Erhebung von Elternbeiträgen für Kindertagesbetreuungseinrichtungen. Aktenzeichen: OVG 6 A 5/20

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 6. Senat
Entscheidungsdatum: 16.06.2021
Aktenzeichen: OVG 6 A 5/20
ECLI: ECLI:DE:OVGBEBB:2021:0616.OVG6A5.20.00
Dokumenttyp: Urteil

Erhebung von Elternbeiträgen für Kindertagesbetreuungseinrichtungen

Leitsatz

1. Die Vorschrift des § 5 Abs 1 und 2 KitaBVV (juris: KitaBeitrBefrV BB) ist wegen Überschreitung der landesgesetzlich in §§ 17 Abs 1a S 4, 23 Abs 1 Nr 12 KitaG (juris: KitaG BB) vorgesehenen Verordnungsermächtigung ungültig und damit gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.(Rn.17)

2. Die in § 5 Abs 1 S 1 KitaBBV (juris: KitaBeitrBefrV BB) erfolgte Festsetzung des Pauschalbetrages auf 12,50 Euro entspricht nicht den landesgesetzlichen Vorgaben des § 17 Abs 1a KitaG (juris: KitaG BB). Der festzusetzende Pauschalbetrag dient dem Ausgleich der tatsächlichen Einnahmeverluste der Einrichtungsträger, die nicht mit der von dem Verordnungsgeber zugrunde gelegten häuslichen Ersparnis gleichzusetzen sind.(Rn.19)

3. Das in § 5 Abs 2 S 2 und 3 KitaBBV (juris: KitaBeitrBefrV BB) geregelte Verfahren zum Ausgleich höherer Einnahmeausfälle genügt nicht den landesgesetzlichen Vorgaben des § 17 Abs 1a KitaG (juris: KitaG BB).
a) Soweit § 5 Abs 2 S 2 KitaBBV (juris: KitaBeitrBefrV BB) vorsieht, dass der Träger der Kindertagesstätte durch geeignete Unterlagen nachweisen muss, dass sein Elternbeitrag, der über dem Pauschalbetrag gemäß Absatz 1 Satz 1 liegt, den von § 2 Absatz 1 betroffenen Personensorgeberechtigten im Einzelfall zugemutet werden kann, ist dies von der Verordnungsermächtigung der §§ 17 Abs 1a S 4, 23 Abs 1 Nr 12 KitaG (juris: KitaG BB) nicht gedeckt. Die Regelung genügt zudem nicht dem im Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) gründenden Bestimmtheitsgebot.
b) Die Ermächtigungsgrundlage der §§ 17 Abs 1a S 4, 23 Abs 1 Nr 12 KitaG (juris: KitaG BB) enthält keine Befugnis, über das in § 17 Abs 3 S 2 KitaG (juris: KitaG BB) geregelte, mit den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe herzustellende Einvernehmen hinaus, das auf die Grundsätze der Höhe und Staffelung der Elternbeiträge und damit deren Sozialverträglichkeit gerichtet ist, in § 5 Abs 2 S 3 KitaBBV (juris: KitaBeitrBefrV BB) eine erneute (nachträgliche) Rechtmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der Sozialverträglichkeit durch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe einzuführen.(Rn.24)

4. Die Regelung des § 2 Abs 1 S 3 und 4 KitaBBV (juris: KitaBeitrBefrV BB), wonach ein Elternbeitrag den Personensorgeberechtigten auch dann nicht zugemutet werden kann, wenn ihr Haushaltseinkommen einen Betrag von 20.000 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt (Geringverdienende), verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz. Die Definition des Haushaltseinkommens in § 2 Abs 1 S 4 KitaBBV (juris: KitaBeitrBefrV BB) gilt nur im Rahmen der Beitragsfreistellung nach Satz 3 der Vorschrift, enthält jedoch keine Direktiven für die Bestimmung des Einkommensbegriff durch die Träger der Kindertagesstätten in ihren Beitragsregelungen.(Rn.36)

Tenor

Es wird festgestellt, dass § 5 Abs. 1 und 2 der Kita-Beitragsbefreiungsverordnung (KitaBVV) vom 16. August 2019, veröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg Teil II – Nr. 61 vom 26. August 2019, unwirksam ist. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1/3 und der Antragsgegner zu 2/3.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1. Die Antragstellerin ist eine Stadt, die Kindertagesbetreuungseinrichtungen betreibt und Elternbeiträge auf der Grundlage ihrer Elternbeitragssatzung erhebt.

2. Seit dem 1. August 2019 sind nach § 17 Abs. 1a KitaG i.V.m. § 2 Abs. 1 der Kita-Beitragsbefreiungsverordnung (KitaBBV) vom 16. August 2019 die in § 90 Abs. 4 SGB VIII genannten Personensorgeberechtigten und Geringverdienende von der Zahlung der Elternbeiträge befreit. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 KitaBBV sind Geringverdienende diejenigen, deren Haushaltseinkommen einen Betrag von 20.000 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt. Nach Satz 2 der genannten Regelung ist das Haushaltseinkommen im Sinne des Satzes 3 die Gesamtsumme der laufenden Netto-Einnahmen aller im Haushalt des Kindes lebenden Eltern. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KitaBBV gleichen der Landkreis oder die kreisfreie Stadt den Trägern der Kindertagesstätten die aufgrund von § 2 Absatz 1 entstehenden Einnahmeausfälle in Höhe eines Pauschalbetrags von 12,50 Euro je Kind und Monat aus. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 KitaBBV stellt der Landkreis oder die kreisfreie Stadt auf Antrag des Trägers einer Kindertagesstätte nach Prüfung höhere Einnahmeausfälle als die nach Absatz 1 Satz 1 fest und gleicht diese aus. Dabei muss der Träger der Kindertagesstätte durch geeignete Unterlagen nachweisen, dass sein Elternbeitrag, der über dem Pauschalbetrag gemäß Absatz 1 Satz 1 liegt, den von § 2 Absatz 1 betroffenen Personensorgeberechtigten im Einzelfall zugemutet werden kann (Satz 2). Der Landkreis oder die kreisfreie Stadt prüft als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Beitragsregelungen (Satz 3).

3. Zur Begründung ihres am 31. Juli 2019 bei Gericht eingegangenen Normenkontrollantrags trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor: Die KitaBBV sei formell rechtswidrig, da das Einvernehmen des Ministeriums des Inneren nicht erteilt worden sei. Die angegriffene Regelung des § 5 Abs. 1 und 2 KitaBBV verstoße gegen das Konnexitätsprinzip. Die dadurch verursachte Mehrbelastung der Gemeinden sei vollständig und finanzkraftunabhängig auszugleichen. Der Ausgleichsbetrag müsse dem gemeindlichen Einnahmeverlust entsprechen. Der an der häuslichen Ersparnis orientierte pauschale Ausgleichsbetrag in Höhe von 12,50 Euro sei nicht ausreichend. In § 2 Abs. 1 KitaBBV werde abschließend geregelt, was den Personensorgeberechtigten zumutbar sei. Hiermit stehe das in § 5 Abs. 2 Satz 2 KitaBBV vorgesehene Kriterium der Zumutbarkeit nicht in Einklang. Die Einnahmeverluste seien vielmehr anhand der Beitragssatzungen zu ermitteln. Mit ihrem erfolglos gestellten Antrag auf Erstattung höherer Einnahmeausfälle habe sie die Sozialverträglichkeit der von ihr erhobenen Elternbeiträge dargelegt. Die Regelungen in § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 KitaBBV verstießen gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da Eltern, die sorgeberechtigt seien, aber getrennt lebten, bessergestellt würden als Eltern, die in einem gemeinsamen Haushalt mit dem zu betreuenden Kind lebten. Die Festlegung des „verfügbaren Haushaltseinkommens“ sei unbestimmt, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb es auf den „Haushalt des Kindes“ ankommen solle.

4. Die Antragstellerin beantragt,

5. festzustellen, dass § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 sowie § 5 Abs. 1 und 2 der Kita-Beitragsbefreiungsverordnung (KitaBBV) vom 16. August 2019 (GVBl II Nr. 61) unwirksam sind.

6. Der Antragsgegner beantragt,

7. den Antrag abzuweisen.

8. Das Engagement der Gemeinden auf dem Gebiet der Kindertagesbetreuung sei eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe; es bestehe keine Pflicht zum Betrieb von Kindertagesstätten. Das rechtliche Risiko einer Restbedarfsfinanzierungspflicht sei Ausdruck des garantierten Rechts, Selbstverwaltungsaufgaben eigenverantwortlich wahrzunehmen. Der Betrieb gemeindlicher Kindertagesstätten sei daher nicht am Konnexitätsprinzip zu messen. Das gelte auch für den Fall, dass die Gemeinde freien Einrichtungsträgern finanzielle Zuwendungen gewähre. Die Pauschale von 12,50 Euro sei zutreffend festgelegt worden und entspreche einem sozialverträglichen Mindestbeitrag. Sofern diese nicht ausreiche, würden auf Antrag höhere Einnahmeausfälle ausgeglichen. Den kommunalen Einrichtungsträgern stehe es frei, die Elternbeiträge insgesamt anzupassen. Einnahmeausfälle der Einrichtungsträger sollten nur insoweit erstattet werden, als die Elternbeiträge rechtmäßig, insbesondere sozialverträglich festgelegt seien. Kommunale Beitragssatzungen, die für Geringverdienende mehr als 12,50 Euro pro Kind und Monat vorsähen, seien sozialstaatswidrig und daher ungültig. Die Gemeinden könnten sich nicht darauf berufen, der zumutbare Elternbeitrag für Personengruppen mit geringem Einkommen sei über die Herstellung des Einvernehmens mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe bereits abgestimmt. Durch die Neuregelungen werde der Verwaltungspraxis die Grundlage entzogen, weit oberhalb der Leistungsfähigkeit der von § 90 Abs. 4 SGB VIII erfassten Personensorgeberechtigten liegende Elternbeiträge zu erheben. Die Regelungen in § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 KitaBBV verstießen nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die zu vergleichenden Personengruppen seien aufgrund ihres verfügbaren Einkommens dem Wesen nach ungleich.

9. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte und den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

10. I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig, insbesondere ist er statthaft, denn die angegriffenen Regelungen stellen einen tauglichen Verfahrensgegenstand dar.

11. Die angegriffene Rechtsverordnung unterliegt nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BbgVwGG als im Rang unter dem Landesrecht stehende Rechtsvorschrift der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle, für die das Oberverwaltungsgericht zuständig ist.

12. Die Antragstellerin ist als Gebietskörperschaften gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die KitaBBV möglicherweise in ihrem Recht auf Selbstverwaltung in seiner Ausprägung durch das landesverfassungsrechtlich verankerte Konnexitätsprinzip (Art. 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV) verletzt zu sein. Sie kann sich daneben auf eine mögliche Verletzung ihres einfachgesetzlichen Anspruchs auf Erstattung von Einnahmeausfällen aus § 17 Abs. 1a Satz 2 KitaG berufen.

13. Der am 31. Juli 2020 bei Gericht eingegangene Antrag wahrt die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Änderungsverordnung ist am 26. August 2019 bekannt gemacht worden (GVBl. II Nr. 61).

14. Entgegen der Annahme des Antragsgegners fehlt es der Antragstellerin nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis. Für den Fall, dass die angegriffene Regelung des § 5 Abs. 1 und 2 KitaBBV für unwirksam erklärt würde, entfiele zwar die – von den Antragstellerin für unzureichend gehaltene – Ausgleichspauschale in Höhe von 12,50 Euro, nicht jedoch der – hier nicht streitgegenständliche – Erstattungsanspruch aus § 17 Abs. 1a Satz 2 KitaG. Im Übrigen wäre der Verordnungsgeber – auch wenn dies im Normenkontrollverfahren nicht tenoriert werden kann (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. Mai 2016 – OVG 12 A 1.13 – juris Rn. 30) – verpflichtet, alsbald eine den Anforderungen des Konnexitätsprinzips bzw. den landesgesetzlichen Vorgaben des § 17 Abs. 1a KitaG entsprechende Neufestsetzung der Ausgleichspauschale vorzusehen (vgl. dazu VerfGH NRW, Urteil vom 12. Oktober 2010 – 12/09 – juris Rn. 53, 78).

15. II. Der gegen § 5 Abs. 1 und 2 KitaBBV gerichtete Normenkontrollantrag ist hinsichtlich der Regelung in § 5 Abs. 1 und 2 KitaBBV begründet; die angegriffene Regelung ist unwirksam (dazu unter 2.). Soweit der Normenkontrollantrag sich gegen § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 KitaBBV gerichtet, hat er hingegen keinen Erfolg (dazu unter 3.).

16. 1. Der formelle Einwand, die KitaBBV sei nicht im Einvernehmen mit dem Minister des Inneren und für Kommunales (MIK) zustande gekommen, greift nicht durch. Zwar hat das MIK auf Fachebene zunächst mit Schreiben vom 18. April 2019 Bedenken an dem Entwurf einer KitaBBV geäußert. Maßgeblich ist jedoch, dass ausweislich der Vorlage des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) zur Zeichnung vom 17. Juli 2019 das Einvernehmen im Kabinett vom 28. Mai 2019 hergestellt worden ist. Das gilt auch für das Einvernehmen des Ministers der Finanzen. Im Übrigen ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, dass das in der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Brandenburg (GGO) in der hier maßgeblichen Fassung vom 15. März 2016 geregelte Verfahren für den Erlass von Verordnungen (§§ 27 ff. GGO) nicht eingehalten worden sein könnte.

17. 2. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 und 2 KitaBVV ist wegen Überschreitung der landesgesetzlich in §§ 17 Abs. 1a Satz 4, 23 Abs. 1 Nr. 12 KitaG vorgesehenen Verordnungsermächtigung ungültig und damit gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.

18. Nach § 17 Abs. 1a KitaG ist von Personensorgeberechtigten, denen ein Kostenbeitrag nach § 90 des Achten Buches Sozialgesetzbuch nicht zuzumuten ist, kein Elternbeitrag nach Absatz 1 zu erheben. Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe gleicht den Trägern der Kindertagesstätten die dadurch entstehenden Einnahmeausfälle in Höhe eines Pauschalbetrags und auf Antrag höhere Einnahmeausfälle aus. Das Land erstattet den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die Kosten für diese Ausgleichszahlungen und gleicht die Einnahmeausfälle der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus. Das Nähere zum Ausgleichsverfahren regelt das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung durch Rechtsverordnung. In § 23 Abs. 1 Nr. 12 KitaG wird das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung ermächtigt, im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Landtages und im Einvernehmen mit den beteiligten obersten Landesbehörden durch Rechtsverordnung das Nähere zu regeln über das Vorliegen der Unzumutbarkeit, die Höhe des Pauschalbetrages sowie das Verfahren zum Ausgleich der Einnahmeausfälle und zur Erstattung der Ausgleichszahlungen nach § 17 Absatz 1a.

19. a) Die in § 5 Abs. 1 Satz 1 KitaBBV erfolgte Festsetzung des Pauschalbetrages auf 12,50 Euro entspricht nicht den landesgesetzlichen Vorgaben des § 17 Abs. 1a KitaG. Danach haben die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Trägern der Kindertagesstätten die durch das Beitragserhebungsverbot des § 17 Abs. 1a Satz 1 KitaG entstehenden Einnahmeausfälle zu erstatten. Soweit der Ausgleich antragsunabhängig in Höhe eines Pauschalbetrages vorzunehmen ist, ist dieser nach dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung an den tatsächlichen, sich aus den Beitragsregelungen der Einrichtungsträger ergebenden Einnahmeverlusten zu orientieren. Dies ergibt sich bereits aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 17 Abs. 1a KitaG, wonach in den genannten Fällen ein Erstattungsverfahren ähnlich §§ 17b ff. KitaG Anwendung finden solle (vgl. LT-Drs. 6/10026 S. 1 der Begründung). Dem in §§ 17b KitaG geregelten Verfahren für den Ersatz der Einnahmeausfälle, die bei den Einrichtungsträgern durch die mit dem Gesetz zum Einstieg in die Elternbeitragsfreiheit in Kitas eingeführte Befreiung von Elternbeiträgen für Kinder im Jahr vor der Einschulung entstehen, liegt die Annahme zugrunde, dass die tatsächlich gezahlten Elternbeiträge auszugleichen sind und nur für Einrichtungen, die nach den Berechnungen ihrer Träger mit der Pauschale keinen vollständigen Ausgleich ihrer Einnahmen erzielen, eine Einzelfallprüfung stattfindet. Für die Ermittlung des Ausgleichsbetrages je Kind werde ein Pauschalbetrag in Höhe des durchschnittlichen Elternbeitrags für Kinder im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung festgelegt, der landesweit in nicht mehr als 45 Prozent der Einrichtungen überschritten werde. Die Festlegung des Pauschalbetrages erfolge als Ergebnis einer umfassenden Abwägung, die das Ziel, den bürokratischen Aufwand durch Beantragung der Erstattung höherer Einnahmeausfälle gering zu halten, ebenso berücksichtige wie die Möglichkeit für Einrichtungsträger, denen mehr als die tatsächlichen Einnahmeausfälle erstattet würden, die Qualität ihrer pädagogischen Arbeit und Ausstattung zu verbessern (vgl. LT-Drs. 6/8212 S. 10 ff. der Begründung mit weiteren Ausführungen zur Ermittlung der Ausgleichspauschale).

20. aa) Diese der Ermittlung des pauschalen Ausgleichsbetrages nach § 17b Abs. 1 KitaG zugrunde liegenden Annahmen der Landesregierung, auf die in der Gesetzesbegründung zu § 17 Abs. 1a KitaBBV Bezug genommen wird, hat der Verordnungsgeber bei der Festlegung der Ausgleichpauschale in § 5 Abs. 1 KitaBBV unberücksichtigt gelassen, indem er den Pauschalbetrag an den im Kompendium der Arbeitsgruppe zur besseren Orientierung rund um den § 17 KitaG (AG 17) aufgeführten Werten zur häuslichen Ersparnis orientiert hat. Danach sei von einer häuslichen Ersparnis im Mindestbetreuungsumfang (bis 6 Stunden am Tag) von 14 Euro auszugehen. Dabei sei unberücksichtigt geblieben, dass nicht nur die häusliche Ersparnis, sondern auch Kosten durch den Besuch der Kita (Fahrtkosten) anfielen. Der Betrag von 14 Euro sei somit um diese Fahrtkosten mit einem Anteil von 1,50 Euro zu reduzieren (vgl. Entwurf der KitaBBV, Stand 23. Mai 2019, Begründung zu § 5 Abs. 1). Damit ist der in § 5 Abs. 1 Satz 1 KitaBBV festgesetzte pauschale Erstattungsbetrag in Höhe von 12,50 Euro pro Kind und Monat fehlerhaft ermittelt worden.

21. Die Anknüpfung an die Werte der häuslichen Ersparnis steht im Widerspruch zu dem Willen des Landesgesetzgebers, für den Ausgleich nach § 17 Abs. 1a KitaG ein den §§ 17b ff. KitaG ähnliches Erstattungsverfahren vorzusehen und damit den bürokratischen Aufwand durch Vermeidung von Anträgen auf Erstattung höherer Einnahmeausfälle möglichst gering zu halten. Soweit der Verordnungsgeber ausgeführt hat, dass kein Mindestbeitrag über 14 Euro in Ansatz zu bringen sei, da sich die Frage der Zumutbarkeit nur nach dem Kriterium Transferleistungsempfänger bzw. nach dem Kriterium Haushaltseinkommen richten könne (vgl. Entwurf der KitaBBV, a.a.O.), lässt dies unberücksichtigt, dass der nach § 17 Abs. 1a KitaG festzusetzende Pauschalbetrag dem Ausgleich der tatsächlichen Einnahmeverluste der Einrichtungsträger dient, die nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragstellerin nicht mit der häuslichen Ersparnis gleichzusetzen sind. Nach einer von den Antragstellern des Parallelverfahrens OVG 6 A 6/20 referierten Erhebung des Gemeinde- und Städtebundes Brandenburg sollen zum 15. April 2019 insgesamt 31.069 Kinder unter die Freistellungsregelung gefallen sein. Der Ausfall von nach Elternbeitragssatzungen fälligen Beiträgen betrage durchschnittlich 25,92 Euro pro Kind und Monat. Dies summiere sich im Land Brandenburg auf einen Beitragsausfall in Höhe von 9.663.453,34 Euro pro Jahr, der nach Abzug der pauschalen Ausgleichzahlungen noch 5.003.043,58 Euro betrage. Dabei seien aufgrund von Kostensteigerungen angehobene Elternbeiträge noch nicht berücksichtigt. Dem ist der Antragsgegner nicht entgegen getreten.

22. Im Übrigen lässt sich § 17 Abs. 1a KitaG eine materielle Beschränkung des Ausgleichs der Einnahmeausfälle auf die Werte der häuslichen Ersparnis nicht entnehmen. Auch zählt die häusliche Ersparnis nicht zu den in § 17 Abs. 2 KitaG für die Festsetzung von Elternbeiträgen geregelten Vorgaben, wonach die Elternbeiträge sozialverträglich zu gestalten und nach dem Elterneinkommen, der Zahl ihrer unterhaltsberechtigten Kinder sowie dem vereinbarten Betreuungsumfang zu staffeln sind. Die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen der Personensorgeberechtigten bilden nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG lediglich den Maßstab für den Zuschuss zur Versorgung des Kindes mit Mittagessen (Essengeld).

23. bb) Soweit der Landesgesetzgeber in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 17 Abs. 1a KitaG ausgeführt hat, dass der in der Rechtsverordnung festzusetzende Pauschalbetrag sich nach dem niedrigsten sozialverträglichen Elternbeitrag richten solle, der im Land Brandenburg unterschiedlich stark ausgeprägt sei, und dem Verordnungsgeber bei der Beurteilung, welcher Mindestbeitrag für die Höhe der Pauschale als angemessen angesehen werden könne, eine Einschätzungsprärogative zukomme (vgl. LT-Drs. 6/10026 S. 1 der Begründung), rechtfertigt auch dies nicht eine Orientierung des Pauschalbetrags an den Werten der häuslichen Ersparnis. Maßgeblich ist mit Blick auf Sinn und Zweck des pauschalen Ausgleichsverfahrens, dass der Pauschalbetrag geeignet sein muss, die tatsächlichen Einnahmeausfälle in einer überwiegenden Zahl der Fälle abzudecken. Das ist, wie oben dargestellt, nicht der Fall.

24. b) Das in § 5 Abs. 2 Satz 2 und 3 KitaBBV geregelte Verfahren zum Ausgleich höherer Einnahmeausfälle genügt ebenfalls nicht den landesgesetzlichen Vorgaben des § 17 Abs. 1a KitaG.

25. aa) Soweit § 5 Abs. 2 Satz 2 KitaBBV vorsieht, dass der Träger der Kindertagesstätte durch geeignete Unterlagen nachweisen muss, dass sein Elternbeitrag, der über dem Pauschalbetrag gemäß Absatz 1 Satz 1 liegt, den von § 2 Absatz 1 betroffenen Personensorgeberechtigten im Einzelfall zugemutet werden kann, ist dies von der Verordnungsermächtigung der §§ 17 Abs. 1a Satz 4, 23 Abs. 1 Nr. 12 KitaG nicht gedeckt.

26. Zwar ermächtigt § 23 Abs. 1 Nr. 12 KitaG das für Jugend zuständige Mitglied der Landesregierung, das Nähere zum Vorliegen der Unzumutbarkeit zu regeln. Dies bezieht sich jedoch ersichtlich auf die Vorschrift des § 90 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII, wonach das Landesrecht eine von den grundsätzlichen Regelungen der Einkommensfeststellung abweichende Regelung treffen kann. Davon hat der Verordnungsgeber Gebrauch gemacht, indem er in § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 an die Stelle der in § 90 Abs. 4 Satz 4 in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB VIII vorgesehenen Ermittlung des sozialhilferechtlich bereinigten Einkommens (§ 82 SGB XII), das der Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII gegenübergestellt wird (vgl. dazu Kepert in LPK-SGB VIII, 7. Aufl., § 90 Rn. 20), eine starre Einkommensgrenze in Höhe von 20.000 Euro im Kalenderjahr festgelegt hat.

27. Die Verordnungsermächtigung des § 23 Abs. 1 Nr. 12 KitaG erstreckt sich jedoch nicht auf die Regelung einer materiellen Begrenzung des Ausgleichsanspruchs nach § 17 Abs. 1a Satz 2 KitaG auf einen den von Gesetzes wegen beitragsfrei gestellten Personensorgeberechtigten (hypothetisch) zumutbaren Mindestbeitrag. Der Verordnungsgeber ist mit anderen Worten nicht ermächtigt, den landesgesetzlich nicht eingeschränkten Anspruch auf Erstattung höherer Einnahmeausfälle durch Einführung eines Zumutbarkeitskriteriums auf aus seiner Sicht sozialverträgliche Mindestbeiträge zu deckeln.

28. bb) Die Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 2 KitaG genügt zudem nicht dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gründenden Bestimmtheitsgebot. Danach müssen gesetzliche Regelungen – und ebenso Rechtsverordnungen wie die hier zu beurteilende KitaBBV – so gefasst sein, dass der Betroffene die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten daran auszurichten vermag. Das Gebot hinreichender Bestimmtheit zwingt den Gesetzgeber indes nicht dazu, den Tatbestand mit genau fassbaren Maßstäben zu umschreiben. Es liegt in der ihm bei der Normsetzung eingeräumten Gestaltungsfreiheit, auch unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2019 – 3 C 7/17 – juris Rn. 23 m.w.N.).

29. Dies zugrunde gelegt kann der Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 KitaBBV nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit entnommen werden, wie die Einrichtungsträger mit Blick auf das Zumutbarkeitskriterium den ihnen auferlegten Nachweis erfüllen können sollen. Der Antragsgegner, der einräumt, dass mit der Nachweispflicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 KitaBBV hohe Hürden geschaffen worden seien, hat auch in der mündlichen Verhandlung nicht zur Überzeugung des Senats erläutern können, wie der Nachweis der Zumutbarkeit höherer Elternbeiträge im Einzelfall zu führen sei. Hierzu genügt nicht der Vortrag, es seien Unterlagen zu den Kosten, der Wohnstruktur und den sozialen Lebensverhältnissen vor Ort vorzulegen sowie Erwägungen zur Sozialverträglichkeit anzustellen. Den Nachweis nach § 5 Abs. 2 Satz 2 KitaBBV können die Einrichtungsträger praktisch auch deswegen nicht erbringen, weil der KitaBBV der Gedanke zugrundeliegt, dass für beitragsfrei gestellte Personensorgeberechtigte höhere Elternbeiträge als 12,50 Euro ohnehin nicht zumutbar wären (vgl. Entwurf der KitaBBV, Begründung zu § 5 Abs. 1; vgl. auch Hinweise des MBJS zur Umsetzung der KitaBBV S. 6, wonach davon ausgegangen wird, dass kein höherer Mindestelternbeitrag als der Pauschalbetrag von 12,50 Euro den Eltern zugemutet werden könne und dass bei höheren Mindestelternbeiträgen ernstliche Zweifel im Hinblick auf die Sozialverträglichkeit der Elternbeträge bestehen könnten). Im Übrigen lässt die Auffassung des Antragsgegners unberücksichtigt, dass sich der nach § 5 Abs. 2 Satz 2 KitaBBV zu führende Nachweis auf den von § 2 Abs. 1 KitaBBV betroffenen Personenkreis – und nicht die Fälle des § 2 Abs. 2 KitaBVV – bezieht, mithin diejenigen Personensorgeberechtigten, die Transferleistungen empfangen oder Geringverdienende sind. In diesen Fällen wird die Unzumutbarkeit nach § 90 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII sowie § 2 Abs. 1 KitaBBV unwiderleglich vermutet, so dass der Nachweis der Zumutbarkeit im Einzelfall ausscheidet.

30. c) Soweit nach § 5 Abs. 2 Satz 3 KitaBBV die Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen des Erstattungsverfahrens höherer Einnahmeausfälle die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Beitragsregelungen zu prüfen haben, ist auch dies von der Verordnungsermächtigung der §§ 17 Abs. 1a Satz 4, 23 Abs. 1 Nr. 12 KitaG nicht umfasst.

31. Die Ermächtigungsgrundlage der §§ 17 Abs. 1a Satz 4, 23 Abs. 1 Nr. 12 KitaG enthält keine Befugnis, über das in § 17 Abs. 3 Satz 2 KitaG geregelte, mit den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe herzustellende Einvernehmen hinaus, das auf die Grundsätze der Höhe und Staffelung der Elternbeiträge und damit deren Sozialverträglichkeit gerichtet ist, eine erneute (nachträgliche) Rechtmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der Sozialverträglichkeit durch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe einzuführen. Damit eröffnet § 5 Abs. 2 Satz 3 KitaBBV den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe die Möglichkeit, ihr nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KitaG gegenüber den Kommunen erteiltes Einvernehmen faktisch zu kassieren. Soweit § 23 Abs. 1 Nr. 12 KitaG dazu ermächtigt, das Nähere zum Vorliegen der Unzumutbarkeit zu regeln, betrifft dies aus den vorstehend zu § 5 Abs. 2 Satz 2 KitaBBV genannten Gründen nicht die Grundsätze der Höhe und Staffelung der Elternbeiträge und damit die Sozialverträglichkeit von in Beitragsregelungen vorgesehenen Mindestbeiträgen. Der Verordnungsgeber ist durch § 23 Abs. 1 Nr. 12 KitaG nicht ermächtigt, den landesgesetzlich nicht eingeschränkten Anspruch nach § 17 Abs. 1a Satz 2 KitaG auf Ausgleich höherer Einnahmeausfälle durch ein derartiges Prüfungsrecht materiell einzuschränken.

32. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners stellt § 16 Abs. 1 Satz 4 KitaG, wonach Einrichtungen, die nicht die Voraussetzungen dieses Gesetzes erfüllen oder nicht grundsätzlich allen Kindern offen stehen, von der Finanzierung ganz oder teilweise ausgeschlossen werden können, keine Ermächtigungsgrundlage für die in § 5 Abs. 2 Satz 3 KitaBBV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle der Beitragsregelungen dar. Dem entsprechend ist § 16 Abs. 1 Satz 4 KitaG in der KitaBBV auch nicht als Ermächtigungsnorm zitiert. Im Übrigen bezieht sich § 16 Abs. 1 Satz 4 KitaG auf die in § 16 KitaG geregelte Finanzierung der Kindertagesbetreuungsangebote und nicht auf den Kostenausgleich nach § 17 Abs. 1a KitaG.

33. d) Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen kommt es nicht entscheidungserheblich auf die zwischen den Verfahrensbeteiligten streitige Frage an, ob die mit § 5 Abs. 1 und 2 KitaBBV einhergehende Änderung des Finanzierungskonzepts der Kindertagesbetreuung eine Übertragung neuer Aufgaben im Sinne des Art. 97 Abs. 3 Satz 2 LV darstellt und daher an dem Konnexitätsprinzip zu messen ist. Insoweit wird jedoch darauf hingewiesen, dass der Landesgesetzgeber bei der Einführung der Aufgabe, Kindertagesbetreuung im letzten Kita-Jahr vor der Einschulung beitragsfrei zur Verfügung zu stellen (§ 17a Abs. 1 KitaG), selbst angenommen hat, dass ohne eine Regelung zum Kostenausgleich bei den Kommunen gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 KitaG Kosten durch den Ersatz der Einnahmeausfälle der freien Träger von Kindertagesstätten, deren Weiterbetrieb ansonsten gefährdet wäre, entstünden. Daneben stellten sich auch die Einnahmeausfälle der kommunalen Kindertagesstätten bei Lichte betrachtet als Kosten für die Erfüllung neuer öffentlicher Aufgaben dar. Das Land sei daher verpflichtet, die Einnahmeausfälle sowohl der freien wie auch der kommunalen Träger der Kindertagesstätten auszugleichen (vgl. Gesetzentwurf zum Gesetz zum Einstieg in die Elternbeitragsfreiheit in Kitas, LT-Drs. 6/8212 S. 9 der Begründung).

34. Der Umstand, dass der Landesgesetzgeber – wie oben dargestellt – für den Ausgleich nach § 17 Abs. 1a KitaG ein dem Kostenausgleich für das beitragsfrei gestellte letzte Kita-Jahr vor der Einschulung ähnliches Erstattungsverfahren (§§ 17b ff. KitaG) vorsehen wollte, legt die Annahme nahe, dass er sich auch im Rahmen des § 17 Abs. 1a KitaG dem Konnexitätsprinzip verpflichtet gesehen hat. Hiervon ausgehend wäre das hier in Rede stehende Ausgleichsverfahren nach § 5 Abs. 1 und 2 KitaBBV unabhängig davon, ob die Einschätzung des Landesgesetzgebers zur Konnexitätsrelevanz zutrifft, auch an dem Konnexitätsprinzip zu messen. Dies bedarf jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit keiner näheren Betrachtung.

35. e) Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 und 2 KitaBBV war insgesamt für unwirksam zu erklären, da die verbleibenden Regelungen (Absatz 1 Satz 2 und 3; Absatz 2 Satz 1, 4 und 5) das Ausgleichsverfahren nur unzureichend regeln und daher nicht selbstständig tragfähig sind.

36. 3. Entgegen der Annahme der Antragstellerin ist § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 KitaBBV nicht wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für unwirksam zu erklären.

37. a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 KitaBBV kann ein Elternbeitrag den Personensorgeberechtigten auch dann nicht zugemutet werden, wenn ihr Haushaltseinkommen einen Betrag von 20.000 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt (Geringverdienende).

38. Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, die unabhängig von der Anzahl der im Haushalt des Kindes lebenden Personen festgelegte Grenze zur Regelung der Beitragsbefreiung weiche von dem sozialrechtlichen Grundgedanken ab, dass die Gewährung von Leistungen immer von der Gesamtzahl der berechtigten Personen abhänge, und sei daher willkürlich.

39. Der Verordnungsgeber ist gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 12 KitaG ermächtigt, das Nähere zum Vorliegen der Unzumutbarkeit zu regeln (siehe dazu oben unter II 2 b aa) und somit in Abweichung von den bundesrechtlichen Vorgaben zur Einkommensfeststellung (§ 90 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII) landesspezifisch eine starre Einkommensgrenze so festzusetzen, dass der vom ihm in den Blick genommene Kreis von geringverdienenden Personensorgeberechtigten beitragsfrei gestellt wird.

40. Der Verordnungsgeber führt hierzu in seiner Begründung des Verordnungsentwurfs aus, dass sich der Großteil der Bedarfsgemeinschaften mit Kindern unter 12 Jahren, die Leistungen nach dem SGB XII beziehen, im Einkommenssegment unter 1.700 Euro netto im Monat und nur etwa 8 % der Bedarfsgemeinschaften sich über diesem Segment befänden. Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass sich in diesem Segment auch die sog. „Aufstockenden“ befänden, die zum Teil ein monatliches Einkommen von mehr als 3.000 Euro netto erzielten, aber aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls auf Unterstützung angewiesen seien. Ausgehend von einem Nettofamilienjahreseinkommen von 20.000 Euro ohne Kindergeld, Baukindergeld und Eigenheimzulage wäre der überwiegende Teil der Anspruchsberechtigten nach dem SGB II erfasst, sodass dies als Einkommensgrenze für die Bestimmung des Begriffs der Geringverdienenden angenommen werden könne. Dies zugrunde gelegt ergäben sich im Land Brandenburg etwa 3.000 Fälle von Geringverdienenden, die nicht bereits eine der genannten Leistungen erhielten (S. 12 der Begründung; VV Bl. 137R). Es ist weder ersichtlich noch von der Antragstellerin vorgetragen, dass diese Annahmen unzutreffend sein könnten.

41. b) Die Antragstellerin kann auch mit ihren gegen die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 KitaBBV gerichteten Einwänden nicht durchdringen. Nach dieser Regelung ist Haushaltseinkommen im Sinne des Satzes 3 die Gesamtsumme der laufenden Netto-Einnahmen aller im Haushalt des Kindes lebenden Eltern.

42. aa) Mit ihren Einwänden lässt die Antragstellerin unberücksichtigt, dass die Definition des Haushaltseinkommens in § 2 Abs. 1 Satz 4 KitaBBV nur im Rahmen der Beitragsfreistellung nach Satz 3 der Vorschrift gilt, jedoch keine Direktiven für die Bestimmung des Einkommensbegriffs durch die Träger der Kindertagesstätten in ihren Beitragsregelungen enthält. Der der Antragstellerin insoweit zustehende Gestaltungsspielraum wird somit durch die angegriffene Regelung nicht eingeschränkt.

43. bb) Die Berücksichtigung nur des im Haushalt des Kindes zur Verfügung stehenden Haushaltseinkommens steht zudem mit der Rechtsprechung des Senats zur sozialverträglichen Beitragsgestaltung im Einklang. Danach verlangt die nach § 17 Abs. 2 KitaG gebotene sozialverträgliche Gestaltung der Elternbeiträge, bei der Berechnung der Gebühren für einen personensorgeberechtigten Elternteil nur das tatsächlich verfügbare Haushaltseinkommen zugrundezulegen. Denn „sozialverträglich“ in diesem Sinne ist eine am Einkommen orientierte Erhebung der KitaGebühren nur dann, wenn sie sich an der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientiert und nicht eine gleichsam fiktive wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zugrundeliegt (Senatsbeschluss vom 12. Mai 2015 – OVG 6 S 7.15 – juris Rn. 3 unter Bezugnahme auf Senatsbeschluss vom 15. April 2014 – OVG 6 S 18.14 – juris Rn. 4; Senatsurteil vom 6. Oktober 2017 – OVG 6 A 15.15 – juris Rn. 39 f.).

44. cc) Soweit die Antragstellerin geltend macht, der nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind lebende, sorgeberechtigte Elternteil, der nicht geringverdienend sei, könne nicht zu einem Elternbeitrag herangezogen werden, wenn der im Haushalt mit dem Kind zusammen lebende Elternteil geringverdienend sei, trifft dies nicht zu. Für diesen Fall kann eine Elternbeitragssatzung eine Beitragserhebung auch des getrennt lebenden Elternteils vorsehen, ohne dass sich dieser auf § 2 Abs. 1 Satz 4 KitaBBV berufen kann. Der Einwand, ein Gleichheitsverstoß werde besonders deutlich, wenn die Eltern das sog. Wechselmodell praktizierten, führt ebenfalls nicht auf einen Gleichheitsverstoß, da für beide Elternteile auf das jeweils in ihrem Haushalt zur Verfügung stehende Einkommen abzustellen sein dürfte. Im Übrigen ist ein Wechselmodell mit dem Modell, dass ein Kind dauerhaft bei einem der beiden getrennt lebenden Elternteile lebt, nicht vergleichbar.

45. dd) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin stellt auch der Umstand, dass die Einkommensgrenze von 20.000 Euro sowohl bei einem Jahreseinkommen eines Elternteils von 9.000 Euro als auch bei einem Jahreseinkommen beider Elternteile von insgesamt 19.920 Euro nicht erreicht werde, keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber bei der Definition des Einkommens für die untersten Einkommensgruppen keine weitere Differenzierung – etwa nach der Zahl der im Haushalt lebenden Personen – vorgenommen hat. Im Übrigen ist die Frage, wie sich das Haushaltseinkommen für die Beitragsfreistellung berechnet, für die Antragstellerin als kommunale Einrichtungsträgerin nicht relevant, solange ihre Einnahmeausfälle den landesgesetzlichen Vorgaben des § 17 Abs. 1a Satz 2 KitaG entsprechend ausgeglichen werden.

46. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

47. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Zuletzt aktualisiert am Juli 19, 2021 von eurogesetze

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert