Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Augenoptiker-Handwerk (Augenoptikermeisterverordnung – AugOptMstrV)

Vollzitat: „Augenoptikermeisterverordnung vom 29. August 2005 (BGBl. I S. 2610), die durch Artikel 20 der Verordnung vom 17. November 2011 (BGBl. I S. 2234) geändert worden ist“

Eingangsformel

Auf Grund des § 45 Abs. 1 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S. 3074), der durch Artikel 1 Nr. 39 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung:

§ 1 Gliederung und Inhalt der Meisterprüfung

Die Meisterprüfung im zulassungspflichtigen Augenoptiker-Handwerk umfasst folgende selbständige Prüfungsteile:

1. die Prüfung der meisterhaften Verrichtung der wesentlichen Tätigkeiten (Teil I),

2. die Prüfung der erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse (Teil II),

3. die Prüfung der erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse (Teil III) und

4. die Prüfung der erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse (Teil IV).

§ 2 Meisterprüfungsberufsbild

(1) Durch die Meisterprüfung wird festgestellt, dass der Prüfling befähigt ist, einen Betrieb selbständig zu führen, technische, kaufmännische und personalwirtschaftliche Leitungsaufgaben wahrzunehmen, die Ausbildung durchzuführen, seine berufliche Handlungskompetenz eigenverantwortlich umzusetzen und an neue Bedarfslagen in diesen Bereichen anzupassen.

(2) Im Augenoptiker-Handwerk sind zum Zwecke der Meisterprüfung folgende Fertigkeiten und Kenntnisse als ganzheitliche Qualifikationen zu berücksichtigen:

1. Kundenwünsche ermitteln, Kunden beraten, Serviceleistungen anbieten, Auftragsverhandlungen führen und Auftragsziele festlegen, Leistungen kalkulieren und Angebote erstellen, Verträge schließen,

2. Aufgaben der technischen, kaufmännischen und personalwirtschaftlichen Betriebsführung wahrnehmen, insbesondere unter Berücksichtigung der Betriebsorganisation, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, des Qualitätsmanagements, der Haftungsvorschriften des Arbeitsschutzrechtes, des Datenschutzes, des Umweltschutzes sowie von Informations- und Kommunikationstechniken,

3. Auftragsabwicklungsprozesse planen, organisieren, durchführen und überwachen,

4. Aufträge durchführen, insbesondere unter Berücksichtigung von Fertigungstechniken, branchenüblicher Software, berufsbezogenen rechtlichen Vorschriften, Richtlinien und technischen Normen, Personal, Material und Geräten sowie Einsatzmöglichkeiten von Auszubildenden,

5. bei der Versorgung mit Sehhilfen Kenntnisse der Anatomie und Physiologie auf das visuelle System anwenden,

6. Sehschärfe messen und bewerten,

7. Sehleistung messen und Methoden zum Erkennen von Sehleistungsminderungen anwenden, Ergebnisse darstellen und weiteres Vorgehen begründen; Auffälligkeiten des Auges erkennen,

8. Fehlsichtigkeit ermitteln und bewerten,

9. Refraktion der Augen mit objektiven Methoden messen,

10. Korrektionswerte mit subjektiven Messmethoden ermitteln und Korrektionsbedarf festlegen,

11. Sehhilfen zur Lösung von Sehproblemen in Abhängigkeit der Sehaufgabe bestimmen,

12. Fertigungsparameter für die Herstellung von Sehhilfen ermitteln,

13. Brillengläser, insbesondere Spezialbrillengläser, auswählen, messen, justieren und zentrieren,

14. Kontaktlinsen und Brillen nach optischen, anatomischen, ökonomischen und ästhetischen Gesichtspunkten auswählen, anpassen und abgeben,

15. Kontaktlinsen und Hygienemittel unter Berücksichtigung der Anforderung berufsbezogener rechtlicher Vorschriften handhaben und lagern; Hygienemittel auswählen und Kunden in die Anwendung einweisen,

16. Vergrößerungsbedarf bei Sehbehinderung bestimmen sowie optische und elektronisch vergrößernde Sehhilfen auswählen, anpassen, modifizieren und abgeben,
17. Fertigungsgenauigkeit der Sehhilfen kontrollieren und beurteilen, Kunden in den Gebrauch einweisen sowie Nachbetreuung und Funktionskontrollen durchführen,
18. Leistungen abrechnen, Dokumentation erstellen.

§ 3 Gliederung des Teils I

Der Teil I der Meisterprüfung umfasst als Prüfungsbereich ein Meisterprüfungsprojekt und ein darauf bezogenes Fachgespräch.

§ 4 Meisterprüfungsprojekt

(1) Der Prüfling hat ein Meisterprüfungsprojekt durchzuführen, das einem Kundenauftrag entspricht. Die auftragsbezogenen Kundenanforderungen werden vom Meisterprüfungsausschuss festgelegt. Das Meisterprüfungsprojekt besteht aus Planungs-, Durchführungs- und Dokumentationsarbeiten.

(2) Als Planungsarbeit nach Absatz 1 erarbeitet der Prüfling ein Umsetzungskonzept und eine Kalkulation. Dabei sind sowohl die individuelle Sehaufgabe als auch Wirtschaftlichkeitsaspekte zu berücksichtigen und Alternativen aufzuzeigen.

(3) Es sind folgende Arbeiten durchzuführen:

1. Fehlsichtigkeit durch eine Augenglasbestimmung unter Anwendung objektiver und subjektiver Methoden feststellen. Ergebnisse beurteilen und Korrektionsbedarf entsprechend der individuellen Sehaufgabe festlegen,

2. Inspektion des Auges und Messungen für eine Kontaktlinsenanpassung durchführen sowie Parameter der Messlinsen bestimmen,

3. Brille anfertigen, anpassen und Fertigungsgenauigkeit beurteilen oder Kontaktlinsenanpassung durchführen.

(4) Die Arbeiten nach Absatz 3 sind zu dokumentieren.

(5) Die Planungs-, Kalkulations- und Dokumentationsunterlagen werden mit 35 vom Hundert und die durchgeführten Arbeiten mit 65 vom Hundert gewichtet.

§ 5 Fachgespräch

Nach Durchführung des Meisterprüfungsprojekts ist hierüber ein Fachgespräch zu führen. Dabei soll der Prüfling nachweisen, dass er die fachlichen Zusammenhänge aufzeigen kann, die dem Meisterprüfungsprojekt zugrunde liegen, den Ablauf des Meisterprüfungsprojekts begründen und mit dem Meisterprüfungsprojekt verbundene berufsbezogene Probleme sowie deren Lösungen darstellen kann und dabei in der Lage ist, neue Entwicklungen zu berücksichtigen.

§ 6 Prüfungsdauer und Bestehen des Teils I

(1) Die Durchführung des Meisterprüfungsprojekts soll nicht länger als zwei Arbeitstage und das Fachgespräch nicht länger als 30 Minuten dauern.

(2) Das Meisterprüfungsprojekt und das Fachgespräch werden gesondert bewertet. Die Prüfungsleistungen im Meisterprüfungsprojekt und im Fachgespräch werden im Verhältnis 2 : 1 gewichtet. Hieraus wird eine Gesamtbewertung gebildet.

(3) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung, wobei die Prüfung weder im Meisterprüfungsprojekt noch im Fachgespräch mit weniger als 30 Punkten bewertet worden sein darf.

§ 7 Gliederung, Prüfungsdauer und Bestehen des Teils II

(1) Durch die Prüfung in Teil II soll der Prüfling in den in Absatz 2 genannten Handlungsfeldern seine Handlungskompetenz dadurch nachweisen, dass er Probleme analysieren und bewerten sowie Lösungswege aufzeigen und dokumentieren und dabei aktuelle Entwicklungen berücksichtigen kann.

(2) Handlungsfelder sind:

1. Physiologie des Sehens,

2. Versorgung mit Sehhilfen,

3. Auftragsabwicklung,

4. Betriebsführung und Betriebsorganisation.

(3) In jedem der Handlungsfelder ist mindestens eine Aufgabe zu bearbeiten, die fallorientiert sein muss:

1. Physiologie des Sehens
Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, augenoptische, anatomische, physiologische und aus Messungen gewonnene Sachverhalte zu beurteilen und zu beschreiben sowie Kenntnisse der Pharmakologie und der Humanbiologie auf die physiologische und visuelle Optik anzuwenden. Bei der jeweiligen Aufgabenstellung sollen mehrere der unter Buchstabe a bis f aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden:

a) Aufbau und Funktion des visuellen Systems darstellen,

b) Auswirkungen verschiedener Sehhilfen auf das visuelle System darstellen und bewerten,

c) Methoden zur objektiven und subjektiven Refraktionsbestimmung darstellen und ihre Anwendung begründen,

d) Anforderungen des Binokularsehens bei der Refraktionsbestimmung darstellen und begründen,

e) Methoden zur Messung, Beurteilung und Optimierung visueller Funktionen darstellen und ihre Anwendung begründen,

f) Methoden zum Erkennen von Sehleistungsminderungen darstellen;

2. Versorgung mit Sehhilfen
Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, augenoptische Aufgaben und Probleme unter Beachtung wirtschaftlicher, ökologischer und chemischer Aspekte in einem Augenoptikerbetrieb zu bearbeiten. Dabei soll er berufsbezogene Sachverhalte analysieren und bewerten. Bei der jeweiligen Aufgabenstellung sollen mehrere der unter Buchstabe a bis h aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden:

a) Aufbau und Funktion unterschiedlicher Korrektionsmittel erläutern,

b) Anwendungsmöglichkeiten unterschiedlicher Korrektionsmittel unter Berücksichtigung der Abbildungseigenschaften unterscheiden und begründen,

c) Anforderungen der optischen Brillenanpassung unter Berücksichtigung anatomischer, ökonomischer und ästhetischer Aspekte darstellen und beurteilen,

d) Möglichkeiten einer individuellen Kundenberatung aufzeigen,

e) Messverfahren zur Kontaktlinsenkorrektion beschreiben und fallbezogene Anwendung begründen,

f) Wirkungsweise von Kontaktlinsen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Materialien und Geometrien darstellen und Anwendung begründen,

g) Kontaktlinsenhygiene darstellen und Hygieneanforderungen begründen,

h) Zusammensetzung und Wirkungsweise von Kontaktlinsenhygienemitteln beschreiben und Einsatz begründen;

3. Auftragsabwicklung
Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, Auftragsabwicklungsprozesse, auch unter Anwendung branchenüblicher Software, erfolgs-, kunden- und qualitätsorientiert zu planen, deren Durchführung zu kontrollieren und sie abzuschließen. Bei der jeweiligen Aufgabenstellung sollen mehrere der unter Buchstabe a bis i aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden:

a) Möglichkeiten der Auftragsbeschaffung darstellen,

b) Angebotsunterlagen erstellen und Angebote auswerten, Angebotskalkulation durchführen,

c) Methoden und Verfahren der Arbeitsplanung und -organisation unter Berücksichtigung von Mess-, Fertigungs- und Instandsetzungstechniken, gestalterischer Aspekte sowie des Einsatzes von Material, Geräten und Personal bewerten, dabei qualitätssichernde Aspekte darstellen und Schnittstellen zwischen Arbeitsbereichen berücksichtigen,

d) berufsbezogene rechtliche Vorschriften, Richtlinien und technische Normen sowie anerkannte Regeln der Technik anwenden, insbesondere Haftung bei der Herstellung und Instandhaltung sowie bei Dienstleistungen beurteilen,

e) Bedeutung von Prüf- und Übergabeprotokollen erläutern,

f) auftragsbezogenen Einsatz von Material und Geräten bestimmen und begründen,

g) Unteraufträge vergeben und kontrollieren,

h) Schadensaufnahme an Sehhilfen darstellen, Instandsetzungsmethoden vorschlagen und die erforderliche Abwicklung festlegen,

i) Vor- und Nachkalkulation durchführen;

4. Betriebsführung und Betriebsorganisation
Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, Aufgaben der Betriebsführung und Betriebsorganisation unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorschriften, auch unter Anwendung von Informations- und Kommunikationssystemen, wahrzunehmen. Bei der jeweiligen Aufgabenstellung sollen mehrere der unter Buchstabe a bis h aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden:

a) betriebliche Kosten ermitteln, dabei betriebswirtschaftliche Zusammenhänge berücksichtigen,

b) betriebliche Kostenstruktur überprüfen; betriebliche Kennzahlen ermitteln,

c) Marketingmaßnahmen zur Kundenpflege und zur Gewinnung neuer Kunden vor dem Hintergrund technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen erarbeiten,

d) betriebliches Qualitätsmanagement planen und darstellen,

e) Aufgaben der Personalverwaltung wahrnehmen; den Zusammenhang zwischen Personalverwaltung sowie Personalführung und -entwicklung darstellen,

f) betriebsspezifische Maßnahmen zur Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen und des Umweltschutzes sowie zur Arbeitsplatzgestaltung entwickeln; Gefahrenpotenziale beurteilen und Maßnahmen zur Gefahrenvermeidung und -beseitigung festlegen,

g) Betriebs- und Lagerausstattung planen und darstellen,

h) Chancen und Risiken betrieblicher Kooperation darstellen und beurteilen.

(4) Die Prüfung in Teil II ist schriftlich durchzuführen. Sie soll in jedem Handlungsfeld nicht länger als drei Stunden dauern. Eine Prüfungsdauer von sechs Stunden täglich darf nicht überschritten werden.

(5) Die Gesamtbewertung des Teils II wird aus dem arithmetischen Mittel der Einzelbewertungen der Handlungsfelder gemäß Absatz 2 gebildet.

(6) Wurden in höchstens zwei der in Absatz 2 genannten Handlungsfelder jeweils mindestens 30 und weniger als 50 Punkte erreicht, kann in einem dieser Handlungsfelder eine mündliche Ergänzungsprüfung durchgeführt werden, wenn diese das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ermöglicht.

(7) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung. Die Prüfung des Teils II ist nicht bestanden, wenn

1. ein Handlungsfeld mit weniger als 30 Punkten bewertet worden ist oder

2. nach durchgeführter Ergänzungsprüfung zwei Handlungsfelder jeweils mit weniger als 50 Punkten bewertet worden sind.

Fußnote
(+++ § 7 Abs. 6 u. 7: Zur Anwendung vgl. § 9 +++)

§ 8 Allgemeine Prüfungs- und Verfahrensregelungen, weitere Regelungen zur Meisterprüfung

(1) Die Vorschriften der Meisterprüfungsverfahrensverordnung vom 17. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4154) in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.

(2) Die Prüfung in den Teilen III und IV der Meisterprüfung bestimmt sich nach der Allgemeinen Meisterprüfungsverordnung vom 26. Oktober 2011 (BGBl. I S. 2149) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 9 Übergangsvorschrift

Die Regelungen des § 7 Absatz 6 und 7 gelten nicht für die bis zum 31. Dezember 2011 begonnenen Prüfungsverfahren. Diese werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt.

§ 10 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2006 in Kraft.

Zuletzt aktualisiert am August 26, 2021 von eurogesetze

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