Allgemeine Begründung der Zweiten SARS-CoV-2-Umgangsverordnung

Die allgemeine Begründung der Zweiten SARS-CoV-2-Umgangsverordnung (2. SARS-CoV-2-UmgV) nach § 28a Absatz 5 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) wird hiermit bekannt gemacht.

I.
Allgemeine Erwägungen

Die bundesrechtliche Rechtsgrundlage des § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Absatz 1 und § 28a IfSG ermächtigt zum Erlass der notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung übertrag- barer Krankheiten erforderlich ist. Hieraus folgt die Verpflichtung des Verordnungsgebers, das Pandemiegeschehen dauerhaft zu beobachten und bereits ergriffene Schutzmaßnahmen während der Geltungsdauer der Verordnung regel- mäßig in kurzzeitigen Abständen auf ihre Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit zu überprüfen. Dem Verordnungsgeber kommt bei der ständig zu aktualisierenden Bewertung der infektionsschutzrechtlichen Gefahrenlage ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der sich auch auf die Frage erstreckt, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang eine Maßnahme im Anschluss an eine solche Neubewertung geändert wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. April 2021 – OVG 11 S 56/21 – Rn. 56, juris). Je nach epidemio- logischer Entwicklung kann eine Verschärfung, Lockerung oder Fortgeltung der bisher getroffenen Schutzmaßnahmen notwendig werden.

Im Rahmen der fortwährenden Beobachtung und Überprüfung des Pandemiegeschehens hat der Verordnungsgeber festgestellt, dass eine grundsätzliche Fortgeltung der im Zuge der SARS-CoV-2-Umgangsverordnung ergriffenen Schutzmaßnahmen in Gestalt einer neuen 2. SARS-CoV-2-UmgV erforderlich ist.

Zwar hat sich das Infektionsgeschehen im Land Brandenburg nachhaltig entschärft. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist im Land Brandenburg seit Wochen konstant niedrig, aktuell liegt sie bei nur noch 5,2 (Stand: 26. Juli 2021, Robert Koch-Institut [RKI]). Keine Kommune erreicht eine Sieben-Tage-Inzidenz von 20, in einem Landkreis liegt sie bei 0 (Stand: 26. Juli 2021, RKI). Die Zahl der aktuell Infizierten und Erkrankten liegt derzeit bei schätzungsweise 200 (Stand: 26. Juli 2021). Des Weiteren werden die Strukturen der stationären Krankenversorgung einschließlich der in- tensivmedizinischen Versorgung zurzeit nicht übermäßig durch COVID-19-Patientinnen und -Patienten beansprucht. Am 23. Juli 2021 wurden insgesamt 15 COVID-19-Patientinnen und -Patienten stationär behandelt. Davon wurden 5 intensivstationär behandelt; in nur einem Fall erfolgte eine intensivstationäre Beatmung.

Nichtsdestotrotz kann eine vollständige Aufhebung aller ergriffenen Schutzmaßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt (noch) nicht erfolgen. Aus der gesetzgeberischen Wertung des § 28a Absatz 3 Satz 11 IfSG folgt, dass auch bei der Unter- schreitung vergleichsweise niedriger Inzidenz-Werte Schutzmaßnahmen grundsätzlich aufrechterhalten werden können, soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus erforderlich ist. Die verbleibenden Schutzmaßnahmen sind nach wie vor erforderlich, da deren Aufhebung aus epidemiologischer Sicht unbedingt schrittweise und nicht zu schnell erfolgen darf (Täglicher Lagebericht des RKI vom 16. Juli 2021, S. 21).
In diesem Zusammenhang stuft das RKI aufgrund der Verbreitung der SARS-CoV-2-Virusvariante VOC B.1.617.2 (Delta) sowie der noch nicht ausreichend hohen Impfquote die Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung in Deutsch- land insgesamt weiterhin als hoch ein; für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung als moderat eingeschätzt (Wöchentlicher Lagebericht des RKI vom 22. Juli 2021, S. 32):

– Neue Varianten verbreiten sich leichter und führen zu schwereren Krankheitsverläufen. Dies gilt vor allem für die Variante Delta, die sich mittlerweile als die dominierende Variante in Deutschland durchgesetzt hat (Wöchentlicher Lagebericht des RKI vom 22. Juli 2021, S. 63). Auch im Land Brandenburg hat die Variante Delta inzwischen alle anderen Varianten fast vollständig verdrängt.

– Die Bevölkerung des Landes Brandenburg ist noch nicht in ausreichendem Maße durch eine Schutzimpfung gegen SARS-CoV-2-Virus immunisiert worden. 55,1 % der brandenburgischen Bevölkerung wurden mindestens einmal gegen das SARS-CoV-2-Virus geimpft, 45,3 % genießen einen vollständigen Impfschutz (Stand: 26. Juli 2021).

1. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Jul_2021/2021-07-16-
de.pdf? blob=publicationFile

2. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021- 07-22.pdf? blob=publicationFile
3. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021- 07-22.pdf? blob=publicationFile

Aus den vorgenannten Gründen sind die bereits ergriffenen sowie die neu angeordneten Schutzmaßnahmen konsequent umzusetzen. Darüber hinaus sind zugleich die allgemeinen Hygieneregeln und -empfehlungen des RKI und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Vorbeugung von Infektionen zu beachten4.

Nach Einschätzung des RKI sollten zudem bestimmte grundlegende Schutzmaßnahmen bis zum nächsten Frühjahr eingehalten werden (RKI, Vorbereitung auf den Herbst/Winter 2021/22, S. 15), insbesondere die allgemeinen Hygiene- regeln einschließlich des regelmäßigen Austauschs der Raumluft durch Frischluft, die Einhaltung eines Mindest- abstands von 1,5 Metern zu anderen Personen sowie das Tragen einer medizinischen Maske in Alltagssituationen.

II.
Klarstellungen zu einzelnen Vorschriften

1. Nach § 3 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 sind Gehörlose und schwerhörige Menschen, ihre Begleitperson und im Bedarfsfall Personen, die mit diesen kommunizieren, von der Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske oder einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit. Hierzu zählen auch regelmäßig Menschen mit auditiven Verarbeitungs- bzw. Wahrnehmungsstörungen, da diese in gleichem Maße wie Gehörlose und schwerhörige Menschen durch die Tragepflicht unverhältnismäßig in ihrer allgemeinen Lebensführung beeinträchtigt werden können.

2. Nach § 5 Absatz 2 Nummer 1 gilt die in der Verordnung vorgesehene Pflicht zur Vorlage eines Testnachweises grundsätzlich nicht für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr. Diese generelle Privilegierung folgt daraus, dass Schülerinnen und Schüler nach § 22 Absatz 2 Satz 1 der Verpflichtung unterliegen, im Schulumfeld regelmäßig einen auf sie aufgestellten Testnachweis vorzulegen. Ein weiterer Grund für die Privilegierung liegt darin, dass Schutzimpfungen für Kinder und Jugendliche erst ab dem vollendeten zwölften Lebensjahr möglich sind.

3. § 8 Absatz 1 Nummer 2 regelt eine spezielle Kapazitätsbegrenzung für sonstige Veranstaltungen mit mehr als 1 000 gleichzeitig teilnehmenden Besucherinnen und Besuchern. Bietet beispielsweise eine Veranstaltungseinrichtung im Falle ihrer regulären Inbetriebnahme Platz für 2 000 gleichzeitig Teilnehmende, so dürfen an der Veranstaltung, sofern die Einhaltung des Mindestabstands sichergestellt werden kann, insgesamt bis zu 1 500 Besucherinnen und Besucher gleichzeitig teilnehmen (für die ersten 1 000 Teilnehmenden findet keine Kapazitätsbegrenzung statt, für die weiteren 1 000 Teilnehmenden ist die Kapazität um 50 Prozent zu beschränken, also 500, ergibt insgesamt: 1 000 + 500 = 1 500 Teilnehmende). Bietet zum Beispiel eine Veranstaltungsfläche regulär Platz für 20 000 Teil- nehmende, so dürfen an der Veranstaltung, sofern die Einhaltung des Mindestabstands sichergestellt werden kann, insgesamt bis zu 10 500 Besucherinnen und Besucher gleichzeitig teilnehmen (für die ersten 1 000 Teilnehmenden findet keine Kapazitätsbegrenzung statt, für die weiteren 19 000 Teilnehmenden ist die Kapazität um 50 Prozent zu beschränken, also 9 500, ergibt insgesamt: 1 000 + 9 500 = 10 500 Teilnehmende).
Diese Maßgaben gelten auch in den Fällen nach § 18 Absatz 2 Nummer 2 sowie nach § 20 Absatz 1 Nummer 2.

4. Nach § 20 Absatz 3 Satz 1 ist in Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen für fünf Tage ununterbrochen eine Sieben-Tage-Inzidenz von 35 überschritten wird, – unter zusätzlicher Berücksichtigung der Kapazitätsbegrenzung nach § 20 Absatz 1 Nummer 2 – die Abhaltung von Tanzlustbarkeiten in Diskotheken, Clubs und ähnlichen Ein- richtungen auf höchstens 5 000 gleichzeitig teilnehmende Gäste beschränkt. Soweit die Tanzlustbarkeiten in ge- schlossenen Räumen abgehalten werden, gilt zusätzlich die Flächenbegrenzung nach § 20 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a (d. h. jedem Gast müssen mindestens 10 m² begehbare Fläche zur Verfügung stehen). Diese Maßgaben gelten aufgrund der Verweisung in § 20 Absatz 2 Satz 1 auch für Festivals, für die eine grundsätzliche Begrenzung von höchstens 7 000 gleichzeitig teilnehmenden Gästen gilt.

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4 https://www.infektionsschutz.de/coronavirus.html
5 https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Downloads/Vorbereitung-Herbst- Winter.pdf? blob=publicationFile

Zuletzt aktualisiert am August 18, 2021 von eurogesetze

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