Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer. Entscheidungsdatum 29.07.2021. Aktenzeichen VG 5 K 333/19

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer
Entscheidungsdatum 29.07.2021
Aktenzeichen VG 5 K 333/19
ECLI ECLI:DE:VGFRANK:2021:0729.VG5K333.19.00
Dokumententyp Urteil

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die gegen ihn gerichtete Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H. von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Befristung einer dem Kläger erteilten wasserrechtlichen Genehmigung zur Beibehaltung und Veränderung einer Steganlage.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks A…, 1… O…, G…, Flur 1, Flurstück 31. Das Grundstück ist ein Ufergrundstück am Südufer des E…. Seeseitig ragt ein Steg, bestehend aus einer Tragwerkskonstruktion aus Stahlrohr und belegt mit Holzplanken, in die Wasserfläche des E…(Gewässer II. Ordnung, E…, Südufer, G…, Flur 1, Flurstück 633). Diese Steganlage hatte seit ihrer Herstellung (in der Zeit der DDR) eine Länge von 9 m und einer Breite von 2,1 m. Ein wasserrechtliches Genehmigungsverfahren zur Beibehaltung der alten Steganlage blieb im Jahre 2016 erfolglos.

Auf entsprechenden Hinweis des Beklagten beantragte der Kläger mit Schreiben vom 1. Februar 2018 den Rückbau des Steges auf eine Breite von 1,30 m bei gleichbleibender Länge. Am 14. Juni 2018 teilte der Kläger der Behörde mit, dass er den seit Jahrzehnten bestehenden Steg entsprechend der Forderung der unteren Wasserbehörde in der Breite auf 1,30 m zurückgebaut habe. Die untere Wasserbehörde des Beklagten erteilte sodann am 2. Oktober 2018 für das Vorhaben „Beibehaltung und Veränderung einer Steganlage“ und die Nutzungsart „Bebauung der Uferkante und Überbauung eines Gewässers mit einer Steganlage, bestehend aus einer Stahlrohrkonstruktion mit Holzbelag mit den Abmessungen Länge 9,00 m x Breite 1,30 m zur privaten Nutzung als Liegeplatz für ein Boot“ die wasserrechtliche Genehmigung. Gemäß Tenorpunkt IV.1. des Bescheides wurde die Genehmigung bis zum 2. Oktober 2028 befristet; zudem steht die wasserrechtliche Genehmigung laut Tenorpunkt IV.3. unter einem Widerrufsvorbehalt. Zufolge Tenorpunkt IV.4.9. ist die Steganlage bei Nutzungsaufgabe bzw. Fristablauf dieser Genehmigung durch den Genehmigungsinhaber oder dessen Rechtsnachfolger vollständig zurückzubauen. Laut den dem Bescheid beigefügten Gründen dient die Befristung dazu, dass nach Ablauf der festgelegten Nutzungszeit heute noch nicht absehbare Entwicklungen der maßgeblichen Sach- und Rechtslage angemessen berücksichtigt werden können.

Der Kläger erhob am 5. November 2018 Widerspruch, den er auf die Befristung im Tenorpunkt IV.1. beschränkte und damit begründete, es ergäben sich vorliegend keine ausreichenden Rechtsgrundlagen dahingehend, eine Befristung der Genehmigung vorzunehmen. Jede Art von möglichen Veränderungen in den Verhältnissen, die die ursprünglich erteilte Genehmigung entfallen lassen könnten, würde hier bereits durch den Widerrufsvorbehalt abgedeckt.

Den Widerspruch wies die untere Wasserbehörde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2019 zurück. Zur Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, eine Befristung sei hier deswegen geboten, da sich privatnützige Stege regelmäßig in besonders sensiblen Uferbereichen der Gewässer befinden würden, ohne eine wasserwirtschaftliche Funktion zu erfüllen. Neben naturschutzrechtlichen und fischereirechtlichen Schutzvorschriften seien auch die über allen stehenden allgemeinen Bewirtschaftungsgrundsätze aus § 6 Wasserhaushaltsgesetz zu beachten. Gerade die Uferbereiche der Gewässer seien vitale und mitunter sich schnell verändernde Bereiche. Von daher würden Befristungen in wasserrechtlichen Genehmigungen regelmäßig erteilt, sodass sie im Rahmen der Selbstbindung der Verwaltung und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch weiterhin regelmäßig festzusetzen seien.

Der Kläger hat am 12. März 2019 Klage erhoben. Klagebegründend führt er vertiefend aus, es handle sich mit Blick auf die Befristung mit Widerrufsvorbehalt vorliegend um einen übermäßigen Eingriff, für den sich im Bescheid keinerlei Ermessenserwägungen finden ließen. Insbesondere sei eine Befristung nicht geeignet, schnell auf Veränderungen zu reagieren, da diese im vorliegenden Fall auf 10 Jahre erfolgt sei. Die seit ca. 50 Jahren bestehende Steganlage befinde sich auch nicht in einem sensiblen Uferbereich. Der Uferbereich sei mit Holzpfählen als Sicherung vor Abschwemmungen versehen und weise keinen Bewuchs von Schilf oder ähnlichen Pflanzen auf. Zudem bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Lebensdauer einer solchen Steganlage auf einen Zeitraum von etwa 10 Jahren begrenzt wäre. Auch sei daher die mit der Befristung verbundene unbedingte Rückbauverpflichtung unverhältnismäßig.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der in der wasserrechtlichen Genehmigung vom 2. Oktober 2018 enthaltenen Tenorpunkte IV.1. und IV.4.9., dieser mit dem Wortlaut „bzw. Fristablauf“, und des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2019 dem Kläger eine unbefristete wasserrechtliche Genehmigung zu erteilen sowie die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die streitige Befristung für rechtmäßig. Steganlagen seien Scheinbestandteile (i.S.d. BGB) und damit Mobilien im bürgerlich–rechtlichen Sinne und lägen zudem häufig in sensiblen Uferbereichen, deren Vegetation sich im Regelfall schnell ausbreiten könne. Daher werde von einer Festsetzung einer Befristung regelmäßig Gebrauch gemacht. Hierbei habe sich in der behördlichen Praxis seit Jahren eine Zehnjahresfrist als günstiger Zeitraum für die Genehmigung von (Einzel-)Steganlagen bewährt. Der Genehmigungsinhaber erhalte eine ausreichende Planungssicherheit für die Errichtung und Nutzung der Anlage, und der Behörde sei eine Reaktion auf die vor Ort herrschenden und sich gegebenenfalls ändernden Umstände nach Ablauf der Frist möglich. Unter Berücksichtigung der natürlichen Dynamik sei es erforderlich, nur einen zeitweiligen Bestandsschutz – durch Befristung der Genehmigung – zu gewähren.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf den vom Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgang, der Gegenstand der rechtlichen Erörterung in der mündlichen Verhandlung gewesen ist, und auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat im Ergebnis keinen Erfolg.

A.

Die (Verpflichtungs-)Klage ist unbegründet. Denn der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten noch auf Erteilung einer länger als bis zum 02. Oktober 2028 befristeten wasserrechtlichen Genehmigung zur Beibehaltung seiner Steganlage noch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Ablehnung einer länger als bis zum 02. Oktober 2028 befristeten wasserrechtlichen Genehmigung ist vielmehr rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).

1. Der Kläger kann die geltend gemachten Ansprüche auch nicht aus §§ 87 Abs. 1 Brandenburgisches Wassergesetz – BbgWG, 13 Abs. 1 und 2 Wasserhaushaltsgesetz – WHG i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG i. V. mit § 1 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg – VwVfGBbg herleiten. Nach diesen Vorschriften darf die Behörde die wasserrechtliche Genehmigung im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens unter eine Befristung setzen.
2. Der Beklagte hat das ihm durch §§ 87 Abs. 1 BbgWG, 13 Abs. 1 und 2 WHG i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG i. V. mit § 1 Abs. 1 VwVfGBbg eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das Gericht überprüft gemäß § 114 S. 1 VwGO nur die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens und die Ermessensausübung entsprechend dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage. Ziel des Wasserhaushaltsgesetzes ist der Gewässerschutz. Diesem Ziel entspricht es, die wasserrechtliche Genehmigung für die Beibehaltung des in die Wasserfläche des Elsensees eingebrachten Stegs bis zum 02. Oktober 2028 zu befristen. Im Einzelnen:
B.
Gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 BbgWG bedarf die Errichtung oder wesentliche Veränderung von Anlagen gemäß § 36 WHG der Genehmigung der Wasserbehörde. Nach § 87 Abs. 1 S. 2 BbgWG sind Anlagen in Gewässern Anlagen, die sich ganz oder teilweise in, unter oder über dem Gewässer befinden. Unstreitig stellt die Steganlage des Klägers eine solche Anlage im Sinne des BbgWG dar. § 87 Abs. 4 Satz 1 BbgWG bestimmt zudem, dass die Genehmigung widerruflich zu erteilen ist – hier tenoriert unter Punkt IV.3. des Bescheides vom 2. Oktober 2018. § 13 Abs. 1 und 2 des Wasserhaushaltsgesetzes findet ergänzend entsprechende Anwendung, § 87 Abs. 4 S. 2 BbgWG.

1. Zufolge § 13 Abs. 1 WHG in entsprechender Anwendung sind Inhalts– und Nebenbestimmungen auch nachträglich sowie auch zu dem Zweck zulässig, nachteilige Wirkungen für andere zu vermeiden oder auszugleichen. Die Bestimmung stellt die Erteilung von Erlaubnis oder Bewilligung unter den ausdrücklichen gesetzlichen Vorbehalt der Beifügung von Inhalts– und Nebenbestimmungen (Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz 12. Aufl, § 13 Rn. 7). Nebenbestimmungen im Sinne des § 13 WHG sind solche Bestandteile der wasserrechtlichen Erlaubnis bzw. Bewilligung, die dem Benutzer gegenüber spezifische Anordnungen treffen (Knopp, in: SZDK, § 13 WHG Rn. 23). Im Wesen der Nebenbestimmungen liegt die Funktion, die Hauptregelung des Verwaltungsakts, d. h. die Gestattung einer Gewässerbenutzung im Sinne des § 9 WHG, durch zusätzliche behördliche Anordnungen zu ergänzen oder zu beschränken (Czychowski/Reinhardt a.a.O. Rn. 12). Hierzu gehört auch die Möglichkeit der Befristung einer wasserrechtlichen Genehmigung.Allerdings ist die Befristung hier nach dem objektiven Erklärungsgehalt des Bescheides als Inhaltsbestimmung integraler Bestandteil der Bewilligung selbst (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06. November 2017 – 12 B 1265/17 –, Rn. 3, juris; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Juni 2021 – 2 M 33/21 –, Rn. 25, juris).

2. Die Befristung ist eine Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt oder endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG). Das Wasserhaushaltsgesetz und das Brandenburgische Wassergesetz sagen nichts darüber, wann die wasserrechtliche Genehmigung unbefristet und wann sie befristet erteilt werden soll. Grundsätzlich bilden befristete Erlaubnisse mit Rücksicht auf das Abwasserabgabengesetz, das EU – Recht und auch aus allgemeinen Gründen die Regel. Auch darüber hinaus kann es angezeigt sein, die Erlaubnis zu befristen, z.B. bei Benutzungen, deren Auswirkungen (noch) schwer zu übersehen sind (vgl. Czychowski/Reinhardt a.a.O. Rn. 16).
3. Über die Bemessung der Frist bestehen keine Rechtsvorschriften. Sie muss sich an den Belangen des Allgemeinwohls orientieren und auch dem Interessenausgleich der Beteiligten dienen. Allgemein gilt, dass die festgelegte Frist auf den Einzelfall bezogen angemessen sein muss. Maßgebende Faktoren für eine solche Festlegung sind etwa die Berücksichtigung der voraussichtlich benötigten Benutzungsdauer, die (Un-)Übersehbarkeit der wasserwirtschaftlichen Auswirkungen, oder ob dem Vorhaben möglicherweise Planungen entgegenstehen, die dem öffentlichen Interesse dienen (vgl. Knopp a.a.O. Rn. 58). Bei unbedeutenden Benutzungen sollte die Frist dementsprechend genügend lang bemessen werden, da die Erneuerung zahlreicher Erlaubnisse später erhebliche Verwaltungsarbeit verursacht (vgl. Czychowski/Reinhardt a.a.O. Rn.18). Zwar kann die befristete Erlaubnis innerhalb der festgesetzten Frist ebenso wie die unbefristete teilweise oder ganz widerrufen werden (vgl. § 87 Abs. 4 S. 1 BbgWG); allerdings gibt die Befristung dem Benutzer eine gewisse tatsächliche Gewähr dafür, dass die Erlaubnis innerhalb der Frist nicht widerrufen wird (Czychowski/Reinhardt a.a.O.).
4. Gemessen an alldem hat der Beklagte die Frist – bis zum 2. Oktober 2028 – hinreichend lang bemessen. Es handelt sich um eine im Kern unbedeutende Benutzung einer kleinen (Einzel-)Steganlage, die überschaubare Investitionen erfordert hat. Der Kläger selbst hat die Materialkosten inklusive Kleinmaterial und die notwendigen Transportaufwendungen auf ca. 800 € beziffert (Bl. 21 Verwaltungsvorgang). Die mit der Befristung bis zum 02. Oktober 2028 einhergehende Nutzungsdauer von ca. 10 Jahren erscheint danach als angemessen. Sie ist einerseits genügend lang bemessen, um die Aufwendungen des Klägers zu amortisieren und seinem Interesse an einer sinnvollen Nutzung der Steganlage zu entsprechen. Andererseits muss sich die Bemessung der Frist auch – wie soeben ausgeführt – an den Belangen des Allgemeinwohls orientieren. Hierzu gehören zweifellos der Schutz des Gewässers als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen (§ 1 Abs. 1 WHG). Gerade Uferbereiche von Gewässern sind grundsätzlich empfindliche Bereiche, die relevanten Veränderungen unterliegen können, denen in angemessener Zeit gegebenenfalls Rechnung getragen werden muss. Auch dieser Aspekt wird mit der im Tenorpunkt IV.1. des Bescheides ausgesprochene Befristung bis zum 02. Oktober 2028 hinreichend berücksichtigt.

5. Ermessensfehler treten nicht hervor. Der Beklagte hat insoweit ausgeführt, dass (Einzel-)Steganlagen in der behördlichen Praxis regelmäßig unter einer Befristung auf 10 Jahre genehmigt werden. Dem Steganlagennutzer werde damit einerseits eine ausreichende Planungssicherheit für die Errichtung und Nutzung der Anlage eingeräumt; andererseits sei eine Reaktion auf die vor Ort herrschenden und sich gegebenenfalls ändernden Umstände nach Ablauf der Frist möglich. Bei der Genehmigungsprüfung seien stets die Anforderungen zum Erhalt der schützenswerten Gemeinwohlgüter (e.g. Naturschutz) zu berücksichtigen. Mit Blick auf die natürliche Dynamik sei es gerechtfertigt, nur einen zeitweiligen Bestandsschutz zu gewähren.

Unter Anlegung der zuvor genannten maßgeblichen Gesichtspunkte für eine Befristung sind diese Darlegungen des Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Soweit die Behörde auf ihre ständige Verwaltungspraxis verweist, kann sich die Behörde zur Steuerung einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis in ihrer Ermessensausübung intern binden. Eine Selbstbindung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann anzunehmen, wenn dem Betroffenen aus einer einheitlichen, in einer Mehrzahl gleichgelagerter Fälle zur Anwendung kommenden Verwaltungspraxis nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Gleichbehandlung nach Maßgabe des tatsächlichen Verwaltungshandelns im Sinne der einheitlichen Ausübung eines der Verwaltung eingeräumten Ermessens erwächst (vgl. z.B. m.w.N. VG Weimar, Urteil vom 05. November 2014 – 7 K 849/11 We –, Rn. 113, juris). Von ihrer ständigen (rechtmäßigen) Verwaltungsübung darf die Behörde im Einzelfall nur aus sachgerechten Erwägungen wieder abweichen (Czychowski/Reinhardt a.a.O. Rn. 80). Auch danach muss allerdings den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung getragen werden können und darf insoweit der gesetzlich eingeräumte Ermessensspielraum jedenfalls nicht völlig beseitigt werden.

b) Gemessen daran ist vorliegend eine derartige Selbstbindung unter Zugrundelegung der Darstellung des Beklagten erfolgt. Geht die Behörde aber eine solche Selbstbindung (rechtmäßig) ein, dann darf sie diese Bindung bei ihrer Ermessensbetätigung nicht ignorieren, denn sonst liegt eine Überschreitung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens und damit ein Verstoß gegen § 40 VwVfG vor (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Mai 2021 – 10 S 709/19 –, Rn. 49 – 50, juris). Da die Steganlage des Klägers keine Besonderheiten – etwa einen überdurchschnittlichen Investitionsaufwand – aufweist, durfte die untere Wasserbehörde hier ihre ständige Verwaltungspraxis bei ihrer Ermessensbetätigung ohne weiteres zugrunde legen. Die Befristung verstößt auch sonst nicht gegen den Gleichheitssatz. Denn eine eindeutige abweichende Verwaltungspraxis des Beklagten zum Nachteil des Klägers ist weder vorgetragen noch sonst feststellbar.

6. Der vom Kläger schließlich behauptete Verstoß gegen das Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeit) i.d.S., dass eine Befristung neben dem (gesetzlichen) Widerrufsvorbehalt grundsätzlich ausscheidet, liegt nicht vor. Die Befristung ist als Inhaltsbestimmung geeignet, Beeinträchtigungen des Allgemeinwohls zu verhindern (s.o.) und damit auch erforderlich. Sie ist auch sonst nicht unverhältnismäßig. Eine wasserrechtliche Genehmigung vermittelt regelmäßig ohnehin keine gesicherte Rechtsposition. Dies folgt schon daraus, dass die wasserrechtliche Genehmigung gemäß § 87 Abs. 4 Satz 1 BbgWG widerruflich zu erteilen ist. Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Widerrufsvorbehalt im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG (vgl. zu § 18 Abs. 1 WHG Pape, in: Landmann/Rohmer, UmweltR I, 61. EL, April 2011, § 18 WHG Rn. 20). Als Gründe für den in der wasserrechtlichen Genehmigung vorbehaltenen Widerruf kommen z.B. Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse (z.B. des Gewässerzustandes) in Betracht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Auflage 2019, § 18 Rn. 13). Ausreichend für einen Widerruf dürfte jeder hinreichend gewichtige, für den Schutz des Gewässers belangvolle Grund im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung sein (vgl. Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Auflage 2017, Rn. 856 m. w. Nachw.).

Der gesetzlich vorgesehene Widerrufsvorbehalt schließt indes eine Befristung der wasserrechtlichen Genehmigung nicht aus, wie aus dem Verweis auf die entsprechende Anwendung von §§ 13 Abs. 1 und 2 WHG in § 87 Abs. 4 S. 2 BbgWG zu schließen ist. Vielmehr kann die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zwischen unbefristeter und befristeter Genehmigung wählen, wobei eine solche Befristung selbstverständlich nicht das Recht der Wasserbehörde verwirkt, die Genehmigung innerhalb der Frist vollständig oder teilweise zu widerrufen (vgl. Schmid in: Berendes/Frenz/Müggenborg, BKom WHG, § 13 Rn. 30).

Das ihr nach alldem zukommende Ermessen für eine Befristung der wasserrechtlichen Genehmigung hat die Wasserbehörde hier – wie soeben ausgeführt – rechtlich bedenkenfrei ausgeübt.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung – ZPO. Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Zuletzt aktualisiert am August 18, 2021 von eurogesetze

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