[5] Vgl. besonders Šečić gegen Kroatien, Entscheidung Nr. 4357740116/02, 31. Mai 2007, § 67; Anguelova und Iliev gegen Bulgarien, Entscheidung Nr. 55523/00, 26. Juli 2007, § 115.
[6] Siehe unten, Rassismus in der öffentlichen Debatte..
[7] Vgl. die Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 7 von ECRI zur nationalen Gesetzgebung gegen Rassismus und Rassendiskriminierung, § 21, sowie § 47 der Erläuterungen dazu.
[8] Besonders relevant für den Aufgabenbereich von ECRI sind die Ratsrichtlinien 2000/43/EC zur Umsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Rücksicht auf Rasse oder ethnische Herkunft und 2000/78/EC, mit der ein allgemeiner Rahmen zur Gleichbehandlung auf dem Arbeitsmarkt und im Beschäftigungswesen abgesteckt wurde.
[9] Vgl. weiter unten zur Rolle und zu den Befugnissen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Gremien und andere Einrichtungen gegen Diskriminierung
[10] Urteil vom 4. Dezember 2007, AZ. 20 Ca105/07. Dieses Urteil wurde später vom Hamburger Landesarbeitsgericht (Urteil vom 29. Oktober 2008, AZ. 3 Sa 15/08) aus anderen Gründen, nämlich dass der Kläger nicht die in der Stellenausschreibung geforderte berufliche Qualifikation besitze, aufgehoben.
[11] Vgl. weiter unten, Diskrimierung auf verschiedenen Gebieten – Bildungswesen.
[12] Vgl. weiter unten,, Diskriminierung auf verschiedenen Gebieten.
[13] Bericht über Diskriminierung in der EU (2007) – Besonderes Eurobarometer 263.
[14] Vgl. unten, Diskriminierung auf verschiedenen Gebieten – Wohnungswesen.
[15] Besonders benachteiligte Gruppen – Die Lage von Wanderarbeitnehmern, Asylbewerbern, [usw.] – Integration.
[16] AGG-Wegweiser: Erläuterungen und Beispiele zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, veröffentlicht im November 2008.
[17] Der 3.ECRI-Bericht wurde 2004 veröffentlicht. ECRI stellt fest, dass seit 2006/7 der Ausdruck “Kinder mit Migrationshintergrund” Verwendung findet und sowohl deutsche Kinder mit Migrationshintergrund als auch ausländische Kinder umfasst.
[18] Siehe insbesondere OECD 2006, Where Immigrant Students Succeed: A Comparative Review of Performance and Engagement in PISA 2003; siehe auch Bundesministerium des Innern, Migration and Integration: Residence law and policy on migration and integration in Germany, April 2008, woraus die statistischen Angaben stammen. Im vorliegenden Absatz entsprechen die Ausdrücke “ausländisch” und „Migrationshintergrund“ der Terminologie in den zitierten Untersuchungen.
[19] Siehe oben, Diskriminierung auf verschiedenen Gebieten – Bildungswesen.
[20] Siehe weiter unten, Besonders benachteiligte Gruppen – Muslime.
[21] Siehe oben, Existenz und Anwendung rechtlicher Bestimmungen – Bürgerlichrechtliche Bestimmungen. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz.
[22] Siehe unten, Besonders benachteiligte Gruppen – Muslime,– Die Lage von Wanderarbeitnehmern, Asylbewerbern, [usw.] – Integration.
[23] Siehe Punkt 16 der Allgemeinen Politik-Empfehlung und Punkt 36 der Erläuterungen dazu.
[24] Von Neonazis verübte Gewaltakte werden weiter unten behandelt, siehe unter Rassistische Gewalt
[25] Siehe unten, Besonders benachteiligte Gruppen – Die Lage von Wanderarbeitnehmern, Asylbewerbern, [usw.] – Integration und Einbürgerung.
[26] Siehe unten, Besonders benachteiligte Gruppen – Schwarze, – Roma und Sinti.
[27] Siehe auch unten, Besonders benachteiligte Gruppen – Schwarze
[28] Siehe oben, Strafrechtsbestimmungen gegen Rassismus.
[29] Siehe unten, Verhalten der Polizei
[30] Vgl. beispielsweise die im Glossar des Innenministeriums enthaltene Definition von Rassismus: http://www.bmi.bund.de/cln_145/DE/Service/Glossar/Functions/glossar.html?nn=105094&lv2=296448&lv3=152418
[31] Siehe oben, Strafrechtsbestimmungen gegen Rassismus.
[32] Da alle Menschen der gleichen Gattung angehören, lehnt ECRI Theorien ab, die von der Existenz mehrerer „Rassen“ ausgehen. Gleichwohl verwendet ECRI den Ausdruck in der Definition um sicherzustellen, dass Personen, die generell und fälschlich als Angehörige einer “anderen Rasse” angesehen werden, nicht vom Schutz ausgeschlossen werden.
[33] Siehe oben, Diskriminierung auf verschiedenen Gebieten – Beschäftigungswesen, Wohnungswesen.
[34] Siehe oben, Diskriminierung auf verschiedenen Gebieten – Bildungswesen.
[35] Muslime in Deutschland, Seite 105.
[36] Siehe oben, Rassismus in der öffentlichen Debatte.
[37] Zum Erwerb der deutsche Staatsbürgerschaft, siehe oben, Staatsangehörigkeitsrecht.
[38] Siehe oben, Diskriminierung auf verschiedenen Gebieten – Bildungswesen, Beschäftigungswesen, Wohnungswesen..
[39] Siehe unten, Besonders benachteiligte Gruppen/Zielgruppen – Situation von Wanderarbeitnehmern, Asylbewerbern, (usw.) – Integration.
[40] Siehe oben, Diskriminierung auf verschiedenen Gebieten, – Beschäftigungswesen.
[41] Siehe oben, Diskriminierung auf verschiedenen Gebieten – Bildungswesen.
[42] Siehe oben, Rassismus in der öffentlichen Debatte – Medien.
[43] Siehe unten, Verhalten der Polizei
[44] Omwenyeke gegen Deutschland, Aktenzeichen Nr. 44294/04, 20. November 2007, Fünfte Sektion..
[45] Zu Integrationskursen, siehe unten, Benachteiligte Gruppen/Zielgruppen – Situation von Wanderarbeitnehmern, Asylbewerbern (usw.) – Integration und Einbürgerung.
[46] Siehe oben, Benachteiligte Gruppen/Zielgruppen – Situation von Wanderarbeitnehmern, Asylbewerbern (usw.) – Famiiennachzug.
[47] Siehe oben, Existenz und Anwendung rechtlicher Bestimmungen – Staatsangehörigkeitsrecht.
[48] Siehe oben, Rassistische Gewalt.
[49] Die vorläufigen Angaben können sich natürlich noch ändern. Die deutschen Behörden haben darauf hingewiesen, dass Unterschiede in der Art der Erfassung solcher Taten zwischen den einzelnen Ländern Voraussagen schwer machen, wie die endgültigen Zahlen gegenüber denen früherer Jahre aussehen werden.
[50] Siehe oben, Rassismus in der öffentlichen Debatte.
[51] Siehe oben Rassismus in der öffentlichen Debatte.
[52] Siehe insbesonder den Fall Nachova und andere gegen Bulgarien, Aktenzeichen Nr. 43577/98 und 43579/98, Urteil vom 6. Juli 2005 (Große Kammer), und spätere Rechtsprecung.
[53] Siehe oben, Benachteiligte Gruppen/Zielgruppen – Schwarze.
[54] CERD/C/72/D/38/2006
Zuletzt aktualisiert am September 18, 2021 von eurogesetze
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