VG Berlin 12. Kammer. Aktenzeichen: 12 L 72/21

Gericht: VG Berlin 12. Kammer
Entscheidungsdatum: 21.05.2021
Aktenzeichen: 12 L 72/21
ECLI: ECLI:DE:VGBE:2021:0521.12L72.21.00
Dokumenttyp: Beschluss

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1. A. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -, mit dem der Antragsteller die vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang „Architektur“ im 1. Fachsemester an der Antragsgegnerin vom Sommersemester 2021 an mit der Begründung erstrebt, es seien noch freie Studienplätze vorhanden, hat keinen Erfolg.

2. Der Masterstudiengang „Architektur“ in der Lehreinheit „Architektur“ im Fachbereich IV hat keine freien Kapazitäten. Die Antragsgegnerin hat für diesen Studiengang 44 Studienplätze für das Sommersemester 2021 festgesetzt (vgl. Amtliche Mitteilung der Antragsgegnerin, Nr. 12/2020 vom 11. Juni 2020 zur Festsetzung von Höchstzahlen in den Bachelor- und Masterstudiengängen zum Wintersemester 2020/21 und zum Sommersemester 2021). Diese Festsetzung schöpft zwar nicht die Kapazität aus. Denn die Kammer errechnet für den Masterstudiengang „Architektur“ für das Sommersemester 2021 eine Gesamtkapazität vom 45 Studienplätzen (zur Kapazitätsberechnung des Bachelorstudiengangs „Architektur“ im 1. Fachsemester an der Antragsgegnerin für das Wintersemester 2020/21, vgl. VG Berlin, Beschluss vom 2. März 2021 – 12 L 329/20 –, juris). Da die Antragsgegnerin jedoch insgesamt 54 Studienbewerber im 1. Fachsemester immatrikuliert hat, stehen keine Studienplätze mehr zur Verfügung.

3. Die Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität erfolgt gemäß § 3 Satz 2 der Kapazitätsverordnung – KapVO – (vom 10. Mai 1994 [GVBl. S.186], in der zum Berechnungsstichtag [15. Januar 2020, vgl. hierzu sogleich I.1.] geltenden Fassung mit letzten Änderungen vom 13. Juni 2019 [GVBl. S. 403]) in zwei Verfahrensschritten. Zunächst ist die Aufnahmekapazität aufgrund der personellen Ausstattung zu ermitteln (§ 3 Satz 2 Nr. 1 KapVO, vgl. I.). Das Ergebnis ist anschließend anhand weiterer kapazitätsbestimmender Kriterien zu überprüfen (§ 3 Satz 2 Nr. 2 KapVO, vgl. II.).

4. I. 1. Für die Kapazitätsberechnung ist vom Stellenplan für das Lehrpersonal zu dem Stichtag 15. Januar 2020 auszugehen (vgl. zu dessen Bestimmung § 5 Abs. 1 KapVO). Maßgeblich für die Berechnung ist die gemäß § 7 Abs. 1 KapVO festgelegte Lehreinheit „Architektur“ im Fachbereich IV. Dieser Lehreinheit sind der Bachelorstudiengang „Architektur“ sowie die Masterstudiengänge „Architektur“ und „Planung nachhaltiger Gebäude“ zugeordnet.

5. In die Kapazitätsberechnung sind die durch den Stellenplan der Lehreinheit „Architektur“ zugewiesenen Stellen einzustellen (vgl. § 8 KapVO) und es ist das dem Lehrpersonal zugeordnete Lehrdeputat zugrunde zu legen (§ 9 KapVO).

6. Zum Berechnungsstichtag 15. Januar 2020 sind der streitgegenständlichen Lehreinheit 22 Hochschullehrerstellen zugewiesen. Bei einem Lehrdeputat für Professoren an Fachhochschulen von 18 Lehrveranstaltungsstunden – LVS – (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen – LVVO – in der zum Berechnungsstichtag geltenden Fassung vom 27. März 2001 [GVBl. S. 74], zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Oktober 2008 [GVBl. S. 294]) ergibt sich ein Lehrangebot aus verfügbaren Stellen pro Semester von (18 x 22 =) 396 LVS.

7. 2. Die von der Antragsgegnerin geltend gemachte Reduzierung der Lehrverpflichtungen in Höhe von 34,50 LVS zum Stichtag 15. Januar 2020 ist in vollem Umfang anzuerkennen.

8. Dabei handelt es sich im Einzelnen um die nachfolgenden Reduzierungen:

9. – 9,0 LVS für die Tätigkeit als Dekan (Prof. S…; § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LVVO),

10. – 4,5 LVS für die Tätigkeit als Prodekan (Prof. P…; § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 a) LVVO),

11. – 6,0 LVS für die Tätigkeiten als Studienfachberater (Prof. Dr. J…, Prof. Dr. W… und Prof. Dr. W… mit jeweils 2 LVS; § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 3 LVVO),

12. – 1,0 LVS für die Tätigkeit der Anerkennung von Studienleistungen (Prof. H…; § 9 Abs. 2 LVVO),

13. – 8,0 LVS für die Tätigkeiten als Laborleitungen (Prof. E… [2,0]; Prof. Dr. J… [2,0]; Prof. K… [2,0]; Prof. V… [2,0];] § 9 Abs. 2 LVVO),

14. – 1,0 LVS für die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Kooperation mit ausländischen Hochschulen (Prof. Dr. H…; § 9 Abs. 2 LVVO),

15. – 2,0 LVS für die Tätigkeit als BAföG-Beauftragter gemäß § 47 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, wonach die Hochschule gesetzlich verpflichtet ist, diverse fachliche gutachterliche Stellungnahmen über Eignung und Ausbildungsstand von Leistungsbeziehern abzugeben (Prof. Dr. B…; § 9 Abs. 2 LVVO),

16. – und 3,0 LVS für die fachdidaktische Fort- und Weiterbildung neuberufener Professoren (§ 9 Abs. 7 LVVO).

17. Es ist unschädlich, dass die Lehrverpflichtungen von Prof. Dr. J… (Studienfachberater und Laborleitung) und Prof. Dr. H… (Anerkennung von Studienleistungen und Tätigkeit im Zusammenhang mit der Kooperation mit ausländischen Hochschulen) jeweils für zwei Funktionen ermäßigt werden. Die Begrenzung auf die Ermäßigung nur für eine Funktion gilt ausweislich des insofern eindeutigen Wortlauts des § 9 Abs. 1 Satz 4 LVVO nur für die Wahrnehmung mehrerer der in § 9 Abs. 1 Satz 1 LVVO genannten Funktionen. Eine weitere Ermäßigung für die Wahrnehmung mehrerer oder zusätzlicher in § 9 Abs. 2 LVVO genannter Funktionen, die anders als die in § 9 Abs. 1 LVVO aufgezählten Funktionen der Hochschulverwaltung ein breiteres Spektrum abdecken, ist daher nicht ausgeschlossen. Dies ergibt sich auch aus § 9 Abs. 5 LVVO, der spezielle Grenzen für Ermäßigungen nach § 9 Abs. 2 LVVO insgesamt und für die einzelne Lehrkraft enthält. Diese sind vorliegend eingehalten.

18. Abzüglich der Lehrverpflichtungsverminderung von 34,5 LVS ergibt sich ein Lehrangebot aus verfügbaren Stellen von 396 LVS – 34,5 LVS = 361,5 LVS.

19. 3. Dieses Lehrangebot der Lehreinheit ist gemäß § 10 Satz 1 KapVO um die Lehrauftragsstunden zu erhöhen, die der Lehreinheit in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern (hier ausgehend vom Stichtag 15. Januar 2020 zulässigerweise von der Antragsgegnerin benannt: Wintersemester 2018/19 und Sommersemester 2019) im Durchschnitt je Semester zur Verfügung gestanden haben und nicht auf einer Regellehrverpflichtung beruhen.

20. a. Einzubeziehen ist die Lehre der Lehrbeauftragten, der Gast- und Honorarprofessoren sowie der Gastdozenten. Zu den Lehraufträgen, die der Lehreinheit zur Verfügung gestanden haben, gehören auch die Lehraufträge, die von nicht zugeordneten Lehreinheiten in Auftrag gegeben wurden. Die eingereichten Lehrauftragslisten berücksichtigen dies. In ihnen ist für das Wintersemester 2018/19 Lehre im Umfang von 206 LVS (125,75 Lehrbeauftragte, 8,75 Gastprofessoren und 71,5 Gastdozenten) und für das Sommersemester 2019 im Umfang von 229,5 LVS (137 Lehrbeauftragte, 18,0 Gastprofessoren und 74,5 Gastdozenten) verzeichnet.

21. b. Von diesen Lehrauftragsstunden sind gemäß § 10 Satz 2 KapVO diejenigen nicht kapazitätserhöhend zu berücksichtigen, die aus Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen vergütet werden. Denn diese Stellen wurden bereits entsprechend dem abstrakten Stellenprinzip (vgl. § 8 KapVO) bei der Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes berücksichtigt. Ein kapazitätserhöhender Ansatz der zum Ausgleich dieser Stellenvakanzen erteilten Lehraufträge würde ansonsten zu einer doppelten Einbeziehung eines tatsächlich nur einmal vorhandenen Lehrangebotes führen. Die Vorschrift des § 10 Satz 2 KapVO bezweckt, eine zu Lasten der Hochschule wirkende Doppelberücksichtigung von fiktivem Lehrangebot, wie es das in § 8 Abs. 1 KapVO verankerte abstrakte Stellenprinzip bei unbesetzten Stellen mit sich bringen kann, und tatsächlichem Lehrangebot durch aus Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen finanzierten Lehrauftragsstunden auszuschließen (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. Januar 2014 – 3 M 124/13 –, juris Rn. 30).

22. Für das Wintersemester 2018/19 sind insgesamt 55 LVS der Lehrauftragsstunden nicht kapazitätserhöhend zu berücksichtigen. Nach den von der Antragsgegnerin eingereichten Lehrauftragslisten dienten Lehraufträge im Wintersemester 2018/19 in diesem Umfang der Vertretung unbesetzter Hochschullehrerstellen.

23. Für das Sommersemester 2019 sind insgesamt 57 LVS der Lehrauftragsstunden nicht kapazitätserhöhend zu berücksichtigen. Nach den von der Antragsgegnerin eingereichten Lehrauftragslisten dienten Lehraufträge im Sommersemester 2019 im Umfang von 39 LVS der Vertretung unbesetzter Hochschullehrerstellen. Darüber hinaus sind wegen der längerfristigen Erkrankung von Prof. Dr. W…die in den Lehrauftragslisten ausgewiesenen 18 LVS als nicht kapazitätserhöhend anzuerkennen.

24. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene nicht kapazitätserhöhende Verrechnung von Lehraufträgen, die zum Ausgleich der Forschungsfreistellungen von Prof. Dr. P… (9 LVS), Prof. Dr. B… (4 LVS) und Prof. Dr. S… (2 LVS) nach § 99 Abs. 6 des Berliner Hochschulgesetzes – BerlHG – vergeben wurden, erachtet die Kammer als unzulässig. Denn insoweit ist nicht von einer Vakanz im Sinne des § 10 Satz 2 KapVO auszugehen (ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. Beschlüsse vom 30. Mai 2016 – VG 12 L 43.16, EA S. 4, vom 20. Dezember 2017 – VG 12 L 279.17 –, EA S. 5 und vom 20. Januar 2020 – VG 12 L 327.19 –, EA S. 6).

25. c. Als kapazitätserhöhend im Sinne von § 10 Satz 1 KapVO sind die Lehrauftragsstunden zu berücksichtigen, die dem Anteil der Lehreinheit an dem Lehrangebot des Fachbereichs I im Rahmen des Studium Generale entsprechen. Der Fachbereich I erbringt für die gesamte Hochschule durch Lehraufträge das Lehrangebot im Rahmen des Studium Generale. Dieses Studium ist Teil aller Studiengänge der Antragsgegnerin und damit auch der Studiengänge der Lehreinheit „Architektur“.

26. Der Anteil der Lehreinheit an dem Lehrangebot für das Studium Generale ergibt sich aus dem Verhältnis der im ersten Semester zugelassenen Studierenden für die Lehreinheit zu den im ersten Semester zugelassenen Studierenden für die Antragsgegnerin insgesamt (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 20. Januar 2020 – VG 12 L 327.19 –, EA S. 6 f., vom 04. Juli 2018 – VG 12 L 109.18 –, EA S. 5 und vom 19. Januar 2017 – VG 12 L 437.16 –, EA S. 11; vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. November 2017 – OVG 5 NC 3.17 –, juris).

27. Für das Wintersemester 2018/19 und das Sommersemester 2019 hat der Fachbereich I (200 + 204 =) 404 LVS für das Studium Generale gemeldet. Entgegen den Annahmen der Antragsgegnerin ist der Anteil des Lehrangebots für das Studium Generale, der auf die Lehreinheit „Architektur“ entfällt, auf Basis dieser insgesamt angebotenen LVS zu berechnen. Sofern die Antragsgegnerin von diesen 404 LVS insgesamt 48 LVS aus verschiedenen Gründen (Ausgleich unbesetzter Stellen und Ausgleich für Beurlaubung) nicht kapazitätserhöhend berücksichtigen möchte, wird dies nicht anerkannt. Die Antragsgegnerin hat schon keine weiteren Angaben zur Glaubhaftmachung der geltend gemachten Ausgleichstatbestände getätigt. Darüber hinaus ist eine etwaige Verrechnung innerhalb der leistenden Lehreinheit des für das Studium Generale verantwortlichen Fachbereichs I vorzunehmen, jedoch nicht innerhalb der Bestimmung des Anteils für die Lehreinheit „Architektur“, der sich auf das Angebot im Studium Generale insgesamt bezieht (vgl. Beschluss der Kammer vom 20. Januar 2020 – VG 12 L 327.19 –, EA S. 7).

28. Aufgenommen wurden in diesem Zeitraum an der Antragsgegnerin laut vorgelegter Erstsemesterstatistik insgesamt 3979 Studienanfänger (Wintersemester 2018/19: 2817 und Sommersemester 2019: 1162). Ausweislich der Erstsemesterstatistik begannen in der Lehreinheit „Architektur“ in den beiden genannten Semestern insgesamt 319 Studienanfänger (Wintersemester 2018/19: 141 und Sommersemester 2019: 178) ihr Studium. Damit beträgt der Anteil der Lehreinheit am Erstsemesteraufkommen [(100 x 319) : 3979 =] 8,0171 %. Dem entspricht ein Anteil am Studium Generale von [(404 x 8,0171) : 100 =] 32,3891 LVS im Jahr bzw. (32,3891 LVS : 2 =) 16,1946 LVS im Semester.

29. d. Insgesamt ergeben sich damit Lehrauftragsstunden für das Wintersemester 2018/19 im Umfang von (206 – 55 + 16,1946 =) 167,1946 LVS und für das Sommersemester 2019 im Umfang von (229,5 – 57 + 16,1946 =) 188,6946 LVS. Die Summe dieser Lehrauftragsstunden ist zu gleichen Teilen auf die beiden Semester zu verteilen. Für die Kapazitätsberechnung sind demnach Lehrauftragsstunden im Umfang von ([167,1946 + 188,6946] : 2 =) 177,9446 LVS in die Berechnung einzustellen.

30. Das unbereinigte Lehrangebot beträgt damit (361,5 LVS Deputat aus Planstellen + 177,9446 LVS anzurechnende Lehrauftragsstunden =) 539,4446 LVS.

31. 4. Einen Abzug von Dienstleistungen, die die Lehreinheit zugunsten anderer Lehreinheiten zu erbringen hat (sogenannter Dienstleistungsexport, vgl. § 11 Abs. 1 KapVO sowie I.2. der Anlage 1 zur KapVO), nimmt die Antragsgegnerin nicht vor.

32. 5. Auf der Grundlage des bereinigten Lehrangebots ist zu errechnen, für wie viele Studierende das Lehrangebot ausreicht. Dafür ist das bereinigte Lehrangebot der Lehrnachfrage des einzelnen Studierenden in der Lehreinheit „Architektur“ gegenüber zu stellen.

33. Bei der Ermittlung der Lehrnachfrage sind die in der Anlage 2, Teil B, Abschnitt II zur KapVO aufgeführten Curricularnormwerte (CNW) anzuwenden (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 KapVO). Der CNW bestimmt den in Deputatstunden gemessenen Aufwand aller beteiligten Lehreinheiten, der für die ordnungsgemäße Ausbildung eines Studierenden in dem jeweiligen Studiengang erforderlich ist (§ 13 Abs. 1 Satz 1 KapVO).

34. a. Für den Masterstudiengang „Architektur“ ist von dem in der Anlage 2, Teil B, Abschnitt II lit. b) zur KapVO festgesetzten CNW von 3,15 auszugehen.

35. Von diesem CNW sind gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 KapVO die von anderen Lehreinheiten für Studierende des Masterstudiengangs „Architektur“ erbrachten Lehrleistungen als Fremdanteile (Dienstleistungsimport) abzusetzen. Den Curricularfremdanteil hat die Antragsgegnerin im Hinblick auf die von der Lehreinheit Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften erbrachten Lehre beanstandungsfrei mit 0,0266 angegeben. Der Curriculareigenanteil beträgt somit (3,15 – 0,0266 =) 3,1234.

36. b. Da der Lehreinheit neben dem Masterstudiengang „Architektur“ noch zwei weitere Studiengänge zugeordnet sind, ist ein gewichteter Curricularanteil der drei Studiengänge zu bilden.

37. aa. Der für den Bachelorstudiengang „Architektur“ in der Anlage 2, Teil B, Abschnitt II lit. a) zur KapVO festgesetzte CNW beträgt 5,10. Hiervon ist der Dienstleistungsimport der Lehreinheit Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften i.H.v. 0,0550 abzuziehen, so dass der Curriculareigenanteil (5,10 – 0,0550 =) 5,0450 beträgt.

38. bb. Der für den Masterstudiengang „Planung nachhaltiger Gebäude“ in der Anlage 2, Teil B, Abschnitt II lit. b) zur KapVO festgesetzte CNW beträgt 3,30. Beanstandungsfrei hat die Antragsgegnerin die Curricularfremdanteile der Lehreinheiten „Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften“ i.H.v. 0,0097 sowie „Gebäude- und Energietechnik“ i.H.v. 0,1250 abgezogen, so dass der Curriculareigenanteil (3,30 – 0,0097 – 0,1250 =) 3,1653 beträgt.

39. c. Die Curriculareigenanteile der drei Studiengänge der Lehreinheit sind mit den von der Antragsgegnerin festgesetzten Anteilquoten zu multiplizieren. Mit den Anteilquoten legt die Hochschule die Verteilung der vorhandenen Aufnahmekapazität auf die einzelnen Studiengänge fest. Solange die Anteilquoten nicht willkürlich erscheinen, sind sie vom Gericht zu beachten (vgl. VG Berlin, Beschlüsse vom 13. Februar 2017 – VG 3 L 296.16 –, EA S. 19 und vom 20. Januar 2020 – VG 12 L 327.19 –, EA S. 10). Dies ist vorliegend der Fall, da sich bereits aus dem Vergleich der festgesetzten Anteilquoten mit den Planzahlen der Studiengänge der Lehreinheit für das Wintersemester 2020/21 und das Sommersemester 2021 sowie mit den tatsächlichen Zulassungszahlen für das Sommersemester 2019 und das Wintersemester 2019/20 eine sachgerechte Bestimmung der Anteilquoten zeigt.

40. Es errechnet sich damit folgender gewichteter Curricularanteil:

Studiengang der Lehreinheit
Architektur
Curricularanteil CA(p) Anteilquote
z(p)
CA
BA Architektur 5,0450 0,6004 3,0290
MA Architektur 3,1234 0,3227 1,0079
MA Planung nachhaltiger Gebäude 3,1653 0,0769 0,2434
Gewichteter Curricularanteil 4,2803

42. Nach Teilung des verdoppelten bereinigten Lehrangebots durch den gewichteten Curricularanteil ([539,4446 LVS x 2] : 4,2803 = 252,0592) und anschließender Multiplikation mit der Anteilquote errechnet sich für den Masterstudiengang „Architektur“ eine Basiszahl von (252,0592 x 0,3227 =) 81,3395 Studienplätzen für den streitgegenständlichen Studiengang im akademischen Jahr.

43. II. Dieses Ergebnis ist gemäß § 3 Satz 2 Nr. 2 KapVO nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts der KapVO zu überprüfen und die Zahl der zur Verfügung stehenden Studienplätze gegebenenfalls anzupassen.

44. 1. Die nach dem Zweiten Abschnitt der KapVO errechnete Basiszahl ist gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 16 KapVO um die sog. Schwundquote zu erhöhen, weil anzunehmen ist, dass die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer sein wird als die Zahl der Zugänge.

45. Die Schwundquote errechnet die Kammer in Übereinstimmung mit der überwiegenden Rechtsprechung nach dem sogenannten „Hamburger Modell“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 1987 – 7 C 103.86 u.a. –, NVwZ-RR 1989, 184-186, juris Rn. 6).

46. Die Kammer errechnet für den streitgegenständlichen Masterstudiengang „Architektur“ ebenso wie die Antragsgegnerin eine Schwundquote von 0,9082. Die Schwundquote errechnet sich wie folgt:

Semester 1. FS 2. FS 3. FS 4. FS
WS 16/17 59 48 31 42
SS 2017 55 53 48 32
WS 17/18 45 56 42 47
SS 2018 49 52 48 41
WS 18/19 56 41 42 46
SS 2019 48 51 39 42
WS 19/20 61 45 48 37
Summe I 298 267 245
Summe II 312 301 250 250
Quotient 0,9551 0,8870 0,9800 0,0000
Summanden 1,9551 0,8472 0,8303 0,0000
Schwundquote:  0,9082

48. Nach Division der Basiszahl von 81,3395 Studienplätzen durch die Schwundquote 0,9082 ergibt sich eine jährliche Aufnahmekapazität von 89,5612, gerundet 90 Studienplätzen. Entsprechend den Vorgaben der Antragsgegnerin sind die Studienplätze gleichmäßig auf die beiden Semester des akademischen Jahrs zu verteilen. Im Sommersemester stehen damit 45 Studienplätze zu Verfügung. Da die Antragsgegnerin aber bereits 54 Studierende immatrikuliert hat, stehen keine weiteren Studienplätze mehr zur Verfügung.

49. 2. Aus Gründen des Kapazitätserschöpfungsgebotes ist grundsätzlich die Gesamtkapazität der Lehreinheit zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 – 7 C 15.88 –, NVwZ-RR 1990, 349-352, juris Rn. 11 ff.) mit der Folge, dass evtl. freie Studienplätze in den beiden anderen Studiengängen der Lehreinheit im Masterstudiengang „Architektur“ zu verteilen wären. Dafür, dass die Lerninhalte der beteiligten Studiengänge solches ausschlössen (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 8. September 2011 – 3 Nc 83/10 –, juris Rn. 13 ff.), ist hier nichts ersichtlich oder dargelegt.

50. Auch bei einer solchen Gesamtbetrachtung der Lehreinheit ergeben sich jedoch keine freien Kapazitäten mehr.

51. Für die Berechnung etwaiger freier Studienplätze im Masterstudiengang „Architektur“ aufgrund verfügbarer Kapazitäten in den anderen Studiengängen der Lehreinheit geht die Kammer von der jeweiligen Basiszahl dieser weiteren Studiengänge aus, wobei erneut eine Anpassung unter Berücksichtigung der jeweiligen Schwundquote vorzunehmen ist. Die Zahl nicht besetzter bzw. überbuchter Studienplätze in den einzelnen Studiengängen wird mit dem jeweiligen Curriculareigenanteil des betroffenen Studiengangs multipliziert. Die hieraus resultierenden (positiven oder negativen) Werte werden zusammengerechnet und ein etwaiges positives Gesamtergebnis durch den Curriculareigenanteil des streitgegenständlichen Studiengangs dividiert (vgl. auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 9. November 2007 – NC 6 K 1426/07 –, juris Rn. 164; VG Berlin, Beschluss vom 6. März 2008 – 30 A 1571.07 –, juris Rn. 42).

52. Die Schwundquoten, die die Antragsgegnerin für den Bachelorstudiengang „Architektur“ mit 0,8454 und für den Masterstudiengang „Planung nachhaltiger Gebäude“ mit 0,7841 angegeben hat, begegnen keinen Bedenken.

53. Die Verteilung der Studienplätze durch die Antragsgegnerin erfolgt im Bachelorstudiengang „Architektur“ wiederum hälftig auf die beiden Semester des akademischen Jahres. Im Masterstudiengang „Planung nachhaltiger Gebäude“ lässt die Antragsgegnerin Studierende nur im Sommersemester zu.

Studiengang Gesamt-kapazität der Lehreinheit (Basis) zp Basiszahl Schwund Studien-plätze
SS (gerundet)
Immatri
kuliert
Frei
BA Architektur 252,0592 0,6004 151,3363 0,8454 179,0115
SS 89
113 – 24
MA Architektur 252,0592 0,3227 81,3395 0,9082 89,5612
SS 45
54 – 9
MA Planung nachhaltiger Gebäude 252,0592 0,0769 19,3834 0,7841 24,7206SS 25 30 – 5

 

Studiengang Freie Plätze CA(p) Produkt
BA Architektur – 24 5,0450 – 121,08
MA Architektur – 9 3,1234 – 28,1106
MA Planung nachhaltiger Gebäude – 5 3,1653 – 15,8265
Freie Gesamtkapazität – 165,0171

56. Eine freie Gesamtkapazität in der Lehreinheit, die zu einem Studienplatz im Masterstudiengang „Architektur“ führen könnte, besteht mithin nicht.

57. 3. Überbuchungen begegnen keinen rechtlichen Bedenken (vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. August 2009 – OVG 5 NC 7.09 –): Es fehlt schon an der erforderlichen Verletzung des Antragstellers in eigenen Rechten. Rechte des Studienplatzbewerbers im außerkapazitären Verfahren sind nur verletzt, wenn infolge unzureichender Kapazitätsermittlung vorhandene Studienplätze nicht in das Vergabeverfahren einbezogen worden sind. Nur dann droht das mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbare Ergebnis, dass ein Studienplatz frei bleibt, den die Hochschule nach kapazitätsrechtlichen Grundsätzen hätte vergeben müssen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Februar 2012 – OVG 5 NC 286.11 –, juris Rn. 30). Aufgrund von Überbuchungen im Vergabeverfahren vergebene Studienplätze stehen tatsächlich nicht mehr zur Verfügung. Der Kapazitätsrechtsstreit ist von vornherein mit dem Risiko behaftet, im gerichtlichen Verfahren trotz aufgedeckter Fehler bei der Kapazitätsberechnung letztlich ganz oder teilweise an einer kapazitätswirksamen Überbuchung zu scheitern (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Juli 2011 – OVG 5 M 5.12 –, juris Rn. 2).

58. III. Vor dem Hintergrund dieser Kapazitätsberechnung führen die Einwände des Antragstellers zu keinem anderen Ergebnis. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass die Festsetzung der Antragsgegnerin von 44 Studienplätzen im Masterstudiengang Architektur für das Sommersemester 2021 aufgrund der hohen Bewerberzahl offensichtlich zu eng bemessen sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die Studienplatzkapazitäten nicht von den jeweiligen Bewerberzahlen abhängen.

59. Entgegen der Ausführungen des Antragstellers erhöhen sich die Studienplatzkapazitäten der Antragsgegnerin nicht infolge der aufgrund der Corona-Pandemie gebotenen Einschränkungen des Präsenz-Studienbetriebs. Es ist weder vom Antragsteller hinreichend dargetan noch ersichtlich, dass Lehrveranstaltungen in digitaler Form weniger Aufwand verursachen als Präsenzveranstaltungen. Denn auch wenn die Lehrveranstaltungen weiterhin digital stattfinden, müssen diese von den Lehrkräften – ebenso wie Präsenzveranstaltungen – anhand der in den einzelnen Modulhandbüchern vorgegebenen Lehrinhalte vorbereitet und die Prüfungsleistungen der einzelnen Studierenden bewertet werden. Der Umstand, dass eine Hochschule bei einem digitalen Vorlesungsbetrieb nicht mehr an räumliche Kapazitäten gebunden ist, bildet keinen allein tauglichen Indikator für ihre Kapazitäten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 15. Januar 2021 – 7 V 1917/20 –, juris Rn. 101). Wie in der Berechnung unter A. I. und II. dargelegt, hängen die zur Verfügung stehenden Studienplätze vorliegend nicht von den räumlichen Kapazitäten der Antragsgegnerin ab.

60. Der Hinweis des Antragstellers, dass er den Bachelorstudiengang „mit Bestnote“ absolviert habe, ist für die Frage, ob freie Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vorhanden sind, ebenso unbeachtlich, wie seine berufliche Zukunftsperspektive in Berlin. Denn die Note des Bachelorzeugnisses spielt allein im (innerkapazitären) Vergabeverfahren eine Rolle. Dieses reguläre Vergabeverfahren ist indes nicht Streitgegenstand. Im außerkapazitären Zulassungsrechtsstreit ist allein zu prüfen, ob entgegen der Festsetzung der Hochschule weitere Studienplätze „außerhalb der festgesetzten Kapazität“ vorhanden sind. Die Antragsgegnerin ist im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG zwar zur Ausschöpfung der ihr zur Verfügung stehenden Kapazitäten verpflichtet ist, nicht aber zur Schaffung darüberhinausgehender Studienplätze (zum Kapazitätserschöpfungsgebot, vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 1991 – 1 BvR 393/85, 1 BvR 610/85 –, NVwZ 1992, 361 f.).

61. B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes. Wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren wird der volle Auffangwert angesetzt (vgl. Ziffern 18.1 und 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt bei Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, Anh § 164; vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 12. Juli 2011 – OVG 5 L 21.11 –, juris Rn. 2 f.).

Zuletzt aktualisiert am Juli 21, 2021 von eurogesetze

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