VG Berlin 26. Kammer. Aktenzeichen: 26 L 103/21

Gericht: VG Berlin 26. Kammer
Entscheidungsdatum: 16.06.2021
Aktenzeichen: 26 L 103/21
ECLI: ECLI:DE:VGBE:2021:0616.26L103.21.00
Dokumenttyp: Beschluss

Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1. Der zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs gestellte Antrag des Antragstellers,

2. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO bis zur bestandskräftigen beziehungsweise rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, die Beförderung wenigstens eines Konkurrenten des Antragstellers nach Besoldungsgruppe A10 zum/ zur Polizeioberkommissar/in auf der Grundlage der zum Stichtag 01. März 2021 erstellten Beförderungsrangfolgenlisten durch Aushändigung der Ernennungsurkunde zu vollziehen und aufzugeben, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens für ihn eine Beförderungsstelle nach Besoldungsgruppe A10 Polizeioberkommissar freizuhalten

3. hat keinen Erfolg.

4. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch im Sinne des § 123 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Absatz 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Absatz 2 der Zivilprozessordnung – ZPO -). Danach kann das Gericht eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

5. Gemessen an diesem Maßstab, hat die Antragsgegnerin den Antragsteller zu Recht nicht in das Auswahlverfahren einbezogen, da dieser einer Beförderungssperre unterliegt.

6. Rechtsgrundlage für die von der Antragsgegnerin angenommene Beförderungssperre ist § 18 Absatz 4 Satz 2 der Verordnung über die Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei (Bundespolizei-Laufbahnverordnung – BPolLV –) vom 2. Dezember 2011 (BGBI. I S. 2408) in der Fassung vom 25. März 2020. Die Bundesregierung war zum Erlass der Bundespolizei-Laufbahnverordnung ermächtigt. Nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 des Bundespolizeibeamtengesetz – BPolBG – wird die Bundesregierung ermächtigt, die allgemeinen Vorschriften über die Laufbahnen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates insbesondere die Voraussetzungen und das Verfahren für den Aufstieg zu regeln. Die in § 18 BPoILV geregelte Beförderungssperre, die auf den Aufstieg aus der mittleren in die gehobene Laufbahn folgt, ist, als sich aus dem Aufstieg ergebende Konsequenz, Teil einer Regelung über das Verfahren für den Aufstieg.

7. Nach § 18 Absatz 4 Satz 2 BPolLV darf das erste Beförderungsamt in der höheren Laufbahngruppe erst verliehen werden, wenn eine Dienstzeit von einem Jahr in dieser Laufbahngruppe zurückgelegt worden ist. Dessen Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Antragsteller hat zum Entscheidungszeitpunkt nicht bereits eine Dienstzeit von einem Jahr in einer höheren Laufbahngruppe zurückgelegt. Dem Antragsteller wurde am 06. Oktober 2020 mit seiner Ernennung zum Polizeikommissar das erste Amt in einer höheren Laufbahngruppe verliehen. Er war bis dahin als Polizeihauptmeister in der Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Besoldungsgruppe A9 eingruppiert. Das Amt des Polizeikommissars ist hingegen der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes in der Besoldungsgruppe A9 zugehörig (vgl. Anlage 1 zur Bundespolizei-Laufbahnverordnung).

8. Entgegen der vom Antragsteller mit Blick auf § 22 BBG geäußerten Ansicht kommt es deshalb nicht darauf an, dass der Antragsteller zuvor in der Besoldungsgruppe A9 eine Zulage erhielt und sich sein Endgrundgehalt durch die Ernennung zum Polizeikommissar – weiterhin in der Besoldungsgruppe A9 aber nun ohne Zulage – nur durch die Zahlung einer Ausgleichszulage nicht verringert hat, jedenfalls aber nicht erhöht hat.

9. Er hat auch nicht etwa deshalb bereits ein Jahr in der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes zurückgelegt, wie behauptet, weil er bereits am 06. Oktober 2020 oder sogar schon davor die Voraussetzungen einer Beförderung in das Amt des Polizeioberkommissars erfüllte. Die Beklagte machte von der ihr durch § 18 BPoILV eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, dem Antragsteller ein Amt in der Laufbahn des gehobenen Dienstes zu verleihen. Sie ernannte ihn zum Polizeikommissar, mangels ausreichend freier Stellen aber nicht unmittelbar zum Polizeioberkommissar. Da dem Antragsteller das Amt in der Laufbahn des gehobenen Dienstes erst am 06. Oktober 2020 verliehen worden ist, kann er nicht bereits Dienstzeiten in dieser Laufbahn zurückgelegt haben. Selbst wenn der Antragsteller zum damaligen Zeitpunkt zum Polizeioberkommissar hätte ernannt werden müssen und dies fehlerhaft nicht geschah, änderte dies nichts daran, dass er gegenwärtig kein ganzes Jahr in der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes zurückgelegt hat.

10. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 22 Absatz 4 Satz 2 b) des Bundesbeamtengesetzes – BBG –, welcher gemäß § 2 BPolBG auf Polizeivollzugsbeamte anwendbar ist. Danach ist eine Beförderung unzulässig vor Ablauf eines Jahres seit der letzten Beförderung, es sei denn, das bisherige Amt musste nicht regelmäßig durchlaufen werden. Dessen Wortlaut ist nicht zu entnehmen, dass es sich um eine abschließende Regelung handelt und weitere Beförderungssperren nicht durch Rechtsverordnungen geregelt werden dürfen.

11. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Absatz 1 und 3, 162 Absatz 3 VwGO. Der Antragsgegnerin waren die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen.

12. Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 53 Absatz 2 Nummer 1 in Verbindung mit § 52 Absatz 2 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt mit der ungeminderten Heranziehung des Auffangstreitwertes die abschließende Wirkung des vorläufigen Rechtsschutzes im (beamtenrechtlichen) Konkurrentenstreit (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. März 2017 – OVG 10 S 32.16 – juris, Rn. 22).

Zuletzt aktualisiert am Juli 19, 2021 von eurogesetze

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