Verordnung zur Bestimmung der Gebiete mit Mietpreisbegrenzung (Mietpreisbegrenzungsverordnung – MietbegrenzV) Vom 8. Juni 2021

32. Jahrgang Potsdam, den 15. Juni 2021 Nummer 61

Verordnung zur Bestimmung der Gebiete mit Mietpreisbegrenzung

(Mietpreisbegrenzungsverordnung – MietbegrenzV)

Vom 8. Juni 2021

Auf Grund des § 556d Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), der zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. März 2020 (BGBl. I S. 540) geändert worden ist, verordnet die Landesregierung:

§ 1

Gebiete

Gemeinden im Sinne des § 556d Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist und in denen die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) höchstens um 10 Prozent übersteigen darf, sind:

Gemeinde
Kreisfreie Stadt Potsdam
In den Landkreisen
Barnim Panketal
Dahme-Spreewald Eichwalde

Schulzendorf

Havelland Falkensee
Märkisch-Oderland Hoppegarten

Neuenhagen bei Berlin

Oberhavel Birkenwerder Glienicke/Nordbahn Hohen Neuendorf

Mühlenbecker Land

Oder-Spree Gosen-Neu Zittau

Schöneiche bei Berlin Woltersdorf

Potsdam-Mittelmark Kleinmachnow Stahnsdorf

Teltow

Teltow-Fläming Blankenfelde-Mahlow

Großbeeren

§ 2

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2021 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.

Potsdam, den 8. Juni 2021

Die Landesregierung
des Landes Brandenburg
Der Ministerpräsident
Dr. Dietmar Woidke

Der Minister für Infrastruktur und Landesplanung Guido Beermann

Begründung
A. Allgemeiner Teil

I. Ausgangslage

Durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 610) erhielten die Länder in § 556d Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Möglichkeit, in Gebieten, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, die Miethöhe zu Beginn des Mietverhältnisses auf die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zuzüglich 10 Prozent zu begrenzen.

Das Land Brandenburg hat von dieser Möglichkeit erstmals zum 1. Januar 2016 Gebrauch gemacht. Die Verordnung war bis zum 31. Dezember 2020 gültig. Sie konnte nicht verlängert werden. Durch das Gesetz zur Verlängerung und Ver- besserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn vom 19. März 2020 (BGBl. I S. 540) wurden die Länder ermächtigt, nach Ausschöpfen der Frist von fünf Jahren Gültigkeit eine erneute Ausweisung mittels einer Rechts- verordnung bis längstens zum 31. Dezember 2025 vorzunehmen.

Das Land Brandenburg hat in den Jahren 2019 und 2020 eine Evaluierung der Kappungsgrenzenverordnung und der Mietpreisbegrenzungsverordnung vorgenommen. Zu diesem Zweck wurde das Institut F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Gutachter sollte einerseits die Wirkungsweisen der bisherigen Umsetzung der Verordnungen in den Gebietskulissen evaluieren und andererseits soweit erforderlich neue Gebietskulissen mit angespannten Wohnungsmärkten benennen. Im Ergebnis der Evaluierung der Mietwerte in 417 Gemeinden des Landes Brandenburg erkennt das Gutachten in 19 Gemeinden einen angespannten Wohnungsmarkt im Sinne von § 556d Bürgerliches Gesetzbuch und empfiehlt die Fortschreibung der Mietpreisbegren- zungsverordnung für diese Gemeinden. Das Gutachten empfiehlt somit, für diese Gemeinden, die Wohnraummieten für neu abzuschließende Verträge in der Weise einzugrenzen, dass sie die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 Prozent übersteigen. Auf diese Weise soll dem Ziel, steigenden Mieten in prosperierenden Städten und Gemeinden zu begegnen, entsprochen werden. Städte und Gemeinden, die bisher unter den Anwendungsbereich der gültigen Miet- preisbegrenzungsverordnung fielen, und inzwischen durch eigene Anstrengungen oder mit Hilfe der Landesregierung für eine ausreichende Versorgung der Einwohnerinnen und Einwohner mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen gesorgt haben oder aus anderen Gründen eine Entspannung auf dem Mietmarkt erfahren haben, sind aus den Wirkungen einer Mietpreisbegrenzung zu entlassen.

II. Rechtsgrundlage

Die Landesregierungen sind durch § 556d Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ermächtigt, für die Dauer von höchstens fünf Jahren, die Gebiete zu bestimmen, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Miet- wohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, mithin ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt. Ein konkretes Verfahren zur Bestimmung der Gebiete ist durch das Bürgerliche Gesetzbuch nicht vorgegeben. Im Tatbestand des § 556d Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind ins- besondere vier Kriterien genannt, welche als Grundlage für eine Landesregierung zur Bestimmung der Gebiete heran- gezogen werden können. Danach kann ein angespannter Wohnungsmarkt gegeben sein, wenn:

• die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,

• die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,

• die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder

• geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

Der Bundesgesetzgeber hat in seiner Begründung zu § 556d Bürgerliches Gesetzbuch deutlich gemacht, dass die genannten Kriterien im Hinblick auf eine Unterversorgung mit Mietwohnungen aussagekräftig sein können. Er hat aller- dings offengelassen, ob bereits ein vorliegendes Kriterium für die Feststellung ausreichend sein kann oder mehrere Kriterien gleichzeitig gegeben sein müssen. Vielmehr legt er dar, dass sich nur aus einer Gesamtschau verschiedener Indikatoren unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten vor Ort bestimmen lasse, ob das Vorliegen eines angespannten Marktes anzunehmen sei. Im Einzelfall könnten auch einzelne Indikatoren die angespannte Wohnungs- marktlage belegen. Ferner könnten auch Kriterien, die das Gesetz nicht direkt benenne, aussagekräftig sein. Aus diesen Gründen sieht der Bundesgesetzgeber von einem konkret vorgegebenen Prüfverfahren ab und gibt den Landes- regierungen auch keinen Auftrag zu allen Indikatoren bestimmte Erhebungen durchzuführen. In der Gesetzesbegründung zu § 556d BGB – Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn, Verordnungsermächtigung (Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs

auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung – Mietrechts- novellierungsgesetz, BR-Drs. 447/14, Seiten 27 f.) erläutert der Bundesgesetzgeber, dass es zur Ausweisung eines Gebietes als Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt erforderlich sei, eine tatsächliche statistische Erhebung durchzuführen, es sei denn, es stehe zeitnah erhobenes Datenmaterial zur Verfügung. …

III. Bestimmung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten in Brandenburg

1. Einholen eines Gutachtens – 2019/2020 – Teil 1- Evaluierung

Vom Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung wurde das Institut F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH beauftragt, ein Gutachten zu erarbeiten, welches Gebiete mit angespannten Wohnungs- märkten in Brandenburg identifiziert. Das Gutachten besteht aus zwei Teilen. Den ersten Teil „Evaluierung der Wirk- samkeit der Regelungen der Kappungsgrenzenverordnung und der Mietpreisbegrenzungsverordnung im Land Branden- burg“ hat der Gutachter im Mai 2020 vorgelegt (Anlage 1). Der zweite Teil „Gutachten zur Erstellung einer Gebiets- kulisse für die Mietbegrenzungsverordnungen nach § 556d ff. BGB und nach § 558 Abs. 3 BGB im Land Brandenburg“ wurde bis zum November 2020 erarbeitet und im Dezember 2020 vorgelegt (Anlage 2). Beide Gutachten sowie weitere, unter Heranziehung der relevanten Indikatoren bewertete, Daten zu Städten und Gemeinden sind im Internetauftritt des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung einsehbar.

Beide Gutachten untersuchen die Lage auf den kommunalen Wohnungsmärkten sowohl für laufende Mietverträge als auch für neu abzuschließende Verträge. Die Indikatoren und das Modell des Gutachtens zur Ermittlung angespannter Wohnungsmärkte basieren auf den tatbestandlichen Voraussetzungen von § 556d Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch. Sie bilden die Grundlage für eine Mietpreisbegrenzungsverordnung gemäß § 556d Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch. Zum Untersuchungsauftrag gehörte die Aktualisierung der Indikatoren und der übrigen zugrundeliegenden Daten.

Das Gutachten zur Evaluierung der bestehenden Verordnungen – Teil 1 – definiert folgendes Ziel: „Ausgehend von den zu untersuchenden Regelungen war primärer Untersuchungsgegenstand für die Kappungsgrenze und die Mietpreis- bremse der Mietwohnungsmarkt. Die Kappungsgrenze wirkt hauptsächlich auf die Bestandsmietverhältnisse, bei denen die Vertragsmieten von Wohnungen unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die Mietpreisbremse betrifft hauptsächlich die Neu- und Wiedervermietung von freifinanzierten Mietwohnungen aller Anbieter in Mehrfamilien- häusern in Brandenburg.“

a) Methodik

Die Untersuchungsmethodik hatte interdisziplinäre Ansätze. Die Wirkungen der mietenbegrenzenden Verordnungen wurden insbesondere über eine Literatur-auswertung, eine Kommunalbefragung, die Analyse statistischer und öko- nometrischer Daten sowie über Experteninterviews mit Mieter- und Vermieterverbandsvertretern sowie spezialisierten Rechtsanwälten ermittelt.

b) Kommunalbefragung

Zur Kommunalbefragung wurde ausgeführt, dass es deren Ziel war, lokale Kenntnisse über die örtliche Wohnungsmarkt- situation zu erheben. Die Befragung wurde auf der Grundlage eines Fragebogens durchgeführt, der seine Schwerpunkte auf die Erfahrungen mit der bisherigen Mietpreisbegrenzungs- und der Kappungsgrenzenverordnung insbesondere zu den Auswirkungen und Maßnahmen, auf die lokale Wohnungsmarktlage (Wahrnehmungen, Einschätzungen sowie Ent- wicklungsperspektiven seit Inkrafttreten der Verordnungen, aktuell und zukünftig) und auf eine allgemeine Stellung- nahme zur Mietpreisbegrenzungs- und Kappungsgrenzenverordnung setzte (Anlage 3.1 und 3.2). Insgesamt wurden 63 Städte und Gemeinden des Landes Brandenburg angeschrieben. Die Landkreise wurden durch den Gutachter in Kenntnis gesetzt. 30 Kommunen haben auf die Befragung geantwortet. Diese waren Gegenstand der Auswertung.

c) Ökonometrische Analyse

Sozioökonomische Daten, wie Angebotsdaten, Daten der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB), Daten zum Sozialwohnungsbestand, Daten zur ortsüblichen Vergleichsmiete, Mietspiegel, Daten zum allgemeinen Wohnungs- bestand und Baugenehmigungszahlen wurden erhoben und in Schätzrechnungen eingestellt. Daten des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) zu Angebots- und Bestandsmieten rundeten die Berechnungen ab. In die Schätzrechnungen wurden Wohnungsbestände und Fluktuationsquoten eingestellt und schließlich das unter- schiedliche Verhalten privater Kleinvermieter und professioneller Vermieter mit sozialem oder rein wirtschaftlichem Unternehmenszweck berücksichtigt.

d) Expertengespräche

Als Experten wurden Vertreter der Vermieterschaft (Vermieterverbände), Vertreter der Mieterschaft (Mietervereine) und Vertreter der Anwaltschaft mit Spezialisierung auf Miet- und Wohneigentumsrecht (WEG) interviewt.

e) Auswertung für die Wirkung der Mietpreisbegrenzungsverordnung

Einleitend weist der Gutachter darauf hin, dass aufgrund der verschiedenen Ausnahmetatbestände von der Regelung, soweit sie wirksam vollzogen wird, differenzierte direkte und indirekte Preiswirkungen ausgehen können. Um die direkten Preisdämpfungswirkungen der Mietpreisbremse auf den Mietwohnungsmarkt in Form von günstigen Neu- und Wiedervermietungsangeboten zu beobachten, hat der Gutachter die Angebote auf dem Mietwohnungsmarkt im Hinblick auf ihr Verhältnis zur ortsüblichen Vergleichsmiete untersucht. Datengrundlage waren die Mietspiegelwerte des Miet- spiegels Potsdam sowie die Angebotsdaten aus der Datenbank des Gutachters. Zur Ermittlung des Verhältnisses der Wohnungsangebote zur ortsüblichen Vergleichsmiete hat der Gutachter die bestehenden Angebote vor Einführung der Mietpreisbremse mit den Angeboten nach Einführung der Mietpreisbremse verglichen. Eine Preisdämpfungswirkung wäre anzunehmen, wenn die Angebotsmieten stärker unter die ortübliche Vergleichsmiete gesunken wären.

Für den Abgleich der insgesamt 58.000 Wohnungsangebote aus den Jahren 2014 bis 2018 wurden die Potsdamer Miet- spiegel aus den Jahren 2014, 2016 und 2018 herangezogen. Die Wohnungsangebote wurden unterteilt – soweit erkenn- bar – nach Baualtersklasse und Sanierungsgrad. Wohnungsangebote, die eine Baualtersangabe 2015 und jünger auf- weisen, wurden alle aus der Datengrundlage entfernt da für diese Wohnungen die Mietpreisbremse nicht angewendet wird, also der Ausnahmetatbestand des Neubaus einschlägig ist. Schließlich wurde geprüft, ob die Angebote Mieten auswiesen, die 10 Prozent oder mehr über den Werten des Mietspiegels lagen.

Im Ergebnis zeigte sich demnach, dass vor der Einführung der Mietpreisbremse

o bei Objekten vor der Geltung der ENEV 47 % der Angebote den oberen Spannenwert + 10 % überschritten,

o bei Objekten unter der Geltung der ENEV 25 % der Angebote den oberen Spannenwert + 10 % überschritten.

Nach Einführung der Mietpreisbremse zeigte sich im Ergebnis, dass

o bei Objekten vor der ENEV 60 % der Angebote den oberen Spannenwert + 10 % überschritten.

o bei Objekten nach der ENEV 33 % der Angebote den oberen Spannenwert + 10 % überschritten.

Bei den inserierten Angeboten hatten die oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete inserierten Angebote nach Ein- führung der Mietpreisbremse zugenommen. Hierzu sieht der Gutachter allerdings Gründe außerhalb der regulären Ent- wicklung. Die Einführung des Bestellerprinzips sowie die Änderung des Preismodells einschlägiger Portale sind für ihn mitverantwortlich dafür, dass sich das Vermarktungsverhalten der Anbieter systematisch verändert hat. Anbieter waren verpflichtet worden die Vermittlungsgebühren zu tragen. Weiterhin attestiert der Gutachter einen fehlenden Vollzug der Regelungen. Weil die Vollzugslast der Mietpreisbremse weitgehend beim Mieter liege, müssen Mieter das Regelwerk zur Mietpreisbremse einerseits aktiv verfolgen und andererseits gegenüber dem Vermieter aktiv durchsetzen. Aus den Expertengesprächen ermittelte der Gutachter Gründe, warum die Mietpreisbremse häufig außer Acht gelassen worden sein könnte:

o wenig Kenntnis der Mieter von der Regelung,

o die komplexe Regelungsstruktur,

o Unklarheit über die ortsübliche Vergleichsmiete und

o fehlender Durchsetzungswille bei den Mietern.

Aus den Expertengesprächen entnahm der Gutachter, dass Mieter sich die Berechnung der ortüblichen Vergleichsmiete nicht zutrauten und die Beauftragung von Gutachten scheuten. Außerdem wolle man – gerade in den ländlichen Regionen das Verhältnis zum Vermieter nicht belasten. Im Ergebnis der Kommunalbefragung ergab sich, dass Rügen der Mieter oder gerichtliche Auseinandersetzungen nur im einstelligen Bereich bekannt waren.

Danach war das Fazit des Gutachters:

o die Vollzugslast der Mietpreisbremse sei für die Mieter so ausgestaltet, dass sie selbst dann, wenn eine Verletzung der Mietpreisbremse im Raum stehe, nicht den Willen hätten, sie geltend zu machen,

o der Neubau werde durch die Mietpreisbremse nicht beeinträchtigt; ob die Mietpreisbremse den Neubau fördere, könne nicht abschließend ermittelt werden; entsprechende gemeindliche Aussagen liegen vor,

o Auswirkungen auf die Investitionen in Modernisierungen und Instandhaltung können nicht belegt werden,

o die Angebote von möblierten Wohnungen haben zugenommen haben; ob es sich hierbei um Ausweicheffekte aus der regulären Vermietung handelt, bedürfte einer näheren Untersuchung.

Der Gutachter stellt fest, dass keine direkten finanziellen Beeinträchtigungen des Neubaus anzunehmen seien, dass die Neigung der Vermieterinnen und Vermieter in Modernisierungen zu investieren steigen könne, dass Ausweich- bewegungen zu möblierten Vermietungen erfolgen könnten und dass Neumieter von Bestandswohnungen finanzielle Einsparungen erfahren könnten. Insgesamt wurden die Wirkungen für die Gemeinden in Brandenburg als gering quali- fiziert. Abschließend gibt der Gutachter unter der Überschrift „Zielgerichtete Mengensteuerung“ die Handlungsemp- fehlung an den Auftraggeber, die Gemeinden beim Wohnungsbau zu unterstützen. Das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage führe zu Preissteigerungen, die durch Angebotserweiterungen vermindert werden könnten.

2. Einholen eines Gutachtens 2020 – Teil 2 – Erstellen einer Gebietskulisse

Auf Bundesebene war am 19. März 2020 das Gesetz zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn in Kraft getreten. In § 556d Absatz 2 Satz 4 Bürgerliches Gesetzbuch wurde neu aufgenommen, dass die Rechtsverordnungen der Länder nunmehr bis zum 31. Dezember 2025 Gültigkeit haben dürfen. In der Begründung zu den Änderungen von § 556d Bürgerliches Gesetzbuch heißt es: „Bis zu einer spürbaren Ent- spannung der regionalen Wohnungsmärkte ist eine Verlängerung der Regelungen der Mietpreisbremse weiterhin ein geeignetes Mittel zur Flankierung von Maßnahmen zur Schaffung zusätzlichen Wohnraumes.“ (BT-Drs. 19/15824, Seite 11). Und weiter: „Die Änderung trägt der Tatsache Rechnung, dass sich die angespannte Lage in vielen Gebieten bislang noch nicht deutlich gebessert hat.“ (a.a.O. Seite 16).

Diese Auffassung hatte im Januar 2019 auch schon das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) ver- treten. Das im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz und für Verbraucherschutz vom DIW erstellte Gutachten zur Untersuchung der Wirksamkeit der in 2015 eingeführten Regelungen zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten (Mietpreisbremse), das am 24. Januar 2019 vorgestellt wurde, kommt zum Ergebnis, dass die Miet- preisbremse den intendierten Effekt einer Verlangsamung der Mietdynamik erreicht habe. Die Mietpreisbremse habe eine moderate Verlangsamung des Mietanstiegs bewirkt. Sie entfalte eine Bremswirkung.

Für die Mietpreisbegrenzungsverordnung kommt der Landesregierung ein weitreichender wohnungsmarkt- und sozial- politischer Beurteilungsspielraum zu. Der Zweck einer Mietpreisbremse ist es, einer Gentrifizierung entgegenzuwirken und sicherzustellen, dass die Bevölkerung (einschließlich einkommensschwacher Haushalte) im Fall der Wohnungssuche auch in einem angespannten Wohnungsmarkt bezahlbare Mietwohnungen in ihrem bisherigen Wohnviertel findet (BT-Drs. 18/3121, Seite 11, 19). 2019 hatte sich die Landesregierung für eine Kommunalbefragung zu den Wirkungen der mietpreisdämpfenden Verordnungen im Land Brandenburg entschieden. Das Ergebnis der Befragung war unein- heitlich. Einige Gemeinden bekundeten, eine Wirkung festzustellen und sprachen sich für die Beibehaltung der Verord- nungen aus, andere nicht.

Auf dieser Grundlage hat das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung ein weiteres Gutachten zur Identifizierung angespannter Wohnungsmärkte im Land Brandenburg in Auftrag gegeben. Das „Gutachten zur Erstellung einer Gebiets- kulisse für die Mietbegrenzungsverordnungen nach § 556d ff. BGB und nach § 558 Abs. 3 BGB im Land Brandenburg“ sollte eine Neubewertung für alle 417 Gemeinden im Land Brandenburg hervorbringen. Es wurde bis zum November 2020 erarbeitet und im Dezember 2020 vorgelegt (Anlage 2). Das Gutachten ist durch die F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH erstellt worden.

Der Gutachter hat zur Ermittlung der angespannten Wohnungsmärkte die im Bürgerlichen Gesetzbuch genannten Kriterien durch eigens gewählte Indikatoren präzisiert.

Das Bürgerliche Gesetzbuch gibt in § 556 Absatz 2 Satz 2 und 3 vor: „Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn

1. die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,

2. die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,

3. die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder

4. geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.“

Als Indikatoren für das Vorliegen oder Nichtvorliegen dieser Kriterien hat der Gutachter folgende Auswahl getroffen:

o Höhe und Entwicklung der Angebotsmieten 2012/2013 bis 2017/2018

o Mietpreisdifferenz 2018 sowie absolute Höhe der Angebots- und Vergleichsmieten

o Mietbelastungsquote (Bruttokalt) 2018

o Wohnungsversorgungsgrad 2018

Zur Identifizierung von Gebieten mit angespannter Wohnungsmarktlage ging er in folgenden Schritten vor:

o Datenrecherche

o Datenplausibilisierung

o Operationalisierung von den Kriterien durch Indikatoren

o Berechnungsverfahren

o Kategorisierung der Indikatoren

o Gewichtung der Indikatoren

o Grenzwerte für die Gebietskulisse

Der Gutachter hat Daten aus verschiedenen Quellen erhoben. Die Quellen waren das Amt für Statistik Berlin-Branden- burg, die Bundesagentur für Arbeit, die Gesellschaft für Konsumforschung, die regionalen Gutachterausschüsse und die von ihm selbst angelegte und über Jahre gepflegte Mietdatenbank. Zur Überprüfung der Daten auf Plausibilität wurden sie mit den oben genannten vier Komplexindikatoren kombiniert, die für die Identifizierung angespannter Wohnungs- märkte in Brandenburg geeignet sind. Die Komplexindikatoren wurden mit den Faktoren Art der Mietentwicklung, Miet- belastung, Neubautätigkeit und Leerstand bzw. Nachfrage auf dem Markt in Bezug gesetzt.

a) Indikator Höhe und Entwicklung der Angebots- und Vergleichsmieten

Es wird dargestellt, in welcher Größe die Mieten bzw. die Entwicklung der Angebotsmieten innerhalb von fünf Jahren angestiegen ist. Konstant hochpreisige Standorte wurden im Vergleich zu den bundesweiten Durchschnittswerten er- mittelt. Zur Bestimmung der Höhe und Entwicklung der Angebotsmieten wurden die Zahlen aus den Jahren 2012/2013 den Zahlen aus den Jahren 2017/2018 gegenübergestellt und die Entwicklung in Prozent ausgedrückt. Dabei wurden unterschiedliche Gemeindecluster gebildet; Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt aufgrund ihrer Entwicklung oder aufgrund ihrer Miethöhe und Gemeinden mit entspanntem Wohnungsmarkt.

Die Angebotsmieten basieren auf den Angebotsdaten der ImmoDaten GmbH. Die Daten werden von F+B seit 2005 aufbereitet. Für die Auswertung wurden die Wohnungsinserate für vermietete Wohnungen für Ein-, Zwei- und Mehr- familienhäuser der Jahre 2012, 2013 und 2017, 2018 herangezogen. Es wurden Teilmärkte nach Wohnungsgrößen ge- bildet: Wohnungsgrößen bis 45 Quadratmeter, 45 Quadratmeter bis 75 Quadratmeter und größer als 75 Quadratmeter.

Die fehlenden Mietwerte bei Gemeinden mit weniger als zehn Inseraten für die Jahre 2012/13 oder 2017/18 wurden mit Hilfe eines bewährten Schätzverfahrens ermittelt. Als Schätzgrundlage wurden die aktuellen Wohngeld-Mietenstufen, der Bevölkerungsstand 2018, die Bevölkerung im Alter von 25 bis 29 Jahren und die Kaufkraft 2017 sowie die Miethöhe der drei Wohnungsgrößenklassen bis 45 Quadratmeter, 45 Quadratmeter bis 75 Quadratmeter und mehr als 75 Quadrat- meter herangezogen. Im Ergebnis lag für jede Gemeinde in Brandenburg für die Jahre 2012/13 und 2017/18 für jeden Teilmarkt der Wohnungsgrößen bis 45 Quadratmeter, 45 Quadratmeter bis 75 Quadratmeter und mehr als 75 Quadrat- meter eine Angebotsmiete vor.

b) Indikator Mietpreisdifferenz 2018 sowie absolute Höhe der Angebots- und Vergleichsmieten

Die Mietpreisdifferenz dient primär als Indikator für steigende Mieten im Sinne des § 556d Absatz 2 Nummer 1 Bürger- liches Gesetzbuch. Bei der Mietpreisdifferenz zwischen den Angebots- und Vergleichsmieten wird die Differenz zwischen Bestandsmietverträgen (Vergleichsmieten) und Angebotsmieten ermittelt. Die Mietpreisdifferenz ist somit Ausdruck des Verhältnisses von Bestandsmieten zu Neumieten. Eine hohe Differenz weist auf einen sich anspannenden bzw. angespannten Wohnungsmarkt hin. Die Mieten der derzeitig angebotenen Mietwohnungen beeinflussen die zukünf- tige Miethöhe der Bestandswohnungen maßgeblich. Zusätzlich wurde alternativ auch auf die überdurchschnittliche Höhe der Angebots- und Vergleichsmieten abgestellt. Ohne diesen Abgleich bestände die Gefahr, dass eine Gemeinde mit einer hohen Angebots- und Vergleichsmiete und damit geringer Mietdifferenz nicht als angespannter Wohnungsmarkt identi- fiziert wird. Aber hohe Bestandsmieten und hohe Angebotsmieten sind für sich bereits ein Indikator für das Vorliegen eines angespannten Wohnungsmarktes.

Die Höhe der Vergleichsmiete zeigt die Mietsituation der Haushalte auf den regionalen Wohnungsmärkten auf. Eine hohe Vergleichsmiete zeigt, dass die Mieterhaushalte eine hohe Mietbelastung haben. Zusätzlich ist sie Indikator für eine angespannte Marktlage, da ein hohes Vergleichsmietniveau sich in der Regel nur ergibt, wenn die Nachfrage das Angebot über einen längeren Zeitraum hinweg übersteigt. Bei den Vergleichsmieten wertet der Gutachter bereits seit mehreren Jahren die vorliegenden Mietspiegel differenziert nach neun Baualtersklassen für eine „Normalwohnung“ (65 Quadrat- meter, normale bzw. mittlere Ausstattung, normaler Instandhaltungsgrad, mittlerer, baualtersgemäßer energetischer Gebäudezustand, normale bzw. mittlere Wohnlage) für ganz Deutschland aus. In die Analyse gehen Mietspiegel ein, die zum Zeitpunkt der Berechnung maximal vier Jahre alt sind.

Insgesamt lagen für 19 Gemeinden in Brandenburg zum Zeitpunkt der letzten Aktualisierung des Mietspiegelindex des Gutachters für die neun Baualtersklassen Nettokaltmieten pro Quadratmeter Wohnfläche vor. Für die restlichen 398 Gemeinden erfolgte eine Schätzung auf Basis eines seit Jahren bewährten Schätzmodells (multivariable Regres- sionsschätzung mit Dummy-Variablen). Beim Schätzmodell werden die folgenden Parameter verwendet: Mieten- stufen (Dummy-Variable mit sechs Ausprägungen), Bodenrichtwert, Bevölkerung 2017 und Bevölkerung in der Alters- gruppe 25 bis 29 Jahre. Nach Abschluss der Schätzung lagen für 417 Gemeinden neun Mietwerte vor.

Zur Bildung einer durchschnittlichen Vergleichsmiete nettokalt erfolgte eine Gewichtung der baualtersspezifischen Miet- werte auf Basis der örtlichen Wohnungsbestandsstruktur nach Baualter. Grundlage hierfür ist eine Fortschreibung des Wohnungsbestands nach Baualtersklassen auf Basis des Zensus 2011 und des Neubaus.

Bei der Angebotsmiete handelt es sich um die Nettokaltmiete angebotener Mietwohnungen mit einer Wohnungsgröße 45 Quadratmeter bis 75 Quadratmeter der Jahre 2017/18. Für jede Gemeinde wurde ein Wert für die Mietpreisdifferenz und jeweils ein Wert für die Vergleichs- und die Angebotsmieten ermittelt.

c) Indikator Mietbelastungsquote (Bruttokalt) 2018

Die Mietbelastungsquote ist ein Indikator dafür, wie viel Einkommen ein Haushalt für die Miete aufbringen muss. Der Indikator gibt Aufschluss darüber, wie stark ein Haushalt durch die Wohnkosten belastet wird und wie viel Einkommen nach der Mietzahlung für den Lebensunterhalt zur Verfügung steht. Unter der Mietbelastungsquote (Bruttokalt) wird das Verhältnis von verfügbarem Nettoeinkommen zur Brutto-Kaltmiete verstanden. Die Bruttokaltmiete setzt sich aus der Nettokaltmiete und den kalten Betriebskosten zusammen. Dabei wird die durchschnittliche Wohnungsgröße mit der durchschnittlichen Bruttokaltmiete multipliziert und anschließend zu dem Haushaltseinkommen ins Verhältnis gesetzt.

Als Grundlage für die Ermittlung der monatlichen Mietbelastung (Bruttokalt) werden die Angebotsmieten aus der Datei des Gutachters pro Quadratmeter Wohnfläche verwendet.

Kalte Betriebskosten sind nicht umfassend statistisch erfasst. Aus diesem Grund hat der Gutachter auf Daten der Bundes- agentur für Arbeit auf Ebene der Städte und Landkreise zurückgegriffen. Im Rahmen der Auswertung der Sozialstatistik nach dem Sozialgesetzbuch II werden für jede Stadt und für jeden Landkreis monatlich Auswertungen vorgenommen. Neben den Zahlungen an die Hilfebedürftigen werden auch die tatsächlichen kalten Betriebskosten ausgewiesen. Diese aktuellen Mietkennwerte auf Ebene der Städte und Landkreise dienen als regionalspezifische Grundlage für die Berech- nung der Mietbelastung pro Quadratmeter für jede Gemeinde.

Dies wurde mit durchschnittlichen Wohnungsgrößen ins Verhältnis gesetzt. Die durchschnittliche Wohnungsgröße wurde durch den Gutachter auf der Ebene der Städte und Landkreise auf Basis der Daten des Zensus 2011 berechnet. Eine regionale Differenzierung war notwendig, weil die Wohnungsbestände in eher ländlich strukturierten Gemeinden durch größere Wohnungen geprägt sind, während die Wohnungsgrößen in Brandenburg an der Havel, Cottbus und Frankfurt (Oder) eher kleiner ausfallen. Zudem unterscheiden sich die Wohnungsgrößen bei Miet- und Eigentums- wohnungen. Dies war für die sachgerechte Ermittlung der Mietbelastungsquote zu beachten. Es bedurfte also einer regionalspezifischen Ermittlung der durchschnittlichen Größe für Mietwohnungen.

Für das Haushaltseinkommen wurde auf die aktuellen Kaufkraftdaten der Gesellschaft für Konsumforschung aus dem Jahre 2019 zurückgegriffen. Die Daten liegen für alle Gemeinden in Brandenburg vor und bilden das Haushaltsnetto- einkommen ab.

d) Indikator Wohnungsversorgungsgrad 2018

Der Wohnungsversorgungsgrad bildet das Verhältnis der Wohnungsnachfrage (Anzahl Haushalte) zum Wohnungs- angebot (inklusive Fluktuationsreserve) ab. Eine Unterversorgung mit Wohnungen ist ein Indiz für einen angespannten Wohnungsmarkt. Auch eine Anspannung im Eigentumswohnungsmarkt ist zu berücksichtigen. Sie hat Auswirkungen auf den Mietwohnungsmarkt, wenn mögliche Ausweichbewegungen nicht mehr möglich sind. Dies kann dazu führen, dass potenzielle Erwerber von Eigentum mangels entsprechender Angebote, länger in ihren Mietwohnungen verbleiben. Dies kann eine zusätzliche Anspannung im Mietwohnungsmarkt bedingen.

Für alle Gemeinden Brandenburgs liegen Daten bei der Gesellschaft für Konsumforschung vor. Diese Daten wurden herangezogen. Die Berechnung erfolgte auf Basis der durchschnittlichen regionalen Haushaltsgröße. Dabei wurde unter Verwendung der aktuellen Bevölkerungszahl zum Stichtag 31. Dezember 2018 die Haushaltszahl für alle Gemeinden Brandenburgs berechnet. Beim Wohnungsangebot wurde auf die Daten der Gebäude- und Wohnungsstatistik des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg zum gleichen Stichtag zurückgegriffen. Bei der Berechnung zur Entwicklung der Wohnungsversorgung sind sowohl der Wohnungsleerstand als auch die Fluktuationsreserve, die sich aus Umzügen,

Baumaßnahmen und Leerstand ergibt zu berücksichtigen. Die Fluktuationsreserve ist für das Funktionieren des Wohnungsmarktes von besonderer Relevanz, denn ohne sie wären Umzüge und Baumaßnahmen im Bestand kaum realisierbar. Die Fluktuationsreserve wird mit 2 bis 5 Prozent als erforderlich gewertet. Der Wohnungsleerstand wurde daher mit 3 Prozent in die Rechnung eingestellt. Durch diese Fluktuationsreserve wird insbesondere das Kriterium des

§ 556 d Absatz 2 Satz 3 Ziffer 4 Bürgerliches Gesetzbuch, geringer Leerstand bei großer Nachfrage erfasst. Bei einem Wohnungsversorgungsgrad von 100 Prozent liegt eine vollständige Bedarfsdeckung vor. Wohnungsangebot und

-nachfrage sind ausgeglichen. Bei Werten unter 100 Prozent besteht ein Nachfrageüberhang und bei Werten über 100 Prozent ein Angebotsüberhang. Der Gutachter setzt zusätzlich einen Toleranzbereich von einem Prozentpunkt an, damit geringe Unterdeckungen in Kleinstgemeinden keinen Ausschlag haben. Danach zeigen 131 Gemeinden beim Indikator Wohnungsversorgungsgrad 2018 Anspannungen auf. 28 Gemeinden davon befinden sich im Stadt-Umland- Zusammenhang von Berlin.

e) Grenzwerte für die einzelnen Indikatoren

• Höhe und Entwicklung der Angebots- und Vergleichsmieten

Zur Einstufung als angespannter Wohnungsmarkt wurden die gemeindlichen Angebotsmieten mit der bundesweit durch- schnittlichen Entwicklung der Miethöhen und Angebotsmieten verglichen. Für das Jahr 2013 betrug der gemittelte Wert auf Bundesebene 6,82 Euro, für die Jahre 2017/2018 betrug er 8,22 Euro. Die Steigerung der Mieten betrug somit 21 Prozent. Es wurde angenommen, das eine „deutlich über dem Bundesdurchschnitt“ liegende Mietensteigerung jeden- falls vorliegt, wenn dieser Wert zuzüglich 10 Prozentpunkten erreicht wird. Zur Einstufung als insoweit angespannter Wohnungsmarkt musste in einer Gemeinde eine Steigerung von mehr als 31 Prozent zu verzeichnen sein. Alternativ wurde durch den Gutachter ein angespannter Wohnungsmarkt angenommen, wenn zu beiden untersuchten Zeitpunkten die Miete vor Ort über dem Bundesdurchschnitt lag. Diese Alternative war in der Gemeinde Panketal von Relevanz. Für die Gemeinde Panketal wurde für 2012/2013 eine durchschnittliche Angebotsmiete in Höhe von 7 Euro ermittelt. Für 2017/2018 lag der durchschnittliche Angebotsmietpreis bei 8,85 Euro. Damit erreichte die Gemeinde eine Steigerung der Angebotsmieten in Höhe von 26,4 Prozent. Der Wert lag über dem Bundesdurchschnitt erreichte allerdings nicht die angenommene Grenze „deutlich über dem Bundesdurchschnitt“ liegend in Höhe von 31 Prozent. Der Gemeinde wurde dennoch ein angespannter Wohnungsmarkt im Hinblick auf den Indikator der Entwicklung von Angebotsmieten attes- tiert, weil nach der alternativen Betrachtung die Werte aus den Jahren 2012/2013 und 2017/2018 in ihrer absoluten Höhe über dem Bundesdurchschnitt lagen. Gleiches gilt für die Gemeinde Eichwalde. Für Eichwalde wurde für 2012/2013 eine durchschnittliche Angebotsmiete in Höhe von 7,24 Euro ermittelt. Für 2017/2018 lag der durchschnittliche Angebots- mietpreis bei 8,64 Euro. Damit erreichte die Gemeinde eine Steigerung der Angebotsmieten in Höhe von 19,3 Prozent. Der Wert lag über dem Bundesdurchschnitt erreichte allerdings nicht die angenommene Grenze „deutlich über dem Bundesdurchschnitt“ liegend in Höhe von 31 Prozent. Der Gemeinde wurde dennoch ein angespannter Wohnungsmarkt im Hinblick auf den Indikator der Entwicklung von Angebotsmieten attestiert.

• Mietpreisdifferenz 2018 – Angebots- und Vergleichsmieten

Als Grenzwert für den bundesweiten Durchschnitt für die Neuvermietungen wurden die Werte für Erst- und Wieder- vermietungen im Jahre 2017 und im Jahre 2018 vom Bundesamt für Bau-, Stadt- und Raumforschung angesetzt. Der gemittelte Wert der Jahreswerte 2017 und 2018 betrug 8,22 Euro. Als Wert für die Vergleichsmiete wurde der Deutsch- landwert der gewichteten Vergleichsmiete nach dem oben genannten Schätzmodell in Höhe von 6,55 Euro angesetzt. Die absolute Differenz betrug demnach 1,67 Euro, die Differenz in Prozent 25,5 Prozent. Diese Differenz wurde um 10 Prozentpunkte erhöht um als „deutliche“ Differenz bzw. Steigerung zu gelten. Die Prozentuale Differenz betrug dann 35,5 Prozent. Gemeinden wurden also dann als insoweit angespannter Wohnungsmarkt eingestuft, wenn sie diese Werte überschritten. Beispielhaft werden im Gutachten die Gemeinden Panketal und Potsdam dargestellt, Seite 17, Gutachten Teil 2. Der Bundesdurchschnittswert pro Quadratmeter für die Vergleichsmiete beträgt 6,55 Euro für die Angebotsmiete 2017/2018 8,22 Euro, die Differenz in Prozent 25,5 bzw. 35,5 Prozent (nach Addition von 10 Prozent- punkten für den Beleg der deutlichen Übersteigung des Bundeswertes) Panketal erreicht bei der Vergleichsmiete pro Quadratmeter 6,30 Euro und bei der Angebotsmiete 8,73 Euro. Daraus ergibt sich eine Differenz von 2,43, welche addiert um 10 Prozentpunkte eine Differenz von 38,6 Prozent hervorbringt, die deutlich über dem Bundesdurchschnittswert plus deutlichem Zuschlag liegt. Die Zahlen für Potsdam führen zum identischen Ergebnis. Die Vergleichsmiete pro Quadrat- meter beträgt 6,65 Euro, die Angebotsmiete 9,15 Euro. Die Differenz von 2,50 plus 10 Prozentpunkten für das deutliche Überschreiten des Grenzwertes ergibt für die Stadt einen Wert von 37,6 Prozent. Somit einen Beleg für eine angespannte Wohnungsmarktlage.

• Mietbelastungsquote (Bruttokalt) 2018

Bei der Mietbelastungsquote wird auf die durchschnittliche Mietbelastungsquote in Brandenburg abgestellt. Diese wird mit Durchschnittswerten auf Bundesebene in Bezug gesetzt. Die bundesweite Durchschnittsmiete betrug 2017/2018 rund

8,22 Euro. Die kalten Nebenkosten betrugen 1,33 Euro. Die durchschnittliche Wohnungsgröße, berechnet nach dem Zensus 2011 71,6 Quadratmeter und das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen 48.022,- Euro im Jahr. Hiernach berechnet betrug die durchschnittliche Mietbelastung in Deutschland rund 17,0 Prozent. Als Grenzwert für eine Miet- belastung, die „deutlich“ über dem bundesweiten Durchschnitt liegt, wurde dieser Wert zuzüglich 10 Prozentpunkten verwandt. Demnach musste eine Gemeinde zur Einstufung als insoweit angespannter Wohnungsmarkt eine Miet- belastungsquote von über 27 Prozent aufweisen. Diesen Wert hat keine brandenburgische Gemeinde erreicht.

• Wohnungsversorgungsgrad 2018

Als Grenzwert für einen Wohnungsmarkt, der geringen Leerstand und eine große Nachfrage aufweist, wurde eine Unter- deckung mit Wohnungen angesetzt.

Im Ergebnis weist das Gutachten für 19 Gemeinden im Land Brandenburg einen angespannten Wohnungsmarkt nach. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um gut angeschlossene Gemeinden in der ersten Reihe des Stadt-Umland- Zusammenhangs zu Berlin.

3. Bewertung der Landesregierung in Brandenburg

Auf der Grundlage der gutachterlichen Untersuchungen ist es für die Landesregierung möglich, Gebietskulissen, die auch zukünftig einer förmlichen Mietpreisbegrenzung bedürfen, auf der Basis einer einheitlichen und objektiven Auswertung zu identifizieren. Den beschriebenen Ermittlungsschritten und den daraus folgenden Schlüssen des Gutachtens zur Bestimmung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten in Brandenburg wird nach Bewertung und eigener Willensbildung der Landesregierung vollumfänglich gefolgt.

Ausgehend von den Vorgaben in § 556d Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch wurde vom Gutachter eine Bewertung der Kriterien vorgenommen und darauf aufbauend ein Verfahren entwickelt, um zu ermitteln, ob die ausreichende Versor- gung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist, mithin ein angespannter Woh- nungsmarkt im Sinne des § 556d Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch gegeben ist.

Dabei wurde berücksichtigt, dass für die Beantwortung der Frage, ob eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, aussagefähige Prüfkriterien herangezogen werden müssen. Der Gutachter hat zunächst die Kriterien des § 556d Absatz 2 BGB herangezogen und anschließend für deren nähere Bestimmung Indikatoren entwickelt und bewertet. Für die Bestimmung der Versorgungslage wurde der Indikator des Wohnungsversorgungsgrades 2018 und der Indikator der Höhe der Angebots- und Vergleichsmieten herangezogen, untersucht und ausgewertet. Der Gutachter hat geprüft, ob es ein annäherndes Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage an Wohnungen, wie sie dem allgemein in den Gemeinden anzutreffenden Standard entsprechen, gibt. Dafür hat er nach Größen unterscheidende Wohnungscluster gebildet und auch die Fluktuationsreserve in die Berechnung eingestellt. Schließlich hat er diesen Indikatoren Grenzwerten gegenübergestellt und nur dann, wenn (deutliche) Grenzwertüberschreitungen gegeben waren, Anspannungstendenzen entsprechend dokumentiert. So kommt er zu dem Ergebnis, dass für 69 Prozent der brandenburgischen Gemeinden keine Anspannungstendenzen hinsichtlich einer aus- reichenden Versorgung mit Mietwohnraum gegeben sind, Seite 28 des Gutachtens. Für 31 Prozent der brandenburgischen Gemeinden stellt er Anspannungstendenzen fest.

Für eine Versorgung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen war durch den Gutachter zu untersuchen, ob die Mieten tatsächlich von einem durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmerhaushalt allgemein aufgebracht werden können. Dazu hat der Gutachter den Indikator Mietbelastungsquote (Bruttokalt) 2018 gebildet und untersucht. Auch zu diesem Indikator hat er einen Grenzwert gebildet und nur bei Überschreiten des Grenzwertes das Ergebnis angespannter Wohnungsmarkt angenommen. Im Ergebnis stellt der Gutachter fest, dass zu diesem Kriterium im Land Brandenburg keine Gemeinde Anspannungstendenzen aufweist, Seite 28 des Gutachtens.

Versorgungsschwierigkeiten hat der Gutachter zu den Indiktoren „Mietdifferenz“ bzw. Höhe der Angebotsmieten für Wohnungen in dem Cluster der Größe 45 Quadratmeter bis 75 Quadratmeter und „Vergleichsmieten 2018“ festgestellt. Der Gutachter legt dar, dass in 8 Prozent der untersuchten Gemeinden Brandenburgs die Mietdifferenz zwischen Angebots- und Vergleichsmiete für Wohnungen in dem Cluster der Größe 45 Quadratmeter bis 75 Quadratmeter über dem von ihm gebildeten Grenzwert in Höhe von 2,33 Euro/Quadratmeter bzw. 35,5 Prozent Differenz liegen. Zudem liegen die Mieten für diese Wohnungen in den genannten 8 Prozent der Gemeinden in dem Zeitraum 2017/2018 über dem Bundesdurchschnitt. Der Bundesdurchschnitt beträgt für die genannten Wohnungsgrößen 6,55 Euro/Quadratmeter bis zu 8,22 Euro/Quadratmeter. Für die genannten 8 Prozent der Gemeinden stellt der Gutachter höhere Werte und damit Anspannungstendenzen für den Markt fest, Seite 28 des Gutachtens.

Die Auswertung der Höhe der Entwicklung der Angebotsmieten von den Jahren 2012/2013 bis zu den Jahren 2017/2018 ist das Kriterium, dass die Versorgungsmöglichkeiten der Einwohnerinnen und Einwohner mit einer Mietwohnung un- tersucht und beschreibt. Hier stellt der Gutachter fest, dass in 9 Prozent der Gemeinden in Brandenburg Anspannungs- tendenzen bestehen. Auch hierzu hat der Gutachter einen Grenzwert gebildet. Er schätzt ein, dass eine Steigerung der Angebotsmieten von mehr als 32 Prozent sowie eine Entwicklung oberhalb des Bundesdurchschnitts Anspannungs- tendenzen belegen. Diese angespannte Lage sieht er für 9 Prozent der Gemeinden gegeben.

Schließlich hat der Gutachter die Ergebnisse mit Daten vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen abgeglichen und sie auf diese Weise einer Plausibilitätsprüfung unterzogen. Die Daten stammen aus dem Marktmonitor des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen. Dabei wurden speziell die Daten zu den Neu- und Wiedervermietungsmieten sowie zu den Bestandsmieten zur Plausibilisierung herangezogen. Im Ergebnis wiesen die Eingangsdaten des Gutachters eine vergleichbare Struktur auf. Dies ist ein Beleg für die Tragfähigkeit der gutachterlichen Berechnungen und der daraus abgeleiteten Ergebnisse.

Mit dieser Verordnung bestimmt die Landesregierung die Geltungsdauer der Mietpreisbegrenzung für insgesamt 19 Gemeinden im Land Brandenburg bis zum 31. Dezember 2025. Sie hält dies auf der Grundlage des Gutachtens für erforderlich und sachgerecht. Dies gilt umso mehr als dass die 19 Gemeinden hauptsächlich gut angeschlossene Gemeinden in der ersten Reihe des Stadt-Umland-Zusammenhangs zu Berlin sind. Hier ist zu erwarten, dass der Bevölkerungszuwachs und die angespannte Wohnungsmarktlage in Berlin einen weiteren Bevölkerungszuwachs in genau diesen Gemeinden am Rande der Großstadt hervorbringen werden. Haushalte mit geringem Einkommen werden es schwerer haben, finanzierbaren Wohnraum zu finden. Die Ergebnisse des Gutachtens sind plausibel und überzeugend. Die Gründe für die Erstellung der Gebietskulisse korrespondieren mit empirischen Daten zum Wohnungsbau, die im Geschäftsbereich des Ressorts vorliegen. Für diese Gemeinden kann eine derzeitige und zukünftige Wohnungsmarktenge gemäß § 556d Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch nachgewiesen werden, welche eine Begrenzung des Mieterhöhungs- potenzials beim Abschluss von neuen Mietverträgen rechtfertigt. Von den 19 Gemeinden erfahren 16 eine Verlängerung der Verordnungswirkungen, 3 Gemeinden werden erstmals in den Wirkbereich der Mietpreisbegrenzungsverordnung aufgenommen.

Im Gutachten Teil 1 zur Evaluierung der Wirksamkeit der Regelungen der Kappungsgrenzenverordnung und Mietpreis- begrenzungsverordnung im Land Brandenburg vom Mai 2020 wird der Mietpreisbremse in Brandenburg bislang eine kaum merkliche Preiswirkung auf dem Mietwohnungsmarkt attestiert. Diese Aussagen sind jedoch nicht geeignet, eine Neufestsetzung der Mietpreisbegrenzungsverordnung im Land Brandenburg abzulehnen. Die erste Mietpreis- begrenzungsverordnung des Landes Brandenburg vom 8. Dezember 2015 war mangels Veröffentlichung der zugrunde- liegenden Verordnungsbegründung nichtig. Durch Urteil des Amtsgerichtes Potsdam vom 27. September 2018, Aktenzeichen 23 C 93/17, wurde sie verworfen. Die Mietpreisbegrenzungsverordnung ist daraufhin erst am

28. März 2019 neu erlassen worden. In der Zeit des Klageverfahrens und der Neufestsetzung werden viele Vermie- terinnen und Vermieter, Mieterinnen und Mieter verunsichert gewesen sein, ob sie dem Inhalt der Verordnung folgen sollen oder nicht. Dieser Zeitraum bildet den Kern des Inkraftsetzungszeitraumes ab. Das Gutachten korrespondiert mit dieser Lage, indem es eine geringe Anwendung der Norm feststellt.

Ausweislich des Evaluationsberichtes hat auch die komplexe Regelungsstruktur der Mietpreisbremse im Bürgerlichen Gesetzbuch zur mangelnden Anwendung in der Praxis geführt. Bürgerinnen und Bürger haben sich die Durchsetzbarkeit der Normen nicht zugetraut. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Durch- setzbarkeit der Mietpreisbremse für Mieterinnen und Mieter mit Inkrafttreten des Mietrechtsanpassungsgesetzes vom

18. Dezember 2018 (BGBl. I Seite 2648) vereinfacht haben. Nach dem neuen § 556d Absatz 1a Bürgerliches Gesetzbuch müssen Vermieterinnen und Vermieter vor Abschluss des Mietvertrages unaufgefordert Auskunft über Umstände erteilen, die eine höhere, über der Mietpreisbremse liegende Miete oder eine Ausnahme von der Mietpreisbremse recht- fertigen. Sie oder er müssen Auskunft geben zur Vormiete, zu Modernisierungsmaßnahmen und zum möglichen Neu- baustatus. Andernfalls können sie sich nicht auf die höhere Miete berufen. Weiterhin ist zum Schutz der Mieterinnen und Mieter das Erfordernis einer qualifizierten Rüge abgeschafft worden. Gemäß § 556g Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch genügt eine einfache Rüge. Mieterinnen und Mieter können sich somit vereinfacht auf einen Verstoß gegen die Regelung der Mietpreisbegrenzungsverordnung berufen und zu viel gezahlte Miete zurückverlangen. Diese vereinfachenden Vorschriften sind erst zum 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Sie konnten somit für die Evaluierung durch den Gutachter noch keine Wirkung zeigen.

Die Entscheidung, ob eine Gemeinde mit angespanntem Wohnungsmarkt ausgewiesen werden soll, wurde nicht davon abhängig gemacht, dass in der betroffenen Gemeinde ein örtlicher Mietspiegel vorhanden ist. Nach der Gesetzes- begründung zum Mietrechtsanpassungsgesetz sollte bei der Entscheidung auch berücksichtigt werden, ob die Vertrags- parteien die nach Inkrafttreten der Mietpreisbegrenzungsverordnung zulässige Miete mit zumutbarem Aufwand ermitteln können (BT-Drucksache 18/121, Seite 29). Örtliche Mietspiegel erleichtern den Mietparteien, die zulässige Miete zu ermitteln. Gemäß § 558c Absatz 4 Bürgerliches Gesetzbuch sollen die Gemeinden Mietspiegel erstellen, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit vertretbarem Aufwand erfolgen kann. Es handelt sich daher bei der Erstellung von

Mietspiegeln um eine im Ermessen der einzelnen Gemeinde liegende kommunale Aufgabe. Deren Nichterfüllung kann nicht dazu führen, Mieterinnen und Mieter bei nachgewiesener Anspannungslage auf dem Wohnungsmarkt nicht zu schützen. Ein Unterschied zwischen Mieterinnen und Mietern in Gemeinden mit und ohne Mietspiegel sieht auch das Bundesrecht so nicht vor. Vielmehr sind auch die Mieterinnen und Mieter in einer Gemeinde ohne Mietspiegel bei nach- gewiesener angespannter Wohnungsmarktlage in gleicher Weise vor einer Verdrängung aus ihren angestammten Wohn- quartieren bedroht und somit schutzbedürftig. Die Ausweitung der Schutzfunktion einer Mietpreisbegrenzungsver- ordnung auf Gemeinden ohne Mietspiegel erscheint daher ebenso angemessen und keineswegs unverhältnismäßig. Dies gilt umso mehr, als dass § 558a Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch auf Alternativen hinweist. Mit vertretbarem Aufwand kann im Sinne von § 558a Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch eine Auskunft aus einer Mietdatenbank eingeholt, ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen herangezogen oder eine Sammlung entsprechender Entgelte für vergleichbare Wohnungen herangezogen werden. Dabei genügt die Benennung von drei Wohnungen. Da das Schutzziel der Mietpreisbegrenzungsverordnung darin besteht, angestammte Wohn- quartiere für die Mieterinnen und Mieter zu sichern, darf davon ausgegangen werden, dass insbesondere die letztgenannte Alternative leicht zu bewältigen sein wird. Landandauernde Nachbarschaftsverhältnisse werden ein Vertrauen aufgebaut haben, dass es ermöglicht, vergleichende Entgelte zu beschaffen und vorzulegen. Im Übrigen ist dies auch Kleinver- mietern zumutbar, die nicht über Vergleichswohnungen im eigenen Bestand verfügen. In Betracht kommen Auskünfte von Grundeigentümer- und Vermieterverbänden und von Vermietern in der Nachbarschaft. Auf diese Weise erscheint das Prognoserisiko für beide Vertragsparteien tragbar. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass für die- jenigen 15 Gemeinden, die noch nicht über einen Mietspiegel verfügen, mit Aufnahme in die Gebietskulisse der Miet- preisbegrenzungsverordnung in Zukunft ein Bedürfnis im Sinne von § 558c Absatz 4 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetz- buches entstehen dürfte, einen entsprechenden Mietspiegel zu erstellen.

Die Dämpfungswirkungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete sind von gleicher Relevanz wie die Preisdämpfungs- wirkungen. Das im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz und für Verbraucherschutz vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) erstellte Gutachten zur Untersuchung der Wirksamkeit der in 2015 eingeführten Regelungen zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten (Mietpreisbremse), das am

24. Januar 2019 vorgestellt wurde, kommt zum gleichen Ergebnis. Die Mietpreisbremse habe den intendierten Effekt einer Verlangsamung der Mietdynamik erreicht. Die Mietpreisbremse habe eine moderate Verlangsamung des Miet- anstiegs bewirkt. Sie entfalte eine Bremswirkung.

Das bestätigt auch der qualifizierte Mietspiegel für die Landeshauptstadt Potsdam, der am 13. August 2020 in Kraft getreten ist, und für die Jahre 2018 und 2019 einen Mietpreisanstieg in Höhe von 2,95 Prozent ausweist. Auch der am

13. Mai 2019 veröffentlichte Mietspiegel aus Berlin kann als Beleg herangezogen werden. Dieser dokumentiert, dass sich in den vergangenen zwei Jahren der jährliche Mietenanstieg in Berlin im Durchschnitt im Vergleich zu den Vorjahren nahezu halbiert habe. Dies kann auch auf die Wirkungen der Mietpreisbremse zurückgeführt werden. Zwar liegt in Berlin eine andere Wohnungsmarktsituation als in Brandenburg vor und auch der Mietspiegel für die Landeshauptstadt Potsdam ist nicht auf die Umlandgemeinden übertragbar. Dennoch können die Wirkungen der Kappungsgrenze und der Mietpreis- bremse in Berlin vergleichend auf die Brandenburger Gebietskulisse herangezogen werden, da diese – wie auch das Gutachten belegt – die Berliner Umlandgemeinden erfasst. Diese sind dem Siedlungsdruck aus Berlin ausgesetzt – Mieter, die sich in Berlin nicht mehr mit bezahlbarem Wohnraum versorgen können, ziehen ins Berliner Umland und verschärfen dort die Wohnungsmarktsituation. Die angespannte Lage auf den Wohnungsmärkten wird voraussichtlich noch einige Zeit Bestand haben. Die Nachfrage nach preiswertem Wohnraum bleibt bestehen, Sozialbindungen werden auslaufen, zudem entsteht noch nicht hinreichend Wohnungsneubau im bezahlbaren Segment. Die zukünftige Bevölkerungs- entwicklung ist ein Indikator für die Entwicklung der Nachfrage nach Wohnraum. Eine positive Bevölkerungsent- wicklung bewirkt eine erhöhte Nachfrage, die zu einer Verringerung oder Verknappung des Wohnungsangebots führt. Eine deutliche Erhöhung der Nachfrage innerhalb einer Gemeinde bedingt zumeist eine Erhöhung der Vergleichsmiete und ist ein hohes Risikopotenzial für die betroffenen Haushalte, da mit einer entsprechenden Mietanpassung zu rechnen ist. Daher ist eine Fortsetzung der Regelung zur Mietpreisbremse zum jetzigen Zeitpunkt in diesen Gemeinden angezeigt. Im Gegenzug sind Gemeinden mit hinreichendem Wohnungsneubau oder äquivalenten Maßnahmen aus der Gebiets- kulisse zu entlassen.

Regelmäßig werden Übereinstimmungen der gutachterlichen Bewertung mit den Bekundungen der Gemeinden aus der Befragung 2019 deutlich. Empirische Daten des Landesamtes für Bauen und Verkehr zeigen, dass die Angebotsmieten im Zeitraum von 2014 bis 2018 in den Gemeinden Königs Wusterhausen, Schönefeld, Schulzendorf, Birkenwerder, Hohen Neuendorf und Teltow um mehr als 2 Euro gestiegen sind.

Dennoch wird hier nur für die Gemeinden Schulzendorf, Birkenwerder, Hohen Neuendorf und Stahnsdorf der Bedarf für die Aufnahme in die Gebietskulisse der Mietpreisbegrenzungsverordnung gesehen. Schulzendorf, Birkenwerder, Hohen Neuendorf und Stahnsdorf erreichen in der Gesamtauswertung aller Indikatoren die Höchstpunktzahl von 75 Punkten. In diesen Gemeinden übersteigt nicht nur die Angebotsmietenentwicklung, gemessen über die letzten fünf Jahre, den gesetzten Grenzwert. Vielmehr liegen zusätzlich auch Grenzwertüberschreitungen für die Indikatoren für den Wohnungsversorgungsgrad (2018) und für die Mietpreisdifferenz (2018) vor. Königs Wusterhausen und Schönefeld

hingegen erreichen zusätzlich allein den Grenzwert für den Indikator Mietpreisdifferenz (2018) – Differenz zwischen der Angebots- und Vergleichsmiete. Der Indikator für den Wohnungsversorgungsgrad (2018) wird hingegen nicht erreicht. Sie erreichen damit insgesamt nur 50 Punkte in der Gesamtauswertung. Dies korrespondiert mit der Aussage der Gemeinde Schönefeld in der Kommunalbefragung im Frühjahr 2019. Damals hat das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung 63 Gemeinden befragt, ob sie einen Bedarf für die Fortsetzung der Wirkungen einer Kappungsgrenze sehen (Anlage 3.3). Die Gemeinde trug vor, dass im Vorjahr Bauarbeiten für über 700 Wohnungen begonnen und weitere Baugenehmigungen erteilt wurden. Königs Wusterhausen trug in der Befragung vor, der städtischen Wohnungsbau- gesellschaft Flächen zum Neubau angeboten zu haben. Diese Aussage korrespondiert mit aktuellen Zahlen, wonach in der Gemeinde Königs Wusterhausen in den Jahren 2016 bis 2019 ein Wohnungszuwachs in Höhe von rund 720 Wohnungen zu verzeichnen ist.

In den Gemeinden Erkner und Großbeeren stiegen die Angebotsmieten um weniger als 1 Euro. Zwar ist in der Gemeinde Großbeeren die geringste Mietenentwicklung zu verzeichnen, gleichzeitig hat aber ein deutlicher Bevölkerungszuwachs stattgefunden bei nur geringer Anzahl von Belegungsbindungen und steigender Anzahl von Anträgen auf Erteilung eines Wohnberechtigungsscheines. Eine positive Bevölkerungsentwicklung ist ein Indikator für eine ansteigende Nachfrage auf dem regionalen Wohnungsmarkt, die zu einer Anspannungssituation führen kann. Die Zahl der Wohnungsangebote hat sich im Zeitraum von 2014 bis 2018 halbiert. Die Gemeinde legt in der o. g. Befragung durch das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung in 2019 dar, dass der Mietwohnungsbestand in der Gemeinde vorrangig von privaten Vermietern gehalten wird und die Gemeinde dort die Miethöhe nicht beeinflussen kann. In der Wohnungsbaugesellschaft Großbeeren gibt es keinen Leerstand. Durch den Leerstand wird die verfügbare Wohnungszahl für mögliche Wohnungs- wechsel angezeigt. Ein hoher Wohnungsleerstand in einer Gemeinde ermöglicht in der Regel keine hohen Mietpreis- steigerungen. Ohne Leerstand ist davon auszugehen, dass die Wohnungsmarktlage sehr angespannt ist.

Erkner erreicht in der gutachterlichen Bewertung 0 Punkte, Großbeeren 75 Punkte. Die Gemeinde Erkner hat damit keine Aussicht auf Aufnahme in die Gebietskulisse. Dies korrespondiert mit der Darstellung der Gemeinde in der o. g. Befragung 2019. Die Gemeinde erklärte, keinen Bedarf am Schutzschirm einer Kappungsgrenzenverordnung zu haben und begründete dies mit guten Strategien der stadteigenen Wohnungsgesellschaft. Großbeeren hingegen erreicht in der gutachterlichen Bewertung für drei Indikatoren Grenzwertüberschreitungen. Dies korrespondiert ebenfalls mit der Kommunalbefragung von 2019. Damals bekundete die Gemeinde, keinen Leerstand im Wohnungsbestand der Wohnungsbaugesellschaft Großbeeren zu haben. Beim Wohnungsneubau wurden seit 2014 lediglich 23 Wohnungen benannt, in Planung seien 25 Wohnungen für Sommer 2019 und Frühjahr/Sommer 2020 bezugsfertig anzubieten.

Der Marktmonitor für Mieten und Betriebskosten des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunter- nehmen weist für seine Mitgliedsunternehmen zum Stichtag 31.12.2018 hohe durchschnittliche Nettokaltmieten für die Gemeinden Teltow, Blankenfelde-Mahlow, Falkensee und Potsdam aus. Die Werte liegen über sechs Euro pro Quadratmeter. Damit haben diese Gemeinden die Durchschnittswerte Berlins erreicht. Die Entwicklung der Angebotsmieten zeigt die Dynamik der regionalen Mietwohnungsmärkte auf. Eine hohe positive Bevölkerungsent- wicklung deutet auf eine Anspannungssituation hin, wodurch die ausreichende Versorgung zu angemessenen Bedin- gungen derzeit und kurzfristig gefährdet ist. Darüber hinaus ist die Entwicklung der Angebotsmieten über einen Zeitraum von fünf Jahren entscheidend für die Mietpreissituation in den darauffolgenden fünf Jahren, da diese Mieten einen erheb- lichen Bestandteil bei der Bildung der zukünftigen ortsüblichen Vergleichsmieten bilden. Bei einer geschätzten Fluk- tuation von jährlich 10 Prozent und unter Berücksichtigung von im selben Zeitraum mehrfach umziehenden Haushalten ist von einem Anteil der Angebotsmieten an den zukünftigen ortsüblichen Vergleichsmieten von rund 40 Prozent aus- zugehen. Sofern die Angebotsmiete größer ist als die Vergleichsmiete zeigt dies eine hohe Dynamik auf dem regionalen Wohnungsmarkt auf. Das Angebot an preiswerten Wohnungen für Haushalte mit geringem Einkommen wird abnehmen. Diese Haushalte sehen sich einer Preissteigerung gegenüber, die es ihnen kontinuierlich schwerer macht, finanzierbaren Wohnraum zu finden. Diese Gemeinden haben einen deutlichen Bedarf für eine Mietpreisbegrenzung. Auch diese Zahlen korrespondieren mit den Ergebnissen des Gutachtens.

Diese Lage fasst das Gutachten im Teil 2 wie folgt zusammen: „Daher ist in den nächsten Jahren auch eine weitere Zunahme der Wohnungsnachfrage in den Stadt-Umland-Gemeinden von Berlin zu erwarten. Dies betrifft insbesondere autobahntechnisch und mittels Öffentlichem Personennahverkehr- und Schienenpersonennahverkehr gut angebundene Standorte, wie beispielsweise Potsdam oder Schöneiche.“

Auf Seite 35 des Gutachtens werden alle Gemeinden in Brandenburg, die unter den Schutz der Mietpreisbegrenzungs- verordnung gestellt werden aufgeführt. Alle Gemeinden werden hinsichtlich ihrer Lage definiert als „innerhalb“ des Stadt-Umland-Zusammenhangs mit Berlin. Aus einer tabellarischen Übersicht kann entnommen werden, wie der Gutachter auf der Grundlage eines Punktesystems die einzelnen Kriterien und Indikatoren bewertet hat. Das Punkte- system wird auf den Seiten 29 und 30 des Gutachtens erläutert. Der Gutachter hat eine Nutzwertanalyse durchgeführt, weil er in dieser Methode eine hohe Transparenz und Nachvollziehbarkeit sieht. Jeder der oben genannten vier Indika- toren wurde gleich gewichtet. Jeder Indikator erhielt für die abschließende Auswertung den Faktor 25 Prozent. Erreichen die Indikatoren einen Wert von 75 Prozent, wird für die entsprechenden Gemeinden ein angespannter Wohnungsmarkt

angenommen. Daraus wird auch deutlich, dass der Umstand, dass in Brandenburg die Mietbelastungsquote in keinem Fall den gutachterlich gesetzten Grenzwert überschreitet, nicht der Schluss gezogen werden kann, es gebe keine an- gespannten Wohnungsmärkte.

Ferner wurde deutlich, dass die Mietpreisbegrenzungsverordnung nicht für alle bisher unter deren Schutz stehenden Gemeinden zu verlängern ist. Die Angaben aus den Rückläufen belegen Anstrengungen der Gemeinden, Abhilfe bezüg- lich der angespannten Lage zu schaffen. Für die Gemeinden Erkner, Bernau und Petershagen/Eggersdorf, die bisher zur Gebietskulisse der Mietpreisbremse gehörten, sind die Voraussetzungen derzeit nicht gegeben. Die Stadt Erkner hat den Neubau forciert. Die Anzahl der Wohnungsangebote hat sich im Zeitraum von 2014 bis 2018 um circa die Hälfte erhöht, die Angebotsmieten haben sich im Vergleich zu den anderen Gemeinden aus der Gebietskulisse nur geringfügig ent- wickelt. In Petershagen/Eggersdorf ist ein Bevölkerungszuwachs im hohen dreistelligen Bereich und ein Rückgang des belegungsgebundenen Wohnungsbestandes zu verzeichnen. Gleichzeitig gibt es dort nur eine geringe Nachfrage für preisgünstigen Wohnraum durch Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen oder Studierende. Die Zahl der Wohnungs- angebote hat sich im Zeitraum von 2014 bis 2018 mehr als verdoppelt. Auch nach Angabe der Gemeinde ist die Wohnungsmarktsituation im Wesentlichen ausgeglichen. Auch hier ist daher eine Einstufung der Gemeinde in die Gebietskulisse derzeit nicht gegeben. Auch in Bernau ist erheblicher Wohnungsneubau realisiert worden. Die bisherige Einschätzung, dass Bernau in die Gebietskulisse Aufnahme finden müsse, wird daher nicht aufrechterhalten.

Die Gebietskulissen beziehen sich jeweils auf das gesamte Gemeindegebiet. § 556d Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch lässt eine Differenzierung auf Teile einer Gemeinde zu. Hiervon wurde abgesehen, weil die Prüfungen ergaben, dass es keine landesweit verfügbaren einheitlichen statistischen Daten auf den entsprechenden Gliederungsebenen gibt.

IV. Geltungsdauer

Gemäß § 556d Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch erlaubt der Gesetzgeber für Gebiete mit angespannten Wohnungs- märkten, Verordnungen zur Begrenzung der Mietpreise für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen.

Anhaltspunkte für eine in einzelnen Gemeinden bereits vor Ablauf der Geltungsdauer entfallende Versorgungsgefähr- dung haben sich im Rahmen der Untersuchung nicht ergeben. Die Geltungsdauer der Verordnung wird somit auf fünf Jahre festgelegt.

V. Maßnahmen zur Verbesserung der Lage auf dem Wohnungsmarkt

Die in der gültigen Mietpreisbegrenzungsverordnung dargestellten Maßnahmen zur Beseitigung des Wohnungsmangels konnten noch nicht in dem Maße greifen, als dass eine allgemeine Entspannung der Wohnungsmärkte zu verzeichnen wäre. Wie dargelegt haben die Maßnahmen in einigen bisher unter den Schutz der Mietpreisbegrenzungsverordnung stehenden Gemeinden Wirkung gezeigt. Diese konnten aus dem Wirkbereich der neuen Verordnung ausgenommen werden. Die Landesregierung wird jedoch weiterhin wohnungspolitische Maßnahmen ergreifen und begonnene Konzepte weiterhin verfolgen, um im Zeitraum der Geltung der Mietpreisbegrenzungsverordnung den angespannten Wohnungs- marktlagen entgegenzuwirken.

1. Wohnraumförderung – Bund und Land Brandenburg

Der Bund hat dem Land Brandenburg folgende Beträge als Kompensationsleistungen jährlich zur Verfügung gestellt: 2018 – circa 75 Millionen Euro

2019 – circa 75 Millionen Euro.

Seit 2020 erfolgt die Wohnraumförderung auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift Sozialer Wohnungsbau des Bundes. Dazu werden dem Land Brandenburg jährlich ca. 30 Millionen Euro als Verpflichtungsrahmen bereitgestellt. Neben den Bundesmitteln hat das Land Brandenburg weitere Mittel zur Verfügung gestellt, um damit ein Gesamt- bewilligungsvolumen von mindestens 100 Millionen Euro jährlich für den sozialen Wohnungsbau bereit stellen zu können.

Im Rahmen der integrierten Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik, ist es erklärtes Ziel, eine regional angemessene und sozial ausgerichtete Wohnraumversorgung vor dem Hintergrund des demografischen Wandels landesweit zu unter- stützen. Das Brandenburgische Wohnraumförderungsgesetz bietet dafür eine wichtige Voraussetzung zur Förderung von Mietwohnungsneubau, Modernisierung und Instandsetzung von Wohnraum, Wohneigentumsbildung und die Anpassung an die Bedürfnisse der Menschen.

Gefördert wird einerseits der Mietwohnungsneubau, der insbesondere in den angespannten Wohnungsmärkten zur Entlastung beitragen soll. Gefördert werden Investitionen im Mietwohnungsbestand. Dazu gehören Maßnahmen der Modernisierung und Instandsetzung zur generationsgerechten Anpassung von Mietwohnungen. Die Rahmen- bedingungen für die Förderung wurden mit Wirkung zum 01.10.2019 verbessert. So erfolgten rechtliche, inhaltliche und begriffliche Anpassungen an das Brandenburgische Wohnraumförderungsgesetz als geltende rechtliche Grundlage der Wohnraumförderung. Bestehende Regelungen wurden deutlich gestrafft und vereinfacht, während eine höhere Variabilität der Förderung z. B. im Zusammenhang mit der Förderung von besonderen Wohnformen ermöglicht wurde. Weiterhin wurden Vereinfachungen insbesondere für private Unternehmen bei der Vergabe von Bauleistungen neu festgelegt. Bei 25-jähriger Belegungsbindung beträgt die Förderung des Wohnungsneubaus und der Wiederherstellung von Wohnraum bis zu 2 500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Dabei können Teile der Förderung als Zuschuss (350 Euro pro Quadratmeter) und Teile als Darlehen (bis zu 2 150 Euro pro Quadratmeter) ausgereicht werden. Für die Modernisierung und Instandsetzung von Wohnungen beträgt das Förderdarlehen bis zu 1 800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche.

Für das Jahr 2020 liegen aktuell Anträge im Bereich der sozialen Mietwohnraumförderung über ein Fördervolumen von insgesamt 243 Millionen Euro vor. Dem gegenüber steht ein für das Jahr 2020 verfügbares Volumen von ca. 175 Millionen Euro. Mit Stand vom 08. Dezember 2020 konnten von den vorliegenden Anträgen im Programm- jahr 2020 bislang insgesamt 579 Wohneinheiten mit einem Volumen von 81,3 Millionen Euro zugesagt werden. Weitere Zusagen werden in noch 2020 erwartet. Über die tatsächliche Höhe der Bewilligungen kann erst Anfang 2021 Auskunft gegeben werden. Darüber hinaus gibt es Anfragen auf Förderung ab 2021 über ein geschätztes Volumen von weiteren ca. 233 Millionen Euro.

2. Bündnis für Wohnen

Das Bündnis wurde am 16. März 2017 gegründet. Innerhalb des Bündnisses wurden Arbeitsgruppen gebildet und in Werkstätten wichtige aktuelle Zielstellungen diskutiert und gemeinsame Vorgehensweisen abgesprochen, um diese Ziele zu erreichen. Ein wichtiges Ziel des Bündnisses ist es, den Bau von bezahlbaren Wohnungen zu beschleunigen sowie die Baukosten zu senken bzw. stabil zu halten. Bis zum Februar 2021 waren der Bauindustrieverband, der BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V., BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungs- unternehmen Landesverband Berlin-Brandenburg e.V., Landesverband der Brandenburgischen Haus- und Grundeigen- tümervereine, die Brandenburgische Architektenkammer, die Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V., der Deutsche Mieterbund e. V., das Städteforum Brandenburg sowie der Städte- und Gemeindebund Brandenburg e. V. im Bündnis für Wohnen.

Zu den Themen des Bündnisses zählen unter anderem die Ausgestaltung der Wohnraumförderung, Schaffung und Erhalt von Miet- und Belegungsbindungen, Bereitstellung von Bauland, Standards, Planungskosten, Baukosten, Bauqualität. In den Jahren 2017 und 2018 fanden mehrere Werkstatttermine statt, unter anderem zu den Themen Baukosten und Bezahl- barkeit des Wohnens. Das Bündnis bildete die Arbeitsgemeinschaften „Wohnraumförderung“ und „Baukosten“. Sie erarbeiteten Empfehlungen, die im Bündnis im Hinblick auf Ihre Umsetzbarkeit ausgewertet wurden. Hierzu zählten in der Arbeitsgemeinschaft Wohnraumförderung:

o Ausweitung der Zuschussförderung,

o Anhebung der Darlehensförderung,

o Keine, zum Beispiel bautechnischen oder energetischen, Standards über geltende Rechtsvorschriften hinaus

o Mehr Gewicht auf die Neuschaffung von Wohnraum im Berliner Umland als auf Modernisierung des Bestandes

o Verstetigung der Mittel für die Wohnraumförderung nach 2019 mindestens in der bisherigen Höhe

o Flexibilisierung von Bindungen

o Förderung in Abhängigkeit des regionalen Bedarfs

Bisher konnte das Bündnis für Wohnen schon viel erreichen. Die konstruktive und effiziente Zusammenarbeit der Bündnispartner ist eine wichtige Grundlage für die erfolgreiche Wohnungsbauoffensive des Landes Brandenburg. Vor dem Hintergrund einer positiven Zwischenbilanz gaben die Bündnispartner im August 2020 eine gemeinsame Erklärung zur weiteren Zusammenarbeit ab. Das Bündnis hatte sich dazu verständigt, die konstruktive Zusammenarbeit auch zukünftig fortzusetzen und zu verstetigen. Im Frühjahr 2021 erklärte der Deutsche Mieterbund e. V. überraschend seinen Austritt. Er erachtete die gutachterliche Bewertung der notwendigen Gebietskulisse der mietpreisbremsenden Ver- ordnungen als zu streng. Aus der Sicht der Landesregierung ist die Rückkehr des Mieterbundes in das Bündnis für Wohnen jederzeit möglich.

3. Standortmodelle zur Verlängerung von Mietpreis- und Belegungsbindungen

Neben der klassischen Förderung entwickelt das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung zusammen mit den kommunalen Akteuren und der Investitionsband des Landes Brandenburg (ILB) kommunal und wohnungswirtschaftlich

passgenaue Standortmodelle zur Ausweitung, Schaffung sowie zum Erhalt von Mietpreis und Belegungsbindungen. Vorreiterprojekt ist das sogenannte „Potsdamer Modell“, welches auf weitere Standorte ausgeweitet werden konnte. Diese Finanzierungsmodelle dienen der Neugenerierung und Reaktivierung sowie Verlängerung von Mietpreis- und Belegungsbindungen. Ziel ist jeweils eine einzelvertragliche Vereinbarung zwischen dem Wohnungsunternehmen als Fördernehmer und der Investitionsbank des Landes Brandenburg als Geschäftsbesorgerin. Das Ministerium für Infra- struktur und Landesplanung ist nicht Vertragspartner. Die Zustimmung stellt im weiteren Sinn eine Entscheidung nach den §§ 58, 59 der Landeshaushaltsordnung (Vertragsänderung) dar.

Mit dieser Form der Standortmodelle konnten bislang ca. 4.300 Mietpreis- und Belegungsbindungen haushaltsschonend generiert werden. An einigen Standorten ist es hierdurch weiter möglich gewesen, den Fördernehmern die Möglichkeit zu eröffnen in neue Fördervorhaben zu investieren. Auch hier werden Mietpreis- und Belegungsbindungen neu entstehen.

Diese Modelle leisten einen Beitrag, um dem massiven Rückgang von belegungsgebundenem Wohnraum durch Aus- laufen von Zweckbindungen im gesamten Land Brandenburg entgegenzuwirken. Die Schaffung und Erhalt von Mietpreis und Belegungsbindungen durch Neugenerierung, Reaktivierung und Verlängerung von Miet- und Belegungsbindungen ist neben der klassischen Wohnraumförderung für Neubau- und Modernisierungsmaßnahmen steht im landespolitischen Interesse, da allein die Wohnraumförderung die Bedarfe an belegungsgebundenem Wohnraum allein nicht zu decken vermag.

Gleichzeitig unterstützen die Belegungsbindungen aus der Neugewährung von Fördermitteln und aus individuellen Standortmodellen die bedarfsorientierte Verschiebung von Belegungsbindungen an prosperierenden Standorten mit positiver Bevölkerungs- und wirtschaftlichen Entwicklungen. Sie können einer zunehmenden Segregation an Standorten entgegenwirken, da sie flexibel auszubringen sind.

4. Brandenburgisches Wohnraumförderungsgesetz (BbgWoFG)

Am 01.10.2019 ist das Brandenburgische Wohnraumförderungsgesetz in Kraft getreten. Damit wurde die Grundlage geschaffen, die Wohnraumförderung zu modernisieren und flexibilisieren.

Wesentliche Neuerungen im Vergleich zum zuvor geltenden Bundesgesetz sind:

o Änderung der Einkommensgrenzen in Anpassung an die aktuelle Preisentwicklung und demographischen Bedürfnisse

o Dynamische Anpassung der Einkommensgrenzen an die Einkommensentwicklung in Brandenburg alle vier Jahre

o Berücksichtigung gemeinschaftlicher Wohnformen durch Erweiterung der Zielgruppen des Gesetzes und des Haus- haltsbegriffs

o Ermöglichung von Abweichungen, zum Beispiel vom Haushaltsbegriff, vom Erfordernis eines Wohnberech- tigungsscheines oder von den Einkommensgrenzen, um den Anforderungen besonderer Wohnformen (Studierende und Auszubildende, Menschen mit Behinderung oder Wohngemeinschaften zur Unterstützung im Alter) besser gerecht zu werden.

5. Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in Brandenburg (Brandenburgisches Zweckent- fremdungsverbotsgesetz – BbgZwVbG)

In Anbetracht der angespannten Wohnungsmärkte und der in der Landeshauptstadt zu verzeichnenden ansteigenden Nutzung von Mietwohnungen zur Fremdbeherbergung ist im Jahr 2019 mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz eine landesgesetzliche Regelung zur Zweckentfremdung geschaffen werden. Da Zweckentfremdung von Wohnraum kein landesweites Problem ist, legt das Gesetz kein Zweckentfremdungsverbot für alle Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten fest, sondern regelt eine Satzungsermächtigung. Das Gesetz bietet den Gemeinden ein Instrument zu verhindern, dass Wohnraum ungenehmigt dem Wohnungszweck entzogen wird. Bestehender Wohnraum kann so erhalten und die Verringerung des Wohnraumangebotes gebremst werden. Die Gemeinden können durch Satzung bestimmen, dass Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf. Verstöße sind als Ordnungswidrigkeit sanktionierbar. Somit wird ermöglicht, zumindest einen Teil der betroffenen Wohnungen in den Mietwohnungsmarkt zurückzuführen und über den Genehmigungsvorbehalt ein belastbares Monitoring im Rahmen der Wohnungsaufsicht aufzubauen. Dies ist ein Beitrag zur Verbesserung der Wohnraumversorgung.

6. Aufbau eines Wohnungsmarktbeobachtungssystems

Im Wohnungspolitischen Kompass 2019 wurde festgestellt, dass eine Evaluierungs- und Frühwarnfunktion zur Beobach- tung und Steuerung von Wohnungsmarkt und Wohnungspolitik ratsam sei. Es wurde empfohlen ein Wohnungsmarkt- beobachtungssystem aufzubauen, um ein geeignetes Steuerungsinstrument zu installieren, dass es dem Land möglich

macht frühzeitig Marktveränderungen und Trends zu erkennen, eine qualifizierte Bewertung der Situation vornehmen zu können und den Einsatz wohnungspolitischer Instrumente steuern und Förderstrategien zielgenau ausrichten zu können. Das Land ist dieser Empfehlung gefolgt und hat im Jahr 2020 mit dem Aufbau eines solchen Systems begonnen. Ein erster Kurzbericht wird in 2021 veröffentlicht werden. Das System soll danach kontinuierlich aufgebaut und weiter- entwickelt werden.

7. Planungsförderungsrichtlinie des Landes Brandenburg

Das Ziel der neuen Planungsförderungsrichtlinie ist es die Städte und Gemeinden bei der Flächennutzungsplanung sowie der Bebauungsplanung für Wohnraum- und Gewerbeflächen in allen Landesteilen zu unterstützen. Mit Blick auf dem Blick auf die Herausforderungen bei der Bereitstellung von Flächen für die angemessene Versorgung der Bevölkerung mit (preisgünstigem) Wohnraum sowie der dazugehörigen Infrastruktur, wird deutlich, wie wichtig eine aktuelle Flächenbedarfsplanung, in den Städten und Gemeinden im Land Brandenburg ist. Sie ist essentielle Vorrausetzung, um auch auf kurzfristige Entwicklungen, wie z. B. die Ansiedlung von Gewerbe- und Industriegebieten (bspw. Tesla) vor- bereitet zu sein und adäquate Flächen im gewünschten Umfang für den Wohnungsbeau zeitnah zur Verfügung stellen zu können. Auch in schrumpfenden Regionen bzw. Städte und Gemeinden ist eine vorausschauende Flächennutzungs- planung wichtig, um u.a. die Ortskerne nachhaltig zu stabilisieren, Zersiedlung in der Fläche zu vermeiden, Infra- struktureinrichtungen zu erhalten und den Natur- und Landschaftsraum im Verbund zu schützen. Somit leistet die Landesregierung mit der neuen Planungsförderungsrichtlinie einen wichtigen Beitrag zum effizienten Flächen- management und der Baulandbereitstellung. Sie unterstützt des Weiteren die Wohnungsbauoffensive, durch Schaffung zusätzlicher Flächenreserven für die Ausweisung von Wohnbaugebieten (Einfamilien- und Geschosswohnungsbau) auf kommunaler Ebene und leistet einen Beitrag zur potenziellen Nutzung der Programme der sozialen Wohnraumförderung durch entsprechende bauleitplanerische Festsetzungen.

8. Arbeitshilfen für den Wohnungsbau

Das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung hat 2020 eine neue Arbeitshilfe zu „Baulandstrategien im Brandenburger Maßstab“ herausgegeben, um die Kommunen bei der Aktivierung von Bauland zu unterstützen. Ein digitales Baulückenkataster für alle Brandenburger Kommunen wird vorbereitet.

9. Baulandmobilisierungsgesetz des Bundes

Im Gesetzentwurf des Baulandmobilisierungsgesetzes des Bundes sind Neuregelungen im Baugesetzbuch vorgesehen, mit denen Anreize und Erleichterungen für die Mobilisierung von Bauland, und damit den Wohnungsneubau, geschaffen werden. Vorschläge sind:

o ein Vorkaufsrecht der Gemeinde innerhalb angespannter Wohnungsmärkte,

o die Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus,

o ein Baugebot innerhalb angespannter Wohnungsmärkte

B. Besonderer Teil

I. Zu § 1

§ 1 bestimmt die in den Anwendungsbereich der Rechtsverordnung fallenden 19 Gemeinden. Die Verordnung findet gemäß § 556d Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches auf Gemeinden Anwendung, in denen die ausreichende Ver- sorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in der Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde besonders gefährdet ist. Voraussetzung ist die Bestimmung der Gebiete durch eine Rechtsverordnung der Landesregierung.

In diesen 19 Gemeinden ist die Miethöhe zu Beginn des Mietverhältnisses auf die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) zuzüglich 10 Prozent begrenzt.

Die Auswahl der Gemeinden ist das Ergebnis einer Analyse zur Wohnungsmarktlage basierend auf einer gutachterlichen Untersuchung aus den Jahren 2019 und 2020 durch das Institut F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH sowie einer Entscheidung des Verordnungsgebers, der sich das Gutachten vollumfänglich zu eigen macht.

Vom Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung wurde das Institut F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH beauftragt, ein Gutachten zu erarbeiten, welches Gebiete mit angespannten Wohnungs- märkten in Brandenburg identifiziert. Das Gutachten besteht aus zwei Teilen. Den ersten Teil „Evaluierung der Wirk- samkeit der Regelungen der Kappungsgrenzenverordnung und der Mietpreisbegrenzungsverordnung im Land Branden- burg“ hat der Gutachter im Mai 2020 vorgelegt. Der zweite Teil „Gutachten zur Erstellung einer Gebietskulisse für die Mietbegrenzungsverordnungen nach § 556d ff. BGB und nach § 558 Abs. 3 BGB im Land Brandenburg“ wurde bis zum November 2020 erarbeitet und im Dezember 2020 vorgelegt. Beide Gutachten sowie weitere, unter Heranziehung der relevanten Indikatoren bewertete, Daten zu Städten und Gemeinden sind im Internetauftritt des Ministeriums für Infra- struktur und Landesplanung einsehbar.

II. Zu § 2

§ 2 legt den Zeitpunkt des Inkrafttretens und die Geltungsdauer fest. Die Verordnung tritt rückwirkend mit Wirkung zum

1. Januar 2021 in Kraft. Das rückwirkende Inkrafttreten der Verordnung ist zulässig. Die vorgesehene Rückwirkungs- norm stellt eine echte Rückwirkung dar, weil sie nachträglich ändernd in in der Vergangenheit liegende Tatbestände eingreift. Sie ist dennoch gerechtfertigt, weil zwingende Gründe des Gemeinwohls es erfordern, Ankündigungs- und Mitnahmeeffekte zu vermeiden.

Das rechtsstaatliche Verfahren für den Beschluss bzw. den Erlass der Mietpreisbegrenzungsverordnung erfordert Vor- bereitungshandlungen und vorgeschaltete Abstimmungen, die einen monatelangen Zeitbedarf mit sich bringen. So konnte die entscheidende Vorbereitungshandlung im Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung – die Zusammenstellung der statistischen Daten, und das Einholen von Gutachten – erst zum 1. Dezember 2020 abgeschlossen werden. Die vor- gelegten Unterlagen waren anschließend einer Prüfung zu unterziehen. Das Ministerium war entschlossen diese Prüfung so schnell wie möglich abzuschließen. Der Zeitbedarf für das Prüfungs- und das daran anschließende wochenlange Ab- stimmungsverfahren könnte von den Vermieterinnen und Vermietern genutzt werden, den beschränkenden Normen der Verordnungen zuvor zu kommen und deren Schutzwirkung für die Mieterinnen und Mieter in den 19 Gemeinden zu unterlaufen. Aus diesem Grund wird die Verordnung zur Verwirklichung der sozialen Ziele auf dem Mietwohnungsmarkt mit Rückwirkung erlassen.

Die Rückwirkungsnorm greift nicht in die Grundrechte der Vermieterinnen und Vermieter ein. Insbesondere eine Verletzung des in Artikel 14 Grundgesetz geschützten Eigentums ist nicht gegeben. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss vom 18. Juli 2019, 1 BvL 1/18, entschieden:

„Die Eigentumsgarantie gebietet nicht, einmal ausgestaltete Rechtspositionen für alle Zukunft in ihrem Inhalt unange- tastet zu lassen. Der Gesetzgeber kann … einmal geschaffene Regelungen nachträglich verändern und fortentwickeln …, auch wenn sich damit die Nutzungsmöglichkeiten bestehender Eigentumspositionen verschlechtern. … Zwar tragen Ver- mieterinnen und Vermieter für die von der Miethöhenregulierung betroffenen Wohnungen hohe, häufig kreditfinanzierte Investitionskosten, die sich über Mieteinnahmen nur über einen langen Zeitraum rentieren können und insoweit auf Langfristigkeit angelegt sind… Auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts müssen Vermieterinnen und Vermieter aber mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen und können nicht auf den Fortbestand einer ihnen günstigen Rechtslage vertrauen… Ihr Vertrauen, mit der Wohnung höchstmögliche Mieteinkünfte erzielen zu können, wird durch die Eigentumsgarantie nicht geschützt, weil ein solches Interesse seinerseits vom grundrechtlich geschützten Eigentum nicht umfasst ist.“

Der Verordnungsgeber ist im Begriff, kurzfristig eine neue mietbremsende Verordnung zu erlassen. Es ist allerdings erkennbar, dass die durch die Gemeinsame Geschäftsordnung der Landesregierung vorgegebenen Beteiligungsfristen, insbesondere auch in der Corona-Lage, ebenso wenig eingehalten werden können, wie die Beteiligungsfristen für Verbände und Vereinigungen, die kommunalen Spitzenverbände und die Gemeinden selbst. Die gültige Mietpreis- begrenzungsverordnung tritt am 31. Dezember 2020 außer Kraft. Aus diesem Grund befürchtet das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung Ankündigungs- und Mitnahmeeffekte zu Lasten der Mieterinnen und Mieter in den 19 Gemeinden in der Gebietskulisse.

Die Mieterinnen und Mieter in den 16 Gemeinden im Land Brandenburg, die bisher auch unter dem Schutz einer Mietpreisbegrenzung stehen, können nur sachgerecht geschützt werden, wenn die Preisbegrenzung fortlaufend gilt. Die Mieterinnen und Mieter in den drei hinzukommenden Gemeinden wären Mitnahmeeffekten ausgeliefert, wenn unmittel- bar vor der Wirkung der schützenden Norm, erhöhte Mietpreisforderungen an sie gerichtet werden dürften.

Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Veröffentlichungspflicht steht dem nicht entgegen. Nach der Entscheidung des BGH vom 17. Juli 2019 (Az.: VIII ZR 130/18, NJW 2019, 2844) muss die Verordnungsbegründung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung veröffentlicht sein. Konkret heißt es in der Entscheidung des BGH (a.a.O., Rn 40):

„Mit Rücksicht auf die erhöhte Grundrechtsrelevanz der Begrenzung der Wiedervermietungsmiete von Bestands- wohnungen strebt der Gesetzgeber, wie ausgeführt, eine nachvollziehbare und transparente Gebietsausweisung an. Daher darf die jeweilige Landesregierung ihre Begründung für die Auswahl der von ihr herangezogenen Indikatoren

und die Bestimmung der von der Mietpreisbegrenzung betroffenen Gemeinden oder Gemeindeteile mit angespannten Wohnungsmärkten nicht erst nach dem Inkrafttreten der Verordnung bekannt machen. Denn die Entscheidung der Landesregierung, bestimmte Gemeinden oder Gemeindeteile zu Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten zu bestimmen, ist für die Miet-vertragsparteien bei Vertragsabschluss nicht nachvollziehbar und erst recht nicht nach- prüfbar, sofern ihnen eine Begründung für die Gebietsbestimmung, die in besonderer Weise von den seitens der Landes- regierung für maßgeblich erachteten Kriterien abhängt, bei Inkrafttreten der Verordnung vorenthalten wird.“

Die neue Mietpreisbegrenzungsverordnung wurde am 29. Dezember 2020 im Entwurf im Amtsblatt des Landes Brandenburg öffentlich bekannt gemacht. In der Bekanntmachung heißt es:

… Durch das Gesetz zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn vom 19. März 2020 (BGBl. I S. 540) wurden die Länder ermächtigt, nach Ausschöpfen der Frist von fünf Jahren Gültig- keit eine erneute Ausweisung mittels einer Rechtsverordnung für die Dauer von fünf Jahren vorzunehmen. Von dieser Ermächtigung wird das Land Brandenburg weiterhin Gebrauch machen. Leider wird es nicht möglich sein, die erforder- lichen förmlichen Verfahren vor dem Außerkrafttreten der derzeit geltenden Mietpreisbegrenzungsverordnung vom

28. März 20019 abzuschließen. Dies gilt umso mehr, als dass nicht gewährleistet werden kann, dass die vorgegebenen förmlichen Fristen in der Corona-Lage eingehalten werden können. Aus diesem Grund werden alle vom Schutzschirm der Mietpreisbegrenzungsverordnung 2021 umfassten Gemeinden hier vorab öffentlich bekannt gemacht. …

Somit wurde die Gebietskulisse sowie die Begründung für die Verordnung vor Außerkrafttreten der geltenden Ver- ordnung allen Vermieterinnen und Vermietern nachvollziehbar und transparent deutlich gemacht.

Zuvor waren die Unterlagen am 17. Dezember 2020 im Entwurf auf der Homepage des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung bekannt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Gemeinden der Gebietskulisse wurden ferner am 10. Dezember 2020 den Abgeordneten des Ausschusses für Infrastruktur und Landesplanung vorgestellt und anschließend über die Presse der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht. Auf diese Weise wurde den Bürgerinnen und Bürgern deutlich vor Augen geführt, dass sie mit einer Fortsetzung des Schutzstatusses rechnen mussten bzw. rechnen durften. Das Vertrauen der Mietparteien auf den allein gültigen Rechtsrahmen des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird an- gesprochen und zugleich erschüttert. Der Verordnungsgeber macht deutlich, dass er eine Regelungslücke und damit zugleich das Aushebeln der Norm nicht gestatten wird.

Auch die Entscheidung des BGH zu einem Einzelfall in Hessen, dass die Veröffentlichung eines Begründungsentwurfes nicht genügt, führt zu keiner anderen Bewertung.

In der bisher einzigen Entscheidung des BGH zu einem Einzelfall, in welchem die Landesregierung im Jahr 2015 eine Verordnung erlassen, deren Begründung jedoch bis zum Jahr 2017 nicht öffentlich bekannt gegeben hat, heißt es (a.a.O., Rn 31 bis 33):

„Mit Rücksicht auf die Zielrichtung des Gesetzes erweist sich, dass eine – wie hier – zurzeit des Inkrafttretens einer Gebietsverordnung i. S. v. § 556d II BGB im Entwurfsstadium verbliebene Begründung den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. … Ein solcher Begründungsentwurf kann – ebenso wie ein Verordnungsentwurf – einen Anspruch auf Verbindlichkeit nicht erheben. So kann ein Begründungsentwurf etwa noch in einem mehr oder weniger großen Umfang revidiert werden, weil er gegebenenfalls noch der internen Abstimmung, Konsolidierung oder Ergänzung bedarf. Daran ändert es nichts, wenn der Öffentlichkeit zusätzlich zu einem Begründungsentwurf ein Gutachten eines von der Landes- regierung beauftragten Forschungsinstituts zur Feststellung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten anhand geeigneter Indikatoren zugänglich gemacht werden sollte, denn dem Verordnungsgeber wird eine wertende Entscheidung abverlangt.“

Zwar wäre nach dem Wortlautargument die rückwirkende Inkraftsetzung der Ver-ordnung nicht möglich, allerdings ist vorliegend zu beachten, dass zwischen der Sachlage über die der BGH zu entscheiden hatte und der Sachlage in Brandenburg so erhebliche Unterschiede vorliegen, dass die Sonderentscheidung des BGH nicht zwangsläufig auf die Situation in Brandenburg übertragbar ist

Entscheidender Unterschied dürfte sein, dass das Land Brandenburg bereits vor der Veröffentlichung und dem beab- sichtigten Inkrafttreten zum 1. Januar 2021 sowohl die Verordnung als auch alle verordnungsbegründenden Details in der Form in die Öffentlichkeit getragen hat, wie sie später (möglichst zeitig) veröffentlicht werden soll. Damit ist der Vertrauensschutz, der ansonsten maßgeblich gegen eine Rückwirkung streitet, wirksam ausgehebelt worden. Mit der angewendeten Form der Transparenz im Vorfeld der Veröffentlichung hatten die Adressaten der Verordnung die hin- reichenden Informationen, dass sie sich in ihrem Handeln darauf einstellen konnten. Auch dem Anspruch auf Verbind- lichkeit der Aussagen des Verordnungsgebers wurde entsprochen. Die wertende Entscheidung zur gewählten Gebiets- kulisse ist identisch mit der Wertung aus dem Dezember 2020. Die Verordnung und deren Begründung wurden – bis auf redaktionelle Änderungen – grundsätzlich unverändert durch das Rechtsetzungsverfahren geführt.

Vermieterinnen und Vermieter wurden darauf aufmerksam gemacht, dass ein Aushebeln der künftigen Schutznormen nicht geduldet wird. Ihnen und den Mieterinnen und Mietern wurde bekundet, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, den Anstieg der Mieten in Gebieten mit besonderer Gefährdungslage zu dämpfen, um Mieterinnen und Mieter vor einem Auszug aus der für sie infolge der Mieterhöhung finanziell untragbar gewordenen Umgebung zu schützen.

Auch ein Nachschieben der Begründung wie sie der BGH ablehnt – also die Bekanntmachung der amtlichen Begründung nach Inkrafttreten der Verordnung – war zu keinem Zeitpunkt vorgesehen.

Die Befristung der Verordnung hält sich an die vom Gesetzgeber vorgegebene maximale Geltungsdauer. In § 556d Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches werden die Landesregierungen ermächtigt, die Gebiete durch Rechts- verordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen.

MietbegrenzV – Anlage 1 (PDF, 0,98 MB)

MietbegrenzV – Anlage 2 (PDF, 968 kB)

MietbegrenzV – Anlage 2 – Austauschseite (PDF, 134 kB)

MietbegrenzV – Anlage 2 – Legende (PDF, 82,8 kB)

MietbegrenzV – Anlage 3 (PDF, 217 MB)

MietbegrenzV – Anlage 4 (PDF, 1,33 MB)

Zuletzt aktualisiert am August 18, 2021 von eurogesetze

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