ECRI-BERICHT ÜBER LIECHTENSTEIN (vierte Prüfungsrunde). Veröffentlicht am 19. Februar 2013

Download: PDF, WORD Dokument

ECRI-BERICHT ÜBER LIECHTENSTEIN (vierte Prüfungsrunde)

Verabschiedet am 5. Dezember 2012
Veröffentlicht am 19. Februar 2013

Vorwort

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) wurde vom Europarat gegründet. Es handelt sich um eine unabhängige Stelle zur Beobachtung der Menschenrechte, die sich auf Fragen bezüglich Rassismus und Intoleranz spezialisiert hat. Sie setzt sich aus unabhängigen und unparteilichen Mitgliedern zusammen, die aufgrund ihrer moralischen Autorität und ihres anerkannten Fachwissens über Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Intoleranz ernannt werden.

Im Rahmen ihrer satzungsmäßigen Arbeit führt ECRI eine länderspezifische Beobachtungstätigkeit durch, bei der in jedem Mitgliedstaat des Europarats die Situation in Bezug auf Rassismus und Intoleranz analysiert und Vorschläge zur Lösung der aufgezeigten Probleme unterbreitet werden.

Die länderspezifische Beobachtung durch ECRI befasst sich gleichberechtigt mit allen Mitgliedstaaten des Europarats. Die Arbeit findet in Fünfjahreszyklen statt und deckt 9 bis 10 Staaten pro Jahr ab. Die Berichte der ersten Runde wurden Ende 1998 abgeschlossen, jene der zweiten Runde Ende 2002 und jene der dritten Runde Ende 2007. Die Arbeit an den vierten Berichten begann im Januar 2008.

Die Arbeitsmethoden für die Vorbereitung der Berichte schließen die Auswertung von Unterlagen, einen Kontaktbesuch im fraglichen Land und anschließend einen vertraulichen Dialog mit den nationalen Stellen ein.

Die Berichte von ECRI sind nicht das Ergebnis von Nachforschungen oder Zeugenaussagen. Es handelt sich um Analysen einer Bandbreite von Informationen, die aus vielfältigen Quellen bezogen werden. Die dokumentarischen Studien gründen sich auf zahlreiche nationale und internationale schriftliche Quellen. Die Besuche vor Ort ermöglichen ein direktes Treffen mit den betroffenen Kreisen (Regierungs- und Nichtregierungskreise), um detaillierte Informationen zu sammeln. Der vertrauliche Dialog mit den nationalen Behörden ermöglicht es letzteren, gegebenenfalls Änderungen an dem Berichtentwurf vorzunehmen, um mögliche Sachfehler zu korrigieren, die der Bericht enthält. Am Ende des Dialogs können die nationalen Behörden, wenn sie dies wünschen, fordern, dass ihre Ansichten dem endgültigen Bericht von ECRI beigefügt werden.

Die vierte Runde der länderspezifischen Berichte konzentriert sich auf die Umsetzung und Evaluation. Diese Berichte untersuchen den Umfang, in dem die wichtigsten Empfehlungen von ECRI aus vorausgegangenen Berichten befolgt wurden, und schließen eine Evaluation der verabschiedeten politischen Richtlinien und ergriffenen Maßnahmen ein. Diese Berichte enthalten außerdem eine Analyse der neusten Entwicklungen in den fraglichen Ländern.

Für einige bestimmte Empfehlungen, die aus jenen des neuen Berichts der vierten Runde gewählt wurden, wird eine vorrangige Umsetzung gefordert. Spätestens zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Berichts wird ECRI in Bezug auf diese konkreten Empfehlungen ein Verfahren für eine zwischenzeitliche Weiterverfolgung durchführen.

Der folgende Bericht wurde von ECRI in vollständiger Eigenverantwortung erstellt. Er deckt die Situation bis zum 20. Juni 2012 ab. Alle Entwicklungen nach diesem Zeitpunkt werden von der folgenden Analyse weder abgedeckt noch bei den Schlussfolgerungen und Vorschlägen von ECRI in Betracht gezogen.

ZUSAMMENFASSUNG

Seit der Veröffentlichung des dritten Berichtes von ECRI über Liechtenstein am 29. April 2008 gab es im Hinblick auf Probleme, die in diesem Bericht behandelt wurden, Fortschritte zu verzeichnen.

Liechtenstein hat das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art unterzeichnet. Die Ratifizierung dieser Übereinkunft soll 2012 abgeschlossen sein. Mehrere rassistisch motivierte Straftaten, einschließlich gewalttätiger Handlungen, wurden von den Justizbehörden umgehend verfolgt. Die polizeiliche Grundausbildung schließt Kurse über Menschenrechte und Rassismus ein; die Aufklärungskampagne über Rechtsextremismus richtete sich schwerpunktmäßig an Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter. Es gibt Pläne, eine unabhängige Stelle für eine Ombudsperson einzurichten.

Es wurden Maßnahmen zur Stärkung der Chancengleichheit beim Zugang zu Bildungsangeboten verabschiedet, so wurde u.a. die Anzahl der Ganztagsschulen erhöht, die eine Lern- und Hausaufgabenbetreuung anbieten, sowie von Initiativen, die sich an die Eltern von Schülern mit Migrationshintergrund wenden, um deren Sprachkenntnisse zu verbessern und ihr Bewusstsein für die Bedeutung von Bildung zu erhöhen.

Die Kommission gegen Gewalt hat eine Studie über Rechtsextremismus in Liechtenstein in Auftrag gegeben, eine Aufklärungskampagne für die Öffentlichkeit gestartet und eine interdisziplinäre Expertengruppe eingerichtet, die in diesem Bereich berät. Zahlreiche Initiativen wurden gestartet, um das Wissen über den Holocaust zu auszubauen und diesen zu gedenken, und mehrere Geschichtslehrer erhalten eine Fortbildung im Unterrichten dieses Themas.

ECRI begrüßt diese positiven Entwicklungen in Liechtenstein. Es gibt jedoch, ungeachtet der erzielten Fortschritte, einige Themen, die weiterhin Anlass zur Sorge geben.

§ 283 Strafgesetzbuch bestraft keine rassistischen Handlungen, die aufgrund von Staatsangehörigkeit und Sprache begangen werden. Personen, die im Strafjustizsystem arbeiten, erhalten kein spezielles Training hinsichtlich der Anwendung der strafrechtlichen Bestimmungen, die das Ziel verfolgen, rassistische Straftaten zu bekämpfen. Liechtenstein fehlt ein umfassender zivil- und verwaltungsrechtlicher Rahmen zur Bekämpfung rassistisch motivierter Diskriminierung in allen Lebensbereichen.

Sorge bereitet nach wie vor die fehlende Unabhängigkeit der Stabsstelle für Chancengleichheit und deren begrenzte Befugnisse, sich mit Rassismus, rassistisch motivierter Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz auf effiziente Weise zu befassen. Auch der Plan für eine Verwaltungsreform, der von der Regierung verabschiedet wurde und der die Auflösung der Stabsstelle für Chancengleichheit und die Übertragung einiger oder aller ihrer Aufgaben auf eine neue Stelle für soziale Angelegenheiten innerhalb des Ministeriums für Soziales, Familie und Chancengleichheit vorsieht, würde erheblich die wirksame Bearbeitung von Beschwerden und die Bereitstellung einer Beratung in unabhängiger Weise erschweren.

Die schulischen Leistungen von Migrantenkindern sind signifikant niedriger als von Kindern aus Liechtenstein. Darüber hinaus gibt es nach wie vor eine Überrepräsentation von Schülern mit bestimmtem Migrationshintergrund in der unteren Stufe (Stufe 1) der Sekundarschule (Oberschule). Es gibt übereinstimmende Berichte von Diskriminierung beim Zugang zu Beschäftigung, bei der Vergütung und beim Zugang zu Wohnraum, die insbesondere von Frauen muslimischen Glaubens erlebt wird, die ein Kopftuch tragen. Das Ausländerrecht hat eindeutige diskriminierende Auswirkungen im Hinblick auf den Zugang von Ausländern zu öffentlichen Diensten (jene, die keiner Schweizer oder EU-Bürger sind). Vor allem die aktuelle Formulierung des Gesetzes könnte Nichtstaatsangehörige davon abhalten, Sozialleistungen zu beantragen, weil sie fürchten, keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten oder diese zu verlieren oder aus dem Land abgeschoben zu werden.

Laut neuem Ausländergesetz müssen alle Drittstaatsangehörige mit einer zeitlich begrenzten Aufenthaltsgenehmigung, die einen dauerhaften Aufenthalt wünschen, eine Integrationsvereinbarung abschließen; das Versäumnis, Letzteres zu tun, wird als mangelnde Integrationsbereitschaft ausgelegt und stellt einen Grund für die Aufhebung der Aufenthaltsgenehmigung dar. Obwohl das Bleiberecht von Drittstaatsangehörigen von Kenntnissen der Landessprache abhängig gemacht wird, werden die Gelder für die einzige Organisation, welche die Anforderungen von sozial benachteiligten Personen erfüllt, gekürzt. Es gab im Hinblick auf die Zuständigkeiten im Bereich der Integration Konfusionen zwischen der Ausländer- und Passbehörde und deren Integrationsbeauftragten und der Stabsstelle für Chancengleichheit.

In diesem Bericht fordert ECRI die Behörden in Liechtenstein auf, in einigen Bereichen weitere Maßnahmen zu ergreifen. In diesem Kontext spricht sie eine Reihe von Empfehlungen aus, u.a. die nachstehenden.

Die unter § 283 Strafgesetzbuch aufgeführten Handlungen sollten auch aufgrund von Sprache und Nationalität verboten werden. Personen, die im Strafjustizsystem arbeiten, einschließlich Richtern aller Instanzen, sollten ein spezielles Training über die Wichtigkeit der Anwendung der strafrechtlichen Bestimmungen erhalten, die auf die Bekämpfung rassistischer Straftaten abzielen, und für diese sensibilisiert werden. Es sollte eine umfassende Gesetzgebung zur Bekämpfung von direkter oder indirekter Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, ethnischer Abstammung, Staatsangehörigkeit, Religion oder Sprache in wichtigen Lebensbereichen, wie Beschäftigung, Wohnen, öffentliche und private Dienste, Gesundheit und Bildung, eingeführt werden. Eine solche Gesetzgebung sollte insbesondere den Grundsatz einer geteilten Beweislast vorsehen.

Die Zuständigkeiten der neuen Stelle für soziale Angelegenheiten und der Stabsstelle für Chancengleichheit sollten eindeutig festgelegt werden. Letzte sollte zur nationalen Sonderstelle zur Bekämpfung von Rassismus und rassistisch motivierter Diskriminierung erklärt werden. Diese Stelle sollte vollständig unabhängig und u.a. für Folgendes verantwortlich sein: Anhören und Bearbeiten von Beschwerden, Unterstützung von Opfern, Einleiten von und Teilnahme an Gerichtsverfahren, Überwachung der Gesetzgebung, Beratung der Justiz- und Exekutivbehörden, Aufklärung und Förderung von politischen Ansätzen und Praktiken, die eine Gleichbehandlung gewährleisten*.

Der Transfer zwischen den verschiedenen Ebenen der Sekundarschule (Stufe I) sollte so flexibel wie möglich sein, um die Chancen der Schüler nicht zu beeinträchtigen. Alle Maßnahmen, die sich an die Eltern und Schüler mit Migrationshintergrund wenden, sollten verstärkt werden, um die Überrepräsentation dieser Schüler in der Oberschule zu begrenzen. Es sollte Aufklärungskampagnen zu den bestehenden Bestimmungen, die eine rassistisch motivierte Diskriminierung verbieten, und zu allen Bestimmungen geben, die zukünftig verabschiedet werden. Dies sollte auf alle relevanten Akteure abzielen, u.a. Arbeitgeber, Vermieter und Dienstleister, und sollte sie über die Folgen von Handlungen rassistisch motivierter Diskriminierung aufklären.

§ 49, der besagt, dass eine Daueraufenthaltsgenehmigung zurückgezogen werden kann, wenn der Nichtstaatsangehörige oder sein/ihr Angehöriger u.a. dauerhaft und in einem erheblichen Umfang von Sozialhilfe abhängig ist; § 69 (2)(e), der die Pflicht des Sozialamts anführt, die Ausländer- und Passbehörde über alle Personen zu informieren, die mehr als 75.000 Schweizer Franken Sozialleistungen erhalten, und
§ 27 (3) und (4), der besagt, dass der Erhalt von Sozialleistungen ein Hindernis für den Erhalt einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung darstellt, sollten aufgehoben werden.*

Die Bestimmungen des Ausländerrechts, nach denen ein Versäumnis, die Integrationsvereinbarung zu erfüllen, als mangelnde Integrationsbereitschaft ausgelegt wird und ein Grund für den Entzug der Aufenthaltsgenehmigung ist, sollten aufgehoben werden. Geeignete Organisationen mit Erfahrungen in der Bereitstellung von Deutschkursen, welche den Anforderungen sozial benachteiligter Nichtstaatsangehörigen (z. B. Personen mit geringem Einkommen und geringem Bildungsstand, insbesondere Frauen, und Schichtarbeiter) Rechnung tragen, sollten die finanziellen Mittel erhalten, die für die Durchführung dieser Aktivitäten erforderlich sind. Fragen bezüglich der Integration von Nichtstaatsangehörigen sollten von den Sozialstellen behandelt werden, unter klarer Zuweisung der Zuständigkeiten.*

FESTSTELLUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

I. Existenz und Umsetzung rechtlicher Bestimmungen

Internationale Rechtsinstrumente

1. In ihrem dritten Bericht über Liechtenstein wiederholte ECRI ihre Empfehlung an Liechtenstein, die nachstehenden internationalen Rechtsinstrumente so rasch wie möglich zu ratifizieren: Protokoll Nr. 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), die Europäische Sozialcharta (revidiert), die ILO-Konvention Nr. 111 über Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), die UNESCO-Konvention gegen Diskriminierung im Bildungswesen, das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit, das Europäische Übereinkommen über Nationalität und das Europäische Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben. Sie empfahl Liechtenstein des Weiteren, so rasch wie möglich das Übereinkommen über Computerkriminalität und dessen Zusatzprotokoll über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art und die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen zu ratifizieren.

2. ECRI stellt zufrieden fest, dass Liechtenstein am 17. November 2008 das Übereinkommen über Computerkriminalität und dessen Zusatzprotokoll über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art unterzeichnet hat. Die Stellen gaben an, dass die Ratifizierung des Übereinkommens und des Protokolls in Vorbereitung sind und im Laufe des Jahres 2012 abgeschlossen sein werden.

3. Obwohl Liechtenstein eines der ersten Länder war, die das Protokoll Nr. 12 am 4. November 2000 unterzeichneten, hat es dieses Rechtsinstrument bis heute nicht ratifiziert. Die Behörden erklärten, sie wollten abwarten, wie sich das Fallrecht zu Protokoll Nr. 12 entwickelt, bevor sie Schritte zur Ratifizierung unternehmen. In diesem Zusammenhang würde ECRI die Behörden gern daran erinnern, dass das Fallrecht zu Artikel 14 der EMRK vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) benutzt wird und weiterhin benutzt werden wird, um Protokoll Nr. 12 zu interpretieren, insbesondere im Hinblick auf das Konzept der Diskriminierung (siehe Urteil der Großen Kammer des EGMR, Sejdć und Finci v. Bosnien-Herzegowina, Nr. 27996/06 und 34836/06,
22. Dezember 2009).

4. Liechtenstein hat bisher noch nicht die Europäische Sozialcharta (revidiert), das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit, das Europäische Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben oder die Internationale Konvention über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeiter und ihrer Familienangehörigen unterzeichnet. Liechtenstein ist immer noch nicht Mitglied der ILO oder UNESCO und hat in Folge weder das ILO-Übereinkommen Nr. 111 über Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf) noch das UNESCO Übereinkommen gegen Diskriminierung im Bildungswesen unterzeichnet.

5. Bezüglich der Europäischen Sozialcharta (revidiert) betont ECRI regelmäßig die Bedeutung von Artikel E dieser Charta, der den Grundsatz der Nichtdiskriminierung bei der Ausübung der Rechte, die in der Charta garantiert werden, beschreibt. Die Charta kann auch zum Umgang mit Fragen bezüglich des Schutzes und der Unterstützung von Wanderarbeitern und deren Familienangehörigen beitragen. Bezüglich des Übereinkommens über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben gaben die Behörden an, dass, obwohl kein Interesse an der Ratifizierung dieses Rechtsinstruments besteht, die Teilhabe von Ausländern an Komitees, die auf lokaler Ebene gewählt werden, nicht verboten ist. In diesem Zusammenhang betrachtet ECRI eine solch begrenzte Teilhabe für Integrationszwecke als nicht ausreichend. Die Ratifizierung dieses Instruments sowie der Internationalen Konvention über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeiter und ihrer Familienangehörigen und des Europäischen Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit würde die Verpflichtung Liechtensteins bestätigen, seine große Migrantenpopulation (vergleichsweise) effektiv zu integrieren.[1] In Bezug auf das Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit verweist ECRI auf die in Absatz 11 dieses Berichts gemachte Empfehlung. In Bezug auf das ILO-Übereinkommen Nr. 111 über Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf) stellt ECRI fest, dass der Beitritt zur ILO[2] und die Ratifizierung dieses Rechtsinstruments eine Verpflichtung signalisieren würde, Diskriminierung im Bereich Beschäftigung effektiv zu bekämpfen, u.a. in den Situationen, die in diesem Bericht im Abschnitt Diskriminierung bei der Beschäftigung beschrieben sind. Die Ratifizierung der UNESCO-Konvention gegen Diskriminierung im Bildungswesen würde ein effektives Instrument zur wirksamen Bekämpfung der Diskriminierung im Bildungsbereich darstellen, u.a. in den Situationen, die in diesem Bericht der Diskriminierung im Bildungswesen gewidmet sind.

6. ECRI wiederholt seine Empfehlung an Liechtenstein, die nachstehenden internationalen Rechtsinstrumente so rasch wie möglich zu unterzeichnen und zu ratifizieren: Protokoll Nr. 12 der Europäischen Menschenrechtskonvention; die Europäische Sozialcharta (revidiert); das Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben; die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen und das Übereinkommen über Computerkriminalität und dessen Zusatzprotokoll betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art.

7. ECRI empfiehlt Liechtenstein, ein Mitglied von ILO zu werden und anschließend die Konvention Nr. 111 über Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf der ILO zu ratifizieren. ECRI empfiehlt Liechtenstein des Weiteren, das Übereinkommen gegen Diskriminierung im Bildungswesen der UNESCO zu ratifizieren.

Gesetzgebung zur Staatsangehörigkeit

8. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden, den Mindestaufenthalt für eine Einbürgerung zu reduzieren und drängte die Behörden, ernsthaft die Abstimmung durch Gemeindemitglieder für die Gewährung der Staatsangehörigkeit zu überdenken.

9. Seit dem dritten Bericht von ECRI trat das überarbeitete Gesetz über den Erwerb und den Verlust der Liechtensteiner Staatsangehörigkeit (das revidierte Staatsangehörigkeitsgesetz) am 10. Dezember 2008 in Kraft. Wie im dritten Bericht von ECRI angenommen, erleichtert die neue Gesetzgebung bestimmte Auflagen für die Einbürgerung, während sie gleichzeitig neue Bedingungen auferlegt. Insbesondere staatenlose Personen haben nach dem neuen Gesetz das Recht auf Beantragung der Staatsangehörigkeit, wenn sie in Liechtenstein geboren wurden und dort fünf Jahre gelebt haben. Dieses Recht kann bis zum 21. Lebensjahr ausgeübt werden und findet auch auf die minderjährigen Kinder der fraglichen Person Anwendung. Darüber hinaus wurde die Mindestaufenthaltsdauer für den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Heirat von 12 auf 10 Jahre gesenkt, wobei die Ehejahre doppelt gezählt werden; in diesem Zusammenhang sind laut Gesetz mindestens fünf Ehejahre und die Aufgabe der ursprünglichen Staatsangehörigkeit erforderlich.[3]

10. Mit Ausnahme der neuen Auflagen, die durch das revidierte Gesetz zur Staatsangehörigkeit eingeführt wurden (siehe Absatz 13), bleiben die vom Gesetz vorgesehenen Modalitäten und die Aufenthaltsdauer für den Erwerb der Staatsangehörigkeit von Liechtenstein in allen anderen Fällen erhalten. Wie bereits im zweiten und dritten Bericht von ECRI beschrieben (Absatz 9 bzw. 10), fordert das „erleichterte” Einbürgerungsverfahren einen Aufenthalt von 30 Jahren, wobei die Jahre, die vor dem 20. Lebensjahr liegen, doppelt gezählt werden, ein sehr langer Zeitraum im Vergleich zu den 10 Jahren, die laut Europäischem Übereinkommen über Staatsangehörigkeit des Europarats gefordert sind. Eine weitere Möglichkeit, die Staatsangehörigkeit zu erlangen, ist die Abstimmung von Gemeindemitgliedern, die folgenden Bedingungen unterliegt: Aufenthalt von 10 Jahren, eine positive Abstimmung der Bewohner der Gemeinde, in der der Antragsteller lebt, und die Zustimmung des Parlaments und des Fürsten. Obwohl ECRI anerkennt, dass dieses Verfahren von der Bevölkerung als Instrument der direkten Demokratie betrachtet wird, betont sie, dass andere Erwägungen, wie z. B. die internationalen Verpflichtungen zur Bekämpfung von Diskriminierung, beachtet werden müssen. Dieses Verfahren basiert in Wahrheit nicht auf objektiven und messbaren Kriterien und öffnet Willkür und Diskriminierung Tür und Tor. ECRI stellt fest, dass dies die vernachlässigbare Anzahl von Personen erklärt, die sich für dieses Verfahren entschieden und die Staatsangehörigkeit auf diese Weise erhalten haben.[4]

11. ECRI empfiehlt den Behörden, die Auflagen für die Aufenthaltsdauer, die laut „erleichtertem“ Verfahren vorgesehen ist, im Hinblick auf eine schrittweise Anpassung des Gesetzes über Staatsangehörigkeit an die Standards des Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit auf 20 Jahre zu senken und dieses Rechtsinstrument zu ratifizieren.

12. ECRI empfiehlt den Behörden, die Abstimmung durch Gemeindebewohner als Verfahren für die Einbürgerung abzuschaffen.

13. Das überarbeitete Gesetz über Staatsangehörigkeit hat neue Auflagen im Hinblick auf den Nachweis von Kenntnissen in der deutschen Sprache und Grundkenntnisse über die Rechtsordnung in Liechtenstein und über die Struktur des Staates im Rahmen des „erleichterten Verfahrens“ eingeführt. Insbesondere der Antragsteller auf Einbürgerung muss Deutschkenntnisse der Stufe B1 nachweisen und einen Multiple-Choice-Test in Staatsbürgerkunde bestehen. Der Test muss jedoch nicht von jenen Personen gemacht werden, die mindestens drei Jahre Schulpflicht absolviert und erfolgreich die 9. Klasse in Liechtenstein oder eine Ausbildung oder berufliche Ausbildung gemäß Gesetz über Berufsausbildung und berufliche Bildung abgeschlossen haben.

14. In ihrem dritten Bericht empfiehlt ECRI den Behörden, Schritte zu ergreifen, welche die Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit für Nichtstaatsangehörige erleichtern, die wünschen, über die Einbürgerung die Staatsangehörigkeit von Liechtenstein zu erwerben.

15. Die Behörden haben ECRI informiert, dass diese Empfehlung nicht die erforderliche politische Unterstützung erhält. Damit ist die doppelte Staatsangehörigkeit nach wie vor nach den Gesetzen Liechtensteins verboten und es ist notwendig, die ursprüngliche Staatsangehörigkeit aufzugeben, um Staatsbürger von Liechtenstein zu werden.

16. ECRI wiederholt ihre Empfehlungen an die Behörden, Schritte zu ergreifen, welche die Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit für Nichtstaatsangehörige erleichtern, die wünschen, über die Einbürgerung die Staatsangehörigkeit von Liechtenstein zu erwerben.

Strafrechtliche Bestimmungen

17. In ihrem dritten Bericht befürwortete ECRI die Bemühungen der Behörden in Liechtenstein zur Feinabstimmung der Strafgesetzgebung bezüglich rassistischer Straftaten und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf ihre Allgemeine Politische Empfehlung Nr. 7 (GPR No.7) über nationale Gesetze zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung (GPR Nr. 7)[5].

18. ECRI stellt fest, dass seit ihrem dritten Bericht die Strafgesetzgebung von Liechtenstein zur Bekämpfung von Rassismus und rassistisch motivierter Diskriminierung nicht geändert wurde. Dementsprechend verbietet § 321 Strafgesetzbuch den Genozid; § 283[6] Strafgesetzbuch verbietet eine Reihe rassistisch motivierter Handlungen, u.a.: Anstiftung zu Hass oder Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Abstammung oder Religion; die Verbreitung rassistischer Ideologien; rassistisch motivierte Gewalt; Leugnung von Genoziden und anderer Verbrechen gegen die Menschlichkeit; Verweigerung eines für die Allgemeinheit gedachten Dienstes aufgrund von Rasse, ethnischer Abstammung oder Religion; Mitwirkung an einer Vereinigung zur Verbreitung von Rassismus und das Herstellen, Lagern, Verteilen oder Ausstellen rassistischen Materials. Die §§ 33-35 Strafgesetzbuch sehen vor, bei allen Straftaten rassistische oder fremdenfeindliche Motive als strafverschärfenden Umstand zu berücksichtigen. ECRI ist der Meinung, dass, obwohl die oben angeführten strafrechtlichen Bestimmungen einen relativ umfassenden Rechtsrahmen im Hinblick auf rassistische Straftaten bieten, die unter § 283 Strafgesetzbuch aufgeführten Handlungen ebenfalls aufgrund der Nationalität (Staatsangehörigkeit) und Sprache verboten sein sollten, wie in der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 (GPR No. 7) von ECRI empfohlen.

19. ECRI empfiehlt, die unter § 283 Strafgesetzbuch aufgeführten Handlungen auch aufgrund von Sprache und Nationalität zu verbieten.

20. Im Hinblick auf die Anwendung der oben aufgeführten strafrechtlichen Bestimmungen stellt ECRI fest, dass es im Zeitraum 2009 bis 2011 mehrere rassistisch motivierte Straftaten gab, u.a. gewalttätige Handlungen, die von den Justizbehörden umgehend verfolgt wurden[7]. Vor allem 2010 verurteilte das Berufungsgericht gemäß § 283 Absatz i), Sätze 4 und 7 Strafgesetzbuch acht Personen zu Gefängnisstrafen auf Bewährung wegen der Mitwirkung an einer rechtsextremistischen Gruppierung. Der Anführer der Gruppierung wurde zu einer Gefängnisstrafe von sieben Monaten verurteilt. Im selben Jahr verurteilten die Gerichte von Liechtenstein gemäß § 283 Strafgesetzbuch eine Person, die über das Internet zu Hass und Diskriminierung von Personen dunkler Hautfarbe und von Personen slawischer Abstammung aufgerufen hatte. Ebenfalls 2010 wurde eine Person, die der rechtsextremen Szene Liechtensteins zugerechnet wird, zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren wegen Brandstiftung an zwei Gebäuden verurteilt, in denen es Wohn- und Geschäftsräume gab, u.a. einen Kebab-Laden, deren Eigentümer türkischer Abstammung oder anderweitig Ausländer waren. Rassistische Absichten und Wiederholungstaten wurden als strafverschärfende Faktoren geahndet. Im Gegenteil dazu wurden die rassistischen Motive bei drei gewalttätigen Zwischenfällen nicht als strafverschärfend berücksichtigt. Einer dieser Zwischenfälle betraf eine Massenschlägerei im Jahr 2008 auf dem Oktoberfest in Mauren zwischen Schweizer Staatsbürgern, die einer Skinhead-Gruppe angehörten, und Jugendlichen türkischer Abstammung. Das Gericht der ersten Instanz kam zu dem Schluss, dass Erstgenannte körperlich und verbal die Letztgenannten durch rassistische Beleidigungen angegriffen hatten und dies zur körperlichen Auseinandersetzung der beiden Gruppen geführt hatte. Das Gericht verurteilte zwei Schweizer Bürger wegen Körperverletzung und wandte rassistische Motive als strafverschärfende Faktoren an (und sprach die restlichen acht Angeklagten frei). Das Berufungsgericht bestätigte zwar die Entscheidung, stellte aber keine rassistischen Motive fest.[8] Die anderen Zwischenfälle betrafen zwei gewalttätige Angriffe auf einen Ladenbesitzer türkischer Nationalität bzw. auf einen 14-jährigen Jungen türkischer Abstammung in einem Bus in den Jahren 2009 und 2010, die in einem Fall verhandelt wurden. Der Angeklagte wurde mit einer Geldstrafe belegt und musste Schadenersatz leisten; es wurde jedoch kein strafverschärfender Faktor aufgrund der rassistischen Motive angewendet.[9] ECRI möchte sich nicht zu den materiell-sachlichen Gesichtspunkten dieser Gerichtsentscheidungen äußern; nichtsdestotrotz weist sie auf die Wichtigkeit hin, erkennbare rassistische Motive seitens der zuständigen Stellen als strafrechtlich relevant anzuerkennen und zu berücksichtigen, damit die §§ 33-35 Strafgesetzbuch die beabsichtigte abschreckende Wirkung haben.

21. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden, ihre Bemühungen im Hinblick auf das Training von Polizeibeamten, Staatsanwälten, Richtern und zukünftigen Rechtsvertretern bezüglich der Anwendung der strafrechtlichen Bestimmungen zur Bekämpfung rassistischer Straftaten und insbesondere der §§ 283 und 33-35 Strafgesetzbuch weiter zu verfolgen.

22. ECRI wurde von den Behörden darüber informiert, dass die polizeiliche Grundausbildung Kurse über Menschenrechte und Rassismus einschließt und dass Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter Ziel einer Aufklärungskampagne über Rechtsextremismus waren (siehe Abschnitt über Rechtsextremismus). ECRI begrüßt diese Maßnahmen. Allerdings haben die Behörden bestätigt, dass Personen, die im Strafjustizsystem arbeiten, kein spezielles Training hinsichtlich der Anwendung der strafrechtlichen Bestimmungen zur Bekämpfung rassistischer Straftaten erhalten. Darüber hinaus gaben die Behörden zu, dass das Training in diesem Zusammenhang insbesondere für Richter der höheren Instanzen notwendig ist, da sie sich häufig mit Fällen befassen, die rassistisch motivierte Straftaten involvieren, und daher eine größere Sensibilität benötigen.

23. ECRI empfiehlt, dass Personen, die im Strafjustizsystem arbeiten, einschließlich der Richter aller Instanzen, ein spezielles Training über die Wichtigkeit der Anwendung der strafrechtlichen Bestimmungen zur Bekämpfung rassistischer Straftaten und insbesondere die §§ 283 und 33-35 Strafgesetzbuch erhalten und für diese sensibilisiert werden.

24. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden, weiterhin die Öffentlichkeit regelmäßig über die Existenz strafrechtlicher Bestimmungen zur Sanktionierung rassistisch motivierter Handlungen zu informieren. Es wird des Weiteren empfohlen, Schritte zu ergreifen, um die Opfer zu ermutigen, diese Handlungen anzuzeigen.

25. ECRI stellt fest, dass es keine konkreten Maßnahmen gibt, um die Öffentlichkeit über strafrechtliche Bestimmungen zur Sanktionierung rassistisch motivierter Handlungen zu informieren. Es wurden auch keine konkreten Schritte unternommen, um die Opfer zu ermutigen, die oben angeführten Straftaten anzuzeigen. Eine Studie, die in Zusammenarbeit mit den Behörden durchgeführt wurde[10], stellt fest, dass die geringe Zahl von Anzeigen in Bezug auf diese Straftaten wahrscheinlich auf Angst oder ein fehlendes Vertrauen in die Institutionen zurückzuführen ist. Obwohl 2008 eine Opferhilfe eingerichtet wurde, die rechtliche Beratungen und psychologische Unterstützung von Verbrechensopfern bereitstellt, wurde diese Stelle nur einmal in Zusammenhang mit einer rassistischen Straftat kontaktiert. Darüber hinaus führt diese Stelle keine Aufklärungskampagnen durch und sie kann lediglich aktiv werden, wenn Opfer oder deren Verwandte an sie herantreten.

26. ECRI empfiehlt den Behörden, aktiv die Öffentlichkeit über die Existenz von strafrechtlichen Bestimmungen zur Bekämpfung rassistischer Straftaten zu informieren und die Opfer zu ermutigen, diese Handlungen anzuzeigen. ECRI empfiehlt des Weiteren, die von der Opferschutzstelle angebotene Unterstützung bei rassistischen Straftaten zu verstärken und dass diese Stelle Aufklärungskampagnen durchführt.

27. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden von Liechtenstein, statistische Daten über die Umsetzung der strafrechtlichen Bestimmungen bei Rassismus zu sammeln und dass sie diese Datenerfassung auf die §§ 33-35 Strafgesetzbuch ausweiten.

28. ECRI wurde davon in Kenntnis gesetzt, dass die Polizei statistische Daten über rassistische Straftaten erfasst; allerdings decken diese Daten nicht die anschließenden Verfahren ab. Mit anderen Worten, Liechtenstein fehlt eine Institution, die den Auftrag einer systematischen Datenerfassung zu Verstößen gegen die strafrechtlichen Bestimmungen über Rassismus und rassistisch motivierte Diskriminierung erfasst, die die Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren, die Anzahl der an ein Gericht weitergeleiteten Fälle, die Anzahl der eingestellten vorgerichtlichen Ermittlungen und die Anzahl der Verurteilungen oder Freisprüche pro Referenzjahr auflisten. ECRI stellt fest, dass diese Informationen, wenn sie eindeutig aufgegliedert sind, ein nützliches Instrument für die Beurteilung der Wirksamkeit und Anwendung dieser Bestimmungen sind.

29. ECRI empfiehlt den Behörden von Liechtenstein, die Datenerfassung bezüglich der Anwendung der strafrechtlichen Bestimmungen zur Bestrafung rassistischer Straftaten zu stärken, damit deren Wirksamkeit beurteilt werden kann. ECRI empfiehlt, eine bereits existierende Institution damit zu beauftragen, die Erfassung dieser Daten zu zentralisieren, und sicherzustellen, dass die Daten über Verstöße gegen die oben aufgeführten Bestimmungen wie folgt aufgegliedert werden: Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren, Anzahl der an ein Gericht verwiesenen Fälle, Anzahl der eingestellten vorgerichtlichen Ermittlungen und den Ausgang der Gerichtsverfahren pro Referenzjahr.

Zivilrechtliche Bestimmungen

30. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden dringend, den zivil- und verwaltungsrechtlichen Rahmen zur Bekämpfung der rassistisch motivierten Diskriminierung in allen Lebensbereichen zu verstärken, unter gebührender Berücksichtigung der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 7 (GPR No. 7) von ECRI über die nationale Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und rassistisch motivierter Diskriminierung. Er betonte des Weiteren die Notwendigkeit, ein System der geteilten Beweislast im Hinblick auf Diskriminierung in allen Bereichen des Zivil- und Verwaltungsrechts und insbesondere in den Bereichen Beschäftigung, Ausbildung, Zugang zu Wohnraum und Waren und Dienstleistungen für die Öffentlichkeit bereitzustellen.

31. ECRI stellt fest, dass Liechtenstein seit dem dritten Bericht von ECRI bedauerlicherweise immer noch nicht über einen umfassenden zivil- und verwaltungsrechtlichen Rahmen zur Bekämpfung rassistisch motivierter Diskriminierung in allen Lebensbereichen verfügt. Die einzigen Bestimmungen, die im Hinblick auf die Bekämpfung der rassistisch motivierten Diskriminierung relevant sind, sind: Artikel 31 der Verfassung, in dem die Gleichheit aller Bürger postuliert wird (und die laut Behörden auch Anwendung auf Nichtstaatsangehörige findet); und § 46(1)(a) des Arbeitsvertragsgesetzes, der die Kündigung eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Abstammung, Nationalität oder ethnischer Abstammung verbietet. Das Gesetz über Chancengleichheit, in seiner geänderten Fassung von 2006, verbietet die Diskriminierung im Bereich der Beschäftigung und bei der Versorgung mit Gütern und sieht eine geteilte Beweislast vor; es betrifft jedoch ausschließlich eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

32. ECRI stellt fest, dass die meisten Fälle einer mutmaßlichen Rassendiskriminierung, die ihr sowohl von Seiten der Zivilgesellschaft als auch den Behörden vorgelegt wurden, nicht durch gerichtliche Schritte nachverfolgt wurden. Davon betroffen sind insbesondere: Zugang zu Beschäftigung, Wohnraum, Diensten und Bildung (siehe in diesem Bericht den Abschnitt über Diskriminierung in verschiedenen Bereichen). Angesichts des Vorstehenden bietet nach Meinung von ECRI der aktuelle Rechtsrahmen den mutmaßlichen Opfern von Rassendiskriminierung keine ausreichenden Rechtsmittel und ermutigt sie nicht, ihre Sorgen vorzutragen.

33. ECRI empfiehlt den Behörden von Liechtenstein dringend, eine umfassende Gesetzgebung zur Bekämpfung von direkter oder indirekter Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, ethnischer Abstammung, Staatsangehörigkeit, Religion oder Sprache in wichtigen Lebensbereichen, wie Beschäftigung, Wohnen, öffentliche und private Dienste, Gesundheit und Bildung, einzuführen. Eine solche Gesetzgebung sollte insbesondere den Grundsatz einer geteilten Beweislast vorsehen.

34. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden, die Öffentlichkeit im Rahmen von Aufklärungskampagnen über die bestehenden Bestimmungen zum Verbot der Rassendiskriminierung und über alle Bestimmungen zu informieren, die zukünftig verabschiedet werden. ECRI stellt fest, dass bisher solche Kampagnen noch nicht durchgeführt wurden.

35. ECRI wiederholt ihre Empfehlung an die Behörden, die Öffentlichkeit im Rahmen von Aufklärungskampagnen über die bestehenden Bestimmungen zum Verbot der Rassendiskriminierung und über alle Bestimmungen zu informieren, die zukünftig verabschiedet werden. Dies sollte auf alle relevanten Akteure abzielen, u.a. Arbeitgeber, Vermieter und Dienstleister, und sollte diese über die Folgen von Handlungen rassistisch motivierter Diskriminierung aufklären.

Antidiskriminierungsstellen und Antidiskriminierungspolitik

36. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden von Liechtenstein, die Unabhängigkeit der Stabsstelle für Chancengleichheit von der Regierung zu garantieren und zu erwägen, die Befugnisse der Stabsstelle auszuweiten, um sicherzustellen, dass diese als Mediator agieren oder die Täter von Rassendiskriminierung sanktionieren kann. Allgemein lenkte ECRI die Aufmerksamkeit der Behörden auf ihre GPR Nr. 2 über Fachorgane zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz auf nationaler Ebene.

37. Sorge bereitet nach wie vor die fehlende Unabhängigkeit der Stabsstelle für Chancengleichheit und deren begrenzte Befugnisse, sich mit Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz auf effiziente Weise zu befassen. In dieser Hinsicht verweist ECRI auf die Absätze 25 bis 28 ihres dritten Berichts über Liechtenstein und stellt weiterhin fest, dass das Mandat der Stabsstelle für Chancengleichheit und deren Webseite nicht ausdrücklich den Bereich Rassismus erwähnen. Die relevanten Gesetze begrenzten tatsächlich den Tätigkeitsbereich der Stabsstelle im Hinblick auf die Chancengleichheit von Mann und Frau, Migration und Integration, soziale Benachteiligung, Behinderung und sexuelle Orientierung. Dessen ungeachtet gab es seit dem dritten Bericht von ECRI einen Anstieg in der Zahl der Diskriminierungsbeschwerden, die bei der Stabsstelle für Chancengleichheit eingingen; vor allem 2008 und 2011 gingen acht Beschwerden wegen Diskriminierung ein, u.a. aufgrund von Religion, Abstammung und Staatsangehörigkeit. In diesem Zusammenhang war die Stabsstelle für Chancengleichheit in der Lage, beratend tätig zu werden oder die Beschwerden an andere Gremien weiterzuleiten.

38. Insbesondere im Hinblick auf die beratende Funktion der Stabsstelle für Chancengleichheit im Bereich Migration und Integration muss festgestellt werden, dass der Mitarbeiter, der diese Bereiche bearbeitete, 2008 kündigte und diese Position seither unbesetzt ist. Darüber hinaus wiesen die Behörden und die Zivilgesellschaft darauf hin, dass die Arbeitsaufteilung zwischen der Stabsstelle und dem Ausländer- und Passamt in diesem Bereich nicht eindeutig festgelegt ist (siehe Abschnitt über schutzbedürftige Gruppen, andere Nichtstaatsangehörige) und dass dies zu einer Abnahme der Anfragen und Beschwerden geführt hat, die der Stabsstelle im Bereich Integration vorgelegt wurden.

39. Allgemein haben verschiedenen Quellen darauf hingewiesen, dass die Stabsstelle für Chancengleichheit in den letzten Jahren sehr proaktiv gewesen sei, u.a. bei Fragen zu Integration und Migration; allerdings seien ihre Bemühungen durch fehlende Mittel und fehlendes Personal beschnitten worden. Im Februar 2012 bestand das Personal der Stabsstelle für Chancengleichheit aus ihrem Direktor[11], der in Teilzeit arbeitet, und einem vorübergehend beschäftigten Mitarbeiter, die beide im Juni 2012 ihre Arbeit niederlegen mussten. Darüber hinaus wurden, was die Umsetzung der Programme im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung von Rassismus betrifft, für die die Stabsstelle für Chancengleichheit seit 2007 zuständig ist (siehe Abschnitt 25 über den dritten Bericht von ECRI), aufgrund der oben angeführten Gründe nahezu keine der von der Stabsstelle geplanten Aktivitäten durchgeführt. Zu diesen gehörten: Eine Kampagne über religiöse Vielfalt, eine Studie über die Situation der muslimischen Bevölkerung und eine interkulturelle Abteilung in der kommunalen Bücherei.

40. ECRI wurde auch informiert, dass die Regierung einen Verwaltungsreformplan genehmigt hat, der die Auflösung der bestehenden Stabsstelle für Chancengleichheit und die Übertragung einiger oder aller ihrer Aufgaben auf eine neue Stelle für soziale Angelegenheiten innerhalb des Ministeriums für Soziales, Familie und Chancengleichheit vorsieht. Es ist des Weiteren geplant, einen unabhängigen Gleichstellungsbeauftragten einzusetzen, dessen Mandat u.a. die Entgegennahme und Bearbeitung von Beschwerden, eine beratende Tätigkeit und die Durchführung von Studien einschließt. Die Behörden haben ECRI nicht darüber informiert, ob der neue Gleichstellungsbeauftragte für die Bereiche Rassismus und Rassendiskriminierung zuständig sein wird oder ob, ganz im Gegenteil, die neue Stelle für soziale Angelegenheiten mit dieser Aufgabe betraut wird. Bedenken wurden seitens der Zivilgesellschaft und bestimmter Behörden geäußert, dass die hierarchische Unterstellung der Stelle für soziale Angelegenheiten im Ministerium für Soziales in erheblichem Maße die unabhängige Bearbeitung von Beschwerden und eine unabhängige Beratung beeinträchtigen würde.

41. ECRI empfiehlt den Behörden von Liechtenstein, eindeutig die jeweiligen Zuständigkeiten der neuen Stelle für soziale Angelegenheiten und des Gleichstellungsbeauftragten festzulegen, und insbesondere Letzteren zur nationalen Fachstelle für die Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung zu erklären. Sie betont die Notwendigkeit sicherzustellen, dass diese Stelle vollständig unabhängig und u.a. für Folgendes verantwortlich ist: Anhören und Bearbeiten von Beschwerden, Unterstützung von Opfern, Einleiten und Teilnahme an Gerichtsverfahren, Überwachung der Gesetzgebung, Beratung der Justiz- und Exekutivbehörden, Aufklärung über Fragen von Rassismus und Rassendiskriminierung und Förderung von politischen Ansätzen und Praktiken, die eine Gleichbehandlung gewährleisten, gemäß der Allgemeinen politischen Empfehlungen Nr. 2
(GPR No. 2) von ECRI.

42. In ihrem dritten Bericht hat ECRI den Behörden von Liechtenstein dringend empfohlen, durch langfristige Strategien, die über den fünfjährigen Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus hinausreichen, alle Formen von Rassismus zu bekämpfen, von rassistischen Stereotypen und Vorurteilen bis zu gewalttätigen Formen.

43. ECRI stellt fest, dass es keine langfristige Politik zur Bekämpfung von Rassendiskriminierung gibt. Es wurden jedoch zwei Initiativen, die in anderen Abschnitten dieses Berichts beschrieben werden, gestartet, i.a.: Die Kampagne über Vielfalt und die Kampagne gegen rassistische Gewalt (siehe Absatz 98 bzw. 63). ECRI unterstreicht die Notwendigkeit, eine Politik zu entwerfen, welche neben rassistischer Gewalt auch in umfassender Weise rassistische Diskriminierung im Alltag bekämpft.

44. ECRI empfiehlt den Behörden von Liechtenstein, eine nationale Politik zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, ethnischer Abstammung, Staatsangehörigkeit, Religion und Sprache im Alltag zu formulieren.

II. Diskriminierung in verschiedenen Bereichen

Bildung

45. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden, ihre Bemühungen zu verstärken, ein Schulsystem zu etablieren, das allen Kindern mit Migrationshintergrund, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, gleiche Chancen beim Zugang zu Bildung, einschließlich höherer Bildung, und letztendlich Zugang zu Beschäftigung garantiert.

46. ECRI stellt zufrieden fest, dass einige Initiativen von den Behörden ergriffen wurden, die dem Geist der Empfehlung von ECRI entsprechen. Zwei dieser Initiativen wurden bereits im dritten Bericht von ECRI beschrieben, i.e. vor der Eingliederung in normale Klassenverbände die Bereitstellung von Deutschintensivkursen für junge Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, und die sechs bis zwölf Monate dauern, und anschließend Ergänzungskurse in Deutsch vom Kindergarten bis zum Ende der Schulpflicht, maximal sieben Jahre. Zusätzlich zum Obigen wurden seit dem dritten Bericht von ECRI mehrere Maßnahmen verabschiedet, um die Chancengleichheit beim Zugang zur Bildung zu stärken: Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, müssen ein zweites Jahr im Kindergarten absolvieren, in dem sie einen an ihre Bedürfnisse angepassten Deutschunterricht erhalten, und seit 2009 ist Deutsch die offizielle Unterrichtssprache in allen Stufen der Schule, einschließlich Kindergarten[12], um die Integration der Schüler mit Migrationshintergrund zu erleichtern. Des Weiteren haben die Behörden von Liechtenstein ECRI informiert, dass die Zahl der Ganztagsschulen, die Lehrer- und Hausaufgabenbetreuung anbieten, gestiegen ist. Diese Ganztagsschulen haben sich als wichtiges Instrument für Schüler mit Migrationshintergrund erwiesen, deren Eltern die deutsche Sprache nicht beherrschen und die in Folge ihre Kinder nicht bei den Hausaufgaben unterstützen können. In dieser Hinsicht wurde eine Reihe lobenswerter Initiativen ergriffen, die sich an Eltern von Schülern mit Migrationshintergrund wenden, um deren Sprachkenntnisse zu verbessern und deren Bewusstsein für die Bedeutung von Bildung zu schärfen. Insbesondere die Regierung hat die Initiative Mutter-Kind-Deutsch unterstützt, die vom Verband für interkulturelle Bildung ins Leben gerufen wurde, die im Rahmen von Deutschkursen darauf abzielt, die Integration von Frauen mit Migrationshintergrund und deren Kindern zu verbessern. Während diese Initiative im Zeitraum 2007-2009 lief, wurde 2010 eine ähnliche Initiative, die Deutschkurse für Mütter mit Migrationshintergrund anbietet, gestartet. Darüber hinaus wurde 2011 ein neues staatlich finanziertes Programm für türkische Eltern gestartet, das auf ein besseres Verständnis des Schulsystems sowie auf eine Anleitung zur Unterstützung ihrer Kinder in der Schule abzielt.[13] Dieses Programm wurde vom Verband türkischer Frauen initiiert, u.a. um das Problem der Überrepräsentation von Schülern mit türkischer Abstammung in der Oberschule (siehe Absatz 47) anzusprechen und eine Lösung für dieses Problem zu finden. Der Kurs wird Sonntags angeboten, damit alle Personen, die arbeiten müssen, daran teilnehmen können, und er wird von einer Person angeboten, die Türkisch spricht und die mit den Problemen dieses Teils der Bevölkerung im Bereich Bildung vertraut ist. Die Behörden haben ECRI informiert, dass andere Projekte, die sich an Eltern von Schülern mit Migrationshintergrund in der Primarschule richten, umgesetzt werden, die sie ermutigen, sich an der Bildung ihrer Kinder zu beteiligen und ihnen zu Hause vorzulesen.

47. Ungeachtet der obenstehenden Maßnahmen zeigt eine internationale Bildungsbeurteilung (PISA), dass die Ergebnisse von Migrantenschülern signifikant niedriger sind als von anderen Schülern aus Liechtenstein. Darüber hinaus gibt es nach wie vor eine Überrepräsentation von Schülern mit bestimmtem Migrationshintergrund in der unteren Stufe (Stufe 1) der Sekundarschule (Oberschule) und in Sonderschulen. Die Behörden haben ECRI davon in Kenntnis gesetzt, dass insbesondere die Schüler, die zu den folgenden Gruppen gehören, die Oberschule besuchen: 58% der Schüler mit türkischer Staatsangehörigkeit, 55% der Schüler aus Ost- und Südeuropa, 22% der Schüler aus Westeuropa und Amerika und 15% der Schüler aus Liechtenstein. Die Behörden haben auch bestätigt, dass 25% der Schüler, die die Oberschule besuchen, über geringere geistige Fähigkeiten verfügen und 50% einen speziellen Förderbedarf aufweisen. Die Schüler werden in der fünften Klasse von den Lehrern einer konkreten Sekundarschule (Stufe I) zugewiesen; sollten die Eltern der Schüler der Beurteilung des Lehrers widersprechen, bestimmt abschließend ein Test den Schultyp. Da die drei Schulen der Sekundarstufe (Stufe I) Zugang zu unterschiedlichen beruflichen Perspektiven eröffnen und der Wechsel zu einer anderen Schule nur begrenzt möglich ist[14], können die Lebensaussichten besonders beeinflusst und in bestimmten Fällen auch beeinträchtigt werden. Es gibt eine übereinstimmende Haltung in Liechtenstein hinsichtlich der Mängel und der mangelnden Fairness des oben genannten Schulsystems und die Regierung hat versucht, diese durch eine Gesetzesreform zu beheben. Allerdings wurden bei einem Referendum im März 2009 die Gesetzesänderungen von 52% der Wähler (bei einer Zustimmungsrate von 47%) abgelehnt. Vertreter schutzbedürftiger Migrantengruppen haben unterstrichen, dass die am stärksten vom Schulsystem betroffenen Migrantengemeinden nicht die Gelegenheit erhielten, am Referendum teilzunehmen, weil nur wenige eingebürgerte Staatsbürger von Liechtenstein sind. Nach Auswertung des Referendums haben die Behörden ECRI informiert, dass die Bemühungen zur Reformierung dieses Systems fortgesetzt werden. Insbesondere gibt es den Vorschlag, den Wechsel von der Realschule zum Gymnasium zu erleichtern und die Entscheidung, welchem Schultyp der Sekundarstufe die Schüler zugewiesen werden, bis zum Alter von 11 Jahren (achte Klasse) zu verschieben. [15]

48. ECRI nimmt die Ergebnisse des Referendums zur Kenntnis, ist aber der Meinung, dass dieses dreiteilige Schulsystem in der Praxis die Lebenschancen der Migrantenkindern beeinträchtigt. Während auf einen Wandel der öffentlichen Meinung gewartet wird, die die Abschaffung des dreigeteilten Systems favorisiert, drängt ECRI die Behörden sicherzustellen, dass der Wechsel zwischen den unterschiedlichen Schultypen so flexibel wie möglich gestaltet wird. Darüber hinaus sollten die Behörden weiterhin alle an die Eltern und Kinder von Migrantenfamilien gerichteten Aktivitäten stärken, die in Absatz 46 erwähnt sind, damit die Überrepräsentation von Schülern mit einem solchen Hintergrund in der Oberschule eingegrenzt wird.

49. ECRI drängt die Behörden von Liechtenstein sicherzustellen, dass der Transfer zwischen den verschiedenen Ebenen der Sekundarschule (Stufe I) so flexibel wie möglich ist, um die Chancen der Schüler nicht zu beeinträchtigen. Darüber hinaus empfiehlt ECRI den Behörden, weiterhin alle in den obigen Absätzen genannten Aktivitäten, die sich an Eltern und Schüler mit Migrationshintergrund richten, zu stärken, um die Überrepräsentation dieser Schüler in der Oberschule zu begrenzen.

50. In ihrem dritten Bericht empfiehlt ECRI den Behörden, Sprachkurse in der Muttersprache der Kinder mit Migrationshintergrund, sofern sie nicht Deutsch ist, finanziell zu fördern. ECRI stellt fest, dass das Integrationskonzept (siehe Abschnitt über andere Nichtstaatsangehörige) und dessen Maßnahmenplan die Stärkung von Mehrsprachigkeit einschließt, indem es den Unterricht in der Muttersprache und Kultur der Schüler stärkt[16]. ECRI begrüßt diese Initiative und fordert die Behörden auf, diese fortzuführen.

Beschäftigung

51. Obwohl es laut Behörden keine empirischen Beweise gibt, die belegen, dass Migranten besonderen Schwierigkeiten bei der Suche nach Beschäftigung ausgesetzt sind, wurden der ECRI von der Zivilgesellschaft anekdotische, aber übereinstimmende Berichte über Diskriminierung beim Zugang zu Beschäftigung sowie bei der Entlohnung vorgelegt. Im Bereich Diskriminierung bei der Einstellung wurden auch Fälle gemeldet, in denen Frauen muslimischen Glaubens eine Beschäftigung oder eine Ausbildung aufgrund des Kopftuchs verweigert wurden. Die diskriminierende Absicht war offensichtlich, da die Arbeitgeber mutmaßlich offen gefragt hatten, ob sie bereit wären, ihr Kopftuch während der Arbeit abzulegen, oder sie hatten das Tragen eines Kopftuches als Grund für die Weigerung angegeben, diese Personen zu beschäftigen. ECRI wurden auch Fälle von Diskriminierung aufgrund der Sprache gemeldet. Insbesondere im Baugewerbe gab es Fälle, in denen allen Mitarbeitern ein Bonus gezahlt wurde, außer jenen, die nicht die deutsche Sprache beherrschten. In ähnlicher Weise gab es im selben Bereich Fälle, in denen der Arbeitgeber jenen Mitarbeitern, die nicht Deutsch sprachen, nicht die Beträge auszahlte, die in Zusammenhang mit einer Versicherung für Schlechtwettergeld fällig waren. Allgemein zeigt die für das Jahr 2008 verfügbare Statistik eine Lücke von ca. 10% zwischen den mittleren Löhnen von Liechtensteiner Bürgern und Ausländern. Die oben genannten Berichte legen nahe, dass dringend umfassende zivil- und verwaltungsrechtliche Bestimmungen zum Diskriminierungsverbot aufgrund von Hautfarbe, ethnischer Abstammung, Religion oder Sprache in allen Lebensbereichen, einschließlich aller Phasen der Beschäftigung, benötigt werden, um diskriminierendes Verhalten seitens der Arbeitgeber zu verhindern und den Opfern Rechtsmittel an die Hand zu geben. Sobald diese Bestimmungen eingeführt sind, sollte eine Aufklärungskampagne durchgeführt werden, die die Arbeitgeber über die Folgen diskriminierender Handlungen informiert.

52. ECRI wurde unterrichtet, dass große Unternehmen Deutschkurse anbieten und finanzieren, auch während der Arbeitszeit. Sie führen außerdem Aufklärungskampagnen über Vielfalt und Informationsveranstaltungen für neu eingestellte Migranten durch, und manche Unternehmen helfen ihren Mitarbeitern durch einen Integrationsmanager bei Hürden, auf die sie bei ihrer Integration in Liechtenstein stoßen. Obwohl ECRI diese Initiativen begrüßt, stellt sie fest, dass kleinere Unternehmen und Unternehmen, die im Niedriglohnsektor tätig sind, keine Unterstützung im Hinblick auf das Erlernen der deutschen Sprache oder bei der Integration der Mitarbeiter in die Gesellschaft gewähren. ECRI stellt fest, dass ein Sprachunterricht den Mitarbeitern ermöglichen würde, sich besser mit ihren Rechten im Bereich Beschäftigung vertraut zu machen und sie dementsprechend weniger anfällig für diskriminierende Praktiken wären.

53. ECRI ruft die Behörden auf, weiterhin Deutschkurse am Arbeitsplatz für alle Menschen zu finanzieren und anzubieten, die diese benötigen, damit sie sich in die Liechtensteiner Gesellschaft integrieren können.

Wohnen

54. Wie bereits in ihrem dritten Bericht wurde ECRI auch dieses Mal davon in Kenntnis gesetzt, dass Personen muslimischen Glaubens, insbesondere Frauen, die ein Kopftuch tragen, Mietwohnungen aufgrund ihrer ethnischen Abstammung und Religion verweigert wurden. Das diskriminierende Motiv war in Fällen erkennbar, in denen die Vermieter offen angaben, sie wünschten keine muslimischen Frauen mit Kopftuch als Mieterinnern, oder sich, als sie entdeckten, dass die Frauen des Haushalts Kopftuch trugen, sich gegen die Vermietung entschieden. Fälle von Diskriminierung im Bereich Wohnen wurden auch von Arbeitnehmervertretern bestätigt, die ECRI informierten, dass einige Arbeitgeber ausländische Mitarbeiter unterstützen, da Personen mit fremdländischem Namen bei der Wohnungssuche größere Schwierigkeiten haben als Personen, die aus Liechtenstein stammen. Die Behörden haben ebenfalls bestätigt, dass bestimmte Nichtstaatsangehörige und Personen bestimmter ethnischer Herkunft bei der Wohnungssuche benachteiligt sein könnten. Sie betonten jedoch, dass letztendlich alle eine Wohnung finden, da es in Liechtenstein ausreichend Wohnraum gibt. Die Behörden haben ECRI auch berichtet, dass keine Maßnahmen ergriffen wurden, um diskriminierende Praktiken in diesem Bereich zu unterbinden, da die Eigentümerentscheidung, Wohnraum zu vermieten, Privatangelegenheit sei. ECRI stellt diesbezüglich fest, dass das Integrationskonzept 2010 (siehe Abschnitt über Andere Nichtstaatsangehörige in diesem Bericht) sich auf die Notwendigkeit konzentriert, Migranten über die Erwartungen der Vermieter aufzuklären und keine Maßnahme vorsieht, die Letztere auf ein Diskriminierungsverbot aufmerksam macht. In diesem Zusammenhang finden die in Absatz 51 bezüglich der Notwendigkeit für einen umfassenden zivil- und verwaltungsrechtlichen Rahmen im Bereich Diskriminierungsverbot und eine entsprechende Aufklärungskampagne gemachten Beobachtungen u.a. auch Anwendung auf den Bereich Wohnen.

Gesundheit

55. ECRI sind in Bezug auf schutzbedürftige Gruppen in Liechtenstein keine spezifischen Schwierigkeiten im Bereich Gesundheit bekannt. ECRI freut sich, dass einmal eine Gesundheitskampagne gegen Depression in Türkisch durchgeführt wurde, um ein Gesundheitsrisiko anzusprechen, das in dieser Gemeinde vorlag.

Zugang zu öffentlichen und privaten Diensten

56. ECRI wurde von den Liechtensteiner Behörden mitgeteilt, dass gemäß Sozialversicherungsgesetz Nichtstaatsangehörige, die sich rechtmäßig im Land aufhalten, Anspruch auf Sozialleistungen haben. Ein gleicher Zugang zu Sozialhilfe war ebenfalls eines der genannten Ziele der Integrationspolitik 2007 der Regierung (siehe Absatz 41 des dritten Berichts von ECRI). §§ 27(3) und (4), 49 und 69 Ausländergesetz, in seiner gültigen Fassung vom 16. März 2011[17], haben jedoch eindeutige diskriminierende Auswirkungen, die der oben genannten Politik widersprechen[18]. Laut § 27 hat ein Nichtstaatsangehöriger Anspruch auf eine Daueraufenthaltsgenehmigung, wenn sie/er u.a. in den vorausgegangenen zwei Jahren vor Antragstellung keine Sozialleistungen erhalten hat und wenn sie/er über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, die sicherstellen, dass sie/er keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen muss. Gemäß § 49 kann eine Daueraufenthaltsgenehmigung u.a. zurückgezogen werden, wenn der Nichtstaatsangehörige oder einer seiner Familienangehörigen dauerhaft und in erheblichem Umfang von Sozialhilfe abhängig ist. Um die Anwendung von § 49 sicherzustellen, besagt § 69(2)(e) desselben Gesetzes, dass das Sozialamt die Ausländer- und Passbehörde (die für das Ausstellen der Aufenthaltsgenehmigungen zuständig ist) informieren muss, wenn eine Person mehr als 75.000 Schweizer Franken an Sozialleistungen erhält[19]. Obwohl § 69 Ausländergesetz keinerlei Ausführungen über die Nachverfolgung seitens der Ausländer- und Passbehörde enthält, haben die Behörden betont, dass dies nicht automatisch zur Aufhebung einer Aufenthaltsgenehmigung führt. Laut den Behörden muss die Ausländer- und Passbehörde die Gründe für den Bezug von Sozialleistungen und die Verhältnismäßigkeit der Folgen für die betreffende Person berücksichtigen, die sich aus einer Aufhebung der Aufenthaltsgenehmigung ergeben würden. Darüber hinaus können die Entscheidungen der Ausländer- und Passbehörde von einem Verwaltungsgericht geprüft werden[20]. ECRI wurde jedoch von anderen Vertretern der Behörden und der Zivilgesellschaft informiert, dass als Folge einer Anwendung dieser Bestimmungen eine Migrantenfamilie einen Abschiebebescheid erhielt und zwei andere Personen die Abschiebung angedroht wurde. Einer dieser Fälle betrifft eine Person, die in einer therapeutischen Einrichtung lebt und medizinische Betreuung braucht; der andere Fall betrifft eine Person, die seit zwanzig Jahren im Land lebt, gut in Liechtenstein integriert ist und eine Daueraufenthaltsgenehmigung hat. ECRI teilt die von den Behörden und der Zivilgesellschaft geäußerten Bedenken, dass die oben genannten Bestimmungen jene Personen benachteiligen, die besonders schutzbedürftig sind, i.e. Nichtstaatsangehörige, die krank oder älter sind oder an Behinderungen leiden. Die aktuelle Formulierung des Gesetzes kann in der Tat dazu führen, dass Personen, aus Angst, keine Daueraufenthaltsgenehmigung zu erhalten oder diese zu verlieren oder aus dem Land abgeschoben zu werden, von der Beantragung von Sozialleistungen absehen und somit zur Verschärfung ihrer Lebensumstände beitragen. Allgemein birgt die vage Formulierung der §§ 69 und 49 Ausländergesetz das Risiko willkürlicher Entscheidungen bezüglich des rechtmäßigen Verbleibs oder des Status von Ausländern.

57. ECRI empfiehlt den Liechtensteiner Behörden dringend, die folgenden Bestimmungen des Ausländergesetzes aufzuheben. § 49, der besagt, dass eine Daueraufenthaltsgenehmigung zurückgezogen werden kann, wenn der Nichtstaatsangehörige oder sein/ihr Angehöriger u.a. dauerhaft und in einem erheblichen Umfang von Sozialhilfe abhängig ist; § 69 (2)(e), der die Pflicht des Sozialamts anführt, die Ausländer- und Passbehörde über alle Personen zu informieren, die mehr als 75.000 Schweizer Franken Sozialleistungen erhalten, und § 27 (3) und (4), der besagt, dass der Erhalt von Sozialleistungen ein Hindernis für den Erhalt einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung darstellt.

58. Im Hinblick auf den Bezug privater Dienste wurde ECRI davon in Kenntnis gesetzt, dass türkische und kosovarische Staatsbürger[21][22] höhere Versicherungsprämien zahlen müssen (im Bereich von 35%) als Staatsangehörige aus Liechtenstein. Die Versicherungsunternehmen behaupten, dass laut Statistik Staatsbürger dieser Länder häufiger an Autounfällen beteiligt sind. ECRI stellt fest, dass diese Praxis offen diskriminierend ist, bei der allein aufgrund der Staatsangehörigkeit Behauptungen aufgestellt und Personen benachteiligt werden.

59. ECRI empfiehlt den Liechtensteiner Behörden dringend, das System der in Liechtenstein geltenden Kfz-Versicherungsprämien zu überprüfen, die gegenwärtig gestattet, unterschiedliche Prämien aufgrund der Nationalität des Fahrers zu verlangen, und Schritte zu ergreifen, um die diskriminierende Praxis auf der Grundlage der Staatsangehörigkeit in diesem Bereich zu beenden.

III. Rassistische Gewalt

60. Seit dem dritten Bericht von ECRI wurde einige rassistisch motivierte Gewalttaten von Personen begangen, die vorwiegend mit der rechtsextremen Szene in Liechtenstein verbunden werden; die Zwischenfälle und die damit verbundenen Entscheidungen wurden in Absatz 20 dieses Berichts beschrieben. Darüber hinaus wurde ECRI informiert, dass im Berichtszeitraum Swastikas und andere rechtsextremistische Symbole in verschiedenen Städten als Graffiti gesprüht wurden, wobei Schaden an öffentlichem und privatem Eigentum entstand.

IV. Rechtsextremismus

61. In ihrem dritten Bericht hat ECRI die Behörden nachdrücklich die Bemühungen der Behörden zur Bekämpfung gewalttätiger Formen des Rassismus unterstützt, z. B. Rechtsextremismus, und empfohlen, diese durch Langzeitstrategien zu verfolgen. Sie hat des Weiteren den Behörden empfohlen, ihre Aufklärung der Schüler über die Notwendigkeit, Rassismus zu bekämpfen, insbesondere rassistische Gewalt und Rechtsextremismus, fortzusetzen.

62. ECRI stellt fest, dass eine rechtsextreme Gruppe von ca. 30 bis 40 Personen weiterhin in Liechtenstein aktiv ist. Studien, die von der Regierung in Auftrag gegeben wurden, zeigen, dass diese Personen häufig gut in die Liechtensteiner Gesellschaft integriert und eng mit der rechtsextremen Szene in Deutschland und Österreich verbunden sind. Obwohl sie Straftaten begangen (siehe Absätze 20 und 60) und Handzettel produziert haben, die rechtsextreme Ansichten befürworteten, verfügen diese Gruppen über keine politische Stärke und sind im Parlament nicht vertreten. Insbesondere bezüglich der Verteilung von Handzetteln an Haushalte in Liechtenstein gaben sich die Verantwortlichen alle Mühe, nicht ihre Identität preiszugeben und formulierten den Inhalt auf eine Weise, die es den Behörden nicht gestattete, Strafanzeige wegen rassistischer Diskriminierung zu erstatten.

63. ECRI stellt fest, dass die oben beschriebenen kriminellen Aktivitäten, u.a. gewalttätige Handlungen, ein gutes Argument für das Fortführen der engen Überwachung der rechtsextremen Szene sind. In diesem Zusammenhang ist ECRI erfreut, dass die Kommission gegen Gewalt[23] (siehe Absatz 76 im dritten Bericht von ECRI) ihre Arbeit über die Bekämpfung des Rechtsextremismus fortgesetzt hat. Dieses Gremium gab eine Studie über Rechtsextremismus in Liechtenstein in Auftrag, die am 16. September 2009 veröffentlicht wurde. Diese Studie wurde auf der Grundlage von Interviews mit Experten, von Rechtsextremismus betroffenen Personen sowie Rechtsextremen durchgeführt. Sie enthält eine Reihe von Empfehlungen, die in den von der Regierung verabschiedeten Aktionsplan gegen Rechtsextremismus 2010-2015 aufgenommen wurden und sich auf Folgendes beziehen: Aufklärungsmaßnahmen in Bezug auf die Öffentlichkeit als Ganzes und Aufforderung an die politischen Akteure, sich für eine offene Gesellschaft einzusetzen; die Ausbildung relevanter Fachleute (Sozialarbeiter, Pädagogen, Richter, Staatsanwälte, Polizeibeamte, private Sicherheitsdienstmitarbeiter und kommunale Behörden) im Umgang mit Rechtsextremismus; Beratung und Hilfsdienste für Personen, die unter den Einfluss von Rechtsextremismus geraten sind; die Verfolgung der Täter und Unterstützung der Personen, die die rechte Szene verlassen wollen; Dokumentieren und Analysieren der Situation und frühzeitiges Erkennen rechtsextremer Tendenzen[24]. ECRI wurde informiert, dass von den oben erwähnten Maßnahmen eine an die Öffentlichkeit gerichtete Aufklärungskampagne über Rechtsextremismus gestartet wurde[25]; in gewissem Umfang gab es ein Training für Polizeibeamte und Staatsanwälte; es wurde eine interdisziplinäre Expertengruppe eingerichtet, um im Bereich Rechtsextremismus beratend tätig zu werden; das Liechtenstein-Institut wurde damit beauftragt, die rechtsextremen Entwicklungen jährlich zu überwachen, und es wurde eine Informationsveranstaltung für Eltern zu diesem Thema durchgeführt. ECRI empfiehlt im Hinblick auf die Bemühungen der Behörden, eine umfassende Strategie im Bereich Rechtsextremismus zu verabschieden, und fordert sie auf, die geplanten Maßnahmen in vollem Umfang umzusetzen. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Notwendigkeit gewidmet werden, das Bewusstsein der Schüler für die Notwendigkeit zu schärfen, rassistische Gewalt und Rechtsextremismus zu bekämpfen.

64. ECRI empfiehlt den Liechtensteiner Behörden, die laut Aktionsplan gegen Rechtsextremismus geplanten Maßnahmen in vollem Umfang umzusetzen und das Bewusstsein der Schüler für die Notwendigkeit zu schärfen, rassistische Gewalt und Rechtsextremismus zu bekämpfen.

V. Schutzbedürftige Gruppen/Zielgruppen

Muslimische Gemeinschaften

65. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden dringend, in wirksamer Weise rassistische Stereotypen und Vorurteile sowie andere Manifestationen religiöser Intoleranz seitens der Mitglieder der Mehrheitsbevölkerung gegen Mitglieder der muslimischen Gemeinschaften zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang lenkte ECRI die Aufmerksamkeit der Behörden von Liechtenstein auf ihre Allgemeine politische Empfehlung Nr. 5 über die Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung von Muslimen, die eine detaillierte Anleitung über die Maßnahmen enthält, die in diesem Bereich ergriffen werden sollten.

66. ECRI stellt fest, dass die Arbeitsgruppe für die Integration von Muslimen, die im dritten Bericht von ECRI beschrieben wurde (siehe Absatz 84), weiterhin ihre Aufgabe als Plattform für einen Dialog zwischen der muslimischen Gemeinschaft [26] und den Behörden erfüllt. ECRI hat jedoch beobachtet, dass außer der Arbeitsgruppe keine konkreten Aktionen durchgeführt wurden, um rassistische Stereotypen und Vorurteile gegen die muslimische Bevölkerung zu bekämpfen. Zwischenfälle mutmaßlicher Diskriminierung in den Bereichen Wohnen, Beschäftigung, Bildung und Dienste wurden im Berichtsabschnitt über Diskriminierung in verschiedenen Bereichen beschrieben. ECRI hat auch auf eine Reihe rassistisch motivierte körperliche Angriffe von Personen mutmaßlich muslimischen Glaubens und/oder deren Eigentum hingewiesen, zu finden im Berichtsabschnitt über strafrechtliche Bestimmungen. Schließlich erreichten ECRI noch Berichte der Zivilgesellschaft über Fälle, in denen Frauen, die ein Kopftuch trugen, in Bussen und Schüler in Schulen verbal angegriffen wurden. Angesichts des Vorstehenden ist ECRI der Meinung, dass umfangreichere Schritte zur Bekämpfung von Vorurteilen gegen diese Gemeinschaft notwendig sind, wobei auf die Allgemeine politische Empfehlung Nr. 5 (GPR No. 5.) zurückgegriffen werden sollte. Vor allem werden, neben der Umsetzung und/oder Anwendung der strafrechtlichen, zivilrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Gesetze gegen Rassismus und rassistische Diskriminierung, Aufklärungskampagnen auf lokaler und nationaler Ebene empfohlen, um die Akzeptanz und das Verständnis für diese Gemeinschaft zu erhöhen.

67. ECRI wiederholt ihre Empfehlung an die Behörden in Liechtenstein, Vorurteile gegenüber der muslimischen Gemeinschaft wirksam zu bekämpfen und sich diesbezüglich von der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 5 (GPR No. 5.) inspirieren zu lassen. Vor allem werden, neben der Umsetzung und/oder Anwendung der strafrechtlichen, zivilrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Gesetze gegen Rassismus und rassistische Diskriminierung, Aufklärungskampagnen auf lokaler und nationaler Ebene empfohlen, um die Akzeptanz und das Verständnis für diese Gemeinschaft zu erhöhen. In diesem Zusammenhang empfiehlt ECRI den Behörden, die von der Stabsstelle für Chancengleichheit im Rahmen des Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus geplanten Aktivitäten fortzuführen, i.e.: eine Kampagne über religiöse Vielfalt, eine Studie über die Situation der muslimischen Bevölkerung und eine interkulturelle Abteilung in der kommunalen Bibliothek.

68. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden, ihre Bemühungen und ihren Dialog mit Vertretern der muslimischen Gemeinschaften fortzusetzen, um Lösungen für alle Hürden zu finden, mit denen die Mitglieder konfrontiert sind, die an religiösen und kulturellen Aktivitäten teilzunehmen wünschen.

69. ECRI stellt fest, dass es weiterhin an geeigneten Räumlichkeiten für religiöse und kulturelle Aktivitäten sowie Friedhöfen mangelt, auf denen die Verstorbenen gemäß muslimischer Sitte beigesetzt werden können. In Bezug auf Ersteres behaupten Vertreter der muslimischen Gemeinschaften, dass sie 2010 gezwungen wurden, die Nutzung eines Gebetsraumes aufgrund Nichteinhaltung der städtebaulichen Verordnung für dieses Gebiet aufzugeben, obwohl man ihnen zuvor die Konformität bestätigt hatte. Laut diesen Vertretern wurde in den folgenden zwei Jahren kein geeigneter kultureller/Gebetsraum gefunden. Darüber hinaus wollte kein Rechtsanwalt ihre Sache vor Gericht vertreten, wodurch sie den Eindruck gewannen, von der Gesellschaft ausgegrenzt zu sein. ECRI ist der Meinung, die Behörden sollten diesbezüglich den Dialog mit dieser Gemeinschaft fortführen, um den Inhalt ihrer Beschwerden zu bestimmen und eine geeignete Lösung zu finden. ECRI stellt des Weiteren fest, dass es bezüglich des Baus einer Moschee keine Entwicklungen gegeben hat. Laut den Vertretern der muslimischen Gemeinschaft ist dies vorwiegend auf unzureichende Mittel für den Kauf eines Grundstücks und die Durchführung der erforderlichen Bauarbeiten zurückzuführen. ECRI wurde von den Behörden informiert, dass die muslimische Gemeinschaft keinerlei finanzielle Hilfen vom Staat erhält, weil sie es versäumt hat, sich als Dachorganisation zu organisieren, conditio sine qua non für den Bezug von Mitteln. ECRI erinnert in diesem Zusammenhang an das Urteil des EGMR im Fall Hasan und Chaush v. Bulgarien, Nr. 30985/96 vom
26. Oktober 2000, in dem es feststellte, dass ein staatliches Vorgehen mit dem Ziel, eine religiöse Gemeinschaft gegen ihren Willen zu einer einzelnen Organisation zusammenzufassen, einen Eingriff in die Religionsfreiheit darstellt.

70. Bezüglich der Gründung eines muslimischen Friedhofs in Liechtenstein und laut Information der Behörden, haben im Verlauf des Jahres 2011 bestimmte Kommunen[27] einen Kompromiss erzielt, laut dem ihre Friedhofkapellen für muslimische Begräbnisriten benutzt werden können. Nur Vaduz ging einen Schritt weiter, da sein Stadtrat im März 2009 zustimmte, den Muslimen
45 Grabstellen mit Ausrichtung nach Mekka in unbenutztem Boden zuzuweisen. Es scheint, es sind noch bauliche Maßnahmen erforderlich, bevor diese Grabstellen benutzt werden können und dass die kommunalen Stellen in Vaduz beabsichtigen, diese Stellen ausschließlich für Muslime aus Vaduz zu verwenden. ECRI lobt diese positiven Schritte, die von den Behörden ergriffen wurden, und fordert sie auf, einen Plan für einen Friedhof abzuschließen, die den Bedürfnissen aller Muslime in Liechtenstein Rechnung trägt.

71. ECRI empfiehlt den Behörden, alles Notwendige zu unternehmen, um der muslimischen Gemeinschaft geeignete Räumlichkeiten für die Ausübung ihrer Religion und Kultur zur Verfügung zu stellen. ECRI empfiehlt den Behörden des Weiteren, die Projekte für einen muslimischen Friedhof abzuschließen, auf dem Verstorbene muslimischen Glaubens aus allen Teilen des Landes begraben werden können.

Jüdische Gemeinschaft

72. Die jüdische Gemeinde in Liechtenstein besteht aus ca. 25 bis 35 Personen und hat keine antisemitischen Taten gemeldet. ECRI wurde informiert, dass mehrere Initiativen gestartet wurden, um das Bewusstsein für den Holocaust zu erhöhen und diesen zu gedenken. Neben den jährlichen Gedenkveranstaltungen am 27. Januar, erhalten mehrere Geschichtslehrer seit 2009 eine Fortbildung im Unterrichten des Holocaust in der internationalen Schule von Yad Vashem in Israel und widmen diesem Thema Unterrichtskurse. Darüber hinaus wurden für die Schüler in den Schulen zahlreiche Ausstellungen, Konzerte und Filmvorführungen organisiert. ECRI lobt die Behörden für diese positiven Initiativen.

Asylsuchende und Flüchtlinge

73. ECRI ist der Meinung, dass die Art und Weise, wie ein Land Asylsuchende behandelt, ein Hinweis darauf ist, in welchem Umfang es Ausländer willkommen heißt. Diesbezüglich stellt ECRI fest, dass es seit ihrem dritten Bericht über Liechtenstein einen Anstieg in der Zahl der Asylanträge gegeben hat, die in Liechtenstein gestellt wurden. Vor allem seit Januar 2008 wurden 516 Anträge eingereicht, acht Personen haben den Flüchtlingsstatus erhalten und
33 Anträge wurden abgelehnt (12 von diesen erhielten jedoch eine „temporäre Aufenthaltsgewährung”[28]). Der Höhepunkt der Asylanträge stand 2009 in Zusammenhang mit der Ankunft einer Gruppe von ca. 228 eritreischen und somalischen Asylsuchenden, die vermutlich von Menschenschmugglern ins Land gebracht wurden. 2012 gab es im Hoheitsgebiet von Liechtenstein
44 Asylsuchende, Flüchtlinge und Personen, die eine „temporäre Aufenthaltsgewährung“ erhielten.

74. ECRI wurde von den Behörden informiert, dass am 1. Juni 2012 ein neues Flüchtlingsgesetz in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz wurde u.a. verabschiedet, um den Rechtsrahmen an die neuen Verpflichtungen anzupassen, die sich aus der Mitgliedschaft Liechtensteins am Schengen-Abkommen und der Umsetzung von Dublin II[29] und der EURODAC-Verordnungen (ab Dezember 2011) ergeben.

75. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden, all jenen Asyl zu gewähren, die die aktuellen rechtlichen Bestimmungen erfüllen, und Stereotypen und Vorurteile gegen Asylsuchende und Flüchtlinge in der Mehrheitsbevölkerung zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang hat ECRI übereinstimmende Berichte erhalten, dass die Mehrzahl der in Liechtenstein eingereichten Asylanträge ohne Prüfung der Fakten als unzulässig abgewiesen wurde. Unzulässigkeitsentscheidungen wurden von den Behörden wie folgt begründet: Liechtenstein kann nur über die Schweiz und Österreich erreicht werden; es hat mit beiden Ländern Rückübernahmeabkommen unterzeichnet; und diese Länder gelten nach dem Flüchtlingsgesetz (in Kraft bis zum 31. Mai 2012) als sichere Drittstaaten. Bezüglich dieser Argumentation stellt ECRI fest, dass diese Unzulässigkeitsentscheidungen nicht gewährleisten, dass Asylsuchende in der Praxis die Gelegenheit erhalten, ihren Antrag in dem jeweiligen Land der Sache nach prüfen zu lassen, was sie dem Risiko der Zurückweisung und der Gefahr von Verfolgung oder Folter oder einer anderen grausamen, unmenschlichen oder herabwürdigenden Behandlung aussetzt. Insbesondere erinnert ECRI daran, dass seit Januar 2012 laut Dublin II-Verordnung Liechtenstein nicht mehr grundsätzlich das Kriterium „sicherer Drittstaat“ anwenden und die meisten Anträge als unzulässig abweisen darf[30]. Diese Verordnung legt tatsächlich eine Hierarchie von Kriterien fest, um den Staat zu ermitteln, der für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist. Das Kriterium des ersten Staates, dessen Hoheitsgebiet unrechtmäßig von einem Asylsuchenden betreten wurde, stellt lediglich die fünfte Priorität dar (und ist nur innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten ab dem illegalen Grenzübertritt anwendbar).

76. Der ECRI sind keine konkreten Maßnahmen bekannt, die von den Behörden verabschiedet wurden, um die Stimmung gegenüber Asylsuchenden und Flüchtlingen zu beurteilen oder um Stereotypen über Letztere zu bekämpfen.

77. Bezüglich der Ausbildung von Beamten, die für die Zulässigkeitsprüfung des Asylantrags zuständig sind, hat ECRI Berichte erhalten, die besagen, dass sie nicht ausreichend über die Gründe unterrichtet sind, warum Asylsuchende aus ihren Ländern fliehen, und dass sie in einigen Fällen Asylsuchenden das Asylverfahren verweigert haben (siehe auch Absatz 75)[31]. ECRI wurde auch unterrichtet, dass die oben genannten Beamten nicht ausgestattet sind, um Anträge schutzbedürftiger Frauen zu bearbeiten, die Opfer von Gewalt wurden[32]. Einerseits erachtet die ECRI die diesbezügliche Ausbildung als besonders wichtig und hofft, dass die Berechtigung dieser Kritik geprüft werden wird. Andererseits begrüßt ECRI die Tatsache, dass es nun ein Training zu den Verpflichtungen gibt, die aus der Dublin II-Verordnung resultieren.

78. ECRI empfiehlt den Behörden in Liechtenstein sicherzustellen, dass die Anträge der Asylsuchenden in Übereinstimmung mit der Dublin II-Verordnung auf ihre Begründetheit geprüft werden. Des Weiteren empfiehlt sie den Behörden, Maßnahmen für die Beurteilung der Einstellung gegenüber Asylsuchenden und Flüchtlingen und zur Bekämpfung von Stereotypen über sie zu ergreifen.

79. ECRI empfiehlt den Behörden in Liechtenstein sicherzustellen, dass alle Beamte, die für Asylentscheidungsverfahren zuständig sind, ein angemessenes Training erhalten, insbesondere im Hinblick auf die Realitäten, vor denen Asylsuchende fliehen, und im Hinblick auf ein Verfahren von Asylanträgen von Frauen, die ggf. Opfer von Gewalt wurden.

80. Bezüglich des Status der temporären Aufenthaltsgewährung, wie oben beschrieben (Fußnote 28 in diesem Bericht), ist ECRI äußerst besorgt, dass Personen, die keinen Anspruch auf Anerkennung als Flüchtling haben, die aber nichtsdestotrotz des internationalen Schutzes bedürfen, keinen positiven Schutzstatus bzw. subsidiären Schutz erhalten. Wie bereits erwähnt (siehe Absatz 73) ergibt sich, obwohl eine temporäre Aufenthaltsgewährung Personen gestattet, nach fünf Jahren Aufenthalt eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen, daraus rechtlich ein ausgesetzter Abschiebebescheid. Nach Meinung von ECRI und in Übereinstimmung mit internationalem Recht ist es grundsätzlich wichtig, einen separaten Status einzuführen, der anerkennt, dass es wesentliche Gründe für die Überzeugung gibt, dass die betreffende Person, wenn sie in ihr Herkunftsland abgeschoben wird, einem realen Risiko ausgesetzt wäre, schwerwiegenden Schaden zu erleiden, und der den betreffenden Personen konkrete Rechte gewährt. Ansonsten könnte die Bevölkerung diese Menschen als gescheiterte Asylsuchende betrachten, die kein Recht haben, im Land zu bleiben.

81. ECRI empfiehlt den Behörden in Liechtenstein dringend, neben dem Flüchtlingsstatus einen subsidiären Schutzstatus in die innerstaatliche Gesetzgebung aufzunehmen, der alle Personen einschließt, die internationalen Schutz brauchen.

82. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden in Liechtenstein, zur Unterstützung der Asylsuchenden bei den Gesprächen während des Asylverfahrens eine NGO, die sich auf Asylfragen spezialisiert hat, als Beobachter zuzulassen. Diesbezüglich wurde ECRI von der Zivilgesellschaft informiert, dass NGO`s nur beim zweiten Gespräch zugelassen werden, das von der Ausländer- und Passbehörde durchgeführt wird; ihrer Meinung nach rechtfertigt der Inhalt des ersten Gesprächs die Anwesenheit eines Beobachters. Bezüglich einer kostenlosen Rechtsberatung haben die Behörden ECRI informiert, dass diese den Asylsuchenden in der ersten Verfahrensphase durch einen unabhängigen Anwalt gewährt wird (bis zur Entscheidung des Antrags durch die Ausländer- und Passbehörde), der von der Ausländer- und Passbehörde bezahlt wird. Dieser Anwalt kann jedoch die Asylsuchenden nicht bei den relevanten Gesprächen vertreten. Dessen ungeachtet können jedoch bei komplexen Fällen (z. B. wenn die Entscheidung der Ausländer- und Passbehörde vom Ergebnis anderer Verfahren, z. B. Strafverfahren, abhängt) eine kostenlose Rechtsberatung und -vertretung (vom Staat finanziert) in der ersten Phase des Verfahrens gewährt werden, vorbehaltlich dass die Person nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt. Bezüglich der Einspruchsphase des Asylverfahrens kann eine Person, die einen negativen Bescheid erhalten hat, Rechtshilfe vom Staat beantragen, wenn sie nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt und der Einspruch eine gewisse Aussicht auf Erfolg hat. ECRI möchte betonen, wie wichtig es ist, dass, wenn den Asylsuchenden in der ersten Verfahrensphase eine kostenlose Rechtsberatung gewährt wird, eindeutige Erklärungen bereitgestellt werden müssen, wie man diese Rechtshilfe beantragt, um in der Einspruchsphase und auch in der ersten Phase, falls anwendbar, vertreten zu werden.

83. ECRI empfiehlt den Behörden in Liechtenstein, zur Unterstützung der Asylsuchenden bei den relevanten Gesprächen während des Asylverfahrens eine NGO, die sich auf Asylfragen spezialisiert hat, als Beobachter zuzulassen.

84. ECRI empfiehlt des Weiteren, dass, wenn den Asylsuchenden in der ersten Verfahrensphase eine kostenlose Rechtsberatung gewährt wird, eindeutige Erklärungen bereitgestellt werden müssen, wie man diese Rechtshilfe beantragt, um in der Einspruchsphase und auch in der ersten Phase, falls anwendbar, vertreten zu werden.

Andere Nichtstaatsangehörige

85. Am 1. Januar 2009 traten das neue Ausländergesetz und die damit verbundene Verordnung in Kraft. Dieses Gesetz findet Anwendung auf Nichtstaatsangehörige, die weder Staatsbürger des EWR noch Schweizer Staatsbürger sind (im Weiteren Drittstaatsangehörige) und die kein Aufenthaltsrecht aufgrund von familiären Verbindungen zu einer der oben genannten Kategorien von Staatsbürgern haben; es führt eine Reihe restriktiver Bestimmungen im Bereich Integration für diese Kategorie von Ausländern ein.

86. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden, Abstand davon zu nehmen, eine mit Sanktionen verbundene „Integrationsvereinbarung” einzuführen, und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Gefahr, dass dieses System kontraproduktive Folgen für den Integrationsprozess haben und zu einer wachsenden Stigmatisierung von Ausländern führen würde. Sie empfahl den Behörden stattdessen, jene Organisationen zu unterstützen, die erfolgreiche Erfahrungen in der Bereitstellung von Deutschkursen für Ausländer haben, und diese Deutschkurse kostengünstig und möglichst umfassend auf die Bedürfnisse der betroffenen Personen zuzuschneiden

87. ECRI stellt fest, dass nach dem neuen Ausländergesetz alle Drittstaatsangehörigen mit einer temporären Aufenthaltsgenehmigung[33], die gern eine Daueraufenthaltsgenehmigung hätten, eine Integrationsvereinbarung unterzeichnen müssen[34]. Diese verlangt von Nichtstaatsangehörigen das Bestehen einer Prüfung in der deutschen Sprache der Stufe A2 und eine Staatskundeprüfung über das Funktionieren und die Grundlagen des Staates. Darüber hinaus wird das Versäumnis, die Integrationsvereinbarung zu erfüllen, als mangelnde Bereitschaft zur Integration ausgelegt und stellt gemäß §§ 26 und 48 Ausländergesetz einen Grund für die Aufhebung der Aufenthaltsgenehmigung dar. Obwohl es laut Behörden bisher keine Verstöße gab, ist ECRI besorgt, dass die mit einer versäumten Einhaltung der Vereinbarungsbedingungen verbundenen Sanktionen Personen mit einer temporären Aufenthaltsgenehmigung aus Angst, ihre temporäre Aufenthaltsgenehmigung zu verlieren, abschrecken könnten, eine Daueraufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Des Weiteren stellt ECRI fest, dass die Integrationsmaßnahmen, obwohl das Beherrschen der Sprache und Kenntnisse der Gesellschaft des Gastlandes die Teilhabe seitens der Nichtstaatsangehörigen erleichtert, zuallererst die Form von Anreizen, nicht Sanktionen haben sollten. Bezüglich der Unterstützung von Drittstaatsangehörigen durch die Behörden bei der Erfüllung der Sprachanforderungen werden Gutscheine[35] ausgegeben, die Teile der mit den Deutschkursen verbundenen Kosten decken. Der Staat kann im Bedarfsfall auch zusätzliche finanzielle Mittel gewähren. Obwohl die Deutschkurse für Ausländer von drei Verbänden organisiert werden, bietet lediglich der Verein für interkulturelle Bildung (VIB) Kurse für Personen mit geringerem Einkommen und geringem Bildungsstand (insbesondere Frauen) an. Darüber hinaus bietet nur dieser Verein auch Klassen am Samstag an, um den Erfordernissen von Schichtarbeitern Rechnung zu tragen. ECRI wurde von diesem Verein unterrichtet, dass seine Kurse nicht mehr vom Staat[36] gefördert werden und dass er in Folge ab Juni 2012 nicht mehr in der Lage sein wird, Deutschkurse anzubieten. ECRI verleiht ihrer tiefen Sorge Ausdruck, dass in Zeiten, in denen das Bleiberecht von Drittstaatsangehörigen von Kenntnissen der Landessprache abhängig gemacht wird, die Gelder für die einzige Sprachenvereinigung, welche die Anforderungen von Personen erfüllt, die sozial benachteiligt sind, gekürzt werden.

88. ECRI empfiehlt den Behörden von Liechtenstein, die Bestimmungen des Ausländerrechts, laut denen ein Versäumnis, die Integrationsvereinbarung zu erfüllen, als mangelnde Integrationsbereitschaft ausgelegt wird und ein Grund für den Entzug der Aufenthaltsgenehmigung ist, aufzuheben.

89. ECRI empfiehlt den Behörden von Liechtenstein, Organisationen mit Erfahrungen in der Bereitstellung von Deutschkursen, welche den Anforderungen sozial benachteiligter Nichtstaatsangehörigen (z. B. Personen mit geringem Einkommen und geringem Bildungsstand, insbesondere Frauen, und Schichtarbeiter) Rechnung tragen, die finanziellen Mittel bereitzustellen, die für die Durchführung dieser Aktivitäten erforderlich sind.

90. In Folge des neuen Ausländergesetzes wird nun von Drittstaatsangehörigen gefordert, für eine Familienzusammenführung Deutsch der Stufe A1 in ihren Herkunftsländern zu lernen. Darüber hinaus müssen die zusammengeführten Familienangehörigen, sobald sie im Land sind, eine Integrationsvereinbarung unterzeichnen und die in Absatz 87 skizzierten Anforderungen erfüllen (Bestehen einer Sprachprüfung der Stufe A2 und einer Staatskundeprüfung). Die oben genannten Aufforderungen sind für die ECRI Grund zur Sorge. Bezüglich der Sprachanforderungen vor der Ankunft in Liechtenstein sind Personen, die in ihren Herkunftsländern in ländlichen Gebieten leben und nur über geringe Mittel verfügen, ggf. nicht in der Lage, diese Bedingung zu erfüllen. Bezüglich der Auferlegung zusätzlicher Auflagen, sobald der Familienangehörige/Ehegatte im Land ist, ist ECRI der Meinung, dass, obwohl die Sprache und Integration auf alle Fälle gefördert werden sollten, dies nicht zum Preis einer Trennung von Familien geschehen sollte.

91. ECRI wurde unterrichtet, dass eine weitere Folge des neuen Ausländergesetzes ist, dass Kinder von Personen mit Daueraufenthaltsgenehmigung jetzt Anspruch auf eine temporäre (Aufenthaltsgenehmigung B) anstatt eine Daueraufenthaltsgenehmigung (Aufenthaltsgenehmigung C) haben und Letztere erst dann beantragen können, wenn sie die Pflichtschulzeit abgeschlossen haben (im Alter von 15 Jahren, siehe Fußnote Error! Bookmark not defined.). Vertreter der Zivilgesellschaft haben die Sorge geäußert, dass beim jetzigen Gesetzesstand das Risiko für junge Menschen besteht, die nicht unmittelbar nach Abschluss der Schule eine Beschäftigung finden, ihre temporäre Aufenthaltsgenehmigung zu verlieren, obwohl sie ihr ganzes Leben in Liechtenstein verbracht haben und ihre Familie in diesem Land lebt. ECRI teilt diese Bedenken und unterstreicht, dass der oben beschriebene Fall im Widerspruch zu Artikel 8 der EMRK[37] und zur UN-Konvention über die Rechte des Kindes steht[38]. Darüber hinaus fordert sie die Behörden auf, sicherzustellen, dass der Rechtsstatus von Kindern von Personen mit Daueraufenthaltsgenehmigung nicht instabiler ist als der ihrer Eltern.

92. ECRI empfiehlt den Behörden von Liechtenstein, das Ausländergesetz zu ändern, damit Kinder, die bereits in Liechtenstein als Kinder von Personen mit Daueraufenthaltsgenehmigung leben, automatisch eine Daueraufenthaltsgenehmigung erhalten.

93. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden von Liechtenstein, angemessene Lösungen für die Probleme von Migrantinnen zu finden, die sich in einer besonders schutzbedürftigen Situation befinden. In diesem Zusammenhang besteht das im dritten Bericht von ECRI (siehe Absätze 64-66) beschriebene Problem immer noch. Wenn die Aufenthaltsgenehmigung einer Person mit ihrer Heirat verbunden ist, erhält sie nach fünf Jahren Ehe und Aufenthalt in Liechtenstein automatisch eine Aufenthaltsgenehmigung. Insbesondere in Bezug auf Frauen, die häusliche Gewalt erlebt und mit einem Staatsbürger von Liechtenstein kürzer als fünf Jahre verheiratet werden, müssen ihren Opferstatus beweisen, damit ihre Aufenthaltsgenehmigung nicht mit Auflösung der Ehe vor Ablauf der Fünfjahresfrist aufgehoben wird. Eine zweite Ausnahme zur Aufhebung der Aufenthaltsgenehmigung des Ehegatten, wenn die Forderung nach fünf Jahren Ehe und Aufenthalt nicht erfüllt wird, liegt vor, wenn der Ehegatte beweisen kann, dass er/sie in die Liechtensteiner Gesellschaft integriert ist. Nach Meinung von ECRI sollte diese letztgenannte Ausnahme detaillierter formuliert werden, um willkürlichen Entscheidungen vorzubeugen.

94. ECRI empfiehlt den Liechtensteiner Behörden, für eine größere Rechtssicherheit bei Fällen zu sorgen, in denen der Ehegatte, dessen Aufenthaltsgenehmigung von der Heirat abhängt und bei dem die Fünfjahresfrist für Ehe und Aufenthalt nicht erfüllt wird, und ihn als „integriert” in die Liechtensteiner Gesellschaft zu betrachten.

95. Wie bereits in Absatz 40 dieses Berichts erwähnt, wurde eine breit angelegte Verwaltungsreform eingeleitet, die sich u.a. auch auf die Verteilung der Zuständigkeit bei Integrationsfragen auswirken wird. Laut der neusten Informationen wird jedoch die Frage der Integration einerseits von der Ausländer- und Passbehörde des Ministeriums für innere Angelegenheiten und dessen Integrationsbeauftragten[39] und andererseits von der Stabsstelle für Chancengleichheit bearbeitet. Laut den Behörden ist ersteres für die Integrationsvereinbarungen und für Finanzierungsmaßnahmen zuständig, die die Integration fördern, und letztere für die Koordinierung der Integrationsfragen. Die Behörden haben jedoch betont, dass es Unstimmigkeiten über die Verteilung der Zuständigkeiten gibt (siehe Absatz 38). Darüber hinaus haben viele Gesprächspartner der ECRI die Entscheidung der Regierung kritisiert, den für die Integrationsvereinbarungen zuständigen Integrationsbeauftragten in der Ausländer- und Passbehörde zu platzieren, die für Kontrollmaßnahmen und für die Durchsetzung des Rechts zuständig ist. ECRI schließt sich dieser Kritik an.

96. ECRI empfiehlt den Behörden von Liechtenstein sicherzustellen, dass Fragen bezüglich der Integration von Nichtstaatsangehörigen von den Sozialstellen behandelt werden, unter klarer Zuweisung der Zuständigkeiten.

97. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden, die Umsetzung einer Integrationspolitik fortzusetzen, welche die Idee der Integration als zweigleisigen Prozess verfolgt, die sowohl die Mehrheits- als auch Minderheitsbevölkerung einschließt. Zu diesem Zweck empfahl sie eine Weiterentwicklung des Aspekts der „Förderung“, insbesondere die Verabschiedung von Maßnahmen, die auf eine Stärkung des Respekts für Vielfalt und die Ausmerzung von Stereotypen abzielen. Sie empfahl den Behörden des Weiteren, ihre Arbeit gegen die rassistische Diskriminierung zu einem integralen Bestandteil ihrer Integrationspolitik zu machen.

98. Im März 2011 legte die Regierung ein „Integrationskonzept“ mit dem Titel „Stärke durch Vielfalt“ (das Integrationskonzept) und einen damit verbundenen Maßnahmenplan vor, die in den kommenden drei Jahren umgesetzt werden. Im Integrationskonzept erkennen die Behörden die Notwendigkeit an, den Aspekt der Förderung der Integrationspolitik auszuweiten und das Ziel zu verfolgen, langansässige Ausländer in das wirtschaftliche soziale und kulturelle Leben der Gesellschaft einzubinden. Eine „Integrationskonferenz” wurde eingerichtet, die Politikern, der Verwaltung, der Zivilgesellschaft und der Kommission für Integrationsfragen als Plattform für den Austausch dient[40] und die Kompetenz aufweist, Beiträge zum Integrationskonzept zu diskutieren[41]. Der Start des Konzepts ging einher mit einer Kampagne und einer Reihe von Vorträgen. Die Behörden haben ECRI informiert, dass von den geplanten Maßnahmen[42] bereits mehrere umgesetzt wurden, u.a. Maßnahmen in der frühkindlichen Erziehung und in der Elternbildung (siehe Absatz 46) und eine Aufklärungskampagne über Vielfalt. In diesem Zusammenhang wurden eine Broschüre und ein Satz Postkarten veröffentlicht, die zwei Personen zeigen, die in Liechtenstein leben (einer ist ein Migrant), und den Slogan „Liechtenstein braucht beide” trägt[43]. ECRI begrüßt diese Maßnahmen und drängt die Behörden, zusätzliche Aufklärungsmaßnahmen im Hinblick auf Vielfalt und gegen rassistische Diskriminierung durchzuführen. Sie wurde des Weiteren von den Behörden und der Zivilgesellschaft informiert, dass viele Maßnahmen des Integrationskonzepts noch nicht umgesetzt wurden und dass es Unstimmigkeiten bezüglich der Verteilung der Zuständigkeiten im Bereich Integration gibt, die dabei eine Rolle gespielt haben.

99. In ihrem dritten Bericht drängte ECRI die Behörden, langansässigen ausländischen Einwohnern Wählbarkeit und Wahlrechte zu übertragen. Sie empfahl des Weiteren, angemessene Mechanismen einzuführen, die Nichtstaatsangehörigen ermöglichen, konsultiert und aktiv in den politischen Entscheidungsprozess auf nationaler und lokaler Ebene einbezogen zu werden. ECRI wurde von den Behörden informiert, dass diesbezüglich bisher keine Maßnahmen ergriffen wurden. Obwohl im Mai 2011 dem Parlament eine parlamentarische Anfrage zur Frage des kommunalen Wahlrechts von Nichtstaatsangehörigen gestellt wurde, hat sich das Parlament geweigert, dieses Thema weiter zu verhandeln.

100. ECRI wiederholt ihre Empfehlung an die Behörden von Liechtenstein, langansässigen ausländischen Einwohnern die Wählbarkeit und das Wahlrechte bei Kommunalwahlen zu übertragen und angemessene Mechanismen einzuführen, die Nichtstaatsangehörigen ermöglichen, konsultiert und aktiv in den politischen Entscheidungsprozess auf nationaler und lokaler Ebene einbezogen zu werden.

VI. Verhalten der Gesetzeshüter

101. Liechtenstein verfügt nicht über ein Organ, das von der Polizei und der Staatsanwaltschaft unabhängig ist und sich mit Beschwerden gegen die Polizei befasst. Laut den Behörden müssen Beschwerden über Polizeibeamte wegen rassistischer Diskriminierung und rassistisch motiviertem Verhalten entweder bei der Polizei oder direkt beim Staatsanwalt eingereicht werden. Sollte die Polizei eine Beschwerde erhalten, ist sie gefordert, diese an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten. ECRI wurde informiert, dass seit ihrem dritten Bericht eine Beschwerde (die anschließend zurückgezogen wurde) wegen rassistischen Verhaltens seitens der Polizei eingereicht wurde.

102. ECRI ist der Meinung, dass die Seltenheit von eingegangenen Beschwerden nicht notwendigerweise dahingehend ausgelegt werden kann, dass es kein Fehlverhalten der Polizei gibt, noch sollte dieser Umstand das Fehlen einer unabhängigen Einrichtung für die Bearbeitung von Beschwerden gegen die Polizei rechtfertigen. Tatsächlich zeigt die Erfahrung, dass Opfer von Polizeigewalt generell kein Vertrauen in polizeiinterne Beschwerdeverfahren haben, einschließlich Beschwerden in Zusammenhang mit dem Auftrag von ECRI. Sie zögern außerdem häufig, Fälle bei Institutionen vorzutragen, die täglich eng mit der Polizei kooperieren, wie z. B. der Staatsanwaltschaft. Es ist daher notwendig, ein System zu schaffen, bei dem ein Opfer bei einer unabhängigen Stelle in vollem Vertrauen eine Beschwerde einreichen kann, die über entsprechende Fachkompetenz in diesem Bereich verfügt und die Aktivitäten der Polizei kontrolliert.

103. Bezüglich des Trainings über Fragen von Rassismus und rassistischer Diskriminierung siehe bitte die Absätze 22 und 63 in diesem Bericht.

VII. Überwachung von Rassismus und rassistischer Diskriminierung

104. In ihrem dritten Bericht forderte ECRI die Behörden dringend auf, ein Datenerfassungssystem einzurichten, um die Situation der verschiedenen Minderheitengruppen in Liechtenstein zu beurteilen und das Ausmaß von Rassismus und rassistischer Diskriminierung zu bestimmen (gemäß der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 4 über nationale Erhebungen über die Erfahrungen und die Wahrnehmung von Diskriminierung und Rassismus aus Sicht potenzieller Opfer). Sie empfahl ihnen des Weiteren, relevante Informationen mit einer Unterteilung nach Ethnie, Sprache, Religion und Nationalität in den verschiedenen Politikbereichen unter gebührender Berücksichtigung der Grundsätze Vertraulichkeit, informierte Einwilligung und der freiwilligen Selbstidentifikation von Personen zu erfassen, die einer bestimmten Gruppe angehören, und unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen den Geschlechtern und einer möglichen doppelten oder mehrfachen Diskriminierung.

105. ECRI stellt erfreut fest, dass die Behörden seit ihrem dritten Bericht zwei Studien in Auftrag gegeben haben, die Fakten und Zahlen über Rassismus und/oder Menschenrechte analysieren. Die Studie über Rechtsextremismus wurde bereits im Abschnitt über Rechtsextremismus behandelt. Die zweite Studie namens „Fakten und Zahlen über Menschenrechte“ wurde 2011 veröffentlicht und wird jährlich aktualisiert. Sie stellt Daten, Analysen und Tabellen über die Bevölkerung in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Wohnen und soziale Unterstützung in Liechtenstein zusammen. Sie unterteilt diese Daten u.a. nach Staatsangehörigkeit oder regionale Herkunft[44], aber nicht nach Sprache, Ethnie und Religion. Zusätzlich zu dieser Studie wurden 2010 im Rahmen einer Volkszählung statistische Daten über Religion, Hauptsprache und das Geburtsland der Befragten erfasst.

106. Wie bereits oben erwähnt, ist eine der geplanten Maßnahmen des Integrationskonzepts 2010 eine Auswertung der erfassten Daten gemäß der vorgenannten Empfehlung von ECRI, die die Verfügbarkeit aufgegliederter statistischer Daten sicherstellen und eine Beurteilung des Umfangs der direkten und indirekten Diskriminierung im Hinblick auf die verschiedenen ethnischen Gruppen in der Bevölkerung in verschiedenen Lebensbereichen ermöglichen soll. Die Behörden haben ECRI jedoch informiert, dass sie lediglich daran arbeiten, die Statistiken über Bildung zu verbessern, vor allem durch Aufgliederung der Daten nach Sprache und Staatsangehörigkeit oder regionaler Herkunft. Aus diesem Grund gibt es keine Pläne, die Datenerfassung in anderen Politikbereichen, wie z. B. Beschäftigung, Gesundheit, Wohnen und soziale Unterstützung, zu verbessern, in denen die Daten lediglich nach Staatsangehörigkeit gegliedert werden.

107. Darüber hinaus haben die Behörden ECRI informiert, dass das Datenschutzgesetz in der Praxis die Unterteilung der Statistiken verhindert,[45] und sie haben ihre Bedenken geäußert, dass die Unterteilung personenbezogener Daten in einem Land von lediglich 35.000 Einwohnern zur Identifizierung bestimmter Personen führen könnte. Dessen ungeachtet ruft ECRI die Behörden auf, das Gesetz zu ändern, um eine Erfassung statistischer Daten zu ermöglichen, sofern die Grundsätze der Vertraulichkeit, der informierten Einwilligung und der freiwilligen Selbstidentifikation von Personen gewahrt bleiben, die einer bestimmten Gruppe angehören. Dies ist notwendig, um die Situation verschiedener schutzbedürftiger Gruppen in Liechtenstein beurteilen zu können und um das Ausmaß von Rassismus und direkter und indirekter rassistischer Diskriminierung in diesem Zusammenhang zu bestimmen.

108. ECRI empfiehlt den Behörden in Liechtenstein, das Datenschutzgesetz zu ändern, damit die Erfassung relevanter Informationen, die Ethnie, Sprache, Religion und Staatsangehörigkeit in den verschiedenen Bereichen der Politik unterteilt sind (z. B. Beschäftigung, Wohnen, Gesundheit und Bildung), möglich ist, wenn die Grundsätze Vertraulichkeit, informierte Einwilligung und freiwillige Selbstidentifikation der Personen gewährt bleiben, die einer bestimmten Gruppe angehören.

VIII. Bildung und Aufklärung

109. ECRI stellt fest, dass zusätzlich zur Kampagne gegen rechtsextreme Gewalt (siehe Abschnitt über Rechtsextremismus) eine Aufklärungskampagne im Zeitraum von März bis Juni 2010 im Rahmen des Integrationskonzepts 2010 durchgeführt wurde (siehe Absatz 98). Es wurden auch Aufklärungskampagnen über das Leben von Flüchtlingen und Asylsuchenden organisiert, u.a. von der Caritas und der UNHCR[46]. Wie bereits in Absatz 39 in diesem Bericht erwähnt, wurden bedauerlicherweise aufgrund fehlender Mittel die Aktivitäten, die von der Stabsstelle für Chancengleichheit geplant waren, welche den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus umsetzt, einschließlich einer Kampagne über religiöse Vielfalt, einer Studie über die Situation der muslimischen Bevölkerung und einer interkulturellen Abteilung in der kommunalen Bücherei, nicht umgesetzt. ECRI ruft die Behörden auf, diese wichtigen Initiativen wiederzubeleben.

110. In ihrem dritten Bericht empfahl ECRI den Behörden, das Bewusstsein der Schüler für die Notwendigkeit zu schärfen, Rassismus, insbesondere rassistische Gewalt, und Rechtsextremismus zu bekämpfen, gemäß der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 10 (GPR No. 10) von ECRI über die Bekämpfung von Rassismus und rassistischer Diskriminierung im und durch den Schulunterricht.

111. Laut den Behörden werden an den Schulen verschiedene Projekte über Toleranz und die Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt durchgeführt; die Kurse über den Holocaust wurden in diesem Bericht im Unterabschnitt über die jüdische Gemeinde beschrieben. Bezüglich der Lehrerfortbildung über Fragen von Relevanz für ECRI, erhielten diese eine Fortbildung zum Holocaust und sie können an Kursen über Menschenrechte teilnehmen, die vom Europarat und der Europäischen Union angeboten werden.

112. ECRI empfiehlt den Behörden, in allen Schulstufen ein Pflichtfach über Menschenrechte einzuführen, das u.a. die Schwerpunkte Bekämpfung von Rassismus und rassistischer Diskriminierung und kulturelle Vielfalt behandelt. ECRI empfiehlt außerdem die Einführung einer spezifischen Lehrerfortbildung mit den Schwerpunkten Menschenrechte, Vielfalt und Bekämpfung von Rassismus und rassistischer Diskriminierung, gemäß der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 10 (GPR No. 10) von ECRI über die Bekämpfung von Rassismus und rassistischer Diskriminierung im und durch den Schulunterricht.

EMPFEHLUNGEN DES ZWISCHENZEITLICHEN FOLLOW-UP

Die drei konkreten Empfehlungen, für die ECRI eine vorrangige Umsetzung seitens der Behörden in Liechtenstein fordert, sind die Folgenden:

• ECRI empfiehlt den Behörden von Liechtenstein, eindeutig die jeweiligen Zuständigkeiten der neuen Stelle für soziale Angelegenheiten und der Stelle des Ombudsmann/Gleichstellungsbeauftragten festzulegen, und insbesondere Letzteren zur nationalen Fachstelle für die Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung zu erklären. Sie betont die Notwendigkeit sicherzustellen, dass diese Stelle vollständig unabhängig und u.a. für Folgendes verantwortlich ist: Anhören und Bearbeiten von Beschwerden, Unterstützung von Opfern, Einleiten von und Teilnahme an Gerichtsverfahren, Überwachung der Gesetzgebung, Beratung der Justiz- und Exekutivbehörden, Aufklärung über Fragen von Rassismus und Rassendiskriminierung und Förderung von politischen Ansätzen und Praktiken, die eine Gleichbehandlung gewährleisten, gemäß der Allgemeinen politischen Empfehlung Nr. 2
(GPR No. 2) von ECRI.

• ECRI empfiehlt den Liechtensteiner Behörden dringend, die folgenden Bestimmungen des Ausländergesetzes aufzuheben. § 49, der besagt, dass eine Daueraufenthaltsgenehmigung zurückgezogen werden kann, wenn der Nichtstaatsangehörige oder sein/ihr Angehöriger u.a. dauerhaft und in einem erheblichen Umfang von Sozialhilfe abhängig ist; § 69 (2)(e), der die Pflicht des Sozialamts anführt, die Ausländer- und Passbehörde über alle Personen zu informieren, die mehr als 75.000 Schweizer Franken Sozialleistungen erhalten, und § 27 (3) und (4), der besagt, dass der Erhalt von Sozialleistungen ein Hindernis für den Erhalt einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung darstellt.

• ECRI empfiehlt den Behörden von Liechtenstein sicherzustellen, dass Fragen bezüglich der Integration von Nichtstaatsangehörigen von den Sozialstellen behandelt werden, unter klarer Zuweisung der Zuständigkeiten.

Spätestens zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Berichts wird ECRI in Bezug auf diese drei konkreten Empfehlungen ein Verfahren für ein zwischenzeitliches Follow-up durchführen.

Bibliografie

Diese Bibliografie listet die wichtigsten veröffentlichten Quellen auf, die für die Untersuchung der Situation in Liechtenstein verwendet wurden. Sie ist nicht als vollständige Liste aller Informationsquellen zu sehen, die ECRI während der Erstellung dieses Berichts zur Verfügung standen.

European Commission against Racism and Intolerance (ECRI)

1. Third Report on Liechtenstein, 29 April 2008, CRI(2008)21

2. Second report on Liechtenstein, 15 April 2003, CRI(2003)4

3. Report on Liechtenstein, March 1998, CRI(98)23

4. General Policy Recommendation No. 1: Combating racism, xenophobia, antisemitism and intolerance, October 1996, CRI(96)43

5. General Policy Recommendation No. 2: Specialised bodies to combat racism, xenophobia, antisemitism and intolerance at national level, June 1997, CRI(97)36

6. General Policy Recommendation No. 3: Combating racism and intolerance against Roma/Gypsies, March 1998, CRI(98)29

7. General Policy Recommendation No. 4: National surveys on the experience and perception of discrimination and racism from the point of view of potential victims, March 1998, CRI(98)30

8. General Policy Recommendation No. 5: Combating intolerance and discrimination against Muslims, April 2000, CRI(2000)21

9. General Policy Recommendation No. 6: Combating the dissemination of racist, xenophobic and antisemitic material via the Internet, December 2000, CRI(2001)1

10. General Policy Recommendation No. 7: National legislation to combat racism and racial discrimination, February 2003, CRI(2003)8

11. General Policy Recommendation No. 8: Combating racism while fighting terrorism, June 2004, CRI(2004)26

12. General Policy Recommendation No. 9: The fight against antisemitism, September 2004, CRI(2004)37

13. General Policy Recommendation No. 10: Combating racism and racial discrimination in and through school education, March 2007, CRI(2007)6

14. General Policy Recommendation No. 11: Combating racism and racial discrimination in policing, October 2007, CRI(2007)39

15. General Policy Recommendation No. 12: Combating racism and racial discrimination in the field of sport, March 2009, CRI(2009)5

16. General Policy Recommendation No. 13: Combating anti-Gypsyism and discrimination against Roma, September 2011, CRI(2011)37

Other sources

17. Fürstentums Liechtenstein, Liechtenstein – Stärke durch Vielfalt, Integrationskonzept 2010 (Liechtenstein – Strength through diversity, Integration concept 2010)

18. Informations- und Kontaktstelle für Frauen (infra), Welcome to Liechtenstein, Information for migrants, Vaduz, December 2009

19. Landespolizei des Fürstentums Liechtenstein, Jahresbericht 2010 (Annual report 2010)

20. Marxer, Wilfried, Liechtenstein-Institut, Zahlen und Fakten zur Menschenrechtssituation in Liechtenstein: Statusbericht 2011 (Facts and Figures on the Human Rights Situation in Liechtenstein. Status Report 2011), Regierung des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz, Dezember 2011

21. Principality of Liechtenstein, Core document of the Principality of Liechtenstein forming part of the reports of States Parties to the human rights treaties of the United Nations, updated January 2011

22. Violence Protection Commission of the Principality of Liechtenstein, Right-wing Extremism in the Principality of Liechtenstein, A qualitative study on backgrounds and approaches, 16 September 2009

23. Committee of Ministers, Resolution CM/ResCMN(2010)9 on the implementation of the Framework Convention for the Protection of National Minorities by Liechtenstein, Council of Europe, 30 June 2010

24. Advisory Committee on the Framework Convention for the Protection of National Minorities, Third report submitted by Liechtenstein pursuant to Article 25, § 1 of the Framework Convention for the Protection of National Minorities, Council of Europe,
18 March 2009, ACFC/SR/III(2009)002

25. Advisory Committee on the Framework Convention for the Protection of National Minorities, Third Opinion on Liechtenstein, Council of Europe, March 2010, ACFC/OP/III(2009)001

26. Advisory Committee on the Framework Convention for the Protection of National Minorities, Comments of the Government of Liechtenstein on the Third Opinion of the Advisory Committee on the implementation of the Framework Convention for the Protection of National Minorities by Liechtenstein, Council of Europe, March 2010, GVT/COM/III(2010)001

27. European Charter for Regional or Minority Languages, Fifth Periodical Report presented to the Secretary General of the Council of Europe in accordance with Article 15 of the Charter, Liechtenstein, Council of Europe, 7 April 2011, MIN-LANG/PR(2011)3

28. European Charter for Regional or Minority Languages, Application of the Charter in Liechtenstein, 5th monitoring cycle, Report of the Committee of Experts presented to the Committee of Ministers of the Council of Europe in accordance with Article 16 of the Charter, 6 July 2011, ECRML(2011)3

29. European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT), Report to the Government of the Principality of Liechtenstein on the visit to Liechtenstein carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 5 to 9 February 2007, Council of Europe, 3 July 2008, CPT/Inf(2008)20

30. European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT), Response of the Government of the Principality of Liechtenstein to the report on the visit to Liechtenstein carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from
5 to 9 February 2007, Council of Europe, 3 July 2008, CPT/Inf(2008)21

31. United Nations Committee on the Elimination of Racial Discrimination (CERD), Reports submitted by States parties under article 9 of the Convention, Fourth to sixth periodic reports of States parties due in 2009, Liechtenstein, 27 September 2011, CERD/C/LIE/4-6

32. United Nations, General Assembly, Human Rights Council, Universal Periodic Review, Report of the Working Group on the Universal Periodic Review, Liechtenstein, 7 January 2009, A/HRC/10/77

33. United Nations, General Assembly, Human Rights Council, Universal Periodic Review, Report of the Working Group on the Universal Periodic Review, Liechtenstein, 2009, Addendum, Views on conclusions and/or recommendations, voluntary commitments and replies presented by the State under review, 7 January 2009, A/HRC/10/77/Add.1

34. United Nations, General Assembly, Human Rights Council, Working Group on the Universal Periodic Review, National report submitted in accordance with paragraph 15(A) of the annex to Human Rights Council Resolution 5/1, Liechtenstein, 5 September 2008, A/HRC/WG.6/3/LIE/1

35. United Nations, General Assembly, Human Rights Council, Working Group on the Universal Periodic Review, Compilation prepared by the Office of the High Commissioner for Human Rights, in accordance with paragraph 15(B) of the annex to Human Rights Council Resolution 5/1, Liechtenstein, 24 September 2008, A/HRC/WG.6/3/LIE/2

36. United Nations, General Assembly, Human Rights Council, Working Group on the Universal Periodic Review, Summary prepared by the Office of the High Commissioner for Human Rights, in accordance with paragraph 15(C) of the annex to Human Rights Council Resolution 5/1, Liechtenstein, 15 September 2008, A/HRC/WG.6/3/LIE/3

37. United Nations Committee on the Elimination of Discrimination against Women, Concluding observations of the Committee on the Elimination of Discrimination against Women, 5 April 2011, CEDAW/C/LIE/CO/4

38. United Nations Committee against Torture, Consideration of reports submitted by States parties under article 19 of the Convention, Concluding observations of the Committee against Torture, Liechtenstein, 25 May 2010, CAT/C/LIE/CO/3

39. Organisation for Security and Co-operation in Europe (OSCE) Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODIHR), Hate Crimes in the OSCE Region – Incidents and Responses, Annual Report for 2009, Warsaw, November 2010

40. ODIHR Holocaust Memorial days in the OSCE region, An overview of Governmental practices, January 2010

41. European Commission, National system overviews on education systems in Europe and ongoing reforms (Eurydice), Liechtenstein, July 2010

42. Amnesty International, Suggested recommendations to States coming up during the third round of reviews under the Universal Periodic Review, December 2008, Addendum, Recommendations to the government of Liechtenstein

43. Caritas Liechtenstein, Jahresbericht 2010 (Annual report 2010), May 2011

44. Liechtenstein Institute Working Papers No. 30, Right-wing extremism in Liechtenstein, Monitoring Report 2010

45. Liechtensteiner Vaterland, Zwei Drittel sind reif für die Staatsbürgerschaft (Two thirds are ripe for citizenship), 24 August 2011

46. Liechtensteiner Vaterland, Frauennetz will ein Amt für Menschenrechte (The women’s network wants a human rights office), 22 November 2011

47. Liechtenstein Vaterland, 5 Gräber für Muslime reserviert (Five graves reserved for Muslims), 17 November 2011

48. US Department of State, Bureau of Democracy, Human Rights and Labour, 2009 Human Rights Report – Liechtenstein, 11 March 2010

49. US Department of State, Bureau of Democracy, Human Rights and Labour, 2008 Human Rights Report – Liechtenstein, 25 February 2009

50. US Department of State, Bureau of Democracy, Human Rights and Labour, International Religious Freedom Report 2010 – Liechtenstein, 17 November 2010

51. US Department of State, Bureau of Democracy, Human Rights and Labour, International Religious Freedom Report 2009 – Liechtenstein, 26 October 2009

___________

* Die in diesem Ansatz enthaltenen Empfehlungen unterliegen einem zwischenzeitlichen Follow-up durch ECRI, spätestens zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Berichts.
[1] Laut Statistik, die von den Behörden bereitgestellt wurde, ist nahezu ein Drittel (33,1%) der Bevölkerung von Liechtenstein Nichtstaatsangehörige: von diesen stammen 49,3% aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), 30,2% sind Schweizer und 20,5% stammen aus Drittstaaten.
[2] Laut Artikel 8 des Übereinkommens Nr. 111 über Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf) ist dieses Instrument nur für jene Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bindend, deren Ratifizierungen beim Generaldirektor angemeldet wurden.
[3] Der Ehepartner, der bereits die Staatsangehörigkeit von Liechtenstein besitzt, darf diese jedoch nicht durch eine vorausgegangene Ehe erworben haben.
[4] Laut der von den Behörden zur Verfügung gestellten Informationen wurden im Zeitraum von 2009 bis 2010 vier Personen gemäß „erleichtertem Verfahren“ eingebürgert. Es gibt keine Statistik über die Zahl der Anträge, die von lokalen Bewohnern abgelehnt wurden.
[5] ECRI definiert in ihrer Allgemeinen Politischen Empfehlung Nr. 7 über nationale Gesetze zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung „Rassismus” als die Überzeugung, dass eine bestimmte Begründung, wie z. B. „Rasse”, Hautfarbe, Sprache, Religion, Nationalität oder nationale oder ethnische Abstammung, die Verachtung für eine Person oder eine Gruppe von Personen oder die Vorstellung der Überlegenheit über eine Person oder eine Gruppe von Personen rechtfertigt. Sie definiert „rassistisch motivierte Diskriminierung“ als jede unterschiedliche Behandlung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Nationalität oder nationaler oder ethnischer Abstammung, die keine objektive und begründete Rechtfertigung aufweist.
[6] § 283 besagt Folgendes: i) Eine Person wird mit Gefängnis von bis zu zwei Jahren bestraft, wenn sie 1. öffentlich zu Hass oder Diskriminierung gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen aufgrund von Rasse, ethnischer Abstammung oder Religion aufruft; 2. öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die systematische Verunglimpfung oder Beleidigung von Angehörigen einer Rasse, ethnischen Gruppe oder Religion abzielen; 3. für selbige Zwecke Propaganda organisiert, fördert oder an dieser partizipiert; 4. öffentlich eine Person oder eine Gruppe von Personen aufgrund von Rasse, ethnischer Abstammung oder Religion auf eine Weise in Wort, Schrift, Bildern, durch elektronisch übertragene Symbole, Gesten, körperliche Gewalt oder anderweitig verunglimpft oder beleidigt, die die Menschenwürde verletzt; 5. öffentlich den Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, deren Schaden extrem herunterspielt oder versucht, Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Wort, Schrift, Bild, elektronisch übertragene Symbole, Gesten, körperliche Gewalt oder anderweitig zu rechtfertigen; 6. einen von ihm/ihr bereitgestellten Dienst, der für die Allgemeinheit gedacht ist, aufgrund von Rasse, ethnischer Abstammung oder Religion verweigert; 7. als Mitglied bei einer Vereinigung mitwirkt, deren Tätigkeit aus der Förderung oder dem Herbeiführen rassistisch motivierter Diskriminierung besteht.

ii) Eine Person wird auf gleiche Weise bestraft, wenn sie 1. für den Zweck der Weiterverbreitung Dokumente, Ton- oder Bildaufnahmen, elektronisch übertragene Symbole, Abbildungen oder andere Objekte dieser Art importiert, lagert oder verbreitet, deren Inhalt eine rassistisch motivierte Diskriminierung im Sinne von Absatz i ist; 2. öffentlich dieses Material empfiehlt, ausstellt, anbietet oder präsentiert.

iii) Die Absätze i) und ii) finden keine Anwendung, wenn das Propagandamaterial oder die Handlung der Kunst oder Wissenschaft, Forschung oder Bildung dient, in angemessener Weise über aktuelle oder geschichtliche Ereignisse berichtet oder ähnliche Zwecke verfolgt.
[7] Laut offizieller Statistiken nahm die Polizei 2008 zwei Anzeigen wegen rassistisch motivierter Diskriminierung und rassistisch motivierter Verbrechen auf, im Vergleich zu fünf Anzeigen im Jahr 2009, drei im Jahr 2010 und zwei im Jahr 2011.
[8] Vor allem gab es in seiner Entscheidung an, dass, auch wenn die Massenschlägerei rassistischer Natur war, die Motive und die Einstellung der drei Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnten.
[9] Die Behörden betonten jedoch, dass die Entscheidung von einem Jugendgericht gefällt wurde. Der Angeklagte war jünger als 21 Jahre, was laut Liechtensteiner Recht als strafmildernder Faktor bei Straftaten gilt.
[10] „Facts and Figures on Human Rights”, Liechtenstein Institute, 2011. S. 89-90.
[11] Der Direktor legte anfänglich im April 2011 seine Arbeit nieder, stimmte aber auf Antrag der Behörden zu, dieses Amt bis zur Einstellung eines Ersatzes fortzuführen.
[12] Vor 2009 wurde in den Kindergärten Dialekt gesprochen.
[13] Der Titel des Programms lautet: Erfolg beginnt zu Hause.
[14] Der Wechsel von der Oberschule zur Realschule ist nach dem ersten Jahr möglich und ist anschließend nahezu unmöglich.
[15] Die Schüler besuchen die Primarschule im Alter von 6-11 Jahren (Klasse 1 bis 5). Den Schultyp der Sekundarstufe, den ein Kind besucht, hängt von seinen Leistungen ab. Die drei Sekundarschulen (Stufe I) sind die Oberschule (sie wird von 28% der Kinder besucht), die Realschule (sie wird von 50% der Kinder besucht) und das Gymnasium (es wird von 22% der Kinder besucht). Sie sind Teil der Schulpflicht und werden von Kindern im Alter von 11 bis 15 Jahren besucht. Der Abschluss der Oberschule und Realschule ermöglicht den Zugang zu einer allgemeinen oder beruflichen Sekundarschule (Stufe II) für Schüler, die 15-19 Jahre alt sind (in der Regel eine Ausbildung). Der Abschluss der schulpflichtigen Jahre auf dem Gymnasium (Stufe I) ermöglicht den Zugang zur Sekundarstufe II des Gymnasiums (für Schüler, die
15-19 Jahre alt sind), was ihnen ein Studium an der Universität ermöglicht.
[16] Vor allem ist geplant, das Erlernen einer Muttersprache in der Schule zu benoten.
[17] Mit Inkrafttreten am 11. September 2011.
[18] Siehe Artikel 13 Satz 1 der Europäischen Sozialcharta und Artikel 27 der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen.
[19] Arbeitslosengeld wird jedoch nicht als Sozialleistung eingestuft und wird dementsprechend nicht in die Berechnungen im Hinblick auf die Obergrenze von 75.000 Schweizer Franken einbezogen.
[20] In einem Fall befand das Verwaltungsgericht, dass die Aufhebung einer Daueraufenthaltsgenehmigung aufgrund der Abhängigkeit von Sozialhilfe unrechtmäßig war, weil die betreffende Person seit mehr als 30 Jahren in Liechtenstein lebte.
[21] Alle in diesem Bericht enthaltenen Verweise auf den Kosovo, sei es auf das Territorium, Institutionen oder die Bevölkerung, sind in völliger Übereinstimmung mit der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates und ungeachtet des Status des Kosovo zu verstehen.
[22] Liechtenstein hat den Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt.
[23] Die Kommission gegen Gewalt erstattet dem Innenministerium Bericht und setzt sich aus einem Staatsanwalt, einem Richter, einem Polizeibeamten, einem Vertreter des Außenministeriums und des Bildungsministeriums, Vertretern der Kommunen und Jugendarbeitern zusammen. Sie beobachtet und meldet die Entwicklungen in der rechtsextremen Szene.
[24] Diese letzte Maßnahme wird durch das Liechtenstein-Institut durchgeführt, einer unabhängigen Forschungseinrichtung.
[25] Die Kampagne trägt den Namen „Gemeinsam öffentlich gegen rechte Gewalt“. Dazu gehören auch einige Plakate, die jeweils ein Foto mit zwei oder mehr Personen zeigen, die unterschiedliche Sichtweisen aus demselben Umfeld zeigen (z. B. ein Lehrer und ein Schüler oder Politiker verschiedener Parteien). Es gibt jeweils eine konkrete Botschaft, die ihre Unterschiede hervorhebt, zusammen mit einer gemeinsamen Botschaft gegen rechte Gewalt und dem oben genannten Slogan.
[26] Die muslimische Gemeinschaft besteht aus ca. 1.900 Personen, bei einer Gesamtbevölkerung von 35.236 Einwohnern.
[27] Vor allem Vaduz, Gamprin, Mauren, Eschen und Ruggell.
[28] Der Status der temporären Aufenthaltsgewährung ist in den §§ 7a, 47, 49 und 60 Flüchtlingsgesetz vorgesehen. Er findet Anwendung auf jene Personen, die in Liechtenstein keinen Anspruch auf Flüchtlingsstatus haben, die aber aus anderen Gründen Schutz brauchen und daher nicht abgeschoben werden können. In der Praxis erhalten die Personen, die eine temporäre Aufenthaltsgewährung erhalten, einen Abschiebebescheid, der dann durch eine Anordnung einer vorläufigen Aufenthaltsgewährung ausgesetzt wird. Der Status kann aufgehoben werden, wenn sich die Situation im Herkunftsland bessert und eine Rückkehr möglich ist. Laut § 60 Flüchtlingsgesetz hat eine Person, der eine temporäre Aufenthaltsgewährung zugestanden wird, nach einem Aufenthalt von fünf Jahren in Liechtenstein Anspruch auf eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung. Sobald diese Genehmigung gewährt wurde, fällt die Person unter den Anwendungsbereich des Ausländergesetzes. Nach einem 10-jährigen Aufenthalt in Liechtenstein kann eine Daueraufenthaltsgenehmigung gewährt werden (siehe auch Absatz 80).
[29] Siehe Richtlinie des Rates 2004/83/EG vom 29. April 2004.
[30] Die Behörden haben ECRI informiert, dass seit dem Beitritt Liechtensteins zum Schengen-Abkommen und der Umsetzung von Dublin II und der EURODAC-Verordnung am 19. Dezember 2011 bei ca.
15 Personen die Asylanträge auf Begründetheit geprüft wurden.
[31] Die Behörden haben ECRI in Kenntnis gesetzt, dass jeder Beamte, der in der Asylabteilung der Einwanderungs- und Passbehörde arbeitet, ein spezielles Training beim Bundesamt für Migration in der Schweiz und bei der nationalen Polizei erhält. Diese Beamten nehmen regelmäßig an zusätzlichen Fortbildungsmaßnahmen teil.
[32] Die Behörden haben jedoch angegeben, dass in Fällen eines vermuteten Missbrauchs diese Asylsuchenden von weiblichen Beamten befragt werden.
[33]Die Aufenthaltsgenehmigung B ist temporär und kann jährlich verlängert werden. Personen mit einer Aufenthaltsgenehmigung B, die seit mindestens fünf Jahren in Liechtenstein wohnen und die die in Absatz 87 beschriebenen Prüfungen bestanden haben, können eine Daueraufenthaltsgenehmigung erhalten (Aufenthaltsgenehmigung C).
[34] Die Behörden haben ECRI informiert, dass jedes Jahr ca. 300 Integrationsvereinbarungen unterzeichnet werden.
[35] Die Gutscheine belaufen sich auf einen Wert von 200 CHF.
[36] Insbesondere die Regierung hat die staatlichen Fördergelder von einer Beurteilung der von den Vereinen angebotenen Kurse abhängig gemacht. Der VIB hat jedoch erklärt, dass er nicht in der Lage ist, die mit der Beurteilung verbundenen Kosten zu tragen und dass der Staat die benötigten Mittel nicht zur Verfügung stellt.
[37]Laut Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) 1. Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. 2. Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nicht eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
[38] Vor allem laut Artikel 8 (1), der besagt: Die Vertragsstaaten verpflichten sich, das Recht des Kindes zu achten, seine Identität, einschließlich seiner Staatsangehörigkeit, seines Namens und seiner gesetzlich anerkannten Familienbeziehungen, ohne rechtswidrige Eingriffe zu behalten. Und laut Artikel 9 (1): Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass ein Kind nicht gegen den Willen seiner Eltern von diesen getrennt wird, es sei denn, dass die zuständigen Behörden in einer gerichtlich nachprüfbaren Entscheidung nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften und Verfahren bestimmen, dass diese Trennung zum Wohl des Kindes notwendig ist. (…)
[39]Diese Position wurde im September 2008 geschaffen. Zu ihren Aufgaben gehört: Aufklärung, Beratung und Abschluss und Umsetzung von Integrationsvereinbarungen. Der Integrationsbeauftragte leitet auch die Kommission für Integrationsfragen (siehe Absatz 98 dieses Berichts).
[40]Im Juni 2011 fand die erste Integrationskonferenz unter Mitwirkung der Regierung, von Ausländerverbänden und anderen Nichtregierungsorganisationen statt. Sie tritt einmal pro Jahr zusammen.
[41] Die Behörden haben ECRI informiert, dass sie 4 bis 6 Mal pro Jahr einberufen wird.
[42] Im Folgenden sind einige der geplanten Maßnahmen aufgeführt: Sensibilisierung der Eltern über die Bedeutung von Bildung für ihre Kinder; Thematisieren von Problemen beim Sprachenlernen von älteren Migranten und Migranten mit geringer Bildung; Förderung des beruflichen Einstiegs durch eine anschließende Qualifikation; Förderung der interkulturellen Kompetenz in der öffentlichen Verwaltung; Unterstützung von Frauen mit Migrationshintergrund durch qualifizierte Beratung; Sensibilisierung der Bevölkerung für den Wert von Vielfalt; Einrichten eines Forums für interreligiösen Dialog; Verbesserung der Datenerfassung, um die Situation der verschiedenen schutzbedürftigen Gruppen zu beurteilen.
[43] Die Publikationen erkennen an, dass Liechtenstein ein Einwanderungsland geworden ist und zwei Drittel des Arbeitsmarktes von Migranten besetzt wird; somit ist Immigration lebenswichtig. Die Postkarten wurden in Postämtern, regionalen Kinos und in den Büros der zentralen und lokalen Behörden ausgestellt.
[44] Nachstehend sehen Sie die geografischen Regionen, die am häufigsten für die Zusammenstellung dieser statistischen Daten benutzt wurden: i) Westeuropa, Nordeuropa und Nordamerika; ii) Südeuropa; iii) Ost- und Südosteuropa; iv) Türkei, Naher Osten und Nordafrika; v) Afrika; Südamerika, Asien und Ozeanien.
[45] Laut § 26 Datenschutzgesetz ist es möglich, personenbezogene Daten für Zwecke zu erfassen, die nicht unmittelbar auf Personen bezogen sind, insbesondere für die wissenschaftliche Forschung, Planung und Statistik. Drei Bedingungen müssen jedoch erfüllt werden: a) Die Daten müssen so rasch wie möglich anonymisiert werden. b) Der Empfänger der Daten darf Daten weiterleiten, wenn der Eigentümer der Daten dies gestattet hat. c) Die Ergebnisse werden in einer Form veröffentlicht, die keine Identifizierung der betreffenden Personen zulässt. In der Praxis begrenzt die erste Bedingung die Möglichkeiten, Daten aus verschiedenen Erhebungen zu vergleichen, da diese so rasch wie möglich anonymisiert werden müssen. Die dritte Bedingung schränkt die Möglichkeiten ein, die Daten nach mehreren Kriterien zu unterteilen (z. B. Sprache, Herkunft, etc.), angesichts der geringen Bevölkerung in Liechtenstein.
[46] Hervorzuheben ist die am 17. Dezember 2010 durchgeführte Veranstaltung „Eine Million Sterne“; bei dieser Veranstaltung wurden Kerzen angezündet, die den Wunsch verkörperten, Licht ins Leben der Flüchtlinge und Asylsuchenden zu bringen. In diesem Kontext erzählten Künstler die Lebensgeschichten von Asylsuchenden und die Not, die sie erlebt hatten. Darüber hinaus organisierten die UNHCR und die Flüchtlingshilfe Liechtenstein den Weltflüchtlingstag.

Zuletzt aktualisiert am September 18, 2021 von eurogesetze

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert