Zurückweisung eines Einspruchs gegen die Nichtanerkennung als wahlvorschlagsberechtigte Partei. Aktenzeichen: 71/21

Gericht: Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin
Entscheidungsdatum: 02.07.2021
Aktenzeichen: 71/21
Dokumenttyp: Beschluss

Tenor

Der Einspruch wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1. Der Einsprechende wendet sich gegen seine Nichtanerkennung als Partei für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 26. September 2021 durch den Landeswahlausschuss.

2. Am 14. August 2020 erfolgte die Gründungsversammlung der Partei „Berlin Brains e. V.“, auf der von den Gründungsmitgliedern ein Parteiprogramm und eine Satzung als Bundespartei verabschiedet sowie ein Bundesvorstand gemäß § 10 der Satzung gewählt wurde, bestehend aus einem Vorsitzenden, einer stellvertretenden Vorsitzenden sowie einem Bundesschatzmeister. Nach § 7 der Satzung vom 14. August 2020 gliedert sich die Partei in Landesverbände. Diese haben Satzungs-, Finanz- und Personalautonomie.

3. Am 20. Dezember 2020 wurde die Satzung des Landesverbands Berlin der Partei „Berlin Brains e. V.“ verabschiedet. Nach § 1 dieser Satzung führt die Bundespartei den Namen „Berlin Brains“ und der Landesverband den Namen „Berlin Brains Berlin“ (§ 1 Nr. 2). Der Landesverband Berlin soll an den Wahlen zum Abgeordnetenhaus Berlin teilnehmen (§ 1 Nr. 3). Darüber hinaus wurde ein Landesvorstand bestellt, bestehend aus einem Vorstand, einem stellvertretenden Vorstand und einer Schatzmeisterin. Auch wurde eine Landesliste für die Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin aufgestellt.

4. Mit Schreiben vom 14. April 2021 zeigte der Einsprechende gegenüber der Landeswahlleiterin die Beteiligung an der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen an. Hierauf wies diese auf fehlende Unterlagen hinsichtlich der Beteiligungsanzeige hin. Nachdem der Einsprechende mit Schreiben vom 19. Mai 2021 ergänzend zu seiner Beteiligungsanzeige eine Bestätigung mehrerer namentlich benannter Personen darüber eingereicht hatte, dass bei der Mitgliederversammlung am 20. Dezember 2020 beschlossen worden sei, mit der Landesliste zur Wahl des Abgeordnetenhauses von Berlin anzutreten und deshalb auch der Landesverband gegründet und der Landesvorstand bestellt worden sei, wies die Landeswahlleiterin mit E-Mail vom selben Tag darauf hin, dass die eingereichte Bestätigung nicht ausreichend sei. Vielmehr sei ein von der Versammlungsleitung der Mitgliederversammlung vom 20. Dezember 2020 unterzeichnetes Protokoll einzureichen, aus dem hervorgehe, dass die Partei mit einer Landesliste zur Wahl des Abgeordnetenhauses von Berlin antreten wolle. Des Weiteren sei die Niederschrift über die letzte satzungsgemäße Bestellung des Landesvorstandes einzureichen. Eine schriftliche Bestätigung genüge nicht. Hierauf antwortete der Vorsitzende des Einsprechenden am selben Tag per E-Mail, dass das geforderte Protokoll längst eingereicht worden wäre, wenn es dieses gäbe.

5. In der Sitzung vom 10. Juni 2021 entschied der Landeswahlausschuss, nachdem er einem Vertreter des Einsprechenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, dass die Vereinigung Berlin Brains e. V. für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 26. September 2021 nicht als Partei anerkannt werde. Insoweit sei die in § 10 Abs. 2 Landeswahlgesetz – LWG – vorgeschriebene Niederschrift über die satzungsgemäße Bestellung des Landesvorstandes nicht eingereicht worden.

6. Dagegen richtet sich der mit Schriftsatz vom 14. Juni 2021 eingelegte Einspruch. Der Einsprechende macht geltend, dass der Landeswahlausschuss zu Unrecht festgestellt habe, dass ihm die Parteieigenschaft fehle. Entgegen der Ansicht des Landeswahlausschusses seien alle Voraussetzungen, insbesondere diejenigen nach § 10 Abs. 2 LWG, erfüllt. Durch die Mitglieder des Einsprechenden, welche die Satzung vom 20. Dezember 2020 unterzeichnet hätten, sei ein Landesvorstand bestellt worden. Aus der am 20. Dezember 2020 aufgestellten, verabschiedeten und unterschriebenen Satzung des Landesverbands Berlin des Einsprechenden ergebe sich, dass der Landesverband an der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin teilnehmen solle. Basierend auf dieser Regelung habe der Einsprechende eine Landesliste aufgestellt, die von den drei zuvor gewählten Mitgliedern des Landesvorstandes im Beisein zweier Vertrauenspersonen unterschrieben worden sei. Ein weiterer Nachweis über die Bestellung des Vorstands sei nicht erforderlich. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass für die ordnungsgemäße Aufstellung der Landesliste auch noch ein Protokoll der Mitgliederversammlung vom 20. Dezember 2020 vorgelegt werden müsse.

7. Die Einspruchsschrift nebst Anlagen ist von dem Bevollmächtigten des Einsprechenden am 14. Juni 2021 um 18:17 Uhr über das besondere elektronische Anwaltspostfach in die elektronische Poststelle des Verfassungsgerichtshofes eingereicht worden. Auf die telefonische Mitteilung der Geschäftsstelle vom 15. Juni 2021, dass dies derzeit nicht rechtswirksam möglich sei, hat er die Einspruchsschrift am selben Tag per Fax eingereicht. Der Originalschriftsatz nebst Anlagen ist sodann per Post am 17. Juni 2021 beim Verfassungsgerichtshof eingegangen.

8. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Einspruch erhalten. Hiervon hat die Landeswahlleiterin Gebrauch gemacht. Sie verweist darauf, dass die Niederschrift der Aufstellungsversammlung vom 20. Dezember 2020, in welcher der Landesvorstand gewählt worden sei, mehrfach von dem Einsprechenden erfolglos angefordert worden sei.

II.

9. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung, da der Verfassungsgerichtshof einstimmig auf sie verzichtet (§ 24 Abs. 1 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof – VerfGHG -).

10. Der Einspruch ist zulässig, jedoch unbegründet.

11. 1. Der Einspruch ist nach § 40 Abs. 2 Nr. 1a VerfGHG zulässig. Er ist innerhalb der Frist des § 40 Abs. 4 Satz 2 VerfGHG erhoben und begründet worden. Zwar ist der Einspruch innerhalb der Frist dem Verfassungsgerichtshof am 14. Juni 2021 lediglich elektronisch übermittelt worden, wobei der elektronische Rechtsverkehr gemäß § 1 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin vom 7. Mai 2021 (GVBl. S. 489) erst zum 1. Juli 2021 eröffnet worden ist. Da jedoch die technischen Einrichtungen zur Übermittlung elektronischer Dokumente an den Verfassungsgerichtshof über das besondere elektronische Anwaltspostfach zum Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs durch den Bevollmächtigten bereits geschaffen waren, ist dem Einsprechenden auf Grund dieser besonderen Umstände Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und sein per Fax und Post umgehend nachgereichter Einspruchsschriftsatz als fristgerecht anzusehen.

12. 2. Der Einspruch ist unbegründet. Der Einsprechende ist nicht als wahlvorschlagsberechtigte Partei für die Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 26. September 2021 anzuerkennen.

13. Er erfüllt nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine wahlvorschlagsberechtigte Partei gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen (Landeswahlgesetz) – LWG -.

14. Nach dieser Vorschrift müssen Parteien, die sich an der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus oder an der letzten Wahl zum Deutschen Bundestag in Berlin nicht mit einem eigenen Wahlvorschlag beteiligt haben, dem Landeswahlleiter spätestens vier Monate vor dem Wahltag zur Feststellung der Eigenschaft als politische Partei eine schriftliche Satzung, das schriftliche Parteiprogramm und die Niederschrift über die satzungsgemäße Bestellung des Landesvorstandes einreichen.

15. Der Einsprechende wurde erst am 14. August 2020 als Partei gegründet und hat sich daher weder an der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus noch an der letzten Wahl zum Deutschen Bundestag in Berlin beteiligt. Er hat die für diesen Fall gesetzlich vorgesehenen Unterlagen zur Feststellung der Eigenschaft als politische Partei bei der Landeswahlleiterin nicht innerhalb der vorgesehenen Frist eingereicht. So hat er trotz entsprechender Aufforderung durch die Landeswahlleiterin bis zum 26. Mai 2021 die Niederschrift über die satzungsgemäße Bestellung des Landesvorstandes nicht eingereicht. Die von dem Einsprechenden eingereichte Satzung des Landesverbands Berlin vom 20. Dezember 2020 und die formularmäßige Mitteilung vom selben Tag über die Personen, die an diesem Tag zum Landesvorstand bestellt wurden, erfüllen die gesetzliche Vorgabe des § 10 Abs. 2 Satz 1 LWG nicht. Insoweit fordert das Gesetz nach Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG einen Nachweis darüber, dass der Landesvorstand satzungsgemäß bestellt worden ist. Dieser Nachweis kann nur in der Form einer entsprechenden Niederschrift geführt werden. Eine Abweichung davon lässt das Gebot der Formenstrenge nicht zu, welches im Wahlrecht wegen des hohen Ranges der Wahrung der innerparteilichen Demokratie besondere Beachtung erfordert.

16. Die genannte Voraussetzung erfüllen die von dem Einsprechenden vorgelegten Unterlagen nicht. Mit ihnen ist lediglich mitgeteilt worden, dass ein Landesvorstand unter Nennung von dessen Mitgliedern am 20. Dezember 2020 bestellt worden sei. Es ist jedoch nicht dokumentiert, dass diese Bestellung auch satzungsgemäß erfolgt ist. Über eine Niederschrift der Mitgliederversammlung vom 20. Dezember 2020, aus der dies ersichtlich wäre, verfügt der Einsprechende nach eigenem Bekunden nicht. Die von dem Einsprechenden mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021 geltend gemachten Umstände, welche dazu geführt hätten, dass keine Niederschrift angefertigt worden sei, rechtfertigen keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

17. Soweit der Einsprechende mit seiner beim Verfassungsgerichtshof eingereichten Einspruchsschrift vom 14. Juni 2021 erstmalig ein „Ergebnisprotokoll“ der Gründungsversammlung vom 14. August 2020 vorgelegt hat, bezieht sich dieses allein auf die Gründung der Bundespartei und den an diesem Tag bestellten Bundesvorstand. Für die am 20. Dezember 2020 erfolgte Bestellung des – bis auf den Vorsitzenden nicht personenidentischen – Landesvorstandes des Landesverbands des Einsprechenden kommt diesem Dokument keine Bedeutung zu.

III.

18. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.

19. Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.

Zuletzt aktualisiert am Juli 19, 2021 von eurogesetze

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