KG Berlin 20. Zivilsenat. Aktenzeichen: 20 U 1022/20

Gericht: KG Berlin 20. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 20.05.2021
Aktenzeichen: 20 U 1022/20
ECLI: ECLI:DE:KG:2021:0520.20U1022.20.00
Dokumenttyp: Urteil

Verfahrensgang

vorgehend LG Berlin, 20. März 2020, 55 O 100/19

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.03.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 55 O 100/19 – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und Verwerfung der Anschlussberufung teilweise geändert und zur Klarstellung neu gefasst:

a) Es wird festgestellt, dass die Preisänderungsklausel in § 8 (3) des zwischen den Parteien abgeschlossenen Wärmelieferungsvertrages vom 22.05.2018/11.10.2018 betreffend den Arbeitspreis unwirksam ist.

b) Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die in ihrem Schreiben an die Kläger vom 24.04.2019 enthaltene Preisanpassungsformel des Arbeitspreises [APW = APWO * (0,5*B/BO + 0,5*BI/BIO] ab dem 01.05.2019 in den

Wärmelieferungsvertrag der Parteien vom 22.05.2018/11.10.2018 durch einseitige Erklärung einzuführen.

c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz haben die Kläger jeweils 36% und die Beklagte 28% zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits der zweiten Instanz haben die Kläger jeweils 37% und die Beklagte 26% zu tragen.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Seite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1. Der Ursprung des Rechtsstreits zwischen den Parteien betrifft – wie in diversen Parallelverfahren – die Frage der Wirksamkeit von in die abgeschlossenen Verträge einbezogenen Preisänderungsklauseln im Rahmen der Fernwärmelieferung durch die Beklagte in dem ehemaligen Neubaugebiet …, in welchem die Kläger wohnen. Wegen der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und der Sachanträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

2. Der Tatbestand wird dahin berichtigt, dass der spätere Wärmelieferungsvertrag zwischen den Parteien am 22.05.2018/11.10.2018 geschlossen wurde. Der Tatbestand wird überdies ergänzt: Die Kläger hatten mit Schreiben vom 23.07.2009 gegenüber der Beklagten erklärt, dass sie angesichts deren Preisgestaltung, die einer rechtlichen Prüfung unterzogen werden solle, von nun an alle Zahlungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung leisteten (Anlage K31, Blatt 115 Bd. II d.A.). Der von der Beklagten in der Abrechnung für das Jahr 2014 berechnete Arbeitspreis betrug Euro 0,0838 pro kWh (Anlage K30, Blatt 83a ff. Bd. II d.A.). Die von der Beklagten laut dem Schreiben vom 24.04.2019 beabsichtigte einseitige Änderung der Preisanpassungsklausel des Vertrages vom 22.05.2018/11.10.2018 betreffend den Arbeitspreis sollte ab dem 01.05.2019 greifen. In der Folgezeit kam es zu der angekündigten öffentlichen Bekanntmachung.

3. Das Landgericht hat die Beklagte unter Ziffer 1. des Tenors verurteilt, an die Kläger Euro 2.918,26 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus Euro 2.404,42 seit dem 13.06.2019 sowie aus Euro 513,84 seit dem 09.10.2019 zu zahlen, und unter den Ziffern 2. und 3. des Tenors festgestellt, dass die Preisänderungsklausel in § 8 (3) des Wärmelieferungsvertrages vom 22.05.2018 (Ziffer 2.) und die Preisänderungsklausel gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 24.04.2019 (Ziffer 3.) unwirksam sind; den weiteren gestellten Feststellungsantrag hat es als unzulässig und im Übrigen die Klage als unbegründet abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

4. Die Berufung der Beklagten ist rechtzeitig eingelegt und innerhalb verlängerter Frist begründet worden. Die Beklagte macht geltend: Sie bleibe dabei, dass die Arbeitspreisanpassungsformel in den beiden Verträgen transparent sei. Keinesfalls schlage sich eine Intransparenz auf den Bereitstellungs- und den Messpreis durch. Jedenfalls wäre der drei Jahre vor der Rüge durch die Kläger im Schreiben vom 26.01.2019 abgerechnete Preis endgültig anzusetzen und nicht der vereinbarte niedrigere Anfangspreis, wobei sich dieser Anfangspreis aus der Anlage „Preise und Indices“ ergebe und nicht aus dem Vertragstext. Schließlich sei eine etwaige intransparente Preisanpassungsklausel in Bezug auf den Arbeitspreis ab dem 01.05.2019 durch öffentliche Bekanntmachung der im Schreiben vom 24.04.2019 angeführten Klausel repariert worden.

5. Die Beklagte beantragt,

6. das Urteil des Landgerichts teilweise zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

7. Die Kläger, denen auf die am 09.09.2020 zugestellte Berufungsbegründung seitens des Gerichts eine sechswöchige Erwiderungsfrist gesetzt worden ist unter gleichzeitiger Erteilung von Hinweisen zum Anwaltszwang und zu den Folgen einer Fristversäumung, beantragen,

8. die Berufung zurückzuweisen.

9. Im Wege der Klageerweiterung beantragen sie mit am 19.01.2021 zugestelltem Schriftsatz vom 08.01.2021,

10. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere Euro 255,30 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11. Die Beklagte beantragt,

12. die darin zu sehende Anschlussberufung zu verwerfen bzw. zurückzuweisen.

13. Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und tragen weiter zur Sache vor: Sie meinen, dass sich die Unwirksamkeit der in die Verträge einbezogenen Preisanpassungsklauseln in Bezug auf den Bereitstellungspreis zumindest – sollte eine Infizierung des Bereitstellungspreises infolge der unwirksamen Preisanpassungsklausel für den Arbeitspreis verneint werden – daraus ergebe, dass bei der Veränderung des Bereitstellungspreises nicht das Gebot der Kostenorientierung beachtet werde. Denn sowohl die Lohnkosten, welche die Beklagte beim Grundpreis mit einem Anteil von 60% ansetze, als auch der von der Beklagten angewendete Erzeugerpreisindex entsprächen nicht der von der Fernwärmeerzeugerin verwendeten Anpassungsklausel mit einem Lohnkostenanteil von 32% und einem Verweis auf den Investitionsgüterindex. Sollten bei der Berechnung der Höhe der Rückforderungsansprüche nicht die anfänglich vereinbarten Preise herangezogen, sondern stattdessen erwogen werden, die sog. t-3-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anzuwenden, sei ein Vorgehen gemäß § 267 Abs. 2 AEUV angebracht, da die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs europarechtswidrig sei.

14. Die Klageerweiterung begründen die Kläger mit dem am 14.11.2020 erfolgten Zugang der Jahresabrechnung 2019 und den dort zu hoch angesetzten Preisen.

15. Die Beklagte erwidert, die inhaltlichen Angriffe der Kläger gegen den Bereitstellungspreis gingen ins Leere. Sie gebe in dem Bereitstellungspreis den Kostenblock ihrer eigenen nicht brennstoffgebundenen Vorkosten in Gestalt der Kosten für die Abschreibung, den Netzunterhalt, die laufende Betreuung durch Subunternehmer und eigenes Personal etc. weiter. Hinsichtlich der zweitinstanzlichen Klageerweiterung weisen sie auf die zu beachtende Anschlussberufungsfrist hin.

16. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

17. Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Die Anschlussberufung ist unzulässig.

A.

18. Gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen keine Bedenken. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO.

19. Die Anschlussberufung ist in der Klageerweiterung vom 08.01.2021 zu erblicken. Denn nur auf diesem Wege können die Kläger mehr als die Zurückweisung der Berufung erreichen (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2007 – V ZR 210/06 – juris Rz. 16). Zwar ist es grundsätzlich untunlich, einer prozessualen Erklärung im Wege der Auslegung einen Sinn beizumessen, obwohl – wie hier – die Zulässigkeit des Begehrens damit nicht erreicht werden kann und die Bescheidung sogar mit einer Kostenbelastung verbunden ist. Jedoch ist im hiesigen Fall die eingangs angeführte Auslegung wegen der Stellung eines förmlichen Klageantrages zwingend.

20. Die Anschlussberufung ist deshalb unzulässig und unterliegt der Verwerfung, weil die den Klägern wirksam gesetzte Berufungserwiderungsfrist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht eingehalten worden ist. Diese lief am 21.10.2020 ab (§ 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Will eine Klagepartei in der Rolle des Berufungsgegners die Klage, wie hier, erweitern, setzt das eine zulässige Anschlussberufung voraus (vgl. BGH, Urteil vom 03.07.2018 – XI ZR 572/16 – juris Rz. 17). Gründe, den gesetzgeberischen Willen durch Analogien zu unterlaufen, sind nicht greifbar. Durch die Verwerfung der Anschlussberufung verlieren die Kläger keine Rechte, da sie deren Streitgegenstand in einem neuen Prozess geltend machen können.

B.

21. In der Sache hat die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts vollständigen Erfolg, soweit es um die unter Ziffer 1. tenorierte Zahlungsklage geht (nachfolgend unter 1.). Die Berufung ist teilweise erfolgreich in Bezug auf den durch das Landgericht unter Ziffer 2. tenorierten Feststellungsantrag (nachfolgend unter 2.). Erfolglos bleibt die Berufung bezüglich der durch das Landgericht unter Ziffer 3. tenorierten Feststellungsklage (nachfolgend unter 3.).

1.

22. Die auf § 812 Abs. 1 BGB gestützte Zahlungsklage ist mit der Folge der Klagabweisung unbegründet, weil die Kläger zwar zu Recht die Wirksamkeit der in beide Verträge einbezogenen Preisanpassungsklauseln bezüglich des Arbeitspreises beanstanden (nachfolgend unter 1.1.). Die Wirksamkeit der Preisänderungsklauseln, die sich auf den Bereitstellungs- und Messpreis beziehen, bleibt davon aber unberührt und wird auch nicht aus anderen Gründen infrage gestellt (nachfolgend unter 1.2.). Hinsichtlich des Arbeitspreises scheitert eine Rückforderung daran, dass die Beklagte in den betreffenden Jahren keine unberechtigten Forderungen verfolgt hat (nachfolgend unter 1.3.).

23. 1.1. Dass die Preisanpassungsklausel des im Jahr 2008 abgeschlossenen Formularvertrages hinsichtlich des Arbeitspreises gegen das Transparenzgebot des § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV mit der Folge der Nichtigkeit gemäß § 134 BGB verstößt, hat der Senat bereits in dem unveröffentlichten Urteil vom 10.01.2019 – 20 U 146/17 – (Anlage K3, Anlagenband I) entschieden und dies wie folgt begründet:

24. „a) Es handelt sich bei § 8 (4) des Vertrages um eine kontrollfähige Preisnebenabrede, da sie die bezifferte Vergütungsregelung über den Grund- und Arbeitspreis in § 8 (1) lediglich ergänzt (vgl. zu den Voraussetzungen einer Preisnebenabrede: BGH, Urteil vom 24.03.2010 – VIII ZR 178/08 – juris Rz. 20; Hempel-Franke, a.a.O., Rn. 81). Auch wenn die Beklagte die Fernwärme nur liefert, nicht aber erzeugt, unterfällt der Wärmelieferungsvertrag dem Anwendungsbereich der AVBFernwärmeV (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2017 – VIII ZR 268/15 – juris Rz. 17). Die Wirksamkeitskontrolle unterliegt damit ausschließlich den Anforderungen, die in § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV aufgestellt sind, nicht dagegen den Vorschriften nach §§ 307 ff. BGB (vgl. BGH, a.a.O. – juris Rz. 18).

25. b) Die in § 8 (4) des Vertrages vereinbarte Preisnebenabrede verstößt – auch unter Hinzuziehung des Inhalts der Anlage C des Vertrages – gegen das Transparenzgebot gemäß § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV. Danach müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in verständlicher Form ausgewiesen werden, damit der Kunde den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer vom Klauselverwender vorgenommenen Erhöhung an der zu Preisänderungen ermächtigenden Klausel selbst messen kann (vgl. BGH, a.a.O. – juris Rz. 21). Sieht die Formel einen variablen Faktor vor, der nicht hinreichend beschrieben ist, und sich auch nicht ergänzenden Angaben entnehmen lässt, wie sich die Bezugsgröße ermittelt und aus welchen Komponenten sie sich zusammensetzt, wird eine solche Formel den Transparenzanforderungen nicht gerecht (vgl. BGH, Urteile vom 19.07.2017 – VIII ZR 268/15 – juris Rz. 22, 23; vom 06.04.2011 – VIII ZR 66/09 – juris Rz. 35).

26. Die der hiesigen Preisänderungsklausel zugrunde gelegte Formel für die Berechnung des Arbeitspreises (aktueller Arbeitspreis = Basisarbeitspreis 2000 x Energiepreis/Energiepreis 2000) enthält einen variablen Faktor, nämlich den – jeweils aktuellen – Energiepreis. Hierzu wird im Vertrag lediglich angeführt, dass es sich dabei um den jeweiligen Energiepreis des Fernwärmeversorgers in Euro/MWh handelt. In der Anlage C wiederum findet sich zum Energiepreis nur die Angabe „E aktuell: Euro/kWh = 0,05319“. Auf welche Art und Weise sich der – veränderliche – Energiepreis ermittelt, etwa durch Verwendung einer mathematischen Formel, und aus welchen Komponenten er sich zusammensetzt, ergibt sich weder aus dem Vertrag selbst noch aus der Anlage C. Es fehlen jegliche konkretisierende Angaben. Den Vertragsunterlagen lässt sich noch nicht einmal entnehmen, dass die Beklagte die Fernwärme von der Fernwärmeerzeugerin … AG bezieht und – so ihr Vortrag – den ihr von … AG für den Einkauf der Fernwärme berechneten Preis an die Kläger durchreicht, so dass die Beklagte nicht damit argumentieren kann, wie sie es in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat getan hat, dass die Kläger den jeweils aktuellen Energiepreis und die Berechnungsmethode auf der Internetseite von … AG einsehen könnten. Auf Seite 4 der Anlage C werden als Quellenangaben für die Ermittlung der Preise allein der Vertrag und das Statistische Bundesamt genannt. In diesen Quellen lässt sich der jeweils aktuelle Energiepreis aber – unstreitig – nicht finden. In der Konsequenz können die Kläger den Umfang der auf sie zukommenden Preisänderungen aus den Formulierungen der Klausel nicht erkennen. Letztlich hat die Beklagte die Intransparenz ihrer Berechnungsformel selbst eingeräumt, da sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen hat, dass die Kläger jederzeit bei ihr hätten nachfragen und sich den Energiepreis erläutern lassen können, wobei sie aber gleichzeitig verkannt hat, dass die Preisanpassungsklausel aus sich heraus verständlich sein muss.“

27. Die vorstehenden Ausführungen können wegen ihrer Vergleichbarkeit sowohl auf den hiesigen im Jahr 2008 abgeschlossenen Wärmelieferungsvertrag als auch auf denjenigen aus dem Jahr 2018 übertragen werden. Unstreitig gibt es in … neben der … AG weitere Unternehmen, die Fernwärme erzeugen und dies auch schon im Jahr 2008. Der im Jahr 2008 zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag verweist allerdings nicht auf eine Anlage C, sondern auf eine Anlage D, die aus einer Seite besteht und mit „Preise und Indices“ sowie „Abrechnungsjahr 2006“ überschrieben ist (Anlage B3, Blatt 171 Bd. I. d.A.). Auch insoweit findet sich zum variablen Energiepreis nur die schlichte Angabe „E aktuell: Euro/kWh = 0,05319“. In dem im Jahr 2018 abgeschlossenen Vertrag ist die Preisänderungsklausel in § 8 (3) enthalten; auf der Rückseite der letzten Seite des Vertrages (Anlage K2, Anlagenband I) sind „Preise und Indizes“ mit Hinweis auf das „Abrechnungsjahr 2017“ abgebildet. Zum variablen Energiepreis heißt es: „E aktuell: Euro/kWh = 0,06221“. In beiden Verträgen der Parteien wird die Fernwärmeerzeugerin nicht benannt.

28. Entgegen der Ansicht der Beklagten in dem insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.03.2021 (Blatt 97 ff. Bd. II d.A.) ist das vorgelegte unveröffentlichte Urteil des Amtsgerichts … vom 26.03.2012 – 202 C 459/11 – nicht geeignet, für die Parteien bindend festzustellen, dass die Preisanpassungsklausel unter § 8 (4) des im Jahr 2008 abgeschlossenen Vertrages wirksam ist. Gegenstand des Verfahrens vor dem Amtsgericht … waren eine Klage auf Rückzahlung von auf die Abrechnung des Jahres 2008 geleisteter Zahlungen und eine Widerklage auf Zahlung einer Restforderung aus der Jahresabrechnung 2010. Eine Feststellungsklage wurde von keiner Seite erhoben. Da das Urteil damit keine Sachverhalte der Jahre 2015 bis 2018 erfasst, kann von ihm keine Rechtskraftwirkung gemäß § 322 Abs. 1 ZPO für den hiesigen Streitgegenstand ausgehen. Im Hinblick darauf besteht kein Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).

29. 1.2. Die Preisanpassungsklauseln betreffend die anderen beiden Preise (Grund- und Messpreis) sind wirksam.

30. a) Die mangelnde Transparenz der für die Änderung des Arbeitspreises relevanten Formel führt nicht per se zur Nichtigkeit der in § 8 (4) bzw. § 8 (3) der beiden Verträge enthaltenen Preisänderungsklauseln, soweit es die anderen Preise (Bereitstellungs- und Messpreis) betrifft. Insoweit hält der Senat an seiner im Urteil vom 10.01.2019 – 20 U 146/17 – vertretenen Rechtsansicht nicht fest (vgl. hierzu auch Kammergericht, Urteile vom 29.09.2020 – 9 U 19/20 – juris Rz. 17 ff.; vom 28.04.2021 – 28 U 4/20 – juris Rz. 23 ff.). Zwar stehen die beiden Preiskomponenten, der Arbeits- und der Grundpreis, in einem Verhältnis zueinander und bilden den dem Kunden in Rechnung gestellten Gesamtpreis, dessen Entwicklung sie prägen (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011 – VIII ZR 339/10 – juris Rz. 33, 34). Jedoch handelt es sich dabei um kein starres Verhältnis, so dass Verwerfungen, welche die eine Preiskomponente betreffen, sich nicht zwingend auf die Gestaltung der anderen Preiskomponente auswirken müssen. In Bezug auf den Messpreis gilt nichts Anderes. Gegebenenfalls wäre individuell für das jeweilige Abrechnungsjahr zu prüfen, ob das von § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV geforderte angemessene Verhältnis von Markt- und Kostenelementen gewahrt bleibt, wenn die Preisanpassungsklausel bezüglich einer Komponente in Wegfall gerät. Wie noch auszuführen sein wird, hat der Wegfall der Preisanpassungsklauseln zum Arbeitspreis keine Auswirkungen auf die Rechnungslegung in den hier betroffenen Jahren 2015 bis 2018.

31. b) Die Preisanpassungsklauseln bezüglich des Bereitstellungs- und Messpreises sind auch nicht wegen inhaltlicher Unangemessenheit unwirksam.

32. In Bezug auf den Messpreis tragen die Kläger keine Umstände vor, die einen solchen Schluss rechtfertigen könnten.

33. Aber auch zum Bereitstellungspreis bringen die Kläger keine einschlägigen Umstände vor (vgl. hierzu auch Kammergericht, Urteil vom 28.04.2021 – 28 U 4/20 – juris Rz. 26). Der Verweis der Kläger auf die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 19.07.2017 – VIII ZR 268/15 – und 18.12.2019 – VIII ZR 209/18 – ist unbehelflich. Die Urteile beziehen sich allein auf den Arbeitspreis, nicht auf den Bereitstellungspreis. Genauso wenig vermag das Argument eines Verstoßes gegen das in § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV verankerte Gebot der Kostenorientierung durchzugreifen. Mit dem Grundpreis/Bereitstellungspreis werden die Investitions- und Vorhaltekosten zumeist in Gestalt der Material- und Lohnkosten abgegolten, die sich unabhängig von den Marktverhältnissen am Wärmemarkt entwickeln (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011 – VIII ZR 339/10 – juris Rz. 32). Soweit in der Preisanpassungsklausel der Fernwärmeerzeugerin betreffend den Grundpreis der Anteil der Lohnkosten mit 32% veranschlagt sein soll, während der Anteil der Lohnkosten in der Preisanpassungsklausel zum Bereitstellungspreis in den hiesigen Wärmelieferungsverträgen mit 60% angesetzt ist, folgt daraus keine Verletzung des Gebotes der Kostenorientierung, da sich der Bereitstellungspreis an den Kosten der Beklagten zu orientieren hat, d.h. an den von der Beklagten zu zahlenden Lohnkosten im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Fernwärme. Insoweit hat die Beklagte auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 01.02.2021 (Blatt 28 Bd. II d.A.) betont, dass sie ihre eigenen Kosten dort ansetze. Dass die Beklagte bei der Anpassung des Grundpreises darüber hinaus auf die Preisentwicklung des investitionsgüterproduzierenden Gewerbes, also für Erzeugerpreise gewerblicher Produkte, abstellt, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011 – VIII ZR 339/10 – juris Rz. 2, 32, 33). Dass sich die Wärmepreisentwicklung durch die Verwendung dieses Indexes oder durch seine Gewichtung von den kostenmäßigen Zusammenhängen löst, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

34. 1.3. Obwohl die Kläger die Preisanpassungsklauseln beider Verträge in Bezug auf den Arbeitspreis zu Recht beanstanden, stehen ihnen für die Abrechnungsjahre 2015 bis 2018 keine Rückzahlungsansprüche zu.

35. a) Bei den Abrechnungen für die Jahre 2015 bis 2017 ist die sog. „Dreijahreslösung“ des Bundesgerichtshofs anzuwenden, auch wenn sich die Kläger dagegen verwahren. Der Bundesgerichtshof legt in ständiger Rechtsprechung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung das Preisniveau zugrunde, das vor der Jahresabrechnung galt, welche innerhalb von drei Jahren nach Zugang beanstandet wurde (vgl. u.a. BGH, Urteile vom 10.03.2021 – VIII ZR 200/18 – juris Rz. 29; vom 05.10.2016 – VIII ZR 241/15 – juris Rz. 13; vom 14.03.2012 – VIII ZR 113/11 – juris Rz. 21). Sofern in den nachfolgenden Abrechnungsjahren Preissenkungen zu verzeichnen sein sollten, ist in dem von der Senkung betroffenen Abrechnungsjahr der gemilderte Preis anzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.2016 – VIII ZR 79/15 – juris Rz. 40). Die vorstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist unabhängig davon, ob das Fernwärmeunternehmen eigene Geschäftsräume unterhält oder – wie die Beklagte – die Geschäftsräume eines gesellschaftsrechtlich verbundenen Unternehmens nutzt.

36. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht erforderlich. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 06.04.2016 – VIII ZR 79/15 – ausgeführt, dass seine Rechtsprechung mit EU-Recht und insbesondere Art. 6 Abs. 1 der Klausel-Richtlinie 93/13/EWG vereinbar ist (juris Rz. 30 f.). Dem ist beizupflichten. Es ist nicht erkennbar, dass sich aus der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anderes herleiten lässt.

37. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beanstandung im Schreiben der Kläger vom 26.01.2019 die Arbeitspreise der Abrechnungen für die Jahre 2015 bis 2017 erfasst. Die inhaltlichen Anforderungen an einen Widerspruch gegen Preiserhöhungen sind äußerst gering (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2021 – VIII ZR 200/18 – juris Rz. 30, 31). Damit ist der in der Abrechnung für das Jahr 2014 berechnete Arbeitspreis von Euro 0,0838 pro kWh im Grundsatz für die nachfolgenden Jahre maßgeblich; er tritt an die Stelle des im Jahr 2008 vertraglich vereinbarten Anfangspreises von Euro 0,059 pro kWh (gemäß § 8 (1) des Vertrages) bzw. Euro 0,0710 pro kWh (gemäß der Anlage „Preise und Indices“). Da die Arbeitspreise in den Jahren 2015 bis 2017 aber unter den für das Jahr 2014 berechneten Arbeitspreis sanken (Jahr 2015: Euro 0,0836; Jahr 2016: Euro 0,0833; Jahr 2017: Euro 0,0830), ist eine Korrektur des Arbeitspreises für diese Jahre nicht veranlasst.

38. Das Schreiben der Kläger vom 23.07.2009 ändert daran nichts, da die Kläger im Anschluss viele Jahre lang bis zu der Beanstandung im Schreiben vom 26.01.2019 den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen nicht widersprochen haben. Um sich den vereinbarten Anfangspreis zu erhalten, hätten die Kläger nach ihrem Schreiben vom 23.07.2009 nicht jahrelang schweigen dürfen.

39. b) Für die das Abrechnungsjahr 2018 bis zum 21.05.2018 und damit noch den Vertrag aus dem Jahr 2008 betreffende Rückforderung der Kläger kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Mit der erstinstanzlichen Klageerweiterung vom 26.09.2019 haben die Kläger auch diese Abrechnung beanstandet. Da sich diese Beanstandung an die Rüge im Schreiben vom 26.01.2019 zeitnah anschließt, ist auch im Jahr 2018 bis zum 21.05.2018 grundsätzlich der „eingefrorene“ Arbeitspreis des Jahres 2014 von Euro 0,0838 pro kWh anzusetzen. Der Senat weicht insoweit von den Entscheidungen der weiteren Senate des Kammergerichts ab, die für das Abrechnungsjahr 2018 als Vergleichsmaßstab den Preis des Jahres 2017 von Euro 0,0830 pro kWh gewählt haben (vgl. Urteile vom 29.09.2020 – 9 U 19/20 – juris Rz. 24; vom 28.04.2021 – 28 U 4/20 – juris Rz. 32). Nach hiesigem Verständnis ist die Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass redliche Parteien, hätten sie bei Vertragsschluss bedacht, dass der nach der „Dreijahreslösung“ an die Stelle des Anfangspreises getretene Preis sich in späteren Abrechnungszeiträumen auch nach unten entwickeln kann, sich dahin verständigt hätten, dass der Kunde „für die Zeiträume der Preisunterschreitungen“ nur die geringeren Entgelte entrichten müsse (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.2016 – VIII ZR 79/15 – juris Rz. 40), so zu verstehen, dass in der Regel der „eingefrorene“ Preis gilt und sich Preissenkungen lediglich in dem davon betroffenen Abrechnungsjahr durchsetzen (vgl. auch juris Rz. 21, 41, 46 f.). Denn die „Dreijahreslösung“ wurde zugunsten des Fernwärmeunternehmens entwickelt (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2021 – VIII ZR 200/18 – juris Rz. 31). Angesichts dessen ist allein ausschlaggebend, dass der in der Jahresabrechnung vom 13.08.2019 angesetzte Arbeitspreis von Euro 0,0836 pro kWh immer noch unter dem Arbeitspreis aus dem Abrechnungsjahr 2014 liegt, wenngleich im Vergleich zum Arbeitspreis des Abrechnungsjahres 2017 wieder ein Anstieg erfolgte.

40. c) Bezüglich der ebenso mit der erstinstanzlichen Klageerweiterung vom 26.09.2019 rechtshängig gemachten Rückforderung für die Abrechnungszeit vom 22.05.2018 bis 31.12.2018, welche die Preisgestaltung des neuen Vertrages aus dem Jahr 2018 betrifft, ist auf den in diesem Vertrag anfänglich vereinbarten Arbeitspreis abzustellen; eine andere Möglichkeit bietet sich nicht, vor allem ist kein Raum für die Anwendung der „Dreijahreslösung“. Auch hiernach ergibt sich kein Anspruch auf Rückzahlung. Der Streit der Parteien, ob der in § 8 (1) festgelegte Arbeitspreis von Euro 0,0803 pro kWh vereinbart wurde oder der höhere Preis der Anlage „Preise und Indizes“ von Euro 0,0830 pro kWh, kann unentschieden bleiben. Denn der in der Abrechnung angesetzte Arbeitspreis von Euro 0,0803 pro kWh entspricht dem niedrigeren Arbeitspreis gemäß § 8 (1) des Vertrages.

2.

41. Die unter Ziffer 2. des angefochtenen Urteils tenorierte Feststellungsklage „Es wird festgestellt, dass die Preisänderungsklausel in § 8 (3) des zwischen den Parteien abgeschlossenen Wärmelieferungsvertrages vom 22.05.2018 [korrekt: 22.05.2018/11.10.2018] unwirksam ist“ ist zulässig (nachfolgend unter 2.1.), aber nur in Bezug auf den Arbeitspreis begründet (nachfolgend unter 2.2.).

42. 2.1. Der Antrag der Kläger ist ausreichend bestimmt, da er sich auf die Preisänderungsklausel insgesamt bezieht, also alle dort aufgeführten Preise erfasst. Diese Auslegung wird auch durch die Klagebegründung getragen.

43. Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 256 Abs.1 ZPO zulässig. Die Klage dient der Klärung einer konkreten streitigen Rechtsbeziehung der Parteien, wie die rechtshängige Zahlungsklage, die sich auf die Rückforderung ab dem 22.05.2018 bis Ende Dezember 2018 bezieht, und der Gegenstand der unzulässigen Anschlussberufung eindrücklich zeigen. Da der Vertrag für mindestens zehn Jahre geschlossen wurde (§ 10 (1) des Vertrages), ist naheliegend, dass sich weitere Rechtsstreitigkeiten an der Frage der Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel entzünden, wenn keine Klärung herbeigeführt wird.

44. Das Feststellungsinteresse entfällt nicht deshalb, weil sich die Kläger auf den neuen Vertrag mit der Beklagten eingelassen haben, obwohl sie von vornherein Bedenken gegen die Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel hatten. Diese Bedenken waren der Beklagten aus dem Rechtsstreit vor dem Senat zum Aktenzeichen 20 U 146/17 bekannt. Denn der Kläger zu 2. vertrat als Anwalt gleichfalls die Klägerseite des dortigen Verfahrens. Dennoch verwendete die Beklagte gegenüber den hiesigen Klägern erneut die strittige Preisanpassungsklausel, ohne sie zu überprüfen.

45. 2.2. Die Feststellungsklage ist aus den vorstehenden Erwägungen unter Ziffer 1. zur Intransparenz der Preisanpassungsklausel im Vertrag vom 22.05.2018/11.10.2018 bezüglich des Arbeitspreises begründet, hingegen wegen fehlender Infizierung des Bereitstellungs- und Messpreises und nicht erkennbarer inhaltlicher Unangemessenheit dieser beiden Preise im Übrigen unbegründet.

3.

46. Die unter Ziffer 3. des angefochtenen Urteils tenorierte Feststellungsklage legt der Senat im Sinne des hiesigen Tenors unter Ziffer 1. b) aus. Die Klage ist zulässig (nachfolgend unter 3.1.) und begründet (nachfolgend unter 3.2.).

47. 3.1. Die Auslegung des Klageantrages ist mit Blick auf den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz geboten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21.06.2016 – II ZR 305/14 – juris Rz. 12). Die Beklagte beabsichtigte offenkundig nicht, durch das Schreiben vom 24.04.2019 eine Änderung der Preisänderungsklausel unmittelbar herbeizuführen. Jedoch geht aus der Begründung des Klageantrages unmissverständlich hervor, dass die Kläger festgestellt wissen wollen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die in ihrem Schreiben vom 24.04.2019 zitierte Preisanpassungsformel des Arbeitspreises [APW = APWO * (0,5*B/BO + 0,5*BI/BIO] ab dem 01.05.2019 in den Wärmelieferungsvertrag der Parteien vom 22.05.2018/11.10.2018 durch eine – wie auch immer geartete – einseitige Erklärung einzuführen. Den Klägern geht es um die Klärung, ob sich die rechtlichen Beziehungen durch das einseitige Vorgehen der Beklagten geändert haben. Hierbei handelt es sich um ein feststellbares Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 09.05.2019 – VII ZR 154/18 – juris Rz. 23 ff.). Das Feststellungsinteresse kann den Klägern wegen des anhaltenden Konflikts mit der Beklagten über die Rechtsgrundlage der Berechnung höherer Preise in der Zukunft nicht abgesprochen werden.

48. 3.2. Die Klage ist begründet, weil für die Änderung einer Preisänderungsreglung generell aufeinander bezogene korrespondierende Willenserklärungen der Parteien gemäß §§ 145 ff. BGB benötigt werden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 19.07.2017 – VIII ZR 268/15 – juris Rz. 57). Erst recht gilt dies für die erstmalige Einbeziehung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Preisänderungsregel in einen Vertrag (z.B. als Ersatz einer unwirksamen Klausel). Weder haben sich die Parteien auf die Einbeziehung einer (neuen) Preisänderungsklausel betreffend den Arbeitspreis verständigt noch haben sie der Beklagten anfänglich oder nachträglich ein einseitiges Bestimmungsrecht eingeräumt. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die einseitige Vertragsänderung nicht auf der Grundlage von § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV rechtswirksam, da sich die Vorschrift nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung bei den Regelungen zur „Art der Versorgung“ in § 4 AVBFernwärmeV darauf beschränkt, Änderungen von allgemeinen Versorgungsbedingungen von deren öffentlicher Bekanntmachung abhängig zu machen (vgl. Kammergericht, Urteile vom 29.09.2020 – 9 U 19/20 – juris Rz. 26; vom 28.04.2021 – 28 U 4/20 – juris Rz. 42, 43; a.A. wohl OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.02.2018 – 27 U 2/17 – juris Rz. 34). Auch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs bestimmt die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur, dass Änderungen von allgemeinen Versorgungsbedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden (vgl. Urteil vom 23.04.2020 – I ZR 85/19 – juris Rz. 39), wenngleich in der Entscheidung offen gelassen wird, ob die Vorschrift so verstanden werden könnte, dass sie eine einseitige Änderung von Versorgungsbedingungen zulässt (a.a.O.).

49. Die Frage, ob sich die Beklagte in der Konsequenz an einem für sie wirtschaftlich unzumutbaren Vertrag festhalten lassen muss oder berechtigt ist, sich davon zu lösen, stellt sich in diesem Verfahren nicht.

III.

50. Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Rechtsgrundlagen in den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO (Kosten) sowie §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 709 Satz 2 (analog), 711 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit).

51. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zugelassen.

Zuletzt aktualisiert am Juli 21, 2021 von eurogesetze

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